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Folge 23: Aufregung im beschaulichen Earlsraven: Der Neubau des Black Feather feiert Eröffnung. Aus diesem Anlass kündigt der gefürchtete Restaurantkritiker Leon Bester seinen Besuch an. Doch kaum hat er angefangen zu essen, bekommt Bester Atemnot, bricht zusammen und ist tot. Es stellt sich heraus, dass in sein Essen jede Menge Nussmehl gegeben wurde, obwohl bekannt war, dass Bester hochallergisch auf Nüsse reagiert! Nathalie und Louise sind entsetzt - und können sich nicht erklären, wer in ihrer Küche ein Motiv für den Mord an dem Gastrokritiker haben könnte. Doch in ihrem Pub spielen nicht alle mit offenen Karten ...
Über die Serie: Davon stand nichts im Testament ... Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel - das ist Earlsraven. Mittendrin: das "Black Feather". Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante - und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie ...
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Cover
Grußwort des Verlags
Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie
Über diese Folge
Titel
Prolog
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Epilog
Über die Autorin
Impressum
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Davon stand nichts im Testament …
Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel: das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante – und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie …
Aufregung im beschaulichen Earlsraven: Der Neubau des Black Feather feiert Eröffnung. Aus diesem Anlass kündigt der gefürchtete Restaurantkritiker Leon Bester seinen Besuch an. Doch kaum hat er angefangen zu essen, bekommt Bester Atemnot, bricht zusammen und ist tot. Es stellt sich heraus, dass in sein Essen jede Menge Nussmehl gegeben wurde, obwohl Bester hochallergisch auf Nüsse reagiert! Nathalie und Louise sind entsetzt – und können sich nicht erklären, wer in ihrer Küche ein Motiv für den Mord an dem Gastrokritiker haben könnte. Doch in ihrem Pub spielen nicht alle mit offenen Karten …
Ellen Barksdale
Tee? Kaffee?Mord!
DREI STERNE UND EIN MORD
Prolog, in dem ein todsicherer Plan für Zufriedenheit sorgt
Nur noch ein paar Tage, dachte sie, während ihr Blick auf den Fernseher gerichtet war. Dann ist es so weit. Genüsslich malte sie sich aus, wie er leiden würde. Und dann sein entsetztes Gesicht, wenn er erfuhr, dass er einem gezielten Anschlag zum Opfer gefallen war. Gefolgt von der Erkenntnis, dass es ihn jederzeit wieder treffen konnte, ohne zu wissen, wann und wo sie erneut zuschlagen würde.
Ganz im Gegensatz zu ihr, denn sie war ihm immer einen Schritt voraus, da ein kleines Vöglein ihr lange im Voraus verraten würde, wo sie ihn finden konnte, um ihn leiden zu lassen. Jedenfalls so lange, bis er auf ihre Forderungen einging.
Vielleicht war er ja klug genug, schnell darauf einzugehen, denn seine Arbeit, ja sein ganzes Lebenswerk standen auf dem Spiel. Und im Gegensatz zu ihr hatte er die Chance, sich von seinem Schicksal freizukaufen. Dabei konnte er sogar froh sein, dass sie ihm diese Chance gewährte, die ihr selbst verwehrt geblieben war. Sie hätte das Gleiche mit ihm machen können, doch es hätte ihr nichts gebracht, sah man einmal von der Genugtuung ab, ihn am Boden zu sehen.
Aber das brauchte sie nicht, denn mit seinem Geld konnte sie viel mehr anfangen.
Oh ja,Mr Bester, dachte sie erfreut, gerade als in dem Film, den sie sich ansah, der Schurke eine Lektion fürs Leben erteilt bekam. Auf Sie kommen schwere Zeiten zu, und Sie allein entscheiden, wie lange Sie sie ertragen wollen.
Sie lehnte sich im Sessel zurück und lächelte zufrieden.
Alles war bis ins Detail geplant, und alles würde genau nach Plan verlaufen.
Daran gab es für sie nicht den geringsten Zweifel.
Erstes Kapitel, in dem sich für ein Problem eine unerwartete Lösung abzeichnet
»Fährt da gerade der letzte Handwerker ab?«, wollte Martin Lazebnik von Nathalie Ames wissen, die vor dem neuen Anbau des Black Feather stand und dem roten Transporter hinterhersah, der soeben losgefahren war.
»Oh ja, endlich«, sagte sie und seufzte erleichtert. Aber dann verzog sie den Mundwinkel und fügte mit einem Anflug von Skepsis hinzu: »Allerdings hat das nicht viel zu bedeuten. Vorgestern waren die Bauarbeiten auch schon offiziell für abgeschlossen erklärt worden … und am letzten Montag ebenfalls.«
»Vielleicht hättest du ja doch einen Bauleiter engagieren sollen«, gab der Anwalt zu bedenken. »Womöglich hätte dir das einigen Ärger erspart.«
Sie zuckte mit den Schultern und fuhr sich durch die braunen Haare. »Keine Ahnung. Wenn ich dem sage, dass er so entscheiden soll, wie er es für das Beste hält, trifft er unter Umständen Entscheidungen, die ich niemals gutheißen würde, nur dass es dann zu spät ist. Und wenn ich sage, ich will in alle Entscheidungen einbezogen werden, dann habe ich die gleiche Situation, die ich gerade erlebt habe. Dann kommt er jede halbe Stunde zu mir und berichtet mir das Problem, das ich andernfalls von dem jeweiligen Handwerker auch zu hören bekomme. Damit ist mir auch nicht geholfen.«
»Das kannst du dir ja immer noch überlegen«, schlug Martin grinsend vor, »wenn du deinen Pub das nächste Mal um einen Anbau erweiterst.«
»Was höchstwahrscheinlich nie passieren wird.« Sie lachte. »Aber ich würde sagen, der Aufwand hat sich gelohnt.«
Martin drehte sich um und ließ den Blick über den langen Bau wandern, der so an den jahrhundertealten Pub mit Hotel angebaut war, dass er nicht als Neubau zu erkennen war.
Wer das Black Feather noch nie zuvor gesehen hatte, würde nicht auf die Idee kommen, dass ein Teil des Gebäudes gerade erst fertiggestellt worden war.
»Auf jeden Fall«, stimmte er ihr zu. »Du hast zwar jetzt deutlich mehr Raum für deine Gäste, aber da steht kein seelenloser Palast aus Glas und Chrom, der in zehn Jahren schon wieder aus der Mode gekommen ist. Das da ist absolut zeitlos«, schwärmte der Anwalt.
»Habt ihr eigentlich keine Arbeit, der ihr nachgehen müsst, ihr zwei Faulpelze?«, rief Louise Cartham, die aus dem neuen Seitenausgang des alten Gebäudeteils kam und mahnend mit dem Zeigefinger in der Luft herumfuchtelte. Die Chefköchin, die zugleich Nathalies beste Freundin war und die auf eine Karriere als Geheimagentin zurückblicken konnte, hatte in den letzten Wochen ihre sonst stets kurz geschnittenen silbergrauen Haare wachsen lassen. Doch Louise konnte sich noch immer nicht daran gewöhnen, dass ihre Frisur nicht mehr an Judi Dench erinnerte, sondern sich zu einem Lockenkopf entwickelt hatte, was sie nie vermutet hätte.
»Na, na, na, Louise«, gab Nathalie amüsiert zurück. »Wenn ich so auf die Uhr sehe, bist du wohl diejenige, die Arbeit hat. Oder fängt die Mittagszeit neuerdings eine Stunde später an?«
»Erstens ist es erst Viertel nach elf, und zweitens habe ich in meiner Küche alles im Griff«, sagte sie gespielt hochnäsig und machte eine abweisende Geste. »Da drinnen wimmelt es dank der Aushilfen von so vielen Leuten, dass ich mich getrost zurücklehnen kann und nur zusehen muss, ob alles reibungslos läuft.«
»Das hättest du nicht sagen sollen«, meinte Martin. »Heute Abend schickt Nathalie die Hälfte der Leute mit der Anweisung nach Hause, morgen nicht mehr herzukommen. Man muss immer den Eindruck erwecken, dass man auf niemanden verzichten kann, weil man sonst völlig überlastet wäre.«
»Schatz«, meinte Louise, stellte sich zu Martin und gab ihm einen Kuss. »Du darfst das nicht mit deiner Kanzlei vergleichen. Da kannst du zehn Assistenten dazuholen und die Kosten für jeden von ihnen einfach in doppelter Höhe deinem Mandanten in Rechnung stellen.« Sie zwinkerte ihm zu, als er verdutzt die Augenbrauen hochzog. »Aber das hier, meine Küche, das ist das wahre Leben. Wenn ich zwanzig Helfer da hineinstelle, kann Nathalie nicht einfach auf jedes Gericht neun Pfund neunundneunzig aufschlagen, um die Kosten wieder reinzuholen.«
»So, so, das wahre Leben«, wiederholte er mit vorgetäuschter Entrüstung. »Wirklich schlimm, wie du von meinem Beruf denkst.«
»Na, einer muss in der Beziehung doch den Bezug zur Wirklichkeit bewahren«, fügte sie hinzu und stupste ihn mit dem Ellbogen an.
Martin lächelte sie breit an. »Louise, ich bin dir so dankbar dafür, dass ich derjenige sein darf.«
Daraufhin begann Nathalie zu lachen, während ihre Freundin mit offenem Mund dastand und nicht wusste, was sie antworten sollte. »Lass dich nie mit einem Anwalt auf ein Wortgefecht ein, Louise.«
»Ich lasse ihn doch nur das letzte Wort haben, damit er nicht so deprimiert ist«, scherzte Louise. »Außerdem …«
»Diese Versammlung wurde bei der Polizei aber nicht angemeldet«, fiel ihr Constable Ronald Strutner ins Wort, der in Begleitung seiner Freundin Steph Warren aus Richtung Dorfmitte zum Black Feather kam. Sein Zwergschnauzer Colonel Jackson war bereits vorausgeeilt und sprang an Nathalies Beinen hoch, damit sie ihn streichelte. Sie kniete sich hin, um der wortlosen Bitte nachzukommen. Dies sah der Hund als Aufforderung an, sich auf den Rasen zu werfen und sich auf den Rücken zu drehen.
Nathalie musste grinsen, als der Schnauzer alle Beine von sich streckte und genüsslich zu winseln begann.
»Was macht ihr denn hier?«, fragte Louise. »Sollte der Colonel nicht heute seinen Werbefilm drehen?«
»Tja, das sollte er«, bestätigte der Constable und strich sich über den buschigen Schnauzbart. »Aber der Termin wurde verschoben, weil der Regisseur sich beim Joggen den Fuß gebrochen hat. Dabei heißt es doch immer, dass Sport gesund ist.« Er zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. »Ist nicht der Erfinder des Joggens beim Joggen tot umgefallen?«
»So darfst du nicht denken, Ronald«, sagte Nathalie. »Ohne den Sport wäre er vielleicht schon zehn Jahre früher tot umgefallen.«
»Und so musste er noch zehn Jahre länger joggen«, hielt Ronald dagegen und schüttelte den Kopf. »Jedenfalls musste der Termin verschoben werden, weil die beiden einzigen Ersatzleute, die so kurzfristig einspringen könnten, gegen Hunde allergisch sind.«
»Armer Colonel Jackson«, meinte Louise. »Dabei hatte er sich doch schon so darauf gefreut, ein Filmstar zu werden.«
Steph hob abwehrend eine Hand. »Ehrlich gesagt sind wir davon nicht so ganz überzeugt. Er sollte gestern Abend das letzte Mal etwas essen, damit er heute im Werbespot auf jeden Fall über das Futter herfällt, das man ihm hinstellt.«
»›Sollte‹ klingt nach ›hat er aber doch‹«, merkte Martin an und warf Ronald und seiner Freundin einen forschenden Blick zu. »Wittere ich da etwa einen Vertragsbruch?«
»Eher das Gegenteil«, erwiderte der Constable. »Als ich die Vereinbarung unterschrieben habe, dass diese Firma den Werbespot mit dem Colonel drehen darf, war davon keine Rede. Ich lasse doch nicht unseren Hund hungern, nur damit er am nächsten Tag über einen Napf voll Futter herfällt. Macht er sowieso nicht, wenn ihm das nicht schmeckt.«
Martin nickte verstehend. »Falls es irgendwelche Unstimmigkeiten gibt, sag mir Bescheid. Dann geht ein höflicher Zweizeiler an die Firma raus.«
»Danke, Martin«, antwortete Ronald. »Aber erst mal ist das sowieso noch kein Thema. Frühestens in vier Wochen.«
»In dieser Zeit kann viel passieren«, meinte Martin ironisch.
»Ja, vor allem hier in Earlsraven«, stimmte der Constable ihm zu. »Wenn hier mal zwei Monate lang kein Mordopfer entdeckt wird, werde ich jeden Tag ein bisschen nervöser.«
»Ich kann auf solche Funde gern verzichten«, warf Nathalie ein. »Aber so, wie ich dieses Dorf kennengelernt habe, passiert bestimmt irgendwas bei der offiziellen Neueröffnung des Black Feather. Oder kurz davor. Auf jeden Fall so rechtzeitig, dass die Leute lieber darüber lesen als einen Bericht über den erweiterten Pub.«
»Mal den Teufel nicht an die Wand«, ermahnte Louise sie.
»Tu ich doch gar nicht.« Nathalie zwinkerte ihr zu. »Ich gehe nur lieber vom schlimmsten Fall aus, dann bin ich am Ende erleichtert, wenn es nur halb so übel kommt.«
»Hey, wieso hat mir keiner Bescheid gegeben, dass wir uns heute hier treffen?«, rief Paige Rittinghouse, die mit dem Fahrrad unterwegs war, um Buchbestellungen auszuliefern. Im Transportkorb ihres dreirädrigen Gefährts standen zwei Kisten, was auf eine Menge Bücher hindeutete.
»Weil wir nie vorhatten, uns hier zu treffen«, antwortete Nathalie mit einem Lächeln. »Scheint so, als wäre ein unterbewusstes Signal an euch alle rausgegangen, als vorhin der letzte Handwerker abgefahren ist. Stellt euch vor, jetzt ist alles fertig – und zwar endgültig.«
»Handwerker gehen niemals so ganz«, wandte Paige ein und verzog betrübt die Mundwinkel. »Das ist immer nur ein Abschied auf Zeit, und das Wiedersehen findet meistens viel zu früh statt.«
Die anderen nickten zustimmend, während Nathalie die Augen verdrehte. »Leute, seid so gut und denkt für fünf Minuten einfach nur mal positiv. Diese Baustelle hat mich sowieso schon doppelt so schnell altern lassen, und wenn ihr mir jetzt noch solche Angst macht, dann kann ich mich auch ins Bett legen, die Decke über den Kopf ziehen und nie wieder zum Vorschein kommen.«
»Immerhin«, gab Ronald mit einem gespielt unbekümmerten Schulterzucken zurück, »ist das ein völlig neues Bett. Es wird sich über Gesellschaft freuen, nachdem es so lange Zeit einsam und verlassen im Möbelhaus gestanden hat.«
Die anderen begannen zu lachen, und Nathalie konnte nicht anders, als sich davon anstecken zu lassen.
»Was seid ihr doch für eine egoistische Truppe«, mischte sich eine empört klingende Frauenstimme unter das Gelächter, die die anderen nach und nach verstummen ließ. »Ihr lacht euch schief, und ich bin die Einzige, die nicht weiß, um was es geht.«
Nathalie drehte sich um und sah, dass auch noch die neue Gerichtsmedizinerin Olga Sevorskaja zum Black Feather gekommen war. Kopfschüttelnd suchte sie den Himmel ab. »Hat einer von euch ein Flugzeug mit Spruchband losgeschickt, dass ihr euch alle um diese Uhrzeit hier versammeln sollt?«, fragte sie amüsiert und winkte sie zu sich. »Komm, Olga, bleib nicht in drei Metern Abstand stehen.«
»Also, was ist hier so lustig, dass ihr so von Herzen lachen könnt?«, fragte sie in die Runde und sah von einem zum anderen, was ihre zum Pferdeschwanz zusammengebundenen feuerroten Haare hin und her wippen ließ.
»Nathalie glaubt, dass der Handwerker, der am Morgen den Neubau verlassen hat, heute tatsächlich zum allerletzten Mal hergekommen ist«, antwortete Paige, was zwar nicht dem wahren Grund für das Gelächter entsprach, aber eindeutig die kürzere Erklärung war. Deshalb sah Nathalie davon ab, etwas einzuwenden.
»Weißt du, Nathalie«, sagte die Gerichtsmedizinerin und legte ihr eine Hand auf die Schulter, »was ich an dir so bewundere? Dass du immer noch an das Gute in der Welt glauben kannst. Das musst du dir unbedingt bewahren.«
»Und soll ich euch allen mal verraten«, erwiderte sie an die Gruppe gerichtet, »was ich an euch so bewundere? Dass ihr euch klaglos damit abfindet, dass ich euch bei der nächstbesten Gelegenheit genauso durch den Kakao ziehen werde, wie ihr das gerade mit mir macht.« Nachdem das neu einsetzende Gelächter verklungen war, fügte sie hinzu: »Mein Telefon liegt im Büro, darum sollte einer von euch mal Ian anrufen. Sonst kommt der sich erst recht so vor, als wollten wir ihn nicht dabeihaben.«
»Kein Wunder, dass ich ein Dutzend Mal versuche, dich zu erreichen«, sagte in diesem Moment Ian Henderson, der offenbar im Eiltempo von Nathalies zweitem Pub Jim’s Old Chair am Marktplatz zum Black Feather gelaufen war. Keuchend wurde er langsamer und stellte sich zu den anderen.
»Ist denn was passiert?«, fragte Nathalie besorgt.
»Ja, du bist die letzte halbe Stunde nicht ans Telefon gegangen«, antwortete er. »Das ist bei dir Grund genug, um zu befürchten, dass dir was zugestoßen ist. Normalerweise meldest du dich schließlich nach dem zweiten Klingeln, egal, wo du gerade bist und was du machst.«
Sie lächelte ihn an. »Danke, Ian. Wenigstens hältst du mich für vorbildlich. Daran kann sich der Rest von euch mal ein Beispiel nehmen.«
Louise winkte ab. »Ian will dir doch nur schmeicheln, weil du letztlich sein Boss bist«, entgegnete sie völlig unbeeindruckt, »und weil er solche Angst vor dir hat, dass er auf keinen Fall irgendwas Falsches sagen würde.«
»Dein Boss bin ich auch, Louise«, gab sie ironisch zurück. »Oder hast du das schon vergessen?«
Ihre Freundin tat so, als wäre sie zu Tode erschrocken, und drückte sich die Hand auf den Mund.
»Warum hast du nicht einen von uns angerufen?«, wollte Ronald wissen. »Dann hättest du nicht so rennen müssen.«
»Das Rennen macht mir nichts aus«, versicherte Ian, der genau wie Louise auf eine Vergangenheit als Geheimagent zurückblicken konnte. »Ich bin bloß in den letzten Wochen nicht dazu gekommen, meine morgendlichen zehn Meilen zu laufen. Da merkt man schnell, dass man aus der Übung ist.«
»Vielleicht sollten wir gemeinsam laufen«, schlug Louise vor. »Ich kann das auch mal wieder brauchen, und wenn wir zu zweit sind, können wir uns gegenseitig anfeuern.«
»Gute Idee«, sagte er und wandte sich dann zu Ronald um. »Das mit dem Anrufen wäre sicher auch eine gute Idee gewesen – wenn einer von euch ans Telefon gegangen wäre. Was ist heute? Der Lass-dein-Handy-irgendwo-liegen-Tag?«
Reflexartig griffen sie alle zu ihren Mobiltelefonen, zogen sie aus dieser oder jener Tasche – und stutzten alle fast gleichzeitig. Beinahe im Chor sagten sie: »Ich habe gar keinen Empfang!«
»Dann könnt ihr ja froh sein, dass ich hergekommen bin.« Ian klopfte sich demonstrativ auf die Schulter.
»Hier gab es noch nie ein Funkloch«, meinte der Constable irritiert. »Da ist bestimmt der Mast drüben auf dem zweiten Parkplatz gestört. Nathalie, ich muss mal von deinem Büro aus über das Festnetz die Störung melden.«
»Nur zu«, erwiderte sie. »Du weißt ja, wo du alles findest.«
»Ähm …«, machte Ronald zögerlich. »Genau das weiß ich eigentlich nicht. Das heißt, bis vor zwei Wochen wusste ich noch, wo dein Büro ist, doch durch den Umbau habe ich noch keine Orientierung, wo ich am besten langgehe.«
»Ach so«, murmelte sie und musste selbst erst überlegen, wo sie sich gerade befand. Dann beschrieb sie ihm den Weg und gestikulierte dabei mit beiden Händen, damit er sich auch wirklich zurechtfand.
Nachdem Ronald gegangen war, räusperte sich Ian. »Ich habe auch noch keine Orientierung. Das letzte Mal habe ich das neue Gebäude von innen gesehen, als es im Rohbau war. Da warst du dir noch nicht ganz sicher, wo Wände eingezogen werden sollten und wo nicht.«
»Das ist ja schon ewig her«, sagte Nathalie verwundert.
»Na ja, ich habe mit dem Pub auch genug zu tun, da bleibt wenig Zeit für Baustellenbesichtigungen.«
»Stimmt auch wieder«, musste sie einräumen. »Immerhin war ich bei dir auch das letzte Mal, als bei dir eine Leiche in der Kühltruhe lag.« Sie machte eine ausholende Geste. »Also, wo fange ich an? Du siehst ja, wir haben viel mehr Zimmer als früher, was natürlich auch an der zusätzlichen Etage liegt, die wir noch draufsetzen konnten. Unten links im Neubau befindet sich meine Wohnung, rechts ist das Café, das aus dem alten Gebäude umgezogen ist. Der Pub ist um die Fläche erweitert worden, die vormals vom Café belegt wurde, aber die Zweiteilung ist geblieben. Das ehemalige Café ist mehr ein Restaurant als ein Pub, jedenfalls solange die Trennwände geschlossen sind …«
»Denkst du, es werden viele lieber im Restaurant als im Pub sitzen?«, fragte er unschlüssig. »Kommt das nicht vielleicht etwas zu … elitär rüber?«
Nathalie winkte ab. »Nein, nein, da gibt es keinen Krawattenzwang und keinen Weinzwang, das ist ganz leger. Mir geht es darum, dass Familien und ältere Leute oder Geschäftsleute sich einen ruhigen Platz aussuchen können, wenn sie nicht mitten im Getümmel oder neben einem Fußballspiel sitzen möchten.«
»Und das Problem ist damit gelöst.« Sie deutete auf den Altbau. »Dadurch, dass das Café jetzt seine eigene Backstube hat, ist in der Küche wesentlich mehr Platz, den Louise auch braucht, weil ja bald auch mehr Gäste kommen. Mein ehemaliges Büro ist sozusagen die Schnittstelle zwischen dem alten Black Feather und dem neuen Anbau, weil da jetzt ein Durchgang entstanden ist.«
»Und dein Büro? Wo ist das jetzt?«