Strategisches Betriebliches Gesundheitsmanagement - André Schmidt - E-Book

Strategisches Betriebliches Gesundheitsmanagement E-Book

André Schmidt

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Beschreibung

Gesundheit beeinflusst die Leistungsfähigkeit und Produktivität. Gesunde Mitarbeiter sind daher ein Erfolgsfaktor im Wettbewerb. Viele Unternehmen haben dies inzwischen erkannt und ein Betriebliches Gesundheitsmanagement eingeführt. In der praktischen Umsetzung fehlt es jedoch häufig an Systematik und Nachhaltigkeit. Meist bleibt unklar, ob und in welchem Ausmaß die Aktivitäten zum Erreichen der Unternehmensziele beitragen. Um die Potenziale des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zur Steigerung des Unternehmenswerts auszuschöpfen, bedarf es einer passgenauen Strategie, die konsequent umgesetzt wird. Das bewährte Managementinstrument Balanced Scorecard unterstützt strategieorientiertes Handeln: Es übersetzt eine Strategie in ein ausgewogenes Ziel- und Kennzahlensystem und schafft damit einen Rahmen für den Managementprozess. André Schmidt adaptiert den Balanced-Scorecard-Ansatz für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Er zeigt verschiedene Möglichkeiten auf, gesundheitsrelevante Themen in die Balanced Scorecard einzubinden, und beschreibt die Schritte zur Entwicklung einer an das Betriebliche Gesundheitsmanagement angepassten Balanced Scorecard. Ferner erläutert er, wie Unternehmen dieses Instrument in ihr Managementsystem integrieren und damit ihr Betriebliches Gesundheitsmanagement strategisch ausrichten und steuern können. Schmidts Buch weist den Weg zu einem Betrieblichen Gesundheitsmanagement, das auch in der strategischen Unternehmensführung fest verankert ist. Mit Hilfe des hier skizzierten Balanced-Scorecard-Ansatzes kann dieses dem zunehmenden ökonomischen Legitimationsdruck standhalten und die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen in Zeiten des demografischen Wandels und einer sich verändernden Arbeitswelt sichern.

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ibidem-Verlag, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
2. Ziel und Aufbau der Arbeit
3. Gesundheit als Managementaufgabe
3.1 Definition von Gesundheit
3.2 Zusammenhang von Arbeit, Gesundheit und Unternehmenserfolg
3.3 Systematisierung gesundheitsbezogener Interventionen im Betrieb
3.4 Formen des gesundheitsbezogenen Handelns im Betrieb
3.5 Betriebliches Gesundheitsmanagement
4. Grundlagen der Balanced Scorecard
4.1 Entstehung des BSC-Konzepts
4.2 Grundmodell der BSC
4.3 Nutzenpotenziale der BSC
4.4 Bewertung des BSC-Konzepts
5. Anwendung des BSC-Konzepts im Betrieblichen Gesundheitsmanagement
5.1 Vereinbarkeit von BGM und BSC
5.2 Ansätze zur Integration von Gesundheitsaspekten in die BSC
5.2.1 Eingliederung in die klassischen BSC-Perspektiven
5.2.2 Erweiterung der BSC um eine Gesundheitsperspektive
5.2.3 Erstellung einer eigenständigen Gesundheits-BSC
5.2.4 Vergleich der Integrationsansätze und Klärung ihres Verhältnisses
5.3 Entwicklung einer Gesundheits-BSC
5.3.1 Schaffung eines organisatorischen Rahmens
5.3.2 Erarbeitung einer Gesundheitsstrategie
5.3.3 Festlegung des Perspektivenaufbaus
5.3.4 Übersetzung der Gesundheitsstrategie in ein ausgewogenes Zielsystem
5.3.5 Festlegung von Messgrößen, Zielwerten und Maßnahmen
5.4 Effekte der Integration einer Gesundheits-BSC in das Führungs- und Steuerungssystem
5.4.1 Unterstützung der Strategiekommunikation
5.4.2 Strategieorientierte Ausrichtung des Mitarbeiterführungssystems
5.4.3 Verknüpfung von strategischer und operativer Planung
5.4.4 Ermöglichung strategischer Kontroll- und Lernprozesse
5.5 Kritische Würdigung der Anwendung des BSC-Konzepts im BGM
6. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anmerkungen

Abkürzungsverzeichnis

Abb.Abbildung

Abs.Absatz

Abschn.Abschnitt

aktual.aktualisiert

ArbSchGArbeitsschutzgesetz

Aufl.Auflage

BDSGBundesdatenschutzgesetz

BGBl.Bundesgesetzblatt

BGFBetriebliche Gesundheitsförderung

BGMBetriebliches Gesundheitsmanagement

BSCBalanced Scorecard

bspw.beispielsweise

bzgl.bezüglich

bzw.beziehungsweise

DGFPDeutsche Gesellschaft für Personalführung

d. h.das heißt

DINDeutsches Institut für Normung e.V.

durchges.durchgesehen

EFQMEuropean Foundation for Quality Management

ENWHPEuropean Network for Workplace Health Promotion

erg.ergänzt

erw.erweitert

EStGEinkommensteuergesetz

et al.et alii

e.V.eingetragener Verein

EVAEconomic Value Added

1. Einleitung

Gesundheit ist nicht nur die persönliche Angelegenheit jedes Einzelnen, sie hat auch eine volks- und betriebswirtschaftliche Dimension. Im Jahr 2013 waren in Deutschland Arbeitnehmer im Durchschnitt 15 Tage arbeitsunfähig, was geschätzt zu Produktionsausfällen in Höhe von 59 Milliarden Euro und einem Ausfall an Bruttowertschöpfung von 103 Milliarden Euro führte (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2015, S. 1). Hinzu kommen Produktivitätseinbußen durch leistungsmindernde Gesundheitsbeeinträchtigungen bei anwesenden Beschäftigten, die noch höhere volkwirtschaftliche Kosten verursachen(vgl. Badura & Walter, 2014, S. 150; Steinke & Badura, 2011, S. 105). In diesen gesamtwirtschaftlichen Betrachtungen spiegelt sich das einzelbetriebliche Geschehen wider.

Der langfristige Erfolg eines Unternehmens hängt maßgeblich von seinen Mitarbeitern1 ab (vgl. Ringlstetter & Kaiser, 2008, S. 41). Insofern ist die Pflege der Humanressourcen ein zentraler Baustein zur dauerhaften Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Damit gerät auch die Gesundheit der Mitarbeiter ins Blickfeld einer nachhaltigen Unternehmensführung(vgl. Thul, 2009, S. 135–137). Hinsichtlich der gesundheitsbedingten Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz ist von einem Kontinuum auszugehen, auf dem die krankheitsbedingte Abwesenheit lediglich einen Extrempunkt markiert(vgl. Ueberle & Greiner, 2009, S. 56). Durch eine Verbesserung der Gesundheitssituation lassen sich daher nicht nur Fehlzeiten und deren Kosten senken, sondern auch die Produktivität der Anwesenden steigern. Diese Erkenntnis verleiht der betrieblichen Gesundheitsarbeit eine Bedeutung, die über gesetzliche Fürsorgepflichten und Aspekte der gesellschaftlichen Verantwortung hinausgeht. Sie wird zum Einflussfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg. Zugleich stellen zwei grundlegende Wandlungsprozesse die Gesundheitsarbeit vor neue Herausforderungen: Der Wandel der Arbeitswelt und der demografische Wandel.

Die Entwicklung zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft geht mit einer wachsenden Bedeutung von geistigen und interaktiven Tätigkeiten einher, die v. a. kognitive, emotionale und soziale Kompetenzen erfordern (vgl. Badura, Walter & Hehlmann, 2010, S. 16). Ein hohes Maß an Kooperation und Selbstorganisation sowie permanentes Lernen sind angesichts der zunehmenden Komplexität der Arbeit unerlässlich(vgl. ebenda, S. 19). Neue Kommunikationstechnologien erlauben orts- und zeitungebundenes Arbeiten und tragen damit zur Entgrenzung der Arbeit bei(vgl. Rudow, 2011, S. 31). Hinzu kommt eine Flexibilisierung der Beschäftigungsformen (z.B. Leiharbeit, befristete Beschäftigung) und Arbeitsstrukturen (z.B. Projektarbeit), was die Erwerbsarbeit instabiler und die Lebensplanung unsicherer macht (vgl. Becke, 2012, S. 280–283). Mit dem Wandel der Arbeitswelt verändern sich auch die arbeitsbedingten Erkrankungsrisiken(vgl. Badura et al., 2010, S. 19). Im Zuge dessen nehmen v. a. psychische und soziale Belastungsfaktoren zu. Diese werden – anders als physische Belastungen – vom traditionellen Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht adäquat erfasst. Angesichts dessen sind neue Ansätze für eine zeitgemäße betriebliche Gesundheitsarbeit erforderlich.

Ferner sind Unternehmen mit dem demografischen Wandel konfrontiert. Die Entwicklung der Altersstruktur in der Bevölkerung schlägt sich auch in der innerbetrieblichen Altersstruktur nieder. Das Durchschnittsalter von Belegschaften wird daher tendenziell ansteigen. Mit zunehmendem Alter steigt zwar nicht die Anzahl der Krankheitsfälle, jedoch nimmt die Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheiten je Krankheitsfall erheblich zu (vgl. Nöllenheidt & Brenscheidt, 2014, S. 40). Darüber hinaus ist bis 2060 in Deutschland mit einem deutlichen Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials zu rechnen(vgl. Statistisches Bundesamt, 2015, S. 20–26), was die Personalgewinnung erschwert und verteuert. Vor diesem Hintergrund wird es für Unternehmen immer wichtiger, die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit ihrer Beschäftigten langfristig zu erhalten.

Das Konzept des Betrieblichen Gesundheitsmanagements trägt diesen Entwicklungen Rechnung, indem es die betriebliche Gesundheitsarbeit auf eine neue Grundlage stellt. Entsprechend ihrem Bedeutungszuwachs wird die Gesundheit der Mitarbeiter – ähnlich wie Qualität oder Umwelt – zu einer Managementaufgabe, die Unternehmen unter Anwendung von Managementprinzipien bewältigen. Auf diesem Gebiet besteht Nachholbedarf, denn gegenwärtig fehlt es der betrieblichen Gesundheitsarbeit zumeist an Zielorientierung und strategischer Ausrichtung (vgl. Badura, Greiner, Rixgens, Ueberle & Behr, 2013, S. 159–160). Ferner mangelt es an Instrumenten, die das Betriebliche Gesundheitsmanagement durch eine transparente Darlegung seiner Erfolge betriebswirtschaftlich legitimieren können(vgl. Lück, Eberle & Bonitz, 2009, S. 83).

Um die Potenziale des Betrieblichen Gesundheitsmanagements in einen positiven Beitrag zum Unternehmenswert umzuwandeln, bedarf es zunächst einer klaren Strategie (vgl. Horváth, Gamm & Isensee, 2009, S. 127). Ein komplexes System wie das Betriebliches Gesundheitsmanagement lässt sich nicht ohne Weiteres strategieorientiert steuern. Hierfür ist ein umfassendes Ziel- und Kennzahlensystem erforderlich, das einen ganzheitlichen Ansatz ermöglicht und auf die Strategie ausgerichtet ist. Das Konzept der Balanced Scorecard verfolgt einen solchen Ansatz. Eine Anwendung des Konzepts im Betrieblichen Gesundheitsmanagement setzt eine Integration von gesundheitsbezogenen Inhalten in die Balanced Scorecard voraus. Mit diesem Aspekt befasst sich die vorliegende Arbeit.

2. Ziel und Aufbau der Arbeit

In der Literatur wird die Balanced Scorecard verschiedentlich im Zusammenhang mit der betrieblichen Gesundheitsarbeit erwähnt (vgl. Bienert & Razavi, 2007, S. 100; Fritz & Richter, 2011, S. 127; Hellmann, 2007, S. 336; Thiehoff, 2000, S. 130). Soweit sich Autoren mit einer Verbindung der Konzepte auseinander gesetzt haben, halten sie den Einsatz einer Balanced Scorecard im Betrieblichen Gesundheitsmanagement im Grundsatz für möglich(vgl. Ducki, Bamberg & Metz, 2011, S. 137–140; Uhle & Treier, 2013, S. 203–204; Ulich & Wülser, 2015, S. 226–227). Dagegen wird die konkrete Ausgestaltung dieser Verbindung selten thematisiert und kaum systematisch untersucht.

Angesichts dessen gab das im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin durchgeführte Projekt „Evaluation der betrieblichen Gesundheitsförderung mit Hilfe der Balanced Scorecard am Beispiel eines Unternehmens in der Automobilindustrie“ der Forschung in diesem Bereich wichtige Impulse (vgl. Horváth, Gamm, Möller et al., 2009, S. 73–190). Allerdings zeigt der Abschlussbericht weder auf, welche Gestaltungsmöglichkeiten die Balanced Scorecard zur Einbindung gesundheitsbezogener Inhalte bietet, noch, welche Effekte bei Einsatz einer Balanced Scorecard im Betrieblichen Gesundheitsmanagement im Einzelnen zu erwarten sind. Es fehlt damit weiterhin an einer systematischen Herleitung und Bewertung möglicher Ansätze, Gesundheitsaspekte in die Balanced Scorecard zu integrieren. Ziel der Arbeit ist es, diese Lücke zu schließen und die Balanced Scorecard durch die Integration von Gesundheitsaspekten für eine strategieorientierte Steuerung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements nutzbar zu machen. Hierfür werden der Arbeit drei forschungsleitende Fragen zugrunde gelegt.

Das Konzept der Balanced Scorecard sieht eine mehrperspektivische Struktur vor, die sich an die unternehmensindividuellen Erfordernisse anpassen lässt. Dies ermöglicht mehrere Varianten zur Einbindung gesundheitsrelevanter Themen. Die erste Forschungsfrage lautet daher: Welche Möglichkeiten bestehen, Gesundheitsaspekte in die Balanced Scorecard zu integrieren?

Entscheidet sich ein Unternehmen dafür, das Betriebliche Gesundheitsmanagement mit einer eigenständigen Balanced Scorecard auszustatten, erfordert dies eine umfassende Integration von Gesundheitsaspekten. Jedoch lassen sich Gesundheitsaspekte nicht ohne Weiteres in Balanced Scorecard-Inhalte umwandeln, zumal bei der Entwicklung der Balanced Scorecard die Gegebenheiten des Betrieblichen Gesundheitsmanagements berücksichtigt werden müssen. Dies führt zur zweiten Forschungsfrage: Wie wirkt sich eine umfassende Integration von Gesundheitsaspekten auf den Prozess der Entwicklung einer Balanced Scorecard aus?

Sofern die Erstellung einer Gesundheits-Balanced Scorecard gelingt, steht dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement ein neues Managementinstrument zur Verfügung. Um auf Managementprozesse einwirken zu können, ist die Gesundheits- Balanced Scorecard in die bestehenden Führungs- und Steuerungssysteme zu integrieren. Darauf bezieht sich die dritte Forschungsfrage: Wie wirkt sich die Integration einer Gesundheits-Balanced Scorecard in das Führungs- und Steuerungssystem einer Organisation auf Managementprozesse aus?

Die Arbeit fokussiert das Balanced Scorecard-Konzept im Kontext des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Bezüglich anderer populärer Managementkonzepte wie Lean Management, Six Sigma oder Business Reengineering sind weder inhaltliche Berührungspunkte mit dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement noch entsprechende Anwendungserfahrungen ersichtlich. Infolgedessen wird hierauf nicht weiter eingegangen.

Die Ausführungen sind in sechs Kapitel untergliedert. Nach der zum Thema hinführenden Einleitung (Kap. 1) werden Ziel und Aufbau der Arbeit beschrieben (Kap. 2). Sodann wird der Gesundheitsbegriff geklärt, gesundheitsbezogenes Handeln im betrieblichen Kontext erläutert und der Begriff Betriebliches Gesundheitsmanagement definiert (Kap. 3). Anschließend werden die Grundzüge des Balanced Scorecard-Konzepts skizziert und bewertet (Kap. 4). Darauf folgend werden das Betriebliche Gesundheitsmanagement und das Balanced Scorecard-Konzept zusammengeführt, wobei die strukturellen und prozessualen Implikationen dieser Verbindung im Mittelpunkt stehen (Kap. 5). Die Arbeit schließt mit der Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse sowie einem Blick auf zukünftige Entwicklungen ab (Kap. 6). Abbildung 1 veranschaulicht die Vorgehensweise.

Abb. 1: Gedankenflussplan der Arbeit (eigene Darstellung)

 

 

3. Gesundheit als Managementaufgabe

Nach der Zielsetzung der Arbeit sind Gesundheitsaspekte und BGM Bestandteil der Untersuchung. Daher wird zunächst dieser Teilkomplex beleuchtet. Das Kapitel beschäftigt sich mit dem Gesundheitsbegriff, dem Zusammenhang von Arbeit, Gesundheit und Unternehmenserfolg, den Einwirkungsmöglichkeiten von Unternehmen auf die Gesundheit ihrer Mitarbeiter sowie der Verbindung der betrieblichen Gesundheitsarbeit mit einem Managementansatz.

3.1   Definition von Gesundheit

BGM erfordert eine klare Vorstellung im Unternehmen, was unter Gesundheit zu verstehen ist (vgl. Ulich & Wülser, 2015, S. 27). Eine allgemeingültige Definition von Gesundheit gibt es nicht(vgl. Franke, 2012, S. 24; Hurrelmann & Richter, 2013, S. 119). Das traditionelle Gesundheitsverständnis beschränkt sich auf eine biomedizinische Sichtweise, wonach Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit definiert wird(vgl. Braun, 2004, S. 44–45). Dem liegt ein dichotomes Konzept zugrunde, d. h. Gesundheit und Krankheit werden als sich gegenseitig ausschließende Zustände betrachtet (vgl. Franke, 2012, S. 99). Die Definition wird dafür kritisiert, dass sie zum einen Gesundheit nur negativ abgrenzt, aber nicht positiv bestimmt und zum anderen psychosoziale Determinanten außer Acht lässt(vgl. Klotter, 1999, S. 44).

Große Verbreitung fand die Begriffsbestimmung der Weltgesundheitsorganisation, die in der Präambel ihrer Verfassung Gesundheit als “a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity” (World Health Organization, 1948, S. 100) definierte. Der Gesundheitsbegriff löste sich damit von einer ausschließlich biomedizinischen Sicht und wurde mehrdimensional bestimmt: Gesundheit umfasst eine körperliche, geistige und soziale Dimension (vgl. Hurrelmann & Franzkowiak, 2011, S. 101). Auch die Definition der WHO wird z. T. kritisch gesehen. Hauptkritikpunkte sind die Übertonung subjektiver Aspekte, die utopische Zielvorstellung eines völligen Wohlbefindens, die zu abstrakte Mehrdimensionalität sowie das statische Denken in den beiden Extrempolen Gesundheit und Krankheit (vgl. Hurrelmann & Richter, 2013, S. 118–119).

Auf dem Weg zu einem neuen Gesundheitsverständnis lieferte das salutogenetische Modell von Antonovsky (vgl. 1985, S. 182–197) wichtige Impulse. Der TerminusSalutogenese wurde als Gegenbegriff zur etablierten Pathogenese eingeführt (vgl. ebenda, S. 12–13).2 Während pathogenetische Ansätze die Entstehung und Entwicklung von Krankheit beleuchten, beschäftigen sich salutogenetische Ansätze mit der Erhaltung und Förderung von Gesundheit (vgl. Franke, 2012, S. 169). Von herausragender Bedeutung für die Entwicklung des Gesundheitsverständnisses waren die prozess- und ressourcenorientierte Sichtweise sowie die Abkehr vom dichotomen Konzept. An dessen Stelle trat das Konzept eines Kontinuums mit den Polen Gesundheit und Krankheit(vgl. Hurrelmann & Richter, 2013, S. 124–125).

Der Status einer Person im Gesundheits-Krankheits-Kontinuum ist kein stabiler Gleichgewichtszustand, sondern muss in der permanenten Auseinandersetzung mit krankmachenden Einflüssen immer wieder neu ausbalanciert werden (vgl. Bengel, Strittmatter & Willmann, 2001, S. 85; Franzkowiak, 2011, S. 298). In diesem dynamischen Regulationsprozess zeigt sich Gesundheit in der Fähigkeit, Ungleichgewichte zu bewältigen(vgl. Greiner, 1998, S. 44). Hierbei ermöglichen es individuelle und gesellschaftliche Widerstandsressourcen einer Person, mit den auf sie einwirkenden Reizen konstruktiv umzugehen, sodass diese ihr pathogenes Potenzial nicht entfalten können(vgl. Franke, 2012, S. 173–174). Die dabei entscheidende Moderatorvariable ist das Kohärenzgefühl, welches von der Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit bestimmt wird(vgl. Antonovsky, 1987, S. 16–22). Teilweise werden Ergänzungen dieser Trias für notwendig erachtet, z. B. eine Einbeziehung der Dimension der Emotionen (vgl. Badura, 2006, S. 27–28). Gleichwohl wird das Salutogenese-Modell in der Literatur überwiegend positiv bewertet(vgl. Hurrelmann & Richter, 2013, S. 126).

Vor diesem Hintergrund lässt sich Gesundheit als „Fähigkeit zur Problemlösung und Gefühlsregulierung, durch die ein positives seelisches und körperliches Befinden – insbesondere ein positives Selbstwertgefühl – und ein unterstützendes Netzwerk sozialer Beziehungen erhalten oder wieder hergestellt wird“ (Badura et al., 2010, S. 32) definieren. In diesem Zusammenhang vereint Problemlösungskompetenz die persönlichen Fähigkeiten zur Sinngebung, zum Verstehen und zur Bewältigung der eigenen Lebens- und Arbeitsbedingungen(vgl. ebenda, S. 32). Im Ergebnis wird damit der Gesundheitsbegriff positiv, biopsychosozial, mehrdimensional und prozessorientiert bestimmt, wodurch einem erweiterten Gesundheitsverständnis Rechnung getragen wird(vgl. Greiner, 1998, S. 40–45). Aufgrund dessen wird diese Gesundheitsdefinition auch der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt.

3.2   Zusammenhang von Arbeit, Gesundheit und Unternehmenserfolg

Gesundheit ist multideterminiert, d. h. sie wird durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt (vgl. Bamberg, Mohr & Busch, 2012, S. 131). Hierzu gehören z. B. die genetische Ausstattung, das Gesundheitsverhalten und die sozialen Beziehungen. Alle Lebensbereiche eines Menschen wirken sich auf seine Gesundheit aus – auch das Erwerbsleben und die dabei verrichtete Arbeit. In Abgrenzung zu Freizeitaktivitäten wird Arbeit hier als Erwerbsarbeit verstanden. Sie wird gegen Entgelt ausgeführt und steht typischerweise in einem institutionellen Kontext, der mit Aufgabenteilung und Hierarchie verbunden ist (vgl. Semmer & Meier, 2014, S. 561).

Der Einfluss von Arbeit auf die Gesundheit ist ambivalent. Einerseits erfüllt Arbeit psychosoziale Funktionen (z. B. Erfolgserlebnisse, Lernchancen, soziale Anerkennung, Kontakte) und leistet damit einen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit (vgl. Rigotti & Mohr, 2011, S. 70). Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sich bei Eintritt in die Arbeitslosigkeit die psychische Gesundheit oft verschlechtert(vgl. Hollederer, 2006, S. 221). Überdies wird der Arbeitslosigkeit ein unabhängiger kausaler Effekt auf das erhöhte Mortalitätsrisiko von Arbeitslosen zugeschrieben(vgl. ebenda, S. 220). Andererseits sind mit Arbeit auch Belastungen verbunden, die über negative Beanspruchungen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können.

In den deutschsprachigen Arbeitswissenschaften hat sich zur Belastungs-Beanspruchungsthematik ein weitgehend einheitliches Begriffsverständnis durchgesetzt: Unter Belastung werden alle Einflüsse verstanden, die von außen auf den Menschen einwirken (vgl. Semmer & Meier, 2014, S. 578). Die Auswirkungen der Belastungen auf den Menschen werden alsBeanspruchung bezeichnet (vgl. ebenda, S. 578). Im Arbeitsleben ist jeder Mensch mit einer Vielzahl an Belastungen konfrontiert, die bspw. von der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsumgebung ausgehen. Die jeweilige Beanspruchung hängt davon ab, wie der Einzelne mit der Belastung umgeht und diese bewältigt. Maßgeblich für die Bewältigungsmöglichkeiten einer Person sind die ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen. Hierbei können personale Ressourcen (z. B. Kohärenzgefühl), organisationale Ressourcen (z. B. Handlungsspielraum, Partizipationsmöglichkeiten) und soziale Ressourcen (z. B. soziale Unterstützung) unterschieden werden (vgl. Udris, 2006, S. 6–7).

Der Zusammenhang von Arbeit und Gesundheit erschließt die Gesamtthematik aus Unternehmenssicht nur unvollständig. Erst durch eine Verbindung von Mitarbeitergesundheit und Unternehmenserfolg wird die betriebswirtschaftliche Dimension von Gesundheitsaspekten einbezogen. Die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern wird maßgeblich von ihrer Gesundheit beeinflusst (vgl. Schraub et al., 2009, S. 107; Siller & Cibak, 2014, S. 157). Gesundheitsbeeinträchtigungen führen über eine verminderte Leistungsfähigkeit zu Produktivitätseinbußen(vgl. Schmidt & Kastner, 2011, S. 134–135; Schneider, 2010, S. 41) und finden somit im Unternehmensergebnis ihren Niederschlag. Abbildung 2 veranschaulicht dies.

Abb. 2: Zusammenhang zwischen Gesundheit und Unternehmenserfolg (eigene Darstellung)

Die aufgezeigten Zusammenhänge verdeutlichen, dass Gesundheit nicht mit Arbeitsfähigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne gleichgesetzt werden darf. Durch Gesundheitsbeeinträchtigungen ihrer Mitarbeiter entstehen Unternehmen stets Kosten, d. h. nicht nur im Falle der Abwesenheit (Kosten durch Fehlzeiten), sondern auch bei Anwesenheit3 der Mitarbeiter (Kosten durch verminderte Leistungsfähigkeit; vgl. Ueberle & Greiner, 2009, S. 56). Oftmals sind die Kosten krankheitsbedingter Einschränkungen der Arbeitsproduktivität deutlich höher als durch krankheitsbedingte Fehlzeiten(vgl. Steinke & Badura, 2011, S. 105). Letztlich ist jede Änderung des Gesundheitsstatus der Mitarbeiter erfolgsrelevant. Infolgedessen ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht rational, die Erhaltung und Verbesserung der Mitarbeitergesundheit zur Unternehmensaufgabe zu machen.