Taxi, Tod und Teufel - Fährfahrt in den Tod - Lena Karmann - E-Book
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Taxi, Tod und Teufel - Fährfahrt in den Tod E-Book

Lena Karmann

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Beschreibung

Über die Serie: Palinghuus in Ostfriesland: Zwischen weitem Land und Wattenmeer lebt Sarah Teufel mit ihrem amerikanischen Ex-Mann James in einer Windmühle. Gemeinsam betreiben sie das einzige Taxiunternehmen weit und breit - mit einem Original New Yorker Yellow Cab! Bei ihren Fahrten bekommt Sarah so einiges mit. Und da die nächste Polizeistation weit weg ist, ist doch klar, dass Sarah selbst nachforscht, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Denn hier im hohen Norden wird nicht gesabbelt, sondern ermittelt!

Folge 1: Es ist kalt und neblig in Palinghuus, als die Taxifahrerin Sarah Teufel frühmorgens am Schiffsanleger auf die Fähre aus Baltrum wartet. Doch der Fahrgast, den sie in Empfang nehmen will, ist tot! Zunächst sieht alles nach Herzversagen aus - aber Sarahs aufmerksamem Auge entgeht nicht, dass es ein paar Ungereimtheiten gibt. Warum wären sonst sein Koffer und sein Handy verschwunden, die er beide noch hatte, als er die Fähre betrat? Mit ihrer besten Freundin Britta und ihrem Ex-Mann James macht Sarah sich auf die Suche nach dem Mörder - und gerät selbst in tödliche Gefahr.

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Ähnliche


Inhalt

Cover

Taxi, Tod und Teufel – Die Serie

Über diese Folge

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Epilog

In der nächsten Folge

Taxi, Tod und Teufel – Die Serie

Paalinghus in Ostfriesland: Zwischen weitem Land und Wattenmeer lebt Sarah Teufel mit ihrem amerikanischen Ex-Mann James in einer Windmühle. Gemeinsam betreiben sie das einzige Taxiunternehmen weit und breit – mit einem Original New Yorker Yellow Cab! Bei ihren Fahrten bekommt Sarah so einiges mit. Und da die nächste Polizeistation weit weg ist, ist doch klar, dass Sarah selbst nachforscht, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Denn hier im hohen Norden wird nicht gesabbelt, sondern ermittelt!

Über diese Folge

Es ist kalt und neblig in Paalinghus, als die Taxifahrerin Sarah Teufel frühmorgens am Schiffsanleger auf die Fähre aus Baltrum wartet. Doch der Fahrgast, den sie in Empfang nehmen will, ist tot! Zunächst sieht alles nach Herzversagen aus – aber Sarahs aufmerksamem Auge entgeht nicht, dass es ein paar Ungereimtheiten gibt. Warum wären sonst sein Koffer und sein Handy verschwunden, die er beide noch hatte, als er die Fähre betrat? Mit ihrer besten Freundin Britta und ihrem Ex-Mann James macht Sarah sich auf die Suche nach dem Mörder – und gerät selbst in tödliche Gefahr!

Über die Autorin

Die gebürtige Schwäbin Lena Karmann lebt mit Mann und Kind in der Nähe von Bremen. Sie arbeitet als kaufmännische Angestellte, liest gern (vor allem Krimis) und geht mit ihrem Hund am Strand spazieren. Ihre Begeisterung für ihre neue Heimat Ostfriesland hat sie zu ihrer ersten eigenen Krimireihe »Taxi Tod & Teufel« inspiriert.

LENA KARMANN

Fährfahrt in den Tod

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dr. Clarissa Czöppan

Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt

Covergestaltung Maria Seidel, atelier-seidel.de unter Verwendung von Motiven © istockphoto: Jan-Schneckenhaus | joreks

Innenillustrationen unter Verwendung von Motiven © istockphoto

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7325-7903-7

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog

»Moin, der Herr! Armin Hoffmann, nehme ich an? Die bestellte Fähre nach Palinghuus?«, fragte der Fährmann ihn. Der stand im Lichtschein einer der Laternen auf dem Kai und nickte ihm zu, als Hoffmann sich ihm näherte.

Er hatte an diesem Morgen den dicken Mantel angezogen und die Pudelmütze aufgesetzt. »Guten Morgen«, sagte er und sah sich um. »Fahren Sie bei dem Nebel überhaupt?«

»Klar doch. Bin ja auch grade eben hergekommen.« Der Fährmann winkte scheinbar gelassen ab. »Das büschen Nebel stört doch nicht. Hab ja immer noch die hier.« Dabei tippte er an seine von der kalten Luft gerötete Nase. »Die sagt mir schon, wo’s langgeht. Außerdem haben Sie mich gebucht, und wer mich bucht, den fahr ich auch.«

Hoffmann nickte stumm und schaute nach links. »Ist das … die Fähre?«, fragte er argwöhnisch.

Die Fähre wirkte mehr wie ein kleines Ausflugsboot mit Bänken für bestenfalls zwanzig Passagiere, eher weniger, wenn sie alle auch noch Gepäck dabeihatten. Die Bänke für die Passagiere befanden sich am Heck, während zum Bug hin eine Kabine aufgesetzt war, in der so gerade eben eine Person stehen konnte, um das Boot zu lenken. Wobei jemand mit dem Bauchumfang, wie ihn der Fährmann aufwies, mehr draußen als drinnen stehen musste.

»Jo.«

»Müsste die nicht etwas größer sein?«

Der Fährmann zuckte mit den Schultern. »Hab se letzte Woche ′n büschen zu heiß gebadet, da is se eingelaufen. Aber nich viel.«

Hoffmann war alles, nur kein Frühaufsteher. Aber um seinen Zug nicht zu verpassen, hatte er die Fähre für kurz nach sieben bestellen müssen, und damit war er gezwungen gewesen, zu einer Uhrzeit aufzustehen, die alles andere als erfreulich war. Er hatte das Gefühl, im Stehen einzuschlafen. Was er in dieser Verfassung gar nicht gebrauchen konnte, war ein Fährmann mit einem Hang zu Kalauern. Nicht, dass er solche Kommentare wie den von der eingelaufenen Fähre nicht vergnüglich fand, aber jetzt und hier konnte er sie gar nicht ausstehen. Und trotzdem musste er den Mund halten, damit der Fährmann nicht auf die Idee kam, ohne ihn abzufahren. »Die Fähre von Norddeich hierher war aber viel größer«, war das einzig halbwegs Neutrale, was ihm in den Sinn kommen wollte.

Der Fährmann nickte, sagte aber nichts.

»Und da war man nicht Wind und Wetter ausgesetzt«, fügte Hoffmann an.

Nach wie vor schwieg der Fährmann und zog sich die Mütze etwas tiefer ins Gesicht.

Schließlich hob Hoffmann resigniert die Schultern. »Na gut, dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig.« Nach einem letzten Blick auf die Fähre fragte er: »Wie teuer?«

Der Fährmann nannte den Preis für die Überfahrt ans Festland, daraufhin hielt Hoffmann ihm einen Geldschein hin. »Nich passend?«, gab der zurück.

»Tut mir leid.«

Der Fährmann griff in seine Hosentasche und kramte eine Handvoll Kleingeld heraus, dann zählte er ab: »Zehn … zwanzig … dreißig … vierzig … fünfundvierzig … sechsundvierzig … siebenundvierzig … achtundvierzig … neunundvierzig … fünfzig.« Er legte ihm die Münzen in die Hand, dann stutzte er. »Och nee, ich hätt‹ noch ›nen Fünfziger passend gehabt. Na, egal. Dann bitte ich darum, an Bord zu gehen.« Er machte eine überzogene Geste und deutete eine Verbeugung an.

Hoffmann nahm seinen Rollkoffer, zog ihn bis zum Steg und stellte fest, dass er den Koffer an Bord tragen musste. Die quer auf den Holzlatten angebrachten Leisten sollten wohl verhindern, dass man beim Hinuntergehen wegrutschte. Sie verhinderten jetzt aber vor allem die wesentliche Eigenschaft eines Rollkoffers, nämlich das leichtgängige Rollen. Er mühte sich ab, den Koffer an Bord zu heben, dann ging er auf dem einigermaßen passabel beleuchteten Passagierdeck ganz nach hinten, um dem Motorenlärm zu entkommen. Offenbar fehlte die Abdeckung für den Motor, also würde es laut werden.

Der Fährmann kam an Bord, schob den Steg zur Seite, holte das Tau ein und ließ den wie erwartet dröhnenden Motor an. Die kleine Fähre setzte sich in Richtung Festland in Bewegung, das in der Dunkelheit wegen des Nebels nicht mal zu erahnen war.

Hoffmann saß auf der hintersten Bank und konnte nur hoffen, dass dieser Fährmann wusste, wohin er zu fahren hatte. Er zog den Kopf ein, um den Nacken vor der kalten Luft zu schützen.

Der Fährmann war ganz darauf konzentriert, Kurs auf den Hafen von Palinghuus zu halten.

Kapitel 1

Als Sarah Teufel ihr Zuhause in der Windmühle verließ und mit zügigen Schritten zu ihrem Taxi ging, das in der Einfahrt parkte, war sie froh, dass sie die dickere Jacke angezogen hatte. Gefroren hatte es in diesem Winter nicht allzu oft, aber diese Suppe, die sich über die ganze Gegend gelegt hatte, war ein Garant dafür, dass es kalt sein würde. Kalt und sehr still, da der Nebel alle Geräusche dämpfte. Nicht, dass es in Palinghuus an einem Freitagmorgen um zwanzig nach sieben sonst laut und hektisch zugegangen wäre. Aber jetzt würde es noch ein bisschen ruhiger sein.

Sie schloss ihr Taxi auf, setzte sich hinein und ließ den Motor an. Obwohl ihr original New Yorker Checker Cab fast vierzig Jahre alt war und über sechshunderttausend Kilometer auf dem Buckel hatte, schnurrte der Motor wie ein Kätzchen. Okay, wie ein lautes Kätzchen. Oder mehr wie ein Kater, ein voller Inbrunst schnurrender Kater.

Zu verdanken hatte sie das ihrem Ex-Mann James, der ihr den Wagen beschafft hatte und sich aufopfernd in seiner Werkstatt vor Ort um ihn kümmerte.

Sie drehte die Heizung hoch, dann schob sie den Wählhebel nach vorn, löste die Handbremse und fuhr los. Sie folgte dem seltsam kurvenreich angelegten Mühlenweg in Richtung Dorf und machte das Radio an. Kaum hatte sie die Melodie erkannt, sang sie lauthals »My Bonnie is over the Ocean« mit. Eigentlich trafen Shantychöre nicht so ganz ihren Geschmack, aber für diese Uhrzeit war es genau das Richtige, um auf Touren zu kommen.

Vor ihr tauchten die ersten reetgedeckten Einfamilienhäuser auf, die erst vor wenigen Jahren auf ehemaligem Weideland errichtet worden waren. Weitere Neubauten sollten in nächster Zeit folgen, was für Palinghuus eigentlich eine gute Entwicklung war, auch wenn es ihr nicht gefiel, dass damit immer ein wenig mehr Grün verschwand.

In Kürze würde hier Trubel herrschen, da in fast allen Häusern Familien mit zwei oder drei Kindern wohnten, die allmählich in die Schule gebracht werden mussten.

Als sie am Ende des Mühlenwegs angekommen war, nahm sie Gas weg und ließ den Wagen auf die Aufpflasterung kurz vor der Kreuzung zurollen. Die Querstraße war die aus südlicher Richtung nach Palinghuus führende Landstraße, die durch den Ort ging und dann in Richtung Norddeich verlief. Deshalb wurde sie von vielen Touristen als Ausweichstrecke benutzt, wenn auf den direkten Routen zu viel los war. Seit Jahren versuchten in den betroffenen Straßen wohnende Palinghuuser, eine Umgehungsstraße durchzusetzen. Das scheiterte aber jedes Mal am erbitterten Widerstand der Geschäftsleute, die über jeden Touristen froh waren, der beim Durchfahren der Ortschaft beschloss, hier noch eine Rast einzulegen, etwas zu essen oder sich im Supermarkt mit Getränken einzudecken.

Beim Überfahren der Aufpflasterung geriet der Wackel-Elvis im berühmten Las-Vegas-Kostüm in Bewegung, der auf dem Armaturenbrett klebte. »Das Glück ist wie ein Stück Zwiebelfleisch zu einer Portion Bratkartoffeln«, verkündete er eine weitere von zahllosen rätselhaften Weisheiten, die er seit seinem ersten Arbeitstag in ihrem Taxi von sich gab. Eigentlich hätte er Heartbreak Hotel oder einen der vielen anderen Hits singen sollen, aber offenbar waren in der chinesischen Fabrik die Chips durcheinandergeraten. Vermutlich stimmte jetzt irgendwo anders auf der Welt ein Buddha auf Knopfdruck In the Ghetto an. Aber das störte sie nicht – ganz im Gegenteil: Ihren weissagenden Buddha-Elvis hätte sie für nichts hergegeben.

Sarah folgte der Hauptstraße, bis sie am Dorfplatz angekommen war, wo das Palinghuuser Leben tobte. Oder das, was man in Palinghuus als tobendes Leben bezeichnen konnte. Um diese Uhrzeit war das denkbar wenig, denn außer dem Supermarkt mit dem angeschlossenen Café/Bistro/Imbiss – das Ganze trug den Namen Schlemmerkörbchen – war noch nichts geöffnet. Und was erst in ein oder zwei Stunden öffnen würde, war auch nicht allzu viel. Aber dafür gab es hier alles, was man für den täglichen Bedarf benötigte. Die umliegenden Ortschaften waren viel stärker auf Souvenirläden und Restaurants aller Art ausgerichtet.

Sie stellte ihren Wagen gegenüber vom Supermarkt ab und betrat gut gelaunt das Geschäft. Es duftete herrlich nach frisch gebackenem Brot, als sie die Tür aufdrückte, und sofort lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Das kleine Ladenlokal war so aufgeteilt, dass die Brotecke sowie die Wurst- und Käsetheke sich zwischen dem Imbiss und dem Supermarkt befanden, damit Antje Reemers und ihre Mutter Heidi auf beiden Seiten Kunden bedienen konnten. Jeder Marketingexperte hätte beim Anblick der Einrichtung wahrscheinlich abfällig vom »Charme der Siebziger« gesprochen und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wenn er durch die Regalreihen gegangen wäre. Aber die Reemers kümmerte so etwas herzlich wenig. Ein Regal war ein Regal, und solange nichts zusammenbrach, gab es für sie keinen Grund, etliche tausend Euro in eine Modernisierung zu stecken, die so oder so keine neue Kundschaft angelockt hätte. Wer in Palinghuus einkaufen ging, der ging ins Schlemmerkörbchen. Außerdem wusste die Kundschaft der Reemers es zu schätzen, dass man praktisch blind ins Regal greifen konnte und genau das Gesuchte in der Hand hielt, weil eben nicht alle paar Monate der ganze Laden auf den Kopf gestellt wurde.

Dazu passte das zeitlose Erscheinungsbild der Inhaberin und ihrer Tochter. Heidi trug seit eh und je die blonden, aber mittlerweile doch leicht ergrauten Haare glatt nach hinten gekämmt und zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihr schmales Gesicht wirkte stets auf die Arbeit konzentriert, ob sie nun Fleischwurst aufschnitt oder Konservendosen auszeichnete. Ihre Tochter Antje war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, allerdings war sie fast einen Kopf größer.

Zufriedene Kunden gingen den beiden über alles, daher blieb kaum ein Sonderwunsch unerfüllt.

In dem Bereich des Marktes, der vom Imbiss beansprucht wurde, gab es eine Kochecke, damit für die Mittags- und die Abendzeit warme Gerichte zubereitet werden konnten.

Das Schlemmerkörbchen war im Dorf die Anlaufstelle schlechthin, wenn man für einen fairen Preis ein leckeres, hausgemachtes Gericht haben wollte. Die Reemers hatten ein breites Angebot, nur eines fehlte im Markt und im Imbiss: Fisch. Für den war Hannes Hansen zuständig, der in der Nähe vom Hafen einen Fischladen mit Imbiss betrieb. Beide Seiten konnten mit der Aufteilung gut leben, soweit Sarah das beurteilen konnte.

»Moin, Sarah«, rief Antje ihr zu, die damit beschäftigt war, frische Brötchen aus dem Ofen zu holen.

»Moin, Antje. Ist heut tote Hose?«, fragte Sarah grinsend.

»Noch, aber nich mehr lang«, sagte die junge Frau, während sie Brötchen vom Blech in den Korb hinter der Theke rutschen ließ. »Ich hab schon die ersten drei Dutzend Vorbestellungen für belegte Brötchen fertig, die gleich auf dem Weg zur Schule abgeholt werden.«

»Dann hat ja alles seine Ordnung«, stellte Sarah lächelnd fest.

»Bist früh dran heute, Sarah. Muss wieder jemand zum Arzt gefahren werden?«

Sarah schüttelte den Kopf. »Nein, Asmussen bringt einen Urlaubsgast von Baltrum an Land, den ich übernehmen soll. Eigentlich will er nur bis nach Norddeich gefahren werden, aber vielleicht kann ich ihn ja davon überzeugen, dass er auch zwei Stationen später in den Zug steigen kann, um etwas länger den Luxus meines Taxis zu genießen.«

»Mich hättest du jetzt schon überredet«, meinte Antje, die Sarahs Taxi durch das Schaufenster betrachtete. Dann wandte sie sich wieder Sarah zu. »Was kann ich dir Gutes verkaufen?«

»Brötchen mit Rührei, wenn du hast.«

»Hab ich. Kaffee dazu?«

Sarah hob bedauernd die Hände. »Keine Zeit.«

»Du kannst ihn zum Mitnehmen haben.«

»Ich hab meinen Kaffee lieber zum Schnacken«, sagte sie grinsend. »Oder zum Kuchen.«

Antje zwinkerte ihr zu. »Kann ich verstehen. Aber wollen halt viele haben.«

Sarah nickte. »Is bloß nicht gut für die Umwelt.«

»Bei uns gibt’s nur Mehrwegbecher, Mehrwegdeckel und drei Euro Pfand.« Antje lächelte triumphierend. »Bislang is noch jeder Becher zurückgekommen. Drei Euro schmeißt keiner freiwillig in den Müll. Jedenfalls hier nich.«

»Gut«, fand Sarah. »Wirklich gut.« Sie nahm das Brötchen entgegen, stellte sich an einen der Stehtische und begann zu essen. »Köstlich«, sagte sie zu Antje, als sie fertig war, und warf die Serviette weg. Sie sah auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Das passte gut. Bei dem Nebel würde Asmussen bestimmt etwas langsamer unterwegs sein, und damit würde sie so oder so früh genug an der Fähre sein, um den Gast in Empfang zu nehmen.

»Grüß deine Mutter von mir«, sagte sie auf dem Weg zur Tür.

»Mach ich. Die füllt gerade das Waschmittelregal auf.«

»Dann mal tschüüs, Antje.«

»Tschüüs, Sarah.«

Sie ging zurück zum Wagen und fuhr zum Hafen. Auf dem Marktplatz waren zwei Straßenkehrer unterwegs, die sich wohl wie die meisten hier über den einigermaßen milden und vor allem schneearmen Winter freuten. Auch wenn sie Schnee liebte, hörte der Spaß für Sarah dann auf, wenn Glatteis oder Schneewehen sie dazu zwangen, den Wagen stehen zu lassen, bis einer der wenigen Schneeräumer in der Gegend es bis nach Palinghuus schaffte. Dann konnte sie manchmal tagelang kein Geld verdienen, da es nicht möglich war, überhaupt erst zu den wartenden Kunden durchzukommen.

Vor ihr lag der Hafen, auf dem Weg dorthin kam sie auch an der Werkstatt ihres Ex vorbei. Die Einfahrt stand offen, sie wurde etwas langsamer und hupte einmal kurz, als sie James über den Hof zu einem weißen Transporter gehen sah. Er winkte und lächelte ihr zu.

Er ist dein Ex, meldete sich die Stimme in ihrem Kopf zu Wort, die meinte, ungefragt alles Mögliche kommentieren zu müssen. Du weißt doch, was das Wort »Ex« bedeutet, oder?

»Ach, halt die Klappe.«

Könnte dir so passen.

»Das könntest du laut sagen … wenn du das könntest.« Als ob daran etwas schlimm gewesen wäre, sich von ihrem Ex anlächeln zu lassen. Es war auf jeden Fall besser, als den Wunsch zu verspüren, mit Vollgas auf den Hof fahren und ihn auf die Haube nehmen zu wollen.

Wie du meinst.

»Ja, meine ich«, knurrte sie und bog ins Hafengebiet ein. Dort fuhr sie ganz durch bis zu der Stelle, wo die Hafeneinfahrt den Deich teilte und wo sich die Anlegestelle befand, an der sie ihren Fahrgast abholen sollte. Von hier aus hätte sie bei klarem Wetter die Scheinwerfer und die Positionslichter von Asmussens kleiner Fähre erkennen können, da er sich um diese Zeit bereits kurz vor dem Hafen hätte befinden müssen. Im Nebel dauerte das zwangsläufig etwas länger, aber Asmussen waren die Fahrtrouten über dreißig oder vierzig Jahre hinweg so ins Blut übergegangen, dass er auch mit geschlossenen Augen seinen Weg gefunden hätte.

Sarah stieg aus und atmete die kalte Morgenluft ein. Es regte sich kein Wind, der den Nebel hätte vertreiben können. »Ich muss mal wieder zum Friseur«, murmelte sie.

Das fällt dir ausgerechnet jetzt ein?

Sie musste über den Kommentar in ihrem Kopf grinsen. Tatsächlich war ihr das nur eingefallen, weil kein Wind ging. Es erinnerte sie daran, dass ihre Haare zu lang geworden waren, denn bei Wind wären die ihr jetzt ins Gesicht geweht worden, und das konnte sie nicht ausstehen.

Sarah betrachtete den Hafen, in dem nur ein paar alte Fischerboote lagen, die inzwischen alle mehr Dekoration als Arbeitsgerät waren. Außer Hannes Hansen und seinem Fischladen mitsamt Imbiss – sinnigerweise Hannes Hansens Heringsbood genannt – konnte in Palinghuus niemand mehr vom Fischfang leben, und Hansen machte sein Geschäft vor allem im Sommer, wenn er mit seinem Imbisswagen die umliegenden Ortschaften anfuhr, um bei den Touristen seine Spezialitäten an den Mann zu bringen.

Ein paar der alten Fischerboote wurden inzwischen von Frühling bis Herbst an Touristen als Unterkünfte vermietet, zwei oder drei waren noch seetüchtig und boten Ausflugsfahrten zu den Sandbänken an, auf denen sich die Seehunde tummelten.

Sie drehte sich wieder in Richtung Hafeneinfahrt um, wo das rote und das grüne Licht der Bojen am Ende der Molen leuchtete. Es war nahezu totenstill, da durch den Nebel das Rauschen der Wellen auf der anderen Seite des Deichs fast völlig gedämpft wurde und nur das Plätschern vom Rand des Hafenbeckens zu hören war – abgesehen natürlich von dem aus der Ferne herüberdriftenden Nebelhorn.

Auf einmal zeichnete sich in der Dunkelheit auf dem Meer ein etwas hellerer Fleck ab. Er wurde schnell größer und ließ die Nebelwand aufleuchten. Dann schälten sich aus dem Nebel die Konturen der kleinen Fähre heraus, die auf dem Dach der Führerkabine nur zwei nicht allzu große und auch nicht sonderlich helle Leuchten aufwies, die das Wasser beschienen.

Sarah stieß sich von ihrem Wagen ab und ging zum Steg, an dem die Fähre gleich anlegen würde. Im hellen Lichtschein der Laternen konnte sie sehen, dass Asmussen ihr zuwinkte. Als die Fähre die alten Lkw-Reifen berührte, die als Rammschutz an der Kaimauer hingen, griff Sarah nach dem Tau, das der Fährmann ihr reichte, und machte es fest.

»Moin, Frau Teufel«, sagte er und zwinkerte. »Alles klar?«

»Alles bestens, Herr Asmussen«, erwiderte sie. »Was macht dein Bein?«

»Was Beine so machen: Es geht«, antwortete er und begann zu lachen. »Wartest du schon lange hier, Frau Teufel?«

Sie schüttelte den Kopf. Obwohl sie mit Asmussen per Du war, sprachen sie sich mit Nachnamen an, seit sie sich kannten. Ihre Entscheidung war das nicht gewesen, aber ihm hatte ihr Nachname so gut gefallen, dass er sich nicht mit »Sarah« begnügen wollte. Im Gegenzug hatte sie beschlossen, ihn nur »Herr Asmussen« zu nennen.

Er drehte sich zu seinem Fahrgast um. »Wir sind da, Herr Hoffmann!«, rief er ihm zu.

Der Mann rührte sich nicht.

»Herr Hoffmann!«, wiederholte er etwas lauter.

Der Mann saß zusammengekauert da, der Kopf war ein wenig nach vorn geneigt, so als wäre er auf der Überfahrt eingeschlafen.

»Hoffentlich is er nich erfroren«, murmelte Asmussen.

»Du bist ja nich grade mit ›nem Schnellboot unterwegs«, wandte Sarah ein, kletterte auf die Fähre und ging nach hinten. »Moin, Herr Hoffmann, Ihr Taxi is da«, sagte sie. »Die Heizung läuft auch schon.«

Der Fahrgast blieb stur sitzen, als hätte er sie nicht gehört. Bei ihm angekommen, tippte sie ihm leicht auf die Schulter.

Aber er reagierte nicht, sodass sie ihn etwas fester an der Schulter packte und rüttelte. Plötzlich kippte er nach links auf den freien Teil der Bank und rollte von dort auf den Boden, wo er einfach liegen blieb.

Während sich Sarah neben ihn hockte und an seinem Hals nach dem Puls fühlte, kam Asmussen zu ihr. »Was is los? Was hat er? Is ihm nich gut?«

Sarah sah den Fährmann ernst an. »Er is tot, Herr Asmussen.«

Kapitel 2

»Tot? Wieso tot?«

»Keine Ahnung, Herr Asmussen«, gab Sarah erschrocken zurück. »Jedenfalls hat er keinen Puls mehr.«

»Ja, aber … aber … wie kann auf meiner Fähre einer tot umfallen?« Der Fährmann betrachtete den Fahrgast, der sich nicht mehr rührte. »Eben hat er noch gelebt!«

Sarah zuckte mit den Schultern. »Womöglich ›n Herzinfarkt.« Sie griff nach ihrem Handy und bestellte einen Rettungswagen. Als sie das Gespräch beendete, murmelte sie: »Das wird dauern, bis der kommt. Irgendwo muss ›ne Bombe entschärft und dafür ›n Krankenhaus evakuiert werden.«

Asmussen bekam von ihren Worten anscheinend nichts mit, sondern sah weiter ungläubig den Toten an. »Sah gar nicht krank aus«, überlegte er.

»Schaut man halt nicht rein«, sagte Sarah, die der Tote zwar nicht kalt ließ, die sich aber nach außen hin gelassen gab, damit Asmussen nicht noch damit anfing, sich irgendwelche Vorwürfe zu machen.

»Nee, tut man nich. Hast recht, Frau Teufel.« Er schüttelte den Kopf. »Hab auch nix mitgekriegt.«

Sie legte eine Hand auf seinen Oberarm. »So laut, wie der Motor is, kannst du ja auch gar nix mitkriegen. Is nich deine Schuld.« Mit der freien Hand machte sie eine vage Geste. »Und selbst wenn du es gemerkt hättest, wär ihm damit wohl auch nicht geholfen gewesen. Bis du mit dem an Land gewesen wärst, hätte man eh nichts mehr tun können. Da machen die paar Minuten auch nichts aus, die du früher hättest anrufen können, wenn du’s noch vor dem Anlegen bemerkt hättest.«

Der Fährmann nickte. »Hast schon recht, Frau Teufel. Warum müssen die auch dauernd irgendwo buddeln und diese schiet Bomben von damals finden?«

»Eben«, stimmte sie ihm zu. »Gib mir mal eine von den Decken.«

»Is dir kalt?«

»Nee, ich will den Toten bloß zudecken, bis ein Arzt kommt«, erklärte sie.

»Ein Arzt?«

Wieder nickte Sarah. »Ja, die Todesursache muss festgestellt werden. Eigentlich müssten wir sogar die Polizei rufen, aber dann würden wir morgen noch hier stehen und warten.« Seit die kleine Wache im Dorf geschlossen worden war und nun die Kollegen im fast vierzig Kilometer entfernten Aurich zuständig waren, bekam man die Polizei in Palinghuus kaum noch zu sehen. Ab und zu ließ sich ein Streifenwagen blicken, der fast schneller durchs Dorf huschte, als man gucken konnte. Eigentlich war das Ganze ein unhaltbarer Zustand, was jeder im Dorf nur bestätigen konnte, andererseits passierte in Palinghuus so selten etwas, dass man die Schließung der Dienststelle durchaus nachvollziehen konnte. Schließlich hatte die Post ihr kleines Amt am Dorfplatz auch zugemacht und das Schlemmerkörbchen einen Schalter eröffnen lassen, der den Ansprüchen der Palinghuuser mehr als gerecht wurde.

»Dann werd ich mal die werte Frau Doktor anrufen«, sagte Asmussen und griff nach seinem Handy.

»Kannst du machen, aber Dr. Jakobi is nich da«, wandte Sarah ein. »Die hab ich gestern nach Bremen zum Bahnhof gefahren, weil sie für ›ne Konferenz nach Stuttgart musste. Vor Montag is sie nich zurück.«

»Und nu?«

»Sie hat gesagt, dass sie einen Bekannten aus dem Krankenhaus in Emden bitten wollte, für sie einzuspringen.« Sarah überlegte einen Moment lang. »Nee, der Name fällt mir nich ein. Aber sie hat gesagt, dass sie die Bandansage auf der Mailbox ändern will, damit jeder weiß, an wen er sich wenden muss.«

»Neumodischer Kram«, murmelte der Fährmann und wählte die Nummer der Ärztin, dann lauschte er eine Weile. »Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt«, sagte er, als die Ansage gelaufen war.

»Was?«

»Rat mal, wer sie vertritt.«

»Bloß nich«, erwiderte Sarah, da sie schon eine Ahnung hatte. »Husen?«

»Dr. med. Husen«, bestätigte Asmussen. »Wie er leibt und lebt.«

Sarah stöhnte auf. Dr. Husen war mit vierundachtzig vermutlich der dienstälteste praktische Arzt der Welt, der es irgendwie geschafft hatte, seine Zulassung nicht abgeben zu müssen. Dr. Jakobi hatte ihr das vor einer Weile mal erklärt, aber die Details hatte Sarah sich nicht merken können. Auf jeden Fall hatte es etwas mit einem regional gültigen Gesetz von achtzehnhundertnochwas zu tun, das man vergessen hatte, rechtzeitig außer Kraft zu setzen. Husen war ziemlich kurzsichtig, aber zu eitel für eine Brille, und er hörte noch viel schlechter, als er sehen konnte. Wenn er schon auf die Brille verzichtete, warum sollte er dann zum Hörgerät greifen? Sein Motto war: Wenn’s wichtig ist, wird man’s mir schon noch mal sagen.

Asmussen hielt ihr sein Handy hin. »Machst du?«

»Was?«

»Husen anrufen.«

Sie sah den Fährmann verständnislos an.

»Meine Stimme is zu tief«, erklärte er. »Deine hellere Stimme kann er besser hören.«

»Hören ja, aber verstehen?« Als Asmussen weiter nichts sagte, zog sie ihr Smartphone aus der Tasche und tippte auf das Namensverzeichnis. Dann ließ sie es klingeln … und klingeln … und klingeln … bis Husen sich endlich meldete. »Guten Morgen, Herr Dr. Husen. Teufel hier … nein, Teufel … nein, Sarah Teufel … Sa-rah Teu-fel. Ja, genau …« Sie erklärte ihm, was vorgefallen war, erklärte es ihm ein zweites Mal, dann bestätigte sie, dass sie ihn gleich abholen werde, um ihn zum Hafen zu fahren.

Nachdem sie aufgelegt hatte, nickte sie Asmussen zu. »Du hast ja alles mitgekriegt. Ich hole Husen ab und komme mit ihm her.«

»Ich lauf nich weg«, versicherte ihr der Fährmann und sah auf die Decke, die über dem Toten ausgebreitet lag. »Und er auch nich.«

»Kommen Sie, Dr. Husen«, sagte Asmussen, als Sarah eine halbe Stunde später mit dem Mann zurückgekehrt war. »Ich halt Sie fest.«

»Danke, junger Mann«, erwiderte der kleine, leicht bucklige Arzt, der wie erwartet keine Brille trug und stattdessen die Augen angestrengt zusammenkniff, um erkennen zu können, wohin er trat. Immerhin war es inzwischen schon um einiges heller, sodass Husen seine Umgebung zumindest halbwegs wahrnehmen konnte. »Oh … wo ist meine Tasche?«

»Die hab ich, Dr. Husen«, rief Sarah ihm zu, obwohl sie dicht hinter ihm war. Sicher hätte er sie bei normaler Lautstärke nicht gehört, zumal der Nebel noch dichter geworden war und jedes Geräusch zu verschlucken schien.

Der Arzt nickte. »Ah, gut … gut.« Schließlich stand er auf der kleinen Fähre, Sarah kam dazu, ging an ihm vorbei und zeigte ihm so die Richtung an, in die er gehen musste.

»Hier hinten, Herr Dr. Husen.«

Asmussen war nun hinter dem Arzt und schob ihn sanft vor sich her. Wenigstens schaukelte die Fähre kaum, sodass keine Gefahr bestand, dass der kleine Mann das Gleichgewicht verlor. Als die beiden bei Sarah angekommen waren, schlug sie die Decke zur Seite.

»Is das der Tote?«, fragte Dr. Husen, der sich die Tasche geben ließ und ein Klemmbrett herausholte, auf dem ein Formular befestigt war.