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In Nathalies Hotel stirbt ein Gast - und das Loch in seiner Stirn macht klar, dass es kein Herzinfarkt war! Nathalie und Louise können sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum jemand ihren langjährigen Stammgast Nick Hemsley ermordet hat. Doch bei ihren Ermittlungen stoßen sie auf einige düstere Geheimnisse. Und es kommt noch schlimmer: Nicht nur Nick Hemsley sollte getötet werden, sondern auch jemand, der Nathalie und Louise sehr nahe steht ...
Über die Serie: Davon stand nichts im Testament ... Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel - das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante - und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie ...
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Seitenzahl: 220
Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie
Titel
Prolog
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Epilog
Über die Autorin
Impressum
Leseprobe
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In Nathalies Hotel stirbt ein Gast – und das Loch in seiner Stirn macht klar, dass es kein Herzinfarkt war! Nathalie und Louise können sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum jemand ihren langjährigen Stammgast Nick Hemsley ermordet hat. Doch bei ihren Ermittlungen stoßen sie auf einige düstere Geheimnisse. Und es kommt noch schlimmer: Nicht nur Nick Hemsley sollte getötet werden, sondern auch jemand, der Nathalie und Louise sehr nahe steht …
Davon stand nichts im Testament …
Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel: das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante – und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie …
Ellen Barksdale
Tee? Kaffee?Mord!
DES HENKERS LETZTE MAHLZEIT
Prolog, in dem ein Stammgast ein letztes Mal ins Black Feather zurückkehrt
Es war kurz vor achtzehn Uhr, als Nick Hemsley den Blinker setzte, leicht abbremste und auf die Abbiegerspur wechselte, die auf den Parkplatz vor dem Hotel führte, in dem er wieder einmal absteigen würde. Nachdem er die Schnellstraße verlassen hatte, sah er vor sich das Black Feather, eine Kombination aus Pub, Café und Hotel und seit Jahren sein Stammquartier, wenn ihn sein Beruf in diese Gegend führte. Als er das letzte Mal hier abgestiegen war, hatten die Arbeiten am Neubau erst begonnen, und er war gespannt, wie sich die Erweiterung mit dem jahrhundertealten Hauptgebäude vertragen würde.
Er fuhr bis ganz nach vorne durch, und so wie fast immer ließ ihn das Glück auch heute nicht im Stich, da er zwischen zwei Lastwagen versteckt noch einen Parkplatz fand. Er stellte seinen weißen Kombi ab, holte die beiden Koffer heraus und folgte der Beschilderung um das Gebäude herum zum neuen Empfang. Zuvor hatte man immer im Pub einchecken müssen, was etwas lästig sein konnte, wenn alle Plätze an der Theke besetzt waren und man dennoch das Formular ausfüllen musste.
Als er um das Gebäude herumkam, fiel sein Blick auf die Terrasse, die dank des sonnigen Wetters auch an diesem Montagabend gut besucht war. Einen freien Tisch konnte er zumindest auf den ersten Blick nicht entdecken. Der Neubau war inzwischen natürlich fertiggestellt, dafür hatte Hemsleys letzter Aufenthalt viel zu lange zurückgelegen. Er war beeindruckt, denn wer das alte Black Feather nicht kannte, der würde beim Anblick des Erweiterungsbaus seinen letzten Penny darauf verwetten, dass das gesamte Gebäude schon vor Jahrhunderten so ausgesehen hatte. Der Architekt hatte ein kleines Meisterwerk vollbracht und glücklicherweise keinen Glaswürfel neben das alte Bauwerk gesetzt.
Er betrat den Empfangsbereich und musste abermals staunen, da nicht nur die Fassade ein uraltes Gebäude simulierte, sondern das Innenleben mit seiner niedrigen Decke und den relativ kleinen Türen ebenfalls das Gefühl vermittelte, sich in einem gut in Schuss gehaltenen Altbau aufzuhalten. Hemsley war sich sicher, dass der Neubau alle aktuellen Bedingungen erfüllte, was den Brandschutz und ähnliche Sicherheitsvorkehrungen betraf. Dennoch war die Illusion eines viel älteren, denkmalschutzwürdigen Gebäudes rundum gelungen.
»Guten Abend, Mr Hemsley«, sagte eine Frauenstimme links von ihm. »Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Fahrt?«
Er drehte sich um und entdeckte die Eigentümerin Nathalie Ames, die gerade aus einem Raum kam, der mit »Privat« markiert war. »Guten Abend, Miss Ames«, erwiderte er und lächelte ihr zu. »Ja, es war erfreulich wenig los. Darum bin ich auch eine halbe Stunde früher hier als geplant.« Er machte eine ausholende Geste. »Meinen Glückwunsch zum neuen Black Feather. Das sieht großartig aus.«
»Stimmt«, sagte Nathalie und strich sich eine Strähne ihres dunkelblonden Haars aus dem Gesicht, das ihr in leichten Wellen bis fast auf die Schultern reichte. Er hatte sie mit einer kürzeren Frisur in Erinnerung. »Sie waren ja schon länger nicht mehr hier. Aber Sie haben natürlich immer noch Ihr Stammzimmer im ersten Stock mit Blick auf den Parkplatz – obwohl die andere Seite landschaftlich wesentlich reizvoller ist.«
»Da haben Sie recht, Miss Ames«, stimmte er ihr zu. »Aber dann hätte ich das Gefühl, im Urlaub zu sein. Die Aussicht auf den Parkplatz und die Schnellstraße erinnert mich schon gleich nach dem Aufstehen daran, dass mich meine Arbeit hergeführt hat.«
Nathalie nickte verstehend. »Ein guter Gedanke, Mr Hemsley. Heather wird sich um Sie kümmern«, fuhr sie fort und deutete auf die ältere Frau am Empfang, die Mitte oder Ende sechzig zu sein schien, also eigentlich deutlich älter als der Großteil des Personals, das er aus dem Black Feather kannte.
Nathalie schien sein Stirnrunzeln nicht entgangen zu sein, und sie hatte es auch völlig richtig gedeutet, da sie gleich darauf erklärte: »Die Hälfte meiner Belegschaft hat sich eine Sommergrippe eingefangen, und ich bin über jeden froh, der kurzfristig einspringen kann. Heather hat schon früher für das Black Feather gearbeitet, als es noch meiner Tante gehörte.« Sie sah auf die Wanduhr hinter der Empfangstheke und sagte: »Wenn Sie mich entschuldigen würden, Mr Hemsley, aber im Pub sind wir auch unterbesetzt, und ich werde jetzt meine Servierfertigkeiten unter Beweis stellen dürfen.« Sie verzog ironisch einen Mundwinkel. »Falls Sie in nächster Zeit hören, dass größere Mengen Glas zu Bruch gehen, dann machen Sie sich keine Sorgen. Das ist dann nur der Beleg dafür, dass es mit meinem Können nicht sehr weit her ist.«
»Sie werden das schon schaffen«, sagte er, um ihr Mut zuzusprechen. »Und in einer Viertelstunde werde ich mich davon persönlich überzeugen können.«
»Stimmt, Sie kommen ja gleich in den Pub und essen eine Tomatensuppe. Ein Tisch ist schon für Sie reserviert.«
Hemsley nickte zum Dank, dann ging er weiter zur Empfangstheke, um bei Heather einzuchecken.
Auf seinem Zimmer angekommen, legte Hemsley den einen Koffer auf das Bett, öffnete ihn und räumte ihn aus. Die Hemden und Hosen hängte er im Schrank auf Bügel, das Ersatzjackett hatte er im Wagen gelassen, da es dort gut hinter dem Fahrersitz hing. Die übrige Wäsche verstaute er in einer der Schubladen in der Kommode, die links der Eingangstür stand. Den zweiten Koffer mit dem Arbeitsgerät deponierte er unter dem Bett. Dort war er aus Erfahrung am besten aufgehoben, auf jeden Fall besser als in seinem Wagen. Der Parkplatz vor dem Black Feather war zwar nachts gut beleuchtet, aber durch die vielen Lastwagen, die dort parkten, gab es für die dazwischen abgestellten Personenwagen immer ein Risiko, da die großen Auflieger die Sicht versperrten, was auch jedem klar war, der vorhatte, einen fremden Kofferraum auszuräumen.
Als er fertig war, ging er nach unten in den Pub, der um diese Uhrzeit sehr gut besucht war, sodass an der Theke nicht nur Gedränge herrschte, sondern auch eine entsprechende Lautstärke, da alle durcheinanderredeten und jeder den anderen übertönen wollte, um selbst gehört zu werden. Obwohl der Pub aus einem einzigen großen Raum bestand, schien es so, als wäre zwischen der Theke und den Tischen eine unsichtbare Wand eingezogen, da die Lautstärke abrupt nachließ.
Hemsley entdeckte schnell den freien Zweiertisch mit dem Reserviert-Schild darauf, auf dem sein Name vermerkt war. Er nahm Platz, und noch bevor er eine Bedienung auf sich aufmerksam machen musste, kam ein Kellner und brachte ihm einen Teller Tomatensuppe und ein Glas Wasser an den Tisch. »Miss Ames meinte, dass Sie das bestellen würden. So wie immer«, sagte der Kellner freundlich.
»Es könnte nicht perfekter sein«, erwiderte er und nickte erfreut.
Abends aß er immer nur leichte Kost, mal einen Salatteller, mal eine Suppe, manchmal auch nur ein belegtes Brot, wenn es schnell gehen musste. Aber er mied alles, was schwer im Magen lag und ihn womöglich um den Schlaf brachte. Er konnte es sich einfach nicht leisten, am Morgen nicht richtig ausgeruht zu sein, wenn es an die Arbeit ging.
Während er seine Tomatensuppe genoss, die von der Köchin wie gewohnt genau richtig abgeschmeckt worden war, ließ er seine Gedanken schweifen. Ein Leben auf dem Lande war eigentlich das, was er sich immer erträumt hatte, doch stattdessen hatte es ihn in die Großstadt verschlagen – vor allem, weil Dorfbewohner zu ausgeprägter Neugier neigten. In seiner Branche war Verschwiegenheit ein unabdingbares Muss, aber Schweigen führte bei neugierigen Menschen zu Spekulationen, und die konnten gefährliche Folgen nach sich ziehen, wenn der Falsche sie zu Ohren bekam. Und so lebte er notgedrungen in London in einem Haus mit über zwanzig Mietparteien, in dem kaum einer seine unmittelbaren Nachbarn kannte.
Als er aufgegessen hatte, brachte er den Teller und das leere Wasserglas zur Theke, auch wenn er das nicht hätte machen müssen. Aber wie Miss Ames ihm ja gesagt hatte, fehlte es momentan an Personal, und auch wenn er sonst nichts dagegen tun konnte, hoffte er, mit seiner kleinen Geste dazu beizutragen, dass die Frau, der das alles hier gehörte, ein bisschen weniger Stress hatte.
Als sie sah, wie er Teller und Glas beim Hinausgehen hinter die Theke stellte, lächelte sie ihm dankbar zu. Er nickte kurz, dann kehrte er auf sein Zimmer zurück. Doch würde er gleich wieder aufbrechen, um einen Spaziergang durch das sommerliche Earlsraven zu unternehmen.
Er hatte eben sein Zimmer betreten, da meldete sein Telefon den Eingang einer SMS, die von einer ihm unbekannten Nummer gesendet worden war.
»Sehen Sie sich den roten Wagen auf dem Parkplatz an«, teilte der Unbekannte ihm mit.
Hemsley öffnete das Fenster, stützte sich mit den Ellbogen auf dem Fensterbrett ab und suchte den Parkplatz nach einem roten Wagen ab. Da er nicht fündig wurde, startete er einen neuen Anlauf, diesmal etwas langsamer und gründlicher.
Auf einmal verspürte er einen stechenden Schmerz genau zwischen den Augen, dann wurde um ihn herum alles dunkel …
Erstes Kapitel, in dem einer erschreckenden Entdeckung eine noch erschreckendere folgt
Seit sechs Uhr war Nathalie inzwischen bereits auf den Beinen, um überall dort auszuhelfen, wo Not am Mann war. Angefangen hatte sie in der Küche, wo sie das Frühstücksbuffet aufgebaut hatte, während ihre Freundin Chefköchin Louise mit ihrem arg geschrumpften Personalbestand erste Vorarbeiten für die Mittagszeit erledigt hatte. Die Herausforderung bestand in erster Linie darin, die Gerichte auf der Tageskarte vorzubereiten, damit vor allem die Lastwagenfahrer nur ein paar Minuten nach der Bestellung ihr Essen serviert bekamen, weil sie es von allen Gästen am eiligsten hatten. Als die Arbeit am Buffet erledigt war, ging es weiter zu den Zimmern, die am Morgen als Erste wieder frei wurden, weil Trucker oder Urlauber früh abfuhren, um ihre Fähre über den Kanal zu erwischen. Die Betten mussten neu bezogen, das Zimmer staubgesaugt und das Badezimmer auf Vordermann gebracht werden, um für den nächsten Gast bereit zu sein. Der konnte unter Umständen auch schon mal morgens um acht Uhr ein Zimmer haben wollen, weil er vom nördlichsten Zipfel der Insel kommend die ganze Nacht durchgefahren war und nun ein Bett brauchte.
Nathalie hatte schon zuvor Respekt vor der Arbeit der Zimmermädchen gehabt, aber seit Ende der letzten Woche hatte sich ihre Hochachtung noch mal gesteigert, da sie nun hautnah miterlebte, was für einen Knochenjob die Frauen – und ein Mann, der Einzige, der sich je auf ein Stellenangebot gemeldet hatte – erledigten. Es gab tausend Kleinigkeiten, an die man denken musste, um ein Zimmer in einen Zustand zu versetzen, der einem Gast keinen Anlass zu einer Beschwerde gab. Jede Ecke musste kontrolliert werden, ob nicht irgendwo auch nur ein Bonbonpapier gelandet war, das dort nichts zu suchen hatte. Auf jeden Fall würde sie allen ab dem nächsten Monat eine Gehaltserhöhung geben, um zu würdigen, was sie für das Black Feather leisteten.
Um nicht selbst für eine Reklamation zu sorgen, hatte sich Nathalie von ihren Zimmermädchen detailliert beschreiben lassen, worauf zu achten war. Während der Reinigung eines Zimmers tippte sie nach jeder erledigten Tätigkeit auf die auf dem Tablet angezeigte Liste, um die entsprechende Position mit einem grünen Häkchen zu versehen. Mehr als einmal wunderte sie sich, dass es noch immer offene Posten auf ihrer Liste gab, obwohl sie das Gefühl hatte, bereits eine halbe Ewigkeit in diesem einen Zimmer verbracht zu haben.
Nathalie seufzte leise. Nur zwei Tage vor der ersten Krankmeldung hatte sie noch ihrer Assistentin Yoshiko grünes Licht für einen mehrwöchigen Urlaub gegeben, da sie wegen einer dringenden familiären Angelegenheit in die Heimat ihrer Eltern nach Japan reisen musste. »Mach dir keine Sorgen, Yoshiko«, hatte sie zu ihr gesagt. »Es ist ja nicht so, als würde dich die halbe Belegschaft begleiten, die uns dann hier fehlt.«
Zwar hatte nicht die halbe Belegschaft Yoshiko nach Japan begleitet, sich stattdessen aber nur zwei Tage nach der Abreise ihrer Assistentin nach und nach mit Fieber, Schnupfen und Halsschmerzen krankgemeldet und ins Bett gelegt. Nathalie hatte wenigstens eine Handvoll ehemalige Angestellte dazu bewegen können, für ein paar Tage auszuhelfen, so wie es Heather am Empfang tat. Und auch ihre Freunde unterstützten sie nach Kräften; dennoch musste Nathalie selbst mit anpacken, wodurch der Papierkram sich inzwischen zu stapeln begann, da sie den niemandem sonst überlassen konnte – außer natürlich Yoshiko, die sie extra zu diesem Zweck engagiert hatte und die jetzt einige Tausend Kilometer von Earlsraven entfernt war.
Nach und nach leerten sich die Zimmer, sodass für sie und die Zimmermädchen bald ein Ende absehbar sein würde, bis sich schließlich um kurz vor neun nur noch Mr Hemsley in seinem Zimmer aufzuhalten schien.
»Hat irgendjemand den Gast aus Zimmer zwölf weggehen sehen?«, fragte Nathalie ihre momentanen Kolleginnen, bekam aber nur ein kollektives Kopfschütteln zur Antwort. Sie ging nach unten und betrat die Küche. »Louise? Hast du heute Morgen Mr Hemsley beim Frühstück gesehen?«
»Mr Hemsley ist wieder im Haus?«, erwiderte die Köchin, womit die Antwort auf Nathalies Frage klar war. »Das wusste ich gar nicht.« Sie nahm die Kochmütze ab. Darunter kamen ihre silbergrauen Haare zum Vorschein, die sie meistens so kurz trug, dass viele sie mit Judi Dench verglichen, während sie selbst fand, dass sie Helen Mirren viel ähnlicher sehe, zumal sie ebenfalls von schlanker Statur war.
»Ja, er ist gestern Abend nach sechs angekommen und hat etwas später deine Tomatensuppe gelobt, wie mir jetzt gerade wieder einfällt«, sagte Nathalie.
»Hatte er wieder irgendwelche guten Geschichten über Kunden auf Lager, die mit seinen Alarmanlagen nicht klargekommen sind?«
Nathalie schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Ich habe ihn nur zweimal kurz gesehen, aber keine Zeit gehabt, um mich mit ihm zu unterhalten. Das können wir heute immer noch. Es sei denn, er hat so sehr verschlafen, dass er gleich im Eiltempo aus dem Zimmer geschossen kommt, sobald mein Klopfen ihn geweckt hat.« Sie zuckte flüchtig mit den Schultern und griff nach dem Telefon, das sie genau wie den Schlüsselbund in eine Bauchtasche gesteckt hatte, um die Hände frei zu haben. »Heather?«, fragte sie, nachdem sie eine Kurzwahl für das hausinterne Netz eingetippt hatte. »Hat Mr Hemsley gesagt, dass er heute ausschlafen möchte? Oder dass er bis zu einer bestimmten Zeit geweckt werden möchte?«
»Nein, Nathalie«, ertönte die Stimme der älteren Frau aus dem Lautsprecher. »Er wollte wissen, ob das Frühstückbuffet noch immer so bald wie bisher geöffnet wird, weil er sich früh auf den Weg machen wollte. Ich habe ihm angeboten, dass wir ihn vorsorglich anrufen, um ihn zu wecken, aber das wollte er nicht. Er meinte, er würde immer sehr früh aufstehen, deshalb sei das nicht nötig.«
»Okay«, murmelte Nathalie und schaute ein wenig skeptisch drein. »Danke, Heather.« Sie steckte das Handy weg und meinte: »Vielleicht hat er so sehr verschlafen, dass er keine Zeit mehr für das Frühstück hatte.«
»Dann spricht ja nichts dagegen, dass du in sein Zimmer gehst, nicht wahr?«, fragte Louise mit Unschuldsmiene. »Vorsichtshalber kannst du ja so fest gegen die Tür trommeln, dass davon sogar ein Toter aufwachen würde.«
Nathalie zog eine Augenbraue hoch, als sie das Wort »Toter« hörte. »Das würde mir vermutlich nicht gelingen«, gab sie leise zurück. »Irgendwas gefällt mir an dem Ganzen überhaupt nicht.«
»Weißt du was?«, sagte ihre beste Freundin. »Ich komme mit rauf. Falls er doch noch da ist und meint, jemand würde in sein Zimmer einbrechen, habe ich genug Griffe auf Lager, um ihn zu überwältigen.«
»Es geht doch nichts darüber, eine Ex-Agentin zur Freundin zu haben«, meinte Nathalie und verspürte eine seltsame Erleichterung.
»Du weißt, das ›Ex‹ ist nur relativ«, gab Louise mit einem Augenzwinkern zurück.
Nathalie nickte. »Das habe ich schon gemerkt. Vor allem, wenn du von deiner Vergangenheit eingeholt wirst.«
»Na ja, das wird mir bei Mr Hemsley wohl nicht widerfahren«, hielt die Köchin amüsiert dagegen. »Ein Vertreter für Alarmsysteme und alles, was dazugehört, bewegt sich eher nicht auf meinem Terrain.« Nach einer winzigen Pause fügte sie hinzu: »Aber ich auf seinem, wenn es darum geht, solche Systeme zu überlisten und abzuschalten.«
»Vielleicht solltest du ihm vorschlagen, dass du seine Alarmanlagen auf Herz und Nieren testest«, sagte Nathalie, »um ihm zu zeigen, wie leicht die Systeme zu knacken sind.« Während sie redete, wandte sich bereits zum Gehen und gab Louise mit einem knappen Nicken zu verstehen, dass sie ihr folgen solle.
Sie verließen die Küche und gingen nach oben in den ersten Stock. Vor Zimmer zwölf blieben sie stehen. Nathalie und Louise klopften mal abwechselnd, mal gleichzeitig, sie schlugen gegen die Tür und riefen nach Mr Hemsley, aber nichts tat sich. Dann griff Nathalie nach ihrem Generalschlüssel und schloss auf. Von drinnen war nichts zu hören, als sie die Klinke runterdrückte und nach Hemsley rief, also öffnete sie die Tür noch etwas weiter. Sie spähte durch den breiter werdenden Spalt, bis ihr ein gehauchtes »Oh mein Gott!« über die Lippen kam.
»Was?«, fragte Louise, benötigte aber keine Antwort, denn sie konnte über Nathalies Schulter den Anblick sehen, den das Zimmer ihnen bot.
Hemsley lag bäuchlings in einer Blutlache, die Beine wirkten verdreht, die Arme waren mehr oder weniger an den Körper angelegt, als hätte er keine Gelegenheit mehr gehabt, mit den Händen den Sturz auf den Boden abzufedern.
»Ich frage mich, was passiert ist«, sagte Nathalie leise, als sie sich dem Mann näherten, dessen starre, leere Augen genauso wie die Blutlache unter ihm ein eindeutiges Zeichen dafür waren, dass er tot war.
Als sie sich neben ihm hinhockten, fühlte Louise zwar nach dem Puls des Mannes, schüttelte aber kurz darauf den Kopf. Dann zeigte sie auf eine blutige Wunde fast an Hemsleys Hinterkopf. »Ich würde sagen, der Mann hat aus irgendeinem Grund das Gleichgewicht verloren und ist mit dem Schädel …« Sie unterbrach sich und sah sich forschend im Zimmer um, bis sie das Gesuchte entdeckt hatte. »Er ist mit dem Schädel da gegen die Ecke des Nachttischs gestoßen, wo etwas Blut zu sehen ist. Dabei hat er das Bewusstsein verloren, ist auf dem Boden gelandet und verblutet, bevor er wieder zu sich kommen konnte.«
»Einen solchen Sturz hätte doch jemand mitbekommen müssen«, wunderte sich Nathalie.
»Nicht unbedingt«, widersprach ihr ihre Freundin. »Gestern Abend lief im Pub eine Darts-Übertragung, und der Fernseher befindet sich genau unter diesem Zimmer. Du weißt, wie laut es dabei zugehen kann. Wenn er im falschen Moment hingefallen ist, ging der Aufprall im Jubel unter.«
Nathalie machte eine betrübte Miene. »Was für eine bittere Ironie. Da stößt sich ein Mensch den Kopf an und fällt zu Boden, und das Letzte, was er hört, ist das ausgelassene Johlen einer dartsbegeisterten Horde.«
»Vielleicht hat er das ja schon nicht mehr mitbekommen«, versuchte Louise sie zu trösten. »So oder so ist es schlimm, dass so etwas geschehen ist. Und dass es auch noch hier bei uns im Haus passiert ist. Der einzige Trost für uns dürfte sein, dass es ausnahmsweise mal einfach nur ein Unfall war, aber kein hinterhältiges Verbrechen. Von der Sorte haben wir hier mehr als genug.«
»Hm«, machte Nathalie nachdenklich, die sich vorsichtig neben der Blutlache hinkniete, um das Gesicht des Toten genauer zu betrachten. »Ich würde dir ja gern zustimmen, Louise, aber Mr Hemsley hat ein Einschussloch in der Stirn.«
Louise seufzte leise. »Wie hätte es auch anders sein sollen?« Sie kniete sich ebenfalls hin und beugte sich vor, dann nickte sie grimmig. »Dann werde ich mal unsere werten Sergeants informieren, damit die beiden mittels Stein, Schere, Papier entscheiden können, wer von ihnen sich auf den Weg machen soll.«
Sie standen beide auf, verließen das Zimmer, und Nathalie schloss wieder ab. Dann hängte sie das »Bitte nicht stören«-Schild an den Türgriff, das sie drinnen vom Wandhaken genommen hatte. Die Zimmermädchen waren immer noch irgendwo im Haus unterwegs, und sie wollte vermeiden, dass eine von ihnen nichtsahnend in dieses Zimmer ging und auf den toten Mr Hemsley stieß.
Unterdessen wählte Louise die Nummer der Polizei …
Nicht weit vom Black Feather entfernt saßen Police Sergeant Ronald Strutner und sein Kollege Detective Sergeant Will Waybridge in der Polizeiwache am Marktplatz von Earlsraven und gingen ihrer Arbeit nach. Ronald war mit der Aktualisierung der statistischen Daten beschäftigt, Will hatte einen Stapel Aktenmappen auf seinem Tisch liegen und blätterte in einer von ihnen.
»Dieser tote Lehrer, Peter Slazenger …«, begann er auf einmal. »Was ist aus diesem Verdächtigen geworden, dessen Frau ihm ein Alibi gegeben hat?«
»Ist das das Alibi, das ich am Rand in Rot mit ›Haha‹ kommentiert habe?«, fragte Ronald.
»Ja, genau das.«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Den hat seine Frau ein Jahr später vor einen Laster gestoßen.«
»Tot?«
»Mausetot.«
»Und die Frau?«
»Ist davongekommen, weil der Lkw-Fahrer behauptet hat, der Mann sei ihm vors Auto gelaufen«, sagte Ronald. »Eine Frau hat er angeblich nicht gesehen. Zwei Jahre später haben die beiden geheiratet.«
»Etwas sehr offensichtlich«, fand Will.
»Das hat jeder gesagt, aber wir konnten der Frau nicht nachweisen, dass sie irgendwas damit zu tun hat«, betonte Ronald. »Ich wünschte, wir könnten bei diesen alten offenen Fällen wenigstens den einen oder anderen noch mal neu aufrollen, aber wie ich schon sagte: Ich habe mir die vor ein paar Jahren auch wieder mal vorgenommen, um die Erinnerung aufzufrischen. Aber selbst mit neuen Ermittlungsmethoden kommst du da vermutlich nicht weiter, wenn die Leute damals gelogen haben und heute immer noch lügen, sofern sie überhaupt noch unter den Lebenden weilen.«
Will nickte. »Den Eindruck bekomme ich allmählich auch«, musste er einräumen. »Allerdings hat das Ganze auch etwas Gutes.«
»Was soll daran gut sein, dass die ungelösten Fälle ungelöst bleiben?«, fragte Ronald.
»Na ja, wenn ich keinen Ansatz finden kann, heißt das doch, dass du hervorragende Arbeit geleistet hast«, sagte Will lächelnd. »Oder sehe ich das falsch?«
Ronald legte den Kopf ein wenig schräg. »Von der Seite habe ich das ja noch gar nicht betrachtet. Hm, das gefällt mir. Danke für das Kompliment.« In diesem Moment klingelte das Telefon. »Das ist Louise. Bestimmt will sie wissen, was wir heute Mittag essen wollen.«
»Ich hoffe, sie hat wieder diese grandiose Gemüse-Lasagne im Angebot«, sagte Will, während Ronald den Anruf entgegennahm.
»Von wegen Lasagne«, erwiderte er, nachdem er sich angehört hatte, was Louise zu berichten gehabt hatte. »Wir haben einen Toten. Mit einem Einschussloch in der Stirn.«
Will klappte die Akte zu, nachdem er ein Stück Schmierpapier als Lesezeichen eingelegt hatte. »Kann ich mitkommen?«
»Warum nicht?«
»Na ja, weil wir vereinbart haben, dass derjenige den Fall bearbeitet, der den Anruf annimmt«, antwortete der jüngere Sergeant.
»Wenn sonst noch was passieren sollte, was sofort erledigt werden muss, kannst du dich doch immer noch vom Black Feather aus auf den Weg machen«, meinte Ronald und fügte augenzwinkernd an: »Außerdem kann ich es wohl kaum verantworten, dich um deine tägliche Begegnung mit deinem Schwarm zu bringen.« Im Hinausgehen deutete er auf die Tür. »Du schließt ab.«
»Ist das so offensichtlich?«, fragte Will irritiert, nachdem die Wache verschlossen war und er sich beeilt hatte, Ronald einzuholen, der sich über seinen buschigen schwarzen Schnauzbart strich.
»Oh nein, überhaupt nicht«, gab er ironisch zurück. »Niemand merkt das, wie du Nathalie Blicke zuwirfst, wenn du dir sicher bist, dass kein Mensch etwas davon mitbekommt. Die Einzige, die es wirklich nicht zu bemerken scheint, ist Nathalie selbst. So wie du auch nichts von ihren Blicken mitkriegst.«
»Was für Blicke?«, wollte Will wissen. »Sie wirft mir Blicke zu? Wann?«
Ronald grinste ihn an. »Offenbar immer dann, wenn du woanders hinsiehst.«
Will zog grübelnd die Augenbrauen zusammen. »Hm.«
»Was heißt ›hm‹?«, fragte Ronald irritiert.
»Das heißt, dass ich jetzt genauso schlau wie bislang bin, was Nathalie angeht«, verriet der Detective Sergeant dem Police Sergeant.
»Und was heißt das nun wieder?«, hakte Ronald nach, während er Martin Lazebnik zuwinkte, dem Freund von Louise. Der Anwalt stand vor seiner Kanzlei und sah auf die Armbanduhr, als würde er auf einen Mandanten warten, der sich schon deutlich verspätet hatte. Er nickte Ronald und dann auch Will zu, der den Anwalt ebenfalls mit einer kurzen Geste begrüßte.
»Dass ich nicht weiß, was ich machen soll«, antwortete Will. »Ich habe bislang keine guten Erfahrungen gemacht, weil die Frauen immer Reißaus genommen haben, sobald sie hörten, dass ich Polizist bin. Die einen wollten nicht mit einem Mann zusammen sein, der jederzeit zu einem Tatort gerufen werden kann, egal ob man in einem Nobelrestaurant gerade erst die Vorspeise serviert bekommt oder in der Oper soeben der letzte Akt beginnt.«
»Und die anderen?«
»Die wollen nicht jeden Tag damit rechnen müssen, dass ihr Mann im Dienst getötet wird.« Er zuckte mit den Schultern. »Das passiert zwar nur selten bei uns, anders als bei Polizisten im Außendienst, die bei einer Fahrzeugkontrolle überfahren werden oder auf die ein Einbrecher schießen kann, der keinen anderen Ausweg mehr sieht.«
»Das sind gute Gründe gegen eine Beziehung mit einem Polizisten«, musste Ronald ihm zustimmen. »Aber du hast bei Nathalie einen großen Vorteil. Nein, sogar zwei.«
»Zwei Vorteile?«, wiederholte Will irritiert. »Was denn für Vorteile?«