Stepptanz - Helge Schneider - E-Book
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Stepptanz E-Book

Helge Schneider

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Beschreibung

Darauf haben seine Fans lange gewartet: Helge Schneider ist zurück als Buchautor, und damit auch sein Alter Ego Kommissar Schneider, der Alleskönner unter den Kriminalermittlern des Landes. Bei der Abgabe des Manuskripts für dieses Buch schrieb Helge Schneider an den Verlag: »Ich begann 2017 mit der Arbeit an diesem Bestseller. Es war mir klar, dass die Geschichte einschlägt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Recherchen waren aufwändiger, als ich mir vorgestellt hatte, denn das Schreiben war ein brutaler Wettlauf zwischen meiner Story und der Realität, die ja in atemberaubendem Tempo voranschreitet. Grismann, was für ein Intelligenzverbrecher! Johnny Espelkamp, was für ein dumpfer Mörder! Jerry Vogel, was für ein faszinierender, aber undurchsichtiger Tanzlehrer. Und der Kommissar Schneider – zu welch grandiosem Spürhund ist dieser Mann im Alter noch aufgestiegen! Unglaubliche Entwicklungen, man kann sich an den Zeilen nicht satt lesen. Aber ich will hier nicht zu viel verraten. Nur eins ist sicher: Nichts für schwache Nerven.  Dazu habe ich 18 draws (Zeichnungen) angefertigt, die das Gesamtbild der Ereignisse abrunden.«

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Seitenzahl: 164

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Helge Schneider

Stepptanz

Kommissar Schneider versteht die Welt nicht mehr

Mit 18 Zeichnungen des Autors

Kurzübersicht

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Titelseite

Über Helge Schneider

Über dieses Buch

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

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Über Helge Schneider

Helge Schneider, Autor, Musiker und Clown, geboren 1955 im Ruhrgebiet. Tritt regelmäßig auf den Bühnen dieses Landes auf und überrascht seine Fans stets mit neuen Einfällen. Nebenbei schrieb er bisher zehn Bücher in der KiWi-Taschenbuch-Reihe. Zuletzt erschien: »Orang Utan Klaus / Helges Geschichten« (2015). 2025 – Große Konzerttournee und Filmstart: »Ein Mann und seine Musik«.

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Über dieses Buch

»Ich begann 2017 mit der Arbeit an diesem Bestseller. Es war mir klar, dass die Geschichte einschlägt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Recherchen waren aufwendiger, als ich mir vorgestellt hatte, denn das Schreiben war ein brutaler Wettlauf zwischen meiner Story und der Realität, die ja in atemberaubendem Tempo voranschreitet. Grismann, was für ein Intelligenzverbrecher! Johnny Espelkamp, was für ein dumpfer Mörder! Jerry Vogel, was für ein faszinierender, aber undurchsichtiger Tanzlehrer. Und der Kommissar Schneider – zu welch grandiosem Spürhund ist dieser Mann im Alter noch aufgestiegen! Unglaubliche Entwicklungen, man kann sich an den Zeilen nicht sattlesen. Aber ich will hier nicht zu viel verraten. Nur eins ist sicher: Nichts für schwache Nerven.« Helge Schneider

Inhaltsverzeichnis

Es treten auf

Prolog

I. Kapitel

II. Kapitel

III. Kapitel

IV. Kapitel

V. Kapitel

VI. Kapitel

VII. Kapitel

VIII. Kapitel

Epilog

Es treten auf

Kommissar Yves Schneider

Frau Kommissar Jacqueline Schneider

Charlene Schneider – Tochter des Kommissars

 

Jérôme Grismann (eigentlich Klaus!) – genialer Chirurg, Elektrofachmann, multiple Persönlichkeit und Mörder

 

Professor Haberschlejm – Gerichtsmediziner

Franke – Chef des Technischen Dienstes

 

Johnny Espelkamp – Totschläger

Mutter Espelkamp – seine Mutter, auch Mörderin

 

Lydia Woirtz – Bezirksschornsteinfegerin

Bobby Sample (Robert Schmitz) – Hollywoodregisseur

Frau Pfaffenhauf – Kostümdesignerin

Peter Hellmann – Schneider

Andrea Poppen – Setdresserin

Herr Fischer – Gitarrenlehrer

 

Abu Kharsahri Ibn Said – Karawanenführer

 

Jürgen – Kioskbesitzer

Mohammed Nuri – Uhrenverkäufer und Trommler

Hans Mader – Gebirgsjäger

 

Jerry Vogel – Stepptanzlehrer und Hollywoodikone

 

Prof. J. Sauerhenry – Psychiater

Herbie Fields – Filmkomponist

Dirk Rutenberg – Security

Ibn al Kabhone – Körperhändler

 

Günter – TV-Kandidat

Jutta – TV-Kandidatin

 

Sven Svenson – Politrocker

Polizeipräsident – Polizeipräsident

 

Heinz – der von der Regenrinne geschubste Eismann

 

Rodriguez Faszanatas – Heiratsschwindler

Schwester Jolande – Nonne

 

Und viele, viele andere

Prolog

Kommissar Schneider saß in seinem nagelneuen Sportwagen, den er sich von seinem Weihnachtsgeld gekauft hatte, ein altes Nissan-Coupé, für 2500 Euro billig geschossen. Sogar mit FDP. Kommissar Schneider hatte ihn selber über den FDP gebracht. Er musste nicht viel machen, nur die Türen, an denen von unten der Rost unaufhaltsam nagte und durch die man in den Innenraum gucken konnte, etwas ausbessern und anschließend mit hellem Lack anmalen, es war dem FDP-Prüfer nicht aufgefallen.

Es war noch tiefe Nacht, als der Kommissar Schneider sich auf den Weg zum Präsidium machte. Kommissar Schneider hatte gute Laune. Im Präsidium erwartete ihn trotz der frühen Stunde schon Arbeit, aber davon wusste er da noch nichts.

 

In einem alten Behelfswohnhäuschen am Rande einer alten Industriebrache: »Johnny, hau ab! Das ist doch eine Schweinerei! Raus aus meinem Haus!«

Ihr Blick schweift über den Körper, der auf dem Küchenboden liegt. Mit einer klaffenden Kopfwunde quer überm Schädel, das Opfer stöhnt noch. Johnny haut ihm zweimal mit der flachen Schaufel über den Schädel, Blut spritzt an die Küchenlampe, das Stöhnen hört auf.

»Was willst du denn, Mutter? Ich mach das doch nur für dich!« Johnny wirft die Schaufel weg.

Im Fernsehen läuft noch Lanz. Mutter, die sich jetzt auf die Couch fläzt, nimmt die Fernbedienung und schaltet um.

»Diese Scheiße kann ich nicht mehr sehen!«

Im anderen Programm ist eine Hochzeitsdoku, gefällt ihr auch nicht. Sie schaltet erneut um.

»Grip, das Automagazin!« Das guckt sie, und sie isst dabei den Rest Salzstangen auf, der auf dem Couchtisch steht. Dann fuchtelt sie mit dem rechten Arm in Richtung Johnny, der anscheinend immer noch nicht abgehauen ist und im Erker neben dem Gummibaum steht und dumm guckt.

»Pack den verdammten Scheiß hier weg, ich will das hier nicht sehen.«

Johnny stöhnt. Er ist faul und sichtlich genervt. Dann beginnt er, sich an der Leiche zu schaffen zu machen. Er will sie aus der Küche ziehen. Jäh und mit Entsetzen übers ganze Gesicht lässt er davon ab.

»JOHNNY! Was hast du!?«

Mutter, die blitzschnell von der Couch aufgesprungen ist (das hätte man ihr gar nicht zugetraut!), schreit auf, als sie begreift, was los ist!

I.

Der Morgen graute. Vögel zwitscherten sich ihren Frost von den Federn, ein Wiesel verkroch sich im Unterholz. Kommissar Schneiders Nissan-Coupé flog mit quietschenden Reifen über den noch eisigen Asphalt in die Kurve. Der Kommissar hatte sich frisch gekämmt, sich ein wenig Öl ins Haar gerieben, er trug ein Hawaiihemd unter der US-Polizeijacke und rote Pferdelederslipper.

 

Im Hausflur brannte Licht.

 

Als der Kommissar in die kleine Straße einbog, wo der Mord geschehen war, sah er die mit Kameras und Mikrofonen bewaffnete Gruppe von Journalisten. So früh waren die schon am Platz? Das kann doch wohl nicht wahr sein!

»Das kann doch wohl nicht wahr sein!«, kam es dem Kommissar über die Lippen. Er trat auf die Bremse. Hier konnte er nicht weiterfahren. Hoffentlich hatte ihn noch keiner gesehen. Er konnte gerade noch seinen Wagen rückwärts setzen, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Dann parkte er in einer Seitenstraße. Ein Imbiss hatte bereits geöffnet, wohl in der Hoffnung, dass einer von den Zeitungstypen Hunger bekäme und eventuell ein Würstchen oder Pommes kaufen würde.

 

Der Kommissar kaufte sich einen Pappbecher mit dampfendem schwarzem Kaffee, ging über einen Feldweg um die Siedlung herum und betrat das Grundstück, auf dem der Mord geschehen sein sollte. Der Kohlenhändler, der zufällig Kohlen liefern wollte am frühen Morgen, hatte durch die offen stehende Tür das Haus betreten und die Leiche entdeckt. Von den Hausbewohnern fehlte jede Spur. Kommissar Schneider trat von hinten durch den ungepflegten Garten. Ihm fiel sofort ein merkwürdiger Geruch auf, metallisch, so wie Elektrosmog.

Als er den Wintergarten des kleinen Hauses betrat, verdichtete sich der Geruch. Er betrat das Wohnzimmer, ja, das sollte es wohl sein: eine Couch, ein Fernseher, der noch lief, und ein kleiner Cocktailtisch mit etlichen leeren Flaschen, Bier, Wein, Schnaps, alles, was man so trinken kann, wenn man dem Alkohol viel Platz in seinem Leben gibt. Die Wohnung war klein, und die Küche war praktisch ein Teil des Wohnzimmers. Auf dem Fußboden, direkt vor ihm, im Übergang zwischen Küche und Wohnzimmer, lag die Leiche. Zwei Polizisten saßen auf der abgeschabten Couch und rauchten.

»Machen Sie verdammt noch mal Ihre Zigaretten aus!«, herrschte der Kommissar die beiden an, die sofort aufsprangen und ihre Zigaretten in den auf dem Cocktailtischchen stehenden Aschenbecher stopfen wollten.

»Nein! Seid ihr wahnsinnig? Nicht da! Da sind vielleicht Spuren zu finden, ihr Idioten!«

Der Aschenbecher war randvoll gefüllt mit Kippen.

Die Polizisten verkrochen sich erst kleinlaut in den kleinen Erker des Zimmers, in dem ein Gummibaum sein Zuhause hatte. Dann gingen sie in die Küche und wollten ihre Zigaretten im Spülstein ausdrücken, auch das erlaubte der Kommissar nicht. »Ihr trampelt hier mit euren Polizeistiefeln ja alle Spuren kaputt!« Der Kommissar war außer sich. Die beiden gingen langsam Richtung Haustür, öffneten sie und traten dem Journalistenpulk entgegen, schnippten dabei ihre Zigaretten auf die Erde. Das war für die Fotografen ein Geschenk. »Polizist schmeißt einfach noch brennende Zigarettenkippe ins Gras!« könnte eine Überschrift werden.

Kommissar Schneider fiel eine Schaufel auf, die angelehnt an der Wand stand. Er nahm sie vorsichtig mit einem Tuch, das er aus der Jacke fummelte, und legte sie langsam auf die Couch. Dann nahm er sich die Leiche vor.

Der Kommissar hatte sich mühevoll dünne Gummihandschuhe übergestreift und beugte sich jetzt über das Opfer. Komisch. Die Person lag mit dem Gesicht nach unten auf dem abgelatschten Laminat. Sie war mit einem schwarzen Umhang mit Kapuze bekleidet. Als der Kommissar die Leiche umdrehen wollte, ging es ganz leicht! Kein Wunder! Die Leiche war hohl! Das heißt, ein paar Drähte, Kondensatoren, Widerstände und sonstige Elektroteilchen füllten den ganzen Körper aus. Das ganze Zeug sprang ihm mit einem »Sproiing« fast ins Gesicht! Alles Elektronik! Das heißt, jetzt handelte es sich um Elektromüll, wie der Kommissar sofort erkannte. Aber: Durch die Kopfwunde sah er das Gehirn, das war echt. Was war denn hier los?

»Was ist denn DAS hier!? Ich glaub, ich spinne!« Der Kommissar war wie vor den Kopf gestoßen. Er fasste, wie zufällig, an ein Handgelenk der Leiche, weil er sie ein zweites Mal umdrehen wollte. Es fühlte sich an wie Plastik. Womit hatte er es denn hier zu tun? Mit einer Puppe, die aus menschlichen Teilen und Elektronik bestand? Was sollte das denn darstellen? Wiederholte Fassungslosigkeit! So etwas hatte er in seiner langen Laufbahn noch nie gesehen. Er schaute sich irritiert um. Die beiden Polizisten guckten blöde und teilnahmslos aus ihren Uniformjacken heraus. Kommissar Schneider nahm den vorsintflutlichen Hörer von dem an der Wand im Flur befestigten Telefonapparat und wählte die Nummer der Feuerwehr. Er hatte nicht vergessen, wie man einen altmodischen Telefonapparat bedient. Dort wurde er zum Technischen Dienst durchgestellt, ein gewisser Herr Franke kümmerte sich um elektronische Belange. Man beschloss, zunächst nichts nach außen dringen zu lassen. Der Herr Franke würde sofort abkömmlich sein. Der Kommissar hatte jetzt ungefähr zehn Minuten Zeit, die Sache mit den Journalisten zu klären. Er trat kurz vor die Haustür und bat um Aufmerksamkeit.

»Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Presse, bitte haben Sie Verständnis, dass ich in der derzeitigen Situation keinerlei Auskünfte geben kann, ich muss zunächst den Tatort vollkommen sperren lassen. Bitte gehen Sie jetzt aus dem Bereich heraus und verlassen Sie am besten auch diese Ortschaft, wir werden Sie auf dem Laufenden halten! Es ist ein Fall eingetreten, der es erforderlich macht, den Katastrophenschutz mit einzubeziehen! Auf Wiedersehen! Für den Fall einer Nichtbefolgung meiner Anordnung werden Sie unverzüglich in polizeiliches Gewahrsam genommen!«

»Das ist kein Scherz!«, fügte der Kommissar noch hinzu.

 

 

 

Kleiner Waldweg. Johnny ist sichtlich aufgeregt unterwegs. Seine Mutter sitzt im Versteck, das die beiden sich nachts aus Ästen und Zweigen gebaut haben, danach haben sie es mit Rasenstücken überdeckt. Mutter friert. Johnnys Schritte werden schneller. Er hat vor, zur Polizei zu gehen und dort einfach mal nachzufragen, ob etwas Außergewöhnliches passiert ist im Ort heute Nacht.

Johnny stellt sich das ganz einfach vor. Er will so tun, als hätte er irgendetwas gehört, von irgendjemandem, den er aber nicht kannte. Man hätte ihm so was erzählt. Er will sich als »unwissend« darstellen. Dann könne man ihm ja nichts. Niemals würden die doch eine Verbindung mit ihm nachweisen können. Er hat alle Spuren verwischt. Das hat er mal im Fernsehen gesehen, wie man das macht. Es ist ja dann auch wohl kein Blut, was geflossen ist, denkt er noch, man könnte ihn höchstens wegen Sachbeschädigung anklagen, das wäre ja noch harmloser, als einen Hund totzutreten.

 

»Haha! Die sind sooo dumm!« Mit diesen Gedanken betritt er das Polizeipräsidium. Er denkt noch, wenn er einen LKW-Führerschein besäße, könnte er auch als Busfahrer arbeiten. Und dann würde er einen voll besetzten Bus zum Beispiel in den Alpen einfach einen steilen Abhang runterrasseln lassen, im letzten Moment mit, sagen wir mal, einem heimlich umgebundenen Fallschirm rausspringen und sich über die vielen Toten und Schwerverletzten, die dann da unten zwischen den Ästen oder Steinen eingeklemmt lägen oder rumkröchen, lustig machen! Johnny war ein Sadist. Er lacht innerlich, als er durch die Drehtür hüpft.

Wenig später klicken die Handschellen um seine Handgelenke. Das Landeskriminalamt hat einen Gedankenleser in der Drehtür installiert, das hat Johnny nicht gewusst.

 

 

 

Kommissar Schneider sitzt am Tisch. Seine Frau hat ihm Knödel gemacht, Rotkohl mit Pflaumen und dazu eine halbe Hausente. Kommissar Schneiders Lieblingsspeise.

»Meinst du, das hat irgendwas mit Politik zu tun?«

Die Frau Kommissar war wirklich ziemlich blöde.

»Was soll denn DER Scheiß, mein Hase?! Wieso Politik, ich erzähl dir hier was von, sagen wir mal, künstlicher Intelligenz, und du kommst hier mit so einem Quatsch! Mein Gott, wie naiv du bist, Hase!«

Der Kommissar hatte sich diesen Kosenamen für seine Frau ausgedacht, damit er nicht mal irgendwann zufällig einen falschen Frauennamen nennt, dann hätte er einen Riesenärger am Hals, das war klar wie Kloßbrühe.

Unvermittelt springt Kommissar Schneider auf und rennt ins Wohnzimmer.

»Verdammt, beinahe verpasst!«

Er springt aufs Sofa und fuchtelt mit der Fernbedienung des Fernsehers herum.

»Du weißt genau, dass ich immer ›Die Rasselbande‹ im Kinderfernsehen gucke! Und du sitzt da und machst gar nichts! Meine Güte!«

Der Kommissar ist aufgebracht. Seine Lieblingssendung ist für ihn die einzige Verbindung zum normalen Leben.

 

 

 

Johnnys Mutter sorgt sich. Wo bleibt denn Johnny? Sie kriecht in ihrem Versteck unentwegt von links nach rechts und zurück. Dabei malt sie sich aus, wie Johnny seine Motorradposter und die zwei Poster mit den Mädchen im Bikini, die sich unter der Sonne von Kalifornien entspannen, hier in diesem beschissenen Versteck versucht, irgendwie an die »Wände« zu pinnen. Und sie malt sich auch aus, wie sie diese ihr so verhassten Poster wieder abreißt und in tausend Stücke zerrissen im Papierkorb verschwinden lässt. Genau so hat sie es immer gemacht. Das einzige Foto, was sie im Zimmer ihres Sohnes zugelassen hat, war ein Foto von ihr selber, das sie in einem weißen Kleid, ihrem Hochzeitskleid, zeigt, allerdings fehlt die ganze linke Seite des Fotos. In ihrer Hand ist nur eine unbekannte andere Hand zu sehen. Schnipp, einfach abgeschnitten.

 

 

 

Kommissar Schneider bewegt seinen Zeigefinger immer wieder von oben nach unten über die Unterlippe, dabei klappt die Lippe immer kurz nach unten um und gibt einen kurzen Moment den Blick frei auf seine unteren Schneidezähne. Er sitzt schon seit Stunden an seinem Schreibtisch und schaut sich die Fotos aus der Rechtsmedizin an, eigentlich aus dem technischen Labor. Die »Leiche«, die in der Baracke abgeholt worden ist, ist zunächst zur rechtsmedizinischen Abteilung von Professor Haberschlejm gebracht worden, der diese ordentlich in ihre Einzelteile zerlegt hat. Der befand, dass es sich bei der Figur um Teile einer Schaufensterpuppe, um menschliches Gewebe, fast ganze Körperteile darunter, Elektronik und auch Gehacktes, handelsübliche Ware, handelte. Eine Schaufensterpuppe war sozusagen mit dem ganzen Zeugs vollgestopft worden. Anschließend ist das »Lebewesen« an die technische Werkstatt der Polizei übergeben worden. Dort hat man die elektronischen Teile untersucht und herausgefunden, dass ein paar Kondensatoren und Widerstände zwar im Fachmarkt erhältlich sind, bei zwei winzigen Transistoren jedoch fand man keinerlei Hinweise auf den Hersteller. Anscheinend ein Selbstbau! Das war schon außergewöhnlich. Die Herren vom Labor haben den Kommissar auch darauf hingewiesen, dass diese Teilchen eventuell radioaktiv oder sonst wie verseucht sein könnten, er müsse auf jeden Fall Vorsicht walten lassen, sollte er die »Leiche« noch einmal anfassen. Und er solle umgehend eine Blutuntersuchung bei sich machen lassen. Er könnte sich bei der Erstbetrachtung am Tatort eventuell kontaminiert haben. Auch Hautsporen sollten untersucht werden. Der Aschenbecher war auf jeden Fall schon mal voller Spuren von Nikotin.

II.

»Guten Morgen! Ich hätte gerne Lötdraht, wenn es geht verbleit.«

»Oh, das wird nicht möglich sein, der Herr. Verbleiter Lötzinn darf nicht mehr verkauft werden.«

»Hm, aber wenn Sie mir etwas schenken könnten, ich würde mich dann auch erkenntlich zeigen dafür, mit, zum Beispiel, einer Kleinigkeit, vielleicht Geld.«

»Das ist eine Möglichkeit, der Herr, ich bin kurz hinten.« Der Verkäufer im Elektronikfachgeschäft verzieht sich hinter den dreckigen Vorhang, der den privaten Teil vor dem Verkaufsraum schützt, denn der Besitzer wohnt hier auch.

Der Käufer wartet vor der Theke. Er trägt einen hellen Übergangsmantel mit Lederknöpfen, zweireihig. Seine Haare sind erst vor Kurzem geschnitten worden, ja, er kommt eigentlich gerade vom Friseur. Ein Auge ist etwas geschwollen hinter einer dickglasigen Brille. Scheint eine Allergie zu sein, denkt eine andere Kundin, die gerade den Fachhandel betritt. Sie trägt einen Chihuahua auf dem Arm. Der Köter knurrt. Der Mann dreht sich kurz um und mustert die Dame mit verächtlichem Blick. Da kommt der Verkäufer zurück, mit einem schwungvoll aufgeworfenen Vorhang.

»Hier, der Herr, Ihr bestellter ›Transistor‹!«

Das Wort Transistor zieht er auffällig lang, sodass es der Kundin eigentlich aufgefallen sein müsste. Doch die sagt zu ihrem Hund »Feiiiiiin!«, weil der sich hingesetzt hat. Der Herr nimmt den »Transistor« entgegen und überreicht dem Verkäufer den geforderten Betrag von 45,95 Euro, bedankt sich und geht. Jetzt ist die Dame dran. »Bitte schön, die Dame?«

 

Der Käufer des Lötdrahtes versteckt sich neben dem Fachgeschäft in der kleinen Seitengasse. Was hat er vor?

 

 

 

Kommissar Schneider liegt in der Badewanne. »Hase! Wasch mir den Rücken!«

Die Frau des Kommissars kommt mit einer Wurzelbürste angelaufen und beginnt, dem Kommissar den Rücken zu waschen, der Kommissar macht dafür einen Buckel. Er ruft nach dem Hund. »Rektor! Rektor! Komm bei Papa!«

Der deutsche Dackel kommt sofort angehumpelt. Er hat eine noch lebende Maus in der Schnauze.

»Lass das doch!« Der Kommissar wischt dem Dackel mit einer Handbewegung die Maus aus der Schnauze. Die Maus hüpft weg, wieder hinter die Wandvertäfelung. Frau Kommissar ist bereits laut kreischend auf die Waschmaschine gesprungen. Sie hasst Mäuse und hat außerordentlich Angst vor diesen kleinen possierlichen Tierchen.

 

 

 

Wenig später ist der Kommissar schon wieder unterwegs ins Präsidium. Dort wartet die Befragung des Verdächtigen auf ihn. Johnny sitzt mit ausgestreckten Armen am Verhörtisch im schalldichten Raum. Die Handschellen hat er abgenommen bekommen. Er hat in der einen Hand eine Zigarette. Das hat man ihm wohl erlaubt, denkt der Kommissar, als er den Raum betritt.

»Guten Morgen, Herrr … ääää…«

»Espelkamp, Johannes Espelkamp. Ich hab überhaupt nichts gemacht! Was soll ich hier?«

Der Kommissar setzt sich wortlos ihm gegenüber. Dann stiert er ihn lange an. Espelkamp soll nervös werden.

»Was soll das?!« Espelkamp wird ungehalten. Er zieht an seiner Zigarette. Bis er den Rauch störrisch auspustet, vergeht einige Zeit. Der Kommissar bleibt bei seiner Methode. Espelkamp beginnt zu reden.

»Ich wollte ja nur helfen! Der Kerl war plötzlich da. Und dann…«

Jäh unterbricht ihn der Kommissar: »WER war da? WAS haben Sie getan?!«

Espelkamp: »Wie jetzt? Was? Ich? Ich will nach Hause!« Schnell hat er begriffen, dass der Kommissar gar nichts weiß.

 

 

 

»Entschuldigung! … Kommen Sie … bitte, mir geht es … nicht … gut!«

Der Mann, der den verbleiten Lötzinn gekauft hat, liegt auf dem Boden in der kleinen Gasse, als die Kundin den Laden verlässt und an der Gasse vorbeigehen will. Sabber läuft ihm aus den Mundwinkeln.

»Hel … fen …«, mehr bekommt er nicht raus.

Die junge Frau will helfen und beugt sich über ihn, da schießen seine Arme förmlich aus dem Körper heraus und ziehen die Frau zu sich auf den Boden. Schnell den Wattebausch mit Chloroform ins Gesicht gedrückt, die Frau wird ohnmächtig. Der Mann muss jetzt schnell handeln. Er springt auf, nimmt die Frau unter den Achseln hoch und schleift sie ein Stück über den Bürgersteig zu seinem schon am Rinnstein wartenden Auto, ein blauer Lieferwagen. Er bugsiert sie auf den Beifahrersitz. Dann steigt er ein und fährt langsam weg. Den kleinen Hund lässt er einfach kläffend zurück.

 

 

 

Johnny kann nicht länger festgehalten werden. Die Sache mit dem Bus, den er in den Alpen den Abhang runterstürzen wollte – das hat man in der Drehtür aus seinen Gedanken gelesen –, konnte er widerlegen, er sagt dem Kommissar, dass es sich um ein Buch handele, das er schreiben will, und er denke sehr oft daran, wie er die Geschichte dramatisieren könne. Zu den Vorfällen im Haus an der Brache wisse er nichts. Er sei noch nie in dieser Gegend gewesen. Solange es noch keine verwertbareren Spuren gibt, kann der Kommissar auch keine Verbindung zu ihm feststellen. Vielleicht bringt ja die KTU