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Als die kurvige Samantha den charmanten Makler Gregor kennenlernt, fällt es ihr schwer zu glauben, dass er sie wirklich attraktiv findet. Je mehr er sich um sie bemüht, desto größer werden ihre Selbstzweifel. Ihre Minderwertigkeitskomplexe verwirren nicht nur Gregor, sondern verhindern auch jeden Ansatz einer Intimität zwischen den beiden. Als dann auch noch ausgerechnet Gregors attraktive Ex-Freundin auf der Bildfläche auftaucht, ist das Chaos perfekt. Samantha muss sich entscheiden: Tut sie etwas gegen die überflüssigen Pfunde oder akzeptiert sie sich endlich selbst so, wie sie ist? Denn eines steht fest, so einen Traummann wie Gregor kann sie nicht kampflos aufgeben. Aber kann sie ihm trauen? Ist er der, der er vorgibt zu sein? Oder spielt er nur Spielchen?
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Inhaltsverzeichnis
Über das Buch
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Epilog
Danksagung und Nachwort
Impressum
Nancy Salchow
Sommersüße Kurven
Liebesroman
Als die kurvige Samantha den charmanten Makler Gregor kennenlernt, fällt es ihr schwer zu glauben, dass er sie wirklich attraktiv findet. Je mehr er sich um sie bemüht, desto größer werden ihre Selbstzweifel. Ihre Minderwertigkeitskomplexe verwirren nicht nur Gregor, sondern verhindern auch jeden Ansatz einer Intimität zwischen den beiden.
Als dann auch noch ausgerechnet Gregors attraktive Ex-Freundin auf der Bildfläche auftaucht, ist das Chaos perfekt. Samantha muss sich entscheiden: Tut sie etwas gegen die überflüssigen Pfunde oder akzeptiert sie sich endlich selbst so, wie sie ist? Denn eines steht fest, so einen Traummann wie Gregor kann sie nicht kampflos aufgeben.
Aber kann sie ihm trauen? Ist er der, der er vorgibt zu sein? Oder spielt er nur Spielchen?
Anmerkung:Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.
Samantha
Der Hosenknopf beißt sich wie ein Parasit in meinen Bauchnabel.
Das soll Größe 44 sein?
Ungläubig starre ich in den Ganzkörperspiegel, der sich die größte Mühe gibt, meine Problemzonen besonders detailverliebt in Szene zu setzen.
Und überhaupt, warum ist es in dieser Kabine so unverschämt hell? Will hier heute noch jemand am offenen Herzen operieren?
Ich versuche, die Hose wieder zu öffnen. Wenn schon keine OP am offenen Herzen, dann vielleicht eine, um mich aus dieser Hose zu schneiden.
Als ich mich endlich wieder herausgequält habe und nur noch in Unterwäsche vor dem Spiegel stehe, bin ich den Tränen nahe.
Das lange schwarze Haar reicht mir in widerspenstigen Locken über die Schultern bis zum Ansatz meiner Brust. Meine zartbitterbraunen Augen strahlen, als wollten sie irgendwen beeindrucken.
Aber die Wahrheit ist, dass ich vor langer Zeit aufgehört habe, mich hübsch zu finden.
Sicher, es gibt mehr als genug Frauen, die auch in Größe XXL voller Selbstbewusstsein durch die Welt laufen. Ich gehöre definitiv nicht dazu.
„Heulst du schon wieder?“, höre ich Cassy vor dem Vorhang rufen.
„Warum brüllst du nicht noch ein bisschen lauter?“ Ich schiebe meinen Kopf heraus, während ich den Vorhang mühsam zusammenhalte.
„Du warst nur so still.“ Sie mustert mich prüfend, den wie immer perfekt frisierten Kopf zur Seite neigend.
Eigentlich unverschämt von ihr, als meine beste Freundin Größe 36 zu tragen. Und so was nennt sich Solidarität unter Freundinnen. Neben Cassy fühle ich mich immer ein klein wenig dicker, ein klein wenig trampeliger und unscheinbarer.
Das goldblonde Haar, das ihr in weichen Föhnwellen auf die Schultern fällt, macht sie eigentlich zur absoluten Fehlbesetzung für die Rolle meiner Frustshopping-Begleitung.
Wobei, heißt es nicht eigentlich Frustshopping, weil man durch das Shoppen den wie auch immer begründeten Frust bekämpfen will? Bei mir ist es irgendwie grundsätzlich umgekehrt.
Vorher: Shoppen? Klar, gern!
Nachher: Nichts passt. Komm, wir gehen heim und bestellen uns eine Pizza!
„Ich habe nicht geheult“, fauche ich.
„Glücklich siehst du aber auch nicht aus“, stellt sie nüchtern fest.
„Weil die Hose scheiße ist.“
„Soll ich dir eine andere Größe bringen?“, fragt sie.
Eine größere als 44? Nein, danke.
„Schon okay“, murmele ich, während ich wieder hinter dem Vorhang verschwinde. „Ich glaube, für heute habe ich genug.“
„Ach, Sam. Du zweifelst schon wieder an dir, nicht wahr?“
Wieder fragt sie mich das in einer Lautstärke, als wollte sie ein Stadion beschallen.
„Ich weiß gar nicht, wie du darauf kommst.“ Wütend ziehe ich mein Shirt wieder an. Die Lust, auch noch die zwei Blusen anzuprobieren, die ich mit in die Kabine genommen habe, ist mir gründlich vergangen.
„Ich versteh gar nicht, warum du dir jedes Mal so einen Kopf machst“, sagt Cassy. „Andere Frauen geben Geld für Implantate aus, um deinen Arsch zu haben.“
„Dann sollen sie mir das Geld geben, ich gebe ihnen den Arsch und alle sind glücklich.“
„Ich hätte es wissen müssen. Shoppingtouren machen immer eine Dramaqueen aus dir.“ Cassy seufzt. „Das nächste Mal bin ich schlauer.“
Ich greife nach meiner Handtasche und komme aus der Kabine. „Ein nächstes Mal wird es nicht geben, solange ich nicht mal in Größe 44 passe. Online-Shopping ist das Stichwort.“
„Größe 44?“ Cassy legt schwesterlich den Arm um meine Schulter. „Du trägst höchstens ne 40. Die Hose war einfach nur blöd geschnitten. Außerdem bist du fast dreißig, da nimmt man automatisch ein bisschen schwerer ab, das weiß doch jeder.“
Ihr Versuch, mich aufzubauen, ist irgendwie süß. An meiner Laune ändert er jedoch nur wenig.
„Komm“, sagt sie in ihrem Alles-wird-gut-Tonfall, den ich je nach eigener Stimmung entweder hasse oder liebe. Heute hasse ich ihn.
„Wohin?“, frage ich.
„Wir gönnen uns jetzt einen extragroßen Eisbecher bei Ricardo.“
Ricardos Eisdiele. Ein Tempel der Sünde, direkt am heimischen Strand unserer Heimatstadt Fleesenow.
Und der einzige Ort, der meine Laune jetzt noch retten kann.
*
Urlaub ist was Feines. Für gewöhnlich sitze ich um diese Uhrzeit im Vorzimmer eines miesepetrigen Schuldirektors und bin die hilfsbereite Schulsekretärin, die jedes noch so nervige Problem zu lösen hat. Lächelnd natürlich.
An diesem Vormittag jedoch blinzelt mich die Spätsommersonne durch die deckenhohen Fenster unserer heimischen Lieblings-Eisdiele an, während ich die Gäste beim Kommen und Gehen beobachte.
Von meinem Platz aus kann ich den Strand sehen, der sich wie ein goldener Teppich in Richtung Ostsee ausbreitet. Das Wasser schimmert in einem tiefen Blau, das sich mit dem Himmel zu vermischen scheint. Wellen rollen sanft ans Ufer, jede wie ein leises Versprechen von Ruhe und Beständigkeit.
Am Strand selbst bewegen sich Menschen wie bunte Punkte – Kinder, die Sandburgen bauen, Paare, die barfuß spazieren gehen, und Jugendliche, die lachend Frisbee spielen.
Hie drinnen ist es vergleichsweise leise, fast schon kühl, verglichen mit der flirrenden Hitze draußen. Die Bienen surren zwar hartnäckig um die Fenster herum, aber hier drinnen sind sie zumindest ein bisschen weniger aufdringlich.
Ja, Urlaub ist was Feines.
Noch feiner wäre er, wenn ich ihn nicht schon das zweite Jahr als Single verbringen müsste. Aber das sage ich Cassy nicht. Schließlich hat sie sich viel zu große Mühe gegeben, meine Laune nach dem Shoppingdesaster wenigstens etwas zu verbessern.
„Siehst du“, stellt sie triumphierend fest. „Ich habe dir doch gesagt, dass ein überdimensionaler Eisbecher deine Laune gleich heben wird.“
Nicht nur meine Laune, auch meinen Fettspiegel.
„Mhm“, murmele ich, während ich mir einen übervollen Löffel Carameleis in den Mund schiebe.
Cassy genießt ihren Erdbeerbecher in vollen Zügen. Ein Löffel, zwei Löffel. Und peng, noch ein Klecks Sahne. Wieso kann sie sich so eine Kalorienbombe eigentlich ohne Nachwirkungen erlauben?
Aber ich habe es schon vor langer Zeit aufgegeben, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Sie verschwindet nach unseren Eisdielenbesuchen weder verdächtig lange auf der Toilette noch verzichtet sie für den Rest des Tages auf feste Nahrung. Die einzig logische Antwort ist: Das Leben ist ungerecht. Und ich bin der lebende Beweis dafür.
„Du siehst noch immer nicht besonders glücklich aus.“ Cassy beäugt mich misstrauisch.
„Es geht mir gut“, lüge ich.
„Ja ja.“
„Doch, wirklich.“ Ich zwinge mich zu einem Lächeln. „Vielleicht werde ich einfach Plus-Size-Model.“
„Hör auf zu spinnen. Du siehst super aus. Wie oft soll ich dir das noch sagen?“
Missmutig lasse ich die Schultern hängen.
„Und außerdem warte ich immer noch auf deine Antwort“, fährt sie fort.
„Meine Antwort?“
„Na, auf die Frage, was ich heute Abend anziehen soll. Das rote Kleid oder den schwarzen Hosenanzug.“
„Welche Rolle spielt das schon? Du siehst in allem unverschämt gut aus.“
„Nett, dass du das sagst, Liebes, aber es geht um Karlo.“ Sie fuchtelt theatralisch mit den Armen. „Mensch, Sam, es ist das zweite Date. Langsam wird es ernst. Und ich finde ihn wirklich, wirklich heiß.“
Sie macht ein unanständiges Geräusch mit der Zunge, das mich noch neidischer werden lässt.
„Ach, Cassy“, ich seufze, „ich bin dir heute keine große Hilfe, ich weiß. Tut mir sehr leid. Ich hasse mich ja selbst für mein Rumgejammere.“
„Und du bist dir sicher, dass es nicht an Thomas liegt?“ Skeptisch hebt sie ihre Augenbraue.
„Thomas? Wie kommst du darauf?“
„Ach, komm schon. Du hast die Anzeige doch auch gesehen.“
Warum tut sie das? Warum bricht sie den Freundinnen-Codex und spricht das aus, von dem jeder weiß, dass man es auf gar keinen Fall erwähnen darf?
„Ja, ich habe die Anzeige gesehen. Er heiratet sie. Und? Was ist schon dabei? Es ist zwei Jahre her.“
„Aber ihr wart immerhin vier Jahre zusammen, Sam. Das vergisst man nicht so einfach.“
„Nett, dass du mich daran erinnerst. Wenn du die Dauer unserer Beziehung so genau kennst, dann weißt du doch sicher auch noch, warum ich damals ausgezogen bin, oder? So gaaaanz weit hinten in deinem Kopf müsste sich die Antwort darauf doch sicher noch finden lassen.“
„Kein Grund, schnippisch zu werden, Liebes. Ja, ich weiß, er hat dich betrogen. Umso schlimmer, dass er dieses Luder nun auch noch ehelichen will.“
„Dass du mich gerade jetzt daran erinnern musst!“
„Ich dachte, es macht dir nichts aus?“
Damit hat sie mich. Wieder mal.
Zwei Tage ist es her, dass ich die Verlobungsanzeige gelesen habe. Zwei Tage, in denen meine Laune kontinuierlich gesunken ist. Zwei Tage, in denen mir der letzte Funken Selbstbewusstsein entwichen ist.
Ich hatte geglaubt, dass ich über ihn hinweg bin. Ja, wirklich. Und eigentlich bin ich das ja auch. Wenn, ja, wenn mich diese dämliche Anzeige nicht daran erinnert hätte, dass seine Antwort, er sei kein Mann für die Ehe, offensichtlich nur für mich galt.
„Weißt du, eigentlich interessiert mich dieser Kerl nicht mal im Ansatz.“ Seufzend lege ich meinen Eislöffel zur Seite.
„Eigentlich?“
„Im Moment bin ich einfach ein wandelnder Selbstzweifel. Die Anzeige hat mir vermutlich den Rest gegeben. Ich stelle einfach alles in Frage. Warum Thomas nicht mich heiraten wollte, als er die Chance hatte. Warum jeder Typ nur mit mir befreundet sein und mir sein Herz ausschütten will, anstatt sein Bett mit mir zu teilen. Und warum, verdammt noch mal, mein Hintern so breit ist wie ein Autoreifen.“
Cassy unterdrückt ein Lachen.
„Siehst du?“ Ich lasse die Schultern sinken. „Auch du fängst bereits an, mich lächerlich zu finden.“
„Quatsch.“ Cassy reißt sich zusammen. „Du weißt doch, dass es dir immer wieder gelingt, mich zum Lachen zu bringen. Aber ganz bestimmt nicht, weil du lächerlich bist, Liebes. Und davon abgesehen gibt es meines Wissens gerade mal einen einzigen Kerl, der in dir nur die platonische Freundin sieht. Du übertreibst also wieder mal maßlos.“
„Dafür ist es aber der bestaussehende der ganzen Stadt.“ Ich lasse mein Kinn auf die Handfläche fallen und schaue mit verklärtem Blick nach draußen.
„War der bestaussehende Kerl der ganzen Stadt“, korrigiert mich Cassy.
Natürlich. Auch Ben, mein attraktiver, aber nun leider ehemaliger Nachbar, gehört ja mittlerweile genau wie Thomas der Vergangenheit an. Wie nett von Cassy, mich daran zu erinnern.
„Und wenn du mich fragst“, ergänzt sie, „war es das Beste, was dir passieren konnte, dass er wegen dieses Jobs weggezogen ist. Jetzt bist du endlich auch gedanklich frei für den Typen, der wirklich für dich gemacht ist.“
„Ach ja?“ Ich lächle skeptisch. „Und wer wäre das bitte?“
„Na ja, der Typ eben.“ Cassy hebt verschwörerisch die Arme. „Du weißt schon, der Eine. Der einzig Wahre eben. Du wirst schon sehen, irgendwann taucht er auf.“
„Wenn du das sagst.“ Ich stecke meinen Löffel erneut in die Abgründe meiner Eiskalorienbombe. „Dann kann ich nur hoffen, dass er mich findet, solange ich noch den Reißverschluss von meinem Lieblingskleid zu bekomme.“
„Ich sag’s dir wirklich ungern, Sam.“ Cassy legt ihre Hand über den Tisch hinweg auf meine. „Aber deine Selbstzweifel nerven heute extrem.“
„Ich weiß.“ Ich lächle tapfer. „Wie gesagt, ich gehe mir ja selbst schon auf die Nerven. Ich glaube, an deiner Stelle würde ich heute nicht so gern Zeit mit mir verbringen.“
„So weit würde es nie kommen.“ Cassy lächelt aufrichtig.
„Trotzdem.“ Ich seufze schwer. „Ab sofort beiße ich mir auf die Lippe, bevor ich jammere, okay?“
Cassy zwinkert mir aufmunternd zu. „Wenigstens für den Rest des Tages. Und mit etwas Glück kapierst du irgendwann selbst, dass du genau so richtig bist, wie du bist. Egal, ob mit Größe 38, 44 oder 50.“
„Das hast du schön gesagt.“
„Als beste Freundin ist das schließlich mein Job, oder?“ Sie lacht. „Was natürlich nicht heißt, dass ich nicht jedes Wort davon ernst meine.“
Samantha
Die zwei Tonnen Eis, die es sich in meinem Magen bequem gemacht haben, erinnern mich daran, dass ich eigentlich mit einer Diät beginnen wollte.
Cassys Frauenarzttermin hat es verhindert, dass sie mich in den Supermarkt begleitet, aber ich bin eher dankbar als traurig darüber, meinen Plan, die Eisbechersünde mit einem gesunden Einkauf wiedergutzumachen, allein in die Tat umzusetzen. Cassys nett gemeinte Ratschläge können helfen, ganz sicher, aber nach dem misslungenen Shoppingdate bin ich lieber allein. Allein mit mir und dem Plan, den gesamten Obst- und Gemüsevorrat des Supermarktes aufzukaufen. Was ist schon so schwer daran, sich einfach gesund und kalorienarm zu ernähren? Andere schaffen das doch auch!
Festentschlossen schlendere ich durch die Gemüseabteilung. Während ich versuche, festzustellen, was den Preisunterschied der verschiedenen Tomatensorten rechtfertigt, fällt mein Blick auf breite Schultern, die mir den Weg zur Waage versperren.
Ein Duftschwall herber Männlichkeit steigt mir in die Nase. Sein Rasierwasser?
Ich atme tief ein und schließe für einen kurzen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffne, sehe ich in zwei tiefbraune Augen, die mich aufmerksam mustern.
Er drückt die Taste mit dem Wurzelgemüse. Vor ihm auf der Waage liegt eine Plastiktüte mit Mohrrüben.
„Hallo“, sage ich, um mich im selben Augenblick zu fragen, warum ich ihn überhaupt anspreche. Wir sind doch in einem Supermarkt voller Menschen. Niemand begrüßt sich hier, jeder geht stillschweigend seinem Einkauf nach.
„Hallo“, antwortet er trotzdem.
Die Tüte Tomaten in meinen Händen baumelt unglamourös von meinen Fingern herab.
Ein Lächeln schleicht sich auf seine hübschen Lippen, während ich mich dabei ertappe, wie ich nervös werde.
„Die Tomaten sehen aber gut aus“, sagt er, als er meine Tüte bemerkt.
Sein dunkelblondes Haar hat er zurückgekämmt, eine Strähne fällt ihm ins attraktive, dreitagebärtige Gesicht.
„Ja“, antworte ich. „Hoffentlich schmecken sie so gut, wie sie aussehen.“
Als der Preisaufkleber aus dem Automaten kommt, klebt er ihn auf seine Tüte und tritt einen Schritt zurück, damit ich an die Waage komme.
Doch statt meine Tüte aufzulegen, starre ich ihn mit halboffenem Mund an, als wäre er eine Erscheinung aus einer anderen Welt.
Das Räuspern der älteren Dame hinter mir reißt mich schließlich aus den Gedanken.
„Oh“, murmele ich irritiert, während ich mich der Waage zuwende und die richtige Taste auf dem Bildschirm suche. Doch die Begriffe auf dem Display könnten ebenso gut auf Chinesisch sein. Einer dieser typischen Momente, in denen sich mir mein ADHS in den Weg stellt. Wenn dann auch noch Ablenkung dazu kommt, zum Beispiel ein verboten heißer Typ neben mir, bin ich komplett verloren.
Der Dreitagebärtige steht noch immer schräg hinter mir, was mich nur noch nervöser macht.
Wo, verdammt nochmal, ist bloß das Symbol für die Tomaten?
Ich werfe der ungeduldigen Dame hinter mir ein schuldbewusstes Lächeln zu. „Entschuldigung, bin gleich so weit.“
Er scheint meine Nervosität zu bemerken. Wie mein Retter springt er schließlich herbei und nimmt mir die Tüte aus der Hand.
„Ähm“, beginne ich, doch die Worte fehlen.
Ich beobachte ihn dabei, wie er die Tüte noch fester zuknotet und auf die Waage legt.
„Sooo.“ Seine Stimme hat beinahe etwas Melodisches. „Das haben wir gleich.“
Routiniert drückt er die richtige Taste und zieht den Aufkleber ab. Mit einem heldenhaften Grinsen, das mir durch Mark und Bein geht, klebt er den Preis auf die Tüte und reicht sie mir.
„Danke“, murmele ich mit so verklärtem Lächeln, dass es mir nicht mal etwas ausmacht, dass mich die Dame hinter mir mürrisch zur Seite schiebt. Er nickt mir mit einem Zwinkern zu, wirft die Mohrrüben in seinen Einkaufswagen und verschwindet damit in den Gängen des Supermarkts.
Ich stehe noch eine Weile da und schaue ihm mit geradezu peinlicher Zerstreutheit hinterher, selbst, als er längst in der Menge verschollen ist.
Während ich zwischen heimlicher Verzückung und Schamgefühl hin- und herschwanke, versuche ich, mich langsam wieder zu fangen, doch sein Blick und das aufmerksame Lächeln haben sich regelrecht in meinen Verstand gebrannt. Sah ich wirklich so hilfebedürftig aus? Oder wollte er einfach nur nett sein?
Der Typ hat dich angemacht.
Das wäre zweifellos das, was Cassy sagen würde.
Aber wenn es so wäre, warum steht er dann nicht noch immer hier und fragt mich nach meiner Telefonnummer?
Wie wach geworden schüttele ich den Kopf und wende mich erneut den Gemüseregalen zu.
Was soll schon ein so gutaussehender Typ ausgerechnet von mir wollen? Allein der Gedanken – lächerlich!
Doch während ich die Kiwis genauer unter die Lupe nehme, ertappe ich mich bei der Frage, ob er vielleicht doch mit mir geflirtet hat. Ich schaue auf und lasse meinen Blick in die Ferne schweifen, doch er ist längst aus meiner Sichtweite verschwunden.
Verdammt, warum habe ich ihn nicht nach seiner Nummer gefragt?
„Kann ich mal bitte durch?“, fragt mich ein Mann mit dem Bauchumfang eines Medizinballs.
Gedankenverloren gehe ich ein Stück zur Seite.
„Natürlich“, antworte ich, während mein Blick erneut in die Ferne wandert. Aber wohin ich auch schaue, der Dreitagebärtige ist fort.
Wer weiß, vielleicht war er auch niemals da.
Vermutlich habe ich alles nur geträumt. Bei meinem Zustand heute würde mich selbst das nicht mehr wundern.
Samantha
„Mensch, Sam, ich könnte dich echt durchs Telefon ziehen.“ Cassy wird so laut, dass ich das Handy zur Seite halten muss. „Da lernst du endlich mal jemanden kennen und dann das.“
„Ich habe ihn nicht kennengelernt, er hat mir lediglich an der Obst- und Gemüsewaage geholfen. Das ist alles.“
„Aber du hättest ihn kennenlernen können“, schimpft sie.