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Dieses eBook: "Tante Frieda: Neue Lausbubengeschichten" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Ludwig Thoma (1867-1921) war ein bayerischer Schriftsteller, der durch seine ebenso realistischen wie satirischen Schilderungen des bayerischen Alltags und der politischen Geschehnisse seiner Zeit populär wurde. Ludwig Thoma bemühte sich in seinen Werken darum, die herrschende Scheinmoral bloßzustellen. Ebenso prangerte er kompromisslos Schwäche und Dummheit des spießbürgerlichen Milieus und das chauvinistische und großmäulige Preußentum mit seinem Pickelhauben-Militarismus an. Er stieß sich auch am Provinzialismus und der klerikalen Politik seiner Zeit im Königreich Bayern, was sich beispielhaft in Jozef Filsers Briefwexel niederschlägt. Als brillant werden die mit Humor und Satire gewürzten Erzählungen oder Einakter aus dem bäuerlichen und kleinstädtischen Lebenskreis in Oberbayern angesehen. Die unsentimentalen Schilderungen agrarischen Lebens in den Romanen sind wohl deshalb besonders lebensnah gelungen, weil Thoma aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit eine Fülle praxisnaher Einblicke in die Lebensumstände auf dem Lande gewinnen konnte. Inhalt: Tante Frieda Die Indianerin Franz und Cora Das Waldfest Coras Abreise Hauptmann Semmelmaier
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Seitenzahl: 138
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Ein Klassiker der bayerischen Literatur gewürzt mit Humor und Satire
Meine Mutter sagte: »Ach Gott ja, übermorgen kommt die Schwägerin.«
Und da machte sie einen großen Seufzer, als wenn der Bindinger da wäre und von meinem Talent redet.
Und Ännchen hat ihre Kaffeetasse weggeschoben und hat gesagt, es schmeckt ihr nicht mehr, und wir werden schon sehen, daß die Tante den Amtsrichter beleidigt und daß alles schlecht geht.
»Warum hast du sie eingeladen?« sagte sie.
»Ich hab sie doch gar nicht eingeladen«, sagte meine Mutter, »sie kommt doch immer ganz von selber.«
»Man muß sie hinausschmeißen«, sagte ich.
»Du sollst nicht so unanständig reden«, sagte meine Mutter, »du mußt denken, daß sie die Schwester von deinem verstorbenen Papa ist. Und überhaupt bist du zu jung.«
»Aber wenn ihr sie doch gar nicht mögt«, habe ich gesagt, »und wenn sie den Amtsrichter beleidigt, daß er Ännchen nicht heiratet, und sie freut sich schon so darauf. Vielleicht sagt sie ihm, daß er schielt.«
Da hat Ännchen mich angeschrieen: »Er schielt doch gar nicht, du frecher Lausbub, und jetzt spricht er, daß ich heiraten will, und die Leute reden es herum. Nein, nein, ich halte es nicht mehr aus, ich gehe in die Welt und nehme eine Stellung.«
Da ist meine Mutter ganz unglücklich geworden und hat gerufen: »Aber Kindchen, du darfst nicht weinen. Es wird alles recht werden, und, in Gottes Namen, der Besuch von der Tante wird auch vorüber gehen.«
Das ist am Montag gewesen, und am Mittwoch ist sie gekommen. Wir sind alle drei auf die Bahn gegangen, und meine Mutter hat immer gesagt: »Ännchen, mache ein freundliches Gesicht! Sonst haben wir schon heute Verdruß.«
Da hat der Zug gepfiffen, und sie ist herausgestiegen und hat geschrieen: »Ach Gott! ach Gott! Da seid ihr ja alle! Oh, wie ich mich freue! Helft mir nur, daß ich mein Gepäck herauskriege!«
Sie hat in den Wagen hineingerufen, die Schachtel gehört ihr, und der Koffer unter dem Sitz gehört ihr, und die Tasche oben gehört auch ihr und hinten der Käfig mit dem Papagei. Ein Mann hat ihr alles herausgetan, und sie hat es mir gegeben, aber ich habe gesagt, der Koffer ist zu schwer, ich kann ihn nicht tragen. »Ännchen hilft dir schon«, hat sie gesagt, »ihr seid jung und stark. Aber mein Lorchen trage ich selber.« Dann ist sie zu meiner Mutter hingegangen und hat sie geküßt und hat gerufen: »Ich bin froh, daß ich dich gesund sehe, ich habe oft so Angst wegen deinem Herzleiden, aber gib acht, daß du nicht an den Käfig kommst, mein Lorchen kann das Schütteln nicht vertragen.«
Meine Mutter hat den großen Koffer angesehen und hat gemeint, es ist vielleicht besser, wenn ihn der Stationsdiener tragt, aber die Tante hat gesagt: »Nein, ich gebe es nicht zu, daß du Auslagen hast; die Kinder werden schon fertig damit.«
Ännchen hat es probiert. Es ist nicht gegangen, weil er zu schwer war. Da ist der Alois gelaufen gekommen, das ist der Stationsdiener, und er hat den Koffer genommen.
Die Tante hat wieder zu meiner Mutter gesagt, es ist ihr nicht recht, daß wir Auslagen haben, und sie hat nicht gedacht, daß Ännchen so schwächlich ist. Aber es fällt ihr ein, daß sie schon als Kind zart war. Vielleicht hat sie etwas geerbt von dem Herzleiden von meiner Mutter.
»Ich bin aber, Gott sei dank, gesund«, hat meine Mutter gesagt, »und der Arzt findet nichts mehr.«
»Ja, die Ärzte!« hat die Tante gerufen. »Bei meinem armen Josef haben sie auch nichts gefunden, bis er tot war, und oft wollen sie es einem nicht sagen.«
Dann sind wir heimgegangen.
Unterwegs hat Ännchen zu mir gewispert: »Du wirst sehen, Ludwig, sie bleibt die ganze Vakanz.«
»Das glaube ich nicht«, habe ich gesagt. »Wenn sie bleiben möchte, finde ich schon etwas, daß sie geht.«
Da hat Ännchen heimlich gelacht, und sonst ist sie doch immer unglücklich, wenn etwas von mir herauskommt. Aber diesmal hat sie gelacht und hat gefragt: »Was willst du denn machen?«
Ich habe gesagt: »Das weiß ich nicht. Vielleicht mache ich einen Speiteufel in dem Papagei seinem Käfig, oder ich rupfe ihn, daß er nackt wird, oder ich tue sonst was. Man kann es nicht vorher sagen, was man tut, weil man erst studieren muß, was sie am meisten ärgert.«
Ännchen hat gewispert: »Wenn du etwas findest, daß sie geht, schenke ich dir zwei Mark.«
»Das ist recht«, habe ich gesagt. »Aber du mußt mir zuerst eine Mark geben, weil ich vielleicht Auslagen haben muß.« Sie hat mir auch eine Mark versprochen, und dann sind wir heimgekommen.
Wir haben an der Tür warten müssen, weil meine Mutter nicht so schnell gehen kann und mit der Tante zurückgeblieben ist.
Im Hausgang hat die Tante gesagt: »In Gottes Namen, da bin ich also wieder. Nein, wie es hübsch ist bei dir! Du hast ja einen Kokusläufer da!«
Meine Mutter hat gesagt, daß der Gang im Winter so kalt ist, und daß sie den Läufer wegen ihrer Gesundheit angeschafft hat.
»Der Meter kostet gewiß vier Mark«, hat die Tante gesagt. »Man kriegt schon um eine Mark fünfzig recht schöne Läufer.«
Sie ist in ihr Zimmer gegangen, und ich habe ihre Sachen hineingetragen. Sie hat den Käfig auf den Tisch gestellt und hat zu dem Papagei gesagt: »So, Lorchen, da sind wir jetzt, und es wird uns schon gefallen.« Und dann hat sie ihren Mund an das Gitter gesteckt und hat ihn gelockt: »Su su! Wo ist das schöne Lorchen?« Und der Papagei hat den Kopf auf die Seite getan und ist auf der Stange zu ihr hingerutscht und hat seinen Schnabel in ihren Mund gesteckt.
Ich hätte es nicht tun mögen, wenn sie mir einen Sack voll Äpfel oder eine Torte geschenkt hätte.
Aber die Papageien sind alle ekelhaft. Ich dachte, ob er auch so herrutscht, wenn ich ihm ein paar Federn ausreiße, und ich dachte, wie er aussieht, wenn eine Stranitze voll Pulver bei ihm losgeht.
Vielleicht hat die Tante gemerkt, was ich denke, denn sie hat sich umgedreht und hat gesagt: »Daß du mir artig gegen Lorchen bist, du Lausbube!«
Da habe ich gesagt: »Ja, liebe Tante.« Und ich habe mich auch hingestellt und habe gerufen: »Lorchen! Wo bist du?«
Aber der Papagei ist gleich weg und hat sich in die Ecke gesetzt und hat einen Fuß aufgehoben. Und er hat die Augen aufgerissen, als wenn er schon weiß, daß ich ihm bald Pulver gebe.
Ich bin hinaus, und die Tante ist gleich zu meiner Mutter in das Wohnzimmer gegangen.
Da ist mir eingefallen, daß ich noch etwas tun muß, und ich bin ganz schnell in das Zimmer von der Tante und habe aus dem Krug den ganzen Mund voll Wasser genommen. Dann bin ich zum Käfig, und der Papagei ist wieder weggerutscht, und ich habe einen spanischen Nebel auf ihn gespritzt, daß er den Kopf hineingesteckt hat und mit den Flügeln geschlagen hat.
Dann bin ich geschwind in das Wohnzimmer. Meine Mutter hat der Tante etwas zu essen gegeben, und sie haben miteinander geredet, wie es ihnen geht.
Die Tante hat gesagt, sie muß sehr sparsam sein, weil sie so wenig Pension hat und kein Geld nicht. Sie möchte jetzt sehr froh sein, wenn sie von früher ein bißchen Vermögen hätte, aber ihr Josef hat nichts gespart von dem Gehalt, weil es wenig war und weil er geraucht hat und in der Woche zweimal ins Wirtshaus gegangen ist. Und von daheim hat sie auch nichts bekommen, weil ihre Brüder studiert haben und so viel gebraucht haben.
Da hat meine Mutter gesagt, daß mein Vater als Student gar nicht viel gebraucht hat.
»Woher weißt du das?« hat die Tante gefragt. »Er hat es mir oft erzählt«, hat meine Mutter gesagt. »Er hat Stunden gegeben auf dem Schimnasium, und wie er auf der Forstschule war, hat er auch einem jungen Baron Stunde gegeben.«
»Das hat er bloß so gesagt«, hat die Tante geantwortet und hat ein großes Stück von der Wurst in den Mund gesteckt.
Meine Mutter ist ganz rot geworden, und sie hat ihre Haube auf den Haaren fester gesteckt und hat gesagt: »Nein, Frieda, er hat in seinem ganzen Leben nie keine Unwahrheit geredet.«
Die Tante ist zuerst still gewesen, weil sie die Wurst kauen mußte, und sie hat sich die Nase gerieben. Und dann hat sie wieder geredet. »Wenn er Stunden gegeben hat, dann möchte ich bloß wissen, wo er das viele Geld hingetan hat. Ich weiß es doch besser, und wir drei Schwestern haben es büßen müssen, weil kein Vermögen nicht da war und keine was mitkriegte.«
»Warum redest du immer solche Sachen?« hat meine Mutter gefragt.
»Ich meine ja bloß«, hat sie gesagt, »und weil es wahr ist. Zum Beispiel hat mich der Assessor Römer gern gesehen, und er ist jetzt Regierungsrat in Ansbach, und er hätte mich geheiratet, wenn etwas dagewesen wäre, aber so natürlich hab ich bloß einen Postexpeditor gekriegt.«
»Du bist doch glücklich gewesen mit deinem Josef!« hat meine Mutter gesagt.
»Gott hab ihn selig!« hat die Tante gerufen. »Wir sind recht glücklich gewesen, aber ich wäre jetzt Regierungsrätin in Ansbach, wenn unsere Brüder nicht das ganze Geld gebraucht hätten.«
Ich habe mich furchtbar geärgert, daß sie über unseren Vater so redet, und ich habe gedacht, ob ich nicht vielleicht schon heute das Feuerwerk mit dem Papagei mache. Oder ob ich nicht geschwind noch einen spanischen Nebel spritze.
Aber die Tante ist aufgestanden, weil meine Mutter hinaus gegangen ist, und da habe ich gemerkt, daß es jetzt nicht geht.
Die Tante ist im Zimmer herumgegangen und hat alles angeschaut.
Unter dem Hirschgeweih ist das Bild von meinem Vater gehängt, wie er Student gewesen ist. Er hat eine Mütze gehabt und einen Säbel und große Stiefel. Meine Mutter sagt immer, er hat so ausgeschaut, wie sie ihn zuerst gesehen hat. Da haben sie einen Fackelzug gemacht, und mein Vater ist vorausgegangen. Die Tante hat das Bild angeschaut und hat wieder gesagt: »Da sieht man es doch ganz deutlich, wo er das viele Geld gebraucht hat!«
Dann ist sie bei der Kommode gestanden. Da hat Ännchen die Photographie von dem Herrn Amtsrichter hingestellt, und die Tante hat es gleich gesehen und hat mich gefragt: »Wer ist denn das?« Ich habe gesagt, das ist unser Amtsrichter. Da hat sie gefragt: »Wer ist unser Amtsrichter?«
Ich habe gesagt, der, wo immer zum Kaffee kommt, und er heißt Doktor Steinberger.
Da hat sie das Bild genommen und gesagt, so, so, aber er gefällt ihr gar nicht, er hat schon so wenig Haare und er schielt ziemlich stark und das Gesicht ist so dick, als wenn er gerne trinkt. Ich mag den Steinberger auch nicht besonders, weil er zu mir gesagt hat, ich soll gegen meine Schwester anständig sein, oder er nimmt mich einmal bei den Ohren.
Und ich mache Ännchen oft vor, wie er schielt, und dann heult sie. Aber es hat mich geärgert, daß die Tante etwas gegen ihn weiß, weil sie auch etwas gegen unsern Vater gewußt hat.
Ich habe gedacht, ob ich vielleicht in die Küche gehe und es ihnen sage, aber dann gibt es nichts Gescheites zum Essen, wenn sie immer hinauslaufen und heulen und sich die Augen waschen müssen. Ich habe gedacht, ich sage es, wenn das Essen vorbei ist.
Dann ist meine Mutter in das Zimmer gekommen und hat der Tante die Hand gegeben und hat gesagt, sie hat sich vorher ein bißchen geärgert, aber sie weiß, daß es vielleicht nicht recht war, und es ist vorbei.
Die Tante hat ihre Nase gerieben und hat gesagt, daß man sich natürlich nicht ärgern darf, wenn man die Wahrheit hört. Sie ist furchtbar gemein.
Ich bin hinausgegangen, und meine Mutter hat gerufen: »Wo gehst du denn hin, Ludwig? Wir essen gleich.« Ich habe gesagt, ich muß geschwind ein unregelmäßiges Verbum anschauen, weil ich vergessen habe, wie es geht.
Da hat meine Mutter freundlich gelacht und hat gesagt, das ist recht, wenn ich das unregelmäßige Verbum studiere, und man muß immer gleich tun, was man sich vornimmt.
Und zur Tante hat sie gesagt: »Weißt du, Frieda, ich glaube, unser Ludwig hat jetzt den besten Willen, daß er auf dem Schimnasium vorwärts kommt.« Ich bin recht laut gegangen bis zu meinem Zimmer und habe die Tür aufgemacht, dann bin ich aber ganz still in der Tante ihr Zimmer gegangen. Der Papagei hat mich gleich gesehen und ist von der Stange gehupft und in das Eck gekrochen. Ich habe schnell das Glas mit Wasser voll gemacht und bin zu ihm hin und habe ihn zweimal angespritzt, daß es von seinen Flügeln getropft hat.
Da hat er die Augen zugemacht, und er hat furchtbar gepfiffen, als wenn ich durch die Finger pfeife, und er hat geschrieen: »Lora!«
Da bin ich geschwind hinaus und in mein Zimmer und habe ein Buch genommen. Der Papagei hat noch einmal gepfiffen, und ich habe gleich gehört, wie die Tür vom Wohnzimmer aufgegangen ist und die Tante ist schnell gegangen und hat gesagt: »Ich weiß nicht, warum Lorchen ruft.«
Und dann ist es ein bißchen still gewesen, und dann hat sie in ihrem Zimmer geschrien: »Das ist ja eine Gemeinheit! Das arme Tierchen!«
Und sie hat meine Mutter gerufen, sie soll hergehen und soll es anschauen, wie das Lorchen patschnaß ist, und das kann niemand gewesen sein, wie der nichtsnutzige Lausbub.
Das bin ich.
Meine Mutter hat in mein Zimmer hereingeschaut, und ich habe vor mich hingemurmelt, als wenn ich das unregelmäßige Verbum lerne.
Da hat sie gesagt: »Ludwig, hast du den Papagei naß gemacht?«
Ich habe ganz zerstreut aus meinem Buch gesehen.
»Was für einen Papagei?« habe ich gefragt.
»Der Tante ihren Papagei«, hat sie gesagt. Da bin ich ganz beleidigt gewesen. Und ich habe gesagt, warum ich immer alles bin, und ich habe doch mein unregelmäßiges Verbum studiert, und ich kann es jetzt, und auf einmal soll ich einen Papagei naß gemacht haben.
Die Tante ist auch an die Tür gekommen und hat gerufen: »Wer ist es denn sonst?« Ich habe gesagt, das weiß ich nicht, vielleicht ist es der Schreiner Michel gewesen, der hat eine Holzspritze und kann furchtbar weit spritzen damit.
Die Tante hat gesagt, ich soll mitgehen, sie muß es untersuchen, und meine Mutter ist auch mitgegangen.
Wie wir in das Zimmer hinein sind, hat der Papagei gleich den Kopf unter die Flügel versteckt und hat furchtbar gepfiffen und hat seine Augen auf mich gerollt.
Die Tante hat geschrieen: »Siehst du, er ist es gewesen! Mein Lorchen ist so klug!«
Meine Mutter hat gesagt: »Wenn er aber doch sein unregelmäßiges Verbum studiert hat!«
»Du glaubst immer deinen Kindern«, hat die Tante gesagt. »Davon kommt es, daß sie so werden.«
Ich habe beim Fenster hinausgeschaut, und ich habe gesagt, ich glaube, daß der Michel vom Gartenzaun herüber gespritzt hat, weil das Fenster offen ist. Die Tante hat gesagt, es ist viel zu weit und viel zu hoch, und dann muß man es doch am Fenster sehen, und das Fenster ist kein bißchen naß.
Ich sagte, der Michel kann furchtbar gut zielen, und ich bin es einmal nicht gewesen.
Da hat Ännchen gerufen, daß wir zum Essen kommen, die Suppe steht schon auf dem Tisch, und wir sind gegangen.
Der Papagei hat sich immer geschüttelt und hat die Federn aufgestellt, und die Tante hat gesagt: »Mein Lorchen muß keine Angst nicht haben. Ich lasse mein Lorchen nicht mehr naß machen.«
Und sie hat mich furchtbar angeschaut, und der Papagei hat mich auch furchtbar angeschaut.
Aber ich habe gedacht, er wird noch viel ärger schauen, wenn das Pulver losgeht.
Beim Essen ist die Tante noch immer zornig gewesen; man hat es gekannt, weil ihre Nase vorne ganz weiß war und weil sie mit dem Löffel so schnell die Suppe gerührt hat.
Meine Mutter hat gesagt, sie soll sich die Freude von der Ankunft nicht verderben lassen.
Da hat sie gesagt, daß sie keine Freude nicht hat, wenn man ihr zuerst bös ist, weil sie die Wahrheit redet, und wenn man ein hilfloses Tier in den Tod treibt.
»Aber Frieda!« hat meine Mutter gesagt, »er ist doch bloß naß gemacht!« Und Ännchen sagte, daß ein kleines Bad keinem Vogel nicht schaden kann.
Da hat die Tante gesagt, sie wundert sich gar nicht, daß wir alle so feindselig sind, weil sie es schon gewohnt ist, und weil schon ihre Brüder so waren und haben doch das ganze Geld verbraucht.