SOKO 60++ - Walter Wemmer - E-Book

SOKO 60++ E-Book

Walter Wemmer

4,9

Beschreibung

Wie es zu Wunderheilungen im Supermarkt kommt. Weshalb eine Pizza der bessere Sex ist. Wie man ohne Sparbuch gut durchs Familienleben kommt. Weshalb Lederhosen und Lippenstift bei 60++ unentbehrlich sind. Was im Möbelhaus mit den Frühstücksbröseln geschieht. Was einem bei einem Candlelightdinner alles erspart bleibt. Weshalb sich Hund und Herrl doch nicht ähnlich schauen. Das alles und noch mehr erfahren Sie von der SOKO 60++ auf höchst satirische Weise.

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Seitenzahl: 83

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Inhaltsverzeichnis Ermittlungsakten

01:

60++ und Facebook

02:

60++ und das Altersheim

03:

60++ und der Sex

04:

60++ und das Essen

05:

60++ und Supermärkte

06:

60++ und Urlaub

07:

60++ und das Furzen

08:

60++ und die Familie

09:

60++ und der Sport

10:

60++ und die Mode

11:

60++ und das Frühstück im Möbelhaus

12:

60++ und die Hunde

13:

60++ und das Wörtchen „echt“

14:

60++ und Weihnachten

15:

60++ und die liebe Not

16:

60++ und Selbstbaumöbel

17:

60++ und Jerry Cotton

18:

60++ und die Zukunftsaussichten

Vorwort und Nachrede:

Wird man pensioniert, öffnet sich ganz urplötzlich eine große Wand.

Die Senioren-Wand. Hinter dieser großen Wand verschwindet das komplette bisherige Leben.

War man im Beruf noch eine begehrte, geschätzte Person, hinter der Senioren-Wand sind Sie nichts mehr. Kein Geschäftspartner kräht nach Ihnen. Kein ehemaliger Kunde. Keiner. Höchstens der Bankdirektor, aber auch nur dann, wenn Sie mit Ihren Krediten nicht rechtzeitig fertig geworden sind.

Sie verschwinden im dunklen Grau hinter der Senioren-Wand. Sie tauchen ein in das Grau der Pullunder und Strickwesten, dem Wahrzeichen der Seniorinnen und Senioren.

Waren Sie kurz vor der Pensionierung für Ihre Mitmenschen noch „sportlich“, so sind Sie als Senior für Ihre Mitmenschen plötzlich nur mehr „rüstig“.

Waren Sie vorher im Sport noch „aggressiv“, so sind Sie als 60++ höchstens nur noch „resolut“.

Mit der Pensionierung ändert sich also nicht nur das Ansehen, sondern auch die Wortwahl Ihrer Mitmenschen.

Auch Ihr gesellschaftlicher Standard verschwindet ganz urplötzlich von heute auf morgen hinter der großen Senioren-Wand. Waren Sie gestern in Ihrer beruflichen Position vielleicht noch umschwärmter Sponsor eines Sportvereines in der VIP-Lounge, so müssen Sie sich heute als Senior bei der Kasse um eine ermäßigte Eintrittskarte anstellen.

Egal, wie viele Jahrzehnte Sie vor Ihrer Pensionierung gearbeitet haben, egal wie viel Sie in diesen Jahrzehnten in die Pensionskasse eingezahlt haben, in den Augen Ihrer jüngeren, noch arbeiten müssenden Mitmenschen sind Sie plötzlich nur mehr ein Parasit, der den Jüngeren sozialen Standard wegnimmt, weil die mit Ihren Abgaben für Ihre Pension aufkommen müssen.

Was die Jungen nicht bedenken ist, dass sie selber alt werden. Früher als sie denken. Und das sie selbst einmal in Pension gehen werden. Später als sie denken. Aber das ist eine andere Geschichte.

Meine Geschichte widmet sich der SOKO 60++, die alle Alltags-und Lebensprobleme der Seniorinnen und Senioren ans Licht bringt und aufklärt. Schonungslos! Restlos! Haarlos! Und wenn es die Zahnärzte nicht gäbe, auch zahnlos!

Die gesammelten Ermittlungsergebnisse lesen Sie auf den folgenden Seiten. Der Einfachheit halber bezeichne ich alle Betroffenen als 60++.

Ermittlungsakte 1:

60++ und Facebook

Wenn man als 60++ schon körperlich öfters stehenbleiben muss, weil einem die Puste ausgeht oder die Beine wieder 2 Tonnen wiegen, geistig sollte man nicht stehenbleiben und sich mit modernen Dingen beschäftigen, zum Beispiel mit Computer und Facebook.

Viele SeniorInnen (immer brav gendern, sonst kommt dieses Buch auf die schwarze Liste der Sonstkeinesorgenhabenden) werden mit dem Begriff „Facebook“ nichts anfangen können.

„Facebook? Kenne ich nicht. Habe ich noch nicht gelesen. Wer hat das geschrieben?“

Okay. Zu dieser Gruppe sollte man nicht gehören.

Da ist der Kontakt zu den Enkelkindern wichtig. Fragen Sie einfach Ihre Enkelkinder (die sollen für ihr Taschengeld ruhig auch mal was leisten) was Sie als Seniorin oder Senior tun müssen, um als 60++ up to date zu sein.

Die erste Antwort wird sicher sein „Oma oder Opa, warst schon mal auf Facebook?“

Antworten Sie dann bitte nicht: „Nein, ich war früher mal in Amerika, in Italien, auf Kreta, aber auf Facebook war ich noch nie“, sondern sagen Sie einfach ganz intelligent: „Nein, wo liegt denn das?“.

„Da auf dem Tisch“ wird Ihr Enkerl sagen und Ihnen so einen Hybriden zwischen einem kleinen Laptop und einem großen Handy zeigen.

„Das ist ein Tablet“, wird er ganz stolz verkünden....und Sie werden sagen:„Meine Tabletten schauen anders aus...wie soll man das schlucken?“.

Ihr Enkerl wird Sie mit einem abfälligen Blick strafen und Sie aufklären.

„Das ist ein Mini-Computer“, wird er sagen und Ihnen einen Vortrag über das Tablet und Facebook halten, von dem Sie kein Wort verstehen werden.

Mir ging es genauso. Aber nach 5 Tagen und 3 Packungen Herz-Tablets habe ich es begriffen.

Mein Enkerl hat mich auf Facebook eingeschult!!

Ein gscheiter Bub. Wie gscheit wird der erst sein, wenn er mal zur Schule geht. Er ist erst 4 Jahre alt.

Sagen Sie aber bitte Facebook und nie „Social Network“, denn „Social Network“ ist für eine oder einen 60++ eher nicht aussprechbar, wenn man seine Zähne behalten möchte.

Oder wie es Wolfgang Ambros formuliert hätte: „Bei Social hauts da schu dös Gebiß aussi, zu Network kummst gor net mehr.“

Mein Enkerl hat mir dann auf Facebook einen Account eingerichtet, ja so heißt das, „Account“....er ccount mi a....und hat gemeint, ich kann jetzt schon meinen ersten „Blog“ machen.

„A Plog wird das sicher“ habe ich gesagt und habe das erste Mal auf Facebook gepostet.

Gepostet. Jetzt weiß ich, wo die Post hingekommen ist, die in unserer Straße letztes Jahr zugesperrt wurde. Die ist jetzt hier auf Facebook.

Als ersten Eintrag habe ich geschrieben „ICH LEBE NOCH“....und habe dann auf „Gefällt mir“ geklickt.

Das mache ich jetzt jeden Tag gleich nach dem Aufstehen.

Ich poste „Ich lebe noch“ und drücke auf „Gefällt mir“ ...und wenn das eines Tages nicht mehr auf Facebook erscheint, dann wissen alle meine Freunde genau „Der Alte ist gestorben“.

Praktisch, oder?

Mit Facebook erspart man sich die sündteuren Partezettel in den Tageszeitungen.

Jeder weiß sofort, wann jemand gestorben ist. Ich habe derzeit 67 Freunde und täglich werden es weniger!

Andererseits kommen täglich neue 60++ dazu, das gleicht sich dann irgendwie übers Jahr aus.

Mit Facebook hat jeder ab 3++ bis 60++ eine Plattform, um sein übersteigertes Selbstbewusstsein, sein Anerkennungsbedürfnis und seine geheimen Komplexe, die auf Facebook dann eben nicht mehr geheim bleiben, auszuleben.

Facebook ist ja entstanden, als der NSA und den anderen Spionageorganisationen das Budget gekürzt worden ist.

„Um Gottes Willen, was machen wir jetzt, wir haben kein Geld zum Spionieren mehr.

Katastrophe!

Da hat einer urplötzlich die geniale Idee gehabt: Die „Do it yourself-Spionage!!! Und hat Facebook gegründet.

Facebook. Jeder spioniert sich selber aus und gibt bekannt, was er gerade macht. Jeder berichtet minutiös, was er getan hat und ist noch stolz drauf.

„War heute auf dem Schloßberg in Graz“ zum Beispiel.

Sehr interessant, oder? War das eine Erstbesteigung über die Nordwand, weil man das so exklusiv und sensationell auf Facebook posten muss?

Jeden Tag gehen mindestens 500 Leute auf den Grazer Schloßberg, aber nur bei ihm/ihr war das etwas Besonderes, das unbedingt auf Facebook muss. Die NSA freut sich, alle Anderen ärgern sich.

Ein anderer postet ein Foto, das ihn mit einem gefangenen Fisch zeigt, dem er gerade sein imposantes Maul aufreißt, so nach dem Motto „Ich Tarzan, Du Fisch!“ Offenbar denkt er, er ist der erste Mensch, der einen Fisch gefangen hat. „Schaut her, was ich für ein Teufelskerl bin. Ich kann sogar einem wehrlosen Fisch das Maul aufreißen!“

Ja, bist eh der Beste. Und wehe, man schreibt dann einen Kommentar, der sein Orange zerkratzt, wie z.B. „Mir gefallen Fische lebend und ungequält viel besser“ oder so.

Dann ist der Teufel los. Dann wird man sofort beschimpft und mit gehässigen Gegenkommentaren überschüttet. Echte Freunde eben.

Oder was auf Facebook auch sehr beliebt ist. Man postet ein Foto, das einem vor einem markanten Hintergrund zeigt und schreibt dazu „Wo bin ich?“.

Bei dem einen oder anderen 60++ verstehe ich ja die Frage.

Mancher vergisst in diesem Alter halt schon mal schnell und möchte wissen, wo er ist, damit er weiß, wohin er muss.

Aber meist sind das junge Leute, die das machen.“Selfi“ nennt man das.

Ich habe immer „Elfi“ verstanden und nicht verstanden, weshalb ich eine „Elfi“ fotografieren muss. Aus dem Alter bin ich doch schon lange raus.

Viele junge Leute machen also ein „Selfi“, zum Beispiel vor dem Schloss Schönbrunn und fragen dann „Wo bin ich?“

Wozu?

Ich habe gepostet „In Schönbrunn, du Trottel und am besten bleibst gleich dort!“

Wieder ein Freund weniger.

Sehr beliebt sind auch großartige Ankündigungen, wenn wer irgendwohin fährt.

Ist ja auch etwas ganz Sensationelles, wenn jemand irgendwohin fährt.

Da heißt es dann zum Beispiel „Schladming, wir kommen!“ oder „Wörthersee, wir kommen!“

Da kann man nur sagen: „Dankeschön für die Warnung“. Jetzt haben die in Schladming oder am Wörthersee wenigstens die Chance, woanders hin zu fahren (mit oder ohne Facebook-Posting).

Ich persönlich bin Facebook sehr, sehr dankbar. Ohne Facebook hätte ich nie gewusst, wie viele Trotteln ich kenne!!

Aber ohne Trotteln würde die „Do it yourself-Spionage“ nie funktionieren. Die Trotteln posten alles. Die NSA erfährt alles.

„Hier beim Jägerwirt beim Wienerschnitzel.“ Mit Foto. Zwei Stunden später „Bin zuhause und muss speiben“. Gott sei dank ohne Foto.

Bin heute mit dem Fahrrad 10 Kilometer gefahren“.

Hochinteressant, hat ja noch niemand geschafft.

Zwei Tage später. „Habe mir heute neue Fahrradreifen gekauft“.

Eh klar. Bei so exzessiven Radtouren über 10 Kilometer geht schon einiges an Gummi drauf.

Und wenn er oder sie da nicht gleich 10 „Gefällt mir“ bekommt, ist er/sie gleich beleidigt.

„Likes“nennt man das, hat mir mein Enkerl noch kurz erklärt, bevor er in den Kindergarten gegangen ist.

Jedes Kekserl, das gebacken wird, wird sofort auf Facebook abgebildet, jedes Shopping wird sofort dokumentiert.

Alles muss auf Facebook, weil jeder ist so einzigartig, so toll und so ein exklusiver Mensch und alles was er tut, ist so sensationell.

Einer postet: „Habe mir beim Skifahren beide Beine gebrochen“. 143 Freunde drücken auf „Gefällt mir“. Super Freunde, oder?

Oder: „Hatte Autounfall mit Totalschaden“. 167 x „Gefällt mir“. Wer hat da eigentlich den Totalschaden?

„Liege mit Bandscheibenvorfall im Bett“.

75 x „Gefällt mir“.

„Heute ist meine Frau verstorben“. 1 x „Gefällt mir“.

Vom Ehegatten.

Ehrlich gesagt beneide ich jene 60++, die nicht up to date sind und daher gar nicht wissen, was Facebook ist.

Hat seine Vorteile. Man hat noch eine gute Meinung von den Menschen.