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Der kompetente Erziehungsratgeber aus Finnland: So helfen Eltern ihren Kindern, mit negativen Gefühlen wie Wut, Trotz und Aggression umzugehen. Wenn Kinder vor Wut brüllen, aggressiv um sich schlagen oder trotzig jede Aufforderung ignorieren, stehen Eltern vor einer großen Herausforderung. Zu schnell wird das unerwünschte Verhalten des Kindes durch Schimpfen und Strafen sanktioniert. Dabei übersehen wir, dass Gefühle, auch und gerade die negativen, Ausdruck von unerfüllten Bedürfnissen sind. Kinder zeigen uns mit ihren Gefühlen, was sie brauchen und wo sie überfordert sind. Der finnische Weg der Erziehung - mit Sisu ("Beständigkeit") und Liebe - hilft Eltern, das scheinbar problematische Verhalten der Kinder mit anderen Augen zu sehen und einen Blick für die dahinterliegende Botschaft zu entwickeln. Anhand vieler Beispiele und Fragen zum selbst Beantworten vermittelt das Buch der beiden renommierten finnischen Pädagoginnen Cacciatore und Korteniemi-Poikela, wie Kinder je nach Alter dabei unterstützt werden können, einen gesunden Umgang mit ihren Gefühlen zu finden. Ein hochmoderner Ansatz aus Finnland und eine wertvolle Bereicherung für den Alltag von Eltern, Großeltern und Erziehern.
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Raisa Cacciatore / Erja Korteniemi-Poikela
Starke Kinder haben starke Gefühle
Sisu - Der finnische Weg für eine gelassene Erziehung
Aus dem Finnischen von Anke Michler-Janhunen
Knaur e-books
Wie können wir als Eltern positiv und wertschätzend sein, wenn unser Kind dauernd tobt und etwas will? Wie sollen wir einen Jugendlichen ermutigen, wenn er arrogant und trotzig ist? Dann erwacht die eigene Gereiztheit ebenso wie Erinnerungen daran, wie man selbst als Kind erzogen worden ist. Diese Erfahrung kann sehr emotional und verwirrend sein. Uns Eltern fehlen oft effektive Methoden, auf Zorn und Ärger des Kindes und des Heranwachsenden zu reagieren. Doch das vielleicht größte Defizit ist häufig die fehlende Fähigkeit zur Ermutigung.
Eltern geben ihr Bestes. Aber was ist richtig? Einige besänftigen alle Emotionen ihres Kindes. Andere ertragen lautstarke Gefühlsausbrüche und lassen Kinder ihren Streit unter sich ausmachen. Kommt das Kind ins Schulalter und in die Pubertät, wird es noch wichtiger, mit dem Zorn klarzukommen.
Gefühle müssen respektiert werden. Gefühle verkörpern Kraft und Energie, die wir zum Leben brauchen. Gefühle sind notwendig und logisch. Gefühle können auch erzeugt werden. Mit jedem Lächeln für ein Kind oder einen Heranwachsenden verbessert sich ihr Wohlbefinden. Eine konstruktive Einstellung zum Zorn hilft Kindern und Jugendlichen jetzt und in der Zukunft.
Starke Kinder haben starke Gefühle beschreibt die stufenweise Herausbildung emotionaler Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen und liefert Modelle für eine wertschätzende und unvoreingenommene Aggressionserziehung. Das Buch zeigt neue Wege auf, Kinder zu unterstützen und zu stärken. Eltern haben den Schlüssel zu einem starken Selbstwertgefühl und einer hohen Lebenskompetenz ihrer Kinder in der Hand. Dieses Buch macht Sie mit den Entwicklungsstufen vertraut, die jedes Kind und jeder Jugendliche auf dem Weg zu einem starken Erwachsenen auf individuelle Weise durchläuft.
Veränderungen brauchen Zeit und Nachsicht. Aber Sie werden merken, dass jede Veränderung zu einer Verbesserung führt. Egal wie langsam es vorangeht und wie klein die Schritte auch sein mögen – dieses Buch wird Sie dabei unterstützen.
Mit Elan zu neuen Wegen, für Ihre wunderbare Familie!
Raisa Cacciatore
Erja Korteniemi-Poikela
Frühjahr 2019
Alle Gefühle sind Teil des Lebens. Trotz, Wille und Ärger sind Gefühle, die notwendig sind und mit denen man zurechtkommen kann. Sie sind unsichtbar und dabei extrem wirkungsvoll. Alle kennen diese Gefühle. Einige nehmen sie leichter wahr, andere wiederum erkennen nicht, dass sie wütend sind, obwohl sie wütend handeln.
Trotz und der eigene Wille gehören zur Entwicklung. Bei Kindern und Jugendlichen sind sie besonders stark ausgeprägt, da diese noch nicht in der Lage sind, ihre Gefühle zu unterdrücken oder zu verheimlichen. Andererseits ist es notwendig, Ausdruck und Kontrolle dieser Gefühle zu erlernen. Schwer zu steuernde Gefühle befördern die Entwicklung hin zu Mut, Selbstakzeptanz, Lebenskompetenz, Flexibilität und Eigenständigkeit.
Kinder und junge Menschen erlernen die Kontrolle ihrer Gefühle – und Wut ist eines davon. Gefühle sind nicht schlecht. Schwierig sind sie, weil ihnen ureigene Entwicklungsstufen der Aggression zugrunde liegen.
Eltern können ihren Kindern – und sich – helfen, mit schwer auszuhaltenden Gefühlen klarzukommen. Am besten gelingt das, wenn die Gefühlsausbrüche als Lernprozess und Teil der normalen Entwicklung wahrgenommen werden, denn genau das sind sie. Ein kluger Erwachsener weiß, dass sich ein Kind anfangs primitiv ausdrückt. Wächst es heran, lernt das Kind »Nein« auf neue, bessere Art und Weise zu sagen. Am besten lernt das Kind durch die Verhaltensmuster, die seine Eltern ihm vorleben.
Wenn etwas schiefgeht, ist manchmal ein Trotz- und Wutanfall mit lautem Schreien die Folge. Einige Kinder machen etwas kaputt oder schlagen um sich.
Wut ist eine gute Fähigkeit und ein gutes Gefühl. Ärger zu empfinden ist völlig normal, wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich vorstellt. Das Kind ist lediglich nicht in der Lage, seine Gefühle und Handlungen zu steuern.
Auch wenn zerstörerisches Handeln nicht toleriert werden darf, ist es nutzlos, das Kind bloß zu bestrafen, es zu beschuldigen oder aufzufordern, sich zu beruhigen. Ein Kind lernt nicht durch Befehle, seine Gefühle zu kontrollieren, sondern durch Anleitung.
Lernen beginnt mit kleinen Dingen. Zieht ein Kind in ein fremdes Land, wird ihm die neue Sprache Wort für Wort beigebracht. Keiner brüllt, dass man das aber jetzt schon können müsse. Keiner geht bis zum Äußersten oder bestraft mit Arrest, wenn das Kind nicht sofort fließend die neue Sprache beherrscht.
Strenge Disziplin und Strafen stärken emotionale Fähigkeiten nicht, sondern schwächen sie. Sie bewirken vielmehr, dass Kinder sich verschließen und noch mehr schwierige Gefühle in ihnen aufkeimen.
Je größere Schwierigkeiten ein Kind hat, seine Gefühle zu steuern und mit Enttäuschungen umzugehen, umso mehr braucht es Beharrlichkeit, Engagement, Hilfe und Kompetenzen. Bedauerlicherweise erfährt es stattdessen häufig eine umso strengere Behandlung.
Emotionale Fähigkeiten sind Fähigkeiten, mit denen Zorn in eine Kraftreserve verwandelt werden kann. Es ist möglich und leicht, diese Fähigkeiten zu vermitteln.
Lernen Kinder und Jugendliche nach und nach ihre Wut und ihre Einstellung gegenüber den Dingen zu beherrschen, fühlen sie sich kompetenter und glücklicher.
Emotionale Fähigkeiten sollten schon mit den ganz kleinen Kindern geübt werden, spätestens jedoch im Jugendalter und auch darüber hinaus. Es geht um lebenslanges Lernen! Sie helfen Gereiztheit, Wut und Gewalt zu reduzieren.
Im gleichen Maße nehmen Nähe, Geborgenheit und Sicherheit zu, ebenso wie das Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen und ihre Fähigkeiten, mit ihren Gefühlen umzugehen.
Werden Sie zum Anleiter Ihres Kindes im Umgang mit Gefühlen. Leben Sie ihm vor, wie man Ärger richtig zeigt. Lernen auch Sie, Ihre eigenen Gefühle zu steuern.
Wenn ein Kind trotzt, versucht es, uns etwas Wichtiges mitzuteilen. Auch wenn es schwerfällt, es auszuhalten, sollten Eltern ihrem Kind nicht seine Gefühle verbieten. Der kindliche Zorn offenbart, dass etwas Wichtiges auf dem Spiel steht. Oder dass es müde oder gestresst ist oder ihm etwas fehlt.
Eine schlechte Alternative ist, mit dem Kind um die Wette zu brüllen. Denn dann begibt sich der Erwachsene gleichsam mit ihm auf dieselbe Entwicklungsstufe. Aus Sicht des Kindes heißt das, dass sich der Erwachsene verhält wie ein Kind. Kind zu sein ist aber eine Fähigkeit, die das Kind schon beherrscht. So wie ein Baby auch: Je unzufriedener es ist, umso lauter schreit es. Auf Schreien mit Schreien zu antworten ist keine gute Idee. Ein brüllender Erwachsener ist aus Sicht des Kindes weder sicher noch klug.
Ein Kind, das sich zu Hause nicht traut zu widersprechen, wird es auch dann nicht tun, wenn es sich gegen gefährliche Dinge zur Wehr setzen sollte. Etwas zu wollen sowie der Ausdruck von Gefühlen und der eigenen Meinung sind förderlich für das Selbstbewusstsein und das energische Auftreten des Kindes. Es sollte lernen, sich mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen, anstatt gegen sie anzukämpfen. Das müssen auch wir Erwachsenen oft noch üben.
Akzeptieren und respektieren Sie die Gefühle Ihres Kindes und hören Sie ihm zu. Stehen Sie ihm in schwierigen Augenblicken zur Seite. So kann es lernen, dass es in Ordnung ist, Gefühle zu haben und sie zu zeigen, auch wenn das für manche Handlungen nicht gilt. Mithilfe der Eltern kann das Kind lernen, die Ursachen hinter seinen Gefühlen zu erkennen und seine Gefühle zu kontrollieren. So können Sie die Kraft, die den Gefühlen innewohnt, positiv nutzen.
Wie haben Ihre Eltern in Ihrer Kindheit auf Ihre Wut und Ihren Trotz reagiert? Können Sie sich an Beispiele erinnern? Schreiben Sie auf, woran Sie sich erinnern. Haben sich die Methoden Ihrer Eltern konstruktiv und gut angefühlt?
Sind Sie möglicherweise herumkommandiert und streng oder kalt behandelt worden? Oder wurde Ihnen mit Verständnis begegnet? Sind im Zuhause der Kindheit Gefühle vielleicht überspielt und verborgen oder in nur sehr engen Grenzen gezeigt worden? Dann kann es schwerfallen, die eigenen Gefühle zu erkennen. Der eine oder andere ist vielleicht streng bestraft worden, wenn er seinen Ärger allzu deutlich zeigte. Diesen Menschen fällt es oft besonders schwer, den Umgang mit den eigenen Aggressionen zu lernen. Wenn Ihnen Ihre Eltern verständnisvoll und erklärend begegnet sind, können Sie sich glücklich schätzen.
Wenn ein Kind lernt, seine Wut zu kontrollieren, verleiht ihm das Kraft und Sicherheit. Ärgerkontrolle ist Teil der Gewalt- und Depressionsprävention und trägt zur Stärkung des Selbstwertgefühls und der Lebenskompetenz bei. Ziel ist es, dem Kind bzw. dem Jugendlichen Erfahrungen zu bieten:
Ich stehe zu mir und ich bin wichtig.
Immer, wenn ich möchte, kann ich meine Meinung sagen, und das in angemessener Art und Weise.
Ich traue mich auch, mich zu verteidigen.
Wenn es sein muss, setze ich mich für Gerechtigkeit ein.
Ich halte verschiedene Gefühle aus und komme mit ihnen klar.
Ich bin ebenso gut und genauso viel wert wie die anderen.
Ich genieße das Leben, auch wenn es hin und wieder Widrigkeiten bereithält.
Ist die Gefühlskontrolle nicht im Gleichgewicht, können sich diese positiven Punkte und Stärken ins Gegenteil verkehren:
Der Mensch steht nicht zu sich und fühlt sich nicht wichtig. Er sagt seine Meinung nicht. Er hat keine Kraft, sich zu verteidigen. Er tritt für nichts und niemanden ein.
Der Mensch erträgt seine Gefühle nicht und kann nicht mit ihnen umgehen. Er fühlt sich nicht gleichwertig. Er genießt sein Leben nicht und jedes Hindernis erscheint ihm unüberwindbar.
Viele, die heute Eltern sind, haben selbst eine strenge Erziehung erfahren, in der Gefühle verleugnet, abgewertet oder vermieden wurden. Oft sind sie dann perplex, wie man über Gefühle sprechen kann. Sie müssen nach neuen Wörtern suchen und von Anfang an erlernen, was es heißt, ein zuhörender, Anteil nehmender und ermutigender Erwachsener zu sein. Gleichzeitig muss man möglicherweise gegen Gefühle und Verhaltensmuster ankämpfen, die ihren Ursprung in der eigenen Kindheit haben. Wenn Kinder früher Gefühle empfanden und zeigten, wurden sie oft für kindisch, schwierig und unartig gehalten. Oder man überging das mit den Worten: »Tu das jetzt einfach!« Über Gefühle wurde möglicherweise nicht gesprochen oder sie wurden nicht wahrgenommen. Daher war es auch schwer zu lernen, wie man Emotionen kontrolliert.
Es ist mutig und klug, die Erziehungsmethoden der eigenen Eltern aufzuarbeiten. Sie haben dem damaligen Wissensstand entsprechend ihr Bestes gegeben. Wir erhalten ständig neue Forschungsergebnisse über den Nutzen einer ermutigenden Erziehung und die Vorteile, über Gefühle zu sprechen. Es ist Zeit für eine neue Erziehung. Sie ist ein wertvolles Geschenk für das Wohlbefinden der nachfolgenden Generationen und ihre Entwicklung zu ausgeglichenen Erwachsenen.
Die Forschung hat gezeigt, dass eine »Zuckerbrot«-Erziehung dem Kind in vielerlei Hinsicht hilft und eine Erziehung »mit der Peitsche« ihm schadet. Aber auch ein übermäßiges Einmischen in das Tun des Kindes und das andauernde Beschwichtigen seiner Gefühle schaden ihm. Lassen Sie Emotionen zu, aber in einer sicheren Art und Weise!
Eltern der jüngeren Generation sind bereits weiter in ihren emotionalen Fähigkeiten. Sie haben mehr Zeit und wollen das Wohlbefinden ihres Kindes stärken. Kinder werden nicht mehr durch Strafen und Demütigungen zu pflegeleichten Gehorsamkeitsautomaten erzogen. Heutige Eltern sprechen über Gefühle und können ihre Emotionen viel besser kontrollieren als frühere Generationen. Auch Sie lesen gerade ein wichtiges Buch. Das ist großartig! Dafür verdienen Sie eine Ehrenmedaille.
Eltern fühlen sich aber auch leicht schuldig und unzureichend. Widersprüchliche und komplizierte Ratschläge verursachen Stress. Doch übertrieben besorgt und gestresst zu sein lohnt sich nicht und ist auch wenig hilfreich. Ganz im Gegenteil, gegen die eigene Person gerichtete negative Gefühle wirken lähmend. Überlegen und entscheiden Sie, welche Richtlinien zu Ihrer heutigen Denkweise passen. Verändern Sie eventuell nur eine Kleinigkeit im Monat und schreiben Sie sie als Gedankenstütze in Ihren Kalender.
Man kann immer von vorn beginnen. Es reicht aus, wenn Sie Ihr Bestes geben und die eigenen Fehler korrigieren. Es reicht, Neues zu lernen, soweit man es schafft und vermag, und sich gegebenenfalls Hilfe und Rat zu holen. Dieses Buch wird Sie begleiten und unterstützen.
Wertschätzen Sie sich! Stärken Sie Ihr Selbstbewusstsein als Eltern. Glauben Sie an sich als Eltern. Sie sind der beste Vater oder die beste Mutter und der wichtigste Mensch der Welt für Ihr Kind. Sie sind großartige Eltern, Sie wollen neue Dinge lernen und es richtig machen. Mit kleinen Schritten wird Ihnen das gelingen. Sie müssen nicht vollkommen sein, um zu genügen. Niemand kann alles und man kann nicht immer an alles denken. Kümmern Sie sich um sich, unterhalten Sie sich mit Freunden, entspannen Sie! Jeder von uns, egal ob Eltern, Kind oder Jugendlicher, verdient die Unterstützung von uns allen.
Überlegen Sie. Wer sind die Menschen, die mit Ihnen die Verantwortung als Eltern teilen? Schreiben Sie hier all diejenigen auf, die – und sei es auch nur ab und zu – auf Ihr Kind aufpassen und es mit erziehen. Schreiben Sie auch alle Personen auf, die Sie mit Ratschlägen und konkreter Hilfe unterstützen. Das Selbstwertgefühl hängt viel stärker von anderen Menschen ab, als wir oft denken. Also suchen Sie nach Ermutigung und Unterstützung. Wer sonst könnte Sie bei der Elternschaft im Alltag noch ermutigen und bestärken? Sie verdienen Informationen, Hilfestellung und Unterstützung. Ein Erwachsener, der den Alltag meistert und dem es gut geht, kann am besten für das Wohl seines Kindes sorgen.
Auf seine Stärken zu setzen verbessert die Fähigkeit, Neues zu lernen. Kennen Sie Ihre besten Seiten, dann verfügen Sie auch über das Selbstvertrauen, um sich neuen Dingen zu stellen. Auch solchen, die anfangs schwierig wirken. Rufen Sie sich frühere Erfolge in Erinnerung und die Gefühle, die Sie damit verbinden.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich selbst Medaillen zu verleihen. Sie sind wertvoll. Sie sind wichtig. In welcher Kategorie sind Sie Ihrer Meinung nach ein guter Vater oder eine gute Mutter? Sind Sie zum Beispiel neugierig und offen für neue Informationen? Sind Sie in der Lage, sich weiterzuentwickeln? Haben Sie viele Ideen? Verbreiten Sie Sicherheit? Sind Sie beharrlich, kreativ, liebend, herzlich, systematisch? Sind Sie ein guter Planer und Meister des Alltags oder ein lieber Tröster und ein interessierter Zuhörer? Verströmen Sie vielleicht Sicherheit und Stabilität oder stehen Sie für Schwung, Kreativität und sprudelnde Ideen? Fertigen Sie eine Liste Ihrer Stärken an oder malen Sie eine Ehrenplakette für sich. Überlegen Sie weitere Stärken, die Sie charakterisieren. Verleihen Sie sich den Heldenelternsuperpokal. Positionieren Sie die Liste/den Pokal an einem gut sichtbaren Platz, damit Sie diese immer betrachten können, wenn negative Gefühle die Oberhand gewinnen.
Ein Gefühl ist wie eine Welle. Wellen verändern sich unentwegt und sind in ständiger Bewegung. Eine Welle bäumt sich auf, verharrt eine Zeit lang am höchsten Punkt, sinkt dann wieder ab und verschwindet. Wellen kommen und gehen, ohne dass es unseres Zutuns bedarf.
Betrachten Sie die Gefühle und Gefühlsäußerungen Ihres Kindes aus dieser Perspektive. Wenn das Gefühl Ihres Kindes auf dem Höhepunkt ist, ist es eventuell besser, nichts zu tun. Gefühle sind gestattet und es ist in Ordnung, sie zu zeigen. Einem verzweifelten Kind muss immer geholfen werden. Wenn das Kind lernen soll, seine Gefühle zu zeigen und zu ertragen, dann müssen auch Sie die Gefühle, die das in Ihnen hervorruft, aushalten.
Häufig reicht es abzuwarten, dass die Welle abebbt und sich von allein beruhigt. Allerdings kann das Abflauen eines Gefühls auch unterstützt werden. Bleiben Sie bei Ihrem Kind, sofern es sich nicht zurückzieht, um sich zu beruhigen.
Gefühle brauchen nicht bestraft oder beseitigt zu werden, schon gar nicht die Gefühle der anderen. Gefühle brauchen nicht gefürchtet oder erstickt zu werden. Das Kind muss lernen, seine Gefühle auszuhalten und keine Angst vor ihnen zu haben. Das Wichtigste ist zu lernen, dass Gefühle vorübergehen. Sei es auf dem Kamm einer Gefühlswelle auch noch so unerträglich, das Gefühl wird bald nachlassen.
Hilfreich ist allein schon, wenn Sie als Elternteil lernen, auf einen Gefühlsausbruch nicht mit Panik oder Verärgerung zu reagieren. Das wirkt beruhigend auf das Kind. Ganz besonders sollten Sie vermeiden, selbst eine Gegenwelle zu starten. Wird mit viel Energie und Gefühl gegen die Gefühlswelle angekämpft, folgen unweigerlich ein Zusammenstoß und ein noch größerer Sturm.
Auch aufschäumende und wie eine Flut hereinbrechende Gefühle sind begreifbar und logisch. Gefühle haben immer einen Grund. Gefühlswellen brauchen nicht erstickt zu werden, aber die Gründe für ihren Ausbruch sollte man untersuchen. Auf keinen Fall sollten Sie über den kindlichen oder jugendlichen Zorn geringschätzig lachen! Gefühle sind eine Botschaft, dass etwas Wichtiges vor sich geht. Niemand würde sich die Mühe machen, sich über Dinge, die sinnlos und unbedeutend sind, zu ärgern – kein Kind, kein Jugendlicher und kein Erwachsener. Wichtige Dinge sind wichtig, also sind auch die durch sie hervorgerufenen Gefühle groß und gleichermaßen nachvollziehbar. Es lohnt sich, nach den grundlegenden Bedürfnissen, Werten und Gedanken hinter den Gefühlen zu suchen. Eine Sache, die für einen Erwachsenen vielleicht einerlei ist, kann für ein Kind von entscheidender Bedeutung sein.
Ein Kind auf dem Höhepunkt eines Gefühlsausbruchs steckt mitten in einer starken Stressreaktion, aus der es sich nicht immer selbst befreien kann. Dann muss ihm geholfen werden. Natürlich würde die Welle mit der Zeit auch von selbst abflauen, aber das Kind ist es wert, dass ihm geholfen wird. Auch Jugendliche brauchen oft unsere Hilfe.
Denken Sie daran, dass ein Kind oder Jugendlicher in einem starken emotionalen Erregungszustand nichts lernt. Jegliches Fragen, Erklären und Unterweisen sind in diesem Zustand zwecklos. Erst muss das Kind beruhigt und geschützt werden, damit es nicht sich selbst oder andere verletzt und nichts zerstört.
Je kleiner das Kind ist, umso wichtiger ist es, dass es seine Gefühle in Taten und physischer Aktivität ablassen kann. Hierbei können wir dem Kind helfen und es lenken. Oft gilt das auch noch für Erwachsene, aber sie haben hoffentlich auch andere Wege gelernt, damit umzugehen. Diese kann man sich aneignen, indem man langsam die Stufen der Aggression erklimmt.
Sprechen Sie mit dem Kind über die Dinge, die ihm wichtig sind. Fragen Sie es, was es denkt, was es sich wünscht und was es braucht. Hören Sie zu, was das Kind sagt. Auch wenn es nicht alles bekommen kann, was es sich wünscht, so ist doch der Wunsch an sich nichts Gefährliches oder Schlechtes. Lassen Sie sich als Eltern nicht von den Gefühlen des Kindes verunsichern und reagieren Sie nicht verärgert. Ein Gefühl ist nur ein Gefühl, und es wird vorübergehen.
Alle großen aufschäumenden Gefühle gehen irgendwann auch von ganz allein vorüber. Gefühle basieren auf der Neurochemie unseres Körpers, auf Hormonen und chemischen Botenstoffen. Überschäumende Gefühle verbrauchen Energie und verebben nach und nach von selbst.
Ein starker Gefühlszustand kann allerdings in die Länge gezogen werden. Es ist möglich, die Wut in sich anzustacheln, indem man an Dinge denkt, die einen wütend machen, oder wütende Menschen anstarrt. Allerdings lohnt sich das in der Regel nicht. Jeder kann sich bewusst entscheiden, ob er dem Gefühl freien Lauf lässt oder sich an das Gefühl klammert und es dadurch verstärkt.
Kein Gefühl, und sei es noch so heftig, hält das ganze Leben an.
Gedanken und Gefühle kommen und gehen als ein beständiger Strom. Sie wechseln und verändern sich wie das Wetter, die Wellen des Meeres, die Wolken am Himmel oder das Wasser in einem Bach. Der Rausch der Verliebtheit geht vorüber, aber das Lieben kann andauern. Ärger geht vorüber, aber das negative Gefühl gegenüber Menschen oder einer Sache kann bleiben.
Es lohnt nicht, sich hilflos von heftigen Gefühlen mitreißen zu lassen.
Es ist ratsam, verschiedene Gefühlszustände tolerieren zu lernen. Lassen Sie Gefühle zu, wenn Sie sie spüren. Betrachten Sie Ihre Gefühle wie eine Welle, die eine Zeit lang auf dem Höhepunkt ist und dann von allein wieder abebbt. Sagen Sie sich: »Es ist bald vorbei und wird leichter.« Betrachten Sie Ihr Gefühl wie einen Schritt von der Seite. Das macht es einfacher und beruhigt überraschend schnell und effektiv.
Benennen Sie Ihre Gefühle. »Das ist Wut. Das ist Angst. Einsamkeit. Ausgeschlossensein. Niedergeschlagenheit.« Indem Sie ein Gefühl benennen, betrachten Sie es gleichsam von außen und gewinnen Abstand zum erlebten Gefühl. Sie sehen die Qualität des Gefühls und können es charakterisieren. Manche nehmen ihr Gefühl als Vibrieren war, andere hören Musik. Alle Gefühle sind auch an irgendeiner Stelle des Körpers zu spüren. Nehmen Sie diese Dinge und Ihren Körper mit Abstand wahr. Akzeptieren Sie alle Gefühle und kämpfen Sie nicht gegen sie an.
Beobachten Sie die Reaktionen Ihres Körpers während eines Gefühlsausbruchs – unbeteiligt, aber neugierig. Erspüren Sie Ihre Erfahrung: »Mein Kinn ist angespannt und ich presse die Zähne zusammen. Mein Herz rast und hüpft. Auf meiner Stirn bilden sich Schweißperlen und ich habe rote Flecken im Gesicht. Hals und Brust sind wie zugeschnürt. Der Magen krampft. Das ist nur ein Gefühl und bald vorbei. Ein Gefühl ist nicht gefährlich.« Diese Ansprache hilft Ihnen, Ihr Gefühl von außen zu betrachten und sich zu beruhigen. Es ist, als ob ein guter Freund oder eine gute Freundin zu Ihnen spricht. Es ist die Stimme der Vernunft und hilft Ihnen, auch während des Gefühlsansturms die Oberhand zu behalten.
Sehen und erspüren Sie die Veränderungen in Ihrem Körper. Stellen Sie sich vor, Sie stehen neben sich und betrachten sich wie ein unbeteiligter Beobachter. Vermeiden Sie, mit Ihrem Gefühl eins zu werden, sich mit ihm gleichzustellen und sich auf es einzulassen, egal ob es sich um Wut, Angst, Scham, Schuld oder was auch immer handelt. Ermahnen Sie sich: »Ich bin nicht das Gefühl, das Gefühl ist in mir. Das Gefühl dauert nur eine Weile.«
Denn es ist wahr: Sie sind nicht das Gefühl, sondern das Gefühl ist in Ihnen. Gefühle kommen und gehen wie ein ununterbrochener Strom in Ihrem Inneren, wie das Wetter oder Wellen. Akzeptieren Sie, dass in Ihrem Körper und Ihrem Geist ein Gefühl wütet. Wenn Sie gegen das Gefühl ankämpfen oder es fürchten, zögern Sie es hinaus und machen es schwerer zu kontrollieren.
Wenn Sie Ihr Gefühl fürchten oder es ablehnen, stehen Sie in einem fortwährenden inneren Kampf. Das kostet unnötig Kraft. Ein sich anbahnendes Gefühl kann abgewendet werden, indem Sie Ihre Aufmerksamkeit statt auf negative auf positive Gedanken richten. Ist aber eine starke Gefühlswelle im Anrollen, beispielsweise Schuld oder Furcht, dann lässt sie sich kaum abwenden.
Eignen Sie sich Methoden an, mit denen Sie Ihr Gefühl aushalten können. Dann werden Kinder und Jugendliche diese emotionale Kompetenz von Ihnen lernen.
Üben Sie, Ihr Gefühl zu verstärken und es auszuhalten, wenn Sie sich in einer sicheren Umgebung, beispielsweise allein zu Hause oder inmitten einer großen Menschenmenge, befinden. Rufen Sie sich etwas möglichst Unangenehmes in Erinnerung. Lassen Sie es zu und verstärken Sie es.
Gefühle erscheinen uns häufig als unkontrollierbar und gefährlich, also fürchten wir sie. Ein Gefühl braucht und sollte aber nicht gefürchtet werden. Spüren Sie Ihr Gefühl! Es wird bald vorüber sein.
Schon bald können Sie spüren, wie das Gefühl an Kraft verliert, wenn Sie es verstärken und dabei die Reaktionen Ihres Körpers und Ihres Geistes beobachten und dem Gefühl entschlossen »in die Augen« schauen. Das Gefühl tut Ihnen nichts. Es ist nicht gefährlich. Es ist nur ein Gefühl. Sobald Sie aufhören, sich vor Ihren Gefühlen zu fürchten und sie zu leugnen, können Sie auch Ihrem Kind die Fähigkeit vermitteln, seine Gefühle zu kontrollieren, und es anleiten, seine Gefühle auszuhalten. Dann fällt es Ihnen auch leichter, selbst ruhig zu bleiben, während Ihr Kind einen Gefühlsausbruch durchlebt.
Überlegen Sie, ob Sie Ihrer Erinnerung auch etwas Positives abgewinnen können. Beispielsweise, dass Sie versucht haben, etwas richtig zu machen oder etwas zu schaffen. Dann schreiben Sie diesen ermutigenden und motivierenden Aspekt im Geist auf ein Etikett. Packen Sie die gesamte Erinnerung in ein Paket, befestigen Sie das Etikett darauf und befördern es ins Archiv Ihrer Erinnerungen. Wenn Sie sich später wieder daran erinnern, werden Sie immer auch das Etikett »Ich habe versucht, es zu schaffen« vor Ihrem geistigen Auge sehen. Ich bin beharrlich und habe es versucht, aber nicht alles gelingt immer. Lächeln Sie sich selbst und der Erinnerung einvernehmlich zu.
Im Leben von Kindern und Jugendlichen sind Gefühlsstürme besonders häufig. Sie sind Teil der Entwicklung. Gefühle werden am ehesten gegenüber Menschen gezeigt, die einem nahestehen. Daher kommen aufwallende und intensive Gefühlsausbrüche besonders häufig innerhalb der Familie vor. Das ist völlig normal.
Das Gehirn von Kindern und Jugendlichen erzeugt viele Gefühle. Sie durchlaufen Entwicklungsphasen mit Gefühlsstürmen, die, wenn sie erfolgreich überwunden werden, das Kind auf das ganze Leben vorbereiten. Man spricht von der emotionsgeladenen Trotzphase, die sanfter auch als Willensphase bezeichnet werden kann, und von der Pubertät. Die Chaosphasen sind allerdings individuell sehr unterschiedlich und hängen von den Eigenschaften und Lebensumständen des Kindes ab. Die verschiedenen Entwicklungsphasen werden im Kapitel Die Stufen der Aggression ab hier vorgestellt.
Kinder und Jugendliche erlernen und testen ihre emotionalen Fähigkeiten ständig. Kinder jeden Alters sind irgendwann trotzig und streiten sich, aber zum Glück vertragen und beruhigen sie sich auch wieder. Ein ununterbrochenes Trotz- und Streitverhalten hingegen sind ein Anzeichen dafür, dass es dem Kind nicht gut geht.
Anfangs sind die Kinder hilflos, aber glücklicherweise auch noch klein und können keinen großen Schaden verursachen. Deswegen sollten die Grundfähigkeiten schon vor dem Kraftzuwachs in der Pubertät erlernt werden. Die entscheidenden Phasen durchleben die Kinder im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren, wenn sie noch nicht sehr groß und auch nicht besonders kräftig sind. Anleitung, Hilfestellung und das Vorbild eines Erwachsenen helfen hierbei am meisten. Unterstützen Sie Ihr Kind und stehen Sie ihm zur Seite, dann sind Sie der beste Gefühlslehrer Ihres Kindes.
Gefühlsausbrüche und Ärger führen zu Situationen, in denen das Kind eine Vielzahl von Fähigkeiten erlernen kann, die ihm helfen, seine Gefühle zu kontrollieren und auszuhalten. Gefühlswellen insgesamt helfen, Gefühle besser zu ertragen, indem sie zeigen, dass man sie auch überstehen kann, ohne Schaden anzurichten.
Denken Sie immer daran, dass Kinder die Verhaltensweisen von Erwachsenen nachahmen, wie man handeln darf und sollte. Akzeptieren Sie, dass ein Kind noch unerfahren ist und erst übt. Gegen Unvermögen hilft Anleitung, nicht Bestrafung. Versuchen Sie selbst reif zu agieren und leben Sie dem Kind vor, wie man kompetent und gefühlstolerant eine Streitsituation meistert. Das ist, was das Kind am meisten braucht.
Viele versuchen, vor Gefühlen zu fliehen, sie abzuwehren oder gegen sie anzukämpfen. Schuld ist ein beängstigendes Gefühl, ebenso wie Furcht, Niedergeschlagenheit und viele andere. Ständige Unruhe des Kindes kann zumindest teilweise der Versuch sein, unangenehmen Gefühlen zu entfliehen. Dann sind emotionale Fähigkeiten gefragt.
Ein großes Gefühl braucht und kann nicht immer gebremst werden, so wie man auch eine Welle auf dem Meer nicht anhalten kann. Halten Sie die Welle aus und schützen Sie während der Welle Ihr Kind, sich selbst und die Umgebung, so wie in der Aufgabe Wie man den Ärger auflösen kannhier beschrieben. Dämmen Sie schädliche Gefühlsregungen ein und unterstützen Sie Ihr Kind darin, seine Gefühle auf andere Art und Weise auszudrücken. Ein Verbot ist nicht nur ein Verbot, sondern gleichzeitig eine Anleitung zu erlaubten Wegen, um seinen Gefühlen Luft zu verschaffen. Grenzziehung ist keine Sackgasse, sondern eine Richtungsänderung. Nicht das Gefühl ist falsch, sondern die Art, es auszudrücken, bedarf der Übung.
Es ist auch möglich, dem Kind Raum zu geben, um seine Gefühle rauszulassen. Das kann in solchen Fällen ratsam sein, wenn das Kind Stress, Müdigkeit oder Frust abbauen muss, wie zum Beispiel nach einem kräftezehrenden Schultag, einem Misserfolg oder einem anstrengenden Tag im Kindergarten.
All das kann sich auf nervtötende und unfaire Art und Weise entladen. Vielleicht beschimpft oder verletzt das Kind oder der Jugendliche andere und sein Rummotzen wirkt wie völlig überflüssiges Schikanieren. Dabei ist es gut und wichtig, dass es das zu Hause tut und seine miese Stimmung gegenüber seinen Eltern rauslässt. Oft gelingt es dem Kind dabei nicht, gerecht zu bleiben. Vielmehr richtet sich der Ausbruch gegen Menschen, die dem Kind Sicherheit geben und mehr oder weniger willkürlich ausgewählt werden. Für das Kind ist es schwer zu verstehen, woran es liegt, dass es sich schlecht fühlt.
Seien Sie für Ihr Kind diese sichere Bezugsperson, die den Ausbruch erträgt und aushält. Fragen Sie, was hinter dem Ausraster steckt und was die Ursache ist. Was braucht oder vermisst das Kind? Das hilft oft schon. Wenn Sie verstehen, dass ein Grund oder ein Bedürfnis dahintersteckt, wird es das auch selbst erkennen und zur Ruhe kommen.
Sicherheit ist immer eine gute Sache. Dafür reicht es oft schon zu beschließen, im Moment des größten Zorns nichts zu antworten. Nehmen Sie die Missstimmung Ihres Kindes wahr und denken Sie daran, der Grund sind nicht Sie, sondern etwas ganz anderes. Entscheiden Sie sich dafür, nicht verletzt zu sein.
Ein kleines Kind ist nicht gewalttätig, auch wenn es zuhaut. Das Kind hat anfangs nur keine anderen Mittel zu agieren. Glücklicherweise können Kinder lernen, ihre Handlungen zu steuern. Manche schneller, manche langsamer.
Was dem Kind jetzt hilft, ist ein entschiedenes Verbot, Blickkontakt und Berührung, ebenso wie konsequent die Schläge zu blockieren und ihm zur Seite zu stehen. Es kann notwendig sein, das Kind festzuhalten, um es am Schlagen zu hindern, aber keinesfalls darf man dem Kind wehtun.
Allzu heftige, zerstörerische Gefühlsausbrüche sind allerdings für niemanden gesund und aus ihnen lernt man auch nichts. Hier übernehmen unvernünftige Gefühle die komplette Macht im Gehirn.
Unter einem emotionalen Überfall wird ein übermächtiges, ungezügeltes Gefühl verstanden, z. B. ein Wutanfall, eine Panikattacke oder totales Ausflippen. Das Kind windet sich, schubst, läuft weg, schlägt oder erstarrt regungslos und ist wie gelähmt.
Das Emotionszentrum im Gehirn (das limbische System) übernimmt die Macht. Das Denkzentrum (der Frontallappen bzw. der präfrontale Cortex) ist ausgeschaltet. Das bewusste Denken ist abgekoppelt und die unteren, primitiven Gehirnregionen übernehmen die Kontrolle. Tobt ein Kind in einem totalen Wutanfall, ist sein Gehirn gleichsam im Fehlerzustand, wie bei einem Kurzschluss festgefahren. Das Gehirn schaltet in den Zustand der geschlossenen Notsteuerung. Die Fähigkeit, Probleme zu lösen und die Umgebung wahrzunehmen, ist geschwächt, Steuerung und Kontrolle fehlen. Ein Zustand, in dem Gefühle die Macht übernehmen, kann urplötzlich auftreten oder man kann langsam hineinrutschen.