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DIREKTOR. Ich war zu blind! Oh! Die Engel, ich höre sie rufen! Kommt herbei, Ihr lieblichen Spieler! ZUSCHAUER. Kommt herbei und liebt das Spiel, zu bieten haben wir ganz viel! DIREKTOR. Machen wir es wahr, gehen wir hinaus in die Natur. Und vereinen Natur mit Natur! ZUSCHAUER. Oh ja, so soll es sein. Der Korpus vollendet mit jedem Klang, eine Revolution, die himmlisch begann!
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Seitenzahl: 35
Vorwort
Der erste Auftritt
Der andere Auftritt
Der letzte Auftritt
Tantalus ad absurdum, oder der spielende Zuschauer, ist nebst anderem primär eine Idee, die mit zwei schreienden Herzen in meiner Brust verfasst wurde, welche konterkarierend entgegen meiner Intuition agierten, dennoch die Sinne meiner inneren Stimme, meinen Geist, wenn sie so möchten, übertönten und folglich diese akratische Handlung hervorriefen. Die Gründe, weshalb diese Idee und weitere Ausführungen in dem Stück auf einen internen Dualismus trafen, sollen derweil unbeachtet bleiben. Nur sollen noch einige Dinge über die Art und den Zweck ebendieser Gedanken gesagt sein.
Es handelt sich bei diesem Werk mit relativer Wahrscheinlichkeit, gemäß der generellen Konformität des kategorischen Zwanges des Menschen, um ein Lesedrama, das heißt, ein dramatisches Stück Literatur unbrauchbar für die Aufführung auf der Bühne – in den meisten Fällen. Ich sage bewusst mit relativer Wahrscheinlichkeit, da man durch einiges Drehen und Wenden des Konstruktes und der Erzählstruktur sowie der Außerachtlassung einiger Elemente des aristotelischen Aufbaus auch dieses Stück auf die Bühne bringen könnte, was, wie folglich noch auffindbar wird, gegen den angestrebten Zweck laufen würde, der sich eigens innerhalb des Prozesses der Schöpfung herauskristallisierte.
Unter Betrachtung des Standes im hic et nunc gelange ich über verschiedene Pfade, von welchen hier erstmals nur einer beleuchtet werden soll, im Laufe meiner eigenen Analyse der Niederschrift zu diesem Entschluss. Dieser besagte Pfad ist, wie Ihnen selbst noch auffallen wird, ein äußerst offensichtlicher. Die hier häufig auftretenden, besonders für das Schauspiel äußerst langen Monolog- und Dialogfragmente wirken gegen die dramatischen Effekte, Jammer, Schauder, Empathie, nur um ein Bruchstück der ganzen Bandbreite anzuführen, die im Zuschauer üblich ausgelöst werden sollen.
Diesem Phänomen beisteuernd führt die grundlegende doppelte Rahmenstruktur des Stücks, zusammengesetzt aus einem transzendentaldramatischen und einem tragischen Teil, ersteres beschreibt den spielenden Zuschauer, letzteres die Tantalos-Tragödie, mit der ineinandergreifenden Struktur zu einem mehrfachen Unterbrechen der linearen Handlung, was eine kontinuierliche, mitfühlende Bindung zwischen Objekt, dem Stück, und Subjekt, dem Leser, oder Zuschauer, je nach Fall, erschwert.
Vorerst letztlich möchte noch gesagt sein, dass die Quintessenz der einfachen Kunst, welche nachfolgend im Austausch genauer erläutert wird, gleichfalls für die Veröffentlichung dieser Niederschrift der ausschlaggebende Faktor war. Dieses Werk soll nicht eine Vielzahl Menschen erreichen, von diesen mit müden Knospen gelesen und späterhin ohne weitere Gedanken weggelegt werden. Es soll die Augen weniger erreichen und von ihnen geliebt oder gehasst, belächelt oder beweint, verachtet oder verzehrt werden. Das Werk will gefühlt werden, unabhängig des ausgelösten Gefühls, denn nur die Gleichgültigkeit trägt die Macht, die Kunst zu ersticken. In diesem Verlangen nach Gefühl und Verbundenheit liegt alles, wofür die Kunst stehen soll, und sobald auch nur eine weitere Person diesbezüglich erreicht wird, werde ich friedvoll aus dem Leben scheiden können.
Während einer Probe im leeren Theatersaal.
DIREKTOR, und einige Schauspieler auf der Bühne.
ZUSCHAUER und KUNSTRICHTER vornedran.
DIREKTOR (wütend und erschöpft). Nein, nein, nein!
KUNSTRICHTER. Nein!
DIREKTOR. Das geht so doch nicht. So kann es doch nicht gehen!
KUNSTRICHTER. So nun wirklich nicht!
DIREKTOR. Lieblos und einfältig, es ekelt mich. Ekel!
KUNSTRICHTER. Eine Aversion!
DIREKTOR. Oh, meine Augen, sie brennen, meine Arme, sie schmerzen.
KUNSTRICHTER. Die Worte gleichen einem Bügel in meinem Ohr, Säure in den Augen!
DIREKTOR. Weh mir, diese Schmach.
KUNSTRICHTER. Auch mir!
DIREKTOR. Wie oft denn noch?
KUNSTRICHTER. Lange tue ich mir das nicht mehr an.
DIREKTOR. Die Verse werden geschlachtet, die Reime gefoltert, der Sinn wird verbannt, die Metrik über den Haufen geworfen, und ich soll zuschauen?
KUNSTRICHTER. Nein!
DIREKTOR. Ist das ein Theater, oder ein Friedhof? Bin ich Direktor oder Metzger?
KUNSTRICHTER. Verlaufen habe ich mich wohl nicht?
DIREKTOR. Nein!
KUNSTRICHTER. Das dachte ich mir bereits. Nein, nun wirklich nicht.
DIREKTOR. Auf dieser Bühne gibt es nur das Großartige, also seid artig und werdet groß.
KUNSTRICHTER. Genus grande, alles andere die reinste Schande.
DIREKTOR. Sonst schlägt die Klappe zu und raus bist du. Willst du, dass der Kunstrichter lacht?
KUNSTRICHTER. Wollen Sie das?
DIREKTOR. Wenn dieser lacht, dann ist ’s vorbei mit uns.
KUNSTRICHTER. Nicht nur, wenn ich lache. Wenn Sie mich dazu zwingen, mir selbens die Augen auszustechen, dann kommt die Anzeige noch dazu.