TEUFELSJÄGER 159-160: Der Schlangenkult - W. A. Hary - E-Book

TEUFELSJÄGER 159-160: Der Schlangenkult E-Book

W. A. Hary

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Beschreibung

TEUFELSJÄGER 159-160: Der Schlangenkult - W. A. Hary: "Ich bin nicht zum ersten Mal ihr Opfer – doch es war noch nie so schlimm!"   Das Grauen fiel ihn an wie eine blutrünstige Bestie. Die Panik wollte ihn zur Flucht zwingen. Doch das ging nicht. Der Anblick hielt ihn gefesselt, bannte ihn auf die Stelle. Roy Henry bekam weiche Knie und sank zu Boden. Dennoch konnte er seinen Blick nicht von dem schrecklichen Anblick lösen, einem unbeschreiblichen Götzenbild, höher als ein Haus, von erschreckender Abscheulichkeit, das in einer unterirdischen Höhle im Herzen Indiens stand. Und dieses Bildnis des Grauens begann vor seinen Augen zu leben!     Wichtiger Hinweis: Diese Serie erschien bei Kelter im Jahr 2002 in 20 Bänden und dreht sich rund um Teufelsjäger Mark Tate. Seit Band 21 wird sie hier nahtlos fortgesetzt!   Coverhintergrund: Anistasius, Titelbild: Anistasius   Nähere Angaben zum Autor siehe hier: de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary   eBooks – sozusagen direkt von der Quelle, nämlich vom Erfinder des eBooks!   HARY-PRODUCTION.de brachte nämlich bereits im August 1986 die ersten eBooks auf den Markt – auf Diskette. Damals hat alles begonnen – ausgerechnet mit STAR GATE, der ursprünglichen Originalserie, wie es sie inzwischen auch als Hörbuchserie gibt.  

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W. A. Hary

TEUFELSJÄGER 159-160: Der Schlangenkult

„Ich bin nicht zum ersten Mal ihr Opfer – doch es war noch nie so schlimm!“

Nähere Angaben zum Autor siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Wichtiger Hinweis

Diese Serie erschien bei Kelter im Jahr 2002 in 20 Bänden und dreht sich rund um Teufelsjäger Mark Tate. Seit Band 21 wird sie hier nahtlos fortgesetzt! Jeder Band (siehe Druckausgaben hier: http://www.hary.li ) ist jederzeit nachbestellbar.

 

TEUFELSJÄGER 159/160

W. A. Hary

Der Schlangenkult

„Ich bin nicht zum ersten Mal ihr Opfer – doch es war noch nie so schlimm!“

Das Grauen fiel ihn an wie eine blutrünstige Bestie. Die Panik wollte ihn zur Flucht zwingen. Doch das ging nicht. Der Anblick hielt ihn gefesselt, bannte ihn auf die Stelle.

Roy Henry bekam weiche Knie und sank zu Boden. Dennoch konnte er seinen Blick nicht von dem schrecklichen Anblick lösen, einem unbeschreiblichen Götzenbild, höher als ein Haus, von erschreckender Abscheulichkeit, das in einer unterirdischen Höhle im Herzen Indiens stand. Und dieses Bildnis des Grauens begann vor seinen Augen zu leben!

Impressum

Alleinige Urheberrechte an der Serie: Wilfried A. Hary

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

ISSN 1614-3329

Copyright dieser Fassung 2017 by www.HARY-PRODUCTION.de

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

www.HaryPro.de

eMail: [email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

Titelbild: Anistasius

Coverhintergrund: Anistasius

1

Roy Henry fühlte sich dem Wahnsinn nahe. Es interessierte ihn nicht mehr, wie er überhaupt hierher gelangen konnte und was man Schreckliches mit ihm vorhatte. Allein der Götze schlug ihn in seinen Bann.

Ein weiblicher Gott des Schreckens und aller Grausamkeiten. Die riesige Statue hockte im Schneidersitz. Die schräggestellten Mandelaugen begannen zu glühen. Sie richteten sich auf das armselige Häufchen Mensch.

Roy Henry konnte nicht anders: Seine Haltung drückte Demut aus.

Er sah auf zu dem grausamen Lächeln. Die Haare des Bildnisses waren korkenzieherartig gedreht und wirkten wie Schlangen.

Das Schlangenhaupt der Medusa!, drängte sich ihm der Vergleich auf.

Das Gebilde bewegte sich. Ein Gespinst aus Gold- und Silberfäden war hineingewoben. Die Schlangengöttin hatte sechs Arme. Sie waren nackt. Metallschlangen wanden sich spiralförmig darum. Täuschte er sich oder drehten sie die Köpfe in seine Richtung?

Die Schlangengöttin streckte die Arme zur Seite. Auch die Hände hielten sich windende Schlangenleiber.

Der Oberkörper war dürftig bedeckt mit einem reichverzierten Phantasiegewand, Beine und Unterkörper steckten in einer Art seidener und buntbestickter Pumphose.

Und dann konnte Roy Henry nicht mehr über das nachdenken, was seine Sinne wahrnahmen. Von allen Seiten kamen sie: die Diener und Sklaven der furchtbaren Göttin, die der Satan persönlich zum Leben erweckt zu haben schien.

Sie hatten Turbane auf den Häuptern und waren in wallende Gewänder gehüllt. Ihre Gesichter waren schwarz angemalt.

Die Fackeln hatten sie in Halterungen gesteckt. Ihre Flammen erloschen. Ihr Licht brauchte man nicht mehr.

Eisig ging der Hauch des Grauens durch die Höhle, als die Schlangengöttin den unmenschlichen Mund öffnete. Ihr grausames Lächeln verstärkte sich. Ihr Körper begann von innen heraus zu glühen.

Ein Blitz zuckte aus den Augen und traf Roy Henry, der davon mehrere Meter zurückgeschleudert wurde.

Ein rasender Schmerz durchzuckte seinen Körper. Er wollte schreien, aber die Angst machte es unmöglich.

„Du bist mein Sklave, Roy Henry! Ich lasse dich am Leben, damit du mir dienst. Erst wenn ich dich nicht mehr brauche, wirst du geopfert. Meine Schlangen lechzen nach der Energie, die nur ihr Sterblichen in euch habt!"

Roy Henry vergaß alles — seine Schmerzen, seine Panik. Jetzt kannte er nur noch Unterwürfigkeit und… Gehorsamkeit.

Er fiel auf die Knie.

„Es sei wie du befohlen, Kali!"

Die Versammelten umringten ihn und stimmten einen Singsang an, der die Höhle erfüllte und die Wände zum Wanken brachte.

Kali, die Göttin der Schlangen und des Blutes, schwieg. Sie war zu ihrer Bewegungslosigkeit zurückgekehrt. Das teuflische Feuer ihrer Augen erlosch.

Aber ihr Fluch hatte längst seinen Lauf genommen!

*

May Harris saß in ihrem Arbeitszimmer. Sie hasste Schreibarbeit, aber ihre Stellung als Erbin des Harris-Konzerns Harris Industries verlangte nun mal, dass sie einen Großteil ihrer Zeit am Schreibtisch verbrachte. Sogar hier, auf Harris-Castle, das natürlich kein echtes Schloss war, sondern dem Konzern als Gästehaus für Geschäftsfreunde aus Übersee diente und May inzwischen als eine Art Sommerresidenz. Eigentlich kam sie nur hierher, um eine Arbeitspause einzulegen. Aber wie so oft, war es auch diesmal bei der Absicht geblieben.

Sie unterbrach ihre Tätigkeit und lehnte sich seufzend zurück. Der Rücken schmerzte, und wenn sie auf den Packen Papiere sah, der noch auf Bearbeitung wartete, bekam sie eine Ahnung davon, wie sie sich nach den nächsten Stunden erst fühlen würde, falls sie mit ihren weißen Hexenkräften nicht nachhalf und ihren Rücken heilte.

Es klopfte an der Tür.

Sie blickte hinüber.

„Herein!"

Ich wusste zwar, dass sie nicht gestört werden wollte, aber andererseits lehrte mich die Erfahrung, dass sie für eine solche Störung eher dankbar war. Ich grinste daher, als ich eintrat.

„He, Mark!", rief sie, „seit wann so höflich?"

„Ich klopfe immer, bevor ich das Allerheiligste einer so mächtigen und angesehenen Frau betrete!"

„Wie bitte?"

Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss gleiten und trat näher.

„Vor allem, wenn ich auf diese allzu beschäftigte Frau ein Attentat vorhabe!"

„Was ist denn los?", fragte sie ärgerlich. „Du siehst doch, dass ich zu tun habe. Und was soll dieses unverschämte Grinsen?"

„Aha, dachte ich es mir doch: schlecht gelaunt, was?"

Ich erreichte den Schreibtisch. Mein Grinsen verstärkte sich.

May knallte den Schreibstift auf den Tisch und öffnete den Mund, um weiter ihren Unmut zu äußern.

Ich war allerdings schneller. Ich beugte mich blitzschnell über sie und verschloss den kirschroten Mund mit einem leidenschaftlichen Kuss.

May Harris wehrte sich dagegen — aber nur mit halber Kraft. Sie unterlag dem süßen Augenblick, vergaß den Papierpacken, den Konzern, die Arbeit und erwiderte den Kuss. Ihre Arme glitten in meinen Nacken, kraulten meinen Kopf.

Als ich wieder nach Luft schnappen konnte, lachte ich:

„Puh, so küsst nur eine wahre Hexe!"

„Hexe?" Sie runzelte die Stirn.

Ich zog sie aus dem Bürosessel zu mir hoch.

„Eine liebenswerte, süße, nette und..."

Jetzt lachte auch sie.

„Oh, Mark Tate, ich hasse dich!"

„Warum denn das?"

„Du mit deinen Anschlägen auf meine Gefühlswelt. Du bist ein wahres Ekel!"

„Ein Ekel?"

„Ja, ein liebenswertes, süßes, nettes..."

Wir lagen uns in den Armen, liebkosten uns, lachten, scherzten weiter.

„So gefällst du mir viel besser!", bemerkte ich. „Wenn du so mit missmutiger Miene hinter dem ehrwürdigen Schreibtisch hockst, bekommt man es fast mit der Angst zu tun. Dachte schon, du hättest mich total vergessen. Seit Tagen sitzt du da. Sag mal, wann schläfst du eigentlich? Nimmst du nicht ab und zu auch Nahrung zu dir? Oder reichen dir Bilanzen und Vertragsformulare?"

„Wie schon gesagt, Mark Tate, du bist ein Ekel! Außerdem: Du bist doch auch nicht besser dran, oder? Wann bekomme ich dich denn zu Gesicht?"

Sie hatte recht. Seit ich neben der Detektivarbeit, die ich gemeinsam mit Don Cooper in London betrieb, auch noch Arbeiten für den Konzern meiner Freundin übernommen hatte, kam ich wirklich zu nichts mehr. Dabei hatte ich den Halbtagsjob im Konzern doch nur angenommen, um May näher zu sein. Hier, auf Harris-Castle, jedoch hatte sich schon wieder mal überdeutlich gezeigt, dass dies ein Trugschluss war. Aber keiner von uns hatte eine Idee, wie wir das hätten ändern können. Die hohe Verantwortung, die May mit dem Konzern übernommen hatte, forderte ihren Tribut. Und noch immer galt es aufzuarbeiten, was in der Zeit liegengeblieben war, die sie mit Lord Frank Burgess unfreiwillig im jenseitigen Land Oran verbracht hatte.

„Aber jetzt muss ich wirklich weitermachen, Liebling“, seufzte sie. „Gewiss hast du auch noch zu tun?"

„Daraus wird nichts, Liebes. Ich bin gekommen, um den Teufelskreis zu durchbrechen und dich wieder zu einem Menschen zu machen. Als Arbeitsroboter gefällst du mir nämlich überhaupt nicht!"

Wir küssten uns abermals. Zum zweiten Mal erlahmte May Harris Gegenwehr.

„Du hast recht!", flüsterte sie. „Diesmal hast du es geschafft. Wir dürfen nicht zu Sklaven unserer Arbeit werden. Oft genug habe ich diesen Schritt machen müssen. Dass wir es schaffen, jedes Mal zu uns selbst zurückzufinden, ist der Beweis, wie jung unsere Liebe doch bleibt!"

Wir gingen zur Zwischentür, damit wir nicht doch noch gestört werden konnten.

Es wurde leider nichts daraus, denn das Telefon klingelte in diesem Moment.

May Harris zuckte die Achseln, befreite sich aus meinem Griff und eilte zurück.

Ich stemmte missmutig die Arme in die Seite und wollte etwas sagen.

May winkte nur ab und nahm den Hörer auf. Sie meldete sich.

Erst bekam ihr Gesicht einen erstaunten Ausdruck. Dann spiegelte sich darin leichtes Entsetzen wider.

2

May hörte die Stimme von Ibrahim Morettis Privatsekretärin. Ibrahim Moretti — das war ihr Generalmanager. Er hatte in ihrer Abwesenheit den Konzern verwaltet. Dabei war er normalerweise in erster Linie verantwortlich für die chemischen Fabriken. Denn der Harris-Konzern war vorderhand eine Holding-Gesellschaft, der eine bunte Vielzahl von Wirtschaftszweigen angeschlossen waren. Die Hauptgeschäftsstelle war in London.

Und von dort aus rief die Sekretärin in dem fernen Castle von Harris-Industries an. Gäste aus Übersee sollten hier die frische Landluft genießen. In einer solchen Abgeschiedenheit ließ sich trefflich Geschäfte machen. Viel leichter als in der hektischen Betriebsamkeit der Hauptstadt.

Die Stimme von Ibrahim Morettis Sekretärin klang mühsam beherrscht.

Mays erster Gedanke:

Da stimmt was nicht!

Und dann kam es:

„Ibrahim Moretti ist — verschwunden!"

Ehe sich May von dem Schrecken erholen konnte und in der Lage war, eine Frage zu stellen, fuhr die Sekretärin fort:

„Sie wissen doch, dass es in Indien Schwierigkeiten gegeben hat? Unsere chemische Fabrik in Jaydan. Wir bauten sie als Beitrag zur Entwicklungshilfe. Kaum wurde die Arbeit aufgenommen und mehr und mehr einheimischen Kräften überlassen, als die ersten Unregelmäßigkeiten auftraten. Wir dachten zunächst an die üblichen Anfangsschwierigkeiten in einem unterentwickelten Land. Bis Ibrahim Moretti einen Verdacht hegte: Sabotage! Er fand heraus, dass die Transportwege behindert wurden. Sie haben es ja letzte Woche mit ihm durchgesprochen. Daraufhin reiste er persönlich nach Jaydan. Obwohl der örtliche Leiter des Projekts, Roy Henry, der Meinung gewesen war, auch ohne ihn auszukommen.

Ibrahim Moretti meldete sich vom Flughafen Bombay aus. Er sei gut angekommen. Das war allerdings die letzte Nachricht von ihm!"

Endlich kam May Harris dazu, etwas zu sagen. Die Sekretärin hatte es förmlich hervorgesprudelt.

„Sie haben mit Roy Henry telefoniert?"

„Natürlich! Er konnte nur bestätigen, dass er Ibrahim Moretti noch nicht zu Gesicht bekommen hat. Das erste Mal scherzte er noch: Ibrahim Moretti wird dochnicht genauso geheimnisvoll unterwegs verschwinden wie unsere Güter? Inzwischen hat er die örtlichen Behörden eingeschaltet. Auch die Polizei von Bombay und Poona, der beiden großen Nachbarstädte, fahnden nach dem Verschwundenen."

May Harris blies die Wangen auf und ließ die Luft pfeifend entweichen.

„Und warum erfahre ich das erst jetzt? Nach meiner Schätzung müsste Ibrahim Moretti schon seit einer Woche verschwunden sein!"

„Mit Verlaub, Sie waren so mit Arbeit überlastet, da... Nun, wir glaubten nicht, dass wir wirklich Grund zur Sorge hätten. Also‚ Grund genug, um Sie damit auch noch zusätzlich zu belasten. Aber jetzt, ich..."

„Ist noch etwas?"

Pause.

„Hallo, sind Sie noch da?"

„Ja!", schrie die Sekretärin. Sie konnte sich jetzt nicht mehr beherrschen. „Die — die Inder. Sie — sie..."

„Was ist mit den Indern? So reden Sie doch!"

„Sie — sie beobachten uns, auch hier in London, und..."

„Um Gottes Willen, warum lassen Sie sich die Würmer einzeln aus der Nase ziehen?"

„Bitte, entschuldigen Sie, Mrs. Harris, ich — ich bin mit den Nerven völlig am Ende. Wir haben Scotland Yard in Kenntnis gesetzt. Die haben die Sache ernsthaft geprüft, wie sie sagen, aber nichts bemerken können. Aber die Inder sind wirklich da! Sie laufen in ihren Saris herum, mit Turbanen auf den Köpfen und finsteren Gesichtern. Und gestern Abend..."

Sie brach wieder mal ab.

May Harris hörte, dass sie sich die Nase putzte. Weinte sie denn?

May Harris bekam eine Gänsehaut.

Ein fragender Blick zu mir herüber. Ich hatte das Gespräch mitgehört, weil sie bei der Annahme des Gesprächs geistesgegenwärtig den Mithörlautsprecher eingeschaltet hatte.

Ich kam näher.

Sie konzentrierte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Telefongespräch mit der Sekretärin.

Diese hatte sich inzwischen soweit beruhigt, dass sie endlich weiterreden konnte:

„Bitte, ich leide nicht etwa unter Verfolgungswahn. Das ist alles sehr real. Gestern Abend haben sie zum ersten Mal sogar mit mir gesprochen. Auf dem Nachhauseweg sah ich mich plötzlich von ihnen umringt. Ich dachte, eine eiskalte Hand packe nach meinem Herzen, um es herauszureißen. Ich wollte schreien, doch ich brachte kein Wort heraus, keinen Ton. Und dann hielt mir einer der Inder eine Schlange hin. Ich erschrak beinahe zu Tode. Bis ich erkannte, dass es keine echte Schlange war, sondern ein Gebilde aus Gold. Die Arbeit eines wahren Künstlers. Täuschend echt — nur dass keine echte Schlange diese Farbe haben konnte. Die Augen waren funkelnde Edelsteine. Er hielt mir also die Schlange hin und sagte in einwandfreiem Englisch:

Ibrahim Moretti! Warum suchen Sie nach ihm? Es geht ihm gut, und es wird ihm besser gehen, wenn er eingegangen ist in den Kreis der Erwählten. Denn unser ist die Kraft und die Herrlichkeit, die unsere Göttin so überreichlich verschenkt. Deshalb sind wir ihre Diener!

Der blanke Wahnsinn blitzte bei diesen Worten in seinen Augen. Er wandte sich ab und verschwand mit den anderen. Ich glaubte fast, sie hätten sich einfach in Luft aufgelöst. Ich stand minutenlang da und wollte nicht begreifen, dass ich überhaupt noch lebte. Von daheim rief ich den Yard an. Mein Gott, die Yardleute halten uns alle hier für verrückt. Das sagen sie zwar nicht, doch hört man es aus allem heraus, was sie sagen."

„Ich werde sofort kommen!", versprach May Harris. Sie hatte genug erfahren, um selber die Initiative zu ergreifen.

Sie hatte geschworen, gegen das Böse zu kämpfen, wo immer es sich zeigte.

Diesen Schwur würde sie erfüllen!

„Danke, Mrs. Harris!", murmelte die Sekretärin bewegt.

May Harris lächelte, obwohl es die Sekretärin natürlich nicht sehen konnte. Sie wollte noch etwas sagen, aber in diesem Augenblick hörte sie die männliche Stimme.

Sie stutzte, runzelte die Stirn und schaute sich um. Außer mir war allerdings sonst niemand hier. Aber auch ich hörte es:

Die männliche Stimme aus dem Unsichtbaren bediente sich einer unbekannten, gutturalen Sprache — abgehackt, monoton.

Wie eine Beschwörung!, dachte ich erschrocken, und ich sah May an, dass sie in diesem Augenblick dasselbe dachte.

Im nächsten Augenblick spürte ich die warnenden Impulse auf meiner Brust.

Der Schavall! Er reagierte auf schwarzmagische Energie.

3

Zunächst wusste May gar nicht, was plötzlich in mich gefahren war, weshalb ich sie so grob zurückgestoßen hatte. Doch dann sah sie die Schlange ebenfalls.

Sie glänzte silbrig. Ihre rubinroten Augen glitzerten tückisch.

Die Schlange benahm sich anders, als man es von solchen Tieren allgemein gewöhnt war. Es gelang mir auch nicht, sie irgendeiner Gruppe zuzuordnen.

So etwas hatte ich nie zuvor gesehen!

Denn die Schlange war ohne Zweifel aus Metall!

Weiter kroch sie aus dem Telefonhörer. Sie hatte sich kurz orientiert. Hauptangriffsziel schien jetzt ich zu sein. Aber das lag wohl nur daran, dass ich am nächsten stand. Ich gab mich keinen Illusionen hin. Für mich war klar, dass das eigentliche Ziel May Harris hieß.

Diese Gefahr hier war tödlich — vor allem für sie! Was natürlich nicht hieß, dass ich ungeschoren davonkommen sollte.

Ich sah den Brieföffner in Reichweite. Die Schlange hatte jetzt eine Größe von zwanzig Zentimetern und war dick wie zwei Finger. Unerklärlich, welche unglaubliche Macht das Phänomen hervorrief und wie sie es bewerkstelligte!

Die Schlange wandte sich von mir ab und fixierte jetzt May Harris, die wie erstarrt stehengeblieben war und unverwandt auf die Erscheinung stierte.

Der Hörer pendelte jetzt nicht mehr, sondern hing ganz ruhig — als könnte die Schlange jede Bewegung genau kontrollieren.

Ich nutzte den Augenblick der Unachtsamkeit. Meine Rechte mit dem Brieföffner stieß vor. Die Klinge war messerscharf. Ich hieb damit zu wie mit einem Miniaturschwert.

Denn ich wollte so die Schlange köpfen!

Es blieb bei der Absicht!