Suche Weihnachtsmann - Biete Hund - Petra Schier - E-Book

Suche Weihnachtsmann - Biete Hund E-Book

Petra Schier

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Beschreibung

Gesucht: Vorzeigbarer Weihnachtsmann zwischen fünfundzwanzig und vierzig. Biete: Hund samt Herrchen für gemeinsamen Lebensweg. Julia weiß gleich, dass das nicht gutgehen kann: Ihre Schwester überredet sie, eine Kontaktanzeige in der örtlichen Tageszeitung aufzugeben. Tatsächlich erhält sie viele Zuschriften – doch die sind alle an einen Mann gerichtet. Ein schlechter Scherz? Julia ahnt nicht, dass der Weihnachtsmann höchstpersönlich für die Verwechslung verantwortlich ist und nun mit allen Mitteln versucht, seinen Fehler wieder auszubügeln. Dabei wirbelt er Julias Liebesleben gehörig durcheinander, und am Ende kann nur noch einer helfen: der freche Schäferhund Nick.

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Table of Contents

Buchtitel

Impressum

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

Über Petra Schier

Petra Schier

Suche Weihnachtsmann – Biete Hund

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © 2012 by Petra Schier

7. Auflage, August 2022

Petra Schier, Lerchenweg 6, 53506 Heckenbach

www.petra-schier.de

Covergestaltung unter Verwundung von Adobe Stock:

© spaceshine

© Kindlena

© Ermolaev Alexandr

ISBN 978-3-96711-037-1

 

Alle Rechte vorbehalten.

Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin möglich.

 

Die Personen und Handlungen im vorliegenden Werk sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Erwähnungen von historischen bzw. realen Ereignissen, realen Personen oder Orten sind rein fiktional.

Erwähnungen von historischen bzw. realen Ereignissen, realen Personen oder Orten sind rein fiktional.

 

Prolog

 

»Autsch! Verflixt noch eins.« Der weißbärtige Mann rieb sich den Hinterkopf, der soeben schmerzhafte Bekanntschaft mit der Schreibtischkante gemacht hatte. Umständlich stand er auf und klopfte sich ein paar Papierschnipsel von seinem Arbeitsoverall, die vom Verpackungsmaterial seines neuen Computers übrig geblieben waren. Den größten Teil des Abfalls hatte seine Frau bereits entsorgt, doch solange er hier noch herumwerkelte, wollte sie ihn nicht auch noch mit dem Staubsauger stören. »Jetzt müsste es doch eigentlich funktionieren«, murmelte er vor sich hin und schaltete das Gerät ein. Als er ein Geräusch an der Tür vernahm, hob er den Kopf und lächelte dann erfreut. »Ah, du bist es, Elf-Eins. Wie sieht es aus, sind die Verpackungsmaschinen repariert?«

»Aber ja, Santa, alles fertig.« Der kleine Kerl an der Tür nickte so heftig, dass seine spitze Mütze wackelte. »Ich wollte fragen, ob die Server-Verbindung zur Fabrik jetzt endlich steht. Du weißt, es ist schon November, und wir haben nicht mehr viel Zeit.«

»Ich bin gerade dabei, den neuen Computer einzurichten«, antwortete Santa Claus – auch als Weihnachtsmann bekannt – und rieb sich erneut den schmerzenden Kopf. »Eine ziemlich knifflige Angelegenheit. Vielleicht hätte ich doch Elf-Dreizehn bitten sollen, mir dabei zu helfen. Aber er ist schon so damit beschäftigt, die Inspektion an meinem Schlitten durchzuführen, dass ich ihm diese Arbeit nicht auch noch aufhalsen wollte.« Er lächelte breit. »Ich glaube, ich habe es trotzdem geschafft, Elf-Eins. Du kannst also drüben in der Geschenkfabrik Bescheid geben, dass sie die Maschinen einschalten sollen.«

Elf-Eins, der dienstälteste Elf und Oberaufsicht über die Geschenkfabrik des Weihnachtsmannes, lächelte erfreut zurück. »Alles klar, bin schon unterwegs!«

Santa Claus blickte dem quirligen Elf-Eins amüsiert hinterher, dann warf er einen Blick auf den Bildschirm und nickte zufrieden. »Na bitte, das Programm läuft«, brummelte er vor sich hin. Er richtete ein neues Passwort ein und probierte dann ein paar der neuen Funktionen aus, die Elf-Dreizehn speziell für ihn programmiert hatte. Alles funktionierte vorschriftsmäßig, und mit dem größeren Arbeitsspeicher in dem neuen Computer lief das Programm auch viel schneller.

Die Gegensprechanlage neben ihm knackte. »Santa?«, hörte er die Stimme von Elf-Sieben, seinem Geschenkmaschinen-Ingenieur. »Wir sind jetzt so weit, die Maschinen laufen.«

»Na, dann mal los«, antwortete Santa, fuhr mit dem Mauszeiger über den Bildschirm und klickte den Button an, mit dem die Serververbindung aufgebaut werden sollte.

Im nächsten Moment summte es laut, und das Licht fiel aus.

 

1. Kapitel

 

»So, das wäre erledigt.« Mit einem zufriedenen Grinsen klickte Christine auf den Senden-Button des Online-Formulars, dann stieß sie sich von der Tischkante ab und drehte sich mit dem Schreibtischstuhl, auf dem sie saß, einmal um sich selbst.

Ihre um anderthalb Jahre ältere Schwester Julia hingegen kauerte mit eher kläglicher Miene auf dem Küchenstuhl, den sie sich an den Schreibtisch herangezogen hatte. Sie konnte Christines offensichtliche Begeisterung nicht so recht teilen.

»Glaubst du wirklich, diese Anzeige ist eine gute Idee?«

»Aber sicher doch!« Christine grinste noch immer, rollte jedoch ein Stück auf Julia zu und umfasste ihre Hände. »Mensch, wir haben das doch lang und breit besprochen. Du brauchst dringend einen Mann. Und damit du dir diesmal jemanden aussuchen kannst, der wirklich zu dir passt, versuchst du es eben mit dieser Partnerbörse. So richtig altmodisch mit Briefen, beigefügten Fotos und und und. Da kannst du dann ganz entspannt vom Küchentisch aus wählen, wer dir zusagt. Und glaub mir, die Art, wie ein Mann einen Brief schreibt, sagt eine ganze Menge über ihn aus. Wenn ich nur an Olivers Liebesbriefe denke ...« Sie verdrehte schwärmerisch die Augen.

Nun musste auch Julia lächeln. »Das ist ja auch was anderes. Oliver ist ein ebenso guter Werbetexter wie du. Natürlich wusste er genau, mit welchen Worten er sich bei dir anpreisen musste.«

»Na und?« Christine kniff Julia leicht in den Oberarm. »Immerhin hat er mich auf diese Weise vor den Traualtar gebracht.« Sie drehte sich zum Bildschirm ihres Computers um und wies auf die Versandbestätigung des Online-Anzeigenformulars. »Und diese Anzeige wird dich ebenfalls mit deinem Traummann bekannt machen. Das habe ich im Gefühl.«

Julias Miene verzog sich wieder skeptisch. »Ich weiß nicht. Mit solch einem Blödsinn?« Sie griff in das Ablagefach des Druckers und zog die Kopie des Anzeigentextes hervor, an dem Christine zuvor über eine Stunde gefeilt hatte. »Gesucht«, las sie vor. »Vorzeigbaren Weihnachtsmann – vorzeigbaren?« Sie schüttelte den Kopf.

Christine lachte.

»Du willst doch keinen Quasimodo, oder?«

»... vorzeigbarer Weihnachtsmann zwischen fünfundzwanzig und vierzig, Nichtraucher, der meine Leidenschaft für fröhliche Familienfeste nicht nur teilt, sondern selbige mit seiner Anwesenheit auch dauerhaft bereichert.

Wenn du bereit bist, zukünftig jedes Weihnachtsfest mit mir, 28/175cm/blond/schlank/selbstständig, zu verbringen und natürlich auch die Zeit dazwischen mit Zweisamkeit zu füllen, so melde dich bitte mit Foto unter Chiffre ...« Julia ließ den Ausdruck sinken. »Ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?«

»Auf gar keinen Fall«, widersprach Christine energisch. »Du suchst doch einen Mann fürs Leben und keinen windigen Schlawiner. Und das machen wir mit diesem Text ganz deutlich klar.«

»Aber einen Weihnachtsmann?«

»Mensch, Julia, in nur knapp acht Wochen ist Weihnachten. Und dass du Fantasie hast, wollen wir doch auch durchblicken lassen, oder nicht?« Christine zwinkerte vergnügt. »Nun komm schon, mach ein anderes Gesicht! Du wirst sehen, wenn die Anzeige am Montag erscheint, wirst du dich vor Zuschriften gar nicht retten können.«

Julia zuckte mit den Schultern. »Wie du meinst. Zumindest wird es eine interessante ...« Sie zuckte zusammen, als plötzlich das Licht ausfiel und der Computerbildschirm schwarz wurde. »Was ist denn jetzt los?« Alarmiert sprang sie auf. Doch im nächsten Augenblick flammte die Lampe an der Zimmerdecke schon wieder auf, und der Drucker gab ein Piepsen und dann einen Summton von sich.

Christine betätigte rasch den Schalter am Computer und ließ ihn erneut hochfahren. »Nur ein kurzer Stromausfall«, meinte sie und wartete geduldig, bis das System wiederhergestellt war. »Ich hoffe, das war eine einmalige Sache. Ich muss nämlich gleich noch arbeiten.« Sie stieß Julia scherzhaft an. »Und du gehst jetzt nach Hause und schaust in deine Mailbox, ob die Zeitung dir schon die Chiffre-Nummer zugemailt hat!«

Julia nickte und trug ihren Stuhl zurück in die Küche. »Wir sehen uns«, rief sie ihrer Schwester aus dem Flur zu, doch diese schien bereits in ihre Arbeit vertieft zu sein, da sie statt einer Antwort nur etwas Unverständliches brummelte. Achselzuckend verließ Julia das Haus und ging die wenigen Schritte durch den Vorgarten des Neubaus hinüber zu ihrem eigenen Haus. Ein kalter Wind pfiff durch die Straßen der Kleinstadt und wirbelte Unmengen von Blättern des knorrigen Ahorns um die Mauern des frisch renovierten Altbaus, der bis vor zwei Jahren noch Julias und Christines Eltern gehört hatte. Diese hatten sich jedoch entschieden, in eine kleinere, jedoch nicht weniger gemütliche Eigentumswohnung im Zentrum zu ziehen. Da Christine und Oliver nach ihrer Heirat bereits den Bauantrag für ihr neues Eigenheim gestellt hatten, waren sie übereingekommen, Julia das Elternhaus zu überlassen. Sie teilte es sich mit ihrem Bruder Timo, der jedoch momentan auf einer Studienreise nach Südamerika war und sie auch sonst nur selten mit seiner Anwesenheit beehrte.

Julia ging um das Haus herum und betrat es durch die Hintertür. Sofort schossen Minka und Nelli, ihre beiden grau getigerten Katzen, auf sie zu und maunzten anklagend. Sie knipste das Licht an und warf den Computerausdruck ihrer Kontaktanzeige auf den Küchentisch. »Ist ja schon gut, Mädels«, sagte sie. »Ich wollte euch nicht im Dunklen sitzen lassen. Der Strom ist ausgefallen, und dabei ist offenbar die Glühbirne im Flur kaputtgegangen.« Sie schraubte die Birne, die den Protest ihrer Katzen ausgelöst hatte, aus der Fassung und warf sie in den Müll. »Ich muss morgen eine neue mitbringen«, erklärte sie ihren beiden Mitbewohnern. »Aber jetzt schaue ich erst mal, ob die E-Mail mit der Chiffre-Nummer schon da ist. Wie ich Christine kenne, ruft sie garantiert nachher an und fragt danach.«

»Bist du sicher, dass die Anzeige angekommen ist?« Stirnrunzelnd blickte Daniel auf den Bildschirm seines Computers, auf dem sich nach dem Neustart das System wiederherstellte. Der kurze Stromausfall hatte die Verbindung unterbrochen, just, nachdem er auf »Senden« geklickt hatte.

Sein Freund Peter schob ihn zur Seite und übernahm die Maus. »Das werden wir gleich sehen. Wenn das Formular korrekt übermittelt wurde, müsstest du jetzt eine E-Mail mit der Chiffre-Nummer in deiner Mailbox haben.« Er öffnete das E-Mail-Programm und lud die neuesten Mails herunter. »Bitte sehr, da ist sie.« Nach einem Doppelklick füllte nun die automatisch erstellte Antwort des Zeitungsverlags den Bildschirm. Peter druckte die Seite aus und hielt sie Daniel triumphierend unter die Nase. »Wenn du damit keine vernünftige Frau findest, sind Hopfen und Malz verloren.«

Kopfschüttelnd nahm Daniel ihm das Blatt aus der Hand. »Du vergisst, dass ich im Grunde gar keine Frau suche. Es war deine Idee, diesen Schwachsinn in die Zeitung zu setzen.«

»Kein Schwachsinn«, widersprach Peter. »Sondern eine absolut nötige Maßnahme, um dich aus deinem Jammertal zu befreien. Tina und du, ihr seid jetzt seit fast einem Jahr geschieden. Sie ist weg, jettet mit diesem – wie hieß er noch mal? – um die Welt, während du dich hier einigelst und an Einsamkeit eingehst. Auch Carmen hat gesagt, dass sie das nicht mehr länger mit ansehen kann. Und deshalb wirst du die Antworten auf die Anzeige hübsch alle lesen und dir ein nettes Mädel heraussuchen. Basta.«

»Basta?« Daniel tippte sich leicht an die Stirn. »Als ob auf diesen Quatsch hier auch nur eine Frau antworten würde, die noch ihren Verstand beisammenhat.« Er hob leicht die Stimme. »Biete Hund samt Herrchen für gemeinsamen Lebensweg«, las er vor. Er sah Peter strafend an. »Ich besitze überhaupt keinen Hund.«

»Noch nicht, mein Freund, noch nicht«, antwortete dieser jedoch nur grinsend.

Daniel stieß ihm den Ellenbogen in die Seite und fuhr fort: »Wenn du bereit bist, mit mir, 33/188 cm/sportlich/familientauglich/vorzeigbar ...« Er hielt inne. »Vorzeigbar? Ich dachte, das hätten wir gestrichen!«

»Warum denn, du bist doch vorzeigbar.« Peter hob beschwichtigend die Hände. »Damit sagst du doch nur, dass du nicht aussiehst wie Quasimodo.«

»Ha ha.« Daniel blickte wieder auf den Ausdruck. »... bereit bist, mit mir die Wanderung durch die Berge und Täler des Lebens gemeinsam anzutreten, keine Scheu vor einer großen, herzlichen Familie hast ...« Wieder hielt er inne. »Chaotische Mischpoke hättest du schreiben müssen.« Er las weiter: »... und außerdem Tiere liebst, Nichtraucherin und im Alter zwischen 25 und 35 bist, könntest du genau die Richtige für mich sein. Antworte bitte mit Foto unter Chiffre ...« Daniel ließ das Blatt auf den Tisch segeln. »Du kannst es drehen und wenden, wie du willst, das ist der größte Humbug, den du je von dir gegeben hast.«

Peter schüttelte den Kopf.

»O nein, Kumpel. Das ist es ganz und gar nicht. Die Sache mit dem gemeinsamen Wandern durchs Leben ist romantisch.«

»Kitschig.«

»Romantisch«, beharrte Peter. »Und das mögen Frauen. Und die Sache mit dem Hund habe ich dir doch erklärt: Frauen, die Tiere, insbesondere Hunde, lieben, sind beständig, verantwortungsbewusst und kompromissbereit. Das weiß ich aus Erfahrung.«

Daniel musste wider Willen lachen. »Ja, deshalb hat dir deine Carmen auch schon mehrfach die Einstreu aus dem Meerschweinchenstall deines Sohnes hinterhergeworfen. Soviel zum Thema Kompromissbereitschaft.«

Peter zuckte zusammen.

»Touché. Verantwortungsvoll und treu ist sie aber. Und sie liebt mich, das dürfte doch wohl reichen. Und genauso ein Exemplar werden wir nun auch für dich finden.«

Daniel verzog gespielt beleidigt die Mundwinkel. »Ich will aber keine Frau, die dich liebt.«

Peter lachte und stieß ihn heftig in die Seite. »Warte, bis die Anzeige am Montag erscheint. Dann wirst du dich vor lauter tollen Frauen nicht mehr retten können.«

 

2. Kapitel

 

»Und, hast du schon Zuschriften erhalten?«, fragte Christine aufgeregt und so laut, dass Julia das Handy ein Stück von ihrem Ohr weghielt.

»Ich bin gerade auf dem Weg zum Briefkasten«, antwortete sie. »Aber es ist erst Mittwoch. Ich glaube kaum, dass das so schnell geht.«

Umständlich öffnete sie den Kasten mit einer Hand und zog einen dicken Umschlag des Zeitungsverlags hervor. »Ich revidiere«, sagte sie ins Handy. »Da scheint ein ganzer Packen Briefe gekommen zu sein.«

»Was steht drin? Mach sie auf!«, schallte es aus dem Mobiltelefon und dann: »Mist, ich habe keine Zeit mehr, die Mittagspause ist um. Ruf mich sofort heute Abend an, ja? Nein, besser, ich komme nach der Arbeit zu dir rüber.«

»Aber ...«Julia blickte stirnrunzelnd ihr Handy an. Christine hatte bereits aufgelegt.

»Typisch«, murmelte sie, klemmte sich den Umschlag und die üblichen Werbeprospekte unter den Arm und ging zurück ins Haus.

Während Christine nun wieder an ihre Arbeit ging, war Julias Pensum für heute bereits geschafft. Sie genoss es, sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen zu können, seit sie sich vor einem knappen Jahr als Steuerberaterin selbstständig gemacht hatte. Heute hatte sie bereits um fünf Uhr morgens mit der Arbeit begonnen und war nun bis zum Mittag bereits so weit gekommen, dass sie nur noch die Telefonbereitschaft für Anfragen ihrer Kunden halten musste. Sie brachte ihre Post in die Küche, goss sich ein Glas Saft ein und riss den großen Umschlag dann neugierig auf.

Stirnrunzelnd betrachtete Daniel den Brief, den er wahllos aus den Zuschriften herausgezogen hatte. »Lieber Weihnachtsengel«, las er und stellte die Kaffeetasse, an der er gerade genippt hatte, auf seinen Schreibtisch. »Normalerweise antworte ich nicht auf Kontaktanzeigen, doch die deine hat mich sogleich angesprochen, weshalb ich diesmal eine Ausnahme machen möchte. Du scheinst Fantasie zu haben und, ebenso wie ich, großen Wert auf Zweisamkeit zu legen. Auch spielen für mich die Begriffe Beständigkeit und Treue ...« Er überflog die weiteren Zeilen nur, dann blieb sein Blick an der Unterschrift hängen: »In Hoffnung auf ein baldiges Kennenlernen grüßt Dich Dein Weihnachtsmann Gregor.« Im Umschlag steckte außerdem das Foto eines durchaus gut aussehenden schwarzhaarigen Mannes, der einen eleganten Anzug trug.

Daniel schüttelte irritiert den Kopf. »Na, so war das aber nicht gemeint«, brummte er und legte den Brief zur Seite. »Was hast du mir da bloß eingebrockt, Peter!« Er griff nach dem nächsten Schreiben.

»Liebe unbekannte Weihnachtsfrau«, stand darin geschrieben, und er stockte, las dann aber weiter: »Deiner Anzeige entnehme ich, dass Du die Zweisamkeit suchst. Auch ich bin sehr daran interessiert und hoffe, Dir selbige nicht nur zu Weihnachten, sondern auch im übrigen Jahr bieten zu können. Da ich (noch) verheiratet bin, würde ich vorschlagen, unser erstes Treffen in einem Hotel ...« Daniel schüttelte sich und warf einen Blick auf die Unterschrift. »In freudiger Erwartung – Nino Weihnachtsmann«, lautete sie.

»Da stimmt doch was nicht.« Ein Blick in die anderen Briefe bestätigte Daniel, dass er ganz offensichtlich nur Zuschriften an eine Frau erhalten hatte. Eine Frau, die einen Weihnachtsmann suchte? »Moment mal!« Daniel sprang auf und suchte aus dem Stapel Zeitungen im Altpapierkarton diejenige heraus, in der vor zwei Tagen auch seine Kontaktanzeige abgedruckt gewesen war. Er überflog die entsprechende Seite, bis sein Blick an einer ungewöhnlichen Formulierung hängenblieb.

»Gesucht: Vorzeigbarer Weihnachtsmann zwischen fünfundzwanzig und vierzig, Nichtraucher, der meine Leidenschaft für fröhliche Familienfeste nicht nur teilt, sondern selbige ...« Langsam ließ er die Zeitung sinken. »Das muss sie sein«, murmelte er. »Da hat anscheinend eine Verwechslung stattgefunden.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. Bis zu seinem nächsten Termin waren es noch anderthalb Stunden, und er beschloss, nicht bei der Zeitung anzurufen, sondern gleich dort vorbeizufahren, denn das Verlagshaus lag auf dem Weg zu seinem Kunden. Und auf dem Rückweg würde er dann beim Tierheim vorbeifahren. Peter hatte so lange auf ihn eingeredet, bis er einverstanden gewesen war, sich tatsächlich einen Hund anzuschaffen, um bei den Treffen mit seinen Anzeigenkandidatinnen das erwähnte Haustier vorweisen zu können. Daniel hatte nicht wirklich etwas dagegen; als Junge hatte er einen Hund besessen und trug sich insgeheim schon länger mit dem Gedanken, sich wieder einen vierbeinigen Hausgenossen anzuschaffen. Auch waren Hunde treu und logen nicht – zwei Eigenschaften, die er nach dem Desaster mit seiner Exfrau sehr zu schätzen wusste.

Entschlossen packte Daniel die Zeitung und die Zuschriften zusammen in eine Plastikmappe, warf sich seinen Parka über und machte sich auf den Weg.

 

3. Kapitel

 

»Herrje, was für ein Durcheinander«, schimpfte Elf-Dreizehn und hackte auf der Tastatur herum.