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Svantje ist elf Jahre alt und mit ihrer allein erziehenden Mutter neu in die Wohnsiedlung Brookstraße in Frechen eingezogen. Das Mädchen ist sehr still, zurückhaltend und spricht mit niemandem. Eines Tages, während Svantje allein auf einer Bank am Spielplatz sitzt, nähert sich ihr ein zwölfjähriger Junge, der sich ihr als Daryl vorstellt. Trotz ihrer anfänglichen Zurückhaltung entsteht aus schüchternen Gesprächen eine tiefgreifende Freundschaft, die bald von zarter Liebe durchzogen ist. Doch Daryl, der sich Svantje immer mehr öffnet, entdeckt nach und nach, dass ihr Verhalten seltsam ist – je näher er ihr kommt, desto distanzierter wird sie. Der verzweifelte Versuch von Daryl, die Mauern um Svantjes Geheimnisse zu durchbrechen, wird von ihrer unerträglichen Last überschattet. Svantje, gezeichnet von häuslicher Gewalt und Misshandlung, schweigt beharrlich. Während Daryl alles daran setzt, die Freundschaft zu retten, ahnt er nicht, welch erschütternde Realität Svantje zu bewältigen versucht... Elias J. Connors bewegende Geschichte „Svantje – Schrei in der Dunkelheit“ basiert auf wahren Ereignissen und entfaltet ein fesselndes Sozialdrama, das die Abgründe familiärer Gewalt und den Kampf eines Mädchens um Erlösung einfühlsam beleuchtet. Der Autor, bekannt für Werke wie "Lovelights – Benjamin und Jane" und "Außenseiter", entführt die Leser in eine emotionale Achterbahnfahrt voller Hoffnung, Freundschaft und dem Streben nach Überwindung.
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Inhaltsverzeichnis
Widmung
Kapitel 1 - Neuanfang in der Brookstraße
Kapitel 2 - Der Spielplatz hinter dem Haus
Kapitel 3 - Das erste Wort
Kapitel 4 - Im Gefängnis
Kapitel 5 - Heimliches Treffen
Kapitel 6 - Verbote
Kapitel 7 - Willst du auf meine Party kommen?
Kapitel 8 - Der Klang der traurigen Seele
Kapitel 9 - Trennung
Kapitel 10 - Ist alles verloren?
Kapitel 11 - Die Flucht
Kapitel 12 - Das Eingreifen des Jugendamts
Kapitel 13 - Hilf mir, irgendjemand
Kapitel 14 - Daryls Familie
Kapitel 15 - Die offizielle Konfrontation
Kapitel 16 - Enthüllungen
Kapitel 17 - Daryls Sorgen um Svantje
Kapitel 18 - Ein verzweifeltes Entkommen
Kapitel 19 - Die Gleichgültigkeit der Mutter
Kapitel 20 - Alleine in der Mitte von Menschen
Kapitel 21 - Die Tat der Verzweiflung
Kapitel 22 - Die Stimmen der Engel
Kapitel 23 - Die einzig wahre Familie
Hilfe für betroffene Kinder häuslicher Gewalt
Über den Autor Elias J. Connor
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Impressum
Für Jana.
Meine Freundin und Vertraute.
Du kennst alles an mir, begleitest mich durch alle Höhen und Tiefen meines Lebens.
Danke, dass du da bist.
Das große Mietshaus, ein Plattenbau aus den 1970er Jahren, thront schwer und grau inmitten einer endlosen Betonwüste. Seine kantigen Fassaden ragen hoch in den Himmel und werfen lange Schatten auf den tristen Parkplatz davor. Die Sonne kämpft sich mühsam durch die Wolkendecke und wirft vereinzelte, blasse Strahlen auf das Gebäude, die den Beton in einem fahlen Licht erstrahlen lassen.
Die graue Fassade des Hochhauses wirkt, als hätte sie schon unzählige Jahre des Schicksals erlebt. Große, betonierte Balkone erstrecken sich über die gesamte Breite des Gebäudes und zeugen von einer Zeit, in der die Menschen dachten, sie könnten das Grau der Stadt mit ein paar Topfpflanzen verschönern. Doch die meisten dieser Balkone sind mittlerweile verwaist, ihre Blumenkästen längst verblasst, und nur vereinzelte Bewohner haben noch den Willen, ihre kleinen grünen Oasen zu pflegen.
Die Fenster des Mietshauses sind rechteckig und nüchtern. In ihnen spiegelt sich der Himmel, der an diesem Tag von einem schweren Grau beherrscht wird. Hier und da hängen Vorhänge, die entweder zugezogen sind, um den Blick auf die Tristesse der Außenwelt zu verbergen, oder die in verblichenen Blumenmustern und verwaschenen Farben erstrahlen, als ob sie schon Jahrzehnte auf dem Buckel hätten.
Der Eingangsbereich des Plattenbaus ist schmucklos und funktional. Eine große Doppeltür aus Holz, Metall und Glas führt in das Innere des Gebäudes. Über der Tür prangt ein verblasstes Schild mit der Aufschrift „Wohnpark Brookstraße“. Die Beschriftung wirkt wie ein schlechter Witz angesichts der Tatsache, dass die Sonne an diesem Ort nur selten ihr Gesicht zeigt. Auf beiden Seiten der Tür stehen einige Briefkästen, von denen mehrere mit Zetteln überhäuft sind. Die Namen auf den Zetteln sind meist kaum lesbar, und es scheint, als würden die Bewohner sich nicht mehr die Mühe machen, ihre Post abzuholen.
Der Boden im Eingangsbereich besteht aus abgenutztem Linoleum, das in den 70er Jahren sicher einmal modern war, heute jedoch nur noch trist und fleckig wirkt. Ein mäßig erfolgreicher Versuch, den Raum etwas aufzuhellen, besteht aus einigen Kunstpflanzen in grellen Farben, die in hohen Töpfen aufgestellt sind. Ihre Blätter sind staubig, und das Grün ist längst verblasst.
Ein großer, schmuddeliger Teppich führt weiter in das Innere des Mietshauses. Er ist mit diversen Flecken und Fußspuren übersät, die im Laufe der Jahre ihre Geschichten erzählt haben. Am Rand des Teppichs stehen abgenutzte Schuhschränke, in denen die Bewohner ihre Schuhe verstauen. Hier und da hängen Jacken und Mäntel an den Haken, als ob ihre Besitzer sie jeden Moment wieder anziehen könnten, um hinauszugehen.
An den Wänden hängen alte, vergilbte Fotografien, die Szenen aus längst vergangenen Zeiten zeigen. Gruppen von Menschen in 70er-Jahre-Kleidung, die fröhlich in die Kamera lächeln, als ob die Welt damals noch in Ordnung gewesen wäre. Doch die Gesichter auf den Fotos sind längst gealtert, und die Freude ist einem müden Lächeln gewichen.
Der Flur erstreckt sich endlos in die Tiefe des Gebäudes. Hier und da führen Türen zu den Wohnungen der Bewohner. Die Türen sind alle unterschiedlich gestaltet, einige frisch gestrichen und mit neuen Klingelschildern, andere verwittert und von den Jahren des Verschleißes gezeichnet. Einige Türen sind mit Kinderzeichnungen verziert, andere mit handgeschriebenen Zetteln, auf denen „Bitte nicht klingeln!“ steht.
Im Flur herrscht eine Stille, die von den Gedanken der Bewohner erfüllt ist. Man hört kaum ein Geräusch, abgesehen vom gelegentlichen Quietschen einer Tür oder dem Summen eines Aufzugs, der sich langsam nach oben oder unten bewegt. Doch unter dieser Stille schwingt eine Melancholie, die die Atmosphäre des Mietshauses durchdringt.
Einige der Bewohner sind schon seit Jahrzehnten hier in der Brookstraße in Frechen zu Hause, haben ihre Kinder großgezogen, sind alt geworden. Andere sind vor kurzem eingezogen, auf der Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft in der Großstadt. Sie alle teilen ein Stück ihres Lebens mit diesem Plattenbau, diesem grauen Koloss.
Das große Mietshaus mag äußerlich trist und abweisend erscheinen, aber es birgt Geschichten und Leben in seinen grauen Mauern. Es ist ein Ort, an dem die Zeit stillzustehen scheint, während das Leben der Bewohner unaufhörlich weitergeht. In den engen Fluren und den schmucklosen Wohnungen werden Träume geträumt, Geschichten geschrieben und Schicksale gelebt. Und so bleibt der Plattenbau nicht nur ein Gebäude aus Beton und Stahl, sondern ein Ort, an dem das Leben in all seinen Facetten seinen Platz gefunden hat.
Svantje schlüpft leise aus der alten Holztür des großen Mietshauses und betritt die Straße. Sie wirft einen flüchtigen Blick nach links und rechts, bevor sie sich schüchtern umsieht. Die Hektik der Stadt um sie herum scheint sie zu überwältigen, und sie zieht sich noch weiter in sich selbst zurück. Ihre zierliche Gestalt wirkt verloren zwischen den hohen Gebäuden und dem ständigen Strom der Passanten, die an ihr vorbeiströmen.
Vorsichtig setzt sich Svantje auf eine einsame Bank am Straßenrand. Ihr Blick ist gesenkt, und ihr blondes Haar fällt in unordentlichen Strähnen über ihr Gesicht. Sie zieht ihre Beine eng an den Körper, als ob sie sich in dieser kleinen Geste vor der Welt da draußen verstecken könnte. Svantje ist erst elf Jahre alt, aber sie trägt die Last der Welt auf ihren schmalen Schultern.
Ihre Mutter, eine desinteressierte Frau, hat kaum Zeit für sie. Wenn sie nicht bei der Arbeit ist, vergräbt sie sich in ihre eigenen Sorgen und Probleme. Svantje vermisst die Geborgenheit und Wärme, die andere Kinder von ihren Eltern bekommen. Ihre Mutter ist überfordert und ausgebrannt, und Svantje fühlt sich oft wie ein lästiger Störfaktor in ihrem Leben.
Die Traurigkeit hat sich in Svantjes Herz eingenistet, und sie fühlt sich einsam, auch wenn sie von Menschen umgeben ist. Sie sehnt sich nach jemandem, der ihr zuhört, der ihre Sorgen ernst nimmt und ihr Geborgenheit schenkt. Doch bisher hat sie niemanden gefunden, der sich die Zeit nimmt, sie kennenzulernen.
Svantje starrt auf den Boden vor sich und versinkt in ihre Gedanken. Sie denkt an die Schule, wo sie sich immer bemüht, still und unauffällig zu sein. Die anderen Kinder lachen und spielen miteinander, während sie am Rand des Geschehens steht. Sie ist zu schüchtern, um auf sie zuzugehen, und sie hat gelernt, sich in ihre eigene kleine Welt zurückzuziehen.
Ihre Mutter hat ihr beigebracht, stark zu sein und ihre Gefühle zu verbergen, aber manchmal bricht die Einsamkeit über sie herein wie eine Welle. Svantje sehnt sich nach einem Freund, nach jemandem, der sie so akzeptiert, wie sie ist. Doch bislang ist sie zu schüchtern gewesen, um auf andere zuzugehen, und die anderen Kinder scheinen sie kaum wahrzunehmen.
Die Menschen auf der Straße eilen an Svantje vorbei, ohne sie zu beachten. Sie ist wie ein Schatten in der Menge, fast unsichtbar. Die Stadt lebt ihr eigenes Leben, und Svantje fühlt sich abgekapselt von dieser Welt. Es ist, als ob sie gar nicht existiert, als ob sie in einer Blase der Unsichtbarkeit gefangen ist.
Svantje schließt die Augen und atmet tief durch. Sie versucht, die Traurigkeit und Einsamkeit in ihrem Inneren zu verdrängen, aber es ist schwer. Die Tränen brennen in ihren Augen, doch sie kämpft dagegen an, sie herauszulassen. Sie ist so gewohnt, stark zu sein, dass sie sich nicht erlauben kann, schwach zu wirken.
Ihr Blick wandert zu den Passanten, die eilig an ihr vorbeigehen. Sie beobachtet die glücklichen Gesichter, die lebhaften Unterhaltungen und die Hände, die sich liebevoll berühren. Svantje wünscht sich, ein Teil dieser Welt zu sein, ein Teil von etwas, das größer ist als sie selbst.
Doch sie weiß nicht, wie sie diesen Schritt wagen soll. Die Angst vor Zurückweisung ist zu groß, und so bleibt sie auf ihrer Bank sitzen, allein und unsichtbar. Svantje sehnt sich nach Verbindung und nach einem besseren Leben, aber der Weg dorthin erscheint ihr steinig und schwer.
Die Zeit verstreicht, und die Stadt pulsiert um sie herum. Svantje bleibt still auf ihrer Bank sitzen, in ihrer eigenen Welt gefangen. Sie weiß, dass sie stark sein muss, dass sie nicht aufgeben darf, aber manchmal fühlt sie sich so verloren und hilflos.
Vielleicht wird eines Tages jemand ihre Einsamkeit bemerken, vielleicht wird jemand auf sie zukommen und ihr die Hand reichen. Bis dahin wird sie weiterhin still und reserviert auf ihrer Bank sitzen, ein unsichtbares Mädchen in einer belebten Stadt.
Als es schon dunkel wird, geht Svantje traurig in das große Mietshaus hinein und läuft zielstrebig zu ihrer Wohnung. Die Abenddämmerung legt sich schwer über die kleine Stadt, und die Straßenlichter beginnen, sich zaghaft zu entfalten. Svantje betritt ihre Wohnung, ein Ort, der normalerweise für Trost und Sicherheit steht, doch heute lastet etwas Schwermütiges in der Luft.
Der Flur erwartet sie mit einem unschuldigen Käfig, in dem ein kleiner Hase sitzt, der mit seinen wachsamen Augen neugierig in die Welt hinausblickt. Doch ein schneller Blick auf die leeren Futterschalen sagt Svantje, dass er noch nicht gefüttert wurde. Sie seufzt leise und fühlt sich schuldig, dass sie in ihrer Eile vor der Schule vergessen hat, sich um ihren pelzigen Freund zu kümmern.
Gerade als sie sich daran macht, die Hasenschale mit frischem Futter zu füllen, ertönt der schwere Schritt ihrer Mutter im Flur. Ihre Mutter, überfordert und gereizt von einem langen Arbeitstag, stürmt in die Wohnung. Svantje zuckt zusammen und dreht sich zu ihrer Mutter um, das Herz klopft wild vor Angst.
„Wieso ist der Hase noch nicht gefüttert?“, schreit ihre Mutter, ohne eine Begrüßung oder ein Lächeln. Die Worte schneiden durch die Stille des Raumes wie scharfe Messer.
Svantje stammelt entschuldigend: „Es tut mir leid, Mama. Ich war nur für einen Moment draußen, um frische Luft zu schnappen, und dann habe ich es vergessen.“
Ihre Mutter rollt mit den Augen und schnaubt, bevor sie sich daran macht, den hungrigen Hasen zu füttern. Doch der Zorn in ihr brodelt weiter. Mit ungeduldigen Bewegungen hantiert sie mit dem Futter und dem Wassernapf, während sie ihren Zorn an dem kleinen Tier auslässt.
„Du kannst doch nicht einmal eine einfache Aufgabe erledigen. Immer vergisst du alles. Du bist so nutzlos, Svantje!“
Ihre Mutter hebt den Kopf, die Augen glühend vor Wut. Ihre Stimme übertönt das sanfte Plätschern des Hasen beim Trinken.
„Wozu tu ich alles für dich?“, beschwert sich die Mutter. „Wozu arbeite ich mich jeden verdammten Tag ab?“
Svantje fühlt sich klein und verletzlich. Tränen sammeln sich in ihren Augen, aber sie beißt die Lippen zusammen und weigert sich, vor ihrer Mutter zu weinen. Sie will nicht noch mehr Ärger.
Die Mutter gibt dem Hasen einen letzten Hieb auf den Kopf und wendet sich ihrer Tochter zu.
„Du sitzt nur hier und tust nichts, als würdest du den ganzen Tag nur herum trödeln. Du bist so faul. Kannst du nicht wenigstens einmal im Leben etwas Vernünftiges tun?“
Svantje möchte sich verteidigen, doch ihre Stimme versagt ihr den Dienst. Sie senkt den Blick zu Boden und wünscht sich, unsichtbar zu sein.
„Komm her und hol diese Rassel aus dem Kinderzimmer“, befiehlt die Mutter barsch. „Damit der Hase nicht den ganzen Abend nur herum zappelt.“
Svantje gehorcht still, fast wie ein Roboter, der keine andere Wahl hat. Sie rennt ins Kinderzimmer und findet die Rassel, die sie als kleines Mädchen geliebt hat. Sie kann immer noch das klingende Lachen hören, das sie und ihre Mutter teilten, als sie damit spielten. Doch heute ist nichts mehr wie damals.
Mit zitternden Händen kehrt sie in das Wohnzimmer zurück und übergibt die Rassel ihrer Mutter. Ihre Mutter nimmt sie ohne ein Wort des Dankes und wirft einen missbilligenden Blick auf ihre Tochter.
„Jetzt geh auf dein Zimmer und mach keine weiteren Probleme“, zischt sie. „Wenn du nicht in der Lage bist, vernünftig zu handeln, dann bleib einfach dort.“
Svantje nickt, obwohl sie sich am liebsten gegen die Ungerechtigkeit aufgelehnt hätte. Doch sie hat gelernt, dass es in solchen Momenten besser ist, den Kopf zu senken und zu gehorchen. Sie dreht sich um und macht sich auf den Weg zu ihrem kleinen Zimmer.
Die Tür fällt leise hinter ihr ins Schloss, und sie lässt sich auf ihr Bett sinken. Tränen strömen über ihre Wangen, und sie wünscht sich, sie könnte der Welt entfliehen. Der Hase in seinem Käfig und die Rassel in der Hand ihrer Mutter sind die einzigen Zeugen ihres stillen Leidens.
Die Stunden verstreichen, während Svantje allein in ihrem Zimmer sitzt. Die Stimme ihrer Mutter dringt durch die Tür, gedämpft und trotzdem quälend, während sie am Telefon mit einer Freundin streitet. Svantje würde alles dafür geben, ihre Mutter glücklich zu sehen, aber sie weiß nicht, wie sie das ändern soll.
Schließlich wird es still im Haus, und Svantje hört, wie ihre Mutter ins Bett geht. Der Abend ist nun so dunkel wie ihre Stimmung. Sie legt sich unter die Decke und schluchzt leise in ihr Kissen.
Irgendwann schläft sie ein, und im Traum findet sie sich in einer Welt wieder, in der sie fliegen kann. In dieser Welt ist sie mutig, stark und frei. Doch der Traum endet viel zu früh, und Svantje erwacht in der Dunkelheit ihres Zimmers.
Der Schmerz in ihrem Herzen ist noch immer präsent, aber sie weiß, dass sie weitermachen muss. Svantje wischt sich die Tränen aus den Augen und denkt an den kleinen Hasen im Flur. Sie weiß, dass sie sich um ihn kümmern muss, egal wie schwer es ist.
Leise und vorsichtig steht sie auf, öffnet die Tür zu ihrem Zimmer und geht in den Flur. Der Hase schläft friedlich in seinem Käfig. Svantje lächelt, als sie ihn betrachtet. Sie nimmt sich vor, immer für ihn da zu sein, selbst wenn niemand für sie da zu sein scheint.
Hinter dem großen Mietshaus in der Brookstraße befindet sich ein kleiner Spielplatz. Dieser grüne Fleck inmitten der urbanen Betonlandschaft ist von hohen Bäumen umgeben, die im Sommer dichten Schatten spenden. Ein Gitterzaun begrenzt das Areal, und überfüllte Mülleimer stehen strategisch an den Ecken des Spielplatzes, wobei ihre Gerüche von vergangenen Abenteuern und Picknicks zeugen.
Ein lauer Frühlingsnachmittag umhüllt den Spielplatz mit einer warmen Atmosphäre. Einige Kinder haben den Weg hierher gefunden und sind tief in ihr Spiel vertieft. Ein kleines Mädchen schaukelt hoch in den Himmel, ihr Lachen mischt sich mit dem Zwitschern der Vögel. Neben ihr sitzt ein Junge in der Sandkiste, und seine Augen strahlen vor Entdeckerfreude, während er versucht, den größten Sandburgturm zu bauen, den die Welt je gesehen hat.
In der Ecke des Spielplatzes haben sich zwei Mädchen eine der schattigen Ecken erobert. Sie spielen Seilhüpfen und singen dabei ein fröhliches Lied. Das Geräusch der Seile, die auf den Boden prallen, bildet den Rhythmus, zu dem sie hüpfen, als wären sie in einer eigenen Welt gefangen, die nur aus Glückseligkeit besteht.
Die Szenerie mag auf den ersten Blick trist erscheinen, und die alten, rostigen Schaukeln und verwitterten Rutschen sind längst nicht mehr die modernsten. Doch für die Kinder, die hier spielen, ist der Spielplatz ein Zufluchtsort, ein kleines Paradies inmitten des städtischen Chaos. Hier vergessen sie die Sorgen und Nöte des Alltags, sie tauchen ein in eine Welt der Fantasie und Unbeschwertheit.
Eine Gruppe von Jungen tobt sich auf dem Basketballplatz aus. Ihr lautes Lachen und die schallenden Aufprallgeräusche des Balls auf dem Boden vermischen sich zu einem fröhlichen Chaos. Einer der Jungen dribbelt geschickt um die anderen herum und wirft den Ball in den Korb. Ein Jubelsturm bricht aus, als der Ball sein Ziel trifft.
Die Eltern, die in den umliegenden Wohnungen wohnen, beobachten das bunte Treiben auf dem Spielplatz mit einem Lächeln. Sie wissen, dass dieser Ort für ihre Kinder von unschätzbarem Wert ist. Hier lernen sie nicht nur das Miteinander, sondern auch die Werte von Kreativität, Ausdauer und Teamarbeit.
In einer der Schatten spendenden Baumhöhlen sitzt ein älterer Mann. Seine grauen Haare wehen im Wind, während er still die Szenerie beobachtet. Er trägt den Ausdruck eines Menschen, der sich an vergangene Zeiten erinnert, als er selbst hier auf diesem Spielplatz spielte. Die Erinnerungen an all die Abenteuer, die er mit seinen Freunden erlebte, zaubern ein Lächeln auf sein Gesicht.
Ein kleines Mädchen, das sich von der Gruppe der Seilhüpferinnen gelöst hat, nähert sich dem alten Mann. Ihr Name ist Emma, und sie ist erst fünf Jahre alt. Mit großen neugierigen Augen betrachtet sie den Fremden und spricht ihn schließlich an.
„Warum sitzt du hier alleine, Opa?“, fragt sie unschuldig.
Der alte Mann lächelt herab und nimmt Emma auf seinen Schoß.
„Nun, kleines Mädchen, ich sitze hier und erinnere mich an die alten Zeiten, als ich selbst hier gespielt habe. Dieser Spielplatz war mein zweites Zuhause, und ich habe hier so viele Abenteuer erlebt.“
Emma schaut sich um und nickt verständnisvoll.
„Ich liebe diesen Spielplatz. Hier kann man so viel Spaß haben!“
Der alte Mann nickt und erzählt Emma von seinen Abenteuern auf diesem Spielplatz. Er erzählt ihr von den geheimen Verstecken, den Schatzsuchen und den Geschichten, die sie sich unter dem Sternenhimmel erzählten.
Emma lauscht gespannt und stellt viele Fragen, die der alte Mann geduldig beantwortet.
Während die beiden miteinander plaudern, nähert sich eine Gruppe von Kindern, die Emmas Gespräch mit dem alten Mann beobachtet haben. Neugierig setzen sie sich um die beiden herum und lauschen den Geschichten des alten Mannes.
Die Sonne neigt sich langsam dem Horizont entgegen, und die Stimmung auf dem Spielplatz wird ruhiger. Die Kinder haben genug getobt und gespielt und lassen sich nun von den Geschichten des alten Mannes verzaubern. Die Erinnerungen an vergangene Zeiten vermischen sich mit den Träumen der Kinder von zukünftigen Abenteuern.
Der Spielplatz in der Brookstraße ist an diesem Nachmittag mehr als nur ein einfacher Ort zum Spielen. Er ist ein Ort der Erinnerungen, der Geschichten und der Träume. Ein Ort, an dem die Vergangenheit auf die Gegenwart trifft und die Zukunft in den Augen der Kinder aufleuchtet. Es ist ein Ort, der zeigt, dass auch inmitten des Großstadtlebens, in all seiner Tristesse, die Freude, die Fantasie und die Unbeschwertheit der Kindheit einen Platz finden können.
Niemand hat das junge, blonde Mädchen bemerkt, die nachdenklich und alleine auf der anliegenden Bank sitzt. Traurig blickt sie auf die Menschen um sich herum, auf den alten Mann, der den Kindern Geschichten erzählt.
Svantje sitzt alleine auf der Bank am Spielplatz. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages streicheln ihre Wange, während sie die spielenden Kinder beobachtet. Ein leichter Windhauch weht durch ihre schulterlangen, blonden Haare, als sie einen etwa zwölfjährigen Jungen bemerkt, der sich immer wieder zu ihr umdreht.
Seine dunklen Augen fixieren sie, und ein schüchternes Lächeln spielt um seine Lippen.
Der Junge wagt den ersten Schritt und kommt langsam auf Svantje zu.
„Hey, du bist doch in meiner Klasse“, stellt er fest, als er schließlich vor ihr steht. Svantje nickt und sieht ihn schweigend an. Die Worte scheinen in ihrer Kehle zu stecken, unfähig, ihren Weg nach draußen zu finden.
Der Junge setzt sich neben sie und betrachtet sie neugierig.
„Warum hast du noch nie ein Wort gesprochen?“, fragt er mit einem Hauch von Verwunderung in der Stimme. Svantje zuckt nur mit den Schultern und richtet ihren Blick wieder auf die spielenden Kinder.
Der Junge gibt nicht so leicht auf.
„Ich bin Daryl, übrigens“, sagt er. „Ich wohne nicht hier, aber ich besuche hier meine Freunde schon eine ganze Weile. Wir gehen seit Jahren in die gleichen Klassen.“
Er versucht, ein Gespräch in Gang zu bringen.
Svantje schaut ihn an und scheint sich für einen Moment zu überlegen, ob sie antworten soll. Schließlich hebt sie eine Hand und zeigt auf sich selbst, als ob sie sagen wollte, dass sie ebenfalls hier wohnt.
Daryl nickt verständnisvoll.
„Das ist ja interessant“, meint er daraufhin. „Ich habe dich hier noch nie gesehen, aber vielleicht bin ich einfach nur nie zur richtigen Zeit am Spielplatz gewesen.“
Er versucht, die Atmosphäre zu lockern und erzählt weiter.
„Ich spiele gerne Basketball. Das ist mein Ding, verstehst du? Ich träume davon, eines Tages ein erfolgreicher Sportler zu werden.“
Svantje verfolgt seine Worte aufmerksam, und ihre Augen sind voller Interesse, auch wenn sie selbst noch keinen Ton von sich gegeben hat. Ihr Schweigen scheint Daryl nicht zu stören. Er fährt fort: „Es ist so aufregend, wenn man auf dem Feld steht und den Ball in den Korb wirft. Du solltest es mal ausprobieren, wenn du möchtest.“
Die Sonne neigt sich dem Horizont zu, und die Schatten werden länger. Svantje beobachtet den farbenprächtigen Himmel, während Daryl weiter erzählt.
„Die Abende hier im Wohnpark sind oft am schönsten. Ich sitze oft auf dieser Bank, spiele Gitarre und singe. Das beruhigt mich, verstehst du?“
Er schaut Svantje erwartungsvoll an.
Wieder bleibt Svantje stumm, aber ein kleines Lächeln huscht über ihr Gesicht. Sie nickt leicht, als ob sie Daryl versteht und seine Worte schätzt. Die Kommunikation findet auf einer anderen Ebene statt, eine, die über Worte hinausgeht.
Daryl spürt, dass sie sich wohlfühlt und setzt sich näher an sie heran.
„Es ist nicht schlimm, wenn du nicht sprichst. Aber wir können uns gerne morgen wieder hier auf der Bank treffen. Dann erzähle ich dir noch mehr Geschichten. Oder ich bringe mal meine Gitarre mit, dann mache ich ein bisschen Musik.“
Die beiden schweigen eine Weile und genießen die letzten Momente des Tages auf der Bank am Spielplatz. Als die Dunkelheit langsam einbricht und die Laternen den Park erleuchten, steht Daryl auf.
„Ich sollte langsam nach Hause gehen. Es wird schon spät, und die Kinder müssen in ihre Wohnungen“, gibt er zu verstehen.
Svantje schaut Daryl an und nickt langsam. Sie steht ebenfalls auf und begleitet ihn ein Stück, bis sie vor der großen Eingangstüre des Betonbaus stehen. Daryl bleibt stehen und lächelt sie an.
„Bis morgen“, sagt er erwartungsvoll.
Dann dreht er sich um und geht.
Svantje beobachtet ihn, wie er verschwindet, und fühlt sich zum ersten Mal seit Langem verstanden und akzeptiert. Sie freut sich auf morgen und darauf, Daryls Geschichten zu lauschen und vielleicht sogar seiner Musik zu lauschen. Und wer weiß, vielleicht wird sie eines Tages selbst die Worte finden, um zu sprechen.
Still und schweigend geht Svantje dann auch in ihre Wohnung. Die Mutter ist noch nicht da, und so verkriecht sich Svantje in ihrem Zimmer. Sie macht das Radio an und hört leise Musik, während sie sich auf das Bett legt und die Geschehnisse des Tages Revue passieren lässt.
Svantje hat heute nichts gegessen. Der Magen knurrt leise, doch sie kann nicht herausgehen, um sich etwas zu besorgen. Ihre Mutter ist schon den ganzen Tag nicht zu Hause gewesen, und so bleibt Svantje in ihrer kleinen Wohnung, eingesperrt von der Welt da draußen. Es war ein sonniger Tag heute, doch für Svantje fühlt er sich düster an.
Die Zeit verstreicht langsam, und Svantje vertreibt sich die Stunden mit Lesen und Fernsehen. Aber die Gedanken an das leere Kühlschrankregal lassen sich nicht vertreiben. Ihre Mutter hatte versprochen, rechtzeitig zurückzukommen, um gemeinsam zu essen, doch davon fehlt jede Spur. Svantje sorgt sich und fühlt sich einsam.
Als die Sonne längst hinter den Häusern verschwunden ist und die Dunkelheit hereinbricht, hört sie endlich das Geräusch von Schlüsseln in der Tür. Die Mutter ist zurück. Svantje tut so, als würde sie in ihrem Bett schlafen, die Augen geschlossen und den Atem ruhig. Sie möchte ihrer Mutter keine Vorwürfe machen, möchte nicht, dass sie sieht, wie hungrig und verletzt sie ist.
Die Mutter betritt leise das Zimmer, das Radio plärrt leise vor sich hin. Sie geht zur Kommode, schaltet das Radio aus und setzt sich kurz auf Svantjes Bett. Sie streicht ihrer Tochter sanft über die Stirn und flüstert: „Es tut mir leid, dass ich so spät nach Hause gekommen bin, Schatz. Wie war dein Tag?“
Svantje ist total verdutzt. So ein Verhalten kennt sie von ihrer Mutter nicht. Irgendetwas muss hier nicht stimmen, denkt sie bei sich. Normalerweise ist ihre Mutter stark gereizt und lässt all ihre schlechte Laune an ihr aus. Aber heute? Heute ist sie so freundlich. Warum?
Svantje öffnet langsam die Augen und lächelt schwach.
„Es war in Ordnung, Mama“, erwidert sie, obwohl sie sich nach einer warmen Mahlzeit sehnt.
Ihre Mutter küsst sie auf die Stirn und steht auf.
„Ich habe heute Besuch mitgebracht. Ich hoffe, das macht dir nichts aus“, sagt sie.
Daher weht also der Wind, denkt Svantje bei sich. Ihre Mutter hat wieder einmal einen fremden Mann hierher gebracht, der nichts darüber wissen soll, wie es hier normalerweise zugeht.
Schwach nickt Svantje und dreht sich daraufhin wieder zur Seite. Sie zieht ihre Decke fester über sich, so als wolle sie sich schützen vor der Kälte des Herzens ihrer Mutter.
Die Mutter lächelt und verlässt das Zimmer. Svantje hört, wie sie in der Küche Geräusche macht und hört schließlich Stimmen von draußen. Es ist eine fremde Männerstimme, die sie hört. Wieder bringt ihre Mutter einfach jemand Fremden mit, denkt Svantje bei sich. Es geht ihr so auf die Nerven, dass ihre Mutter mehr Zeit mit fremden Männern verbringt, als sich um Svantje zu kümmern. Sie fühlt sich vernachlässigt und allein gelassen.
Die Stunden ziehen sich hin, und Svantje hört das laute Lachen und die Gespräche von ihrer Mutter und ihrem Besuch. Sie liegt allein in ihrem Zimmer, den Hunger im Magen und die Traurigkeit im Herzen. Es fühlt sich an, als würde ihre Mutter sie vergessen haben.
Svantje fühlt sich nicht mehr wichtig. Eigentlich hatte sie sich noch nie wichtig gefühlt, ihr ganzes Leben lang.
Tränen laufen über Svantjes Gesicht, als sie sich in ihrem Bett zusammenrollt. Sie vergräbt ihr Gesicht im Kissen, um das Schluchzen zu ersticken. Sie vermisst die Zeiten, als ihre Mutter noch mehr Zeit mit ihr verbracht hat, als sie in der Lage war, mit ihr zu reden und sie zu trösten. Doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein.
Irgendwann wird es still im Wohnzimmer, und Svantje hört, wie ihre Mutter und der Besuch ins Schlafzimmer gehen. Die Tür fällt leise ins Schloss. Svantje ist allein in der Dunkelheit. Ihr Magen schmerzt vor Hunger, und die Traurigkeit in ihr scheint unendlich. Sie kann nicht verstehen, warum ihre Mutter so viel Zeit mit diesem fremden Mann verbringt und sie vernachlässigt.
Schließlich übermannt die Erschöpfung sie, und Svantje schläft ein. Die Tränen sind längst getrocknet, aber die Leere in ihrem Herzen bleibt. Sie träumt von besseren Zeiten, von Zeiten, als ihre Mutter für sie da war und sie sich geliebt fühlte.
Als der neue Tag anbricht, wird Svantje von den Sonnenstrahlen geweckt, die durch das Fenster scheinen. Sie erinnert sich an die Ereignisse der letzten Nacht und fragt sich, ob sich etwas ändern wird. Ihre Mutter ist bereits aufgestanden und aus dem Schlafzimmer gegangen, und der fremde Mann ist verschwunden. Svantje fühlt sich allein und hungrig, aber sie weiß, dass sie weiterhin auf ihre Mutter warten wird, in der Hoffnung, dass sich etwas ändert, dass ihre Mutter wieder mehr Zeit für sie hat und dass sie sich nicht länger vernachlässigt fühlt.
Svantje sitzt in ihrem Schulzimmer, das Herz klopft so laut in ihrer Brust, dass sie glaubt, die anderen Schüler könnten es hören. Mrs. Johnson, ihre Englischlehrerin, verteilt die Tests.
„So, sechste Klasse, heute bekommt ihr eure Englischarbeiten wieder“, sagt die Lehrerin. „Ich bin sehr zufrieden mit euren Resultaten. Bis auf einige wenige Ausnahmen hat die Klasse gut abgeschnitten.“
Mrs. Johnson, eine gebürtige Engländerin, spricht in ihrem Akzent und ruft die Namen einzeln auf.
Bei Svantje angekommen, legt sie das Arbeitsblatt stumm auf ihren Tisch.
Svantje schließt die Augen und atmet tief ein und aus, als sie das Blatt mit ihrer Note in den Händen hält. Ihr Herz rast, als sie die Augen öffnet und auf die große, fette "5" starrt. Eine Fünf.
Panik kriecht in Svantje hoch, und sie kann das Brennen der Tränen in ihren Augen spüren. Sie hat so hart für diesen Test gelernt, sich stundenlang mit Vokabeln und Grammatik gequält, und jetzt das. Ihr Blick wandert umher, und sie sieht, wie die anderen Schüler ihre Tests begutachten. Die meisten haben bessere Noten als sie, einige sogar eine Eins.
Svantje senkt den Kopf und lässt sich in ihren Stuhl sinken. Wie wird sie das ihrer Mutter beibringen? Ihre Mutter hat immer hohe Erwartungen an sie, hat immer gesagt, dass gute Noten wichtig sind. Svantje kann sich schon vorstellen, wie ihre Mutter reagieren wird, wenn sie von dieser Fünf erfährt. Wahrscheinlich wird sie schreien und schimpfen, so wie beim letzten Mal, als Svantje eine Drei nach Hause brachte.
Sie kann das Bild vor sich sehen: ihre Mutter wird enttäuscht sein und sie als Versagerin beschimpfen.
Der Rest des Schultages vergeht wie in einem Nebel. Svantje kann sich nicht auf den Unterricht konzentrieren, sie starrt nur auf ihren Test und fühlt sich elend. Als die Schule endlich vorbei ist, schleicht sie sich aus dem Gebäude, ohne mit jemandem zu sprechen. Sie hat nicht den Mut, ihren Klassenkameraden zu begegnen, nicht jetzt.
Stattdessen schlendert sie ziellos durch die Straßen, den Test immer noch in der Hand. Sie weiß, dass sie nach Hause gehen sollte, aber sie kann es einfach nicht. Die Angst davor, was ihre Mutter sagen wird, ist übermächtig. Also beschließt sie, sich auf den nahegelegenen Spielplatz zu begeben, der gerade verlassen scheint.
Als sie den Spielplatz erreicht, bemerkt sie, dass die Schaukeln leer sind und die Kinder, die normalerweise hier spielen, bereits nach Hause gegangen sind. Svantje sucht sich eine abgelegene Ecke, hinter den Büschen, wo sie hofft, nicht entdeckt zu werden. Sie lässt sich auf den Boden sinken und starrt auf den Test in ihren Händen.
Die Sonne steht tief am Himmel, und langsam beginnt die Welt um sie herum in ein warmes Abendlicht zu tauchen. Svantje hat das Gefühl, als wäre sie in einer anderen Welt, einer Welt, in der sie niemand beurteilen kann. Sie überlegt, wie sie ihrer Mutter entkommen kann, wie sie die Wut und Enttäuschung vermeiden kann, die sie erwartet.
Die Minuten verstreichen, und Svantje grübelt über die verschiedenen Ausreden nach, die sie verwenden könnte. Vielleicht könnte sie sagen, dass die Lehrerin den Test falsch bewertet hat, oder dass sie sich nicht wohl gefühlt hat und deshalb nicht ihr Bestes geben konnte. Aber sie weiß, dass ihre Mutter das durchschauen würde.
Leise sitzt Svantje da und weint in sich herein.
Draußen wird es allmählich dunkler, und der Spielplatz wird stiller. Svantje spürt Hunger in ihrem Magen, aber sie kann nicht nach Hause gehen. Die Vorstellung, wie ihre Mutter auf sie reagieren wird, lähmt sie. Sie fragt sich, wie sie in dieser Ecke des Spielplatzes die Nacht verbringen kann, ohne dass jemand nach ihr sucht.