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Ein unbekannter Feind für die neue Menschheit - Perry Rhodan wird gejagt Im Mai 1513 Neuer Galaktischer Zeitrechnung bricht Perry Rhodan zu einer diplomatischen Mission auf: Mithilfe der exotischen Technik des Polyport-Systems reist er in die ferne Galaxis Anthuresta. Dort besucht er die Nachkommen jener Menschen, die einst in das Stardust-System ausgewandert sind. Die Stardust-Terraner, wie sich die Menschen in Anthuresta nennen, haben bereits ein kleines Sternenreich aufgebaut. Ihre Raumschiffe erforschen die nähere Umgebung, ihre Abgesandten treten in Kontakt zu außerirdischen Völkern. In schier unglaublicher Ferne entwickelt sich eine neue Menschheit mit eigenen Visionen und Träumen. Perry Rhodan absolviert seine Routinemission, an die er spontan einen privaten Abstecher auf Sepura 2 anschließt. Auf diesem eigentlich unwichtigen Planeten gibt es angeblich seltsame Hinterlassenschaften, die seine Neugierde wecken. Zusammen mit Eritrea Kush, der Admiralin der Stardust-Union, erreicht er die fremde Welt - und dort wird er mit einer unheimlichen Gefahr konfrontiert. Eritrea und ihm gelingt die Flucht, bei ihnen ist Anthur, der sich als Bote der Superintelligenz TALIN bezeichnet. Ihr offensichtlicher Gegner ist DAS AMÖBENSCHIFF ...
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Seitenzahl: 139
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Nr. 2
Das Amöbenschiff
Ein unbekannter Feind für die neue Menschheit – Perry Rhodan wird gejagt
Roman Schleifer
Im Mai 1513 Neuer Galaktischer Zeitrechnung bricht Perry Rhodan zu einer diplomatischen Mission auf: Mithilfe der exotischen Technik des Polyport-Systems reist er in die ferne Galaxis Anthuresta. Dort besucht er die Nachkommen jener Menschen, die einst in das Stardust-System ausgewandert sind.
Die Stardust-Terraner, wie sich die Menschen in Anthuresta nennen, haben bereits ein kleines Sternenreich aufgebaut. Ihre Raumschiffe erforschen die nähere Umgebung, ihre Abgesandten treten in Kontakt zu außerirdischen Völkern. In schier unglaublicher Ferne entwickelt sich eine neue Menschheit mit eigenen Visionen und Träumen.
Perry Rhodan absolviert seine Routinemission, an die er spontan einen privaten Abstecher auf Sepura 2 anschließt. Auf diesem eigentlich unwichtigen Planeten gibt es angeblich seltsame Hinterlassenschaften, die seine Neugierde wecken. Zusammen mit Eritrea Kush, der Admiralin der Stardust-Union, erreicht er die fremde Welt – und dort wird er mit einer unheimlichen Gefahr konfrontiert.
Eritrea und ihm gelingt die Flucht, bei ihnen ist Anthur, der sich als Bote der Superintelligenz TALIN bezeichnet. Ihr offensichtlicher Gegner ist DAS AMÖBENSCHIFF ...
Perry Rhodan – Der Aktivatorträger ist auf der Flucht.
Eritrea Kush – Die Admiralin ist auf der Suche.
Anthur – Der Bote der Superintelligenz ist keine Hilfe.
Yarron Odac – Der junge Techniker ist auf dem Weg zu sich selbst.
Norel Lindner
Sepura 2
5. Mai 1513 NGZ
Eritrea Kush stieg hinter Perry Rhodan aus der Höhle und zuckte zusammen.
Das Camp im Tal war zerstört, die Zelte brannten. Rauchschwaden stiegen in den Himmel, einem ihr fremden, ellipsoiden Raumer entgegen. Seine Außenhülle wirkte verkrustet und verwaschen. Unterschiedlich dicke Stränge durchzogen die Oberfläche, verliefen kreuz und quer. Bläulich schimmernde Filamente ragten abwärts und zeigten auf das Feuer.
Das Ellipsoid thronte über dem Tal, verdunkelte es, schien lautlos auf etwas zu warten.
Eritrea schauderte.
»Was ist hier passiert?«, fragte sie und hielt nach Öffnungen im Schiff Ausschau. Hatten die Fremden bereits Landetruppen ausgeschleust? Suchten sie nach Überlebenden des Angriffs auf das Camp? Rhodan, der neben ihr kauerte, wischte sich über das verdreckte Gesicht und starrte ebenfalls zum Raumschiff.
Mit einem hellen Sirren schwebte der Raumer plötzlich abwärts.
Sofort suchte Eritrea nach einer Deckung. In die Höhle konnten sie nicht zurück, dort warteten die seltsamen Echsen, die sie angegriffen hatten. Die Space-Jet, die sie hinter dem Hügel an einer Felswand geparkt hatten, war zu weit weg. Das Plateau vor der Bergflanke bot keine Deckung. Blieben die ...
»Weg hier!«
Rhodans Befehlston riss sie hoch. Ohne nachzudenken, sprintete sie neben ihm auf die Shifts zu, die zwischen den brennenden Zelten und dem Höhleneingang standen. Sie wich einem umherirrenden Servoroboter aus, sprang über zwei verkohlte Leichen, rannte bis zu einer halb geschmolzenen Waffenkiste und suchte dahinter Deckung.
Gegen die Waffen des unbekannten Schiffs half sie zwar nicht, aber etwaigen Soldaten nahm sie die Sicht.
Eritrea keuchte, wischte sich die Stirn. Vergebens. Sofort bildete sich ein neuer Flüssigkeitsfilm auf ihrem Gesicht.
Verfluchte Hitze!
Durch den langen Kampf in der Höhle war sie am Ende der Kräfte. Der Kampfanzug unterstützte sie nur noch wenig. Klimaanlage, Falthelm und das muskelentlastende Exoskelett waren ausgefallen. So hilfreich der Anzug in der Höhle gewesen war, so sehr behinderte er sie nun. Dennoch wollte sie ihn nicht ablegen, weil sein Panzer ihren Körper zumindest ein wenig schützte.
Eritrea hustete. Qualm brannte in ihren Augen. Verzweifelt schlug sie gegen den Sensor für den manuellen Notverschluss des Helms. Nichts passierte.
Wo war Rhodan?
Sie schaute zu den Shifts. Rhodan fehlten noch hundert Meter. Obwohl sein Kampfanzug ebenfalls gelitten hatte, schien ihn weder die Hitze noch der Rauch zu stören. Dieser Mann kannte nur eine Richtung: vorwärts.
Wo ist Anthur?
Eritrea blickte zur Höhle zurück. Anthur taumelte durch Rauch und aufgewirbelten Staub. Er hatte erst die halbe Strecke zwischen der Höhle und ihrer Deckung zurückgelegt. Seine graue Kombination war staubig. Blut floss aus einer Wunde im Oberarm.
Eine mobile Sonde hielt genau auf ihn zu.
»Vorsicht!« Eritrea hoffte, dass er sie durch das Sirren hörte.
Anthur blieb stehen, schaute in die Richtung, aus der ihre Stimme kam.
»Vor dir! Die Sonde!«, rief sie.
Er wankte weiter. Die Sonde traf ihn am rechten Schienbein. Anthur schrie laut auf, stürzte zu Boden und blieb dann liegen.
Verdammt! Ächzend stemmte sich Eritrea hoch und lief zu ihm. Jeder Schritt war eine Qual. Doch sie war es ihm schuldig. In der Höhle hatte Anthur sie und Rhodan vor den Echsen gerettet.
Sie kniete neben ihm nieder und griff nach seinem Oberarm. »Wir müssen zum Shift!«
Der Mann, der sich als Bote TALINS bezeichnet hatte, hob den Kopf. Aus glasigen Augen stierte er sie an.
»Wir müssen weiter!« Mühsam zerrte sie ihn auf die Beine und stützte ihn.
»Wo ist dein Begleiter?«, fragte er. Sogar das Sprechen fiel ihm schwer.
»Rhodan ist bei den Shifts!« Sie sah den Terraner an der Tür eines Flugpanzers hantieren. Warum nahm er nicht den Strahler?
Anthur richtete sich ein wenig auf, schien sich der prekären Lage bewusst zu werden. »Ich helfe euch. Ich bin der Bote TALINS.«
So siehst du aus, dachte sie und zog ihn in die Richtung der Shifts. Ein heißer Windstoß trieb ihr Sand ins Gesicht und auf die Lippen. Sie spuckte, versuchte, die Körner loszuwerden.
Elend langsam kamen sie voran. Immer wieder warf Eritrea einen Blick zu dem unheimlichen Raumschiff hinauf. Obwohl die Rauchschwaden den Himmel immer stärker verdunkelten, leuchteten die blauen Filamente des Raumers hindurch. Das Ellipsoid schwebte stetig abwärts, begleitet von diesem hellen Sirren.
Täuschte sie sich, oder hatte sich der Ton verändert?
Es klang zutiefst bedrohlich, doch solange sie keine Soldaten sah, konnte sie das Sirren ausblenden.
Eritrea atmete erleichtert auf, als sie endlich die Shifts erreichten. Mit jedem Schritt drückte der Raumanzug schwerer auf ihre Schultern. Vorsichtig lehnte sie Anthur gegen die Ketten des Flugpanzers. Schmatzend holte er Luft, sein Atem rasselte. Bei dem Geräusch suchte Eritrea unwillkürlich nach einem bekannten Zug in seinem Gesicht.
Mit einem Multifunktionswerkzeug hantierte Rhodan am Türverschluss des Shifts. »Das Ding klemmt!« Er drehte sich um, wischte sich die blonden, verschwitzten Haare aus der Stirn und zeigte auf den Brustbereich von Eritreas SERUN. »Alles in Ordnung?« Er klang besorgt.
Irritiert folgte sie seiner Geste. Ihr Kampfanzug war blutverschmiert. »Das ist Anthurs Blut.«
Rhodan warf einen Blick auf den Boten und versuchte erneut sein Glück mit dem Multifunktionswerkzeug.
Eritrea hob ihren Kombistrahler und schob Perry beiseite. »Du brauchst mehr Energie!«
Rhodan schüttelte den Kopf. »Die Ortungsgefahr ist zu groß.« Er griff nach einer Metallstange und hieb frustriert gegen die Tür. Der Shift war zwar mit Rostflecken übersät, aber so einfach kam selbst Perry Rhodan nicht gegen Stahl an.
Anthur kam ächzend hoch. »Ich helfe euch.« Mit einem Arm lehnte er sich gegen die Tür, während er einen Stab aus seiner Beintasche fischte. Mit einer ähnlichen Waffe hatte er in der Höhle die Echsen vertrieben. Der Stab glühte auf, der Stahl schmolz.
Das Glühen erlosch mit einem Summen. »Auch leer«, knurrte Anthur und warf den Stab achtlos zur Seite.
Die Tür schwang auf und traf Anthur an der Brust. Er wankte.
Eritrea schnellte nach vorn, fing ihn auf und drückte ihn zurück gegen die Ketten.
»Danke«, murmelte er.
Ein Donnern ließ Eritrea zusammenfahren. Im Camp war etwas explodiert. Ein Pilz aus Feuer stieg auf und zerfaserte. »Perry, was willst du mit dem Shift?«, fragte Eritrea ungeduldig.
Perry Rhodan kletterte ins Innere. Er beugte sich über die Sitze nach hinten. »Ich arbeitete an unserer Flucht.«
»Wir nehmen nicht die Space-Jet?«
»Doch.«
Sie versuchte, seine Gedanken zu erahnen. Offenbar war sie durch die vielen Jahre hinter dem Schreibtisch eingerostet, denn sie kam nicht dahinter, was er mit dem Flugpanzer vorhatte. Sogar mit der Space-Jet waren sie gegen das Riesenschiff chancenlos. Was also wollte der Terraner mit der alten Rostschüssel?
Rhodan zerrte drei Kombistrahler aus der Kiste hinter dem Fahrersitz und warf sie ihr zu. Sie fing sie auf, legte sie zu Boden. Rhodan hantierte bereits an der Abdeckung der Bordpositronik. Er klappte die manuelle Eingabe auf. Eritrea war erstaunt, dass solche Modelle noch im Umlauf waren.
»Bring den Boten zur SANDIOR!« Seine Finger huschten über die Tastatur.
»Und du?«
»Ich komme nach.«
»Was ist mit den Waffen?«
»Lass sie liegen.«
Verständnislos sah ihn Eritrea an. Wie war sein Plan?
Als sie vor Jahrzehnten mit ihm Seite an Seite im Krieg gekämpft hatte, war sie rascher im Verstehen seiner Überlegungen und Aktionen gewesen.
Er bemerkte ihr Zögern. »Vertrau mir! Ich weiß, was ich tue.«
*
Die dreihundert Meter über den Hügel bis zur Space-Jet wollten nicht enden. Alle paar Meter blieb Anthur stehen und verschnaufte. Auf der Hälfte der Strecke wollte Eritrea den Antigrav ihres Kampfanzuges aktivieren, doch ein Blick auf den ellipsoiden Raumer hielt sie davon ab. Sie durften keine Aufmerksamkeit erregen, mussten unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Fremden bleiben.
Zu allem Überfluss war der Wüstenwind stärker und heißer geworden. Das Thermometer ihres Kampfanzuges zeigte 44 Grad, obwohl der Rauch von den schwelenden Zelten und das Ellipsoid die Sonne verdeckten.
»Anthur, wir müssen weiter!«
»Ich ...« Er hustete so stark, dass zwei Blasen an seinem Hals platzten. Eine gelbrote, klebrige Flüssigkeit rann über seine Schulter und über die Mento-Rezeptoren ihrer Handschuhe. Eitergeruch stieg ihr in die Nase. Sie würgte.
Ein bitter schmeckendes Stück epsalischen Specks kam hoch und erinnerte sie an das Frühstück. Sie spuckte es aus, schob sich ein Minzbonbon in den Mund und zerrte Anthur den Hügel hinauf. Am Abhang stützte sie ihn, damit er nicht stürzte, und lotste ihn an der Felswand vorbei zur SANDIOR.
»Dein SERUN ist beschädigt«, begrüßte sie der Bordrechner vor der Schleuse. »Drei Gelenksegmente sind verschmort, der Schließ...«
»Erzähl mir Neues!« Sie bedeutete Anthur, in die Jet zu steigen.
Der Rechner gab nicht auf. »Ich messe gefährliche Strahlung an der Oberfläche deines SERUNS. Er sollte gereinigt werden.«
Eritrea entledigte sich den Raumanzugs und ließ ihn achtlos in der Schleuse fallen. Zwei Herzschläge lang genoss sie die kühle Luft, dann lenkte sie Anthur auf kürzestem Weg in die Medostation. Ein kegelförmiger Roboter bugsierte ihn in ein Antigravfeld, das eineinhalb Meter über dem Boden schwebte und als Liege sowie als OP-Tisch diente.
Sie atmete durch. Ein Teil ihrer Aufgabe war erledigt.
Während die körperliche Anspannung von ihr abfiel, fanden ihre Gedanken keine Ruhe. Sie musste ihre Flucht planen, musste überlegen, wie sie an dem fremden Raumschiff vorbei ins Weltall kamen.
»Ich gehe in die Zentrale«, sagte sie.
Die schwache, zittrige Stimme des Boten hielt sie zurück. »Ich muss in die Felsennadel. ES ...« Anthur richtete seinen Oberkörper auf. »TALIN hat dort etwas für mich hinterlegt.« Dann schloss er die Augen und fiel ins Antigravfeld.
»Ich werde deinen Wunsch bei meinen Reiseplänen berücksichtigen ... sofern wir von diesem Sandhaufen lebend wegkommen.«
*
Eritrea betrat die Zentrale und sah durch die Kuppel der Space-Jet. Keine Spur von Rhodan.
Ein Funkanruf verbot sich von selbst. Die Ortungsgefahr war zu groß.
Sie machte sich Sorgen. Wie lange war er schon dort draußen? Zehn, fünfzehn Minuten?
Auf der Flucht vom Camp bis zur SANDIOR hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Sie biss auf ihre Unterlippe. Es war falsch gewesen, Rhodan bei den Shifts zurückzulassen.
»Servo! Ist mein SERUN einsatzbereit?«
»Negativ. Die Strahlenwerte sind zu hoch.«
Sie fluchte. Geduld zählte nicht zu ihren Stärken.
»Perry Rhodan ist hier«, sagte der Bordrechner.
Endlich!
Sie sprang auf, eilte zur Schleuse. Rhodan schälte sich eben aus dem SERUN. Gesicht und Hals waren schwarz vom Ruß. Er hustete.
»Was hast du im Shift gemacht?«, fragte sie ihn.
Er blickte auf seine Kommunikationsfolie am Handgelenk. »Später. Zuerst kümmern wir uns um Anthur.«
»Wie kannst du jetzt an den Boten denken? Der fremde Raumer kann uns jederzeit aufspüren!«
»Derzeit sind wir für ihn nur ein Stück Metall, also kein Grund zur Sorge.«
Manchmal hasste sie Rhodans Gelassenheit. Ein feindlicher Raumer blockierte ihren Heimweg, und er interessierte sich für Anthur – nur weil dieser behauptet hatte, der Bote einer Superintelligenz zu sein.
Ein Servoroboter schwebte zu Rhodan und reichte ihm ein nasses Handtuch und eine Wasserflasche. Gierig trank der Terraner, bevor er sich über das Gesicht wischte.
»Der Bote ist dir nicht geheuer«, stellte er fest.
»Vor dir kann man nichts verheimlichen, oder?«
»Jahrelange Erfahrung.«
»Ich will wissen, ob er mein Sohn ist.«
»Seine Zisch- und Schmatzgeräusche legen das nahe.«
»Du bist dir also auch unsicher«, stellte Eritrea fest. »Mich irritiert, dass er sich als Bote einer Superintelligenz ausgibt und verletzt ist. Ich dachte, diese Abgesandten sind unverletzbar.«
»Wenn wir wissen wollen, was mit ihm in der Höhle passiert ist, müssen wir ihn fragen.« Er wandte sich in Richtung Medostation.
»Warte!« Eritrea berichtete ihm, was Anthur gesagt hatte, bevor er bewusstlos geworden war.
Rhodan wiederholte Anthurs letzten Satz. »TALIN hat für ihn etwas in der Felsennadel hinterlegt ...«
Sie kannte diesen Blick. »Oh, nein! Du schautest genau so, als ich dir von der Suche nach meinem Sohn und den TALIN-Jägern erzählt habe.«
»Wirfst du mir vor, ein neugieriger Mensch zu sein?«
Sie fragte sich, wie es eine Frau jemals länger als eine Woche an seiner Seite ausgehalten hatte. Sie selbst eingeschlossen.
Rhodan tippte auf den Öffnungssensor des Schotts. Die Medostation trug ihren Namen zu unrecht. Der Medoroboter verharrte über dem Boten, damit Rhodan und sie überhaupt neben der Antigravliege stehen konnten.
»Wie geht es ihm?«, fragte Rhodan.
»Ich habe ihn sediert«, antwortete der Roboter.
»Was ist mit seiner Haut?«
»Er hat eine Verhornungsstörung. Es befinden sich keine Medikamente an Bord, um die Krankheit zu bekämpfen.«
Vier dicke Stränge aus Hornhaut verliefen kreuz und quer über Anthurs nackter Brust. Sie sahen hart aus. Die Handrücken waren von feinen Rissen durchzogen. Eine weitere Blase an Anthurs Hals platzte. Der Roboter versorgte die offene Stelle mit einem Sprühverband.
»Ich kühle und befeuchte seine Haut, um die Symptome zu lindern.« Ein Tentakel des Roboters verlängerte sich und sprühte Flüssigkeit auf den nackten Oberkörper. Der feine Nebel versickerte in der Haut. Die Assoziation eines ausgetrockneten Feldes drängte sich Eritrea auf.
War dieser Mann ihr Sohn? Die schock-grünen Augen stimmten überein. Auch der intensive Blick. Aber der Rest?
Das letzte Bild von Jannik stammte aus den Polizeiprotokollen. Sie bedauerte, kein Holo davon in ihrer Kommunikationsfolie abgespeichert zu haben, um es über Anthurs Gesicht zu legen und die Züge mithilfe der Positronik zu vergleichen. Ihr wollte es nicht gelingen, das Bild der vor knapp vierzig Jahren aufgenommenen Datei gedanklich altern zu lassen.
»Gegen die Arteriosklerose der Hirnarterien bin ich ebenfalls machtlos.«
Eritrea horchte auf. »Art... was?«
»Verkalkung der Hirnarterien«, kam Rhodan dem Roboter zuvor.
»Du kennst diesen Begriff?«
»Viele altterranische Sprachen basieren auf einer einzigen, viel älteren Sprache.«
Sie runzelte die Stirn.
»Du ahnst nicht, wie ich die Zeit totschlage, wenn ich nicht das Universum rette.«
»Ich dachte, dafür ist Gucky zuständig.«
»Wir wechseln uns ab.« Rhodan lächelte.
Eritrea mochte sein Lächeln. In Momenten wie diesen wirkte er nicht nur jünger, es schien auch, als ruhte weder Last noch Verantwortung auf seinen Schultern.
»Sind diese Krankheiten genetisch bedingt?«, fragte sie.
»Nein. Eine genetische Prädisposition kann bei diesen Unterarten ausgeschlossen werden. Diese Erkrankungen sind signifikant selten. Nur bei einem Menschen von einer Million sind die Symptome derart ausgeprägt. Vor allem die Arteriosklerose der Hirnarterien ist eine ungewöhnliche Indisposition.«
»Warum schickt TALIN einen kranken Boten?«
»Erklär du mir eine Superintelligenz.« Rhodan wandte sich an den Roboter. »Gibt es zusätzlich zum Antigravfeld eine Liege mit mechanischen Fixierungen?«
»Du meinst Gurte?«, fragte der Medoroboter.
»Ja.« Der Roboter war simpler programmiert, als Eritrea gedacht hatte.
»Diese Möglichkeit ist nicht vorgesehen«, antwortete der Roboter.
»Ich traue dem Antigravfeld nicht.« Rhodan kratzte sich an dem Nasenflügel, den seit seiner Jugend eine feine Narbe zierte. »Auf mein Zeichen hin bringst du den Patienten in die Zentrale. Die Kontursessel haben Gurte.«
Der Roboter bestätigte.
Rhodan und Eritrea verließen die Station.
Insgeheim wünschte sie sich, dass Anthur tatsächlich ihr Sohn war. Zwar konnte sie die letzten Jahrzehnte und den Grund für ihre Entfremdung nicht rückgängig machen, aber es war nie zu spät, um Frieden zu schließen.
In der Zentrale der SANDIOR erwartete sie die frische aromatische Geruchsmischung von Minze, Lavendelblüte und Rosmarin. Seit ein paar Jahren verabscheute sie die sterile künstliche Raumschiffsluft. Manchmal übertrieb sie es mit den Duftmischungen, aber diesmal lag sie richtig.
Galant ließ Rhodan ihr den Vortritt. »Wie gut ist das Deflektorfeld der Jet?«
»Standardausführung.« Erleichtert ließ sie sich in den Pilotensitz fallen. In einem Holo zeigte sie ihm die Daten.
»Es wird reichen müssen.«
Sie bewunderte seinen Optimismus. »Du denkst, es hilft gegen dieses ... Ding?« Sie deutete durch die Panzerplastkuppel auf den schwarzen Schatten, der das Tal abdeckte. Sie wusste noch immer nicht, wie sie an ihm vorbei ins All kommen sollten. »Willst du warten, bis der Raumer abzieht?«