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»Du hast dich nicht ohne Grund vor mir gefürchtet. In mir schlummert ein Monster.« Phees Leben steht komplett kopf, seit sie um die Existenz magischer Wesen weiß. Gemeinsam mit dem Gargoyle Damian, ihrem steinernen Beschützer, flieht sie vor den Vampiren und Lichtwesen aus Prag. Dabei wird sie schwer verletzt. Um Phee zu retten, bleibt Damian keine Wahl als das absolut Verbotene zu tun ... aber er wird dadurch zu einem Menschen. Damians Hoffnung auf ein gemeinsames Leben mit Phee wächst – doch kann er sie ohne die Kraft der dunklen Kreatur in seinem Inneren noch beschützen? Begeisterte Leser*innen über den ersten Band der Stone-Beasts-Reihe: »Wooooow ..... Was für eine Geschichte. Ich mochte gar nicht aufhören.« »Ich bin begeistert von dem bildhaften Auftakt.« »Ich war sofort gefesselt.« »Seit dem Lesen steht Prag als Reiseziel ganz oben auf meiner Liste.« »Ich muss unbedingt wissen, wie es weiter geht!« //Dies ist der zweite Band der romantischen Urban-Fantasy-Reihe »Stone Beasts« von Raywen White. Alle Bände der Reihe bei Impress: -- Stone Beasts 1: Dämmerglanz -- Stone Beasts 2: Nachtglühen -- Stone Beasts 3: Morgenleuchten//
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Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
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Raywen White
Stone Beasts 2: Nachtglühen
»Du hast dich nicht ohne Grund vor mir gefürchtet. In mir schlummert ein Monster.«
Phees Leben steht komplett kopf, seit sie um die Existenz magischer Wesen weiß. Gemeinsam mit dem Gargoyle Damien, ihrem steinernen Beschützer, flieht sie vor den Vampiren und Lichtwesen aus Prag. Dabei wird sie schwer verletzt. Um Phee zu retten, bleibt Damien keine Wahl als das absolut Verbotene zu tun … und wird dadurch zu einem Menschen. Damiens Hoffnung auf ein gemeinsames Leben mit Phee wächst – doch kann er sie ohne die Kraft der dunklen Kreatur in seinem Inneren noch beschützen?
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Vita
© privat
Raywen White lebt gemeinsam mit ihrem Mann im Raum Frankfurt am Main. Erst 2014 entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Schreiben und erzählt nun Geschichten, in denen Liebe und Magie der Fantasie keine Grenzen setzen. Jedoch haben in ihrem Leben Bücher schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Es gibt nichts Schöneres, als in eine Geschichte einzutauchen und den Alltag vergessen zu können. Dieses Gefühl möchte sie auch ihren Lesern ermöglichen.
Sie wird sterben.
Die Welt schien in diesem Augenblick den Atem anzuhalten. Sein Herz war unfähig zu schlagen. Geschockt sah Damian auf die beiden hässlichen Wunden, wo sich der Noc in Phees Bein verbissen hatte. Als er das vampirähnliche Wesen von ihr fortgezerrt hatte, hatten dessen scharfe Reißzähne die Haut weit aufgerissen.
Sie wird sterben.
Er hatte das Gefühl zu ersticken, dennoch gelang es ihm nicht, tief Luft zu holen und den rettenden Sauerstoff in seine Lungen zu ziehen. Er konnte nur ungläubig auf die Verletzungen starren, aus denen langsam ihre Lebenskraft herausquoll, durch die Reste der hauchdünnen Strumpfhose sickerte und auf die Straße tropfte.
Selbst jetzt, wo sich eine rote Pfütze unter ihrem Leib bildete, die mit jedem Tropfen wuchs, reagierte sein Körper, verlangte nach ihrem Blut, dessen eisenhaltiger Geruch die Luft schwängerte. Sein Zahnfleisch juckte und seine Reißzähne wuchsen. Zugleich stieg ihm die Galle in die Kehle bei dem Gedanken, sie noch mehr zu verletzen. Er war ein Monster.
Das Blut schimmerte ölig. Schwarze Schlieren zogen sich hindurch. Bereits jetzt färbten sich die Adern von den Malen ausgehend dunkler. Das Gift drang langsam in ihren Blutkreislauf ein.
Sie wird sterben. Ihre Haut kalt und fahl werden und das Leben aus ihren Augen schwinden.
Ihr Lachen würde nie mehr erklingen.
Er hatte versagt. Hatte sie nicht beschützen können.
Sie war so schön. Schien nur zu schlafen. Ihre Lider waren geschlossen, sodass er das Strahlen in den Tiefen ihrer Augen nicht erkennen konnte, die sonst so klar waren wie Seen. Aber sie würde ihn nie mehr mit diesem Leuchten ansehen, als könnte er für sie die Sterne vom Himmel holen.
Zitternd strich er mit seinen Fingerknöcheln über ihre Wange. An seinen Klauen klebten noch immer die blutigen Hautfetzen seiner Gegner und ließen einen roten Streifen zurück.
Ich liebe dich.
Ihre letzten Worte hatten sich auf ewig in seine Seele gebrannt. Eiswasser rauschte durch seine Adern und ließ ihn frösteln. Heiße Flüssigkeit sammelte sich in einem Auge und quoll heraus. Verwirrt strich er über seine Wange und starrte fassungslos auf die Feuchtigkeit an seiner Fingerspitze. Eine Träne. Die erste in seinem Leben.
Er hätte es nie so weit kommen lassen dürfen. Hätte sich von ihr fernhalten sollen. Sie war nie für ihn bestimmt gewesen. Doch es war zu spät, das zu ändern. Er würde sie verlieren. Verzweifelt warf er den Kopf in den Nacken und stieß ein tiefes, schmerzerfülltes Brüllen aus.
Nein. Nein. Nein.
Er durfte sie nicht verlieren. »Phee, bleib bei mir. Bleib bei mir.«
Damians Herz tat einen kräftigen Schlag, bevor es in einen rasenden Galopp verfiel. Es war verboten, das Gift aus der Wunde zu saugen, aber das interessierte ihn in diesem Moment nicht. Was hatte er schon zu verlieren? Sein Leben? Wenn sie ihren letzten Atemzug tat, würde er ebenfalls sterben.
Sein Mund legte sich auf die beiden Wunden. Seine Reißzähne rieben sich an ihrer eiskalten Haut. Er nahm einen kräftigen Schluck. Sein Zahnfleisch pochte im Takt seines Herzschlags und die verführerische Süße ihres Blutes benetzte seine Zunge. Köstlich. Er musste sich zurückhalten, um das Blut nicht zu schlucken. Einzig der bittere Beigeschmack des Giftes hinderte ihn daran und erinnerte ihn bei jedem Saugen daran, es stattdessen auf den Boden zu spucken. Er saugte und spuckte. Das Einzige, was er jedoch erreichte, war, dass sich das schwarze Gift, das dunkel durch ihre Haut schimmerte, nicht weiter ausbreitete. Er nahm ihr nur mehr und mehr ihrer Lebenskraft. Ihr Herzschlag verlangsamte sich und die Farbe wich aus ihren Wangen. Ein wütendes und frustriertes Knurren kam aus seiner Kehle.
Am liebsten hätte er den Noc, der ihr das angetan hatte, noch einmal getötet. Mit jeder Sekunde, die verstrich, drängte sein Instinkt ihn, die Zähne tief in ihr Fleisch zu graben und mehr von ihr zu trinken. Er kämpfte dagegen an, doch er hatte kaum noch Hoffnung. Wusste nicht, was er sonst noch tun konnte. Zorn und Verzweiflung rissen ihm auch den letzten klaren Gedanken fort. Er wusste nur, dass er sie retten musste. Egal um welchen Preis und sei es sein eigenes Leben.
Noch bevor ihm bewusst wurde, was er da tat, durchstießen seine rasiermesserscharfen Zähne ihre Haut und die bittersüße Mischung aus Leben und Tod ran seine Kehle hinab. Er nahm ihren Geschmack in sich auf, der mit jedem Schluck reiner wurde, bis er nichts mehr von dem Gift wahrnehmen konnte. Der Drang, ihr Blut zu trinken, ließ seltsamerweise im selben Maße nach und er löste sich betroffen von ihrer kühlen Haut. Was habe ich getan?
Seine Brust hob und senkte sich, als wäre er einen Marathon gelaufen, während ihre bewegungslos blieb. Ihre Haut war so blass, dass er befürchtete, zu viel ihres Blutes genommen zu haben. Aber ihr Herz schlug noch, zart wie ein Flüstern. Er erschauderte, hoffte, betete, dass es nicht zu spät war.
Sein Blick fiel auf ihr Bein und ihm stockte der Atem. Die Wunde schloss sich bereits. Schneller, als es eigentlich normal war.
Behutsam tastete er sie nach weiteren Verletzungen ab. Die dunkelblaue Seide ihres Kleides war an den Rändern zerrissen, sonst fehlte ihr glücklicherweise nichts. »Bleib bei mir. Du schaffst das. Du bist stark.«
Sie konnten nicht länger hierbleiben. Es würden weitere Nocs auftauchen und wahrscheinlich war auch Kasimir bereits auf dem Weg zu ihnen. Mühsam erhob er sich, nahm vorsichtig das Wertvollste in seinem Leben auf die Arme und ging los.
»Bitte, bleib bei mir.« Sein ganzes Inneres verkrampfte sich. »Ich liebe dich auch«, hauchte er so leise, dass selbst der Wind ihn nicht hören konnte.
***
Ein winziger Streifen Licht tanzte vor ihren Augen. Nur eine Nuance heller als die Finsternis, in der sie trieb. Doch mit ihm kam auch der Schmerz. Baute sich wellenartig auf, traf sie und zerrte sie brutal an die Oberfläche ihres Bewusstseins.
Phee hörte ein Stöhnen, wusste aber nicht, ob es ihr eigenes war. Noch immer war alles dunkel. Ihre Lider waren so schwer, dass sie Mühe hatte, sie zu öffnen. Ihre Wange rieb über weichen Stoff. Kälte biss ihr in die Füße. Alles schaukelte. Sie bewegte sich. Nein, sie wurde getragen. Erneut ein Stöhnen. Diesmal war sie sich sicher, dass sie es ausgestoßen hatte.
Abrupt hörte die Bewegung auf.
»Phee?« So viel Gefühl lag in der Art, wie Damian ihren Namen aussprach. Eine unsichere Frage gepaart mit einer leisen Hoffnung, durchtränkt mit einem dumpfen Schmerz, der sie auch die letzten Reste ihres Dämmerzustandes abstreifen ließ. Durch das Netz ihrer Wimpern konnte sie sein Gesicht nur schemenhaft erkennen und sie bemühte sich, ihre Augen ganz zu öffnen.
»Damian.« Ihr Hals fühlte sich an, als steckten Kiesel darin.
Fest drückte er sie an seinen Körper. »Ich dachte, ich verliere dich.« Deutlich hörte man die durchlebten Qualen in seiner kraftlosen Stimme, aber auch Erleichterung.
»Was ist passiert?« Der Schmerz betäubte ihre Sinne. Alles drehte sich. Ihr Körper schien ihr nicht zu gehorchen.
Geräuschvoll sog er die Luft ein. »Die Nocs. Wir wurden angegriffen. Sie hatten uns umzingelt.«
Langsam kam die Erinnerung wieder. Das gierige Zischen. Die glühenden Augen, die sie hungrig anstarrten. Es waren so viele gewesen. »Du sagtest, ich soll hinter dir bleiben.«
Er nickte. Seine aufgewühlten Emotionen standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, das über und über mit Dreck beschmiert war. »Ich dachte, ich schaffe es, dich vor ihnen zu beschützen, aber …« Schuldbewusst sah er fort und schüttelte den Kopf. »Ich habe versagt.«
Verwirrt kräuselte Phee die Nase. Sie verstand nicht, warum er das sagte. Es war anstrengend, ihre Hand zu heben, doch sie schaffte es, mit den Fingerspitzen seine Wange zu berühren. »Du konntest nichts dafür. Sie waren in der Überzahl. Was war das überhaupt, das dich getroffen hat?«
»Nichts.« Sanft ergriff er ihre Hand und hauchte einen Kuss auf die Innenseite. Was er niemals getan hätte, wenn er nicht so durcheinander und in Sorge um sie gewesen wäre.
»Klar, das Nichts hat sich allerdings angefühlt, als wärst du von einem fahrenden Zug gerammt worden«, murrte sie und versuchte das Kribbeln zu ignorieren, was seine Lippen auf ihrer Haut ausgelöst hatten, und sich stattdessen aufzurichten.
Plötzlich schwankte er. Sie spürte die Erschütterung, als er gegen etwas prallte, das ihn daran hinderte, nicht umzukippen.
Ihr Magen zog sich zu einem Klumpen zusammen. Panisch klammerte sie sich an ihm fest. Ihr eigener Schmerz war vergessen. »Du bist verletzt.«
Erst jetzt, im fahlen Licht einer Lampe, erkannte sie, dass das in seinem Gesicht kein Dreck, sondern getrocknetes Blut war. Dunkel erinnerte sie sich an seinen Kampf gegen die Nocs. Wie seine Angreifer ihn mit Klauen und Zähnen verwundeten. Es war ein Wunder, dass er bei dem, was er hatte einstecken müssen, überhaupt noch aufrecht stand. »Lass mich runter«, forderte sie und stemmte sich gegen seinen Griff.
»Es ist kalt und du hast deine Schuhe verloren«, flüsterte er unzufrieden. Dennoch ließ er sie sofort hinab, was ihr nur zeigte, dass er längst am Ende seiner Kräfte war.
Ihr Bein knickte ein und sie war froh, dass er bereits an einer Wand lehnte, sonst hätte sie ihn wahrscheinlich mit sich zu Boden gerissen.
Seine Lippen pressten sich missmutig zusammen. Auch wenn er nichts sagte, stand in seinen Augen deutlich der Vorwurf »Siehst du, ich hatte recht«. Allerdings ließ das Schwindelgefühl genauso schnell wieder nach, wie es gekommen war, und sie konnte einen Schritt von ihm wegtreten.
Sein Anblick traf sie bis ins Mark und schmerzte sie mehr als ihre eigenen Wunden. Er war blutüberströmt. Seine Kleidung schien nur noch aus Fetzen zu bestehen. Der linke Flügel hing abgeknickt zur Seite und ein silbrig glänzender Stift steckte darin. Die Flughaut war bis zu den Knochen aufgerissen.
Entsetzt presste sie die Hand auf den Mund, konnte das Wimmern aber nicht unterdrücken. »Damian.«
»Mach dir keine Sorgen«, sagte er stoisch und drückte sich von der Mauer ab. Zischend sog er die Luft zwischen die Zähne. Er versuchte eindeutig das rechte Bein nicht zu belasten. Ein tiefer Schnitt zerteilte die Hose und auch sein Fleisch, aus dem noch immer Blut trat.
»Du verblutest und ich soll mir keine Sorgen machen?« Am liebsten hätte sie ihn geschüttelt. Und dann wie eine Mumie in Verbandsmaterial gewickelt und in ein Bett gepackt.
Er presste knurrend seine Hand auf eine Wunde an seiner Flanke. »Meine Verletzungen werden vollständig verheilen, sobald ich zu Stein werde. Also bitte hör auf, dir Sorgen zu machen.«
Es war so finster, dass sie sich kaum vorstellen konnte, dass die Sonne überhaupt jemals wieder aufgehen würde. »Und wie lange dauert es noch bis zum Morgengrauen?« Sie waren vielleicht gegen acht, spätestens neun vom Anwesen geflohen. Sie konnte nicht einschätzen, wie viel Zeit seitdem vergangen war. »Wo zum Teufel sind wir überhaupt?« Unsicher sah sie sich in der dunklen Seitengasse um. Ein Bauzaun sperrte ein großes Areal ab. Dahinter konnte man eine Straße erkennen. Halb auf dem Bürgersteig parkten einige Fahrzeuge.
»In nicht einmal einer halben Stunde geht die Sonne auf. Es wird alles gut werden.« Damians Mundwinkel wanderten schief nach oben. Wahrscheinlich sollte es ein Lächeln darstellen, das sie beruhigen sollte, allerdings hatte es den gegenteiligen Effekt.
»Wie lange war ich bewusstlos?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ein oder zwei Stunden.«
Ihre Augen wurden groß. »Hast du mich etwa die ganze Zeit getragen? In deinem Zustand?«
Er nickte. »Wir dürfen nicht zu lange stehen bleiben. Zumindest bis die Sonne aufgeht.« Erneut versuchte er sich in Bewegung zu setzen. »Sonst findet uns Kasimir … oder die Nocs.« Seine Lungen rasselten bei jedem Atemzug.
»Verdammt, du kippst gleich um.« Schnell schob sie sich unter seinen Arm, um ihn zu stützen, was jedoch nur zur Folge hatte, dass er vor ihr zurückschreckte. Beinah wären sie gemeinsam zur Seite gekippt, wenn er sich nicht erneut an der Mauer hätte abstützen können.
»Lass dir helfen«, beschwor Phee ihn.
»Du bist verletzt.« Die Worte klangen verwaschen, als würde er sich nur noch mit Mühe konzentrieren können.
»Ach, du etwa nicht? Mir geht es eindeutig besser als dir.« Überraschenderweise verspürte sie auch kaum noch Schmerzen, nur ein dumpfes Pochen im Knöchel, der beim Sturz umgeknickt war und wegen dem sie nicht vor dem Noc hatte fliehen können, der …
Sämtliches Blut sackte in ihre Beine und ihr wurde eiskalt. »Er hat mich gebissen.« Erneut überkam sie Übelkeit bei der Erinnerung an die schmatzenden und saugenden Geräusche, die das schmerzhafte Ziehen an ihrem Schenkel begleitet hatten. Sie hatte gedacht, sie würde sterben, als sich die Reißzähne wie Dolche in ihr Fleisch gebohrt hatten. »Wieso lebe ich überhaupt noch?« Damian wich ihrem Blick aus, als fühlte er sich schuldig. »Oder bin ich etwa tot und nun ein Geist?«
»Es gibt keine Geister.« Wäre sie nicht so geschockt, hätte sie über seinen verdatterten Gesichtsausdruck gelacht. So hatte sie jedoch das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. »Bis vor drei Monaten dachte ich auch, es gäbe keine Vampire oder Gargoyles.«
»Das sind keine Vampire, sondern Nocs und ich bin ein Soumrak.«
»Ernsthaft? Hör auf vom Thema abzulenken. Was hast du getan, um mich zu retten?« Sie fragte nicht, ob er es getan hatte, denn das stand außer Frage. Er würde sein Leben opfern, um sie zu beschützen.
Er schluckte und wich betreten ihrem Blick aus.
Ihr Magen zog sich fest zusammen. »Wie?« Wieso lebte sie noch, während Saskia gestorben war? Niemand hatte dem Mädchen geholfen. Niemand. Fest presste sie die Lippen aufeinander und kämpfte gegen die Verzweiflung, die sie damals überkommen hatte. Die Hilflosigkeit. Sie konnte noch immer Saskias Stimme hören, dünn wie Papier: »Töte mich.«
»Du hast mir das Gift aus der Wunde gesaugt.« Es war geraten, aber sein Gesichtsausdruck bestätigte ihre Vermutung. Ungläubig schloss Phee die Augen und schüttelte den Kopf, um die Tränen zurückzuhalten. Im ersten Moment war sie besorgt um ihn, dann wütend. So verdammt wütend. Nicht nur, weil er sich in Gefahr gebracht hatte. »Ich dachte, es sei verboten.« War es nicht das, was ihr Jaro damals erklärt hatte? Dass Saskia bereits tot sei? Dieser verdammte Mistkerl.
»Du wärst sonst gestorben«, sagte Damian tonlos. »Ich konnte das nicht zulassen. Ich durfte dich nicht verlieren.« In den warmen goldenen Funken in seinen Augen lagen tiefe und vielschichtige Gefühle für sie. Gefühle, die ein Flattern in ihrem Magen auslösten, aber auch dafür verantwortlich waren, dass er verletzt worden war.
»Entschuldige. Ich wollte dir keinen Vorwurf machen.« Tröstlich und zugleich Trost suchend lehnte sie sich an ihn und schlang ihre Arme um seine Mitte. Tränen der Frustration liefen über ihre Wange. »Du hast mir das Leben gerettet, entschuldige dich nicht dafür. Ich … Ich verstehe nur nicht, warum man sie nicht retten konnte.«
Sofort erwiderte er ihre Umarmung. »Shhh.« Seine Wange rieb über ihr Haar und er vergrub die Nase darin. »Hör auf, dich dafür verantwortlich zu fühlen.«
Wütend sah sie zu ihm auf. »Das tue ich gar nicht. Die Den und ihre bescheuerten Regeln sind daran schuld. Ihre Verbohrtheit und Ignoranz. Sie hätten sie retten können, so wie du mich gerettet hast.«
Seine Lippen strichen beruhigend über ihre Stirn, bevor er sie sanft von sich fortschob. »Wir müssen weiter.«
Dieses Mal ließ er es zu, dass sie ihn stützte. Was mehr über seinen desolaten Zustand aussagte, als es jedes Wort gekonnt hätte. Er humpelte und nutzte die Wand, um sich mit einer Hand aufrecht zu halten. Phee tat es in der Seele weh, ihn so zu sehen.
Zum Glück verschwanden die Schatten der Nacht tatsächlich langsam. Die Morgendämmerung wurde begleitet von dem Gesang einzelner Vögel, als sie durch einen weitläufigen Park humpelten. Bäume säumten den breiten und beleuchteten Weg, auf dem bereits einige Jogger unterwegs waren. Um nicht gesehen zu werden, schlugen sie sich in das Unterholz und innerhalb weniger Minuten schienen sie sich nicht mehr in der Stadt, sondern in einem kleinen Waldstück zu befinden.
Damian musste stehen bleiben, als er von Hustenkrämpfen geschüttelt wurde. Er ließ sie los. Sie versuchte ihn zu halten, doch sein Gewicht zerrte sie mit sich zu Boden, als er auf die Knie ging. Er versuchte es zwar vor ihr zu verbergen, doch Phee hatte das Blut bereits bemerkt, das er sich mit dem Handrücken vom Mund wischte.
Sie schluckte die Angst hinunter und sah sich verzweifelt um. Einerseits aus der Hoffnung heraus, etwas zu sehen, das ihnen half, andererseits, um nicht durchzudrehen bei Damians Anblick. Die Sonne ging bald auf, dann würde alles gut werden. »Wo sind wir hier überhaupt?«
Schwer atmend stützte er sich an einem Baum ab und setzte sich davor. Seufzend lehnte er sich mit dem Rücken dagegen. Dichte Hecken schränkten den Blick zu ihrem Versteck ein. »Ich glaube … Dresden.«
»Wir sind in Dresden?«, fragte sie überrascht.
Er nickte und konnte seine Augen kaum offen halten. »Ich habe dich so weit nach Norden gebracht, wie ich konnte.«
Seine sonst sinnlich raue Stimme, die für gewöhnlich ihr Inneres in Brand setzte, war so kraft- und hoffnungslos, dass alles sich in ihr sträubte. Eisige Panik schnürte ihr die Luft ab. Warum fühlte sich das an wie ein Abschied? »Damian. Was hast du vor?«
»Solange ich in Stein erstarrt bin, kann mich Kasimir nicht aufspüren. Sobald die Sonne untergeht, wird es jedoch nicht lange dauern, bis er mich findet. Du musst gehen.« Beschwörend sah er sie an.
»Ich verlasse dich nicht«, erwiderte sie trotzig und ging vor ihm in die Hocke.
Verkrampft lächelte er. »Ich finde dich. Egal wo. Ich bin ohne dich viel schneller.«
Es klang vernünftig. Als sie mit dem Motorrad aus dem Anwesen geflohen war, hatte er sie auch innerhalb kürzester Zeit nach Sonnenuntergang eingeholt. Aber was, wenn er das gar nicht vorhatte? »Versprich mir, dass du nachkommst.«
Er zögerte einen Moment.
»Versprich es mir«, bat sie erneut. »Ich weiß nicht, was ich ohne dich tun soll.«
»Ich verspreche es«, stieß er mühsam nach einigen Sekunden aus, in denen er sichtlich mit sich rang.
»Spiel nicht den Helden.« Verzweifelt schlang sie ihre Arme um seinen Hals, presste ihre Lippen auf seine. »Ich würde es nicht ertragen, wenn dir etwas passiert.«
»Mir wird schon nichts passieren.« Der Anflug eines Lächelns legte sich auf seine Lippen, aber er konnte ihr nicht einmal in die Augen sehen. Ihr Herz brach.
»Wenn du nicht eine Stunde nach Sonnenuntergang da bist, komme ich zurück und suche dich.«
»Tu das nicht.« Damian lehnte seine Stirn gegen ihre. »Der Morgen naht. Geh jetzt. Bitte.«
Unzufrieden löste sie sich von ihm und stand auf. »Ich warte, bis du vollständig versteinert bist.«
Man sah ihm deutlich an, dass er darüber nicht glücklich war, aber ihm fehlte offensichtlich die Kraft, das mit ihr auszudiskutieren. »Ich kann sie wittern. Die Sonne.«
Sie hatte noch nie gesehen, wie er zu Stein wurde. Verzweifelt biss sie sich auf die Lippen. Ein eisiger Wind strich durch die kahlen Äste und ließ sie schaudern. Der klare Himmel kündigte einen schönen Tag an. Im Osten färbten sich die wenigen Wolkenbänder rosa und gingen dann über zu einem kräftigen Rot und Orange.
Phee hatte das Gefühl, ihr ganzes Inneres würde selbst zu Stein erstarren, als die Sonne golden durch die kahlen Äste blinzelte. Es schien, als würde Damian ausbleichen, als würde sämtliche Farbe aus ihm gezogen. Er gab ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich. Hilflos suchte er ihren Blick.
Ihr Atem stockte, als sie das Entsetzen in seinen Augen bemerkte. Etwas stimmte nicht. Verzweifelt grub sie ihre Hand in die Brust. Seine Hörner und seine Flügel zerfielen plötzlich zu Asche. Wie bei den beiden toten Gargoyles. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können, doch dann verlor seine Haut das satte Grau von Basalt und färbte sich in ein warmes Braun, als hätte er stundenlang am Strand gelegen.
Es war, als würde die Wandlung in Zeitlupe ablaufen und ihr genügend Zeit geben, darauf zu reagieren. Doch sie war unfähig, das Ereignis zu begreifen, dessen Zeuge sie wurde. In ihrem Gehirn herrschte ein Vakuum, das keinen Gedanken zuließ. Ihr Mund stand fassungslos offen.
Sie konnte ihn nur verdattert anstarren, während er vor ihren Augen menschliche Züge annahm und bewusstlos zur Seite sackte.
Phees Beine gaben im selben Augenblick nach, wie Damians Körper regungslos liegen blieb. Ungläubig sank sie neben ihm auf die Knie. Er sah aus wie ein Mensch.
»Damian.« Vorsichtig legte sie ihre Hand auf seinen Oberarm. Seine Haut war ungewöhnlich warm, fast heiß. Die Kleidung, die sich normalerweise stramm über seine definierten Muskeln spannte, wirkte ausgeleiert. Seine Lider flatterten und seine Atmung war ungleichmäßig und von Schmerzenslauten begleitet.
Mühsam öffnete er die Augen einen Spalt. Obwohl sich seine rissigen Lippen bewegten, verstand sie kein Wort.
»Was?« Dicht beugte sie sich über ihn und brachte ihr Ohr an seinen Mund.
»Jetzt weiß ich … warum es verboten …« Er brach ab und erschlaffte. Ihr Herz setzte aus.
»Damian?« Verdammt. »Damian.« Er durfte nicht sterben.
Was mach ich nur?
»Damian! Bleib wach!« Das sagten sie doch meistens in den Filmen. Behutsam schüttelte sie ihn.
Noch immer trat Blut aus seinen zahlreichen Wunden. Er rührte sich kaum, sein Kopf hing wie ein abgebrochener Zweig zur Seite.
Krankenhaus. Er musste in ein Krankenhaus.
Sie schlang ihre Arme um seinen Oberkörper und versuchte ihn aufzurichten. Allerdings war er verdammt schwer. Ein Stöhnen erklang. Sie musste ihn irgendwie wach bekommen. »Damian.«
Ihre Finger zitterten.
»Was mache ich jetzt?«
Verzweifelt stand sie auf, fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und sah sich um.
Hilfe. Sie musste Hilfe holen.
Sie rannte los, doch noch bevor sie den asphaltierten Weg erreichte, der durch den Park verlief, blieb sie wie angewurzelt stehen. Was war, wenn er sich gleich wieder zurückverwandeln sollte? Oder, wenn sie ihn in ein Krankenhaus bringen würden und sie dort feststellten, dass sein Blut nicht normal war? Oder ihres? Was, wenn sie ihren Ausweis sehen wollten oder seinen?
Ihr Kopf schien zu explodieren. Ihre Gedanken ähnelten einem bunten Kaleidoskop, das sich sekündlich neu ordnete. Panisch begann sie auf und ab zu laufen. »Scheiße. Scheiße. Scheiße.«
Sie musste ihn hier wegbringen. Nur wie?
Fest presste sie ihre Handflächen gegen die Schläfen und ging zurück zu Damian. »Komm schon, Phee. Bleib ruhig. Du schaffst das.«
So wie sie waren, würden sie früher oder später von der Polizei aufgegriffen werden. Seine Kleidung war zerrissen, man konnte das viele Blut zwar kaum darauf erkennen, weil sie schwarz war, doch einer genaueren Inspektion würde sie nicht standhalten. Sie selbst sah auch nicht besser aus.
Auto. Sie brauchte ein Auto. Dummerweise lag ihr Führerschein, genauso wie ihr Ausweis und ihre Geldbörse, in der Nachttischschublade in ihrem Zimmer in Prag. Sie konnte sich daher schlecht ein Auto leihen, höchstens eins klauen.
Dachte sie jetzt allen Ernstes darüber nach, ein Auto zu stehlen? Die Antwort war eindeutig: Ja.
Besorgt hockte sie sich wieder neben Damian und strich ihm über die Wange. Seine Lider flatterten und erneut drang ein Stöhnen aus seiner Kehle, das ihr das Herz zerriss.
Sie mussten hier weg, egal wie. Das Problem war, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie ein Auto aufbrechen sollte.
Aber sie kannte jemanden, der das wusste. Sie musste ihn nur irgendwie erreichen.
Handy.
Hektisch tastete sie ihr Kleid ab, in das sie das Telefon gesteckt hatte, spürte die Kanten und eine Welle der Erleichterung traf sie. Wenigstens etwas. Sie nestelte es aus der versteckten Tasche, die auf Höhe ihrer Hüfte eingenäht war, und schaltete es an. Ohne lange nachzudenken, tippte sie auf die Nummer, die sie schon eine ganze Weile nicht mehr angerufen hatte, und wurde sich erst bewusst, was sie da tat, als nach zweimaligem Klingeln eine genervte und verpennte Stimme erklang. »Ja?«
Phee schluckte und fühlte sich von einem auf den anderen Moment so unsicher wie mit vierzehn, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war. »Hi, Thomas.« Ihr Atem bildete kleine Wölkchen in der Luft.
»Tinkerbell?« Sofort schien ihr Gesprächspartner hellwach zu sein. »Ich dachte nicht, dass ich noch mal was von dir höre, nachdem dich mein kleiner Bruder abserviert hat.«
Die Spitze saß und bohrte sich in ihren Stolz, der bereits in der Vergangenheit einiges von ihm hatte einstecken müssen. Offensichtlich hatte er sich keinen Deut verändert. Missmutig kräuselte sie die Nase. »Danke, dass du Salz in die Wunde streust.«
»Immer gerne.« Aus seiner Stimme konnte man das Grinsen heraushören. »Weswegen rufst du an? Ich denke mal nicht, dass du dort weitermachen möchtest, wo wir vor ein paar Jahren aufgehört haben.« In seiner Stimme, die einen sinnlichen Ton angenommen hatte, lag der Hauch einer Herausforderung, auf die sie auf keinen Fall eingehen wollte. Für seine Spielchen hatte sie keine Zeit.
»Du musst mir erklären, wie ich ein Auto aufbreche und es kurzschließe.«
Am anderen Ende herrschte für einen Moment Stille, bevor Thomas irritiert fragte: »Soll das ein Witz sein?«
»Ich muss hier weg und brauche ein Auto!«
»Bist du betrunken?«, hakte er ungläubig nach. »Ist dir eigentlich klar, wie gefährlich das ist? Du könntest dabei erwischt werden und in den Bau wandern.«
Damian gab ein Keuchen von sich und versuchte sich wieder aufzurichten. Seine Lider sanken immer wieder über seine trüben Augen und es fiel ihm sichtlich schwer, bei Bewusstsein zu bleiben.
Verzweifelt ballte sie ihre freie Hand zur Faust und schloss für einen Moment die Augen, um sich auf das Gespräch zu fokussieren. »Bitte, Thomas. Es ist wichtig.«
»Dann ruf dir ein Taxi oder lass dich von jemandem abholen. Den ganzen Scheiß habe ich längst hinter mir gelassen. Egal wie wichtig es ist, es kann nicht wichtig genug sein, dass du dafür deine Zukunft riskierst.«
Als ob ihn ihre Zukunft interessieren würde. Früher hatte es das jedenfalls nicht. Mit aufeinandergepressten Lippen begegnete sie Damians fragendem und zugleich besorgtem Blick, bevor sein Kopf wieder kraftlos zur Seite sank. Eine unsichtbare Hand schien ihr Herz zu zerquetschen. »Doch, das ist es.« Eine Welle aus Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit rollte über sie hinweg und nahm ihr fast sämtliche Energie. Ihre Stimme brach. »Ich weiß nicht, was ich sonst tun soll.«
»Wenn ich die Möglichkeit hätte, dann würde ich dich abholen, aber ich wohne mittlerweile in Leipzig«, sagte Thomas versöhnlich. Auch wenn er seine Worte wahrscheinlich nicht ernst meinte, wirkten sie wie ein Defibrillator, der ihre Hoffnung reanimierte.
»Das kannst du. Ich bin in Dresden.«
»Was? Was machst du denn da?«
»Das geht dich nichts an. Komm einfach her.«
»Ich soll dich durch die Gegend kutschieren, ohne dass ich fragen darf warum?« Er klang nicht begeistert.
»Ich habe dir damals den Arsch gerettet«, erinnerte sie ihn an eine Begebenheit, bei der er mal wieder Mist gebaut hatte. »Wenn ich dir damals kein Alibi verschafft hätte, säßest du längst im Knast.«
»Oh, die Karte spielst du?«
»Genau die.«
Einen Moment herrschte Stille am anderen Ende, bevor Thomas anfing zu fluchen. »Scheiße. Ich zieh mich an und komme. Wo bist du?«
»Keine Ahnung. Warte.« Genervt öffnete sie einen Messenger und sendete ihren Standort an Thomas. »Hab dir was geschickt.«
Den Seufzer, den er ausstieß, konnte man wahrscheinlich noch bis Halle hören. »Komm zu dem großen Eingangsbereich im Südosten. Ich sammele dich da ein.«
»Ich …« Er hatte bereits aufgelegt und ging auch nicht noch mal dran, als sie es erneut versuchte. Was wahrscheinlich auch besser war. Sobald er von Damian erfahren hätte, wäre er vielleicht nicht hergekommen. Wie sie es nun allerdings ohne seine Hilfe schaffen sollte, Damian zum Ausgang des Parks zu schleppen, war ihr ein Rätsel.
Er gab erneut ein Stöhnen von sich und sie war sofort bei ihm. Feine Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn. Mit den Fingerspitzen strich sie darüber und spürte die Hitze, die von ihm ausging. Es war, als würden die Krallen, die ihn verletzt hatten, nun ihr Herz attackieren. Aber sie durfte nicht resignieren. Nicht jetzt. »Damian. Du musst aufwachen. Wir müssen zum Südeingang des Parks.«
Fiebrig sah er sie an. »Lass mich hier.«
»Vergiss es.« Entschlossen schob sie sich unter seine Schulter und zerrte an ihm – es war, als versuchte sie einen Felsen zu bewegen. Grrrr!
»Phee.«
»Ich will nichts hören. Du kannst froh sein, dass es dir schlecht geht, sonst würde ich dir kräftig in den Hintern treten«, maulte sie und zog weiter an seinem massigen Leib.
Ein seltsames Glucksen erklang und brachte seine Brust zum Beben. Es klang wie ein Husten, aber es könnte auch etwas anderes sein. »Lachst du etwa?«, fragte sie ungläubig.
Statt zu antworten, versuchte er sich keuchend zu erheben.
»Mach langsam.« Sie stützte ihn so gut sie konnte, bis er wieder schwankend auf beiden Beinen stand. Sein Gewicht drückte sie beinahe zu Boden.
Einen Schritt nach dem anderen kämpften sie sich vorwärts und zurück zur Straße. Zumindest hoffte Phee das. So wie sie sich kannte, würden sie am Ende auf der komplett anderen Seite des Parks herauskommen. Sie entdeckte einen Trampelpfad, dem sie folgen konnten. Auf der platt getretenen Erde stolperte Damian nicht ständig über jede kleine Unebenheit und sie kamen zügiger voran. Dennoch wurde Damians Atem immer angestrengter und rasselnder. Ein Zweig knackte in der Nähe. Hundebellen erklang. Irgendwer kam ihnen entgegen. Schnell drängte sie ihn vom Weg, hinter die breiten Stämme einer Gruppe Ahornbäume, an denen sich Damian abstützen konnte, und presste sich dicht an ihn. Sollten sie doch bemerkt werden, würde man sie hoffentlich für ein Liebespaar halten und in Ruhe lassen.
Die Frau, die den Pfad entlangkam, sah jedoch nicht einmal in ihre Richtung, im Gegensatz zu dem Pekinesen, den sie Gassi führte. Zittrig zog das Tier den Schwanz ein, als es in einem weiten Bogen um sie herum seinem Frauchen folgte.
Erleichterung durchströmte Phee, sobald das Duo zwischen den Bäumen verschwunden war. Für einen Augenblick gab sie ihr nach und sank erschöpft mit der Stirn gegen Damians Brust.
Es war seltsam, denn es fühlte sich anders an – nicht nach ihm. Auch wenn er den Arm um sie legte, so fehlte das Gefühl von Sicherheit, das seine Umarmung ihr immer vermittelt hatte. Das beständige Pochen seines Herzens war einem unregelmäßigen Stolpern gewichen, das sie beunruhigte. Selbst sein Geruch war anders. Irgendwie rostig. Sein Atem rasselnd.
Verzweifelt richtete sie sich auf. »Sie ist weg. Wir müssen weiter.«
Damian ließ ohne Murren zu, dass sie ihm half. »Wenn du eine Pause brauchst, sag Bescheid.«
Er nickte kaum merkbar. So weggetreten, wie er war, bildete sie es sich vielleicht auch nur ein und er hatte sie gar nicht gehört. Immer wieder schwankte und stolperte er. Mit aller Macht stemmte sie sich gegen ihn, damit sie nicht stürzten. Trotz der Kälte liefen Phee Schweißperlen über den Rücken. Ihre bloßen Füße waren mittlerweile vor Kälte taub.
Als sie nach unten griff, um ihn besser halten zu können, glitten ihre Finger über etwas Feuchtes. Dunkelrot klebte das Blut daran. Ihr Herz vergaß einen Takt lang zu schlagen. »Setz dich.« Sie schob ihn zu einem moosbedeckten Baumstumpf.
An ihr nagten Hoffnungslosigkeit und das Gefühl, dass alles sinnlos war. Doch sie durfte diesen Emotionen nicht nachgeben und zusammenbrechen, denn dann wäre alles verloren. Entschlossen riss sie handbreite Streifen vom Saum ihres langen Kleides. Sie hatte keine Ahnung, ob das, was sie gerade tat, auch wirklich eine gute Idee war, da sie nichts zum Desinfizieren besaß. Aber es würde zumindest die Blutung stoppen. Hoffentlich.
Ihr blieb nichts anderes übrig, als zu hoffen.
Er stöhnte, als sie die behelfsmäßige Kompresse auf die blutende Wunde in der Nähe seiner unteren Rippenbögen drückte. »Es wird alles gut«, sagte sie mehrfach, während sie ihn verband. Sowohl zu ihm als auch sich selbst.
»Am besten ruhst du dich einen Moment aus«, schlug sie vor und richtete sich auf.
Er antwortete ihr nicht. Sein Körper erschlaffte und kippte vom Stumpf. Reflexartig wollte sie Damian auffangen und wurde halb unter ihm begraben. Tränen brannten in ihren Augen, aber sie schluckte sie runter und kämpfte sich unter seiner bewusstlosen Gestalt hervor. Sie durfte jetzt nicht die Nerven verlieren.
Verzweifelt rieb sich Phee über die Stirn und zog ihr Handy aus der Tasche, prüfte, ob sie in die richtige Richtung unterwegs waren und wie lange Thomas noch brauchen würde, bis er sie abholte. Mindestens noch eine Dreiviertelstunde.
Erneut traf sie eine Welle der Hoffnungslosigkeit, in der sie zu ertrinken drohte. Gleichmäßig atmete sie dagegen an und begann auf und ab zu laufen, bis sich das Gefühl wieder zurückgezogen hatte.
Ihre Nase war zu und sie zog sie hoch, kniete sich neben Damian und versuchte vorsichtig seine Verletzungen zu untersuchen. Es war so kalt, dass sie kaum noch ihre Finger spürte. Verzweifelt rieb sie sie aneinander. Zum Glück hatte er aufgehört zu bluten.
»Wir schaffen das«, sprach sie sich selbst Mut zu und rüttelte Damian sanft an der Schulter. »Hey. Wach auf.« Da er nicht reagierte, wurde sie rabiater. Als das auch nichts half, schlug sie ihm mit der flachen Hand leicht auf die Wange. Ohne seine Mithilfe würde sie nicht einen Meter weit kommen.
Orientierungslos blinzelte Damian und kniff die Augen zusammen, als würde ihm das helle Licht Schmerzen bereiten. »Phee?«
»Ich bin hier. Komm, wir müssen weiter.« Sie versuchte ihm aufzuhelfen, doch er weigerte sich mitzuarbeiten.
»Was ist … passiert?«, brachte er schwach hervor. Jedes Wort schien ihn anzustrengen. »Ich kann … meine Flügel … nicht bew…«
»Ich weiß«, unterbrach ihn Phee und versuchte den Kloß in ihrem Hals hinunterzuschlucken. »Du bist verletzt. Streng dich nicht unnötig an.« Offensichtlich war ihm nicht bewusst, dass er nun ein Mensch war. Wirklich verarbeitet hatte sie diese Tatsache auch noch nicht. Das musste jedoch erst einmal hintenanstehen. Mit gemeinsamer Anstrengung schafften sie es, dass Damian wieder auf die Beine kam und sie ihren Weg fortsetzen konnten. Immer wieder blieben sie stehen. Verschnauften.
Es schien, als wären sie bereits Stunden unterwegs, als die Motorengeräusche von fahrenden Autos in ihr Bewusstsein drangen. Mit jedem müßigen Schritt wurde das Dröhnen lauter. Zwischen den Stämmen der kahlen Bäume schimmerte das lackierte Metall hindurch.
Ihr Handy klingelte. Sie versuchte es aus der Tasche zu zupfen, aber es entglitt ihren vor Kälte tauben Fingern. Ihre Nerven lagen blank. Am liebsten hätte sie einfach geschrien, stattdessen dirigierte sie Damian zu einer knorrigen und mit Moos bewachsenen Kastanie und half ihm sich davorzusetzen. Er wirkte immer noch benommen. »Ich bin gleich wieder da.«
Er nickte schwach.
Sie schluckte und suchte ihr blaues Smartphone im feuchten Laub. Zum Glück klingelte es noch einmal und sie entdeckte es. Atemlos nahm sie das Gespräch an. »Ja?«
»Ich bin fast da. Ich komme von rechts. Der kleine dunkelblaue Golf mit dem verbeulten Kotflügel. Wenn die Ampel auf Rot ist, springst du schnell rein, okay?« Zwischen dem Waldstück des Parks und der Straße befand sich ein breiter Weg. Wie sollte sie Damian nur ungesehen in den Wagen schaffen?
»Thomas, du …« Aufgelegt. Frustriert sah sie auf das Display.
»Ich komme sofort wieder«, rief sie Damian zu und lief schnell zur Straße. Sie kam sich wie auf dem Präsentierteller vor und jeder starrte sie an. Vielleicht rief auch der ein oder andere Passant gerade die Polizei.
Phee stellte sich zur Ampel und blickte suchend in die Richtung, aus der Thomas kommen musste. Sie entdeckte den Golf erst, als er fast auf ihrer Höhe war, da er sich direkt hinter einem Lieferwagen befand.
Erstaunt öffnete sich Thomas’ Mund. Er war so fixiert auf sie, dass er erst im letzten Moment auf die Bremse trat, damit er nicht in den Transporter vor ihm krachte, der bei Rot gehalten hatte. Der Warnblinker ging an. Thomas stürzte aus dem Wagen, schlug die Fahrertür zu und rannte zu ihr.
»Scheiße, wie siehst du denn aus?« Schnell legte er einen Arm um ihre Hüfte und zog ihren über seine Schulter.
Es war verführerisch, sich einfach der Müdigkeit hinzugeben und sich auf ihn zu stützen. Wärme ging von ihm aus. Doch der Gedanken an Damian hielt sie aufrecht und sie schob ihn weg. »Du musst mir helfen.«.
»Deswegen bin ich ja hier. Komm, ich bring dich hier weg.« Er zog sie bereits zu seinem Auto. Die Ampel sprang auf Grün und eine genervte Huptirade ertönte. Sie ignorierte sie, stemmte sich gegen seinen Griff und packte seine Hand, als er sie verwirrt losließ. »Du musst mir helfen. Ich schaffe das allein nicht.«
»Du machst mir Angst«, bemerkte er unsicher, folgte ihr aber. »Verdammt, was ist passiert?«
»Wir hatten gesagt keine Fragen.«
»Du hast gesagt keine Fragen.«
»Hilf mir einfach«, drängte Phee und zog ihn zu Damian, der mittlerweile wieder bewusstlos war.
Erneut öffnete Thomas den Mund vor Erstaunen. »Scheiße. Der Kerl gehört in ein Krankenhaus. Und du eigentlich auch, so wie du aussiehst.«
Verzweifelt schloss Phee die Augen und rieb sich über die pochende Stirn. Nur noch pure Willenskraft, Adrenalin und ihre Wut hielten sie aufrecht. »Denkst du, dass weiß ich nicht?«
»Und warum gehst du dann nicht in eins. Er ist verletzt. Das hier ist verdammt ernst.«
»Wenn ich in ein Krankenhaus könnte, wäre ich längst in einem«, brüllte sie ihn an und versuchte nicht einfach zusammenzubrechen.
»Warum nicht? Ist er etwa ein Mafioso?«
Seinen Sarkasmus konnte er sich sonst wo hinstecken.
»Du siehst zu viele schlechte Filme.« Seine Vermutung war so abwegig, dass sie fast anfing zu lachen, doch dann kamen ihr plötzlich die Tränen. Sofort zog er sie in seine Arme und strich ihr beruhigend über den Rücken. »Hey. Es wird alles gut.« Zugleich schüttelte er ungläubig den Kopf. »In was für eine Scheiße ziehst du mich nur rein, Tinkerbell?« Seufzend schob er sie von sich und kniete sich neben Damian, um ihn sich näher anzusehen.
»Der Typ, mit dem er sich angelegt hat, muss echt ein Berg gewesen sein.«
»Es waren mehrere.«
»Ernsthaft? Du solltest die Polizei …«, begann Thomas, aber sie brachte ihn sofort zum Schweigen.
»Nein.« Sie dachte an Novák. »Einer von ihnen ist Polizist.«
Thomas befeuchtete sich nervös die Lippen. »Verdammt, wenn ich dir helfe, riskiere ich am Ende noch meinen Hals.«
»Als ob dich das früher gestört hätte«, erinnerte sie ihn. »Es wird nicht auf dich zurückfallen. Bitte!«
Beunruhigt rieb sich Thomas den Nacken. »Damit sind wir auf jeden Fall quitt.« Als er Anstalten machte, Damian mit sich hochzuziehen, eilte Phee an die andere Seite. »Warte, ich helfe dir.«
»Bei Drei. Eins. Zwei. Drei.« Gemeinsam hievten sie Damians bewusstlose Gestalt ihn die Höhe. Wobei Thomas den größeren Teil von Damians Gewicht schulterte. »Du hast schon immer auf Problemfälle gestanden«, maulte er.
»Nach dir hatte ich ihnen eigentlich abgeschworen«, gab sie spitz zurück.
Gemeinsam schafften sie es zum Auto.
»Öffne die Tür.« Schwer atmend lehnte er sich mit Damian an den Wagen, während Phee seinem Befehl nachkam. Danach lief sie auf die andere Seite des Fahrzeugs, stieg dort ein und half Thomas dabei, Damian auf den Rücksitz zu bugsieren. Er war so groß, dass er an ihrer Schulter lehnte. Thomas schloss die Tür, nachdem er es geschafft hatte, irgendwie Damians lange Beine komplett ins Auto zu verfrachten.
»Wo zum Teufel sind eigentlich seine Schuhe? Oder deine?«
Phee ging gar nicht auf seine Fragen ein. Offenbar hatte er auch nicht mit einer Antwort gerechnet, ging zum Kofferraum und öffnete ihn, statt einzusteigen. Die Ampel schaltete auf Grün. Erneut erklang ein Hupen und mischte sich mit dem satten Sound der modernen Anlage, über deren Boxen gerade irgendein vom Leben enttäuschter Sänger seinen Frust herausschrie. Wie gut sie mit ihm mitfühlen konnte.
»Wir sollten hier verschwinden«, sagte Phee, als Thomas noch mal ihre Tür öffnete.
»Was denkst du, was ich gerade vorhabe?«, rief er und eine hässliche braune Decke landete auf ihrem Schoß und auf Damians Gesicht.
Phee zupfte die verfilzte Wolle, die nach Diesel stank, zurecht, damit sie einen Großteil von Damians Körper bedeckte. Ein kleines rotes Päckchen fiel heraus. Ein Verbandskasten. »Danke«, bemerkte sie und konnte sich eine Spur Sarkasmus nicht verkneifen.
Er brummte, zog sich auch die Jacke aus und hielt sie ihr hin. Sie nahm sie und er warf die Tür lautstark zu. Die Ampel hatte längst wieder auf Rot geschaltet. Er stieg ein und fummelte an der Konsole rum. Das Geschreie aus den Boxen wurde durch das Surren der Heizung ersetzt. »Es wird gleich wärmer.«
Dabei kam ihr das Innere des Fahrzeugs schon sehr warm vor. Erleichtert ließ sich Phee in die weichen Sitze zurücksinken und schloss die Augen. Nur einen kurzen Moment. Sie spürte, wie der Wagen anfuhr.
Phee schreckte hoch, als ihr Kopf ohne ihr Zutun zur Seite sank. Es fröstelte sie, daher zog sie umständlich Thomas’ dunkle Jacke um ihre Schultern, um Damian nicht zu wecken. Ein lang vergessener männlicher Geruch traf ihre Sinne und Erinnerungen stiegen auf. Wie ihr Herz Purzelbäume geschlagen hatte, jedes Mal, wenn sie sich mit Thomas heimlich im Feld oder im Wald getroffen hatte. Er hatte oft seine Jacke um ihre Schultern gelegt, damit ihr nicht kalt war. Ihr Blick traf sich mit seinem im Rückspiegel und für einen Moment kehrte die alte Wut zurück, die sie lange Zeit verspürt hatte, weil er ihr damals so wehgetan hatte. In seinen grasgrünen Augen, die er mit Ben gemeinsam hatte, stand Sorge, aber auch eindeutig Frustration. Er sagte nichts und konzentrierte sich wieder auf die Straße.
Damian begann sich unruhig zu regen und gab eine Mischung aus Knurren und Stöhnen von sich. Beruhigend strich sie über sein Haar, das noch immer die Farbe von schwarzer Tinte besaß. Er zitterte.
Thomas bog von der Hauptstraße in einen Parkplatz ein und brachte das Auto zum Stillstand. Sie befanden sich noch immer in der Nähe des Parks.
»Was hast du vor?«, fragte Phee unsicher, als er ausstieg und die Tür auf Damians Seite öffnete.
»Ihn verbinden. Meinst du ich habe Lust, dass er mir die Sitze vollblutet oder mir auf der Fahrt verreckt?«
»Du bist ein Arsch.«
»Ich bin nur realistisch«, erwiderte er mit einem Grinsen und reichte ihr eine angebrochene Wasserflasche. »Das Zeug ist wahrscheinlich warm und schon abgestanden, aber das Einzige, was ich gerade habe. Sobald wir auf der Autobahn sind, halten wir noch mal an einer Tankstelle.«
Vorsichtig trank sie einen Schluck, verzog das Gesicht bei dem Geschmack von eingeschlafenen Füßen und nahm noch einen.
Thomas schlug die Decke zur Seite, betrachtete ihren provisorischen Verband und streckte ihr erwartungsvoll die Hand entgegen, in die sie den Verbandskasten legte. Er öffnete ihn, zog die Einweghandschuhe an und nahm die Schere heraus, mit der er erst ihre seidigen Verbände entfernte und dann auch Damians Shirt zerschnitt. Der Stoff klebte an der Haut und auch wenn Thomas sehr umsichtig vorging, um ihn zu lösen, zog er an einigen Stellen die Wundkruste mit ab.
Damian stieß ein Zischen aus, versuchte sich aufzusetzen und knurrte. Als sein Blick auf seine bloße, blutverschmierte Brust fiel, wurde seine Gegenwehr heftiger.
»Phee, halt ihn ruhig«, befahl Thomas gepresst, allerdings versuchte sie bereits Damian zurück auf ihren Schoß zu ziehen.
»Ruhig. Ganz ruhig«, sagte sie leise.
Damian schien sie erst jetzt zu bemerken. Er blinzelte gegen die Helligkeit an. »Phee?« Sein trüber, verwirrter Blick suchte ihren.
»Ich bin hier.« Zärtlich strich sie über seine Wange.
Für einen Moment vergaß sie Thomas’ Anwesenheit und verlor sich in dem warmen Braun seiner Augen, über denen ein grauer Schleier lag. Nach einigen Sekunden ließ sich Damian erschöpft zurücksinken. Er ergriff ihre Hand, die auf seiner Wange lag, und erwiderte schwach die Geste, während er zugleich misstrauisch zu Thomas sah.
»Er ist ein Freund«, erklärte sie.
Thomas zog bedeutungsvoll eine Augenbraue hoch.
»Sag nichts«, wies sie ihn an. Wortlos nahm sie eines der Feuchttücher aus dem Verbandskasten und begann einen Teil des Blutes aus Damians Gesicht und von seiner Brust zu wischen.
Damians Augen fielen zu. Sichtlich kämpfte er darum, bei Bewusstsein zu bleiben, dämmerte aber immer wieder weg.
»Das sieht mir nicht nach einer Prügelei, sondern eher wie eine Messerstecherei aus.« Fragend sah Thomas sie an, aber sie presste nur die Lippen fest aufeinander. »Verdammte Scheiße, in was bist du da nur wieder reingeraten, Tinkerbell?«
Damians Körper spannte sich an und sie presste ihre Hand auf seine Brust, damit er liegen blieb. »Was heißt hier wieder? Du tust geradewegs, als würde ich mich ständig in solche Situationen bringen, dabei warst du doch derjenige, der damals für die meiste Scheiße, in der ich steckte, verantwortlich war.«
Missmutig presste er seine Lippen aufeinander und drückte eine Kompresse auf eine der Wunden. »Hilf mir, ihn aufzurichten, ich muss einen Druckverband anlegen, um die Blutung zu stoppen.« Er arbeitete zügig und routiniert.