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Kurze Krimis für die kleine Spannung zwischendurch. Viveca Sten hat mittlerweile neun Krimis rund um die Juristin Nora und den Kommissar Thomas Andreasson geschrieben. Doch was ist aus den vielen Figuren geworden, die in ihren Büchern eine Nebenrolle spielten? In diesen spannenden Kurzkrimis werden sie zu Hauptfiguren und somit werden ganz nebenbei alle Fragen der Sten-Fans beantwortet. Fast alle. Was geschah eigentlich damals mit Signe Brands Verlobten, der plötzlich verschwand? Signe, die später Nora das Sommerhaus, die Brandsche Villa, vererbte, hat den Verlust schließlich nie verwunden. Was wurde aus den bornierten Eltern von Henrik, Noras erstem Mann? In diesen Kurzkrimis gibt es für die Fans ein Wiedersehen mit Figuren aus den Romanen Viveca Stens, so dass man das Gefühl hat, bei den Nachbarn und Freunden hinter die Kulissen zu schauen. Doch auch wenn man ihre Bücher nicht kennt, kann man diese Kurzkrimis genießen: ob beim Warten auf den Bus oder im Wartezimmer des Zahnarztes. Viveca Sten schreibt nicht nur spannende Romane – auch in der kurzen Form ist sie Meisterin.
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Seitenzahl: 45
Viveca Sten
Zwei Kurzkrimis
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Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Über Viveca Sten
Über dieses Buch
Impressum
Hinweise zur Darstellung dieses E-Books
Ein Mittsommernachtstraum
Vergangen
Inhaltsverzeichnis
Am Morgen war er ausgeruht und gut gelaunt. Sie selbst hatte schlecht geschlafen und war immer wieder aufgewacht.
Aber als sie sein breites Lächeln in der Morgensonne sah, fiel die Anspannung von ihr ab. Heute würde wohl ein guter Tag werden. Sie brauchte einen guten Tag.
»Soll ich Kaffee machen?«, fragte sie und bot an, zur Sandhamnsbäckerei zu gehen.
Anschließend saßen sie in behaglicher Stille auf der Veranda, jeder in seine Zeitung vertieft. Hin und wieder machte er eine Bemerkung über einen Artikel, der sein Interesse geweckt hatte. Es war noch früh, und sie hatten keine Eile.
Im Laufe der Jahre hatte sie gelernt, seine Stimmungen zu erspüren. Sie war die ganze Zeit auf der Hut, versuchte ihn zu deuten, so wie ein Meteorologe das Wetter deutete. Jeden Wechsel, jede Veränderung des Mienenspiels, die einen Wetterumschwung ankündigen konnte.
Unwetter und nahende Gefahr.
Wenn sie ihn so betrachtete, tief in die Morgenzeitung versunken, überkam sie trotz allem ein zärtliches Gefühl. Wie sie hier zusammen saßen, waren sie wie ein altes Ehepaar.
Warum konnte es nicht immer so sein?
Eva Lenander versuchte, die Einsamkeit an dem sonnigen, lang gezogenen Sandstrand zu genießen. Hier im Süden von Sandhamn war es fast immer menschenleer. Es gab nur wenige Häuser, und Touristen verirrten sich selten hierher.
Es war schön, einmal eine Weile allein zu sein und nachzudenken. Manchmal war der Morgenspaziergang die einzige Zeit des Tages, in der sie nicht von einer Menge Leute umgeben war. Bei zwei Kindern und Hund gab es immer jemanden, der ihre Aufmerksamkeit forderte.
Und Micke …
Eva schluckte bei dem Gedanken an ihren Mann und steckte die Hände tief in die Jackentaschen. Sie musste positiv denken, durfte sich nicht in düstere Gedanken hinabziehen lassen.
Morgen war Mittsommerabend, dann ging der Zirkus wieder los. Sie musste die nächsten Tage durchhalten.
Mittsommer war das überschätzteste Fest des Jahres. Sie hasste die ganzen Zwänge, die damit einhergingen. Der Traum von der perfekten Familie und der perfekten Feier. Das schwedische Idyll, das am längsten Tag des Jahres zur Schau gestellt werden sollte.
Dennoch wurden die Erwartungen jedes Jahr wieder durchkreuzt. Immer gab es welche, die zu viel tranken und Streit anfingen, oder aber das Wetter war schlecht. Wie oft hatte sie nicht schon unter einem Regenschirm am Mittsommerbaum gestanden oder tapfer draußen aufgetischt, obwohl sie sich in Wolldecken hüllen mussten, um nicht zu frieren.
Morgen würde sie nichts anderes tun, als ständig zwischen Küche und Festtafel hin und her zu laufen und sich um alles zu kümmern, während Micke sich volllaufen ließ.
Eva versuchte, den Kloß im Hals hinunterzuschlucken.
Eine bekannte Gestalt tauchte einige Hundert Meter vor ihr auf. Oh nein, das war ihre mürrische Nachbarin Karin Selin, die ihr entgegenkam.
Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie hatte wirklich keine Lust, stehen zu bleiben und einen Schwatz zu halten, so wie es von ihr erwartet wurde. Ob sie wohl einfach mit einem Kopfnicken vorbeigehen konnte, ohne dass Karin es ihr übel nahm?
Eva hatte Karins Mutter Gunnel sehr gern, aber mit der Tochter, die meistens eine Leidensmiene zur Schau trug, kam sie nicht sonderlich gut zurecht.
Noch bevor sie zu einer Entscheidung gekommen war, kam Karins Labrador auf sie zugestürmt, und sie musste stehen bleiben, um den Hund zu streicheln.
Die Plattitüden kamen ganz von selbst.
»Was für ein herrlicher Tag«, sagte sie und richtete sich auf. »Hoffentlich hält sich das Wetter.«
Karin lächelte wehmütig.
»Das erinnert mich an letztes Jahr, als Papa uns verlassen hat. Da war das Wetter auch so wunderbar.«
Im Vorjahr war Karins Vater in der Nacht vor Mittsommer plötzlich und unerwartet gestorben.
»Ja, das war schlimm«, murmelte Eva.
»Es ging so schnell, eben war er noch da, und im nächsten Moment hatten wir ihn verloren.«
Eva nickte und strich der Hündin über den Kopf. Wie schnell konnte sie weitergehen, ohne unhöflich zu wirken?
»Er war ein wunderbarer Mensch«, sagt Katrin und biss sich auf die Unterlippe.
»Es ist nicht leicht«, murmelte Eva und blickte unauffällig zur Uhr.
»Ich war immer Papas Mädchen. Du bist mein Sonnenschein, hat er immer gesagt.«
Eva wechselte vorsichtig das Thema.
»Nur gut, dass deine Mutter gesund ist«, sagte sie.
Karin nickte.
»Sie hat es mit dem Herzen, aber davon abgesehen geht es ihr gut. Es ist wirklich schön, dass sie Mittsommer bei dir und Micke verbringen kann, da wir ja nach Dalarna fahren.«
Ihre Augen wurden feucht.
»Ich kann dieses Jahr einfach nicht hierbleiben.«
Eva versuchte, zum Ende zu kommen, ohne allzu unhöflich zu sein.
»Gunnel ist uns herzlich willkommen. Sie kann den Mittsommerabend ja schließlich nicht allein verbringen.«
Sie war nie so glücklich gewesen wie am Tag ihrer Hochzeit.
Als sie vor dem Altar standen, hatte ihr das Herz bis zum Hals geklopft. Sie hatte kaum atmen können, weil ihre Liebe so stark war.
Endlich würden sie Ehemann und Ehefrau sein, würden für den Rest ihres Lebens zusammengehören. Sie würden alles teilen, Glück und Kummer, Erfolge und Niederlagen.
Würden einander die besten Freunde sein.
Ihr künftiger Ehemann war groß und gut aussehend, sie wusste, dass viele ihr einen solchen Partner neideten. Insgeheim verstand sie kaum, dass er gerade sie ausgewählt hatte, wo er doch jede andere hätte haben können.