Spuken für Profis - S.E. Harmon - E-Book

Spuken für Profis E-Book

S.E. Harmon

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Beschreibung

Unstillbare Neugier kann tödlich sein. Rain Christiansen, Cold-Case-Detective und Medium wider Willen, ist sich dieser Tatsache sehr bewusst. Doch als der berüchtigte Serienmörder Thomas Kane ein Treffen wünscht, kann Rain nicht widerstehen. Kanes Angebot: Findet Rain seine verschwundene Frau Delilah, wird Kane ihm verraten, wo er seine Opfer vergraben hat. Natürlich lässt sich Rain auf den Handel ein, denn einen guten Deal hat er noch nie abgelehnt. Die Jagd nach Kanes Frau führt zu einem weiteren ungeklärten Fall, drei Nachahmungsmorden und einer Untersuchung, bei der nichts so ist, wie es scheint. Schon bald hat Rain es mit einem Geist zu tun, der zu Dingen fähig ist, die jede Vorstellungskraft sprengen. Wie soll Rain etwas kontrollieren, das er nicht einmal versteht? Noch dazu, wenn das Unbekannte die Sicherheit der wichtigsten Person in seinem Leben bedroht … Teil 3 der spuktakulären Abenteuer um Special Agent Rain Christiansen.

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Ähnliche


S.E. HARMON

SPUKEN FÜR PROFIS

EIN FALL FÜR RAIN CHRISTIANSEN 3

Aus dem Amerikanischen von Stefanie Kersten

Über das Buch

Unstillbare Neugier kann tödlich sein.

Rain Christiansen, Cold-Case-Detective und Medium wider Willen, ist sich dieser Tatsache sehr bewusst. Doch als der berüchtigte Serienmörder Thomas Kane ein Treffen wünscht, kann Rain nicht widerstehen. Kanes Angebot: Findet Rain seine verschwundene Frau Delilah, wird Kane ihm verraten, wo er seine Opfer vergraben hat.

Natürlich lässt sich Rain auf den Handel ein, denn einen guten Deal hat er noch nie abgelehnt.

Die Jagd nach Kanes Frau führt zu einem weiteren ungeklärten Fall, drei Nachahmungsmorden und einer Untersuchung, bei der nichts so ist, wie es scheint. Schon bald hat Rain es mit einem Geist zu tun, der zu Dingen fähig ist, die jede Vorstellungskraft sprengen. Wie soll Rain etwas kontrollieren, das er nicht einmal versteht? Noch dazu, wenn das Unbekannte die Sicherheit der wichtigsten Person in seinem Leben bedroht …

Über die Autorin

S. E. Harmons stürmische Liebe zum Schreiben dauert bereits ein Leben lang an. Der Weg zu einem guten Buch ist jedoch steinig, weshalb sie ihre Leidenschaft schon mehrere Male aufgeben wollte. Letztendlich hat die Muse sie aber immer wieder an den Schreibtisch zurückgeholt. S. E. Harmon lebt seit ihrer Geburt in Florida, hat einen Bachelor of Arts und einen Master in Fine Arts. Früher hat sie ihre Zeit mit Bewerbungsunterlagen für Bildungszuschüsse verbracht. Inzwischen schreibt und liest sie in jeder freien Minute Liebesromane. Als Betaleser hat sie derzeit ihren neugierigen American Eskimo Dog auserkoren, der sich bereitwillig ihre Romane vorlesen lässt, vorausgesetzt, die Bezahlung in Form von Hundekeksen stimmt.

Die englische Ausgabe erschien 2020 unter dem Titel »Spooky Business«.

Deutsche Erstausgabe Januar 2022

 

© der Originalausgabe 2020: S.E. Harmon

© Verlagsrechte für die deutschsprachige Ausgabe 2022:

Second Chances Verlag, Inh. Jeannette Bauroth,

Eisenbahnweg 5, 98587 Steinbach-Hallenberg

 

Alle Rechte, einschließlich des Rechts zur vollständigen oder auszugsweisen Wiedergabe in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Alle handelnden Personen sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

Umschlaggestaltung: Frauke Spanuth, Croco Designs

unter Verwendung von Motiven von Peter Kim, ardasavasciogullari, DesiDrew Photography, Wirestock,

alle stock.adobe.com

 

Lektorat: Judith Zimmer

Korrektorat: Andrea Groh

Satz & Layout: Second Chances Verlag

 

ISBN: 978-3-948457-92-1

 

 

www.second-chances-verlag.de

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titel

Über die Autorin

Impressum

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Personenverzeichnis

Weitere Bücher

Danksagung

Für meinen Neffen. Ich hoffe, dass du dein Leben lang Flugzeuge am Himmel entdecken wirst. Du bist noch in einem Alter, in dem du die ganze Welt mit großen Augen staunend betrachtest. Vielleicht sollten wir uns alle an dir ein Beispiel nehmen. Aber dein Lieblingsbuch lese ich dir trotzdem nicht noch einmal vor. Keine Chance.

KAPITEL 1

»Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen zerrt es dahin.«

– Seneca

Der große Zeiger meiner Armbanduhr kroch – und ich meine wirklich kroch – schleppend langsam über die Zwei hinweg. Seit meiner Ankunft hier hatte ich drei Dinge gelernt: Erstens, Gespräche mit Serienkillern machten keinen Spaß. Dem würde wohl kaum einer widersprechen, also konnten wir diese Arbeitshypothese als bewiesen ansehen. Zweitens: Thomas Kane hatte zwar um einen Besuch von mir gebeten, aber er hegte ganz offensichtlich keinerlei Absichten, mir noch in diesem Leben zu erzählen, wo er seine Opfer begraben hatte. Und drittens und am wichtigsten von allem: Wenn ich Alford Graycie, meinem Ex-Chef beim FBI, nie wieder einen Gefallen tat, war es immer noch zu früh. Mindestens.

Zugegebenermaßen hatte ich nicht lange nachgedacht, als Graycie mir gesagt hatte, dass ein berüchtigter Serienkiller mit mir sprechen wollte – ich hatte mehr oder weniger nur gefragt, wann. Ich war Polizist und ehemaliger Profiler, was bedeutete, dass ich an notorischer Neugierde litt, die mich vermutlich irgendwann gefesselt auf einem Stuhl enden ließ, während ein Irrer eine Knarre auf mich richtete. Oh, Moment, das war ja bereits passiert.

Der Geist, der in einer Ecke stand, half mir auch nicht wirklich weiter. Ob ich sie mitgebracht hatte oder sie schon vorher hier im Raum gewesen war, wusste ich nicht. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte Kane unverwandt an. Jetzt, wo ich sie mir noch einmal genauer anschaute, fiel mir auf, dass sie Bee Williams, einem von Kanes Opfern, ziemlich ähnlich sah.

Bee war blond, schlank und groß, gekleidet in einen Rock aus fließendem Stoff mit Paisley-Muster und eine lavendelfarbene Bluse. An beiden Handgelenken trug sie mehrere schmale Kettchen, und der Zitrusduft, der von ihr ausging, war angenehm frisch. Anders als der beißende Gestank nach Zigaretten, den Kane verbreitete. Mir war noch nicht klar, was sie wollte, aber ich wusste, dass sie mir ihre Forderungen eher früher als später antragen würde. Das taten sie alle.

Zum ersten Mal in Kanes Leben gab es kein Angebot für ihn. Keinen Deal, den er eingehen könnte. Sein allerletztes Gnadengesuch war abgelehnt worden. Der Mann hatte sich selbst zum Richter und zum Henker für seine Opfer gemacht, und nun war er an der Reihe mit Sterben. Also was zum Teufel wollte er von mir?

Ich räusperte mich. »Ich würde gerne mit Ihnen über Ihre vermisste Ehefrau sprechen.«

»Warum?« In Kanes Augen trat ein gefährliches Funkeln.

»Delilah Rose ist ein wichtiger Teil Ihrer Geschichte, oder?« Ich wollte das vorsichtig angehen, aber auch vorankommen. »Ihr erstes Opfer verschwand sechs Monate nach Ihrer Hochzeit. Abby Stockton, 1976.«

»Wer?«, fragte er grinsend.

»Abigail Stockton. Man hat das Halsband ihres Hunds in Ihrem Uhrenkästchen gefunden.«

Das rote Halsband mit dem herzförmigen Anhänger war zerrissen gewesen. Abbys Kontaktinformationen hatten auf einer Seite gestanden, der Name Buddy auf der anderen. Die Mutter der jungen Frau hatte das Halsband sofort zuordnen können, und einen Monat später war Abbys Golden Retriever in einem Tierheim zwei Städte weiter gefunden worden.

»Ich habe es Ihnen doch schon gesagt. Sie haben keine Namen mehr.« Kane lächelte breit. »Sie sind jetzt nur noch Rosen.«

Er blies eine Rauchwolke in meine Richtung, aber ich blinzelte nicht einmal. Zwei Stunden nach meiner Ankunft hatten wir beschlossen, dass uns das Rauchverbot im Gebäude egal war. Kane hatte sich effizient durch das komplette Päckchen gearbeitet und dabei jeden einzelnen der Stummel in seine leere Coladose gestopft. Inzwischen fragte ich mich ernsthaft, ob er mir irgendetwas erzählen würde, was das Krebsrisiko rechtfertigte.

Kane musterte mich durch die Rauchwolke. »Sie denken, dass ich meine Frau umgebracht habe, oder?«

Wenn ich jetzt die Augen verdrehe, bringt mich das wahrscheinlich nicht weiter.

Graycie hatte mir eine Akte über Kane zusammengestellt, aber ich kannte seinen Fall ohnehin bereits in- und auswendig. Sein Modus Operandi hatte darin bestanden, an Bushaltestellen und einsamen Landstraßen Frauen aufzugabeln mit dem Angebot, sie zu ihrem Ziel mitzunehmen. Fast zwanzig Jahre lang war er niemandem aufgefallen – und dann kam Cindy May Weatherby. Kane hatte auch ihr eine Mitfahrgelegenheit offeriert, ohne zu ahnen, dass sie einen Stalker hatte. Ihr widerwärtiger, aber zum Glück besorgter Ex hatte Kanes Nummernschild der Polizei gemeldet, die anschließend die restlichen Puzzlestücke zusammenfügte.

Cindy May Weatherby war nie wieder aufgetaucht, doch eine Strähne ihres Haars und ihren Führerschein hatte man in Kanes Schrank gefunden. Alle seine Trophäen hatte er sorgfältig in einem alten Uhrenkästchen aufbewahrt. Andere Gegenstände darin konnten sieben weiteren vermissten Frauen zugeordnet werden: eine alte Visitenkarte, zwei Führerscheine, einzelne Schmuckstücke und Fotos. Wir vermuteten, dass seine Frau Delilah Rose, die Anfang der Achtziger verschwunden war, Opfer Nummer neun darstellte. Die Angehörigen hatten jeweils eine Woche nach dem Verschwinden der Frauen ein Dutzend Rosen erhalten, wahrscheinlich von Kane. Die Leichen waren nie gefunden worden.

»Wenn die Frau eines Serienmörders abhandenkommt, zieht man gerne mal gewisse Schlüsse.« Innerlich ermahnte ich mich zu ein wenig mehr Taktgefühl. »Sind Sie denn anderer Meinung?«

»Spielt das eine Rolle?«

»Ja.«

Kane starrte mich weiter mit einem unlesbaren Ausdruck in den Augen an, die wie polierte Smaragde wirkten. Seine Haut wies nur wenige Falten auf, und seine von Grau durchzogenen, schwarzen Haare waren trotz seiner fast siebzig Jahre nach wie vor voll und lockig. Für sein Alter sah er wirklich gut aus, und das wusste er auch. Während seiner Zeit im Gefängnis hatte sein ohnehin bulliger Körperbau noch einiges an Muskelmasse zugelegt. Echt schlau, Männern ohne Perspektive, die nichts außer ihren Händen besaßen, endlich die Möglichkeit zu geben, an ihrem perfekten Beachbody zu arbeiten.

Ihm musste gefallen, was er in meinem Gesichtsausdruck sah, denn seine Schultern entspannten sich sichtbar. »Ich habe Delilah nicht umgebracht.«

»Was wissen Sie über die anderen drei Frauen, die entlang der Route 10 verschwunden sind? Das FBI ist der Meinung, dass man die auch Ihnen zuschreiben sollte.«

»Ach ja? Und was glauben Sie?«

»Ich glaube, dass die Vorgehensweise perfekt war. Die Familien der drei Frauen haben jeweils ein Dutzend Rosen bekommen, sieben Tage nach dem Verschwinden. Ich glaube, das sieht nicht gut für Sie aus.«

»Und ich glaube, dass Sie unrecht haben. Wie immer.« Eine weitere Rauchwolke machte sich auf den Weg zu mir, und ich presste die Lippen zusammen, um nicht zu husten. »Es gibt nur acht Rosen.«

»Aber zwölf ist eine wichtige Zahl für Sie. Und Rosen bekommt man für gewöhnlich im Dutzend.« Ich hielt kurz inne. »Leugnen Sie, dass Sie versucht haben, eine menschliche Kunstinstallation aus zwölf Rosen zu kreieren?«

»Nein, tue ich nicht.«

»Meine Rechenkenntnisse sind vielleicht ein bisschen eingerostet, aber wenn man zu den acht, die Sie zugegeben haben, die drei von der Route 10 dazuzählt, kommt man auf elf. Mit Delilah zwölf.«

»Sie haben absolut richtig gerechnet, aber offenbar haben Sie etwas an den Ohren, Junge.« Sein Tonfall war scharf. »Ich habe Delilah Rose nicht getötet.«

»Wo ist sie dann?«

»Wissen Sie was? Ich denke, wir sind hier fertig.« Kane warf die zusammengeknüllte Zigarettenverpackung quer über den Tisch, sodass sie auf meinem iPad landete. »Keine Zigaretten mehr und auch keine Gespräche.«

»Sie sollten besser auf sich aufpassen. Die Dinger können Sie umbringen.« Ich warf die Verpackung zurück in seine Richtung, um ihn wissen zu lassen, dass er mir mit solchem Müll nicht kommen brauchte – weder wörtlich noch im übertragenen Sinn. »Vorher.«

Das ließ sein Grinsen verblassen. So was passierte beim Gedanken an die eigene, bevorstehende Hinrichtung schon mal. Bee lachte in ihrer Ecke überrascht auf. »Lassen Sie sich von seiner vorgetäuschten Ruhe nicht auf die falsche Fährte locken«, meinte sie. »Daran wird er eine Weile zu knabbern haben.«

Ich schenkte ihr ein kurzes Lächeln, was Kanes Aufmerksamkeit nicht entging.

»Lächeln Sie gerne leere Ecken an, Doc?«

»Ich mag viele Dinge. Wie mit kooperativen Gefangenen zu sprechen.«

»Sie ist es, nicht wahr?«

»Wer?«

»Ich habe Sie aus zwei Gründen hierherbringen lassen, und sie ist einer davon.« Sein Gesichtsausdruck wurde wieder verschlossener. »Ich will, dass sie mich in Ruhe lässt.«

»Keine Ahnung, wovon Sie da reden.«

»Ich habe die Artikel gelesen und meine Hausaufgaben gemacht. Wenn Sie wollen, dass ich Ihnen irgendetwas erzähle, dann bringen Sie sie dazu, damit aufzuhören.«

In Bees Richtung zu schauen, wagte ich nicht, aber ich hörte sie kichern. »Womit aufzuhören?«

»Mit den Geräuschen. Dem Stöhnen. Dem unheimlichen Pfeifen. Mich im Zellengang zum Stolpern zu bringen. Die Kratzer auf meiner Haut.« Während er seine Probleme aufzählte, wurde er zunehmend unruhig. »Ich will, dass sie aufhört, mich heimzusuchen.«

»Sie bringen zwölf Frauen um, und eine von ihnen ist nachtragend«, entgegnete ich kalt. »Das ist ja ungeheuerlich.«

»Acht«, fuhr Kane mich an. »Haben Sie schon mal was von einem Nachahmungstäter gehört?«

»Haben Sie schon mal etwas von Therapie gehört?« Die Erwiderung rutschte mir heraus, bevor ich es verhindern konnte. Ich unterdrückte ein Seufzen. Das kam dabei raus, wenn man vier Stunden lang mit einem Serienkiller Spielchen spielte.

Kane starrte mich so lange an, dass ich ein bisschen kribbelig wurde, neigte dann aber den Kopf zur Seite. »Sie haben keine Angst vor mir, oder?«

Ich mache mir gleich in die Hose. »Sollte ich das denn?«

»Ja«, antwortete er schlicht.

Ich achtete darauf, meinen Tonfall gelassen zu halten. »Tut mir leid, Sie zu enttäuschen.«

Er lächelte humorlos. »Sie hätten eine faszinierende Ergänzung meiner Sammlung abgegeben.«

Deine Tage als Sammler sind vorbei, Kane. Ich hielt seinem Blick eisern stand und ignorierte dabei die Gänsehaut, die ich bekam. »Sie sagten, dass Sie mich aus zwei Gründen angefordert haben. Was ist der andere?«

»Ich will, dass Sie herausfinden, was mit meiner Frau passiert ist.« Die Skepsis war mir offenbar anzusehen, denn er schnaubte frustriert. »Ich habe sie nicht umgebracht.«

»Aber Sie wollten es.«

Er schwieg kurz, doch die Antwort stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Sie finden heraus, was ihr zugestoßen ist, und sorgen dafür, dass die Heimsuchung aufhört, dann erzähle ich Ihnen alles, was Sie wissen wollen.«

»Sie sagen mir, wo die Leichen vergraben sind?«

»Ja.«

»Und wie und warum Sie das jeweilige Opfer ausgesucht haben?«

»Ich kann auch gerne warten, bis Sie den Ausdruck ›alles, was Sie wissen wollen‹ im Lexikon nachgeschlagen haben.« Er verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust. »Ich muss aufs Klo.«

»Danke für die Information über Ihre körperlichen Bedürfnisse«, erwiderte ich trocken. »Ich hole jemanden vom Wachpersonal.«

Ich würde ja gerne behaupten, dass ich würdevoll aufstand, aber in Wahrheit stieß ich beinahe meinen Stuhl um, so erleichtert war ich. Eine Pause hätte ich schon vor zwei Stunden gebraucht, doch ich konnte mir nicht die Blöße geben, sie vorzuschlagen. Macht war für Häftlinge ein wichtiger Faktor, weil alles am Gefängnis darauf ausgelegt war, ihnen zu zeigen, dass sie selbst keine besaßen.

Ich klopfte kräftig gegen das Fenster in der Tür. Nichts. Also zwang ich mich, weitere zwanzig Sekunden zu warten, bevor ich noch einmal klopfte. Wahrscheinlich ließen sie sich heute einfach ein bisschen mehr Zeit. Vielleicht hatte jemand seinen Schlüsselbund fallen lassen. Sich den Knöchel verstaucht. Oder war in einen Aufzugschacht gefallen.

Warum brauchen die denn so lange?

Jeder Muskel in meinem Körper spannte sich an, als ich mich noch einmal an der Tür bemerkbar machte. Angst würde ich auf keinen Fall zeigen – genau das wollte Kane ja. Er mochte es, Menschen nervös zu machen und unberechenbar zu sein. Für ihn ging es nicht nur darum, einen Spieß umzudrehen, er benutzte ihn auch gleich, um sein Gegenüber damit zu erstechen.

Die Kette an seinen Fußgelenken schabte klappernd über den Fußboden, was mich reflexartig die Schultern hochziehen ließ. Hastig fuhr ich herum, und dabei war es mir vollkommen egal, wie ich auf Kane wirkte.

»Entspannen Sie sich«, meinte dieser, während er sich erhob und genüsslich streckte. »Brenda hat heute Geburtstag. Wahrscheinlich sind alle im Pausenraum, um ihr zu gratulieren.«

Wer auch immer Brenda war. Entzückend. Nun war ich allein und unbeobachtet in einem Raum mit einem Serienkiller mit Händen so groß wie Gartenschaufeln. Würde das nicht eine schöne Aufschrift auf meinem Grabstein abgeben? Hier liegt Rain Christiansen, geopfert für billigen Supermarktkuchen.

»Dann werden wir wohl warten müssen«, meinte ich gelassen. »Wir sollten uns wieder setzen.«

Aber ich setzte mich nicht.

Kane machte eine kleine Kopfbewegung, die irgendwie an einen Löwen aus einer Tierdoku erinnerte, der seine Beute witterte. Er lachte leise, mehr zu sich selbst. »Wenn ich jetzt ausrasten würde, würden Sie ganz schön in Schwierigkeiten stecken.«

»Tatsächlich?«

»Ich denke schon. Keine Waffe, kein Pfefferspray. Nur wir.« Er umrundete den Tisch und kam mir noch näher, doch ich wich keinen Millimeter zurück. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass er mich zufriedenlassen sollte, aber bei einem Mann wie Kane würde das die Situation womöglich eskalieren lassen.

Sein Atem stank nach Zigaretten. Er überragte meine eins achtzig locker um einen Kopf. Eigentlich mehr eins achtundsiebzig, wenn man es genau nehmen wollte. Ich schluckte hart. Kane sah nicht aus, als würden ihn die zwei Zentimeter interessieren.

»Ich könnte Ihnen jetzt einfach so den hübschen Kopf vom Körper reißen und ihn da drüben auf den Tisch legen, damit er das Erste ist, was die Wache sieht, wenn sie hereinkommt.« Kane lächelte. »Glauben Sie, Sie könnten mich aufhalten?«

Nur, wenn sich mein iPad in einen Revolver verwandelte. Gab es dafür eine App? Reiß dich zusammen, Christiansen. Ich wusste, wie Kanes verdrehte Gedankengänge funktionierten, und das verschaffte mir einen Vorteil. Mein Verstand war die einzige Waffe, die ich brauchte. Auch wenn ich die Glock, die sicher verstaut im Handschuhfach meines Autos lag, gerade nicht ablehnen würde.

»Haben Sie so Ihre Opfer eingeschüchtert?«, wollte ich wissen. »Das Bedürfnis nach Macht stammt vermutlich aus Ihrer Kindheit. Ihr Vater hat Sie misshandelt, und Ihre Mutter war nicht viel besser. Wahrscheinlich haben Sie sich gut dabei gefühlt, einmal im Leben absolute Kontrolle zu besitzen.«

Kane stand immer noch viel zu dicht vor mir, aber etwas am Ausdruck in seinen Augen veränderte sich. Als ich fortfuhr, klang meine Stimme weiterhin sehr ruhig und emotionslos. »Aber es erfordert nicht viel Mut oder Geschick, jemanden zu bedrohen, der einem körperlich unterlegen ist, nicht wahr?«

Er starrte mich finster an. »Ich hätte es locker mit einem Kerl aufnehmen können, der doppelt so groß ist wie Sie.«

»Ja, aber das haben Sie nicht.« Ich musterte ihn kühl. »Ihre bevorzugten Opfer waren eins sechzig groß und wogen kaum sechzig Kilo. Ich bin deutlich größer und schwerer. Egal, welches Szenario Sie sich da gerade in Ihrer Fantasie zusammenspinnen: So wird das hier nicht laufen.«

»Ach nein?«

»Nein.« Ich machte einen Schritt nach vorne und überwand so den letzten Abstand zwischen uns. »Deswegen wäre es besser, wenn Sie sich jetzt hinsetzen und auf das Wachpersonal warten.«

Ich konnte nur hoffen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte und nicht gleich meine ausgeschlagenen Zähne vom Boden aufsammeln durfte. Keine Ahnung, wie lange ich ihn aufhalten könnte. Die Sparringsdummys im Fitnessstudio des Polizeireviers hielten mich sicher für ein Tier im Ring, aber ich bezweifelte, dass Kane einfach nur mit ausgebreiteten Armen dastehen und zulassen würde, dass ich ihn als Piñata benutzte. Ganz schön unhöflich von ihm.

»Niemand nimmt mir meine Macht«, murmelte Kane schließlich und wich schlurfend ein paar Schritte zurück. Er machte zwar keine Anstalten, sich zu setzen, aber ich atmete trotzdem vorerst erleichtert auf. »Und ich will jetzt nicht darüber reden.«

»Das ist in Ordnung«, entgegnete ich gelassen. »Versuchen wir es nach der Toilettenpause noch einmal.«

Ich blieb mit dem Rücken an die Tür gelehnt stehen und ließ ihn keine Sekunde lang aus den Augen. Möglicherweise hatte mir das eben etwas Respekt verschafft, aber ich war schließlich nicht dumm. Erst ein paar Minuten später wurde das schwere, mechanische Schloss entriegelt.

Den beiden Wachleuten, die hereineilten, warf ich nur einen giftigen Blick zu. Ihre Namen kannte ich nicht, aber Officer »Wo zum Henker warst du« und Officer »Wegen dir wäre ich fast gestorben« klang doch ganz passend. Und hatte der eine etwa Zuckerguss im Mundwinkel kleben?

»Setzen«, wies der Blonde den widerstrebenden Kane an und drückte ihn zurück auf den Stuhl.

Sie sicherten den Gefangenen für die Überführung, und ich blieb, um ihn daran zu erinnern, wer von uns beiden die Kontrolle hatte und wer gefesselt wurde wie ein gefährliches Tier. Seine geröteten Wangen und die Abneigung, die er so deutlich ausdünstete, dass ich sie beinahe riechen konnte, sagten mir, dass er die Botschaft verstanden hatte. Erst als sie ihn nach draußen bugsiert hatten, ließ meine Wachsamkeit langsam nach.

Der winzige Raum wirkte ohne seine erdrückende Präsenz und bedrohliche Ausstrahlung urplötzlich wie eine Kathedrale. »Verflucht noch mal«, murmelte ich leise.

Bee gab einen ungehaltenen Laut von sich. »Thomas Kane ist ein Mann, den man nicht unterschätzen darf. Er hätte Sie umbringen können.«

Meine Knie fühlten sich butterweich an, weswegen ich mich schwer gegen die Wand lehnen musste, um langsam auszuatmen. »Ich weiß.«

***

Ich nutzte die kurze Pause ebenfalls für einen Toilettenbesuch und ging dann auf direktem Weg zu den Snackautomaten. Bis ich meinen Abfall entsorgt hatte und in den Verhörraum zurückkehrte, saß Kane bereits wieder am Tisch, und die beiden Wachleute standen gelangweilt dreinblickend hinter ihm.

Mit verschränkten Armen beobachtete ich Kane durch den Einwegspiegel und ließ ihn absichtlich warten, um meine Dominanz unter Beweis zu stellen. Solche Spielchen spielte ich nicht gerne, aber das Machtgerangel zwischen uns fühlte sich an wie das Etikett eines billigen Hemds, das einen unangenehm kratzte.

Mit einem Summen öffnete sich eine Tür weiter den Gang hinunter, und das rhythmische Klackern harter Absätze auf dem Fliesenboden klang, als würde jemand auf mich zukommen. Ich drehte mich jedoch nicht um, hauptsächlich, weil ich bereits wusste, wer das war. Graycie klebte wie ein Kind mit Aussicht auf Süßigkeiten an mir, seit Kane um das Gespräch mit mir gebeten hatte. Noch vor meiner Ankunft im Gefängnis hatte ich drei Textnachrichten mit Emojis von ihm bekommen – und das von einem Mann, für den selbst ein Lächeln und ein Stirnrunzeln zu viel Muskelanstrengung bedeutete.

Graycie stellte sich neben mich, woraufhin ich mich ihm halb zuwandte. Er sah gut aus in seinem modischen, hellgrauen Anzug mit rosafarbener Krawatte. Sein zunehmend ergrauender Bart war sehr gepflegt, und er roch angenehm nach etwas Holzigem.

Ich hatte genauso taufrisch und wie aus dem Ei gepellt ausgesehen … vor vier Stunden. Jetzt war der Stoff meines Anzugs zerknittert, ich hatte die Ärmel meines maßgeschneiderten Hemds nachlässig aufgekrempelt, und meine Krawatte saß schief. Meine Haare hatte ich mir schon unzählige Male gerauft, und die Bügelfalten in meinen Hosenbeinen waren nur noch eine verblassende Erinnerung.

Das schien Graycie allerdings egal zu sein. Er musterte mich so eingehend von oben bis unten, dass ich versucht war, in der Personalabteilung Meldung wegen sexueller Belästigung zu erstatten. Dass ich ihn aus zusammengekniffenen Augen scharf anschaute, schien ihn eher zu amüsieren.

»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragte ich säuerlich.

»Nein.« Er lächelte. »Wie läuft es denn da drin?«

»Blendend. Wir überlegen bereits, uns zusammen ein Haus zu kaufen.«

»Sie wussten vorher, dass der Mann eine harte Nuss ist.«

»Harte Nuss?« Ich schnaubte. »Nennen wir diesen Soziopathen neuerdings so?«

»Wissen Sie, wie lange ich schon mit diesem bestimmten Soziopathen sprechen will?« Graycie deutete mit einem Finger auf die Glasscheibe, hinter der Kane teilnahmslos in unsere Richtung schaute. »Das ist die Grundlage unserer Arbeit, Christiansen. Wir sprechen mit Menschen wie Kane, um zu verstehen, wie sie ticken. Dieses Wissen hilft uns, Informationen zu interpretieren und Daten zu erheben, um den nächsten Serienmörder zu finden und den danach auch.«

Damit rannte er bei mir offene Türen ein – ich hatte einen Großteil meiner beruflichen Laufbahn genau diesem Konzept gewidmet. Seufzend streckte ich mich, bis mein Nacken knackste, und ließ die Arme dann wieder sinken. »Ich weiß, dass wir mit der Annahme agieren, dass er seine Frau getötet hat, aber das leugnet er.«

»Glauben Sie ihm?«

»Im Moment weiß ich noch nicht, was ich glauben soll.«

»Was ist mit dem Nachahmer? Hat er Ihnen darüber etwas verraten?«

»Nicht wirklich.«

Graycie brummte unzufrieden. »Sie müssen sich noch ein paarmal mit ihm unterhalten.«

Mir entwich erneut ein Seufzen, weil ich bereits gewusst hatte, dass er das sagen würde. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass das ein Fehler ist, aber ja, das war der Plan.«

»Würden Sie mir eine Frage ehrlich beantworten?« Graycie neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Vermissen Sie es manchmal?«

»Dass ein Serienmörder meine Geduld aufs Äußerste strapaziert? Und mir dann damit droht, mir den Kopf abzureißen und als Gastgeschenk auf dem Tisch zu drapieren?«

»Das hier.« Er gestikulierte zwischen uns. »Beim FBI und mit Leuten zu arbeiten, die Ihre Fähigkeiten respektieren.«

»Als wir das letzte Mal miteinander zu tun hatten, haben Sie mich gefeuert und aus dem Büro geworfen.«

Er verschränkte die Arme vor der Brust, und seine Kiefermuskeln spannten sich an. »So war das nicht, Christiansen. Und außerdem interagieren wir seit über einem Jahr sehr angenehm miteinander.«

»Interessante Betrachtung unserer Beziehung.«

»Ich habe Sie nicht gefeuert. Ich habe Ihnen Optionen dargelegt, und Sie haben Ihre Wahl getroffen.« Einen Moment lang schwieg er. »Wie läuft es mit der PTU?«

»Gut.«

»Und Ihr Detective? McNally? Ist da alles in Ordnung?«

Er wusste ganz genau, dass das nicht Dannys Nachname war. Wahrscheinlich wusste er auch sonst alles über Danny, angefangen bei seinen Lieblingscornflakes bis hin zur Marke seiner Unterwäsche. »Detective McKenna geht es gut. Warum die vielen Fragen?«

Graycie zuckte mit den Schultern. »Ich bleibe gerne auf dem Laufenden über meine Agenten.«

»Ich bin nicht mehr Ihr Agent, Graycie«, gab ich bissig zurück. »Bei der PTU läuft es gut. Bei Danny und mir läuft es gut, und alles andere geht Sie nichts an.«

»Kein Grund, gleich so schnippisch zu werden. Wenn Sie zufrieden mit dem sind, was Sie haben, freut mich das für Sie.« Er griff in die Tasche und zog ein Ledermäppchen heraus. Ich wusste genau, was das war und wem es gehörte. »Das heißt dann wohl, dass Sie hieran kein Interesse haben.«

Ich starrte die FBI-Marke stirnrunzelnd an. »Ich habe schon einen Job.«

»Das weiß ich. Aber ich habe beim FBI einiges, was Ihren … speziellen Touch gebrauchen könnte.«

»Keine Ahnung, was Sie damit meinen, aber es klingt ganz schön schmutzig«, erwiderte ich.

»Das FBI liegt Ihnen im Blut, Christiansen. Sagen Sie mir, dass ich mich irre.«

Im Verhörraum bemerkte einer der Wachleute etwas zu Kane, der etwas darauf erwiderte. Ihren Gesichtsausdrücken nach zu urteilen war der Wortwechsel nicht freundlich. Der Wachmann versetzte einem der Stuhlbeine einen Tritt, der Kane durchrüttelte. Die Hand des Wachmanns schwebte über dem Schlagstock, der an seinem Gürtel hing.

»Idioten«, murmelte ich. »Ich gehe da besser wieder rein, bevor sie ihn zu sauer machen.«

»Vergessen Sie das hier nicht.« Graycie hielt mir die Marke hin.

Ein bisschen fühlte ich mich wie Eva mit dem verbotenen Apfel, als ich das Mäppchen entgegennahm … oder es versuchte. Graycie hielt es fest und bewegte die Hand so, dass unsere Finger sich berührten.

Ich hatte die Nase gestrichen voll von diesen Machtspielchen, egal ob mit ihm oder Kane. Mit zusammengebissenen Zähnen riss ich ihm die Marke aus der Hand und steckte sie in meine hintere Hosentasche. Sie war schwerer als meine Polizeimarke, die ich in der anderen Gesäßtasche trug – als würde eine Pobacke die andere betrügen.

»Das bedeutet noch kein Ja«, informierte ich Graycie.

»Auf diese Idee wäre ich nie gekommen.«

Sein gefährliches Grinsen beantwortete ich mit einem bösen Blick. »Und nur damit Sie es wissen: Normalerweise bietet man jemandem etwas zu trinken und zu essen an, bevor man ihn dazu bringt, seine Seele zu verkaufen.«

Graycies Lächeln wurde noch breiter. »Das behalte ich gerne fürs nächste Mal im Hinterkopf.«

KAPITEL 2

In den frühen Morgenstunden fuhr ich nach Hause, vollgepumpt mit Kaffee und Cola. Dank der wenigen Autos, die um diese Uhrzeit auf den Straßen unterwegs waren, schaffte ich die vierstündige Strecke vom BCI-Gefängnis, der Broward Correctional Institution, in der Hälfte. Kurz nach sieben rollte ich endlich in die heimische Garage.

Die Schuhe zog ich mir schon an der Haustür aus, dann schlich ich mich auf leisen Sohlen ins Schlafzimmer. Dort lag Danny mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken im Bett und schlummerte friedlich. Ursprünglich hatte ich mich direkt zu ihm legen wollen, doch meine kleinen Muntermacher wirkten ein bisschen zu gut. Im Moment war ich wach genug, um einen Marathon zu laufen – nicht, dass ich das jemals tun würde, so etwas machten nur Durchgeknallte –, und viel zu aufgeputscht, um zu schlafen.

Stattdessen duschte ich heiß und lange und zog mir hinterher meine Version von Freizeitkleidung an: eine schwarze Stoffhose und ein dunkelblaues Hemd, dessen Ärmel ich bis zu den Ellenbogen aufkrempelte. Auf Socken marschierte ich anschließend in die Küche und zu meiner Deluxe-Kaffeemaschine, in die ich eine Kapsel meiner Lieblingssorte einlegte, bevor ich auf den Startknopf drückte.

Ebenfalls auf Knopfdruck fuhr der hinter den Hängeschränken angebrachte Fernseher herunter, und ich zappte mich durch die Kanäle, bis ich an einer Nachrichtensendung hängen blieb. Die Moderatoren lieferten sich einen viel zu fröhlichen Schlagabtausch, weshalb ich die Lautstärke etwas herunterdrehte. Viel Aufmerksamkeit schenkte ich dem Programm nicht, aber das war eines meiner Beruhigungsrituale, mit denen ich zu Hause ankam.

An die Küchenanrichte gelehnt und das Kinn auf eine Hand gestützt, wartete ich darauf, dass die Maschine meinen Kaffee ausspuckte. Schon jetzt grauste es mir vor meinem nächsten Besuch im BCI. Kane hatte das Treffen massiv in die Länge gezogen, weil er es nicht eilig gehabt hatte, wieder in seinen Käfig zurückzukehren.

Auch danach war mein Tag noch nicht zu Ende gewesen. Graycie hatte mich zum Essen geschleppt, damit ich ihn auf den neuesten Stand bringen konnte. Das schummrige Licht und die Atmosphäre in dem nahe gelegenen Sushi-Restaurant waren für meinen Geschmack allerdings ein bisschen zu wenig professionell und unangenehm gut geeignet für ein Date gewesen. Doch als ich ihm einen misstrauischen Blick zugeworfen hatte, hatte Graycie nur die Hände gehoben und mir »rein geschäftlich« versprochen.

Zu meiner Überraschung hatte er Wort gehalten. Offenbar war sein Impuls, mich bei der nächstbesten Gelegenheit flachzulegen, weniger stark als sein Wunsch, mich wieder unter seine Fittiche zu holen … und zurück in die liebevollen Arme des FBI. Das gleiche FBI, das mich für verrückt erklärt, mir eine Therapie aufgezwungen und mir dann zu verstehen gegeben hatte, dass ich untragbar geworden war. Nicht, dass ich etwa nachtragend war, aber ich besaß ein Elefantengedächtnis.

Die Nachrichtenmoderatoren beendeten ihre Diskussion über den neuesten Diättrend und schwenkten um zum Wetter. Ich schlürfte meinen Kaffee – okay, ich kippte ihn runter – und erhöhte die Lautstärke nun ein wenig.

»Hurrikan Alberto ist heute am späten Abend und morgen früh auf dem Weg in den Süden Floridas. Wenn Sie noch keine Vorräte angelegt oder sich darauf vorbereitet haben, wird es jetzt vielleicht schwierig werden, alles Nötige zu bekommen.« Die Reporterin schaute angemessen betroffen drein, während leere Supermarktregale eingeblendet wurden, doch dann lächelte sie wieder strahlend. »Aber wie wäre es zur Aufmunterung mit dem Video tanzender Hundewelpen, das inzwischen vermutlich jeder kennt. Damit gebe ich ab zu Billy.«

Mit einem Schnauben brachte ich meine Tasse zum Spülbecken. Der Apokalypse war ich auf dem Heimweg schon begegnet, als ich am Supermarkt Halt gemacht hatte. Es war ein bisschen surreal gewesen, durch Reihen leerer Regale zu laufen. Quasi alles an Dosen war ausverkauft – selbst die ekligen, die sonst niemand haben wollte. Batterien: weg. Wasser in Flaschen: weg. Alles, was man bei einem Hurrikan auch nur im Entferntesten brauchen konnte: weg.

Die Hamsterkäufer machten mir jedoch keine Sorgen. Danny hatte genug Flaschenwasser und Dosenhühnchen eingelagert, um einen nuklearen Winter zu überstehen. Er lebte dafür, für jede Eventualität gerüstet zu sein. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, seinem Tempel der besten Vorbereitung ein Opfer darzubieten, also nahm ich die letzten beiden verfügbaren Büchsen Dosenfleisch mit nach Hause. Ja, mein Beitrag bestand aus einem fleischähnlichen Gummiblock in Gelee, der auch außerhalb der Verpackung seine Form behielt, aber ich hatte etwas für unser Wohlergehen getan.

Als hätten meine Gedanken ihn heraufbeschworen, kam Danny gähnend in die Küche, nur in eine ausgewaschene, blau-karierte Schlafanzughose gekleidet. Auf seinem Kinn zeigten sich dunkle Bartstoppeln, und seine verwuschelten Haare standen am Hinterkopf ab. Bevor ich ihn warnen konnte, stolperte er über eine Kiste, die neben dem Durchgang stand, und fluchte laut.

Ich beherrschte mich und sagte nicht, wie niedlich er so verschlafen war, sondern beschäftigte mich damit, ihm ein Glas Saft einzugießen. Grundsätzlich war Danny eher einer von diesen widerlich fitten Morgenmenschen, aber Saft war für ihn ein Grundnahrungsmittel, ohne das nichts ging.

Er blinzelte mich aus kleinen Augen ein wenig verwirrt an. »Du bist da.«

»Das stimmt.«

»Ich dachte, du würdest dort übernachten und erst gegen acht losfahren. Abhängig vom Verkehr wolltest du gegen Mittag wieder hier sein.«

Genau das hatte ich zu ihm gesagt. Dannys exzellentes Gedächtnis war manchmal wirklich nervig. »Planänderung«, meinte ich und reichte ihm das Saftglas, das er mit einem gemurmelten Dank entgegennahm. »Ich hatte dir eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen.«

»Wie lange bist du schon da? Ich habe dich nicht reinkommen hören.«

»Hmm …« Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. »So eine Stunde etwa. Dann werde ich wohl wirklich besser im Reinschleichen.«

»Sehr praktisch, falls du mal verschwindest. Ich sage den Cops dann einfach, dass ich die ersten achtundvierzig Stunden komplett verschlafen habe. Weil du so rücksichtsvoll bist«, erwiderte er trocken. »Wann willst du eigentlich endlich diese Kisten auspacken?«

Ich besaß ein bisschen mehr Kram, als ich gedacht hatte. Zusammen mit dem, was ich noch in einer Lagereinheit in D. C. untergebracht hatte, war es ziemlich viel Zeug. Selbiges stand nun in Kisten im ganzen Haus verteilt, die sich aber immerhin schon mal in den richtigen Zimmern befanden. In diesem Fall: drei Kartons mit der Aufschrift – ganz richtig – Küche in der Küche. Das war ein Fortschritt.

»Bald«, versprach ich und hielt seinem finsteren Blick unbeeindruckt stand. Mit seinen Muskeln, den Tattoos und dem Augenbrauenpiercing konnte Danny durchaus einschüchternd wirken, doch ich kannte die Wahrheit. In ihm steckte ein echter Softie. Harte Schale, weicher Kern … zumindest bei mir.

Ich tat, als würde ich nicht bemerken, wie er mich über den Rand seines Saftglases hinweg musterte. Dass ich Graycie oder dem FBI einen Gefallen tat, passte ihm generell nicht, aber ich konnte ihm auch nicht vormachen, dass ich damit aufhören würde.

»Wie war das Gespräch mit Kane?«, erkundigte er sich schließlich.

»Ich würde es lieber nicht noch mal aufleben lassen.«

»So schlimm, ja?«

»Erinnerst du dich an diesen Serienkiller aus den Neunzigern, der Körperteile von Trampern an Rastplätzen entlang der I-95 zurückgelassen hat?«

»Ja«, entgegnete er zögernd.

»Ich wäre echt froh, stattdessen mit dem arbeiten zu dürfen.«

Danny schnaubte. »Ich fürchte, du wirst bei dem Psycho bleiben müssen, den du dir ausgesucht hast.«

»Er hat mich ausgesucht«, erinnerte ich ihn pikiert. »Außerdem habe ich Graycie möglicherweise versprochen, noch mal zu Kane zu gehen. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, um die Leichen zu finden.«

»Und das ist alles?« Sein bohrender Blick lag immer noch auf mir.

»Das ist alles.« Erwartete er etwa von mir, dass ich ihm von der FBI-Marke erzählte, die ich in meiner Umhängetasche vergraben hatte? Oder davon, dass ich Kane versprochen hatte, nach seiner vermissten Frau zu suchen, die er möglicherweise selbst getötet hatte? Du lieber Himmel, so viel Ehrlichkeit von meiner Seite wäre keineswegs erfrischend, sondern nur verstörend.

Etwas vor dem Küchenfenster erregte meine Aufmerksamkeit, und ich ging hinüber, um zum Grundstück meiner Eltern nebenan zu spähen. Ihre Veranda war angesichts der winzigen Ausmaße ihres Hauses erstaunlich groß, und dort stand gerade mein Vater in Shorts und Sandalen und hantierte mit Gartenmöbeln. Obwohl seine langen, braunen Haare am Oberkopf inzwischen so licht waren, dass eine deutliche Glatze sichtbar wurde, weigerte er sich standhaft, eine kürzere Frisur zu tragen. Der unordentliche Zopf, zu dem er sie im Moment zusammengebunden hatte, war auch schon alles an Zugeständnis.

»Was zum Teufel macht er da?« Das war natürlich eine rhetorische Frage. Mein Vater rammte einen staubigen Sonnenschirm in das Loch in der Tischplatte des geschmiedeten Tischs. »Er sollte alle losen Gegenstände vor dem Sturm wegräumen und sie nicht noch extra nach draußen bringen. Mit dem verdammten Ding kann er auch gleich eine Starterlaubnis beantragen.«

»Deine Eltern haben mich gefragt, ob ich zum Frühstück rüberkommen will. Da du früher wieder da bist, freuen sie sich sicher, wenn du mitkommst.« Danny nippte unbeeindruckt an seinem Saft. »Und hör auf, so zu tun, als würdest du die Nachrichten im Gruppenchat nicht sehen.«

Ich seufzte. Meine Zwillingsschwester Skylar hatte das Ganze ins Leben gerufen, obwohl ich sie gewarnt hatte, dass es keine gute Idee wäre, unseren Eltern ein gewisses technisches Verständnis beizubringen. Das gestrige Highlight war eine zwanzigminütige Diskussion zwischen ihr und unserer Mutter, wie man am besten die Seelenzahl eines Menschen errechnete. Ob ich wohl irgendwie damit durchkommen würde, wenn ich sie beide blockierte?

Mein Vater versuchte erneut, den Sonnenschirm in das Loch zu befördern, was mir ein unterdrücktes Lachen entlockte. Klammheimlich hatten meine Eltern das benachbarte Grundstück erworben, was nur einmal mehr bewies, wie gefährlich »Zu verkaufen«-Schilder sein konnten. Ebenso wie sechs Folgen einer Tiny-House-Dokureihe, denn mehr hatte es nicht gebraucht, um meine Mutter von den Vorzügen des Minimalismus zu überzeugen. Kurzerhand hatten meine Eltern sich ein Tiny House bauen lassen, das meine Mutter anschließend in ihrer Handtasche mit sich herumgetragen hatte, bis es schließlich neben Dannys Haus ausgepackt worden war.

Neben unserem Haus.

Wir wohnten inzwischen seit drei Monaten zusammen, und ich gewöhnte mich nach wie vor noch daran, es als unser Haus zu bezeichnen. Unser, wiederholte ich im Stillen. Unser, unser, unser. Irgendwann würde es sich sicher festsetzen. Danny erinnerte mich immer wieder gern daran, dass das Gebäude uns zwar gemeinsam gehörte, aber die Menschen nebenan – deren Marihuana-Gewächshaus größer war als die Räume, in denen sie lebten – ganz allein meine waren.

Schweigend beobachteten wir meinen Vater, der sich nun damit abmühte, den Sonnenschirm aufzuspannen. Irgendwann öffnete ich das Fenster einen Spaltbreit und brüllte hinaus, dass wir ihm helfen würden. Wie nicht anders zu erwarten, brüllte er zurück, dass er es schon allein schaffte.

»Wie der Vater, so der Sohn«, murmelte Danny.

Ich warf ihm einen finsteren Blick zu. Ja, ich hatte ihm bereits oft versichert, dass ich mit meinen paranormalen Fähigkeiten klarkam. Und ja, das war normalerweise auch so, bis alles außer Kontrolle geriet, aber das konnte er mir ja nicht ewig vorhalten.

Außerdem hatte Dakota Daydream, mein spiritueller Therapeut mit fragwürdigen Qualifikationen, mir versichert, dass ich hervorragende Fortschritte machte. Allerdings sagte er auch, dass er sich in meiner Gegenwart oft nach einer Waffe sehnte, die man nicht zurückverfolgen konnte. Das wog sich aber gegenseitig auf, oder?

»Komm mir nicht so«, erwiderte ich ruhig. »Ich gehe immerhin zu Dakota.«

»Machst du denn, was er dir sagt?«

So in etwa. Ich hatte noch nicht geübt, meine Geisterkanäle auf- und zuzudrehen, und ich meditierte auch nicht täglich. Und ich hatte ebenso noch keins der Reinigungsrituale durchgeführt, die er mir empfohlen hatte. »Na ja, manchmal«, erwiderte ich und kratzte mich verlegen am Kopf.

Danny schmunzelte. »Wenigstens bist du ehrlich.«

»Und sexy.«

»Nicht übertreiben.« Er lachte über meinen giftigen Blick. »Ich gehe duschen und mich anziehen. Oh, und ich habe deiner Mutter gesagt, dass wir den Servierteller mitbringen. Könntest du den solange suchen und abwaschen?« Er wartete meine Antwort jedoch nicht ab, sondern ging ins Bad.

Grummelig beäugte ich die drei Kartons mit Küchenutensilien. Auf einmal wirkte das auf die Seite der Kisten gekritzelte Küche viel weniger hilfreich als zuvor. Die nächsten zwanzig Minuten – wertvolle Minuten meines Lebens, die ich nie wieder zurückbekommen würde – verbrachte ich damit, nach einem Teller zu suchen.

Bis ich das Ding gefunden, abgewaschen und abgetrocknet hatte, war Danny zurück. Er roch nach seiner üblichen Seife und war in schwarze Jeans und ein weiches Langarmshirt gekleidet. Eine Rasur hatte er nicht für nötig gehalten, und die dunklen Stoppeln auf seinem kantigen Kinn erinnerten mich daran, wie gut es sich anfühlte, wenn sie an bestimmten … Stellen über meine Haut kratzten.

Das wiederum brachte mich auf den Gedanken, dass wir uns noch gar nicht richtig begrüßt hatten, insbesondere, nachdem ich anderthalb Tage weg gewesen war. Also verschwendete ich keine Zeit, sondern drängte Danny gegen den Kühlschrank, wo ich ihn eine ganze Weile um den Verstand küsste.

Seine Lippen waren weich und warm, und ich bekam einfach nicht genug von ihnen. Normalerweise trug Danny einen Undercut mit kurzen Seiten und längeren Haaren auf dem Oberkopf, doch als ich meine Finger in die Strähnen schob, fiel mir auf, dass er dringend zum Friseur musste. Ich nutzte die Gelegenheit, um fester zuzupacken und seinen Kopf genau so zu dirigieren, wie ich ihn haben wollte.

Als ich schließlich von ihm abließ, waren wir beide hart. »Deine Eltern«, brachte Danny keuchend hervor.

Na, wenn das mal kein Erregungskiller war. Aber so schnell gaben weder mein Schwanz noch ich auf, weswegen ich mich an Dannys Hals nach unten küsste. Dabei achtete ich darauf, keine Knutschflecken zu hinterlassen, auch wenn ich am liebsten die Zähne in seine empfindliche Haut versenkt hätte. »Was ist mit meinen Eltern?«

»Ich habe ihnen … irgendwas versprochen. Frühstück, glaube ich.«

Ich entlockte ihm ein Zischen, als ich meinem animalischen Impuls doch nachgab und ihn sacht in den Übergang von Hals zur Schulter biss.

»Keine Knutschflecken, du Idiot.«

Ich lachte dunkel. »Aber die magst du ja so gerne, Detective McKenna.«

»Die Aussicht, dass deine Eltern mich über Pancakes und Würstchen wissend angrinsen, mag ich deutlich weniger.«

»Erwartest du im Ernst, dass sie uns etwas Essbares wie Pancakes und Würstchen auftischen?« Ich ließ ihn noch einmal meine Zähne spüren, und trotz seines Protests neigte Danny den Kopf weiter zur Seite, um mir Platz zu machen. »Die Hoffnung stirbt wirklich zuletzt.«

»Dann eben Speck. Das zeugt doch von guten Manieren. Wenn man Leute zum Frühstück einlädt, sollte man ihnen Speck vorsetzen, oder?«

Er war noch so jung und hatte noch so viel zu lernen. Meine Eltern waren zwar keine strikten Vegetarier, aber ein Schwein war nirgendwo sicherer als in ihrem Haus. Selbst das dritte der drei kleinen Schweinchen, das mit dem Steinhaus, würde da neidisch werden.

Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, Danny einfach nur anzusehen. Gerade einmal anderthalb Tage war ich weg gewesen, aber es fühlte sich viel länger an. Igitt. Da stieg doch tatsächlich wieder dieses kitschige Gefühl in mir auf. Eigentlich wollte ich ja nicht … aber ich konnte auch nicht anders. »Ich habe dich vermisst«, platzte ich heraus.

Wir waren uns so nahe, dass ich die blassen Sommersprossen auf seiner Nasenspitze sehen konnte. Durch seine natürlich gebräunte Haut zeigten die sich nie richtig, aber sie versuchten es weiter hartnäckig.

Danny grinste schief. »Ist das der Moment, in dem ich sage: ›Du hattest mich schon nach dem Hallo‹?«

Ich verengte die Augen. »Meine Tasche ist noch gepackt. Die kann ich direkt wieder ins Auto werfen, wenn du hier den Jerry Maguire rausholst.«

»Ich habe dich auch vermisst«, erwiderte Danny mit einem leisen Lachen.

»Zeig’s mir«, schlug ich vor, nur halb im Scherz. »Je dreckiger die Knie, desto größer die Liebe.«

Danny wirkte belustigt. Als er zum Küchenfenster ging, um die Jalousien zu schließen, blieb mir der Mund offen stehen, weil ich tatsächlich damit durchkam.

»Im Ernst?«, fragte ich.

»Ja, aber wir müssen uns beeilen.«

Okay, das war überhaupt kein Problem. In Rekordzeit hingen mir Hose und Boxershorts in den Kniekehlen, doch ich schwieg, bis er mich komplett in den Mund nahm. Dabei konnte ich einen Aufschrei nicht unterdrücken, der uns beide erschrocken zusammenzucken ließ. Mein lustvernebeltes Hirn spielte mir möglicherweise einen Streich, aber das hatte sich verdächtig nach der Anfangssequenz von »König der Löwen« angehört. Die Vibrationen, die Dannys Lachen durch meinen Schwanz schickte, sagten mir, dass er das Gleiche dachte.

»Warte nur«, nuschelte ich und vergrub die Finger erneut in seinem Haar. »Ich bring dich dazu, Hakuna Matata zu singen.«

Da er den Mund voll hatte, konnte Danny nicht sprechen, aber das Funkeln in seinen Augen war unmissverständlich: Das werden wir ja sehen.

***

Eine ganze Weile später machten wir uns auf den Weg zu meinen Eltern. Ich trug den großen, weißen Teller, Danny einen Krug Orangensaft, und als mein Blick auf dem Weg nach draußen auf unsere Reflexion in der Glastür fiel, nickte ich zufrieden. Wir sahen wie ein respektables Paar aus, ein anständiges Paar, das seine Rechnungen bezahlte und samstags auf den Wochenmarkt ging, wo es sorgfältig sein Obst auswählte. Nicht wie zwei Perverse, die es sich eben gegenseitig am Kühlschrank besorgt hatten. Das zeigte wieder einmal, dass man Menschen nie nach ihrem Äußeren beurteilen sollte.

Danny half umgehend meinem Vater, der gerade die Gartenmöbel abwischte, während ich in die Küche ging. Obwohl ich das Haus immer noch zu klein fand, um darin dauerhaft zu leben, musste ich zugeben, dass die Einrichtung und das Dekor sehr geschmackvoll waren – oder es zumindest bei Auslieferung gewesen waren. Jetzt entdeckte ich überall lächelnde Sonnenblumen und Flamingos.

In der Küche fand ich meine Mutter, die in dem Moment ein Muffinblech mithilfe eines Küchenhandtuchs aus dem Ofen holte.

»Heiß!«, rief sie mit einem Keuchen und ließ das Blech praktisch auf die Herdplatte fallen. Einer der Muffins hüpfte aus der Form und landete auf dem Boden.

»Gib den Danny«, meinte ich und setzte mich an den winzigen Esstisch. »Ich verrate es ihm auch nicht.«

»Ärger im Paradies?«

»Nein. Es wäre nur lustig, ihm hinterher zu sagen, dass er einen Boden-Muffin gegessen hat.«

Kopfschüttelnd warf meine Mutter das Backstück in den Mülleimer. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten, der ihr beinahe bis zur Hüfte reichte. Ein paar feine Strähnen hatten sich aus ihm gelöst und rahmten ihr herzförmiges Gesicht ein. Wie üblich trug sie einen langen Rock aus fließendem Stoff und eine Bauernbluse. Die Farben und Materialien waren immer mal andere, aber diese Kombination war bei ihr Standard.

Missmutig starrte sie auf die Pistole, die in meinem Hüftholster steckte. »Du weißt, dass ich die Dinger nicht im Haus haben will.«

»Ja, ich weiß, Mutter, aber ich fahre nach dem Frühstück direkt zur Arbeit.« Einen kleinen Zusatz konnte ich mir nicht verkneifen: »Wenn jetzt bewaffnete Einbrecher reinkommen würden, wärst du froh, dass ich sie habe.«

Sie schnappte nach Luft. »Wag es ja nicht, Leute in meiner Küche zu erschießen!«

»Na schön, ich bringe sie vorher auf die Veranda.«

»In den Garten«, erwiderte sie fest. »Leo hat das Holz noch nicht versiegelt. Und nun mach dich nützlich und kümmer dich um den Obstteller.«

Bei Arbeiten, für die ich mich nur minimal bewegen musste, war ich immer dabei. Ich zog die Plastikschalen mit Erdbeeren, Trauben und Melone näher zu mir. »Irgendeine bestimmte Form gewünscht?«

»Nein, einfach bloß hübsch soll es sein.«

Hübsch war wirklich keine meiner besonderen Stärken, aber ich würde es versuchen. Den Anfang machte die Melone, die ich in kleinere Stücke schnitt, damit alles auf dem Teller in etwa die gleiche Größe hatte. Als ich nach ein paar Minuten aufschaute, bemerkte ich, dass meine Mutter mich mit einem liebevollen Ausdruck in ihren grünen Augen anschaute. »Stimmt etwas nicht?«

»Nein, ich bin nur froh, dass du wieder da bist, Schatz. Wie war die Reise?«

»Großartig.«

»Und dein Gespräch mit dem Serienmörder?«

»Auch großartig. Ich überlege, ob ich ihn zu Thanksgiving mitbringe.«

»Sag mir nur früh genug Bescheid, damit ich ihn in den Sitzplan aufnehmen kann.« Sie schnappte sich den Servierteller, den ich mitgebracht hatte, und arrangierte die Muffins darauf. »Du weißt, dass ich die genaue Anzahl an Gästen im Voraus brauche, damit ich weiß, wie viel ich kochen muss.«

Ich verdrehte die Augen. Das mit dem Serienkiller zum Abendessen war ein Witz gewesen – hoffte ich –, aber der Rest stimmte leider. Ein strenger Sitzplan zu Thanksgiving war einer ihrer auffälligsten Spleens. Das sagte viel aus über eine Frau, die gerne Auren reinigte.

Während meiner Zeit beim FBI hatte ich etliche Feiertage verpasst.

Ich kaute nachdenklich auf meiner Unterlippe, während ich weiter Obst präzise klein schnitt. Natürlich hatte die Arbeit beim FBI auch gute Seiten gehabt. Unsere Herangehensweise an einen Fall entsprach sehr meiner ungeduldigen Natur. Das Ziel der BAU – der Verhaltensanalyseeinheit – und der Cold-Case-Einheit war das gleiche: Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Doch die Arbeitsweisen waren Lichtjahre voneinander entfernt.

Bei Cold Cases mussten Detectives viel Geduld beweisen und bereit sein, den Fall noch einmal von Grund auf aufzurollen, wenn es notwendig war. Zeugen waren nicht immer sofort bereit, mit einem zu sprechen, insbesondere über etwas, das vor langer Zeit passiert war. Diejenigen, die sich bereitwillig mit uns unterhielten, konnten meist nichts Nützliches beitragen. Und auch wenn das Police Department von Brickell Bay behauptete, dass bei Laborauswertungen niemand bevorzugt wurde, rutschten unsere Proben oft ganz unten auf der Bearbeitungsliste, weil etwas Dringenderes dazwischenkam – zum Beispiel jemand, der vielleicht noch am Leben war.

In der BAU herrschte jeden Tag Hektik. Man wollte ein Profil für einen unbekannten Verdächtigen, und das gestern. Bis wir an den Ort des Geschehens gerufen wurden, war die Situation oft schon dicht an der Eskalation.

»Ich brauche Kaffee«, »Wer hat hier das Sagen?«, »Sie hätten uns früher anfordern sollen!« – das waren häufig die ersten Sätze aus Graycies Mund. Auch ein Grund, warum örtliche Polizeibehörden uns in der Regel nicht besonders gut leiden konnten. Ich schmunzelte. Nicht, dass Graycie das geschert hätte. Für ihn kam die Arbeit vor allem anderen. Er hatte nie dafür gesorgt, dass ich genug schlief, oder mich daran gehindert, bis zur Erschöpfung zu schuften, wie Danny es tat.

Mein Lächeln verpuffte. In Erinnerungen ans FBI zu schwelgen war keine gute Idee. Auch nicht daran, wie gut Scout, Fox, Angela und ich zusammengearbeitet hatten. Ich musste mir ebenfalls das Negative ins Gedächtnis rufen, wie zum Beispiel die ständige Fliegerei. Immerzu hatte ich eine gepackte Reisetasche dabeigehabt, weil ich nie wusste, wann Graycie anrief. Manchmal wusste ich nicht einmal, wohin es ging, bis wir die Flughöhe erreicht hatten.

Und warum machte ich mir darüber eigentlich Gedanken? Ich zog Graycies Angebot nicht ernsthaft in Erwägung. Die Marke, die sich noch immer in meiner Umhängetasche befand, würde ich nicht behalten, und ich würde auch nicht zurück zum FBI gehen, wo ich mich sicher fühlte und stets wusste, was ich zu tun hatte. Oder?

»Rain?«

Ich blinzelte ein paarmal. Meine Mutter musterte mich besorgt, die Hände auf ihren Standmixer gelegt.

»Ich denke, die Stücke sind klein genug, Schatz.«

Betreten schaute ich auf die zerhackte Wassermelone hinunter. »Oh, tut mir leid.«

»Kein Problem. Wassermelone schmeckt auch als … Obstcarpaccio.« Sie runzelte die Stirn. »Du siehst aus, als würde dich etwas schwer beschäftigen.«

»Nein, alles in Ordnung. Es ist nur … Mir ist da im Gefängnis was Seltsames passiert. Er hat mir einen Job angeboten.« Als sie mich daraufhin entsetzt anstarrte, zog ich verwirrt die Augenbrauen zusammen. »Was?«

»Der Serienmörder?«

»Ja, klar, Mutter. Der Serienmörder hat mir einen Job angeboten. Die Sozialleistungen sind toll, aber die Arbeitszeiten bringen einen um.«

Meine sarkastische Erwiderung beeindruckte sie nicht im Geringsten. »Sehr witzig.«

»Graycie«, meinte ich entnervt. »Graycie hat mir angeboten, dass ich wieder zum FBI könnte. Er braucht wohl jemanden mit meinen Fähigkeiten.« Darauf hatte meine Mutter offenbar nichts zu sagen, also hakte ich nach: »Hast du eine Meinung dazu?«

»Ich weiß es sehr zu schätzen, dass du mich ins Vertrauen ziehst, aber ich bin eigentlich nicht diejenige, mit der du darüber reden solltest. Freuen würde es mich nicht, wenn du zurückgehst. Oder wieder nach D. C. ziehst und ich dich dann nur noch alle zwei Jahre sehe.«

»Darüber musst du dir keine Sorgen machen.«

»Ach nein? Wenn du es nicht in Erwägung ziehen würdest, würdest du nicht weiter darüber nachdenken.«

Bis zu diesem Moment war mir nicht bewusst gewesen, wie ernst ich das Angebot nahm, und es machte mir beinahe Angst, das in Worte zu fassen. »Dann findest du, dass ich ablehnen sollte?«

»Ich kann dir nicht vorschreiben, was du tun sollst.«

»Ich frage dich nach deiner Meinung.«

»Ich weiß, dass du es sorgfältig überdenken wirst, wie du es mit allem machst. Du hast schon immer alles in seine Einzelteile zerpflückt.« Meine Mutter stopfte lächelnd den Mixer mit einer ganzen Reihe von ekligen, grünen Dingen voll, gefolgt von einer Mischung seltsam aussehender Samen und Nüsse. »Wenn wir zum Strand gegangen sind, hat sich Skylar sofort ins Wasser gestürzt, egal, wie kalt es war. Du hast dir erst mal ein bisschen die Füße nass gemacht. Und als sie einmal von einer Qualle genesselt wurde, dachte ich wirklich, dass du nie wieder ins Meer gehen würdest.«

»Die Erinnerung daran, wie sie herumgesprungen ist und ›Das brennt, das brennt!‹ gebrüllt hat, war mir eine Lehre.«

»Und erinnerst du dich an die Gokarts? Deine Schwester hat dich sicher sechsmal überholt, weil du so vorsichtig gefahren bist. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der das Lenkrad eines Gokarts so akkurat gehalten hat wie du.«

Ich warf ihr einen finsteren Blick zu. »Am Eingang war eine Liste mit Regeln aufgehängt. Und Sky ist nur zweimal an mir vorbeigezogen.«

»Das habe ich aber anders in Erinnerung. Als sie sich mit dem Ding in einer Kurve beinahe überschlagen hat, haben dein Vater und ich uns angesehen und gleichzeitig gesagt: ›Er bekommt seinen Führerschein als Erster.‹« Sie schaute zu mir rüber und erwartete offensichtlich von mir, dass ich in ihr Lachen einstimmte. »Ach, schau doch nicht so, Schatz. Das war keine Kritik. Ich wollte damit lediglich sagen, dass du ein bisschen mehr Vertrauen in deine Entscheidungen haben solltest, weil du sie nie impulsiv triffst.«

So konnte man es natürlich auch sehen. Abgesehen davon war ich tatsächlich schon als Zehnjähriger vorsichtig und zögerlich gewesen. »Danke, Mutter.«

Jetzt war es an ihr, mir einen bösen Blick zu schenken, und ich unterdrückte ein Lächeln. Sie hätte gerne, dass wir sie Robin nannten, weswegen ich selbstverständlich umso mehr Spaß daran hatte, genau das Gegenteil zu tun. Das war die Retourkutsche für den Versuch, mir Moonbeam als Zweitnamen zu verpassen.

Sie stellte den Mixer an, als wüsste sie genau, dass ich sie gleich wieder Mutter nennen würde, was ich auch absolut vorgehabt hatte. Ich stand auf und wusch mir die klebrigen Hände am Spülbecken. Während ich sie mir abtrocknete, verstummte der Mixer abrupt.

»Mir ist gerade ein Gedanke gekommen«, meinte meine Mutter. »Was ist mit Danny?«

»Ich würde von hier aus arbeiten und bloß nach D. C. fliegen, wenn es sein muss«, entgegnete ich nach einer kurzen Pause. »Nur so würde ich überhaupt wieder zum FBI gehen.«

Ich hatte schon so manches Mal gedacht, dass Danny glücklicher wäre, wenn er wie früher an alten Fällen ohne paranormalen Einschlag arbeiten könnte. Und manchmal meinte ich zu spüren, dass er das auch so empfand. Ich schob die Jalousien des Küchenfensters ein Stück auseinander und sah draußen Danny mit meinem Vater ins Gespräch vertieft. Wobei, so ganz stimmte das nicht. Mein Vater schien ihm etwas zu erzählen, für das ausladende Gesten notwendig waren, während Danny mit verschränkten Armen und einem nachsichtigen Grinsen zuhörte.

Bei vielen Dingen in meinem Leben war ich mir unsicher, aber ich wusste mit absoluter Klarheit, dass ich in Reichweite dieses Mannes bleiben musste. Die Jahre in D. C. hatten dieses Gefühl nur noch verstärkt. Das leise Lachen meiner Mutter ließ mich aufschrecken und die Jalousie loslassen. »Was denn?«

»Vielleicht solltet ihr wirklich nicht mehr zusammenarbeiten. Jedes Mal, wenn du ihn anschaust, versinkst du in seinen hübschen, blauen Augen.«

Die sind echt schön, oder? »Entschuldige bitte?«

»Ist entschuldigt«, gab sie trocken zurück. »Du kannst ihn nicht einmal ansehen, ohne diesen verliebten Gesichtsausdruck zu bekommen.«

Gerade verwandelte sich die Verliebtheit sicher in Erschrecken. Man sieht mir das an?

Sie lachte erneut, und ich schlurfte zurück zum Esstisch, wo ich mich wieder auf meinen Stuhl fallen ließ. »Ich habe wirklich keine Ahnung, wovon du da sprichst«, erwiderte ich steif.

»Egal, wie du dich entscheidest, er wird dich sicher darin unterstützen. Weil ihr ein Team seid.« Sie kippte ihren widerlichen Smoothie in einen großen Krug – oder versuchte es zumindest. Ein Teil des Zeugs blieb im Mixer kleben, und meine Mutter schlug kräftig auf den Boden, um die Klumpen herauszubefördern. Schließlich platschte der letzte Batzen in den Krug, und sie verteilte noch ein paar winzige Saatkörner darauf.

Ich wechselte das Thema zu etwas Unverfänglicherem. »Was … ist da drin?«

»Unter anderem Grünkohl, Banane, Mandelmilch und Hanfsamen. Und mach nicht so ein Gesicht«, schalt sie mich, ohne mich anzusehen. »Das ist gesund.«

Das waren Lachs und Quinoa ebenfalls, die ich aber beide nicht in einem Saftglas zum Frühstück haben wollte. »Und wir haben ja auch noch deine berühmten Muffins, die sind glutenfrei, fettfrei, zuckerfrei, laktosefrei, ohne Ei und nicht zu vergessen: geschmacksfrei …«

»Du hast ihnen nie eine richtige Chance gegeben«, meinte meine Mutter schnaubend.

»Dazu gibt es deinen Grünkohl-Hanfsamen-Smoothie und, dem Himmel sei Dank, Obst.« Ich schaute mich in der Küche um und entdeckte eine Platte mit … süßen Gebäckteilchen? »Hast du die gekauft oder selbst gemacht?«

»Gekauft«, entgegnete sie unwirsch.

»Puh. Dann verhungere ich zumindest nicht.«

»Das wäre ja auch schrecklich, Schätzchen. Ich meine, sieh dich doch mal an, du bist ja nur noch Haut und Knochen.« Sie runzelte die Stirn gespielt besorgt. »Es ist ein Wunder, dass dich bisher kein starker Windstoß weggeweht hat.«

Lachend trat Danny hinter mich. Selbstverständlich musste er genau im richtigen Moment hereinkommen, um das zu hören. »Kann ich vielleicht was helfen, Robin?«

Meine Mutter reichte uns beiden die Teller, damit wir sie draußen auf den Gartentisch stellten. Ich hörte ihr mutwilliges Lachen noch, als die Tür hinter uns zuschwang.

»Ich werde sie den Rest der Woche lang Mutter nennen«, schwor ich. »Mit dem gruseligsten Tonfall, den ich zustande bringe.«

Danny stellte die Muffins mit einer dramatischen Geste ab. »Du weißt, wie sehr sie das hasst.«

»Ja«, bestätigte ich. »Ich werde so krass den Norman-Bates-Psycho raushängen lassen.«

Kopfschüttelnd, wahrscheinlich über uns beide, schenkte Danny mir einen amüsierten Blick. »Natürlich wirst du das.«

KAPITEL 3

Auf dem Revier herrschte wie immer geschäftiges Treiben, was einmal mehr bewies, dass das Brickell Bay Police Department nicht vom Sich-vor-dem-Hurrikan-Verbarrikadieren profitierte. Danny und ich passierten den Metalldetektor und die zwei Checkpoints, an denen wir uns ausweisen mussten, bevor wir uns trennten. Zum Glück hatten wir uns bereits ausgetauscht und verabschiedet, bevor wir das Gebäude betraten, sonst hätten mir das knappe Nicken und Lächeln nicht gereicht.

Ich bestieg den Aufzug mit zwei Uniformierten, die sich miteinander unterhielten. Irgendwann drehte sich der Rothaarige zu mir um und grinste mich an. »Kennen wir uns nicht?«

Sein Begleiter, ein kräftiger, untersetzter Typ, schnaubte. Vermutlich fand er den Spruch ebenso albern wie ich. »Echt jetzt, Jeff?«

Jeffs Wangen röteten sich. »Ich meinte das ernst.«

Bei meiner Arbeit traf ich mit vielen Menschen zusammen, lebenden wie toten, da war es ziemlich schwer, sich Gesichter zu merken. Dennoch erwiderte ich das Lächeln. »Tut mir leid, daran erinnere ich mich nicht.«