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Folge 15: Martin Lazebnik, Top-Anwalt und der Freund von Köchin (und Ex-Agentin) Louise wird bedroht! Er tut die Drohbriefe zunächst als schlechten Scherz ab, doch Louise ist beunruhigt. Als schließlich der erste Stein in seine Kanzlei in Earlsraven fliegt, wird Martin klar, dass die Lage ernst ist. Aber wer steckt dahinter? Womöglich jemand, der vor Gericht gegen ihn verloren hat und nun auf Rache sinnt? Nathalie und Louise versuchen fieberhaft, herauszufinden, wer den Anwalt aus dem Weg räumen will. Und auf einmal steht tatsächlich ein Auftragsmörder in seiner Kanzlei und zielt auf ihn ...
Über die Serie: Davon stand nichts im Testament ... Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel - das ist Earlsraven. Mittendrin: das "Black Feather". Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante - und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie ...
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung
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Seitenzahl: 213
Cover
Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie
Über diese Folge
Über die Autorin
Titel
Impressum
Prolog
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Epilog
Leseprobe
Davon stand nichts im Testament …
Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel: das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante – und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie …
Martin Lazebnik, Top-Anwalt und der Freund von Köchin (und Ex-Agentin) Louise wird bedroht! Er tut die Drohbriefe zunächst als schlechten Scherz ab, doch Louise ist beunruhigt. Als schließlich der erste Stein in seine Kanzlei in Earlsraven fliegt, wird Martin klar, dass die Lage ernst ist. Aber wer steckt dahinter? Womöglich jemand, der vor Gericht gegen ihn verloren hat und nun auf Rache sinnt? Nathalie und Louise versuchen fieberhaft, herauszufinden, wer den Anwalt aus dem Weg räumen will. Und auf einmal steht tatsächlich ein Auftragsmörder in seiner Kanzlei und zielt auf ihn …
Geboren wurde Ellen Barksdale im englischen Seebad Brighton, wo ihre Eltern eine kleine Pension betrieben. Von Kindheit an war sie eine Leseratte und begann auch schon früh, sich für Krimis zu interessieren. Ihre ersten Krimierfahrungen sammelte sie mit den Maigret-Romanen von Georges Simenon (ihre Mutter ist gebürtige Belgierin). Nach dem jahrelangen Lesen von Krimis beschloss sie, selbst unter die Autorinnen zu gehen. »Tee? Kaffee? Mord!« ist ihre erste Krimireihe.
Ellen Barksdale
Tee? Kaffee?Mord!
DAS GEHEIMNISDES TOTEN ANWALTS
beTHRILLED
Originalausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Dorothee Cabras
Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt
Covergestaltung: Kirstin Osenau unter Verwendung von Motiven © shutterstock/SJ Travel Photo and Video, © Mary Ro/Shutterstock, © Rolf E. Staerk/Shutterstock
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7325-8581-6
Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erscheinenden Werkes »MacTavish & Scott – Die Lady Detectives von Edinburgh. Der verschwundene Gärtner« von Gitta Edelmann.
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Prolog, in dem sich ein vermeintlicher Streich als tödlicher Ernst entpuppt
Es war Viertel vor neun an diesem letzten Mittwoch im Juli, und Martin Lazebnik war auf dem Weg zu seiner Anwaltskanzlei am Marktplatz von Earlsraven. Unter den Arm geklemmt trug er ein paar Akten, die er am Abend zuvor mit nach Hause genommen hatte, um noch an den Texten zu feilen, mit denen die Argumente der Gegenseite entkräftet werden sollten. Da seine Freundin Louise Spätschicht im Black Feather hatte, hatte er es sich allein im Wohnzimmer gemütlich gemacht und bei leiser Musik und einem Glas kaltem Wasser mit ein paar gefrorenen Himbeeren darin noch etwas gearbeitet. Das war aber auch der einzige Luxus, den Martin sich gönnte, da er nur so konzentriert arbeiten konnte. Ein Becher Eis oder ein Longdrink wären zu sehr dazu angetan gewesen, ihn von den Dokumenten abzulenken, die er studieren musste.
Im Büro war es einfach zu warm gewesen, da die Hitze der letzten vierzehn Tage längst das alte, dicke Gemäuer des Wohn- und Geschäftshauses durchdrungen hatte. Die Eingangstür und die Fenster in den hinteren Räumen zu öffnen wäre zwar eine Möglichkeit gewesen, um Durchzug zu erzeugen. Aber Martin wollte Durchzug vermeiden, wenn der Schreibtisch mit Briefen und Dokumenten übersät war. Außerdem war die Luft so warm, dass selbst das keine Abkühlung gebracht hätte.
Da saß er lieber daheim im Wohnzimmer und nutzte die mobile Klimaanlage, die er im letzten Jahr angeschafft hatte. Die half ihm, einen halbwegs kühlen Kopf zu bewahren und klar zu denken.
Das Ehepaar aus dem Nebenhaus kam ihm entgegen. Sie grüßten einander und wechselten ein paar Worte, dann ging Martin weiter zur Kanzlei. In dem Ladenlokal waren mal eine Herrenboutique, ein Reisebüro und jemand ansässig gewesen, der auf den Namen Owlsby hörte. An die Boutique erinnerte noch der Schriftzug auf der Markise, die Martin ausgerollt hatte, damit sie für ein wenig Schatten sorgte, sobald die Sonne ab dem frühen Nachmittag auf die Fassade schien. Vom Reisebüro waren die Umrisse der Leuchtbuchstaben geblieben, während die vertikal angebrachte Neonbeleuchtung aus den Fünfziger- oder Sechzigerjahren den Namen »Owlsby« ergab, ohne einen Hinweis darauf, was genau dieser Owlsby seinerzeit verkauft hatte.
Martin schüttelte flüchtig den Kopf, denn wie jeden Morgen nahm er sich auch heute beim Anblick des Schriftzugs vor, sich endlich mal nach diesem Owlsby zu erkundigen. Aber wenn er am Abend nach Hause ging, war dieser Gedanke längst vergessen, und so würde es ihm heute sicher auch wieder ergehen.
Er schloss die Tür auf und trat ein. Durch die Markise war es im Büro ein wenig düster, doch er konnte immer noch genug sehen, um nicht über ein Hindernis zu fallen. Aber notfalls hätte er sich hier auch mit geschlossenen Augen zurechtgefunden.
Mit den Aktenmappen unter dem Arm durchquerte er den vorderen Raum, in dem sein Schreibtisch stand und in dem er seine Mandanten empfing. Hätte ich doch bloß eine gute Assistentin, dachte er so wie fast jeden Morgen, wenn er den Berg an Unterlagen auf seinem Tisch sah. Leider war das ein Wunsch, der sich noch immer nicht hatte erfüllen lassen, seit er die Kanzlei hier in Earlsraven eröffnet hatte. Die guten Assistentinnen schienen alle in den Großstädten zu arbeiten, wo die großen Kanzleien ansässig waren. Keine von ihnen war bereit, einen halbwegs gut bezahlten Vollzeitjob in London gegen einen Teilzeitjob auf dem Land einzutauschen. Die Aushilfen, die bislang hier zum Einsatz gekommen waren, hatten alle nicht die nötigen Kenntnisse besessen. Für Martin hatte das so gut wie immer Mehrarbeit bedeutet, da er jede eingetragene Frist für Einsprüche und Anträge hatte überprüfen müssen, um Gewissheit zu haben, dass nichts Wichtiges übersehen worden war. Auch der überregionale Büroservice hatte leider bisher keine Abhilfe schaffen können. Dennoch war Martin zuversichtlich. Irgendwann würde er jemanden finden, der seinen Anforderungen entsprach. Irgendwann … Hinter dem Durchgang drehte er sich nach links, um den Sicherungskasten zu öffnen und das Licht einzuschalten.
Noch bevor er dazu kam, hörte er hinter sich jemanden leise seufzen. Martin warf einen Blick über die Schulter, erkannte aber nur einen dunklen Schemen auf der anderen Seite des Durchgangs.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie? Wie sind Sie hier reingekommen?«, fragte Martin und drehte sich langsam um.
Der Unbekannte war komplett in Schwarz gekleidet, trug eine Skimaske und hatte darüber noch eine Sonnenbrille aufgesetzt, sodass der Anwalt außer der Mundpartie nichts von dem Unbekannten sehen konnte.
»So viele Fragen«, sagte sein Gegenüber und verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln, »aber keine Zeit mehr für Antworten.«
Erst jetzt bemerkte Martin die Pistole in der Hand des Unbekannten, die auf ihn gerichtet war. Im Halbdunkel konnte er einen Schalldämpfer erkennen. »Hören Sie …«, begann er.
»Sie müssen die Arme nicht hochnehmen«, unterbrach ihn der Eindringling, gerade als Martin die Hände anhob.
»Ist das was Persönliches, oder hat Sie jemand geschickt? Na los, sagen Sie schon!«, forderte Martin ihn auf. »Haben Sie wenigstens den Anstand, mich sehen zu lassen, wer mich umbringen will!« Er bemühte sich, seine Stimme fest und sicher klingen zu lassen.
»Tut mir leid, aber Sie werden im Jenseits weiterrätseln müssen«, sagte der Fremde und streckte den Arm aus, um auf Martins Herzgegend zu zielen. »Wer nicht hören will …«, fügte er hinzu, ließ den Rest jedoch unausgesprochen.
Dann machte es dreimal leise »Plopp«.
Der Fremde sah ungerührt zu, wie Martin Lazebnik beide Hände auf die Brust presste. Das dünne kurzärmelige Hemd, das der Anwalt heute wohl wegen der Hitze ohne Krawatte und ohne Jackett trug, färbte sich schnell rot. Lazebnik glitten die Aktenmappen aus der Hand und verteilten sich auf dem Linoleumfußboden; ein Stapel Blätter rutschte aus einer der Mappen. Der Anwalt sank langsam in die Knie, dann kippte er röchelnd nach vorn und landete bäuchlings auf dem Boden.
Der Vermummte wartete, bis Lazebnik sich nicht mehr rührte, dann schaltete er die Kamera aus, mit der er die Hinrichtung des Anwalts gefilmt hatte. Er tauschte die schwarze gegen eine blassrosa Skimaske aus, die von Weitem betrachtet nicht als solche auffallen würde, griff nach dem dünnen Strohhut auf dem Aktenschrank gleich hinter ihm, setzte ihn auf und zog ihn tief ins Gesicht, damit niemand sehen konnte, dass er diese Maske trug. Nachdem er den schwarzen Overall abgestreift hatte, verließ er nach einem prüfenden Blick nach rechts und links die Kanzlei. Wer ihn dabei beobachtete, konnte später nur beschreiben, dass er olivgrüne Shorts, Sandalen und ein rotes Hawaiihemd trug, um das ihn Thomas Magnum sicher beneidet hätte.
»Auftrag erledigt«, sagte er leise zu sich selbst und nickte zufrieden.
Erstes Kapitel, in dem sich die Lage zuspitzt
Zwei Wochen zuvor
»Ist mit der Scheibe in der Tür was nicht in Ordnung?«, fragte Louise Cartham, die Köchin im Black Feather, als sie mit dem kleinen Transporter vor Martins Kanzlei vorfuhren.
»Gestern war noch alles okay«, gab er zurück und beugte sich vor, um an seiner Freundin vorbei aus dem Seitenfenster zu sehen. »Von hier aus kann ich nichts erkennen. Geh du schon mal vor und schließ auf, dann kann ich mit dem Kühlschrank direkt bis nach hinten durchgehen.«
Den kleinen Kühlschrank, in den gerade mal ein paar Flaschen und eine mittelgroße Schüssel für Salat und Ähnliches passten, hatte er Nathalie Ames abschwatzen können, der Eigentümerin des Black Feather. Sie hatte in einigen der Gästezimmer im Pub die alten Kühlschränke gegen sparsamere Modelle ausgetauscht, und Martin hatte einen davon für sein Büro bekommen können, damit er im Sommer etwas Gekühltes trinken konnte, ohne dafür erst bis zum Pub gehen zu müssen.
Er hatte die Hecktür eben erst geöffnet, da kam Louise zu ihm zurück.
»Vergiss den Kühlschrank«, sagte sie leise. »Das musst du dir ansehen.«
»Was ist denn los?«
Sie deutete mit dem Kopf ungeduldig in Richtung seiner Kanzlei. »Komm, schau es dir an.«
Martin folgte ihr zur Tür und sah schon nach wenigen Schritten, dass mit der Scheibe tatsächlich etwas nicht stimmte. In der unteren Hälfte klaffte ein Loch von gut fünfzehn Zentimetern Durchmesser, ringsum waren Splitter herausgebrochen. Risse zogen sich in alle Richtungen bis zum Rahmen durch das Glas.
»Wer hat denn die Scheibe eingeschlagen?«
»Derjenige, der diesen Stein geworfen hat«, antwortete Louise und deutete durch das Loch auf einen mehr als faustgroßen Stein, der mitten im Büro lag. Bis dorthin war der Boden mit Splittern in allen Größen übersät.
»Schließ auf«, sagte er zu Louise, da sie noch immer den Schlüsselbund in der Hand hielt. »Das will ich mir genauer ansehen.«
»Nein.«
Martin drehte sich um und schaute sie verdutzt an. »Was?«
»Nein«, wiederholte sie und blickte ihn aufgebracht an.
Er hob abwehrend die Hände. »Okay, wenn du aus irgendeinem Grund nicht willst, dann gib mir den Schlüsselbund zurück, und ich schließe selbst auf.«
»Das wirst du auch nicht machen!«
»Sag mal, Louise, was ist denn in dich gefahren?« Er schüttelte ratlos den Kopf.
Louise kniff die Augen zusammen und zischte ihm zu: »Meinst du nicht, dass es jetzt reicht? Seit Monaten bekommst du in Abständen diese Drohbriefe, die du einfach auf die leichte Schulter nimmst, was ich ohnehin nicht verstehen kann! Aber jetzt schmeißt man dir mit einem großen Stein die Scheibe ein, und das kümmert dich immer noch nicht? Was muss denn noch passieren? Willst du dich vielleicht auch noch erschießen lassen, nur weil dich nicht beeindrucken kann, dass sich offenbar jemand an dir rächen will?«
»Ach komm, Louise«, wandte der Anwalt ein. »Wir wissen ja nicht mal, wer den Stein geworfen hat. Vielleicht …«
»Wir rufen jetzt Ronald an, damit er diese Sache zu den Akten nimmt«, erklärte sie entschieden. »Und anschließend werden wir uns gemeinsam hinsetzen und eine Liste mit Verdächtigen zusammenstellen. Und dann …«
»Louise, das ist völlig übertrieben«, ging er dazwischen. »Ich habe doch keine Mörder ins Gefäng…«
»Entweder wir machen es so, wie ich es sage«, beharrte sie, »oder wir sind geschiedene Leute!«
»Um geschiedene Leute zu werden, müssten wir doch erst mal verheiratet sein«, konterte er verschmitzt lächelnd.
»Mach dich ja nicht auch noch lustig über mich, Martin. Ich habe in meinem früheren Job als Agentin zu viele Menschen verloren, die mir ans Herz gewachsen waren. Das habe ich nicht verhindern können, weil da höhere Interessen eine Rolle spielten. Aber ich werde nicht zulassen, dass ich dich auch noch verliere, nur weil du glaubst, dir könnte niemand etwas anhaben.«
»Schön gesagt, Louise«, ertönte eine Stimme hinter ihnen. Als die beiden sich umdrehten, sahen sie Constable Ronald Strutner, der sich an den Lieferwagen gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Er trug seine Uniform und tippte mit einem Finger gegen den Schirm seiner Dienstmütze. »Morgen zusammen!«
»Ronald?«, fragte Martin verdutzt. »Seit wann stehst du denn schon da?«
»Lange genug, um einzugreifen, falls ihr zwei euch gegenseitig an die Gurgel geht, oder um dich daran zu hindern, deine Kanzlei zu betreten und mögliche Spuren zu verwischen«, antwortete der Polizist. »Je nachdem, was zuerst passiert.«
»Danke, Ronald«, sagte Louise erleichtert. »Dann kannst du ihm ja mit deinem Schlagstock einen Klaps auf den Hinterkopf geben, damit er Vernunft annimmt.«
Ronald grinste sie an. Er hatte sich den Schnäuzer wieder wachsen lassen, nachdem er zu vielen Leuten im Ort hatte erklären müssen, dass er tatsächlich der Constable war und sich nur aus einer Laune heraus rasiert hatte. »Ein Polizist, der ohne Grund Gewalt gegen einen Rechtsanwalt anwendet? Louise, wenn du willst, dass ich beruflichen Selbstmord begehe, dann sag mir das einfach, okay?«
Sie zwinkerte ihm zu. »Trotzdem solltest du diesem Sturkopf klarmachen, dass er endlich was unternehmen muss.«
»Woher weißt du überhaupt, dass es da drinnen irgendwelche Spuren zu sichern gibt?«, wollte der Anwalt wissen.
»Weil ich das Loch in der Scheibe und den Stein in deinem Büro gerade eben bei meinem Rundgang entdeckt habe«, antwortete Ronald. »Ich wollte dich anrufen, aber dann habe ich euch mit dem Transporter vorfahren sehen, also bin ich sofort wieder aus der Wache rübergekommen. Wir müssen wirklich etwas unternehmen, Martin. Das da ist kein Spaß.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die Kanzleitür.
»Ronald, jetzt fang du nicht auch noch an«, erwiderte Martin. »Ich lasse mich von niemandem einschüchtern. Den Stein werfe ich weg, die Scheibe wird ausgetauscht, und fertig …«
»Tut mir leid, Martin. Das ist nicht möglich.« Der Constable schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Ich habe vor dir von dem Vorfall Kenntnis genommen und bereits eine Aktennotiz gemacht, und ich kann und werde nicht die Augen verschließen. Das ist kein harmloser Dummejungenstreich, das ist ein gezielter Anschlag. Davon bin ich überzeugt.«
Während er redete, zog er ein Paar Einweghandschuhe aus der Tasche und streifte sie über, dann griff er nach seinem Smartphone und schoss ein paar Fotos von der eingeschlagenen Scheibe, außerdem vom Schloss, wohl um zu dokumentieren, dass offenbar niemand die Scheibe zertrümmert hatte, nur weil er am Türschloss gescheitert war.
Er ließ sich von Louise den Schlüssel geben, öffnete die Tür und trat ein, während er weiter Fotos machte. Der Stein war bis in die Mitte des vorderen Büroraums gerollt, Scherben lagen auf dem Boden verteilt. Ronald zog einen Asservatenbeutel aus der Jackentasche und hob den Stein auf. Als er ihn kurz von allen Seiten betrachtete, stutzte er. »Da klebt ein Zettel dran«, ließ er die beiden anderen wissen und drehte den Stein so, dass sie es auch sehen konnten.
Ein Stück Papier war zusammengefaltet und mit etwas durchsichtigem Klebeband am Stein befestigt worden.
»Willst du nicht nachsehen, was draufsteht?«, fragte Louise, als der Constable den Stein in den Plastikbeutel packte.
»Doch, gleich. Wenn wir auf der Wache sind«, sagte Ronald und nickte bestätigend. »Ich muss das behutsam ablösen, aber das kann ich hier nicht machen.« Er schoss noch ein paar Fotos, danach deutete er auf die Tür. »Dann lasst uns mal rübergehen.«
»Kann ich denn gleich in mein Büro?«, wollte Martin wissen. »Oder wirst du das auch noch mit deinem ›Vorsicht, Tatort!‹-Flatterband absperren?«
Der Constable winkte ab. »Es gibt keine Einbruchspuren; die Eingangstür war abgeschlossen und konnte nicht durch einen Griff durch das Loch geöffnet werden. Die Fenster dahinten sind alle verriegelt. Der Steinewerfer hat irgendwo draußen vor der Tür gestanden, als er die Scheibe zu Bruch gehen ließ. Außer am Stein kann ich hier drin gar keine Spuren finden. Also, kommt mit.«
Auf der Wache angekommen, die ebenfalls am Marktplatz lag, nahm Ronald an seinem Schreibtisch Platz. Martin und Louise blieben vor dem Tisch stehen und sahen ihm zu, wie der Constable den Stein wieder zur Hand nahm und mit Lupe und Pinzette das Klebeband abzulösen begann. Nach mehreren Anläufen gelang es ihm endlich, und dann rutschte der Zettel heraus, der in einer Plastikhülle gesteckt hatte, wohl damit er nicht am Klebeband hängen blieb.
Vorsichtig faltete der Constable ihn auseinander und hielt ihn so, dass sie alle den Text darauf lesen konnten.
Sie haben genug Unheil angerichtet, stand darauf geschrieben. Löschen Sie für immer das Licht in Ihrer Kanzlei, bevor ich vorbeikomme und genau das mit Ihrem Lebenslicht mache.
»Ich hab’s doch gewusst!«, rief Louise und verpasste Martin mit dem Handrücken einen leichten Schlag gegen den Oberarm. »Und du hast das für harmlos und bedeutungslos gehalten! Das da ist eine Drohung, die sich gegen dein Leben richtet!«
»Ja, das sehe ich auch. Und eine schlecht geschriebene dazu«, gab der Anwalt zerknirscht zurück. »Scheint so, als hätte ich mein Gegenüber bisher falsch eingeschätzt.«
»Kann ich mir den Zettel mal genauer ansehen?«, wollte Louise wissen, woraufhin der Constable ihr ein Paar Einweghandschuhe hinhielt. Nachdem sie sie angezogen hatte, nahm sie den Zettel an sich und betrachtete ihn eingehend unter dem hellen Lichtschein von Ronalds Schreibtischlampe. Sie schüttelte den Kopf. »Mit Schablone geschrieben. Sehr schlau. Das ist erst das … lass mich überlegen … das dürfte erst das dritte Mal sein, dass ich so was sehe. Kein Hinweis auf die Handschrift, also ist auch kein Abgleich mit einer Datenbank möglich.«
Sie nahm die Lupe, die aus dem Stiftehalter hervorguckte, und hielt sie so, dass sie das Papier genauer betrachten konnte. »Tja, wir werden bestimmt nicht das Glück haben, dass das mit einer Tinte geschrieben wurde, die in dieser Art nur in einem kleinen Dorf südlich von Kyoto produziert und ausschließlich dort verkauft wird«, murmelte Louise. »Im Fernsehen verraten sich die Schurken gern durch so was Extravagantes, aber ich wette, das hier ist mit einem ganz gewöhnlichen Kugelschreiber aus irgendeinem Kaufhaus geschrieben worden. Und das Papier ist ganz bestimmt genauso handelsüblich.«
»Lass mich dieses Schreiben noch fotografieren«, sagte Ronald und wartete, bis sie den Zettel wieder hingelegt hatte. »Der geht zusammen mit dem Stein ins Labor«, fuhr er fort und machte noch ein paar Fotos. »Vielleicht sind ja am Papier oder auf dem Stein irgendwelche Spuren zu finden, die uns weiterhelfen.«
Nachdem er Stein und Zettel in getrennte Asservatenbeutel gesteckt hatte, sah er Louise und Martin an. »Wir setzen uns nachher zusammen und beratschlagen, was wir tun können«, erklärte er. »Wir wollen schließlich noch lange was von dir haben, Martin. Allein die kostenlose Rechtsberatung ist schon Gold wert.« Er zwinkerte seinem Freund bei diesen Worten zu.
»Vielleicht sollte ich ja Rechnungen schreiben«, meinte der Anwalt ironisch, wurde dann aber wieder ernst. »Wann sollen wir für die Besprechung hier sein?«
Ronald hob abwehrend eine Hand. »Hier? So viele Stühle habe ich nicht, dass ihr alle hier Platz finden könntet.«
Verständnislos zuckte Martin mit den Schultern. »Ich kann dir nicht folgen.«
»Ronald meint mit ›uns alle‹ uns alle, also auch Nathalie und Fred, Paige, J.L. und alle anderen«, warf Louise ein.
Jetzt war es Martin, der beide Hände hob. »Oh nein, es genügt, wenn wir drei das bereden. Ich will die anderen gar nicht erst in diese Sache mit reinziehen.«
»Du ziehst niemanden mit rein«, widersprach Louise ihm energisch. »Wir mischen uns einfach ein. Aber mach dich darauf gefasst, ein Donnerwetter von den anderen zu hören zu bekommen, weil du keinen Ton gesagt hast.«
»Sie haben genug Unheil angerichtet. Löschen Sie für immer das Licht in Ihrer Kanzlei, bevor ich vorbeikomme und genau das mit Ihrem Lebenslicht mache?«, las Nathalie Ames vor. Die Eigentümerin des Black Feather, einer Kombination aus Pub, Café und Hotel, sah ungläubig in die Runde, dann wandte sie sich vorwurfsvoll an Martin. »Und das wolltest du uns verschweigen?«
Der Anwalt seufzte leise. »Ich sehe das halt anders als ihr. Viele Anwälte erhalten nach einem Prozess von der unterlegenen Seite anonyme Briefe mit solchen Drohungen, weil die Leute auf einmal einen Sündenbock für die Bescherung suchen, die sie sich selbst eingebrockt haben.«
»Wird denn auch all den Anwälten ein Stein durch die Eingangstür geworfen, so wie es jetzt bei dir passiert ist?«, fragte Nathalies Freund Fred Estaire mit einem bissigen Unterton.
»Ja, ja, ja, ist schon gut, ihr habt alle gewonnen«, rief Martin und streckte die Hände in die Höhe, um allen im Raum zu zeigen, dass er seinen Widerstand aufgab. Sie saßen, mit reichlich kalten Getränken versorgt, im Café des Black Feather, das unter der Woche abends nach zehn regulär geschlossen war, sodass sie auf drei Tische aufgeteilt ungestört dort zusammensitzen und sich unterhalten konnten.
Alle, das waren außer Nathalie und Fred, Martin und Louise sowie Ronald auch noch der Gerichtsmediziner Jean-Louis »J.L.« Talradja und dessen Künstlerfreundin Belle Starr, Ronalds Freundin Stephanie Warren und die hiesige Buchhändlerin Paige Rittinghouse. Sie alle gehörten zum engsten Kern rund um Nathalie Ames und ihren Pub, und sie alle halfen dem Constable, wo sie nur konnten, da er als einziger Vertreter von Recht und Ordnung für eine viel zu große Anzahl von Dörfern rund um Earlsraven zuständig war.
Betreten schaute Martin von einem zum anderen. »Ich wollte keinen von euch mit in diese Sache hineinziehen. Schließlich betrifft es keinen von euch, deshalb …«
»Wenn dein Leben in Gefahr ist, betrifft das auch jeden von uns«, wandte Jean-Louis ein. »Wenn ich mich nicht völlig irre, sind wir alle deine Freunde, oder sehe ich das falsch?«
Von allen Seiten kamen zustimmende Bemerkungen. Nathalie klopfte auf den Tisch, was von den anderen aufgegriffen wurde und sich zu einem lauten Stakkato entwickelte.
»Wie ich sehe, komme ich gegen euch nicht an«, sagte Martin schmunzelnd und erklärte leise: »Ich bin es nun mal gewohnt, allein zu agieren. Als Anwalt ist man ein Einzelkämpfer, wenn man nicht gerade in einer großen Kanzlei arbeitet, die prinzipiell drei Anwälte auf einen Fall ansetzt. Man muss sich gegen den gegnerischen Anwalt behaupten, man muss wissen, wie man die Jury für sich gewinnt. Man muss überlegen, welche Zeugen man vor Gericht aussagen lässt und welche besser nicht. Man muss den Richter einschätzen können, wissen, ob der bestimmte Taktiken nicht mag und einem die geplante Strategie zerschlägt …«
»Und darum hast du gedacht, du musst auch das hier allein bewältigen?«, fragte Nathalie verständnisvoll.
Martin nickte bedächtig. »Wie es scheint, habe ich mich geirrt«, entgegnete er schließlich und lächelte in die Runde. Schließlich nickte er erneut und betonte: »Ich danke euch, dass ihr mithelfen wollt, den Spinner zu schnappen, der mir den Stein ›geschickt‹ hat.«
»Gut, dass du einsichtig bist«, sagte Ronald zufrieden. »Sonst hätte ich dich in Beugehaft genommen.«
»Das kannst du zum Glück nicht«, hielt Martin unbeeindruckt dagegen.
»Du meinst, ich darf es nicht«, fuhr der Constable ironisch fort. »Trotzdem könnte ich es. Vergiss nicht, ich bin hier das Gesetz. Ich bin Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person.«
Martin legte den Kopf schräg und musterte den Polizisten. »Ich hätte nicht gedacht, dass unter dieser Uniform noch Platz für eine Zwangsjacke ist«, konterte er und hatte die Lacher prompt auf seiner Seite.
»Jetzt kommt lieber mal zur Sache«, warf Paige ein. »Ich muss morgen früh raus, und wir haben schon fast halb elf.«
»Ganz genau«, stimmte Louise ihr zu und wandte sich auch wieder zu Martin um. »Wer könnte dir jemanden auf den Hals gehetzt haben, um sich vielleicht an dir zu rächen?«
Ihr Freund rieb sich den Nacken und verzog nachdenklich den Mund. »Da gibt es so viele, ich möchte am liebsten gar nicht darüber nachdenken.«
»Du musst doch einem oder meinetwegen auch mehreren Angeklagten vor Gericht so zugesetzt haben, dass er dir etwas antun möchte«, warf Stephanie ein. »Da muss doch jemand sein, der einen ganz besonderen Hass auf dich hat, weil er deinetwegen für ein paar Jahre hinter Gittern saß.«
»M-m«, machte Martin und lehnte sich auf seinem Stuhl nach hinten, griff nach dem Glas Bier und trank einen Schluck. Im Hintergrund war das Surren der Klimaanlage zu hören, die immer noch arbeitete, da es draußen nach wie vor sehr warm war. »So einfach ist das nicht. Ich kann nicht sagen, dass wir vier Kandidaten haben, die alle für den Rest ihres Lebens weggesperrt wurden, und dass es wahrscheinlich einer von denen ist. So einfach ist das in der Wirtschaft nicht. Das Strafmaß und die Folgen für ein Unternehmen sind zwei völlig verschiedene Dinge, die kann man nicht gleichsetzen. Nehmen wir zum Beispiel Markenpiraterie. Da werden hohe Geldbußen verhängt, die auf den ersten Blick richtig brutal erscheinen. Aber das kann das Unternehmen aus der schwarzen Kasse bezahlen und weitermachen, als wäre nie was passiert. Ein anderes Unternehmen dagegen bekommt nur eine kleine Geldstrafe aufs Auge gedrückt, doch das sorgt bei den geprellten Käufern für so große Enttäuschung und Empörung, dass die Umsätze einbrechen.«
»Oh«, murmelte Louise. »Wir brauchen also Auskünfte über die Folgen für die Unternehmen, gegen die du vor Gericht gesiegt hast?«