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Dieser Essay erschien 1907 im "Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik."
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Soziologie der Über- und Unterordnung
Georg Simmel
Inhalt:
Georg Simmel – Biografie und Bibliografie
Soziologie der Über- und Unterordnung
Soziologie der Über- und Unterordnung, Georg Simmel
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849617424
www.jazzybee-verlag.de
Geb. 1. März 1858 in Berlin, gest. 26. September 1918 in Straßburg.
S. verbindet die psychologisch-genetische, evolutionistische mit einer logisch-idealistischen, an Kant und Hegel orientierten, vielfach »dialektischen« Betrachtungs- und Denkweise. Das Erkennen enthält apriorische Faktoren, die aber (als Kategorien) eine Entwicklung durchmachen, nicht unverändert bleiben. Alle Formen und Methoden des Erkennens haben sich im Verlaufe der menschlichen Geistesgeschichte entwickelt und entwickeln sich weiter, so aber, daß das Erkennen eine formende, gesetzgebende Aktivität des Geistes bleibt, welche aus dem Chaos der Erlebnisse erst einen sinnvollen, verständlichen, einheitlichen Zusammenhang gestaltet. Die Kategorien usw. stammen aus »der dem Geiste eigenen Fähigkeit, zu verbinden, zu vereinheitlichen«, können aber als historische Gebilde die Totalität der Weltinhalte nie völlig adäquat aufnehmen. Das Ich hat die Funktion der Einheitsetzung, das Streben zur Einheit. Die Wahrheit ist, rein logisch, etwas Zeitloses, Absolutes, vom subjektiven Denken Unabhängiges, sie gehört dem »dritten Reich«, dem »Reich der ideellen Inhalte« an; diese Inhalte sind wahr, gleichviel ob sie gedacht werden oder nicht. Das Geistige bildet inhaltlich einen geschlossenen Zusammenhang, den unser individuelles Denken unvollkommen nachzeichnet. Die ideellen Inhalte sind nicht, sie gelten, sie sind nicht mit den psychologischen Vorgängen zu verwechseln. Anderseits hat die Wahrheit auch eine biologisch-evolutionistische Seite. Wahr sind hier jene Vorstellungen, die, als reale Kräfte in uns wirksam, »uns zu nützlichem Verhalten veranlassen« (vgl. James). Durch Selektion haben sich bestimmte Vorstellungen als wahr erhalten, nämlich jene, »die sich als Motive des zweckmäßigen, lebenfördernden Handelns erwiesen haben« (vgl. Nietzsche). »Die Nützlichkeit des Erkennens erzeugt zugleich für uns die Gegenstände des Erkennens.« Es gibt so viele prinzipielle »Wahrheiten«, als es verschiedene Organisationen und Lebensanforderungen gibt. Das Objektive und Wahre bedeutet die »gattungsmäßige Vorstellung«.
Auch in der Ethik verbindet S. die genetisch-relativistische Betrachtungsweise betreffs der empirischen Einzeltatsachen mit einem gewissen Apriorismus und Idealismus. So ist das Sollen etwas Ursprüngliches und Objektives, als eine Forderung, die mit der Sache selbst gegeben ist, als ein »in dem Verhältnis von Seele und Welt präformiertes Sollen, das einer besonderen, aber nicht weniger übersubjektiven Logik unterliegt, wie das Sein«. Unser Bewußtsein empfindet Forderungen an sich, die es durch den Willen realisieren kann. Das Sollen schlechthin ist eine »Urtatsache«, eine »ursprüngliche Kategorie«, mag auch der Inhalt des Sollens noch so wechseln und sozial-historisch bedingt sein. Tatsächlich sind es immer »historische Zustände der Gattung, die in dem Einzelnen zu triebhaftem Sollen werden«. Der »Wille der Gattung« kommt in uns zum Ausdruck, kündigt sich imperativisch an. Ein ungeheurer Teil der an uns gestellten Ansprüche ist sozialen Inhalts, ohne daß dadurch die Unbedingtheit des idealen Sollens überhaupt, die »innere Logik ideeller Ansprüche« beeinträchtigt wird. Das sittlich Gute besteht nicht im Anstreben des Glücks u. dgl. (gegen den Eudämonismus), sondern es ist eine »unmittelbare Qualität und Lebensform des Willensprozesses«. Etwas ist gut, weil und wofern es Inhalt eines an sich guten Willens ist. Die moralischen Imperative sind »Ausmündungen, Ausformungen, Substantialisierungen des guten Willens«. Die Sittlichkeit liegt nicht im Material des Willens, sondern in diesem selbst, in dessen Funktion. Das Ideal des sittlichen Verhaltens liegt im Unendlichen. Das Sollen kann sich an den verschiedensten Inhalten verwirklichen; die Einheit des Zieles ist nicht notwendig, es genügt die Einheit der psychologisch-ethischen Funktion, die den Zweck trägt. Ursprünglich ist das sozial Erforderte die Norm des Verhaltens der Einzelnen. Den »kategorischen Imperativ« Kants kritisiert S. nach der Richtung der Versöhnung des Individualismus mit der Allgemeinheit des Handelns. Das Gewissen ist nach S. gleichsam ein »rückwärts gewandter Instinkt«; es ist die.Lust oder Unlust der Gattung über die Tat, die in uns zum Ausdruck kommt. Der Altruismus ist ebenso primär wie der Egoismus, er ist »Gruppenegoismus«, ein vererbter Instinkt. Sehr oft. »machen die Motivierungen unserer Handlungen... an Punkten Halt, die völlig und definitiv außerhalb unser selbst liegen«. Auch enthält das Ich noch eine Fülle von Motiven außer dem »Glück«. – Die Freiheit des Willens bedeutet, daß sich der Charakter des Ich ungehindert im Wollen ausprägen kann, das Vermögen, das für uns wertvolle Wollen realisieren zu können. Freiheit ist »Selbstbestimmung«, sie ist zugleich, weil das Ich nur so sein kann, wie es ist, Notwendigkeit. Die Verantwortlichkeit ist nicht aus der Willensfreiheit abzuleiten, sondern umgekehrt: »Derjenige ist frei, den man mit Erfolg verantwortlich machen kann.« Zurechnungsfähig ist jemand, wenn die strafende Reaktion auf seine Tat bei ihm den Zweck: der Strafe erreicht.
Die Grundfrage der Geschichtsphilosophie ist die: wie ist Geschichte möglich? Geschichte ist nur durch Kategorien, apriorische Verbindungsformen möglich, sie ist kategorial verbreitete Wirklichkeit und daher hat die Geschichtsphilosophie die »Aprioritäten festzustellen und zu erörtern, durch welche aus dem Erleben... Geschichte als Wissenschaft wird«. Die Kompliziertheit des historischen Geschehens gestattet nicht die Aufstellung eigener historischer Gesetze, wenn auch das Historische auf (biologisch-psychologischen) Gesetzmäßigkeiten beruht. Das ganze Spiel der Geschichte ist die Folge, Erscheinung oder Synthese dieser primären Gesetzmäßigkeiten, geht aber nicht aus einem besonderen Gesetz hervor.
Die Soziologie ist die »Wissenschaft vom Gesellschaftlichen als solchen, von den Formen der Vergesellschaftung, von den Beziehungsformen der Menschen zueinander«. Die Soziologie ist keine Universalwissenschaft vom Menschen u. dgl., sondern eine besondere Methode; sie abstrahiert vom Inhalt des Gesellschaftlichen, achtet nur auf dieses, wie der Mathematiker etwa nur auf die geometrische Form, nicht auf das Material der Körper achtet. Die Soziologie, hat die »Kräfte, Beziehungen und Formen zum Gegenstand, durch die die Menschen sich vergesellschaften«, sie ist die »Lehre von dem Gesellschaft-Sein der Menschheit«. »Gesellschaft im weitesten Sinne ist offenbar da vorhanden, wo mehrere Individuen in Wechselwirkung treten. Die besonderen Ursachen und Zwecke, ohne die natürlich nie eine Vergesellschaftung erfolgt, bilden gewissermaßen den Körper, das Material des sozialen Prozesses; daß der Erfolg dieser Ursachen, die Förderung dieser Zwecke gerade eine Wechselwirkung, eine Vergesellschaftung unter den Trägern hervorruft, das ist die Form, in die jene Inhalte sich kleiden.« Solche Formen sind Über- und Unterordnung, Konkurrenz, Arbeitsteilung usw.; wichtig sind besonders auch die kleinen, flüchtigen Wechselwirkungen von Person zu Person. Die sozialen Verbindungen erwachsen aus bestimmten Trieben oder Willenstendenzen (Zielen), sind etwas Psychisches, aber nichts Psychologisches, denn die Soziologie hat es nicht mit psychologischen Vorgängen, sondern mit Inhalten solcher zu tun, mit Kombinationen soziologischer Kategorien, mit etwas Sachlichem. Es gibt keinen Gesamtgeist, wohl aber eine seelische Beeinflussung der Individuen durch ihre Vergesellschaftung. In der Gesellschaft herrscht Arbeitsteilung und Differenzierung, verbunden mit Integrierung, indem jede Befreiung zu einer neuen Bindung führt. Die Religion wurzelt in den Gesamttendenzen der Persönlichkeit und ihrer Beziehung zum All.
Als die Aufgabe der Soziologie verstehe ich die Beschreibung und historisch-psychologische Herleitung derjenigen Formen, in denen sich die Wechselwirkungen zwischen Menschen vollziehen.
Diese Wechselwirkungen, die aus den verschiedensten Impulsen, an den verschiedensten Objekten, um der verschiedensten Zwecke willen entspringen, machen in ihrer Gesamtheit "die Gesellschaft" sensu strictissimo und als eine Gestaltung menschlichen Daseins aus - im Unterschied gegen die andre Bedeutung des Begriffs, demgemäss die Gesellschaft in der Summe der in Wechselwirkung befindlichen Individuen, samt allen Inhalten und Interessen, die die Beziehungen zwischen diesen knüpfen, besteht.
Jene einzelnen Inhalte, an denen sich die Formen der Wechselwirkung darstellen, sind die Gegenstände besonderer Wissenschaften: zu sozialen Tatsachen werden sie eben dadurch, dass sie sich in dieser bestimmten Form: in der Wechselwirkung von Menschen, verwirklichen.
Den Gegenstand der Soziologie bilden also die Arten der verknüpfenden Wechselwirkung, in Abstraktion von ihren materiellen Inhalten.
So bezeichnen wir als "Kugel" einerseits einen materiellen Gegenstand, der in Kugelform gestaltet ist; andrerseits diese bloße Form selbst, die die materielle Substanz eben zur "Kugel" im ersteren Sinne macht und, in selbständiger, abstrakter Betrachtung, einen Gegenstand der geometrischen Untersuchung bildet.
Entsprechend ist es der Sinn der Soziologie, die Formen und Arten der Beziehungen zwischen Menschen festzustellen, welche aus ganz verschiednem Inhalt, Material und Interessen - ökonomischen und kirchlichen, geselligen und pädagogischen, familiären und politischen - doch formal analoge Sozialgebilde gestalten.
Die Geometrie hat nun den Vorteil, auf ihrem Gebiet äußerst einfache Gebilde vorzufinden, in welche die komplizierteren Figuren aufgelöst werden können; deshalb ist aus verhältnismäßig wenigen Grundbestimmungen der ganze Umkreis möglicher Gestaltungen zu konstruieren.
Gegenüber den Formen der Vergesellschaftung ist eine auch nur annähernde Auflösung in einfache Elemente für absehbare Zeit nicht zu erhoffen.
Die Folge davon ist, dass die soziologischen Formen, wenn sie einigermaßen bestimmte sein sollen, nur für einen relativ geringen Umkreis von Erscheinungen gelten.
Wenn man also auch z.B. sagt, dass Über- und Unterordnung eine Formung ist, die sich fast in jeder menschlichen Vergesellschaftung findet, so ist mit dieser allgemeinen Erkenntnis wenig gewonnen.
Es bedarf vielmehr des Eingehens auf die einzelnen Arten der Über- und Unterordnung, auf die speziellen Formen ihrer Verwirklichung, die nun in dem Maße ihrer Bestimmtheit natürlich an Umfang ihrer Gültigkeit verlieren.
Ich will im folgenden einige der typischen Arten von Über- und Unterordnung - an historischen Erscheinungen und in psychologischer Analyse - darstellen, und zwar in Hinsicht auf ihre formale Bedeutung für die Vergesellschaftung.
Denn Über- und Unterordnung stellt sich keineswegs erst da ein, wo schon "Gesellschaft" ist, sondern es ist eine der Arten, auf die "Gesellschaft" zustande kommt.
Aber auch nicht etwa so, dass sie deren Ursache wäre; sondern ganz unmittelbar ist sie, zusammen mit allen andern Vergemeinsamungsformen dasjenige, was wir mit dem kollektiven oder abstrakten Begriff der Gesellschaft bezeichnen.
Im allgemeinen liegt niemandem daran, dass sein Einfluss den andern bestimme, sondern daran, dass dieser Einfluss, diese Bestimmtheit des andern auf ihn, den Bestimmenden, zurückwirke.
So liegt eine Wechselwirkung schon bei jener abstrakten Herrschsucht vor, die daran befriedigt ist, dass das Handeln oder Leiden, der positive oder negative Zustand des andern sich dem Subjekt als das Erzeugnis seines Willens darbietet.
Diese sozusagen solipsistische Ausübung einer beherrschenden Gewalt, deren Bedeutung für den Übergeordneten ausschließlich in dem Bewusstsein seiner Wirksamkeit besteht, ist freilich erst eine soziologische Rudimentärform, und vermöge ihrer besteht so wenig Vergesellschaftung, wie zwischen einem Künstler und seiner Statue, die doch auch auf ihn mit dem Bewusstsein seiner Schöpfermacht zurückwirkt.
Im übrigen bedeutet Herrschsucht, selbst in dieser sublimierten Form, deren praktischer Sinn nicht eigentlich die Ausnutzung des andern, sondern das bloße Bewusstsein ihrer Möglichkeit ist, keineswegs die äußerste egoistische Rücksichtslosigkeit.
Denn Herrschsucht, so sehr sie das innere Widerstreben des Unterworfenen brechen will, während dem Egoismus nur an dem Sieg über sein äußeres zu liegen pflegt, hat an dem andern noch immer eine Art Interesse, er ist für sie ein Wert.
Erst wo der Egoismus nicht einmal Herrschsucht ist, sondern der andre ihm absolut gleichgültig und ein bloßes Werkzeug zu über ihn hinausliegenden Zwecken ist, fällt der letzte Schatten des vergesellschaftenden Füreinander fort.
Dass das Ausschalten absolut jeder Eigenbedeutung der einen Partei den Begriff der Gesellschaft aufhebt, zeigt in relativer Art die Bestimmung der späteren römischen Juristen: dass die societas leonina überhaupt nicht mehr als Gesellschaftsvertrag aufzufassen sei.
Und in demselben Sinne hat man von den niederen Arbeitern in den modernen Riesenbetrieben, die jede wirksame Konkurrenz durch rivalisierende Unternehmer um die Dienste jener ausschließen, gesagt: Der Unterschied in der strategischen Stellung zwischen ihnen und ihren Brotherren sei so überwältigend, dass der Arbeitsvertrag überhaupt aufhöre, ein "Vertrag" im gewöhnlichen Wortsinne zu sein, weil die einen bedingungslos den andern ausgeliefert sind.
Insofern zeigt sich die moralische Maxime: einen Menschen niemals als bloßes Mittel zu gebrauchen - allerdings als die Formel für jede Vergesellschaftung.
Wo die Bedeutung der einen Partei auf einen Punkt sinkt, wo eine von dem Ich als solchem ausgehende Wirkung nicht mehr in die Beziehung eintritt, kann man von Gesellschaft so wenig reden, wie zwischen dem Tischler und der Hobelbank.
Nun ist die Ausschaltung jeglicher Spontaneität innerhalb eines Unterordnungsverhältnisses in Wirklichkeit seltner, als die populäre Ausdrucksweise schließen lässt, die mit den Begriffen des "Zwanges", des "Keine-Wahl-habens", der "unbedingten Notwendigkeit" sehr freigebig ist.
Selbst in den drückendsten und grausamsten Unterworfenheitsverhältnissen besteht noch immer ein erhebliches Maß persönlicher Freiheit.
Wir werden uns ihrer nur nicht bewusst, weil ihre Bewährung in solchen Fällen Opfer kostet, die auf uns zu nehmen ganz außer Frage zu stehen pflegt.
Der "unbedingte" Zwang, den der grausamste Tyrann auf uns ausübt, ist tatsächlich immer ein durchaus bedingter, nämlich dadurch bedingt, dass wir den angedrohten Strafen oder sonstigen Konsequenzen der Unbotmäßigkeit entgehen wollen.
Genau angesehen vernichtet das Über- und Unterordnungs-Verhältnis die Freiheit des Untergeordneten nur im Falle von unmittelbaren physischen Vergewaltigungen; sonst pflegt es nur einen Preis, den wir nicht zu bezahlen geneigt sind, für die Realisierung der Freiheit zu fordern und kann den Umkreis der äußeren Bedingungen, in dem sie sich sichtbar realisiert, mehr und mehr verengern, aber, außer in jenem Fall physischer Übergewalt, niemals bis zu völligem Verschwinden.
Die moralische Seite dieser Betrachtung geht uns hier nichts an, wohl aber die soziologische: dass die Wechselwirkung, d.h. die zwar gegenseitig bestimmte, aber nur von den Persönlichkeitspunkten her erfolgende Aktion innerhalb der Beziehung auch in denjenigen Fällen von Über- und Unterordnung besteht und diese also auch da noch zu einer gesellschaftlichen Form macht, wo für die gewöhnliche Auffassung der "Zwang" durch die eine Partei die andre jeder Spontaneität und damit jeder eigentlichen "Wirkung" beraubt.
Für die Analyse des gesellschaftlichen Daseins ist es angesichts der ungeheuren Rolle der Über- und Unterordnungs-Verhältnisse von der größten Wichtigkeit, sich über solche Spontaneität und Mitwirksamkeit des untergeordneten Subjektes gegenüber ihrer vielfachen Verschleierung in der oberflächlicheren Vorstellungsweise klar zu werden.
Was man z.B. "Autorität" nennt, setzt in höherem Maße, als man anzuerkennen pflegt, eine Freiheit des der Autorität Unterworfenen voraus, sie ist selbst wo sie diesen zu "erdrücken" scheint, nicht auf einen Zwang und ein bloßes Sich-Fügen-Müssen gestellt.
Das eigentümliche Gebilde der "Autorität", das für das Gemeinsamkeitsleben in den mannigfaltigsten Maßen, in Ansätzen wie in Übertreibungen, in akuten wie in Dauerformen bedeutsam ist, scheint auf zweierlei Wegen zustande zu kommen.
Eine Persönlichkeit, an Bedeutung und Kraft überlegen, erwirbt bei ihrer näheren oder auch entfernteren Umgebung einen Glauben und Vertrauen, ein maßgebendes Gewicht ihrer Meinungen, das den Charakter einer objektiven Instanz trägt: die Persönlichkeit hat eine Prärogative und axiomatische Zuverlässigkeit für ihre Entscheidungen gewonnen, die über den immer variabeln, relativen, der Kritik unterworfenen Wert einer subjektiven Persönlichkeit mindestens um einen Teilstrich hinausragt.