Texas Ranger 16: Tödlicher Herbst - Alfred Wallon - E-Book

Texas Ranger 16: Tödlicher Herbst E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Nach wie vor finden Überfälle verschiedener Comanchenstämme und Lipan-Apachen auf abgelegene Farmen statt. Die Mobilisierung zusätzlicher Texas-Ranger-Kompanien ist bereits im Gange, aber es müssen erst noch weitere Menschen sterben, bevor sich endlich eine Chance auf Friedensverhandlungen ergibt. Dieser Frieden ist nur von kurzer Dauer. Danach gehen die Kämpfe umso erbitterter weiter. Am 10. November 1837 findet am Westufer des Trinity River ein blutiger Kampf zwischen den Comanchen und achtzehn Texas Rangern statt, der die Texas Ranger in eine aussichtslose Lage bringt.

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Seitenzahl: 233

Veröffentlichungsjahr: 2025

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In dieser Reihe bisher erschienen

4701  Alfred Wallon Tod am Rio Blanco

4702  Alfred Wallon Canoma muss sterben

4703  Alfred Wallon Die erste Rebellion

4704  Alfred Wallon Kampf ohne Gnade

4705  Alfred Wallon Die Helden von Alamo

4706  Alfred Wallon Vergeltung für Alamo

4707  Alfred Wallon Überfall auf Parkers Fort

4708  Alfred Wallon Gefahr am Little River

4709  Alfred Wallon Rinder für Texas

4710  Alfred Wallon Das Fort am Colorado River

4711  Alfred Wallon Entscheidung am Elm Creek

4712  Alfred Wallon Hinterhalt am Trinity River

4713  Alfred Wallon Der Commanchen-Jäger

4714  Alfred Wallon Der Ritt nach Laredo

4715  Alfred Wallon Blutiger Sommer

4716  Alfred Wallon Tödlicher Herbst

TÖDLICHER HERBST

TEXAS RANGER

BUCH 16

ALFRED WALLON

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

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Copyright © 2025 Blitz-Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier 

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Redaktion: Alfred Wallon

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-68984-276-5

4716 vom 08.02.2025

INHALT

Gefährliche Pumajagd

Allein in der Wildnis

Eine Chance auf Frieden

Das Ende eines kurzen Friedens

Captain Eastlands Strafexpedition

Eine tödliche Begegnung

Der Stone-House-Kampf

Die Flucht

Freund oder Feind?

Rückkehr in die Zivilisation

Ein neuer Anfang

Historische Anmerkungen zum vorliegenden Roman

Über den Autor

GEFÄHRLICHE PUMAJAGD

3. Juli 1837

In der Nähe vom Gilleland’s Creek

Vier Meilen westlich von Fort Houston

Am Vormittag gegen 10:15 Uhr

Noah Smithwick war abgestiegen und untersuchte die Stelle, wo er Spuren entdeckt hatte. Es waren Spuren eines Pumas, die Smithwick und seine vier Kameraden förmlich antrieben, die Suche nun fortzusetzen.

„Der ist bestimmt weiter unten am Creek und lauert auf Beute“, meinte James Pratt. „Damit ist er abgelenkt. Den haben wir ganz schnell erledigt.“

„Nicht so voreilig, James“, meinte Smithwick, während er wieder zu seinem Pferd zurückging und in den Sattel stieg. „Du weißt, was vor drei Tagen in der Nähe der Hornsby-Farm passiert ist?“

„Ach, die Sache meinst du“, erwiderte der sechsunddreißigjährige James Pratt, der erst vor kurzem nach Fort Houston gekommen war und dort mit vier anderen Männern die Kompanie der Texas Ranger verstärkt hatte. „Da wäre ich gerne dabei gewesen, um das zu sehen. Hornsby hat es mit der Angst zu tun bekommen und ...“

„Stopp!“, fiel ihm Smithwick ins Wort. „Ich war dabei, und so witzig, wie du meinst, war das nicht. Hornsby hatte verdammt viel Glück, dass ihn der alte Büffelbulle mit seinen Hörnern nicht erwischt hat.“

„Wie ist das denn überhaupt passiert, Noah?“, fragte Francisco Garcia, der in der Schlacht von San Jacinto im April vergangenen Jahres auf der Seite der Texaner in Colonel Juan Seguins Kompanie gekämpft hatte. „Ich habe nicht viel davon mitbekommen, weil ich zwei Tage unterwegs auf einem Kontrollritt war. Ich habe nur widersprüchliche Dinge gehört. Die meisten lachen zwar darüber, aber mir wäre bestimmt das Lachen vergangen, wenn ich plötzlich einem großen Büffel gegenübergestanden hätte.“

„Genaugenommen waren es zwei Büffel“, klärte ihn Smithwick auf. „Den einen habe ich mit einem gezielten Schuss erwischt, und das Tier brach nur wenige Sekunden später zusammen. Aber Jacob Harrell hat das zweite Tier nur verletzt und nicht zu Fall gebracht. Verletzt und wütend kam der Büffel genau auf Harrell und Reuben Hornsby zu. Er hatte es dann auf Hornsby abgesehen, und dem blieb nichts anderes übrig, als so schnell wie möglich auf einen Baum zu klettern, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Büffel gab aber immer noch nicht auf und stieß mit seinen Hörnern gegen den Baumstamm, um ihn zu Fall zu bringen. Hornsby schrie um Hilfe, und dann haben Harrell und ich das Tier schließlich mit zwei weiteren Schüssen zu Fall gebracht. Hornsby hat Flüche ausgestoßen, die ich hier lieber nicht wiederholen möchte. Aber dann hat er sich schließlich wieder beruhigt.“

„Dass Hornsby euch zum Fluss geführt hat, wundert mich schon ein wenig“, meine Francisco Garcia. „Hatte er nicht eine Stinkwut auf die Ranger, weil ihm die Comanchen Pferde gestohlen haben?“

„Ja, das stimmt“, sagte Smithwick. „Aber er hat wohl mittlerweile begriffen, dass wir auch keine Wunder vollbringen und nicht überall zur gleichen Zeit sein können. Aber was soll’s? Wir hatten zwei Büffel erlegt und damit frisches Fleisch für die Besatzung besorgt. Mittlerweile klappt es ja ganz gut, dass wir uns selbst versorgen können und nicht auf die Lieferung von Vorräten warten müssen. Ihr wisst ja selbst, dass im vergangenen Winter da einiges schiefgelaufen ist.“⁠1

„Daran will ich gar nicht mehr denken“, ergriff nun Lewis Moore das Wort, der bis jetzt geschwiegen hatte. „Lasst uns weiterreiten und diesen verdammten Puma endlich zur Strecke bringen.“

„Hat dich das Jagdfieber gepackt, Lewis?“, fragte der grinsende Smithwick.

„Und wenn es so ist?“, entgegnete Moore. „Du weißt doch selbst, dass wir alle in den letzten Wochen kaum Zeit hatten, um Raubtiere zu jagen. Und deshalb kann ich es kaum erwarten, bis wir diesen Puma endlich erwischt haben. Die Spuren sind noch frisch!“

„Wir kriegen ihn schon“, meinte Smithwick. „Der wird uns nicht entkommen. Wir kreisen ihn ein, und dann schießen wir. Der hat keine Chance gegen uns.“

Solche Worte hörten die anderen Texas Ranger natürlich nur zu gern. Die Männer folgten den Spuren, die tatsächlich zum Ufer des Gilleland’s Creek führten. Der kleine Bach war am Ufer mit dichtem Dorngestrüpp bewachsen, und genau dorthin führten auch die Pumaspuren.

„Wie ich mir’s gedacht habe“, sagte Smithwick. „Los, teilen wir uns auf. Ihr wisst alle, was ihr zu tun habt?“

Die Männer gaben mit einem kurzen Nicken zu verstehen, dass sie bestens darauf vorbereitet waren, was jetzt kam. Der Puma hielt sich schon etwas länger in dieser Gegend auf und hatte sogar schon einmal versucht, sich an die Pferdeherde heranzuschleichen. Das war vor einer guten Woche gewesen, und die Ranger hatten das Raubtier verjagt. Heute nun würden sie für vollendete Tatsachen sorgen und den Puma endlich zur Strecke bringen.

* * *

Lewis Moore spähte wachsam in Richtung des Dornengestrüpps, weil er dort ein verräterisches Knacken vernommen hatte. Wenige Sekunden später vernahm er das gleiche Geräusch etwas weiter rechts.

„Da drüben!“, rief Moore, riss seine Rifle hoch, weil er zwischen den Dornenzweigen plötzlich eine schattenhafte Bewegung bemerkt hatte, und drückte dann auch im gleichen Atemzug ab. Das Aufbellen des Schusses zerriss die Stille des Vormittags, und dann erklang ein schmerzhaftes Fauchen in den Dornenbüschen.

„Ich glaube, ich habe ihn erwischt, Leute!“, rief Moore mit triumphierender Stimme. „Er kommt nicht mehr weit!“

„Ich sehe ihn!“, rief nun Noah Smithwick. „Er bewegt sich noch. Aber weit kommt er nicht mehr. Du hast ihn gut getroffen, Lewis!“

„Natürlich – was denn sonst?“, entgegnete Moore. „Wer bringt ihn jetzt endgültig zur Strecke?“

„Das wäre ein Job für unseren Neuling“, meinte Francisco Garcia und schaute dabei zu dem jungen James O. Butler, der erst vor wenigen Tagen zum Fort am Colorado River gekommen war und noch nicht viel über die Geschehnisse der letzten Wochen wusste. Aber er war sehr wissbegierig und wollte immer sein Bestes geben. Deshalb war es für Garcia eigentlich völlig normal, dass das jüngste Mitglied der Texas-Ranger-Truppe sich jetzt einmal beweisen und seinen Mut zeigen konnte.

„Francisco hat recht“, meinte nun auch Lewis Moore und schaute zu dem schlanken, aschblonden Texas Ranger, der jetzt ganz aufgeregt dreinblickte. „Das ist jetzt dein Job, James.“

„In Ordnung“, sagte dieser, stieg aus dem Sattel und näherte sich mit vorgehaltener Waffe nun dem Dornbuschdickicht, in dem sich der verletzte Puma befand. Aber man konnte trotzdem sehen, dass er ganz schön nervös war, weil selbst ein verletztes Raubtier noch gefährlich sein konnte. Erst recht, wenn es sich um einen Puma handelte.

„Worauf wartest du noch, Junge?“, rief ihm Lewis Moore hinterher. „Schaffst du das nicht, einem halbtoten Puma den Fangschuss zu verpassen? Oder hast du dir aus Angst schon in die Hosen gemacht?“

Genau in diesem Moment erklang wieder ein wütendes, aber auch verzweifeltes Fauchen des angeschossenen Raubtiers, das nun ahnte, dass es in der Falle saß und nicht mehr lange zu leben hatte. Und deshalb reagierte der Puma in diesem Moment genauso wie jedes andere Tier, das in die Enge getrieben wurde. Trotz seiner großen Schmerzen schaffte es der Puma, sich zu erheben, aber er stand unsicher, als er zum Sprung ansetzen wollte und nun auch bemerkt hatte, dass einer der Menschen sich ihm jetzt näherte.

Der junge Butler bemerkte das und begann am ganzen Körper zu zittern. Er wirkte sehr unsicher, und das spürte der Puma auch. Jetzt setzte er zum Sprung an, duckte sich und würde sich dann jeden Augenblick abstoßen und den Gegner anspringen. Zumindest war das seine Absicht. Aber dazu besaß er die Kraft nicht mehr.

Butler dagegen glaubte, jetzt hätte sein letztes Stündlein geschlagen und verzog sich nach links in die Dornenbüsche, ohne in seiner Panik darauf zu achten, dass mindestens ein Dutzend scharfe Dornen nun durch seine Kleidung drang und dort blutige Risse verursachte. Aber das nahm der junge Texas Ranger nur beiläufig wahr, denn seine Gedanken kreisten einzig und allein um den fauchenden Puma, der ihn anspringen und zerreißen wollte.

Zum Glück fiel in diesem entscheidenden Augenblick ein weiterer Schuss. Butler konnte aus den Büschen zunächst nicht sehen, wer von seinen Kameraden diesen entscheidenden Schuss abgegeben hatte. Sein Blick galt einzig und allein dem Puma, der vom Einschlag der Kugel zur Seite geschleudert wurde und dann am Boden liegenblieb. Er fauchte noch einmal, und seine Vorderläufe zuckten kurz. Dann lag er still.

„Du kannst rauskommen, James!“, hörte er nun die Stimme von Noah Smithwick. „Ich habe ihn erwischt. Schließlich konnte ich doch nicht zulassen, dass der Puma dich noch verspeist!“

Erst jetzt legte sich die Spannung, die von James Butler Besitz ergriffen und ihn im entscheidenden Moment vor Angst fast gelähmt hatte. Nun spürte er auch die scharfen Dornen, von denen einige in seiner Haut steckten und dort ein unangenehmes Brennen verursacht hatten.

„Worauf wartest du noch?“, rief nun Lewis Moore. „Oder willst du im Gebüsch bleiben, Junge?“

„Herrgott, nein!“, erwiderte Butler mit gepresster Stimme und versuchte sich von den Dornenranken zu befreien. Aber das war leichter gesagt als getan, denn mit jeder hastigen Bewegung verhedderte er sich nur noch stärker. „Verdammt, könnt ihr mir wenigstens mal helfen?“, rief er dann wütend. „Ich stecke hier fest!“

„Nichts leichter als das!“, antwortete Smithwick und kam zusammen mit dem Mexikaner zum Rand des Dornengestrüpps, wo sich Butler befand. Rasch erkannten die beiden Ranger, in welcher misslichen Lage sich ihr Kamerad befand, und sie gaben ihr Bestes, um ihn aus den Hecken herauszuholen.

Als Butler schließlich wieder vor den Hecken stand, sah er ziemlich mitgenommen aus. Seine Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen, und das Gesicht war von Schrammen gezeichnet.

„Sieht fast so aus, als hätte dich tatsächlich der Puma erwischt“, meinte Smithwick mit einem amüsierten Grinsen, während die anderen Ranger laut zu lachen begannen. Butler war das einfach nur peinlich. Und er würde sich damit abfinden müssen, dass die anderen Ranger im Fort ebenfalls grinsen würden, wenn sie erst erfuhren, welches Missgeschick Butler erlitten hatte.

3. Juli 1837

In Fort Houston am Colorado River

Gegen 12:30 Uhr am Mittag

Captain Micah Andrews blickte sichtlich zufrieden drein, als er von Noah Smithwick erfuhr, was sich am Gilleland’s Creek zugetragen hatte.

„Eine Sorge weniger“, meinte er zu Smithwick. „Der Puma hätte gefährlich werden können, und irgendwann hätte er eines unserer Pferde erwischt. Gut, dass wir uns jetzt darüber nicht mehr den Kopf zerbrechen müssen.“

„Darüber sicher nicht mehr, Captain“, meinte Smithwick. „Nur der junge Butler wird die nächsten Tage einige Schwierigkeiten haben, im Sattel zu sitzen oder auf dem Rücken zu liegen. Er hat mindestens ein gutes Dutzend Dornen abbekommen, und einige davon konnten wir nur mühsam mit dem Messer entfernen. Ich glaube, es wäre gut, wenn Sie ihm wenigstens einen Tag Ruhe geben, damit er das auskurieren kann.“

„Natürlich“, stimmte Andrews sofort zu. „Er wird erst wieder einen Einsatz haben, wenn er sich dazu in der Lage fühlt. Aber unter uns gesagt: Wer ist denn auf die Idee gekommen, ausgerechnet Butler zu sagen, dass er den angeschossenen Puma nun töten soll?“

„Es war Garcias Idee, Captain“, erwiderte Smithwick. „Aber er hat es nicht böse gemeint. Sie wissen doch, dass jeder neue Ranger auch mal eine erste Aufgabe erledigen muss. Keiner von uns hat wissen können, dass er sich dabei so tollpatschig anstellt. Sonst wäre Garcia niemals auf den Gedanken gekommen, dass Butler das erledigen soll. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Wir alle haben über ihn gelacht, als er mit Dornen gespickt aus dem Gebüsch kam. Es war eben ein ganz besonderer Anblick.“

„Ich mache Ihnen keinen Vorwurf“, sagte Andrews. „Dann war das also Butlers Feuertaufe, auch wenn sie sehr eigenwillig war. Reden wir nicht weiter darüber. Es stehen weitaus wichtigere Dinge an, und dafür brauche ich Sie und einen Teil unserer Männer.“

„Um was geht es genau?“, wollte Smithwick wissen.

„Während Sie und Ihre Kameraden auf Pumajagd waren, sind zwei junge Ranger aus dem Little River Fort eingetroffen. Sie haben gefragt, ob ich Munition für sie zur Verfügung stellen kann. Den Rangern ist Pulver und Blei ausgegangen. Da ist wohl irgendwo in der Lieferkette etwas schiefgegangen.“

„Und was wollen Sie dagegen tun?“

„Ich werde den Männern selbstverständlich aushelfen“, sagte Captain Andrews. „Solch eine Bitte kann ich nicht ablehnen. Aber ich werde mich bei Colonel Burleson und dem Präsidenten über diese Zustände beschweren. So kann und darf das nicht mehr weitergehen. Sie haben ja auch schon erkannt, mit welchen Schwierigkeiten wir hier konfrontiert werden. Das muss ein Ende haben und ...“

Er brach mitten im Satz ab, als es plötzlich an die Tür der Kommandantur klopfte. Stirnrunzelnd blickte Andrews zur Tür und sah einen sichtlich erstaunten Lewis Moore dort stehen.

„Was ist denn, Ranger Moore?“, fragte ihn der Captain. „Sie schauen mich so ungläubig an?“

„Es ist ja auch kaum zu glauben, Captain“, antwortete Moore und wies mit dem Daumen der rechten Hand hinter sich. „Gerade sind sechs neue Männer eingetroffen, die unsere Kompanie verstärken sollen.“

„Das ist doch eine sehr gute Nachricht“, erwiderte Andrews. „Was ist daran denn so außergewöhnlich?“

„Die Männer sind zu Fuß gekommen, und nur knapp die Hälfte von ihnen ist bewaffnet“, fuhr Moore fort und registrierte den verständnislosen Blick in den Augen des Captains. Auch Smithwick wusste nicht, was er jetzt dazu sagen sollte. „Dass ihnen unterwegs nichts zugestoßen ist, grenzt schon fast an ein Wunder“, fuhr Moore fort. „Die Männer sind mit völlig falschen Voraussetzungen hierhergekommen. Was sollen wir mit ihnen machen?“

„Wir werden sie in unsere Truppe eingliedern, was sonst?“, entgegnete Captain Andrews mit einem kurzen Schulterzucken. „Sagen Sie den Männern, dass ich gleich zu Ihnen sprechen werde, Moore.“

„In Ordnung“, antwortete Moore und verließ den Raum rasch wieder.

„Und jetzt?“, fragte Smithwick, weil er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, was man mit diesen Leuten jetzt machen konnte. „Ranger ohne Pferde? Das ist doch völlig unmöglich, Captain.“

„Wir werden es eben möglich machen“, hielt Andrews dagegen. „Ich mache mir jetzt erst einmal ein Bild von diesen Leuten, um zu sehen, wie viel Erfahrung sie mitbringen. Und danach gibt es dann eine Infanterietruppe unserer Kompanie. Zumindest so lange, bis wir wieder über genügend Pferde verfügen. Sie haben jetzt einen neuen Job: Sie werden mit ein oder zwei weiteren Männern, die Sie selbst auswählen, die beiden Ranger zum Little River Fort geleiten. Die beiden hatten verdammt viel Glück, dass ihnen auf dem Weg hierher nichts zugestoßen ist. Sie wissen ja selbst, was in der Region alles passiert ist.“ Er hielt einen kurzen Augenblick inne und fuhr dann fort. „Wir werden außerdem die neuen Männer bewaffnen, und dann werden sie sich Ihnen anschließen. Auf diese Weise können sie gleich ihre ersten Erfahrungen machen. Was halten Sie davon?“

„Sollen die Männer zu Fuß diesen Weg zurücklegen?“, fragte Smithwick, weil er immer noch nicht glauben wollte, was er gerade gehört hatte.

„Nein, natürlich nicht“, winkte der Captain ab. „Sie werden Pferde bekommen, aber ich möchte auf diesem Weg herausfinden, wie widerstandsfähig sie sind. Das ist wichtig, um hier draußen überleben zu können.“

„Ich soll diese Greenhorns unter meine Fittiche nehmen, oder?“, fragte Smithwick ganz direkt.

„Ja“, bestätigte das Andrews. „Ich setze voll und ganz auf Sie, dass Sie aus diesen jungen Kerlen gute Ranger machen. Gleich morgen früh geht es los. Und ich hoffe, dass Sie den Burschen etwas beibringen können.“

Smithwick nickte nur. Ihm gingen in diesem Moment ein gutes Dutzend Gedanken durch den Kopf, wie er diese Aufgabe am besten bewerkstelligen konnte. Aber er würde schon eine passende Lösung finden. Auf jeden Fall waren die ruhigen Tage in Fort Houston jetzt erst einmal vorbei.

1s. TEXAS RANGER Band 10 – Das Fort am Colorado River

ALLEIN IN DER WILDNIS

4. Juli 1837

Zwanzig Meilen nordöstlich von Fort Houston

Am Nachmittag gegen 14:00 Uhr

Während der letzten zwei Stunden hatten sich trübe Wolken am Himmel zusammengezogen, und der Wind war stärker geworden. Noah Smithwick zog sich den Hut etwas tiefer in die Stirn und schlug auch den Kragen seiner Jacke etwas höher, um sich so besser vor dem unangenehmen Wind zu schützen. Es sah ganz danach aus, als wenn der Himmel bald seine Schleusen öffnen und es regnen würde.

Ausgerechnet jetzt, dachte Smithwick, weil er mit diesem raschen Wetterumschwung nicht gerechnet hatte. Wir werden klatschnass, bevor wir das Little River Fort erreicht haben.

Er drehte sich im Sattel um und schaute zurück zu den sechs Männern, die gestern in Fort Houston ihren Dienst angetreten hatten und die voller Stolz auch gezeigt hatten, dass sie ab jetzt zu den Texas Rangern gehörten. Von diesem Stolz war jetzt schon nicht mehr viel übrig. Einige von ihnen saßen ziemlich unglücklich im Sattel, weil sie offensichtlich Schwierigkeiten hatten, längere Strecken zu Pferd zurückzulegen. Und es gab sogar einen unter den neuen Rangern, der zum ersten Mal auf einem Pferd saß und sich gewaltig anstrengen musste, um nicht aus dem Sattel zu fallen.

„Ich habe es auch schon gesehen“, riss Smithwick die Stimme von Lewis Moore aus seinen Gedanken, der ihn kurz beobachtet und seine nachdenkliche Miene bemerkt hatte. „Da haben wir uns eine gewaltige Bürde aufgelastet.“

„Unter normalen Umständen hätten wir die Männer sofort wieder zurückschicken müssen“, erwiderte Smithwick so leise, dass es nur Moore hören konnte. „Aber es ist ja schon ein Wunder, dass sie es zu Fuß überhaupt bis nach Fort Houston geschafft haben. Ein zweites Mal kann das aber auch ins Auge gehen. Ich kann nur hoffen, dass wir keine Probleme bekommen.“

„Die haben wir doch schon, Noah“, erwiderte Moore. „Und du weißt es genauso gut wie ich. Schau dir die jungen Kerle doch an. Die halten den Ritt bis zum Little River Fort gar nicht durch. Der rothaarige Junge dort hinten fällt gleich aus dem Sattel, und die anderen sehen so müde aus, als hätten sie drei Tage lang nicht geschlafen. Wie sollen die denn den normalen Dienst im Fort überhaupt auf Dauer aushalten?“

„Ich denke, das wird ihnen Captain Andrews schon beibringen“, lautete Smithwicks Antwort. „Der fackelt nicht lange und lässt sie so lange strammstehen, bis sie kapiert haben, wie das hier läuft. Aber ich sehe ein, dass das jetzt am Anfang ein bisschen viel für sie ist. Was hältst du davon, wenn wir noch zwei Stunden weiterreiten und ihnen dann sagen, dass sie an einer geschützten Stelle auf unsere Rückkehr warten sollen? Am San Gabriel River gibt es einige Stellen, die dafür geeignet sind. Wir könnten dann schneller reiten und die beiden Ranger sicher zum Little River Fort geleiten. Wenn wir uns beeilen, sind wir spätestens morgen Mittag wieder zurück. Was meinst du dazu?“

„Das klingt nach einer akzeptablen Lösung“, meinte Lewis Moore nach kurzem Nachdenken. „Ich komme mir langsam so vor, als müsste ich auf einen Haufen kleiner Kinder aufpassen.“

„Das stimmt ja auch irgendwie“, sagte Smithwick und schaute dabei zu einem der Ranger, der ganz blass im Gesicht war. Er trug lediglich eine dünne Jacke und schien zu frieren. Wenn das so weiterging, würde er sich eine handfeste Erkältung zuziehen, wenn es zu regnen begann, oder vielleicht sogar noch Schlimmeres.

Sie setzten den Ritt fort, während die Wolken noch dichter wurden, und eine gute Stunde später fielen auch schon die ersten Regentropfen. Das war auch der Zeitpunkt, wo der Reitertrupp den San Gabriel River erreicht hatte. Da entschloss sich Smithwick, anzuhalten und den neuen Rangern seine Entscheidung mitzuteilen.

„Hört mal alle her!“, wandte er sich nun an die anderen Ranger, vor allen Dingen an die neuen in der Truppe. „Moore und ich werden die beiden Ranger Jones und Clovis zurück ins Little River Fort bringen. Ihr anderen bleibt hier und wartet auf unsere Rückkehr. Unternehmt nichts, was euch gefährden könnte, sondern verhaltet euch ganz still und ruhig, bis wir wieder zurück sind. Mit etwas Glück wird das bis morgen Mittag der Fall sein. Schafft ihr das?“

Seine Blicke richteten sich auf jeden einzelnen der jungen Männer. Das galt insbesondere für den rothaarigen Ranger, der sich kaum noch im Sattel halten konnte. „Babcock, du hast es jetzt erst einmal hinter dir und kannst absteigen und dich ausruhen. Wenn du was Gutes tun willst, kannst du ja in der Zwischenzeit mit den anderen Kameraden im Fluss ein paar Fische fangen. Das wirst du ja wenigstens hinbekommen, oder?“

Der Tonfall der letzten Worte ließ anklingen, dass Smith-wick ein Nein auf keinen Fall akzeptieren würde. Also nickte Babcock nur kleinlaut, und Smithwick reichte das aus.

„Ihr stellt mindestens einen Wachposten während der Nacht auf – verstanden?“, richtete er das Wort an die Männer. „Parker, du bist dafür verantwortlich“, wandte er sich an den Mann mit der dünnen Jacke, der immer noch so blass aussah. „Habt ihr das alle begriffen?“

Smithwick kam sich fast vor wie jemand, der eine berechtigte Standpauke vor einer Schulklasse halten musste, die dringend zur Ordnung gerufen werden musste. Er seufzte innerlich, weil er sich gut vorstellen konnte, dass es doch länger dauern würde, um aus diesen Anfängern erfahrene Ranger zu machen. Sollte in den nächsten Tagen ein Einsatz stattfinden, bei dem es gegen die Comanchen ging, würden diese Männer ein großes Hindernis darstellen, und er wollte lieber nicht daran denken, was dann passieren würde.

„Gut, dann sind wir uns ja einig“, meinte er abschließend und schaute zu Moore und den anderen beiden Rangern. „Reiten wir weiter!“

Die beiden Ranger aus dem Little River Fort trieben ihre Pferde an und folgten Smithwick und Moore. Nur wenige Meilen und eine gute halbe Stunde später war der Regen etwas stärker geworden, und die einzelnen Tropfen hatten sich in einen leichten Sprühregen verwandelt, den der Wind den Männern ins Gesicht blies.

Smithwick murmelte einen leisen Fluch vor sich hin, weil jetzt zur Gewissheit wurde, dass er und die anderen Ranger in den nächsten zehn Minuten vollkommen durchnässt sein würden, wenn es ihnen nicht gelang, rechtzeitig einen halbwegs schützenden Unterschlupf zu finden, wo sie abwarten konnten, bis der Regen wieder nachließ.

Sie hatten Glück und fanden diesen Schutz in einem kleinen Wäldchen entlang des San Gabriel River, wo der Regen wenigstens nicht ganz so auf sie herniederprasselte und die Zweige so ausladend waren, dass sie hier erst einmal eine Zeitlang ausharren konnten.

„Wie lange das wohl dauert?“, fragte sich Preston Jones, einer der beiden Ranger aus dem Little River Fort, und blickte besorgt hinauf zum trüben Himmel.

„Keine Ahnung“, antwortete Smithwick mit einem kurzen Schulterzucken. „Aber um diese Jahreszeit sind solche plötzlichen Regengüsse völlig normal. Sie überraschen einen zwar immer wieder, aber sie hören auch schnell wieder auf.“

„Sie müssen uns nicht bis zum Fort eskortieren, Smithwick“, sagte nun Robert Clovis, der andere Ranger. „Wir haben ja jetzt genügend Munition, um uns zu wehren, falls es Probleme mit den verfluchten Comanchen geben sollte. Sie können also gerne wieder umkehren. Die anderen Männer, die am Fluss zurückgeblieben sind, brauchen mehr Aufmerksamkeit.“ Er grinste bei den letzten Worten und ließ keinen Zweifel daran, wie er das gemeint hatte.

„Captain Andrews wird mir den Kopf abreißen, wenn Moore und ich euch beide jetzt allein weiterreiten lassen und dann doch noch was passiert“, hielt Smithwick dagegen. „Nein, das ist schon in Ordnung. Wir kommen mit bis zum Fort, und dabei bleibt es.“

„Na gut“, fügte Jones hinzu. „Jedenfalls schon mal danke dafür.“

„Das können Sie sagen, wenn wir unser Ziel erreicht haben!“, sagte Smithwick. „Und bis dahin müssen wir weiterhin die Augen offenhalten.“

„So ist es“, pflichtete ihm auch Lewis Moore bei und zeigte in Richtung der trüben Wolken. „Der Regen lässt langsam nach, und am Horizont wird es auch wieder etwas heller. Wir warten noch eine Viertelstunde, und dann können wir beruhigt weiterreiten, denke ich.“

Und genau das trat dann auch ein. Der Regenschauer ließ nach, die Wolken verzogen sich weiter in Richtung Osten, und die vier Texas Ranger ritten weiter in Richtung Little River Fort. An die zurückgebliebenen jungen Ranger verschwendete Smithwick im Moment keine weiteren Gedanken, denn er hatte ihnen ja präzise Anweisungen gegeben, wie sie sich verhalten sollten, solange er und Moore unterwegs waren. Bis morgen Mittag würden sie wohl allein zurechtkommen, schlussfolgerte Smithwick.

Zu diesem Zeitpunkt konnte er allerdings noch nicht ahnen, wie sehr er sich mit dieser Annahme getäuscht haben sollte.

4. Juli 1837

Unweit des San Gabriel River

Am späten Nachmittag gegen 16:30 Uhr

„Verdammter Mist!“, entfuhr es dem rothaarigen Josiah Babcock, der seine Stiefel ausgezogen hatte und nun bis zu den Knien im San Gabriel River stand, um Ausschau nach Fischen zu halten. Martin Parker hatte einen Weidenast abgebrochen und ihn mit seinem Messer an einem Ende zugespitzt, so dass dies einen guten Speer abgab. Den hatte Babcock nun in der rechten Hand und wartete darauf, einen oder mehrere Fische in dem klaren Flusswasser zu erkennen.

Er spürte die Kälte des Wassers, die ihn zittern ließ. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in seinen Beinen aus, das ihn kurz ins Wanken brachte.

„Was ist denn Josiah?“, hörte er Albert Baumann rufen. Die Stimme des Sohns eines Deutschen, der mit seiner Familie vor einem halben Jahr nach Texas gekommen war, klang besorgt, aber auch irgendwie amüsiert. „Schaffst du es etwa nicht, einen Fisch zu fangen?“

„Wenn du’s besser kannst, dann komm her und zeig es mir!“, erwiderte Babcock mit gepresst klingender Stimme, während es in seinen Augen kurz wütend funkelte. „Du weißt ja ohnehin alles besser als wir!“

„Jetzt übertreib mal nicht“, meinte Baumann mit einer abwinkenden Geste und ging hinunter zum Flussufer. „Komm, gib her, ich zeige dir, wie es geht.“ Er streckte bereits die rechte Hand verlangend nach dem provisorischen Speer aus, und Babcock gab ihn ihm. Innerlich war er sehr erleichtert darüber, dass er endlich das kalte Wasser verlassen konnte, denn der Winter war nicht mehr fern, und der San Gabriel River führte um diese Jahreszeit schon sehr kaltes Wasser mit sich.

„So geht das!“, rief Baumann seinen Kameraden zu, während er etwas weiter in den Fluss hineinging und dann Ausschau nach den Fischen hielt. „Das ist doch ganz einfach, Leute. Hier, da sehe ich schon was ...“

Um seinen Worten auch die entsprechenden Taten folgen zu lassen, machte er rasch einen weiteren Schritt nach vorn, holte gleichzeitig mit dem Speer aus, um dann einen der vorbeischwimmenden Fische aufzuspießen. Allerdings unterschätzte er dabei, dass das Flussbett an dieser Stelle sehr stark abfiel und er deshalb ins Taumeln geriet. Er ruderte wild mit der linken Hand, um das Gleichgewicht halten zu können, und ließ den Speer in der Rechten nicht los. Genau das brachte ihn in Schwierigkeiten, und er stürzte ins Wasser. Den Speer ließ er los, und der wurde rasch abgetrieben.

Baumann ging kurz unter, tauchte dann aber wieder auf, hustete und spuckte und gab dann eine Kette von Flüchen von sich, weil er sich maßlos darüber ärgerte, dass er einen Moment lang nicht auf den Boden auf dem Grund des San Gabriel River geachtet hatte. Genau das war ihm jetzt zum Verhängnis geworden!

„Das war ganz toll, Albert!“, rief Babcock mit einem verständnislosen Kopfschütteln. „Jetzt ist der Speer auch weg. Und was machen wir jetzt? Sollen wir die Fische etwa mit den Händen fangen?“