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Tausendundeine Nacht mit Scheich Bandar sind Samantha nicht genug. Ganz verzückt gibt sie sich immer wieder der Leidenschaft in seinen Armen hin. Bis Bandar überstürzt abreisen muss und sie erfährt, welch tragisches Geheimnis er ihr verschwiegen hat …
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Seitenzahl: 173
IMPRESSUM
Tausendundeine Nacht in deinen Armen erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2006 by Miranda Lee Originaltitel: „Love-Slave to the Sheikh“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 297 Übersetzung: Alexa Christ
Umschlagsmotive: feedough_Depositphotos
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2021
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751506588
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Sie müssen die Diagnose nicht beschönigen. Bitte sagen Sie mir offen, wie es um mich steht.“
Der Neurochirurg warf einen Blick über seinen Schreibtisch auf den äußerst prominenten Patienten, der vor ihm saß. Er zweifelte nicht, dass Scheich Bandar bin Saeed al Serkel seine tapferen Worte ernst meinte. Aber er fragte sich, ob der Scheich wirklich darauf gefasst war zu hören, dass seine Überlebenschancen nicht größer waren als die Aussicht, dass ein Dreijähriger das nächste Derby gewann.
„Sie haben einen Gehirntumor“, erklärte der Arzt. „Er ist bösartig“, fügte er hinzu, als die erste Aussage bei seinem Gegenüber nicht mal ein Wimpernzucken hervorrief.
Normalerweise wurden die Leute blass, wenn sie solche Neuigkeiten erhielten. Doch dieser Mann zeigte keine Regung. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass er Araber war und daran glaubte, dass sein Leben in den Händen Gottes lag – wenn es Allahs Wille war, dass er starb, dann sollte es eben so sein.
Der Mann war jedoch erst vierunddreißig, und er sah hervorragend aus. Kein Mensch käme auf die Idee, dass er Krebs hatte – oder dass er ein Scheich war.
Er trug weder arabische Kleidung noch einen Bart. Offensichtlich bevorzugte er maßgeschneiderte Anzüge aus der Savile Row und eine glatte Rasur.
Dennoch war er ein Scheich. Als einziger Sohn eines milliardenschweren Öltycoons und eines englischen Starlets – die beide bei einem Brand an Bord einer Luxusjacht auf tragische Weise ums Leben gekommen waren – hatte er seine Ausbildung in Oxford erhalten und lebte zurzeit in England, wo er ein Apartment in Kensington besaß, einen Stall voll teurer Rennpferde in Newmarket und ein Pferdegestüt in Wales.
Das wusste er von seiner Sekretärin, die bereits ihr Herz an den schwerreichen Mann verloren hatte und ihm daher alle Infos über seinen exotischen und wohlhabenden Patienten ungefragt präsentierte. Eine ganze Woche lang hatte sie praktisch nur von diesem Mann geredet, vor allem von seinem Ruf als Playboy.
„Und?“, hakte der Scheich jetzt nach.
Der Chirurg sammelte sich, um seinem Patienten auch noch den letzten Rest der Wahrheit zu gestehen. „Ohne Operation werden Sie innerhalb eines Jahres sterben. Die Operation ist allerdings sehr riskant. Ihre Chancen stehen fünfzig-fünfzig. Die Entscheidung liegt bei Ihnen.“
„Bei Ihnen klingt es so, als hätte ich eine Wahl. Wenn ich nichts tue, sterbe ich auf jeden Fall. Also müssen Sie natürlich operieren. Sind Sie der Beste auf diesem Gebiet?“ Bandar lächelte.
„Ich bin der Beste hier in Großbritannien.“
Der Scheich nickte. Jetzt wirkte sein attraktives Gesicht wieder sehr ernst. „Ich halte sehr viel von den Briten. Sie überschätzen ihre Fähigkeiten nicht, so wie es manch andere tun. Und sie arbeiten hervorragend unter Druck. Setzen Sie die Operation für die letzte Woche im Juni an.“
„Aber das sind noch drei Wochen bis dahin. Ich würde gerne so bald wie möglich operieren.“
„Werden sich meine Überlebenschancen sehr verschlechtern, wenn ich drei Wochen warte?“
Der Chirurg runzelte die Stirn. Bei Krebs war es nie gut zu warten. „Wahrscheinlich nicht sehr“, gab er widerwillig zu. „Dennoch kann ich es nicht empfehlen.“
„Aber ich werde diese drei Wochen auf jeden Fall überleben, sehe ich das richtig?“, resümierte Bandar ernst.
„Ihre Kopfschmerzen werden sich verschlimmern.“
„Können Sie mir etwas dagegen geben?“
Der Arzt seufzte. „Ich kann Ihnen etwas verschreiben“, gab er grimmig nach. „Dennoch bin ich über diese Verzögerung nicht glücklich. Warum wollen Sie so lange warten?“
„Ich muss dringend nach Australien.“
„Australien! Warum um Himmels willen?“
„Prinz Ali von Dubar hat mich gebeten, nach seiner Pferdezucht zu sehen, während er zur Krönung seines Bruders reist. Sie haben vielleicht gelesen, dass König Khaled gestern verstorben ist?“
Der Doktor hatte es nicht gelesen. Er mochte keine Zeitungen. In seiner wenigen Freizeit bevorzugte er, etwas Entspannendes zu tun, zum Beispiel Schach spielen. Aber er wusste, wo Dubar lag und dass die königliche Familie dort extrem reich war.
„Prinz Ali könnte doch sicherlich auch jemand anderen darum bitten?“
„Ich bin der Bitte meines guten Freundes verpflichtet. Ali hat mir in meiner Kindheit einmal das Leben gerettet und seitdem nie etwas von mir verlangt. Ich kann ihm diesen Gefallen nicht abschlagen.“
„Aber wenn Sie ihm von Ihrer Erkrankung erzählten …?“
„Meine Krankheit ist meine Privatangelegenheit. Ich ganz allein werde mich darum kümmern.“
„In einer Zeit wie dieser brauchen Sie die Unterstützung von Familie und Freunden.“
Zum ersten Mal verrieten die dunklen Augen eine menschliche Regung. Einen Moment der Schwäche. Nein, der Resignation.
„Ich habe keine Familie“, erklärte der Scheich brüsk.
„Aber Sie haben Freunde. Dieser Prinz Ali, zum Beispiel. Sie sollten ihm von dem Tumor erzählen.“
„Erst wenn er von den Krönungsfeierlichkeiten nach Australien zurückkehrt.“ Der Scheich stand abrupt auf. „Ihre Sekretärin hat meine E-Mail-Adresse. Sie kann mir alle Unterlagen bezüglich der Operation zuschicken. Bis dahin …“ Er streckte seine Hand über den Schreibtisch hinweg aus.
Der Arzt erhob sich und schüttelte sie. So eine starke Hand. So ein starker Mann. Er würde sein Bestes geben, um den Scheich zu retten. Aber er konnte natürlich keine Wunder vollbringen.
„Passen Sie auf sich auf“, riet er ihm.
„Was für eine Zeitverschwendung“, fluchte Samantha unterdrückt, während sie ihre Reisetasche auf die Rückbank ihres großen Allradwagens warf und dann die Tür zuschleuderte.
„Und Geldverschwendung“, fügte sie hinzu, nachdem sie hinters Steuer geklettert war und den Motor gestartet hatte.
Ihr einziger Trost lag darin, dass sie keine allzu lange Fahrt vor sich hatte. Vom Williamstown Airport bis zum Hunter Valley brauchte man nur knappe anderthalb Stunden. Vom Flughafen in Sydney wäre sie dagegen ganze drei Stunden unterwegs gewesen.
Dennoch seufzte Samantha frustriert, während sie ihren Wagen aus dem Parkhaus lenkte und auf den Highway zusteuerte. Sie hätte niemals auf Cleo hören sollen. Bei einer fünftägigen Pauschalreise an die Gold Coast war der heiße Urlaubsflirt eben nicht automatisch inbegriffen. Schon gar nicht bei einer Frau wie Samantha, die einfach nicht der Typ war, der von attraktiven Männern angesprochen wurde, um ein paar Tage lang den Sex zu haben, den Frauen sich immer erträumten, aber selten erlebten.
Oh ja, mittlerweile war sie vorzeigbar genug, um einige männliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – ganz besonders, nachdem Cleo sie zu einem Schönheitssalon in Newcastle gezerrt hatte, wo ihr blonde Strähnen ins mittelbraune lange Haar gefärbt und ihre viel zu buschigen Augenbrauen zu eleganten Bögen gezupft wurden. Danach waren sie auf Shoppingtour gegangen und hatten für Samantha einige Kleider gekauft, die ihre athletische Figur vorteilhaft zur Geltung brachten.
Sie musste zugeben, dass sie in den vergangenen fünf Tagen verdammt gut ausgesehen hatte.
Mehrere Männer hatten sie entweder am Pool oder abends an der Restaurant-Bar angesprochen.
Doch Samantha wusste auch, dass es an ihrer Art lag, nicht an ihrem Aussehen, weshalb sich diese Männer innerhalb kürzester Zeit wieder zurückzogen: Sie beherrschte die Kunst des Flirtens einfach nicht. Müßiger Small Talk langweilte sie – genauso wie dem männlichen Ego zu schmeicheln.
Seit Jahren schon predigten ihre Freundinnen ihr, dass sie zu direkt war. Zu voreingenommen. Zu kompromisslos.
Die Wahrheit bestand darin, dass sie einfach nicht wusste, wie man sich betont feminin gab. In ihrer Kindheit hatte sie nie ein weibliches Vorbild gekannt, dem sie hätte nacheifern können.
Sie war in einem Männerhaushalt aufgewachsen – mit vier Brüdern, die ihr gezeigt hatten, wie man ein Junge war.
Nicht gerade klug, hatten ihre Freundinnen an der Schule immer gesagt.
Spätestens als Samantha ihren Schulabschluss machte, gab sie ihnen recht. Während ihrer ganzen Zeit an der High School hatte sie nicht ein Date, geschweige denn einen festen Freund. Zum Schulball musste sie einer ihrer Brüder begleiten.
Zugegebenermaßen sah sie damals auch ziemlich burschikos aus. Groß und dünn, mit flachen Brüsten. Dazu noch ein extra kurzer Haarschnitt, keinerlei Make-up und formlose Kleider.
Als Samantha dann nach Sydney ging, um Veterinärmedizin zu studieren, da hatte sie die Hoffnung bereits aufgegeben, jemals etwas mit einem Mann anzufangen. Doch schnell stellte sie fest, dass die Welt der Uni eine ganz eigene war. Selbst die hässlichsten Studentinnen endeten hier nur selten als Jungfrau. Die meisten männlichen Studenten betrachteten Sex nämlich als eine Art sportlicher Herausforderung. Je mehr Trophäen sie sammelten, desto besser. Insofern war es ihnen ziemlich egal, wie ihre Eroberungen aussahen oder ob sie eine scharfe Zunge hatten.
Während ihres vierjährigen Studiums waren nicht nur Samanthas Haare gewachsen, sondern auch ihre Brüste, sodass sie wesentlich weiblicher aussah. Aber die beiden sexuellen Erfahrungen, die sie während dieser Zeit machte, waren keineswegs so weltbewegend, wie es in Romanen immer beschrieben wurde. Mit Liebe hatte es ohnehin nichts zu tun gehabt.
Nach dem Examen arbeitete sie dann für einen Tierarzt in Randwick, der sich auf die Behandlung von Rennpferden spezialisiert hatte. Er war Anfang vierzig, attraktiv und charmant. Außerdem war er verheiratet.
Zu Beginn war ihre Beziehung rein platonisch. Doch nach ein paar Jahren der engen Zusammenarbeit und der gemeinsamen Leidenschaft für Pferde entwickelte sich eine gewisse Intimität zwischen ihnen. Eine erfahrenere Frau als Samantha hätte es vorhergesehen – den Abend, als Paul sie plötzlich packte, in seine Arme zog und küsste. Seine Liebeserklärung stieg ihr regelrecht zu Kopf. Noch nie hatte sie derart leidenschaftliche Worte gehört – in Bezug auf sich selbst ohnehin nicht.
Einen furchtbaren Moment lang war sie tatsächlich in Versuchung, dieser inneren Stimme nachzugeben, die ihr zuflüsterte, dass die Liebe dieses Mannes vielleicht alles war, was ihr jemals vergönnt sein würde. Damals war sie fast fünfundzwanzig gewesen, immer noch ohne Verabredungen und am Rande der Verzweiflung. Doch in letzter Sekunde hatte sie über Pauls Schulter hinweg das Foto von seiner Frau und seinen Kindern gesehen, das auf seinem Schreibtisch stand. Und da wusste sie instinktiv, dass er seine Familie nie verlassen würde. Sie vermutete außerdem, dass er sich von ihr nicht so sehr Liebe wünschte, sondern den Kick einer außerehelichen Affäre. Noch dazu einer äußerst bequemen.
Doch Samantha wollte mehr sein als zweite Wahl. Nie zuvor hatte sie sich in irgendeinem Bereich in ihrem Leben mit dem Zweitbesten zufriedengegeben. Warum sollte sie jetzt also ausgerechnet in der Liebe damit anfangen? Sie wollte keinen Mann, der einer anderen Frau gehörte. Nein, sie wollte einen Mann, der ihr alles geben konnte, was sie sich insgeheim wünschte. Uneingeschränkte Liebe. Einen Ring. Kinder.
Also kündigte sie und verließ Sydney, nachdem sie sich als Tierärztin in der Dubar Royal Stud Farm beworben und zu ihrem Erstaunen die Stelle auch bekommen hatte.
Als leidenschaftlicher Fan des Pferderennsports wusste sie natürlich ganz genau, dass dieses Gestüt einer der besten Zuchtbetriebe in Australien war. Da es einem extrem wohlhabenden arabischen Prinzen gehörte, spielte Geld keine Rolle – hier standen die besten Hengste und die teuersten Zuchtstuten, und nur die erfahrensten Experten arbeiteten mit den Tieren.
Angesichts ihrer eher mangelnden Erfahrung in puncto Pferdezucht war Samantha mehr als überrascht gewesen, dass sie die Stelle antreten durfte. Aber sie lernte schnell, und mit Gerald gab es ja noch einen weiteren Tierarzt im Gestüt – einen schwer übergewichtigen Mann Ende fünfzig, der ihr mit Rat und Tat zur Seite stand.
Doch um ganz ehrlich zu sein – Samantha war sich nicht sicher, ob die Arbeit im Gestüt das war, was sie ihr Leben lang machen wollte. Sie hatte den Job nur angenommen, um der unangenehmen Situation mit Paul zu entfliehen. Außerdem hatte sie die Hoffnung gehegt, Männer vom Lande würden mit ihrer etwas rauen Art besser zurechtkommen als Männer aus der Stadt.
Darin hatte sie sich allerdings getäuscht. Auf die Männer im Gestüt schien sie sogar noch einschüchternder zu wirken. Die meisten wagten es kaum, sie anzusehen, geschweige denn sie anzusprechen.
Prinz Ali selbst redete natürlich mit ihr, aber hier musste Samantha zugeben, dass sie ihn einschüchternd fand. Seine Frau auch. Die unglaublich schöne Charmaine war ein Ex-Model, das viel Zeit in Sydney mit Wohltätigkeitsarbeit verbrachte. Sie hatten zwei Kinder, ein süßes Mädchen namens Amanda und einen Jungen, Bandar, der gerade ein Jahr alt geworden war. Offensichtlich war er nach dem besten Freund des Prinzen benannt worden – einem reichen Scheich, der Rennpferde besaß und in London lebte und einen noch schlimmeren Ruf in puncto Frauen genoss, als es Ali getan hatte, ehe er Charmaine die ewige Treue geschworen hatte.
Samantha wusste all das von Cleo. Als Haushälterin des Prinzen und zeitweilige Nanny der Kinder, erfuhr sie eine ganze Menge über Ali und seine Familie. Sie war kein intrigantes Klatschweib – genau genommen war sie eine ganz wunderbare Frau – aber sie redete nun mal gern. Gleich vom ersten Tag an hatte sich Samantha auf Anhieb gut mit ihr verstanden, obwohl Cleo schon um die fünfzig war.
Wenn Samantha ehrlich war, dann hätte sie wahrscheinlich schon gekündigt, wenn es Cleo nicht gäbe. Dennoch hatte sie bereits beschlossen, dass sie ihren Vertrag, der Ende Juni auslief, nicht verlängern würde. Sie vermisste Sydney und das Leben in der Stadt. Das ruhige, friedliche Landleben mochte in der Theorie ja ganz wundervoll sein, aber in Wahrheit fühlte sich Samantha hier einsam.
Deshalb war sie ja auch so anfällig gewesen für Cleos Vorschlag, ein paar Tage Urlaub an der Gold Coast zu verbringen. Dabei hätte sie von Anfang an wissen müssen, dass es reine Zeitverschwendung war.
Samantha war so in Gedanken versunken, dass sie den Highway völlig mechanisch entlangfuhr und nichts von ihrer Umwelt wahrnahm. Gerade überlegte sie, dass sie eine Art Flirt-Trainer brauchte, der ihr beibrachte, wie sie sich verhalten musste, wenn ein Mann Interesse an ihr zeigte.
Ein paar Lektionen in Sachen Sex wären auch nicht schlecht! Doch vermutlich gab es weder Schulen noch Lehrer, die das im Stundenplan hatten. Was für eine Schande, dass die zwei Typen, mit denen sie an der Uni geschlafen hatte, genauso ahnungslos gewesen waren! Insofern wäre es das Günstigste, wenn sie einen älteren Mann fand, der nur eines von ihr wollte und ein oder zwei Sachen über Sex wusste.
Ein unverheirateter älterer Mann, ermahnte sie sich, als plötzlich Pauls Gesicht vor ihrem geistigen Auge auftauchte.
„Verdammt!“, fluchte Samantha, als sie feststellte, dass sie gerade an der Einfahrt zum Gestüt vorbeigefahren war.
Sie trat auf die Bremse und fuhr rechts ran, wobei der Lkw, der hinter ihr gewesen war, so dicht an ihr vorbeiraste, dass er beinahe ihren Außenspiegel mitnahm.
„Blödmann!“, rief sie ihm durch das offene Fenster hinterher.
Vorsichtig wendete sie, fuhr das kurze Stück zurück und bog dann in die Kiesauffahrt zum Gestüt ein, wo sie nach einigen Metern vor einem schmiedeeisernen Tor zum Stehen kam. Das königliche Wappen von Dubar hob sich golden gegen das schwarze Eisen ab.
Samantha öffnete das Tor mithilfe der Fernbedienung, die sie an ihrem ersten Arbeitstag bekommen hatte. Während sie hindurchfuhr, erinnerte sie sich daran, wie beeindruckt sie gewesen war, als sie das Anwesen zum ersten Mal gesehen hatte. Dass hier nicht mit Geld gegeizt wurde, war mehr als offensichtlich – angefangen bei den frisch gestrichenen Zäunen, die die Pferdekoppeln abtrennten, hin zu den ultramodernen Ställen und Scheunen.
Doch es war das Haupthaus, das alle Blicke auf sich zog. Ein großes, weißes, einstöckiges Gebäude im marokkanischen Stil, das mitten auf einem Hügel thronte und damit einen perfekten Blick über das Tal ermöglichte. Wie ein australisches Farmhaus wirkte es ganz sicher nicht, schon eher wie etwas aus „Tausend und einer Nacht“.
Etwa hundert Meter links davon lag auf einem kleineren Hügel der Helikopterlandeplatz, von wo aus Ali jedes Wochenende nach Sydney flog.
Zu Samanthas Erstaunen war der Helikopter da. Sie fragte sich, was er an einem Montag dort zu suchen hatte. Normalerweise schickte Ali ihn sofort nach Sydney zurück, wenn er sonntagabends wieder angekommen war.
Zweifellos würde sie den Grund dafür herausfinden, wenn sie mit Cleo sprach. Die Frau wusste einfach alles. Samantha würde sie anrufen, sobald sie ihre Tasche ausgepackt und eine Tasse Kaffee getrunken hatte.
Nach einer Weile gabelte sich der Weg. Links ging es zum Stall der Hengste und zu den Zuchträumen, rechts zum Haupthaus und zum Helikopterlandeplatz. Samantha nahm den Weg in der Mitte, der dem Flusslauf folgte und schließlich zu dem Cottage führte, das sie bewohnte.
Dabei passierte man die Trainingskoppel. Samantha runzelte unwillkürlich die Stirn und verlangsamte das Tempo, denn sie sah dort einen äußerst ungewohnten Anblick. Auf dem Trainingsgelände befand sich ein Pferd – sehr seltsam für diese Tageszeit, kurz nach Mittag. Es war ein großes graues Pferd, dessen Zügel von einem dunkelhaarigen Mann in Jeans und weißem Hemd gehalten wurden.
Samantha kannte den Mann nicht, aber das Pferd war ihr bestens vertraut. Bei Smoking Gun handelte es sich um einen extrem teuren Hengst, den man unter großen Kosten von England aus eingeflogen hatte, damit er zu Zuchtzwecken zur Verfügung stand. Sein Besitzer war Scheich Bandar, dessen Namen auch Alis Sohn trug. Als das Tier damals angekommen war, hatte Ali alle ermahnt, dass sie das Pferd des Scheichs mit ihrem Leben zu beschützen hätten.
Der Hengst hatte sich nicht besonders gut eingelebt, und sie brauchten eine ganze Weile, um ihn davon abzuhalten, mit seinen Hufen Löcher in die Stallwände zu schlagen. Man brachte ihn in eine spezielle Box, die an den Wänden weich gepolstert war, damit er sich nicht verletzte, doch vor zwei Wochen hatte man zum ersten Mal davon gesprochen, dass ein bestimmter Reitknecht aus England kommen sollte, dem man die Qualitäten eines Pferdeflüsterers nachsagte. Laut Cleo ein Zigeuner.
Samantha nahm an, dass das der betreffende Mann war, der sich in diesem Moment in den Sattel schwang. Mit seinen tiefschwarzen Haaren und der olivfarbenen Haut sah er jedenfalls wie ein Zigeuner aus.
Ihr Magen verkrampfte sich unwillkürlich, als der Hengst in die Luft stieg, nervös im Kreis tänzelte und gegen die Zügel ankämpfte. Einerseits erkannte sie, dass es vermutlich ganz gut war, wenn sich das Pferd einmal in einem richtigen Galopp verausgaben konnte. Aber was, wenn dabei irgendetwas passierte? Wenn er sich einen Knöchel brach?
Samantha blickte sich unsicher um. Es war niemand in Sicht. Keine Menschenseele, die zusah.
Das war sogar noch merkwürdiger.
Plötzlich schrillten Alarmglocken in ihrem Gehirn. Ali hätte dieses Vorhaben niemals gutgeheißen, ganz egal wie ruhelos Smoking Gun auch war. Dieser Stallbursche – dieser Zigeuner! – hatte offensichtlich ganz allein und ohne Erlaubnis entschieden, das Pferd auszureiten.
Sie musste ihn aufhalten.
Samantha trat mit voller Wucht auf die Bremse und sprang dann sofort aus dem Wagen heraus. Doch bevor sie eine Warnung rufen konnte, gab der Zigeuner dem Hengst bereits die Zügel frei und ließ ihn mit wehender Mähne davongaloppieren. Zu spät, um irgendetwas zu tun. Wenn sie jetzt mit den Armen winkte oder auf die Koppel hinauslief, dann konnte genau die Art Unfall passieren, die sie fürchtete. Sie musste warten, bis dieser Idiot entschied, dass Smoking Gun genug Auslauf hatte.
Dann würde sie ihm in aller Deutlichkeit sagen, was sie von ihm hielt.
Ihr Blut kochte, als der Kerl nicht nur eine Runde drehte, sondern drei. Smoking Guns Fell war mit Schweiß und Schaum bedeckt, als sein Reiter ihn gar nicht so weit von Samantha entfernt schließlich zum Stehen brachte. Sie umklammerte den Zaun bereits so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.
„Was in aller Welt fällt Ihnen eigentlich ein?“, rief sie zu ihm hinüber. Ihre Stimme zitterte vor Wut. „Haben Sie Prinz Alis Erlaubnis eingeholt, um Smoking Gun auf derart leichtsinnige Art zu reiten?“
Der Reiter ließ den schwitzenden Hengst zu ihr herübertrotten.
„Und wer sind Sie?“, konterte er in gepflegtem Oxford-Englisch. Viel zu gepflegt für einen einfachen Reitknecht.
Doch wenn Samantha sich aufregte, neigte sie dazu, nicht allzu aufmerksam zu beobachten.
Allerdings war es schlicht unmöglich, den Sexappeal des Mannes zu übersehen. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte sie ihn einfach nur anstarren. Was für Augen! Diese Haut! Und der Körper war auch nicht übel.
Ihre momentane Schwäche machte sie jedoch nur noch wütender.