Stillleben mit Goldfischglas 2017 - Jochen Stüsser-Simpson - E-Book

Stillleben mit Goldfischglas 2017 E-Book

Jochen Stüsser-Simpson

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Beschreibung

Über Paula Modersohn-Beckers  "Stillleben mit Goldfischglas" , anlässlich der Ausstellung im Buccerius Kunst Forum: Paula Modersohn-Becker, Der Weg in die Moderne, Hamburg 2017.

Lyrisches Aquarium

Sommerflüchtlinge am bayerischen See

Blonder Hypochonder

Betrachtungen eines Goldfischs

Weintrinken am Plattensee

Im Wasser können wir uns verlieren - vor Aquarien, am See, am Meer. Oder: Vom Wasser haben wir's gelernt, auch wenn es manchmal nur unser Bild zurückspiegelt. Dennoch: Kein Sturm im Wasserglas!

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Jochen Stüsser-Simpson

Stillleben mit Goldfischglas 2017

Auf ein Bild von Paula Modersohn-Becker Lyrisches Aquarium Goldfisch-Betrachtungen und andere Wasser-Texte

Die Sterne flügeln an die Erde nach kleinen Schatten schnappt der Fisch Gottfried BennBookRix GmbH & Co. KG81371 München

Stillleben mit Goldfischglas 2017

 

Auf Paula Modersohn-Beckers Bild

Stillleben mit Goldfischglas 2017

 

Gehängt in ruhigem Raum des Kunst-Forums

auf weißgrauem Grund drei schlichte Gefäße, Aquarium

mit Stiel und drei roten Goldfischen

im Vordergrund, das Standglas höher als der rotbraune irdene

Krug mit der kleinen Blüte, eine Schale dazwischen, zu klein

fast für Früchte in Gelb und Orange, den gerundeten Rand überragend.

Ohnehin herrschend sind Rundes, Ringförmiges, Bauchiges – und

es wiederholt sich im Hintergrund der Stellfläche gebrochenes Weiß

ein Tisch gerückt an die Wand, mit Tuch bedeckt, das

zwischen Krug und Schale eine Falte wirft, hinführend

zu den dunklen Strichen einer Skizze an der Wand, Ausschnitt

eines weiblichen Aktes - und schwaches Licht von links fällt

in das Wechselspiel der Farben, wirft kleine Schatten, ihm entgegen

stehen die bewegten Fische - und Zwei und Eins gleich Drei

als wäre wie bei alten Griechen das Zahlverhältnis je Abbild der Welt

doch sind hier keine Himmelskörper, in Intervallen tönend, nur

einen kleinen Kosmos lenkt die Formel - die Farben, Formen, Blicke.

Von drei Gefäßen zwei sich gleichen, der Krug, die Schale in der Farbe

und – sich überkreuzend – in ihrer runden Form auch Glas und Krug

doch widerspricht die schwere Töpferware doppelt dem

lichtdurchspülten Glas. Und Zwei zu Eins bei Fischen wie bei Früchten

eine Zitrone neben den Orangenschalen am Standglasfuß wie in der kleinen Schale.

Dreifach die Sicht ins Goldfischglas, auf Fische, Wasser, durch es hindurch

auf Hintergrund. Kein Sturm im Wasserglas, aber Bewegung in einer

stillgestellten Welt. Stumme Fische sehen wir seitlich mit dichten roten

Farbflächen sich überschneidend – und 2:1 – einer kleiner rundlicher vorweg

schon an der Glaswand, sie berührend zur Wende bereit

sein Sein ist ihm unendlich .. ungefasst und ohne Blick .. auf seinen Zustand.

 

Und es wird laut, vom nahen Rathausmarkt einbricht eine Schülergruppe, entert

die Ausstellung, schwärmt aus, bis zum Signal der Lehrerin, Sich-Sammeln,

Kunstkurs Oberstufe, Smartphones aus, was spricht das Bild? Kein Bild

für ein Zoo-Fachgeschäft, das gäbe Ärger mit Tierschutzbund und WWF, zu klein

das Glas, es hat schon Stil, und nichts zu essen gibt es, alt sind Apfelsinen

und Zitronen, die Goldfische nur Deko, keine Matjes, munter sind die Schüler

beteiligt an dem Bild, die Fische stehen für Wasser, der Schmetterling für Luft,

wo siehst du einen Schmetterling, ach ja, zu viel ein Fühler und auch noch

grün, dann Blüte. Und keine Äpfel und Birnen? Die Früchte drücken

Sehnsucht nach Süden aus, es nebelt regnet in Worpswede so viel

wie in Hamburg. Und alle lauschen dem vorgelesenen Rilke-Gedicht, der achten

Elegie: das Offne, das .. im Tiergesicht so tief ist. Frei von Tod. .. Ihn sehen wir allein.

Kurz sei die Rede von Worpswede, referiert die Lehrerin, in seinem Buch hat Rilke

Paula nicht erwähnt und es entstand das Stillleben mit Goldfischglas nicht in

Worpswede, nein in Paris. Daran mitgemalt hat ein junger spanischer Maler, schmunzelt die

Lehrerin, aber das weiß keiner. Jetzt wissen wir es aber, sagt eine Schülerin.

 

 

 

Anlässlich der Ausstellung im Buccerius Kunst Forum: Paula Modersohn-Becker, Der Weg in die Moderne, Hamburg 2017. Das Stillleben ist im Netz vielfach verfügbar.

Lyrisches Aquarium

Lyrisches Aquarium

 

Und Kindern sollte man Aquarien schenken

die sanft beleuchtet sind mit fahlem Licht

sie werden langsam sich versenken

und tauchen ein in neues Gleichgewicht

in einen anderen Ort, in eine neue Welt

mit großen Augen werden sie dann schweben

und es verlieren sich Konturen beigesellt

den schönen Fischen träumerisch sie leben

wenn ihre Lippen leicht das Glas berühren

sind ganz bei sich sie und in eins

stirbt ohne Laut einmal ein Fisch werden sie spüren

dass dennoch Grenzen sind die Endlichkeit des Seins

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Printversion in: Wir Wölfe. Eine poetische Hommage an unsere Tierwelt. Hrsg. Franziska Röchter, Chili-Verlag 2016

 

 

Sommerflüchtlinge am bayerischen See