So viel Liebe wie Du brauchst - Harville Hendrix, Ph. D. - E-Book

So viel Liebe wie Du brauchst E-Book

Ph.D., Harville Hendrix

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Beschreibung

So viel Liebe wie du brauchstDer Wegbegleiter für eine erfüllte Beziehung20-Jahr-Jubiläumsausgabe – gänzlich überarbeitet und deutlich erweitert!Die erste Ausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst aus dem Jahr 1988 eröffnete bereits hunderttausenden Paaren den Weg zu einer glücklichen, liebevollen und zutiefst erfüllenden Partnerschaft. Die 20-Jahr-Jubiläumsausgabe inkludiert nun 20 Jahre an therapeutischer Erfahrung von Harville Hendrix und Helen LaKelly Hunt. Sie enthält ein umfassendes, neues Vorwort, neue Übungen und ein neues Kapitel, das in berührender Weise zeigt, wie wichtig es für uns ist, unsere Partnerschaft von negativen Gedanken und Kritik zu befreien.Dieses Buch ist wie eine Orientierungskarte, mit deren Hilfe Paare den Weg zu einer leidenschaftlichen Partnerschaft finden können, der manchmal im Dickicht des Alltags verborgen liegt. Die Anleitungen und Übungen dieses Buches haben sich seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt. Es wurde bereits in mehr als 50 Sprachen übersetzt.

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So viel Liebe wie Du brauchst

Renate Götz Verlag

Über dieses Buch

Bereits die erste Ausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst aus dem Jahr 1988 eröffnete hunderttausenden Paaren den Weg zu einer glücklichen, liebevollen und zutiefst erfüllenden Partnerschaft.

Die vorliegende 20-Jahr-Jubiläumsausgabe ist um weitere 20 Jahre an therapeutischer Erfahrung von Harville Hendrix und Helen LaKelly Hunt reicher. Sie enthält ein umfassendes neues Vorwort, neue Übungen und ein neues Kapitel, das in berührender Weise zeigt, wie wichtig es für uns ist, unsere Partnerschaft von negativen Gedanken und jeglicher Kritik zu befreien.

Dieses Buch ist wie eine Orientierungskarte, mit deren Hilfe Paare den Weg zu einer leidenschaftlichen Partnerschaft finden können, der manchmal im Dickicht des Alltags verborgen liegt. Die Anleitungen und Übungen dieses Buches haben sich seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt. Es wurde bereits in mehr als 50 Sprachen übersetzt.

Über die Autoren

Harville Hendrix, Ph.D., und seine Frau Helen LaKelly Hunt, Ph.D., begründeten die außergewöhnlich erfolgreiche Imago-Paartherapie, einen heilenden Weg für Paare aller Altersstufen und Lebensumstände. Inzwischen gibt es weltweit schon mehr als 2.000 Imago-TherapeutInnen und immer mehr Imago-Workshop-Presenter. Harville und Helen können bereits auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in der therapeutischen Arbeit mit Paaren zurückblicken. Harville hält großartige Vorträge und leitete gemeinsam mit seiner Frau unzählige Paar-Workshops. Helen ist in der Frauenbewegung aktiv und wurde für ihr großes Engagement für das weibliche Selbstbewusstsein mit einer Eintragung in die National Women’s Hall of Fame geehrt.

Helen und Harville haben sechs Kinder und leben in New York und in New Mexico.

Harville Hendrix, Ph. D.

Inhaltsverzeichnis
So viel Liebe wie Du brauchst
Über dieses Buch
Über die Autoren
So viel Liebe wie Du brauchst
Vorwort zur 20-Jahr-Jubiläumsausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst
Änderungen und Erweiterungen der Jubiläumsausgabe
Verbundenheit
Der Verlust der Verbundenheit
Die verzweifelte Suche nach Verbundenheit
Der Imago-Dialog
Große Worte und große Taten
Das Wesentliche einer bewussten Beziehung
Einleitung zur Ausgabe von 2001
Eine grundlegende Veränderung der Rolle des Paartherapeuten
Verbesserungen in der Neuausgabe
Einleitung zur Ausgabe von 1988
Meine eigene Geschichte
Über dieses Buch
Teil I Die unbewusste Partnerschaft
1 Das Geheimnis gegenseitiger Anziehung
Sich-Verlieben - Erklärungsversuche für dieses Phänomen
Die Tiefen unseres Unterbewusstseins
Die Logik des Alten Gehirns
Es zählt nur die Gegenwart
2 Kindheitswunden
Unsere ursprüngliche Ganzheit
Du und Ich, wir sind eins
Die gefährliche Reise
Menschen mit starkem Nähe- oder Distanzbedürfnis
Das Verlorene Selbst
Tabuzone: Körper
Verbotene Gefühle
Das Unterdrücken von Gefühlen und Verhaltensweisen
Das Öffentliche Selbst
Das Verleugnete Selbst
Die Allegorie Platons
3 Unsere Imago
Die Suche nach dem Verlorenen Selbst
Unsere Imago
Unsere Imago und die Phase der romantischen Liebe
4 Die Phase der romantischen Liebe
Die Chemie der Liebe
Die universelle Sprache der Liebe
Ein kurzes Zwischenspiel
Illusionen
Verleugnen
Unser Heimkino
Ein Erklärungsversuch der romantischen Liebe
Psyche und Eros
5 Der Machtkampf
Warum hast du dich so verändert?
Ein schmerzliches Erkennen der Realität
Heimkino, Teil II
Die Waffen der Liebe
Die Machtkampf-Phasen
Teil II Die bewusste Partnerschaft
6 Bewusstwerdung
Wenn Altes und Neues Gehirn einander ergänzen
Zehn Charakteristika einer bewussten Partnerschaft
Ein Liebender werden
Die Angst vor Veränderungen
Das gelobte Land
Weitere inhaltliche Schwerpunkte dieses Buches
7 Verlässlich füreinander da sein
Es braucht eine Entscheidung
Für die Dauer des Therapieprozesses zusammenbleiben
Nähe- und Distanzbedürfnisse
Alltägliche Beziehungs-Ausgänge
Die unsichtbare Scheidung
Ausgänge schließen
Bis dass der Tod uns scheidet ...
8 Eine Atmosphäre der Sicherheit schaffen
Einsichten und Verhaltensänderungen
Liebevolles Verhalten
Warum diese Übung effektiv ist
Überraschungen
Aktivitäten, die Spaß und Freude machen (High Energy Fun)
Die Angst vor der Freude
Einsicht und Verhaltensänderung
9 Sich selbst und den Partner besser kennen lernen
Neue Möglichkeiten der Erkenntnis
Die innere Welt unseres Partners kennen lernen
Verleugnen
Der Imago-Dialog
Die vier Schritte des Imago-Dialogs
Zusammenfassen
Geltenlassen
Vom Spiegeln übergehen zum Geltenlassen
Einfühlen
Die Verantwortlichkeit des Senders
Ungewohntes erscheint mühevoll
Phantasiereisen
Der Eltern-Kind-Dialog
10 Unsere persönlichen Wachstumschancen erkennen
Weshalb Selbstliebe nicht hilft
Die Grenzen der Freundschaft
Von der Theorie zur Praxis
Persönliche Wachstumschancen erkennen
Die positive Dynamik persönlicher Veränderung
Belohnungen und Widerstände
Widerstand
Agape
11 Einen heiligen Raum für uns schaffen
Meine eigene Geschichte
Eine Übung, die ihr Ziel verfehlte
Warum Wut immer neue Wut erzeugt
Die Wiege
Keine Kritik mehr am Partner
Was alles fällt unter Kritik?
Auf Entzug sein
Sam und Amelia
Neue Dramaturgie für Kernszenen
Die Übung „Positives Überfluten“
12 Porträt zweier Partnerschaften
Integration
Anne und Greg
Kenneth und Grace
Teil III Übungen
13 Zehn Schritte zu einer bewussten Partnerschaft
Sich auf die Übungen einlassen
Zeitschiene für einen Entwicklungsprozess in zehn Schritten
Übung 1 - Ihre Beziehungsvision
Unsere Beziehungsvision
Übung 2 - Kindheitswunden
Übung 3 - Erarbeitung Ihrer persönlichen Imago
Übung 4 - Entscheidende Kindheitsverletzungen
Übung 5 - Eltern-Kind-Dialog
Übung 6 - Partner-Profil
Übung 7 - Unerledigtes aus der Kindheit
Übung 8 - Der Imago-Dialog
Übung 9 - Beziehungs-Ausgänge schließen
Übung 10 - Wiederverlieben in der Partnerschaft
Übung 11 - Die Überraschungsliste
Übung 12 - Die Spaßliste - „High Energy Fun“
Übung 13 - Positives Überfluten
Übung 14 - Der Dialog „Bitte um Verhaltensänderung“
Übung 15 - Die Wiege
Übung 16 - Meinen Partner in einem positiven Licht sehen
Übung 17 - Integration meiner Selbstanteile
Übung 18 - Visualisierung der Liebe
Professionelle Hilfe
Bibliographie
IGÖ - Imago Gesellschaft Österreich
Werke der selben Autoren
Harville Hendrix, Ph.D. & Helen LaKelly Hunt, Ph.D. Liebe annehmen - eine Kunst?
Harville Hendrix, Ph.D. & Helen LaKelly Hunt, Ph.D. Liebe einfach ... und eure Partnerschaft blüht auf
Harville Hendrix, Ph.D. Ohne Wenn und Aber
Harville Hendrix, Ph.D. So viel Liebe wie Du brauchst
Harville Hendrix, Ph.D. & Helen LaKelly Hunt, Ph.D. So viel Liebe wie mein Kind braucht
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Informationen zu unserem Verlag sowie das gesamte Verlagsprogramm finden Sie auf der Homepage "www.rgverlag.com"

So viel Liebe wie Du brauchst

Der Wegbegleiter für eine erfüllte Beziehung

Gänzlich überarbeitete und deutlich erweiterte 20-Jahr-Jubiläumsausgabe Übersetzung aus dem Amerikanischen von Dr. Simone Wilhelms-Kind und Margit Schröer

Renate Götz Verlag

Copyright © by Harville Hendrix 1988, 2001, 2008 First published in New York by Henry Holt and Company, LLC Titel des amerikanischen Originals: Getting The Love You Want Umschlagabbildungen Harville Hendrix und Helen LaKelly Hunt © by IMAGO RELATIONSHIPS INTERNATIONAL 160 Broadway, East Building, Suite 1001 New York, NY 10038 U. S. A. Ursprüngliche Übersetzung aus dem Amerikanischen von Dr. Simone Wilhelms-Kind Übersetzung der Änderungen der Neuauflage von 2008 und Überarbeitung der Übersetzung von Margit Schröer Alle Rechte an der Übertragung ins Deutsche bei Renate Götz Verlag, A-2731 Dörfles Neu ergänzte und überarbeitete deutsche Ausgabe 3. Auflage, September 2012 Copyright © Renate Götz Verlag A-2731 Dörfles, Römerweg 6 e-mail: [email protected] Layout und Gesamtgestaltung, © Coverbild „Rose“ by outLINE|grafik Eva Denk . A-2340 Mödling . www.outlinegrafik.at Produktion: Druckerei Paul Gerin, Wolkersdorf . www.gerin.co.at Printed in Austria Buch: ISBN 978-3-902625-04-5 EPUB: ISBN 978-3-902625-53-3 MOBI: ISBN 978-3-902625-52-6

Für Helen, meine Frau und meine beste Freundin, und für unsere Kinder Hunter, Leah, Kimberly, Kathryn, Mara und Josh

Hinweis:

Die Arbeitsblätter zu allen Übungen finden Sie auch im DIN A4-Format als PDF-Download unter der Webadresse: www.rgverlag.com/ABH3

Anerkennung für Jo Robinson

Vor 20 Jahren war die Entscheidung in mir herangereift, meine Gedanken und Theorien über das Thema Partnerschaft einer breiten Leserschaft zu widmen, anstatt ein Fachbuch für Menschen, die sich in beruflicher Hinsicht mit Partnerschaft befassen, zu schreiben. Mein Verleger vom Verlag Holt empfahl mir daraufhin, professionelle Unterstützung für mein Buchprojekt zu suchen. Ich stimmte ihm sofort zu, schließlich war es mein erster Versuch, ein populärwissenschaftliches Buch zu verfassen. Nach etwa fünf potenziellen KandidatInnen wurde ich mit Jo Robinson bekannt gemacht. Ich hatte den Eindruck, dass sie sofort nachvollziehen konnte, was mir vorschwebte. Jo Robinson ist die Autorin der beiden Bücher Unplug the Christmas Machine und Full House. In den darauf folgenden Jahren fanden einige Bücher, deren Autorin oder Koautorin sie war, Aufnahme in die Bestsellerliste der New York Times, zum Beispiel Hot Monogamy (Heiße Liebe in festen Partnerschaften), The Omega Diet (Die OMEGADiät), When Your Body Gets the Blues und Pasture Perfect.

Für die Erstausgabe dieses Buches überreichte ich ihr ein Rohmanuskript und zahlreiche Mitschriften von meinen Seminaren und Workshops. Jo Robinson arbeitete unermüdlich daran, dieses unstrukturierte und stellenweise etwas unpräzise Manuskript in eine übersichtliche, strukturierte und beeindruckend gute Endversion zu verwandeln. Auch als wir Jahre später die erste überarbeitete Neuauflage planten, war Jo wieder dazu bereit, alle Änderungen und Erweiterungen hinzuzufügen und in die Ausgabe von 2001 einfließen zu lassen. Auch für die vorliegende, dritte „Inkarnation“ von So viel Liebe wie Du brauchst sagte sie ohne Zögern zu, Helen und mir unter die Arme zu greifen, um unser Buch intensiv zu bearbeiten, zu erweitern und ein ganz neues Vorwort dafür zu schreiben. Das beeindruckte uns umso mehr, da Jo gleichzeitig an einigen anderen Projekten zu arbeiten hatte und mit den Vorbereitungen für ihre eigene Hochzeit beschäftigt war. Wie schon zu Beginn unserer Zusammenarbeit vertiefte sie sich in beeindruckender Weise in unsere Manuskripte, nahm sogar an einem Paarworkshop teil und pflegte in der langen Vorbereitungsphase für diese Neuauflage einen regen Austausch mit Helen und mir.

Wir fühlen uns Jo Robinson zu großem Dank für unsere Zusammenarbeit während der vergangenen 20 Jahre verpflichtet, für ihr beeindruckendes Engagement für unser Buchprojekt und ebenso für unsere persönliche Freundschaft. Ohne ihre Klugheit und schriftstellerische Begabung wäre es schwieriger für uns alle, die Liebe, die wir brauchen, tatsächlich zu finden. Danke, Jo!

Beim Schreiben dieses Buches erkannte ich immer stärker, wie recht John Donne hatte, als er sagte: „Niemand ist eine Insel“, und ebenso Walt Whitman, der in seinem „Song for myself“ feststellte: „In mir sind viele“. Das Zusammenstellen des Materials für dieses Buch hat mir neu und verstärkt ins Bewusstsein gerufen, dass ich mich auf viele unterschiedliche Quellen und auf die persönlichen Erfahrungen unzähliger Menschen stützen darf. Diese neuen Sichtweisen und Theorien wären nicht möglich gewesen ohne die „Schultern von intellektuellen Giganten“, auf denen ich stehe, sowie die Unterstützung großartiger Lehrer, die zahllosen Anregungen meiner Studenten, das Vertrauen vieler Ehepaare, die Hilfe meiner Freunde sowie den Rückhalt meiner Familie. Ihnen allen möchte ich sehr herzlich danken und sie gleichzeitig um Verzeihung bitten, falls ich mit manchen Details unbedacht umgegangen bin.

Viele gute Freunde ermutigten mich in besonderem Maße - leider kann ich nur einige hier namentlich erwähnen. Dr. Robert Elliott las die ersten Fassungen meines Manuskripts und diskutierte mit mir mit großem Einfühlungsvermögen über meine Ideen, sodass sie an Klarheit und Präzision gewinnen konnten. Dr. Pat Love erprobte meine Theorien zum ersten Mal in einem Universitätsprogramm über Ehe und Partnerschaft und konnte mir dadurch wertvolles Feedback geben. Reed und Carolyn Whittle lasen die fortgeschrittene Fassung des Manuskripts und gaben mir äußerst hilfreiche Anregungen. Judy McCall war freundlicherweise dazu bereit, die Endfassung des Manuskripts zu lesen, zu kommentieren, sowie Rezensionen und Empfehlungen anderer Autoren zu organisieren. Dr. Joan und Dr. Robert Thorne machten mich in New York mit vielen fachlichen Kapazitäten bekannt und unterstützten mich emotional sehr in meiner Arbeit.

Gleichzeitig möchte ich den vielen Therapeuten in Dallas und New York, welche am Institute for Relationship Therapy studierten, für ihren großen Einsatz, ihre Unterstützung und ihre Anregungen danken. Sie leisteten wichtige Beiträge, indem sie meine Konzepte in der therapeutischen Arbeit mit ihren Klienten anwendeten und mir Feedback gaben.

Ich bin auch unzähligen Paaren zu großem Dank verpflichtet, die sich mir anvertraut haben und ihr Einverständnis dazu gaben, aus ihren persönlichen Erfahrungen Schlüsse zu ziehen und sie in dieses Buch aufzunehmen. Was auch immer ich nun über Partnerschaften weiß, verdanke ich ihnen.

Weiters möchte ich dem Verlag Henry Holt für die begeisterte Aufnahme meiner Vision danken. Sie ermutigten mich bereits zu einem Zeitpunkt, als das Manuskript noch gar nicht vorlag, und sie warteten mit großer Geduld auch nach dem vereinbarten Termin auf dessen Fertigstellung. Besonders bedanken möchte ich mich für die äußerst gute Zusammenarbeit mit meiner Verlagslektorin Channa Taub, die mich stets freundlich, aber bestimmt, zur Weiterarbeit motivierte, sowie mit meinem Agenten, Julian Bach, der mich durch den Vertragsprozess begleitete und mir wertvolle Hilfestellungen für die Verlagswelt gab. Tamera Allred las einige der letzten Fassungen und machte zahlreiche wertvolle Vorschläge. Sharon Morris gab mir exzellenten editorialen Beistand. Und schließlich möchte ich auch meiner Sekretärin, Yvonne Singleton, herzlich danken für ihre große Geduld und ihre flinken Finger, die unermüdlich tippten, wenn ich Teile des Manuskripts am liebsten „gestern“ fertig gehabt hätte.

Im Vorwort der zweiten Ausgabe von 2001 sprach ich Barney Karpfinger, der damals gerade mein neuer Agent geworden war, meinen Dank und meine Anerkennung aus. Seine Unterstützung bei der damaligen Ausgabe sowie all meinen anderen davor oder danach erschienenen Büchern war von unschätzbarem Wert. Und ich bin ihm speziell dankbar für seine anhaltende Unterstützung bei dieser dritten Ausgabe. Barney ist mehr als nur ein Agent: er ist ein Freund. Seine Freundschaft hat mein Leben bereichert und seit nunmehr 20 Jahren ermutigt er mich immer wieder in meiner Schriftstellerkarriere.

Meine Anerkennung gilt auch allen Mitarbeitern des Verlages Henry Holt, deren Idee die Erstellung dieser 20-Jahr-Jubiläumsausgabe war, und die mir dabei so geduldig unter die Arme gegriffen haben. Im Speziellen danke ich dem Präsidenten und Herausgeber John Sterling; meiner Lektorin Sarah Knight; Claire McKinney, Direktorin für Publicity; Richard Rhorer, Direktor für Marketing, und Maggie Richards, Direktorin für Sales und Marketing.

Ich bin auch Norris Chumley zu Dank verpflichtet für die exzellente Regieführung bei der Erstellung meiner Video-Serie für das öffentliche Fernsehen, und auch - wie bereits erwähnt - Jo Robinson, die mir schriftstellerisch schon bei der zweiten Ausgabe, und nun auch bei dieser dritten, wertvolle Hilfe leistete. Sanam Hoon, bereits seit 20 Jahren mein Assistent, verdient Dank für viele wertvolle Details dieser Ausgabe, sowie auch Meghan Doherty, meine persönliche Assistentin, für alle Terminplanung und die undankbare Arbeit bei der Revision meiner Bibliographie. Dank auch an Nancy Jones, der Vorstandsdirektorin des Institute for Imago Relationship Therapy, die vor allem in den Anfangstagen unserer Institution Halt und Führung gab, und auch an Rick Brown, der später unseren Wirkungskreis deutlich ausweitete. Auch möchte ich meine große Anerkennung dem Vorstand von Imago Relationships International ausdrücken: Tim Atkinson, Exekutiv-Direktor, und den Mitarbeiterinnen Farrah Daniels und Linda Thompson, die unbeugsam der Idee von Imago und seiner internationalen Ausbreitung zur Seite standen.

Meine Dankesschuld an Oprah Winfrey ist unendlich: zuerst stellte sie Imago einem Millionen-Publikum vor, sodass So viel Liebe wie Du brauchst 1988 auf die New York Times-Bestsellerliste schnellte. Danach lud sie mich immer wieder zu ihrer Show ein, sodass das Werk weitere 11-mal in die Bestsellerliste zurückkehrte, und schließlich bezeichnete sie meinen zweiten Auftritt in ihrer Show als eine der 20 bedeutungsvollsten Folgen ihrer Sendung in 20 Jahren.

Schließlich bin ich allen Paaren zu Dank verpflichtet, die dieses Buch gelesen und an andere weitergereicht haben, den Freunden und Therapeuten, die es weiterempfohlen haben, und allen Imago-Therapeuten, speziell den Master Trainers und Lehrbeauftragten des Institutes, die geholfen haben, die Imago-Beziehungstheorie in den USA und weltweit weiterzuentwickeln, zu vertiefen und zugänglich zu machen.

Vorwort zur 20-Jahr-Jubiläumsausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst

gemeinsam verfasst mit Helen LaKelly Hunt, Ph.D.

Die Welt will nicht verstanden, sondern umarmt werden: durch das Umarmen eines ihrer Geschöpfe. Martin Buber

Es gab einen konkreten Auslöser, der mich dazu veranlasste, mich intensiv mit der Frage nach dem Gelingen von Liebesbeziehungen auseinanderzusetzen: die konkrete Frage einer Teilnehmerin einer Vorlesung über „Ehe und Familie“, die ich an der Universität hielt. Ich erinnere mich noch genau daran, dass es ein Dienstag war und ich mich bereits um 20 Minuten verspätet hatte. Ich kam gerade vom Gericht, wo meine Scheidung vollzogen worden war. Insgeheim hatte ich gehofft, die Teilnehmer hätten den Seminarraum bereits in Ungeduld verlassen, aber als ich eintrat, waren zu meiner Überraschung noch alle anwesend. Ich hatte also keine andere Wahl, als mich ihnen zu stellen, als lebendes Beispiel dafür, dass ich in Wahrheit nichts darüber zu sagen hatte, wie man eine glückliche Partnerschaft führen kann.

Es stellte sich heraus, dass alle Teilnehmer wussten, wo ich gerade gewesen war, und sie begrüßten mich mit einer Welle von Mitgefühl. Sie sagten, sie hätten sich die letzten 20 Minuten über ihre eigenen Beziehungen unterhalten - etwas, das sie noch nie zuvor in einem derartigen Rahmen getan hatten. Drei von ihnen waren bereits verheiratet gewesen und wieder geschieden, drei weitere waren noch nie eine ernsthafte Partnerschaft eingegangen und die restlichen sechs lebten in krisengeschüttelten Beziehungen. Am Ende der Vorlesung fragte mich eine der erst kürzlich geschiedenen Teilnehmerinnen: „Dr. Hendrix, warum scheint es so schwierig, als Paar einfach glücklich zu sein und zusammenzubleiben?“ Ich dachte einen Moment nach und gestand ihr: „Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Aber Ihre Frage ist großartig und ich glaube, ich werde den Rest meines Lebens mein Bestes tun, um das herauszufinden.“

Zwei Jahre später lernte ich Helen kennen und wir unterhielten uns bald über dieselbe Frage, was wir im Übrigen bis zum heutigen Tag tun. Schon seit 30 Jahren widmen wir uns nun gemeinsam der Erforschung der Dynamik von Liebesbeziehungen und durften viel erkennen und lernen. Viele unserer Erkenntnisse finden sich nun in der 20-Jahr-Jubiläumsausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst. Dieser Band enthält all das, was wir in diesen vielen Jahren in gemeinsamer Forschungsarbeit, im intensiven Studium einschlägiger Literatur, in der Arbeit mit tausenden Paaren in unserer Praxis und unseren Seminaren sowie im Austausch mit anderen Psychologen und Imago-Therapeuten gelernt haben.

Obwohl diese Ausgabe einige beträchtliche und sehr bedeutsame Erweiterungen beinhaltet - auf die ich mich ein wenig später beziehen werde -, ist ein Teil des Buches seit der revidierten Fassung von 2001 unverändert geblieben. Im Großen und Ganzen hat unsere ständige Forschungsarbeit die ursprünglichen Thesen des Buches nur noch mehr bestätigt. Weiters mehren sich die Hinweise, dass die Thesen dieses Werkes im realen Leben „funktionieren“. Bis zum heutigen Tage haben Millionen von Paaren auf der ganzen Welt So viel Liebe wie Du brauchst gelesen, und Tausende von ihnen haben uns von ihren Erfahrungen mit diesem Buch berichtet. Erst kürzlich schrieb uns ein Paar, dass es bereits am Rande einer Scheidung gestanden hatte, als die Partner beschlossen, ihrer Ehe noch eine letzte Chance zu geben. Sie mieteten sich eine abgeschiedenes Strandhäuschen, packten gerade genug Lebensmittel und Getränke für eine Woche und eine Ausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst ein. Sie hatten geschworen, einander das gesamte Buch gegenseitig vorzulesen und alle darin enthaltenen Übungen auszuführen. Nach sieben Tagen fühlten sie sich stärker miteinander verbunden als in all den zehn Jahren ihrer Ehe. Sie beschlossen zusammenzubleiben und von da an eine bewusste Beziehung zu führen. Nunmehr, fünf Jahre später, genießen sie eine glückliche und für beide Partner erfüllende Partnerschaft. Sie schrieben uns: „Ihr Buch war genau das, was uns fehlte. Es rettete unsere Beziehung und änderte unser Leben grundlegend.“

Änderungen und Erweiterungen der Jubiläumsausgabe

Während ein Gutteil des Inhalts der Ausgabe von 2001 erhalten blieb, haben wir doch einige wichtige Änderungen vorgenommen. Die erste Änderung betrifft den Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache. In Bezug auf die Gleichbehandlung der Geschlechter und die gesellschaftliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen haben sich in den letzten 20 Jahren ungeheure Veränderungen vollzogen. Genauso wie es heutzutage unangemessen ist, Männer und Frauen gemeinsam als „man“ zu bezeichnen, gilt es auch als antiquiert, jede ernsthafte Partnerbeziehung automatisch als „Ehe“ und die Partner als „Ehegatten, Ehefrauen oder Ehemänner“ zu bezeichnen. Die letzte Volkszählung in den USA ergab, dass mindestens 5,5 Millionen Haushalte von unverheirateten Paaren geführt werden - ein Anstieg von 72 Prozent seit dem Jahr 1990. Und ungefähr ein Achtel aller unverheirateten Paare sind gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften. Um diesen gesellschaftlichen Änderungen Rechnung zu tragen, verwenden wir nun die neutralen Bezeichnungen „Partner“ und „Paare“.

Zweitens haben wir Helens unverzichtbare Rolle in der Entwicklung der Imago-Beziehungstheorie deutlicher betont. Die ursprüngliche Fassung des Buches liest sich wie eine Einzelexpedition. Zutreffend ist hingegen, dass Helen und ich uns seit unserem ersten Rendezvous auf eine gemeinsame Expedition zur Erforschung von Liebesbeziehungen begeben haben. Viele der zentralen Gedanken der Imago-Beziehungstheorie wurden in der Werkstatt unserer eigenen Ehe geschmiedet. Ohne Helen hätte es dieses Buch nie geben können.

Drittens schließlich wurde in dieser grundlegenden Neubearbeitung das ursprüngliche, elfte Kapitel durch ein vollkommen neues Kapitel ersetzt. Das alte Kapitel hieß „Wut kontrollieren“ und sein Ziel bestand darin, Paaren zu helfen, all den Ärger und die Frustrationen aufzuarbeiten, die sie seit ihrer Kindheit mit sich herumtrugen. Es beschreibt eine Übung, die wir „Containment XXL“ nennen (im Deutschen auch „Container-Übung“ oder „Wut-Auffang-Übung“, im englischen Original hieß sie „Full Container Exercise“). In dieser Übung lässt einer der Partner seiner Wut freien Lauf und gibt dadurch dem anderen die Gelegenheit, mit größerem Einfühlungsvermögen als bisher zuzuhören. Zum damaligen Zeitpunkt waren wir der Ansicht, die Freisetzung aufgestauter Emotionen könne Paaren helfen, die negative Spannung in ihren alltäglichen Interaktionen abzubauen. Dies stellte sich jedoch als falsch heraus. Wir mussten feststellen, dass Paare, die diese Übung wiederholt durchführten, oft noch stärkere Aggressionen in ihrem tagtäglichen Zusammenleben entwickelten.

Das völlig neugestaltete Kapitel 11 mit dem Titel „Einen heiligen Raum für uns schaffen“ stellt unsere neuen und höchst wirksamen Ansätze zur Auflösung lange aufgestauter Aggressionen aus der Kindheit vor. Solche Aggressionen können eine Partnerschaft unterminieren, auch wenn sie in anderen Bereichen glücklich ist. Die Intention dieses Kapitels geht jedoch über das Reduzieren von Zornausbrüchen weit hinaus. Kapitel 11 beschreibt Methoden, die Paaren helfen, alle Formen von negativer Interaktion abzulegen - von physischer Gewalt über Schreiduelle bis zu verletzenden Bemerkungen - und jeglichen Wutgefühlen den Nährboden zu entziehen. Wie ich in diesem Kapitel eingehend erörtern werde, sind Helen und ich inzwischen der festen Überzeugung, dass das Auflösen aller negativen Energien in unserer Beziehung der wirksamste Weg zu einer harmonischen Beziehung ist. Mehr noch, es ist das Fundament einer glücklichen und dauerhaften Partnerschaft.

Und schließlich nahmen wir eine Vielzahl weiterer, kleinerer Ergänzungen und Änderungen vor. Wo immer wir eines unserer Konzepte nicht ausführlich genug beschrieben hatten, ergänzten wir es durch mehr Detailinformation. Wo wir Passagen fanden, die sich nicht mehr mit unserer heutigen Definition der Imago-Beziehungstheorie deckten, nahmen wir die nötigen Änderungen vor. Wir fügten vier neue Übungen hinzu, die So viel Liebe wie Du brauchst zu einem noch wirksameren Selbsthilfe-Buch machten. Alles in allem glauben wir, dass diese vorliegende 20-Jahr-Jubiläumsausgabe allen Lesern helfen wird, die Liebe, die sie brauchen, zu schenken und zu erhalten. Auch jene Menschen, die bereits die Originalausgabe gelesen haben, können eine Menge wirksamer und hilfreicher neuer Gedanken und Anleitungen darin finden.

Verbundenheit

Während wir mit der Arbeit an diesem Vorwort beschäftigt waren, erkannten wir, dass es uns ein großes Anliegen war, unseren Lesern mehr zu vermitteln, als nur die Änderungen dieser Neufassung zu erklären. Wir entschlossen uns vielmehr, bei dieser Gelegenheit einige unserer grundlegenden Erkenntnisse über Liebesbeziehungen zu nennen, Erkenntnisse, die die Basis für jede einzelne Aussage dieses Buches darstellen. Helen und ich sind mittlerweile an einem Punkt unseres Lebens und unserer therapeutischen Arbeit angelangt, an dem es uns angemessen erscheint, eine persönliche Bilanz zu ziehen.

Gegen Ende seiner therapeutischen Laufbahn stellte Sigmund Freud die nunmehr legendäre Frage: „Was wollen Frauen eigentlich?“ Auch wir haben lange nach einer Antwort auf eine entscheidende Frage gesucht: „Was erwarten sich Frauen und Männer eigentlich von ihrer Beziehung?“ Und wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass die Antwort auf Freuds Frage und auf unsere Frage, und im Grunde die Antwort auf die große unbeantwortete Frage der gesamten Menschheit, ein und dieselbe ist. Mehr als alles andere streben wir nach Verbundenheit - Verbundenheit mit den unterdrückten Teilen unseres Unterbewusstseins, Verbundenheit mit anderen Menschen und Verbundenheit mit dem gesamten Universum. Wir können uns kein erfülltes Leben vorstellen ohne eine tiefgehende Beziehung mit einem anderen Menschen, und - darüber hinaus - zur Welt an sich. Um mit Martin Buber zu sprechen: Jeder Mensch braucht ein „Du“, um ein vollständiges und erfülltes „Ich“ zu werden.

Rückblickend erkennen wir, dass unser Lebenswerk darin bestand Paaren zu helfen, den Bindestrich in Bubers „Ich-Du“-Beziehung herzustellen. In dieser bedeutungsvollen und vielbeachteten Schreibweise dient der Bindestrich sowohl als Bindeglied als auch als Abstandhalter. Er symbolisiert die Tatsache, dass in sehr erfüllten Beziehungen zwei Menschen sowohl intim miteinander verbunden sind, als auch wertschätzenden Abstand zueinander bewahren, wodurch sie die Eigenständigkeit ihres Partners respektieren. Das Wesen dieser Beziehungsform kann also weder durch den Ausdruck „Ich und Du“ noch durch „IchDu“ korrekt beschrieben werden. Es ist eine „Ich-Du“-Beziehung. Beide Partner sind gleichzeitig eigenständig und verbunden.

Der alles entscheidende Ausdruck hier ist also „Verbundenheit“. Für uns bedeutet er weit mehr als nur ein psychologischer Terminus menschlicher Erfahrung. Aus unserem ausführlichen Studium anderer Geisteswissenschaften gewannen wir die feste Überzeugung, dass „Verbundenheit“ das Wesen unseres Universums beschreibt. Und da wir Menschen ein integraler Bestandteil dieses Universums sind, beschreibt sie auch uns. Alles steht miteinander in energetischer Verbindung - somit auch wir. Es entspricht zutiefst der menschlichen Natur, nach Verbundenheit zu streben. Falls wir uns mit nichts und niemandem verbunden fühlen, dann nur deshalb, weil ein schmerzhaftes Ereignis das bewusste Gefühl dieser Verbundenheit unterbrochen hat. Deshalb sind wir uns manchmal dessen nicht bewusst, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind, aber das Getrennt-Sein ist lediglich eine Illusion. Es ist nicht möglich, nicht verbunden zu sein.

Der Verlust der Verbundenheit

Es ist die Illusion des Getrennt-Seins, die die meisten Paare zu einer Therapie bewegt. Sie fühlen sich weder miteinander noch mit ihrem Umfeld oder mit dem Universum in seiner Ganzheit verbunden. Sie fühlen sich haltlos, isoliert und einsam. Ihre Beziehung kann als „Ich gegen Dich“-Beziehung beschrieben werden. Unserer Erfahrung nach ist der Hauptgrund, warum Paare am Aufbau einer „Ich-Du“-Beziehung scheitern, dass die Partner eine solche in ihrer Kindheit nie erlebt haben. Unglücklicherweise erleben die meisten Menschen ihre ersten „Beziehungsprobleme“ bereits in den ersten 18 Lebensmonaten. Entwicklungspsychologen nennen diese kritische Phase die „Bindungsphase“. Während das Aufbauen einer innigen Verbundenheit mit einem oder mehreren Elternteilen (oder anderen Bezugspersonen) die gesamte Kindheit hindurch wichtig bleibt, ist die Verbundenheit in dieser frühesten Phase von grundlegender Wichtigkeit.

Kinder brauchen Eltern, die sich sehr einfühlsam auf sie einstellen können, um eine starke und stabile Verbundenheit mit ihnen erfahren zu können. Sie müssen in zweierlei Hinsicht für sie da sein: auf der körperlichen Ebene verfügbar sein und soviel als möglich emotionale Wärme schenken. Im Idealfall respektieren Eltern oder Bezugspersonen die eigenständigen Persönlichkeiten und versuchen anhand ihrer Signale zu verstehen, was sie zu einem gegebenen Zeitpunkt brauchen. Sie werden gehalten, wenn sie Trost und Körperkontakt brauchen. Sie werden gefüttert, wenn sie Hunger haben. Sie werden beruhigt, wenn sie unruhig und angstvoll sind oder Schmerzen haben. Sie werden sanft zu Bett gebracht, wenn sie müde sind. Eltern, die sich einfühlsam auf ihre Kinder einstellen, lassen sie alle ihre Emotionen ausleben: Freude und Verspieltheit, Frustration und Wut, ihre guten und ihre schlechten Seiten. Anstatt ihre Gefühle abzulehnen, akzeptieren ihre Eltern sie und gehen darauf ein: „Du bist aber ein freundliches Baby ...“ Oder „Du schaust verärgert drein. Bist du zornig, weil wir jetzt nicht weiterspielen können?“ All das geschieht im Geiste von Akzeptanz, Liebe und Großmütigkeit. Für einen einfühlsamen Elternteil sind Kinder niemals eine Last und dienen niemals der Befriedigung seiner eigenen, ungestillten Bedürfnisse. Sie sind frei, sie selbst zu sein, während sie emotional und körperlich in der Nähe einer sie liebenden Person sein können.

Kinder von Eltern, die sich sehr einfühlsam auf ihre Bedürfnisse einstellen können, haben weitaus bessere Chancen, einmal selbst in erfüllten Beziehungen zu leben. Gerade weil sie schon früh eine sichere, nährende und liebevolle Verbundenheit mit ihren Eltern erleben durften, haben sie später keine übertriebene Angst vor dem Risiko des Verlassenwerdens, aber ebenso wenig vor dem „Erdrücktwerden“. Die Gefahr, dass sie einen Partner aufgrund ihrer ungestillten Bedürfnisse wählen, ist gering, da ihre essenziellen Bedürfnisse bereits in ihrer Kindheit gestillt wurden. Sie werden sich nicht mit Menschen einlassen, die sie ablehnend, abwertend oder sogar gewalttätig behandeln. Jede Form von Misshandlung werden sie instinktiv als wesensfremd, unangebracht und falsch wahrnehmen. Außerdem wird es ihnen weitaus leichter fallen, einen entsprechenden Partner zu finden. Ein Mensch, der Gefühle zeigen kann, ein positives Selbstbild hat, sich in seiner Haut wohl fühlt und offen für wahre Intimität ist, wird eine überaus anziehende Wirkung auf andere haben.

Die verzweifelte Suche nach Verbundenheit

Leider hatten viele von uns Eltern oder primäre Bezugspersonen, denen es nicht sonderlich gut gelang, sich auf unsere Bedürfnisse einzustimmen, und so tragen wir manch unerfülltes Bedürfnis unserer Kindheit auch heute noch in uns. Einerseits litten wir darunter, die Verbundenheit mit unseren Eltern (zeitweise) nicht spüren und erleben zu können; andererseits verloren wir auch den Zugang zu manchen Anteilen unseres Ichs. Dieser innere und äußere Verlust führte zu einem Gefühl der Einsamkeit. Wir fühlten uns von anderen Menschen und in einem größeren Kontext betrachtet auch vom Universum abgeschnitten. Zwei elementare psychische Verwundungen verursachten dieses Verlustgefühl: Vernachlässigung und/oder Grenzüberschreitung. Im weitesten Sinn lässt sich sagen, dass unsere Eltern uns entweder vernachlässigten, weil sie unsere Bedürfnisse nicht erfüllten, oder dass sie unsere persönlichen Grenzen überschritten und versuchten, ihre eigenen Bedürfnisse auf unsere Kosten erfüllt zu bekommen. Die meisten Kinder haben unter beidem zu leiden, denn oft ist ein Elternteil vernachlässigend und der andere bedrängend. So erhält ein Kind abwechselnd die verwirrenden Botschaften: „Komm her, ich brauche dich. Geh weg, ich kann dich gerade nicht brauchen.“

Helen und ich sind der Ansicht, dass der Verlust der Verbundenheit in der Kindheit die Ursache aller menschlichen Probleme darstellt. Folglich glauben wir auch, dass das Wiederherstellen des Bewusstseins von Verbundenheit die Quelle aller Heilung ist. Unsere Diagnose für unglückliche Paare lautet: Es ist der Verlust der Verbundenheit, unter dem sie so zu leiden haben. Unser Therapieziel lautet: Paaren helfen, ihre Verbundenheit neu erkennen zu können. Wenn zwei Menschen lernen, auf einer tiefen Ebene miteinander verbunden zu sein, so verliert der Schmerz, den sie in ihrer Kindheit erfahren mussten, seinen Stachel. Wie wir in Kapitel 1 zeigen werden, hat unser Unterbewusstsein große Schwierigkeiten damit, zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart zu unterscheiden. Wenn Paare nun in der Gegenwart die verlorene Verbundenheit wiederherstellen können, dann heilen sie gleichzeitig das Trauma, das sie in ihrer Kindheit erfahren haben. Sie stellen eine neue Beziehung zueinander und eine Beziehung zum Universum her. Diese Verbundenheit kann die Kraft und Qualität einer spirituellen Erfahrung haben. Unsere Partnerschaft kann zu einem heiligen und heilenden Raum für uns beide werden. Wir schenken einander Heilung für die Gegenwart, Heilung für die Vergangenheit und einen neuen Zugang zu unserer persönlichen Ganzheit.

Wir durften auch immer klarer erkennen, dass eine Atmosphäre der Sicherheit die wichtigste Voraussetzung ist, damit Verbundenheit überhaupt möglich wird. Zwei Menschen können einander nicht nahe kommen, wenn sie sich permanent gegen eine Welle von Negativität verteidigen müssen oder in der ständigen Angst leben, von ihrem Partner verlassen oder angegriffen zu werden. Aus diesem Grund haben alle Imago-Übungen das Ziel, jegliche Negativität aufzulösen und stattdessen die Sicherheit und den gegenseitigen Respekt zu stärken. Die Übung „Wiederverlieben in der Partnerschaft“, siehe Kapitel 8, ist ein gutes Beispiel dafür. In dieser Übung werden Paare ermutigt, sich so zu verhalten, als wären sie frisch verliebt, und angeleitet, einander zärtliche Aufmerksamkeit, bewundernde Worte sowie kleine Zeichen oder Geschenke zukommen zu lassen, die sie einander während der Phase der romantischen Liebe ganz automatisch geschenkt hatten. Dieses „Rollenspiel“ soll einige Wochen lang durchgehalten werden. Die meiste Paare müssen zu Beginn dieser Übung die Zähne zusammenbeißen. Durch häufiges Wiederholen werden jedoch neue Nervenverbindungen geschaffen, die es ihnen ermöglichen, einander wieder als Liebende und leidenschaftliche Freunde wahrzunehmen und nicht mehr als erbitterte Gegner. So kann eine Atmosphäre der Sicherheit aufblühen.

Die Übung „Bitte um Verhaltensänderung“, siehe Kapitel 10, trägt ebenfalls aktiv dazu bei, das Gefühl der Sicherheit zu erhöhen. Wenn Partner einander Erfüllung für ihre bisher unerfüllten Kindheitsbedürfnisse schenken, so beheben sie sozusagen die Ursache ihrer Wutgefühle. Im ersten Schritt diese Übung bearbeiten die Partner die chronischen Frustrationserlebnisse, die immer wieder auftauchen, und bearbeiten dann jenen Kindheitsschmerz, ihre tiefste Sehnsucht, der der Kern all ihrer Frustrationen ist: „Es frustriert mich so, dass du die Küche nicht gründlich sauber machen kannst. - Meine große Sehnsucht ist es, dass die Menschen, die sich um mich kümmern, mehr Verantwortung übernehmen. - Als Kind hatte ich oft den Eindruck, dass niemand da war, um mir zu helfen.“ In einem zweiten Schritt bittet der Sender seinen Partner um eine konkrete, realisierbare und messbare Verhaltensänderung, die dazu beiträgt, seine tiefste Sehnsucht zu erfüllen. Da die beiden Partner einander unbewusst als Ersatzeltern ansehen, wird diese Verhaltensänderung so erlebt, als fände sie in der Vergangenheit statt. So kann sie auch die Verwundungen unserer Vergangenheit heilen. Da unser Kindheitsschmerz oft der Ausgangspunkt von Frust und Wut ist, bewirkt ein Besänftigen unseres Schmerzes nun, dass unsere Wutgefühle wieder nachlassen und unsere Partnerschaft nicht mehr belasten. Dadurch können Partner einander wieder viel näher kommen.

Eine besonders schöne Art und Weise, eine Atmosphäre der Sicherheit zu schaffen, ist die Übung, die wir „Die Wiege“ genannt haben (Näheres finden Sie in Kapitel 11). Am Höhepunkt des Machtkampfes sieht es oft so aus, dass unser Partner uns absichtlich seine Liebe vorenthält oder Schmerz zufügt. Wir müssen entweder zurückschlagen oder uns distanzieren, um uns selbst zu schützen. In weniger als 30 Minuten schenkt die Übung „Die Wiege“ den Partnern die Chance, hinter ihre Schutzmuster zu blicken und den Schmerz zu erkennen, der diese Schutzmuster erforderlich gemacht hatte. Diese außergewöhnliche Übung leitet zwei Individuen an, einander abwechselnd in den Arm zu nehmen, den Partner wie ein Baby zu wiegen und ihn dabei aus seiner Kindheit erzählen zu lassen. Am Ende dieser Übung nimmt man seinen Partner als „verletzt“ wahr anstatt als „verletzend“.

Da diese Übung die Atmosphäre der Sicherheit zwischen den Partnern sehr stärkt, stellt sie einen wichtigen Schritt im Heilungsprozess dar. Das Schöne an dieser Übung ist, dass sie die Grenzen zwischen unserem Partner und unseren Eltern bewusst verschwimmen lässt. Mein Partner hält mich zärtlich, während ich erzähle, dass ich in meiner Kindheit zu wenig körperliche Wärme erhalten habe. Mein Partner hört mir voller Aufmerksamkeit zu, während ich erzähle, dass meine Bezugspersonen mich manchmal einfach nicht beachtet haben. Mein Partner schaukelt mich und beruhigt mich durch tröstendes Summen, während ich mich daran erinnere, wie ich als Kind in meinem Kummer alleingelassen war. Wenn die Schmerzen Ihrer Kindheit wieder wachgerufen werden, so ist die Aufmerksamkeit und Zuwendung Ihres Partners der beste Balsam für Ihre Wunden. Sie werden sich wieder tief mit Ihrem Partner verbunden fühlen und das Schmerzhafte an Ihren Kindheitserinnerungen wird sich langsam auflösen.

Der Imago-Dialog

Unserer Ansicht nach ist der Imago-Dialog das effektivste Werkzeug der ImagoPaartherapie, denn er lässt uns unsere verlorene Verbundenheit wiederfinden. Der Imago-Dialog ist in Kapitel 9 sehr genau beschrieben und umfasst vier Teilschritte: Spiegeln, Zusammenfassen, Geltenlassen und Einfühlen. Ursprünglich sahen Helen und ich den Imago-Dialog als gute Möglichkeit an, die Kommunikation zu vertiefen. Im Laufe der Zeit erkannten wir jedoch, dass der Imago-Dialog weitaus mehr ist als eine Kommunikationstechnik. Er ist ein Weg, der tiefe Heilung und seelisches Wachstum für beide Partner ermöglicht. Wenn ein Paar den Imago-Dialog länger anwendet, verändert sich sogar die gegenseitige Wahrnehmung der Partner, und das verändert ihre Partnerschaft grundlegend zum Positiven.

In der vorangegangenen Ausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst haben wir bereits einige beeindruckende Aspekte und Wirkungen des Imago-Dialogs erläutert. In dieser neuen Ausgabe ist es mir wichtig besonders hervorzuheben, warum er eine Atmosphäre der Sicherheit und Verbundenheit schenkt. Der erste Schritt, das Spiegeln, soll Ihnen helfen, wirklich zu verstehen, was Ihr Partner sagt. Dazu müssen Sie den Worten Ihres Partners wirklich zuhören und sie wiederholen, ohne ihre Bedeutung in irgendeiner Weise zu verändern. Schließlich ist es wichtig, den Partner zu bitten, Ihnen zu bestätigen, dass Sie ihn „richtig gehört haben“. Spiegeln ist im zweifachen Sinn elementar: Es ist einfach und es ist grundlegend.

Bereits das Spiegeln allein ist ein wirksames Werkzeug, um eine gute „Ich-Du“Beziehung herzustellen. Wenn Sie Ihren Partner spiegeln, müssen Sie Ihre eigenen Gedanken beiseite schieben, damit Sie aufmerksam zuhören können. Sie müssen den Sendekanal von „Ich“ auf „Du“ ändern. Mit diesem Fokuswechsel geben Sie Ihrem Partner grundlegend zu verstehen: „Ich bin nun nicht mehr die einzige Person im Universum. Ich erkenne deine selbständige, sich von mir unterscheidende Existenz an. Deine Gedanken sind wichtig für mich.“

Diese Übung erfordert weiters, ein exakter Spiegel zu sein. In Vergnügungsparks gibt es oft Spiegel, die ein witziges oder hässliches Spiegelbild entstehen lassen. So könnten auch Sie die Gedanken Ihres Partners verdrehen, wichtige Details weglassen oder Ihre eigenen Gedanken hinzufügen. Wenn Sie einen dieser Fehler begehen sollten, was übrigens gar nicht selten vorkommt, so unterstützt Sie Ihr Partner so lange, bis Sie ihn richtig gehört haben: „Du hast schon sehr viel gehört. Mir ist aber auch noch wichtig, dass du hörst, welches Gefühl ich in dieser Situation hatte ...“ Es mag aufwendig erscheinen und uns einiges an Überwindung kosten, unseren Partner stets um Rückbestätigung zu bitten, ob wir alles richtig gehört haben, aber es ist der beste Weg sicherzugehen, dass Sie wirklich alles so hören, wie es Ihr Partner Ihnen sagen möchte.

Und was ebenso wichtig ist: diese Bitte um Rückbestätigung eröffnet eine unschätzbare Chance für Ihren Partner. Ihr Partner erhält die Möglichkeit, das Gesagte so lange neu zu formulieren oder zu ergänzen, bis Sie korrekt aufgenommen haben, was er oder sie Ihnen sagen möchte. Sehr wenige von uns hatten diese Chance, als wir noch Kinder waren. Ob unsere Eltern oder Bezugspersonen uns verstanden oder nicht, hing von ihrer Stimmung und geistigen Präsenz ab. Sie konnten herunterspielen, was wir sagen wollten, unsere Worte einfach nicht beachten, ihre eigene Meinung dagegenhalten oder das, was wir uns zu sagen mühten, einfach ins Lächerliche ziehen. Viele Menschen sind diese Verhaltensmuster leider so gewöhnt, dass sie sie in der täglichen Interaktion mit ihrem Partner anwenden.

Spiegeln stoppt diese destruktiven Muster bereits im Ansatz. Wenn zwei Partner einander spiegeln, können beide die großartige Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, wenn ihnen jemand seine volle Aufmerksamkeit schenkt, wenn jemand wirklich hört, was sie sagen möchten, und ihre Einzigartigkeit respektiert und wertschätzt. Aber Spiegeln hat darüber hinaus noch tiefere Wirkungen. Ohne dass Sie es merken, ist auch Ihr Altes Gehirn und Ihr Unterbewusstsein sehr aufmerksam, wenn Sie einen Imago-Dialog führen. Ihr Altes Gehirn hat kein Zeitgefühl und kann unterschiedliche Personen oft nicht klar unterscheiden. Deshalb ordnet Ihr Unterbewusstsein die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung, die Sie im gegenwärtigen Moment geschenkt bekommen, nicht ausschließlich Ihrem heutigen Liebespartner zu, sondern ebenso den primären Bezugspersonen aus Ihrer Kindheit. So können Ihre Kindheitswunden und vor allem der Verlust der Verbundenheit nun Schritt für Schritt Heilung erfahren. Wenn Sie den Imago-Dialog einige Jahre lang anwenden, kann sein heilsames Potenzial noch besser ausgeschöpft werden, indem der zuhörende Partner („Empfänger“) den erzählenden Partner („Sender“) ermuntert: „Erzähl mir mehr darüber!“ Oder einfach „Gibt es mehr dazu?“ Es ist ein wunderbares Gefühl, die volle Aufmerksamkeit seines Partners zu haben und ermuntert zu werden, seine Gedanken und Gefühle noch stärker einzubringen. Sehr wenige von uns hatten Eltern oder Bezugspersonen, die an unseren innersten Gedanken und Gefühlen wirklich interessiert waren. Meist galt uns ihr Interesse eher dann, wenn wir besonders gute Leistungen erbrachten oder wenn wir Probleme verursachten.

Auch der zweite Schritt des Imago-Dialogs, das nochmalige Zusammenfassen der wichtigsten Punkte dessen, was wir gesagt haben, ist ein großes Geschenk liebender Zuwendung. Ihr Partner nimmt sich die Zeit, Ihre Gedanken und Worte zusammenfassend zu wiederholen. Das echte und volle Interesse Ihres Partners kann Ihnen nun helfen, den Mangel an Zuwendung und Interesse aus Ihrer Kindheit wieder zu heilen. So können Sie sich in der Gegenwart Ihres Partners immer sicherer fühlen und Selbstanteile entdecken, die Ihnen seit Ihrer Kindheit verborgen waren. Sie können Ihre seelische Ganzheit wiederfinden.

Der dritte Teil des Imago-Dialogs, der Schritt Geltenlassen, setzt den Heilungsprozess fort. Wenn Sie Ihrem Partner aufmerksam zugehört, seine Worte gespiegelt und das Wichtigste noch einmal zusammengefasst haben, dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo Sie sich Mühe geben zu reflektieren, in welcher Hinsicht die Gedanken Ihres Partners für ihn selbst Sinn machen. Sie müssen mit Ihrem Partner nicht übereinstimmen. Sie brauchen Ihren Partner nur so sehen, wie er ist, anstatt so, wie Sie ihn gerne haben möchten. Viele Menschen wenden eine Menge Zeit dafür auf, ihren Partner dazu zu bringen, genauso zu denken wie sie selbst. Damit aufzuhören ist eine der größten Hürden, die Sie überwinden müssen, um wieder wahre Verbundenheit herstellen zu können. Es ist wichtig, dass Sie die Logik der Gedanken Ihres Partners gelten lassen, dass Sie Ihren Partner als eigenen Menschen ansehen und nicht länger als Erweiterung Ihrer selbst: „Du bist nicht verrückt. Ich verstehe, was du sagst, und es macht Sinn, dass du so denkst.“ Viele von uns hatten Eltern, die den Horizont ihrer eigenen Ansichten nicht überwinden konnten. Wenn wir ihnen nicht zustimmten oder ihren Rat nicht guthießen, dann schenkten sie uns keine Beachtung mehr oder unterstellten uns, dass wir dumm, unwissend, auflehnend, respektlos oder verrückt seien. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass auch zwei unterschiedliche Standpunkte in gleicher Weise Gültigkeit haben konnten - besonders die gegensätzlichen Meinungen eines Elternteiles und eines Kindes. Der dritte Schritt Geltenlassen trägt der Tatsache Rechnung, dass es unterschiedliche Wirklichkeiten gibt. Beide Sichtweisen sind tatsächlich korrekt.

Der vierte Schritt des Imago-Dialogs ist das Einfühlen. Wenn Sie sich vergewissert haben, dass Sie die Botschaft Ihres Partners richtig aufgenommen haben, so wie sie beabsichtigt war, bemühen Sie sich nun, die Gefühle zu verstehen, die dahinter stehen: „Jetzt, wo ich dir wirklich zugehört habe und verstehe, was du sagst, kann ich mir vorstellen, dass du Angst empfindest.“ Oder „Ich glaube, ich verstehe jetzt, wie viel dir dieser neue Job bedeutet. Und ich glaube, du bist voller Vorfreude!“ Das englische Wort „empathy“ entspricht recht gut dem deutschen Ausdruck „empathisches Einfühlen“. Wenn Sie sich empathisch in Ihren Partner einfühlen und umgekehrt, kommen Sie einander auf der Gefühlsebene so nahe wie nur möglich. Der Dichter Rumi fand schöne Worte dafür: „Recht haben, unrecht haben ... lassen wir solche Gedanken doch hinter uns. Ich möchte dir, meine Geliebte, auf einer ganz neuen Ebene begegnen!“

„Liebe heilt alle Wunden“, so besagt ein altes Sprichwort, und es trifft tatsächlich zu. Liebe kann auch den schlimmsten Schmerz heilen - den Verlust der Verbundenheit zwischen Ihnen und Ihren Eltern oder frühen Bezugspersonen. Aber dazu braucht es eine ganz bestimmte Art von Liebe: eine Liebe, die reif ist, geduldig ist und im Kontext einer Liebesbeziehung steht. Wenn es einem Freund oder einer Freundin gelingt, sich in Sie einzufühlen, kann das ein sehr bewegendes Gefühl sein. Ein Liebes- und Lebenspartner kann aber einen anderen Zugang zu den tiefsten Tiefen Ihrer Seele finden. Nur die Liebe eines Menschen, den Ihr Unterbewusstsein mit den primären Bezugspersonen Ihrer Kindheit verschmelzen lässt, kann die Wunden Ihrer Vergangenheit heilen.

Große Worte und große Taten

Als Helen und ich vor mehr als 20 Jahren erstmals daran dachten, ein Buch über Liebesbeziehungen zu schreiben, schwebte uns ein Werk vor, das lediglich Text, aber keine praktischen Übungen enthalten sollte. Wir wollten alle Prinzipien erklären, die man zur Entwicklung einer dauerhaften Verbundenheit, eines tiefen inneren Bandes zwischen den Partnern braucht, jedoch ohne konkrete Anleitungen. Heute sind wir froh, dass wir unsere Meinung geändert und ein „Selbsthilfe-Buch“ verfasst haben. Wir mussten nämlich erkennen, dass Paare oft alle vorgestellten Konzepte verstehen können, aber dennoch weiterhin Schwierigkeiten in ihrer Beziehung haben, wenn wir ihnen nicht auch praktische Übungen zur Verfügung stellen.

Helens Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie, der Wissenschaft, die erforscht „wie wir wissen, was wir wissen“, half uns, das zu erklären. Es gibt nämlich zwei unterschiedliche Arten des „Wissens“: „abgespaltenes“ und „integriertes Wissen“. Lassen Sie mich den Unterschied kurz erläutern: Ein „abgespaltenes“ oder rein kognitives Wissen von einem Apfel haben Sie beispielsweise dann, wenn Sie seine graphische Darstellung erkennen können, wenn Sie verstehen, dass in ihm Samen für einen weiteren Apfelbaum enthalten sind oder wenn Sie seinen Wert für eine gesunde Ernährung kennen. Sie haben jedoch ein „integriertes“ oder auch erlebnisorientiertes Wissen von ihm, wenn Sie ihn in der Hand halten, die Beschaffenheit seiner Schale anfühlen, ihn riechen oder gar schmecken können. Abgespaltenes Wissen ist also abstrakt, integriertes Wissen hingegen konkret und wirklichkeitsnah. Kombinieren Sie nun beide Arten des Wissens, so erreichen Sie eine höhere, vollständigere Stufe des Wissens. Sie erwerben Fachwissen über Äpfel und Sie erkunden deren Geschmack.

Die Übung „Die Wiege“, die ich vorher beschrieben habe, ermöglicht uns ein Integrieren unseres kognitiven Wissens. Rein intellektuell mag man schnell verstehen, dass der Aufbau einer festen, sicheren und auch physischen Verbindung mit dem Partner helfen kann, den Verlust der Verbundenheit mit seinen Eltern wieder zu heilen. Das ist speziell gut nachvollziehbar, wenn man weiß, wie leicht unser Altes Gehirn dazu neigt, die Abgrenzung zwischen verschiedenen Personen zu verwischen. Wenn man dann tatsächlich in den Armen seines Partners liegt und nach und nach seine eigene Lebens- und Leidensgeschichte erzählt, erlebt man plötzlich den Partner stellvertretend für einen Elternteil. Erst dann beginnt man, seinen eigenen Heilungsprozess auch wirklich zu spüren. Mehr noch, man fühlt eine neue Art der Liebe zu seinem Partner, fühlt weniger Hass und Verletzung seiner Kindheit gegenüber. Dann ist der Heilungsprozess weit mehr als ein intellektuelles Konzept; er wird zu einer tiefen Erfahrung, die sozusagen unter die Haut geht.

Helen war es auch, die als erste bemerkte, dass wir unser eigenes, kognitives Wissen über Liebesbeziehungen bisher nicht in unser Alltagsverhalten einfließen hatten lassen. Wir waren zwar sehr erfolgreich bei der Weitergabe der Imago-Beziehungstheorie gewesen und hatten manchmal wahre Wunder bei unseren Klienten vollbracht - wir hatten ihr volles Potenzial jedoch nicht für unsere eigene Beziehung genutzt. Sobald wir endlich unseren eigenen Rat befolgten, alle Negativität zwischen uns zu vermeiden und mehr Zeit für die Imago-Übungen, speziell den Imago-Dialog, aufzubringen, war es uns wieder möglich, eine wahre und tiefgehende Verbundenheit zu spüren. Unseren großen Worten konnten endlich auch große Taten folgen.

Das Wesentliche einer bewussten Beziehung

Wenn Helen und ich alle Erkenntnisse, die wir während der letzten 30 Jahre über Liebesbeziehungen zusammentragen durften, auf ihren „Kerngehalt“ reduzieren, so können wir eine Zusammenfassung in fünf Sätzen formulieren:

Akzeptieren Sie die Tatsache, dass Ihr Partner nicht Sie selbst ist.

Werden Sie ein Förderer der Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung Ihres Partners.

Verwandeln Sie Ihre Beziehung in einen „heiligen“ Raum für Sie beide und „entsorgen“ Sie jegliche Negativität.

Respektieren Sie stets den Freiraum und die Intimsphäre Ihres Partners.

Üben Sie den Imago-Dialog so lange, bis er Ihnen in Fleisch und Blut übergeht. Dann können Sie sich auch ohne großes Risiko wieder die Freiheit nehmen, spontane Interaktionen zu setzen.

Früher oder später wird sich all das nicht mehr wie mühsame Beziehungsarbeit anfühlen. Dauerhafte Veränderungen stellen sich ein. In Ihrem Gehirn entstehen neue Neuronenverbindungen, sodass neue Formen der Interaktion möglich werden, bei denen Sie sich weitaus wohler fühlen als bei den alten Mustern. Sie werden in eine neue Phase der Wirklichkeit eintreten - in eine Wirklichkeit von bleibender Verbundenheit mit Ihrem Partner. Sie werden versuchen, mehr Zeit mit dem Partner zu verbringen anstatt Beziehungs-Ausgänge zu benützen. Sie werden Meinungsverschiedenheiten nunmehr als kreative Spannung erleben, als Chance auf Erweiterung Ihres bisherigen, eingeschränkten Erfahrungshorizontes. Ihr Streben nach Übereinstimmung wird nachlassen, denn Sie entdecken langsam die Einzig- und Andersartigkeit Ihres Partners. Und wann immer Sie wieder in Negativität verfallen, werden Sie sofort einen akuten Schmerz verspüren: „Warum in aller Welt sind wir wieder ins alte Fahrwasser geraten?“ Aber dies wird schnell vorübergehen und Sie werden mit Leichtigkeit wieder auf den neuen Weg zurückfinden und das „heilige“ Wesen Ihrer Beziehung wiederherstellen. Ihre Verbindung wird gute Selbsterhaltungs-, Selbstregulierungs- und Selbstheilungskräfte entwickeln.

Ein weiterer Grund, warum sich Ihre Beziehung nunmehr so „richtig“ anfühlt, ist, dass Sie nun teilhaben an einem der fundamentalen Naturgesetze des Universums. Der Großteil all dessen, was ist, hat eine dualistische Struktur. Den Gesetzen der Quantenmechanik zufolge kann man jedem Teilchen ein Antiteilchen zuordnen. Darüber hinaus kann man jedes Teilchen auch als Welle interpretieren, je nach Blickwinkel des Betrachters, und manche US-Wissenschafter kombinieren die Ausdrücke „wave“ und „particle“ bereits zu dem neuen Begriff „wavicle“. Die sexuelle Reproduktion bei fast allen Lebensformen involviert zwei Individuen (in der Bibel holt Noah deshalb zwei Tiere von jeder Art auf seine Arche). Unsere DNA wird bei der reproduktiven Zellteilung in zwei Hälften gespalten und rekonstruiert die fehlende Hälfte. Unsere Zellen teilen sich. Aus der Anthropologie wissen wir, dass in den verschiedenen Schöpfungsgeschichten fast aller Kulturen die Menschen paarweise auftraten und nicht als Einzelwesen, und aus der Physiologie, dass unser Gehirn in zwei komplementäre Hälften geteilt ist - die rechte und die linke Gehirnhälfte. Unsere Sprache ist weitgehend binär: hoch und tief, schwarz und weiß, usw. Unser Blut zirkuliert im Kreislauf zwischen rechter und linker Körperhälfte.

Eine erst kürzlich erfolgte Entdeckung auf dem Gebiet der Astronomie gibt uns ein weiteres Beispiel für die dualistische Beschaffenheit unseres Universums - eines mit besonderer Bedeutung für unsere Betrachtung von Liebesbeziehungen: wir wissen nun, dass die Mehrheit aller Sterne keine einzelnen sind wie unsere Sonne. Die meisten treten tatsächlich als „Doppelsterne“ auf. Diese zwei Sterne ziehen einander durch ihr jeweiliges Gravitationsfeld an, werden aber durch eine gleich große, entgegengesetzt wirkende Zentrifugalkraft an einer vernichtenden Kollision gehindert. Helen und mir gefällt die Metapher der Doppelsterne für zwei Menschen, die in einer Liebesbeziehung stehen, besonders gut. Jeder ist für sich ein einzigartiges Individuum, sprühend vor Entwicklungspotenzial. Jeder ist von gleicher Wichtigkeit wie der andere und jedem bietet sich ein anderer, aber gleichwertiger Blickwinkel auf das Universum. Gemeinsam sind sie jedoch Teil eines größeren Ganzen, verbunden durch die Anziehungskraft von gegenseitiger Liebe und Respekt. Sie werden zum Spiegelbild der immerwährenden, grenzenlosen Verbundenheit des Universums.

New Jersey, im Juli 2007

Einleitung zur Ausgabe von 2001

von Harville Hendrix und Helen LaKelly Hunt

In der Einleitung zur ersten Ausgabe des vorliegenden Buches So viel Liebe wie Du brauchst von 1988 bezeichnete ich das Scheitern meiner ersten Ehe als Schlüsselereignis, das mich dazu veranlasste, mich mit dem großen Rätsel auseinanderzusetzen, warum Liebesbeziehungen manchmal gelingen und manchmal scheitern. Nun, 13 Jahre später, stehe ich glücklicherweise an einem anderen Ausgangspunkt. Helen LaKelly Hunt und ich sind seit nunmehr 19 Jahren miteinander verheiratet und haben, gestützt auf die Ansätze dieses Buches, das erreicht, was ich als „leidenschaftliche Freundschaft“ bezeichnen möchte. Es war für uns sehr schön zu sehen, dass es viel leichter ist, eine enge und liebevolle Partnerschaft zu pflegen, anstatt unter ständigen Konflikten zu leiden und in innerer Distanz zum Partner zu leben. Auch heute genießen wir unsere Partnerschaft und sind überrascht, wie viel innere Ruhe wir dadurch finden konnten. Gleichzeitig, auch wenn das vielleicht paradox klingen mag, schenkt uns unsere Partnerschaft sehr viel Kraft und Dynamik. Selbst nun, wo wir körperlich bereits gealtert sind, fühlen wir uns vitaler als früher.

Über unsere leidenschaftliche Freundschaft hinaus arbeiten Helen und ich auch beruflich als gutes Team zusammen. Helen hat meine Arbeit von allem Anfang an begleitet. Wir lernten einander im Jahr 1977, zwei Jahre nach meiner Scheidung, kennen. Helen machte gerade ihren Abschluss als Lebensberaterin und ich war Professor an der Perkins School of Theology. Bereits an unserem ersten gemeinsamen Abend erzählte ich ihr davon, dass ich vorhätte, beruflich etwas Neues in Angriff zu nehmen, aber noch nicht konkret wüsste, was ich tun wollte. Zu meinen Optionen zählte unter anderem die intensive Beschäftigung mit der Psychologie von Liebesbeziehungen. Ich wollte herausfinden, warum es Paaren heutzutage so schwer fällt zusammenzubleiben und warum beide Partner so leiden, wenn eine Beziehung scheitert. Die vorhandene Fachliteratur schien keine plausible Erklärung zu bieten. Diese Forschungsfrage interessierte Helen mehr als meine anderen Vorschläge und sie bat mich, ihr Einblick in meine fragmentarischen Überlegungen zu schenken. Nach einer Viertelstunde meinte sie, meine Ausführungen über die zentrale Bedeutung des In-Beziehung-Seins mit einem Partner erinnerten sie an Martin Bubers Gedanken über die „Ich-Du“-Beziehung. Und wenig später zitierte sie aus einem Buch von Fjodor Dostojewsky, das sie bereits als junge Frau gelesen und aus dem sie einige Gedanken behalten hatte: „Der Mensch, der den lebendigen Gott von Angesicht zu Angesicht sehen möchte, wird ihn nicht im leeren Firmament seiner Vorstellungskraft finden, sondern in der Liebe zu einem anderen Menschen.“ Ich widersprach ihr sofort, weil ich keinerlei Verbindung zwischen meinem Problem und Bubers Philosophie oder Dostojewskys spirituellem Ansatz sehen konnte: „Ich glaube nicht, dass meine Gedanken damit in Zusammenhang stehen.“

Schon damals, genauso wie heute, spürte Helen genau, wohin mein Weg mich führen würde.

In den folgenden Jahren engagierte Helen sich für eigene Projekte, nahm jedoch auch weiterhin aktiv Anteil an meiner Arbeit. In gewisser Hinsicht übernahm sie die „traditionelle“ Rolle der fürsorglichen Ehefrau - sie hielt die Familie zusammen, verdiente auch selbst etwas Geld dazu und war vor allem stets eine einfühlsame Zuhörerin für mich. Immer wieder kam es jedoch vor, dass Helen die Grenzen dieser traditionellen Rolle überschritt und meine Arbeit in Punkten hinterfragte, die sich später als bahnbrechend herausstellen sollten. Während andere Menschen meine Ge-danken bereitwillig akzeptierten, hinterfragte sie sie oder forderte mich heraus, mich noch intensiver damit auseinanderzusetzen. Wofür ich ihr am meisten danke, ist, dass sie dennoch so viel Wertschätzung für mich selbst und meine Arbeit zeigte, dass sie auf liebevolle Weise stets ihre eigene Sichtweise zu meinen Gedanken einbrachte. So kann ich heute aus tiefster Überzeugung sagen, dass jeder Gedanke in diesem Buch aus der täglichen Realität unserer Partnerschaft heraus entstanden ist. Als man mich daher bat, eine neue Einleitung zu der überarbeiteten Fassung von So viel Liebe wie Du brauchst zu schreiben, war es selbstverständlich, dass Helen und ich sie gemeinsam verfassten. Es war nun an der Zeit, Helen auch offiziell als Koautorin anzuführen.

Während Helen und ich überlegten, was wir für die zweite, überarbeitete Ausgabe verändern und erweitern wollten, überkamen uns viele schöne und sogar wehmütige Erinnerungen. Die vielen Jahre des gemeinsamen Forschens, Reflektierens und Diskutierens, die zur Erstausgabe von So viel Liebe wie Du brauchst geführt hatten, wurden wieder lebendig. Anfänglich hatten wir noch überlegt, ob wir zuerst ein Buch für Paare oder eher ein Lehrbuch für Therapeuten schreiben sollten. Nachdem wir uns dafür entschieden hatten, für eine breite Leserschaft zu schreiben, überlegten wir, ob das Buch konkrete Übungen enthalten solle oder nicht. Und wenn ja, welche? Das Schreiben an diesem Buch hatte sich über mehrere Jahre hingezogen. Dankbar erinnerten wir uns daran zurück, dass Jo Robinson unsere Gedanken geordnet und mit ihrem ansprechenden und gut lesbaren Stil den Grundstein zum großen Erfolg unseres Buches gelegt hatte. Wir erinnerten uns auch daran zurück, wie euphorisch wir damals gewesen waren, als das Buch endlich in Druck ging und zu unserer großen Überraschung sogar in der Oprah Winfrey Show vorgestellt wurde. Oprahs enthusiastische Werbung ließ die Auflagenzahlen für unser Buch in die Höhe schnellen. Wir erreichten die Bestsellerliste der New York Times, was unsere Erwartungen bei weitem übertraf. Die Leserschaft wuchs ständig und bis heute haben wir mehr als anderthalb Millionen Exemplare verkauft. Gleichzeitig wurde unser Buch in über 30 Sprachen übersetzt.

Helen und ich erinnerten uns auch an die Basis unserer damaligen Arbeit: die Imago-Paartherapie, die wir in unserem Buch beschrieben haben. Schon Ende der achtziger Jahre interessierten sich immer mehr Therapeuten für diesen Ansatz und wollten eine Ausbildung darin absolvieren, um diese Art der Paartherapie anwenden zu können. Heute gibt es eine blühende internationale Imago-Gesellschaft von mehr als 1 500 Imago-Therapeuten, die in 13 verschiedenen Ländern arbeiten. Mehr als 150 Workshop-Presenter leiten jährlich ungefähr 400 Imago-Workshops. 20 Mitglieder der Faculty des Instituts für Imago-Paartherapie (Institute for Imago Relationship Therapy) bilden in 12 verschiedenen Städten der Welt Imago-Therapeuten aus. Durch diesen gemeinsamen Einsatz und all diese Energie konnte die Imago-Methode zu einer bedeutenden Kraft heranwachsen und gesellschaftliche Veränderungen bewirken.

Während Helen und ich diese großartige Entwicklung noch einmal in Gedanken nachvollzogen, wurde offensichtlich, dass wir uns eher als Beobachter und nicht so sehr als Begründer dieser Bewegung fühlten. Zwar haben wir diese Entwicklung in Gang gesetzt, doch beanspruchen wir ihren durchschlagenden Erfolg nicht allein für uns. Wir sehen uns eher wie Eltern, die ihrem Kind dabei helfen, Fahrrad fahren zu lernen; sie stupsen es an und laufen ein Stück weit daneben her, nur um dann staunend zuzusehen, wie das inzwischen erwachsene Kind sein erstes Rennen gewinnt. Am Beginn waren wir dabei gewesen - wir waren es gewesen, die den ersten Anstoß gegeben hatten. Doch inzwischen hatte unser „Kind“ es selbst so weit gebracht und den Durchbruch geschafft - und das war nur zu einem kleinen Teil unser Verdienst.

Worauf führen wir dann den Erfolg von So viel Liebe wie Du brauchst und das wirklich beeindruckende Wachstum der weltweiten Imago-Gesellschaft zurück? Schlicht formuliert haben wir nur einer Entwicklung den Weg geebnet, die schon im Entstehen war. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts funktionierten die alten Konzepte von Ehe und Familie nicht mehr. Was niemand erwartet hatte, war, dass nun unzählige Menschen den Entschluss fassten, sich lieber all dem Kummer und Stress einer Ehescheidung auszusetzen, als länger in unglücklichen und einschränkenden Beziehungen zu bleiben. In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts schien die Ehe als Lebensform für viele Paare nicht mehr geeignet zu sein. Man experimentierte mit der „offenen Ehe“ und anderen Formen des Zusammenlebens, ständig hoffend, dass sich daraus neue Formen der Partnerschaft entwickeln würden, die die Einschränkungen des alten Modells überwinden könnten.

Aber auch viele Paare, die in konventionellen Ehen lebten, begaben sich auf die Suche nach einer Art von Partnerschaft, die lebendiger, tiefer und sinnvoller erschien als die Ehen ihrer Eltern oder Großeltern. Tausende versuchten durch Paartherapien einen „tieferen Sinn“ für ihre Partnerschaft zu finden. Die damals gängigen Formen der Paartherapie fokussierten jedoch auf die Psyche der beiden einzelnen Partner und die Dynamik ihrer Partnerschaft blieb oft unbeachtet. Es galt die Theorie, dass jeder Partner für sich seine eigenen Probleme bearbeiten sollte, sodass er/sie seelische Gesundheit erlangen und zu sich selbst finden konnte. Zwei solche Partner müssten in der Folge nur ein wenig Bemühen und Einsicht investieren, um eine stabile und zufriedenstellende Partnerschaft führen zu können.

Doch die Erfolgsquote bei diesem Ansatz war gering - wenn man Erfolg so definiert, dass die Scheidungsrate abnimmt und die Paare zusammenbleiben. Ungefähr zwei Drittel der Paare konnten ihre Schwierigkeiten nicht lösen und trennten sich. Aber auch jenen, die zusammenbleiben wollten, fehlte es weiterhin an Unterstützung und wirklich hilfreichen Methoden. Durch die therapeutische Begleitung hatten sie sich selbst besser kennen gelernt und ihre Kommunikationsfähigkeit verbessert, aber ihre Partnerschaft blieb ihnen weiterhin ein Rätsel. Trotz aller neugewonnenen Einsichten behielt ihre Beziehung manche selbstzerstörende Tendenzen bei. Was sie besonders belastete war, dass sie tief in ihrem Inneren spürten, dass ihre Partnerschaft das Potenzial haben könnte, sie zu heilen und ihnen ihre ursprüngliche Ganzheit wiederzuschenken, und doch wussten sie weder, wie das gehen könnte, noch konnten sie es umsetzen.

Einer der Gründe, warum die Konzepte der Imago-Paartherapie, die in So viel Liebe wie Du brauchst vorgestellt werden, diesen Paaren wirklich weiterhelfen konnten, war die Tatsache, dass ich am eigenen Leib erfahren hatte, wie enttäuschend es ist, einfach keinen Weg zu finden, um das Entwicklungspotenzial einer Partnerschaft ausschöpfen zu können. Während ich nun meine eigenen Theorien entwickelte und in meiner Arbeit als Paartherapeut anwendete und verbesserte, wollte ich endlich eine Antwort auf die Frage finden, wieso meine eigene Beziehung gescheitert war. Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse war, dass zwei Menschen, die in einer Partnerschaft leben wollen, sich von der Illusion verabschieden müssen, dass jeder von ihnen beiden der Mittelpunkt der Welt sei - und dass sie beginnen müssen, einander als gleichwertige Partner anzusehen. (Hier fällt mir ein altes Sprichwort ein: „Du und ich sind eins - und der eine bin ich!“). Zu einer Beziehung gehören nun einmal zwei Menschen. Wenn beide aufhören, sich selbst als Mittelpunkt des Universums zu betrachten, dann geschieht etwas Unerwartetes: die Beziehung selbst wird zum Mittelpunkt. Wenn dieser grundlegende Perspektivenwechsel vollzogen ist, können beide Partner sich mit den unbewussten