The Beast inside - Lale Libra - E-Book
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The Beast inside E-Book

Lale Libra

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Beschreibung

Die sechzehnjährige Lou aus Hamburg führt das normale Leben eines Teenagers. Bis zu dem Tag, an dem einer ihrer Schulkameraden zum Amokläufer wird und sich ihr gesamtes Leben mit einem Schlag komplett verändert. Nur knapp kann sie der gefährlichen Situation entfliehen. Schnell ist allerdings klar: Dies ist kein gewöhnlicher Amoklauf gewesen und ihr Mitschüler nicht einfach nur psychisch labil. Eine neuartige, rätselhafte Krankheit hat die Menschen befallen. Lou wird bewusst, dass nichts jemals wieder so sein wird, wie es vorher war. Für sie gibt es nur noch ein Ziel: In dieser neuen, unbarmherzigen Welt überleben und die Menschen beschützen, die ihr etwas bedeuten. Allerdings ist dies keine leichte Aufgabe, da viele der verängstigten Menschen alles tun, um in dem Wahnsinn nicht unterzugehen...

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Für Kathi, die beste Testleserin, Freundin und größte Inspiration. Danke für all den Support und Rückhalt,der mich stets angetrieben und vorwärts gebracht hat!

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Lou Hamburg,15.Februar 2015

Kapitel 2

Ellie Hamburg, 16.Februar 2015

Kapitel 3

Jonas

Kapitel 4

Lou

Kapitel 5

Lou

Kapitel 6

Lou Hamburg 24. Februar 2015

Yannick Hamburg 25. Februar 2015

Jonas

Kapitel 7

Lou Hamburg 1. März 2015

Kapitel 8

Lou

Kapitel 9

Lou 2. März 2015

Kapitel 10

Ellie 1. März 2015

Kapitel 11

Lou 5. März 2015

Jean

Kapitel 12

Lou Berlin 7. März 2015

Kapitel 13

Jonas

Kapitel 14

Lou

Kapitel 15

Lou 8. März 2015

Kapitel 16

Tessa

Kapitel 17

Lou Berlin 9. März 2015

Kapitel 18

Ellie

Kapitel 19

Lou

Kapitel 1

Lou

Hamburg,15.Februar 2015

«Guten Abend meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Live Talk Show ,,Ehrlich und Wahrhaftig“. Nachdem wir vorige Woche unseren Gast Professor Siebenstein zum Thema ,,Diäten und wie man sie richtig durchführt“ interviewt haben, haben wir diese Woche einen weiteren Arzt zu uns eingeladen. Dieser kommt jedoch von einem ganz anderen Fachgebiet, nämlich vom Gebiet der Psychologie. Er möchte uns heute von der steigenden Prozentzahl der psychisch erkrankten Personen berichten und wie die heutige Gesellschaft psychische Erkrankungen hervorrufen oder beeinflussen kann. Professor Doktor Marius Graubach ist Chefarzt an einer Hamburger Psychiatrie und hat auch schon an zahlreichen Studien über diverse Erkrankungen mitgearbeitet. Herr Professor, wie viele Patienten sind denn momentan in Ihrer geschlossenen Abteilung?…»

Ich saß auf unserem grünen,ausgefransten Sofa und kratzte mit den Fingernägeln die Füllung aus einem Loch im Bezug. Das Sofa hatte meiner Großmutter gehört. Es war alt und hässlich und trotzdem bedeutete es uns allen sehr viel. Wir hatten es vor drei Jahren von meiner Großmutter geerbt. Sie war an Krebs gestorben und hatte uns das Sofa hinterlassen. Auch wenn es wirklich nicht schön aussah, barg es viele schöne Erinnerungen an Oma. Wie sie mit meiner Schwester und mir dagesessen und uns aus ihrem alten Märchenbuch vorgelesen hatte…

«Lou!» Ich schreckte hoch und schaute zum Sessel auf der anderen Seite des Couchtisches hinüber,in dem meine Zwillingsschwester Ellie saß und auf ihrem Bleistift herumkaute.

«Hm?»,murmelte ich überrascht und strich mir eine meiner roten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ellie verdrehte die Augen und sah mich genervt an. Die vorderen Strähnen ihrer erdbeerblonden Haare hatte sie sich hinten zu einem Knoten zusammengebunden und ihre giftgrünen Augen funkelten mich an. Die giftgrünen Augen waren das Einzige,das wir gemeinsam hatten. Ellie und ich waren zweieiige Zwillinge. Unsere Gesichter ähnelten sich sehr,aber es war kein Problem,uns auseinanderzuhalten. Ich hatte das feuerrote Haar und die tausend Sommersprossen meiner Mutter bekommen,während Ellie nur ein paar auf der Nase hatte und ihre Haare eine perfekte Mischung aus denen meiner Mutter und meines Vaters waren. Auch ansonsten waren wir sehr verschieden. Ellie war super in der Schule,hatte viele Freunde und verbrachte ihre Freizeit entweder auf Partys oder mit Lesen in der Hängematte. Ich hatte mir noch nie besonders viel aus der Schule gemacht und nur meinen besten Freund Jonas,der genauso ein Außenseiter war wie ich. An unserer Schule regierte das Mobbing und er war neben mir eins der Opfer,die verprügelt und denen ihre Sachen geklaut wurden. Irgendwann hatte er diesem Terror nicht mehr standgehalten,war depressiv geworden und hatte angefangen,sich zu ritzen. Und genau da hatte unsere Freundschaft begonnen.

Der Lärm der anderen Schüler drang nur noch dumpf an meine Ohren. Stattdessen hörte ich nur noch Rihanna,die mir laut ,,Only Girl“ ins Ohr schmetterte. Langsam ging ich durch den Flur unserer Schule,schön leise,damit mich Luca und seine Gang nicht hörten. Ich hob meine Hand und fuhr mir durchs Gesicht. Als ich sie wieder senkte und das Blut an meinen Fingern sah,seufzte ich. Heute hatte Luca etwas fester zugeschlagen als sonst. Als er mich heute vor der ersten Stunde mit seinen blöden Kumpels wieder an der Ampel abgepasst,mich an den Haaren gepackt und mir einen Schlag in den Rücken verpasst hatte,hatte ich ihm mitten ins Gesicht gespuckt. Das hatte mir noch einen sauberen Schlag mitten auf die Nase eingebracht. Jetzt schlich ich durch die Flure unserer Schule und suchte nach einem Platz,wo ich mich so lange verstecken konnte,bis alle in ihren Kursen waren. Als ich um eine Ecke bog und die offene Tür zur Bücherausgabe sah,schlüpfte ich hinein und zog leise die Tür zu.Ich seufzte auf und lehnte mich erschöpft gegen den Türrahmen.

«Lou,was bist du nur für eine Versagerin»,dachte ich mir während ich spürte,wie das Blut an meinem Hals hinunterlief. Ich verstand mich selber nicht. Ich war nicht auf den Mund gefallen,konnte Judo und ließ mir eigentlich nicht so schnell was gefallen. Aber sobald Luca und seine Gang auftauchten,war all das plötzlich...weg. Sie konnten mit mir machen was sie wollten,ich konnte nichts dagegen tun. Heute war eigentlich das erste Mal,dass ich mich gewehrt hatte. Und was mir mein Mut brachte,merkte ich ja jetzt. Luca war mir irgendwie so...überlegen. Ich fühlte mich immer so machtlos,wenn er in der Nähe war. Ich ließ mich an der Tür auf den Boden sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. In dem Moment war mir alles egal. Egal,dass das Blut ein Muster in mein weißes T-Shirt zeichnete. Egal,dass sich meine Haare in den Spinnweben verfingen,die sich an der Seite des alten,staubigen Regals gebildet hatten. Meine Augen brannten und ich spürte,wie mir langsam eine Träne über die Wange rollte. Dann noch eine. Wie machte Ellie das bloß? Warum hatte sie alles und ich nichts? Es war nicht das erste Mal,dass ich mir diese Fragen stellte. Diese Fragen,warum Ellie alles Glück dieser Welt hatte und ich,obwohl ich ihre Zwillingsschwester war,nichts davon abbekam. Müsste ich nicht auch beliebt sein? Was war an mir so anders und seltsam,dass mich niemand leiden konnte?

«Lou,reiß dich zusammen! Das bringt gar nichts!»,sagte ich mir in diesem Moment und wischte mir die Tränen weg. Dabei sah ich die roten Blutflecken an den Ärmeln meines Oberteils und knurrte leise.

«Scheiße»,fluchte ich und stand auf. Dann atmete ich aus und versuchte,mich zu beruhigen. Es brachte nichts,Ellie zu beneiden. Ich war ein anderer Mensch als sie und kam aus diesen Gründen halt nicht so gut an. Ich passte nicht in den Rahmen,den Leute in meinem Alter aufstellten und deshalb hatte ich Probleme. Aber ich war eine Kämpferin. Irgendwann würde ich jemanden finden,der meine Eigenarten schätzte und mich vielleicht sogar genau deswegen mochte. Und eines Tages würde ich auf Menschen wie Luca hinabschauen. Bei dem Gedanken musste ich grinsen. Ich wischte mir die restlichen Tränen weg,würgte Rihanna ab,die immer noch ,,Only Girl“ sang,nahm die Kopfhörer heraus und legte mein Ohr an die Tür. Es war nichts mehr zu hören. Die erste Stunde hatte angefangen. Vorsichtig drückte ich die Türklinke hinunter,öffnete die Tür und schaute mich nach allen Seiten um.

Es war niemand zu sehen. Ich verließ den Buchraum,schloss die Tür und machte mich auf den Weg zur nächsten Toilette,um mir das Gesicht abzuwaschen.

Ein muffiger Geruch schlug mir entgegen,als ich die Mädchentoilette betrat. Ich ging zu dem am wenigsten verdreckten Waschbecken und drehte den Wasserhahn auf. Als ich mir das Gesicht und die Hände gewaschen hatte,schaute ich in den gesprungenen Spiegel über dem Waschbecken. Ich sah schrecklich aus. Ein wenig von dem Blut war bereits so eingetrocknet,dass ich es mit dem Wasser nicht abbekam und meine Augen waren von der Heulerei ganz rot. Auf meiner Nase zeichnete sich bereits ein blauer Fleck ab und ich betastete sie vorsichtig mit meinen Fingern. Sie war nicht gebrochen,soweit ich das beurteilen konnte. Als Sportlerin kannte ich mich mit Verletzungen aller Art aus. Trotzdem tat sie höllisch weh.

Während ich probierte,mit Tüchern das restliche Blut wegzuwischen,überlegte ich mir eine Ausrede für Zuhause. Ich war fast jeden Tag beim Judo,da mein Lehrer mich für ein Ausnahmetalent hielt und so konnte ich die meisten meiner Verletzungen Zuhause erklären. Meine Eltern wussten,dass ich Schwierigkeiten in der Schule hatte aber wie schlimm es wirklich war,wusste nur Ellie. Ich nahm es ihr nicht übel,dass sie mich hier nicht beschützte,obwohl es genau das war,was sie als Schwester eigentlich tun müsste. Sie hatte hier ein eigenes,gutes Leben und ich würde ihr das nicht ruinieren. Sie war Zuhause und auch sonst für mich da,nur nicht hier. Irgendwie fand ich das...okay. Und was das Mobbing betraf: Sie hatte versprochen,dicht zu halten,ich wollte unsere Eltern nicht beunruhigen. Meine Mutter war geschäftlich viel unterwegs, mein Vater als Journalist immer auf der Jagd nach Storys und ebenfalls wenig Zuhause. Beide vertrauten darauf,dass ich es allein schaffte und bisher hatte das auch gestimmt. Wie gesagt,ich war eine Kämpferin. Mein einziger Platz in der Schule war die Gruppe meiner Schwester,bei der ich ab und zu unterkam,aber man merkte schnell,dass Ellies Freunde mich da nicht gern sahen und so verbrachte ich die meiste Zeit allein und suchte mir irgendwo einen ruhigen Platz. Ich warf das blutige Tuch in den Mülleimer und schaute abermals in den Spiegel. Ich dachte an meinen Trainer und wie ich ihm die Nase erklären sollte. Luca hinterließ meistens blaue Flecken an Bauch,Rücken und Armen,so war ihm das meistens nicht aufgefallen. Außerdem kannte er mich seit ich drei Jahre alt war. In der Grundschule war ich schon aufmüpfig und rebellisch gewesen und hatte mich viel geprügelt. Wahrscheinlich dachte er,dass das immer noch so war. Als ich mich so an früher erinnerte,fiel mir auf,in was für einer Ironie das mit meiner jetzigen Situation stand. Nun war ich nicht mehr die Jägerin,sondern die Gejagte. Wieder wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich kam da durch. Das schaffte ich schon seit Jahren. Und ich war nicht allein. Ich hatte meine Schwester,meine Eltern,meinen Trainer und meinen Judokurs. Und sonst brauchte ich nichts. Ich atmete noch einmal tief durch und verließ die Mädchentoilette. Ich wollte gerade abbiegen und zu meinem Kunstkurs gehen,bei dem ich zumindest von Luca verschont bleiben würde,als ich ein Schluchzen hinter mir vernahm. Ich drehte mich um und lauschte. Wieder das Schluchzen. Es kam aus der Jungentoilette. Langsam drehte ich mich um und ging mit bedächtigen Schritten zur Tür. Als ich gerade die Hand auf die Klinke legen wollte,zögerte ich. Das hier war die Jungentoilette. Ich hatte hier gar nichts verloren. Aber als ich wieder das Schluchzen hörte,drückte ich die Klinke herunter. Auch hier roch es genauso muffig wie nebenan. Manche Spiegel waren auch hier gesprungen und an zwei Waschbecken klebte der Zettel ,,Außer Betrieb“. Das Schluchzen kam aus dem hinteren Teil des Raumes. Ich schloss die Tür hinter mir und folgte dem Geräusch. Zwischen zwei Waschbecken saß gegen die Wand gelehnt ein Junge. Er hatte hellbraune,wuschelige Haare,war schlank und hatte dunkelblaue Augen. Ich betrachtete ihn genauer. Ich kannte ihn. Er war in meiner Stufe und hieß Jonas. Er saß zusammengekauert da und heulte hemmungslos. Selbst als ich mich vor ihm hinkniete bemerkte er mich nicht. Ich musterte ihn von oben bis unten und sog scharf die Luft ein als ich die klaffende Schnittwunde an seinem linken Unterarm und die Glasscherbe in seiner rechten Hand sah. Da bemerkte er mich und schreckte hoch. Plötzlich schnellte seine Hand nach vorn und ich spürte die Glasscherbe an meinem Hals.

«Woow»,rief ich erschrocken und hob die Hände. Jonas starrte mich aus aufgequollenen,roten Augen an. Er atmete schnell und sein blutender Arm zitterte. Ich blickte unruhig zwischen ihm und der Tür hin und her. Hatte ich Fluchtmöglichkeiten? Jonas´ Verhalten machte mir Angst. Er war sonst sehr still und unsichtbar und ich hatte ihn noch nie so gesehen. Ich hatte eine Chance zur Tür zu rennen und zu verschwinden,aber die Scherbe an meinem Hals lähmte mich und hinderte mich am Weglaufen. Jonas´ Blick ruhte auf mir. Sein Atem begann sich zu beruhigen und ich spürte den Druck an meinem Hals nicht mehr. Er ließ die Glasscherbe fallen ,während ihm Tränen übers Gesicht rannen. Ich sprang auf und rannte zur Tür. Doch als ich gerade hinausstürmen wollte,zögerte ich. Ich schaute wieder zu Jonas. Er sah so hilflos aus,wie er so dasaß,mit seinem blutenden Arm und immer noch weinend. Es sah so aus,als hätte er mich schon wieder vergessen. Als wäre er gar nicht richtig da. Ich dachte nach. Ich konnte ihn hier nicht so zurücklassen. Also nahm ich meine Hand von der Klinke und ging wieder zurück. Ich setzte mich ihm gegenüber neben ein Waschbecken,dessen Rohr unaufhörlich tropfte und lehnte meinen Kopf gegen die Wand. Eine Weile beobachtete ich ihn nur schweigend. Wir saßen bestimmt schon eine halbe Stunde so da,als Jonas den Kopf hob und mir sein verheultes Gesicht zuwandte

«Was machst du hier?»,fragte er gereizt und wischte sich mit dem unverletzten Arm über die Nase. «Das hier ist die Jungentoilette!»

Ich sagte nichts,sondern starrte ihn einfach nur an. Er starrte zurück. Blut tropfte aus seiner Wunde und hinterließ rote Flecken auf den hässlichen Bodenfliesen. Mein Blick wanderte zu seinem Arm,er folgte ihm und zuckte zusammen,so,als ob er die Wunde erst jetzt bemerkte. «Scheiße!»,fluchte er,sprang auf und riss hastig Tücher aus dem Spender neben dem Waschbecken. Er presste sie auf die Wunde und versuchte,die Blutung zu stillen. Vergeblich. Im Nu war das Papier durchtränkt. Ich stand ebenfalls auf.

«Ähm...kann ich dir helfen?»,fragte ich zögerlich,machte einen Schritt auf ihn zu und streckte meine Hand nach ihm aus. Da fuhr er herum und schlug sie zur Seite.

«Fass mich nicht an!»,zischte er und schleuderte mir einen hasserfüllten Blick entgegen. Da reichte es mir. Ich riss ihm die Tücher aus der Hand,schmiss sie in den Papierkorb und packte ihn unsanft an der Schulter.

«Hör zu,ich hab keine Ahnung,was hier abgeht aber ich lass dich hier nicht so zurück! Du blutest und das ziemlich heftig. Jemand muss sich darum kümmern. Und du kannst froh sein,dass ich überhaupt noch hier bin,nachdem du mir mit deiner Scherbe den Hals aufschneiden wolltest!» Ich wusste,dass ich nicht besonders freundlich klang,aber so wie er aussah,kapierte er es wohl nicht anders. Jonas starrte mich immer noch an. Seine Augen loderten. Ich trat einen Schritt zurück. Er entspannte sich ein wenig. Halbherzig versuchte er noch einmal,die Blutung mit weiteren Tüchern zu stoppen. Wieder vergeblich. Das Blut lief ungehindert aus der Wunde und tropfte auf den Boden. Jonas´Gesicht war mittlerweile ungesund blass geworden und er schwankte. Er probierte noch,sich zu halten,aber er rutschte an der Wand hinunter auf den Boden. Langsam bekam ich Panik. Aber es half nichts,wenn ich durchdrehte. Also versuchte ich ruhig zu bleiben. Ich kniete mich vor ihm hin.

Sanft griff ich nach seiner Hand. «Lass mich dir helfen.» Jonas schaute mich müde an. Schließlich schien er einzusehen,dass sein Widerstand hier keinen Sinn mehr hatte. Ergeben hielt er mir seinen Arm hin. Ich seufzte erleichtert. Dann sah ich zur Tür. Draußen hing direkt neben dem Raum ein Erste-Hilfe-Kasten.

«Halt den Arm hoch. Ich bin gleich wieder da»,sagte ich,sprang auf und lief auf den Flur hinaus. Die ganze Schule war leergefegt. Zum Glück. So musste ich keine blöden Fragen beantworten. Ich riss den grünen Kasten an der Wand auf und fischte Verbände,eine Schere und Desinfektionsmittel heraus. Als ich wieder bei Jonas ankam,waren seine Augen geschlossen und er zitterte. Als ich ihn ansprach,reagierte er verzögert.

«Rede mit mir. Erzähl mir irgendwas. Egal was»,sagte ich,während ich hastig die Verbände auspackte. Er murmelte irgendetwas von Strand,Meer,Surfen und Zeichnen,während ich eine Druckkompresse auf die Wunde legte und sie mit den Verbänden straff umwickelte. Hoffentlich hatte ich mich nicht zu lange zurückgehalten. Nach meinen geringen sportlichen Medizinkenntnissen und meinem Erste Hilfe Kurs musste die Wunde nicht genäht werden, aber ich hatte ja keine Ahnung, wie lange er schon hier gesessen hatte, bevor ich gekommen war. Seine plötzliche Bewusstseinseintrübung machte mir Sorgen. Vielleicht lag es an seinem mentalen Zustand, der anscheinend alles andere als gut war oder er hatte zu viel Blut verloren. Sollte ich einen Lehrer holen? Ich kam mir dumm vor, dass ich mir diese Frage erst jetzt stellte, aber mein Adrenalin war dermaßen hochgeschossen seit ich hier war, dass ich nicht mehr wirklich rational nachgedacht hatte. Andererseits wusste ich nicht,wen ich am besten holen sollte. Unsere Lehrer waren allesamt ziemliche Nieten. Wegen des Mobbings hatte ich mich sogar schon getraut,zu unserem Direktor zu gehen,der mich mehr oder weniger ausgelacht hatte. Der Rest der Lehrerschaft war nicht wirklich besser. Aus diesem Grund war es auch so,dass ich meinte,dass nicht er unsere Schule im Griff hatte,sondern die Gewalt. Also entschied ich mich dagegen. Ich wollte schauen,ob ich es allein hinbekam. Wenn es Jonas schlechter ging,würde ich einen Rettungswagen rufen. Ich rüttelte ihn an der Schulter und sagte seinen Namen. Er schien langsam wieder klarer zu werden. Sein Gesicht hatte wieder Farbe bekommen und er sah wacher aus. Ein Gefühl der Erleichterung machte sich in mir breit. Jonas sah sich etwas benommen um und setzte sich gerader hin. Dann schaute er erst auf seinen Arm,dann zu mir.

«Oh,man!»,rief ich und stieß ein leicht verzweifeltes Lachen aus.

«Ich bin schon ganz schön ins Schwitzen gekommen.»

«Ich kann Blut nicht so gut sehen»,murmelte er und strich mit der rechten Hand über den Verband,durch den bis jetzt zum Glück noch nichts durchgesickert war. Für mich klang es nach einer Ausrede,doch ich sparte mir einen Kommentar. Ich setzte mich neben ihn. Mir fiel jetzt erst auf,wie gut er aussah. Seine Haare in Kombination mit seinen tiefblauen Augen und seiner baiserfarbenen Haut ergaben einen wirklich gut aussehenden Jungen,der bestimmt noch besser aussah,wenn er nicht blutend und verheult in einer Ecke saß.

Wieder herrschte tiefes Schweigen. Mir fiel nichts passendes ein,was ich sagen konnte. Ich warf ihm immer mal wieder einen unsicheren Seitenblick zu,während er in Gedanken versunken einen der zersprungenen Spiegel betrachtete. Nach weiteren 15 Minuten brach ich mein Schweigen.

«Wieso hast du das getan? Was ist los mit dir?»,fragte ich und drehte mich so,dass ich ihn gerade anschauen konnte. Erst ignorierte er mich. Dann atmete er zitternd aus und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.

Während er nervös an seinem T-Shirt herumfummelte,begann er leise zu sprechen. «Eigentlich müsstest du mich am besten verstehen und trotzdem fragst du mich,was mit mir los ist.»

Ich neigte den Kopf und zog verwirrt eine Augenbraue hoch.

«Was?»

Er lehnte sich nach vorn. «Ich meine...Luca. Und...seine Freunde.» Seine Stimme bekam einen angstvollen Unterton,als er anfing über Luca zu sprechen. Dann hob er die Hand und streckte einen Finger aus. Er zeigte mitten in mein Gesicht. Unwillkürlich fuhr ich mir mit der Hand über die Nase und zuckte dabei vor Schmerz zusammen.

Ich begriff langsam. «Luca hat es genauso auf dich abgesehen.»

Jonas nickte. «Er...macht mich schon lange fertig.

Irgendwann...hab ich es nicht mehr ausgehalten. Ich war so traurig,wütend und...verzweifelt. Ich wusste nicht, wohin damit. Heute hat mich ausnahmsweise mal einer seiner Freunde abgefangen. Ich war heute morgen eh schon total fertig,meinem Bruder...geht es nicht so gut. Er ist schon lange herzkrank. Letzte Nacht war er bei uns,wir wollten einen Filmabend machen. Das machen wir öfters mal,manchmal bin ich auch bei ihm in seiner Studenten-WG. Heute morgen...ging es ihm plötzlich sehr schlecht,die Notfallmedikamente haben nicht gewirkt und ich musste den Rettungsdienst rufen. Und meine Mutter...war mal wieder auf Kneipentour. Ich durfte nicht mit ins Krankenhaus,die wollten ihn dort sofort auf die Intensivstation legen. Immer muss ich Angst haben,dass er stirbt... Als ich hier ankam,war ich völlig fertig. Ich hab mich hier eingeschlossen und bin komplett zusammengebrochen. Ich...» Er machte eine Pause. «Ich hab mit der Hand in den Spiegel geschlagen, die Scherbe genommen und hab...einfach drauf los geschnitten.»

Ich war einfach ruhig und hörte zu. Alles sprudelte aus ihm heraus. Jonas war gerade dabei,sich zu öffnen und erzählte mir Dinge,furchtbare Dinge,die er wahrscheinlich noch nie jemandem erzählt hatte. Er erzählte mir von seinem herzkranken großen Bruder Yannick,von seiner alkoholsüchtigen Mutter und dem plötzlichen Tod seines Vaters vor drei Jahren. Während er sprach und alles rausließ,was sich anscheinend schon seit Langem anstaute,wischte er sich immer wieder Tränen weg. Auch ich spürte, wie meine Augen anfingen zu brennen. Wenn ich nämlich so nachdachte,war Luca mein einziges richtiges Problem. Ich hatte eine gesunde,glückliche Familie. Meine Mutter,meinen Vater und meine Schwester. Aber Jonas...hatte keinen sicheren Ort. Nichts,an dem er sich festhalten konnte. Nur sein Bruder war eine kleine Stütze,der sich bemühte,immer für ihn da zu sein. Aber er war nun mal krank und keiner wusste,ob er die aktuell kritische Phase überstehen würde. Auch wenn die Ärzte zuversichtlich waren.

Irgendwann,ich hatte schon jegliches Zeitgefühl verloren,versiegte Jonas Redefluss langsam und er saß einfach nur noch da. So,wie er dasaß und so,wie ich ihn ansah,kehrte sich sein Inneres nach außen. Jetzt schien durch,wie krank er eigentlich selber war. Wie...verletzlich. In dem Moment war es so,als wäre sie ihm auf den Körper tätowiert. Depression. Ich dachte nach und versuchte,behutsame Worte zu finden. Ich war nicht sonderlich gut in so was. Mir lag eher die direkte Art,ohne Versuche,beschönigende Worte zu finden. Deswegen beschloss ich,dass es das Beste war,einfach ich selbst zu sein.

«Dieser ganze Terror...der Terror Zuhause und hier...der hat dich krank gemacht. Und dann...hast du schon häufiger zur Scherbe gegriffen oder...zum Messer?»

Jonas vergrub das Gesicht in den Händen. «Ich schäme mich so sehr dafür. Dass ich...so schwach bin. Ich meine...» Er atmete aus. Dann sah er mich verzweifelt an. «Du! Du bist genauso ein Opfer von Luca wie ich und erlebst den gleichen Terror wie ich. Und trotzdem wirkst du immer so...stark. Als wärst du resistent gegen dieses Arschloch und seine Attacken!»

Ich hörte ihm sprachlos zu. So wirkte ich auf andere? Resistent? Stark? Das war das glatte Gegenteil von meiner Wahrnehmung.

«Da liegst du vollkommen falsch»,sagte ich und lehnte mich etwas zurück. Er war ehrlich zu mir,also wollte ich auch ehrlich zu ihm sein. «Erst vorhin habe ich in der Buchausgabe gesessen und mir die Augen aus geheult. Und glaub mir,mich nimmt das alles genauso mit wie dich. Ich habe dazu noch im Gegensatz zu dir ein stabiles Umfeld Zuhause,was wahrscheinlich dafür gesorgt hat,dass ich noch in kein Loch gefallen bin. Du hast so was nicht. Und Depressionen bedeuten keine Schwäche. Man kann da was tun. Du brauchst dringend Hilfe, okay?»

Ich sah ihn bittend an. Jonas schien nachdenklich geworden zu sein.

Skeptisch sah er mich an. «Ehrlich?»,fragte er und ich spürte,wie viel ihm an meiner Meinung lag,obwohl er wahrscheinlich nicht mal meinen Namen kannte. Worte reichten nicht,das merkte ich. Also nahm ich seine Hand und drückte sie.

«Ehrlich. Ich lüge nicht.»

Und das meinte ich genau so. Ein kleines Lächeln stahl sich auf Jonas´ Gesicht. Er schien mir zu glauben. Ich lächelte zurück. Auch wenn ich ihn ja jetzt echt nicht lang kannte,mochte ich ihn sehr gern. Ich fühlte mich irgendwie mit ihm...verbunden. Ich merkte,dass sich hinter Jonas´ Fassade und auch hinter seiner Depression ein toller Junge verbarg,den nur noch niemand gesehen hatte. Und ich glaubte,ich könnte die Erste sein,die ihn sah.

Jonas wischte sich die restlichen Tränen weg. «Wie heißt du eigentlich?»,fragte er und das Lächeln malte kleine Lachfalten und Grübchen. Das wies darauf hin,dass er eigentlich ein fröhlicher Junge war. Ich konnte es nur erwidern.

«Louisa. Aber meine Freunde nennen mich Lou.»

Das Lächeln wurde zum Grinsen. «Jonas. Danke für deine Hilfe,Lou.»

Mein Herz hüpfte, als ich meinen Spitznamen hörte. Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Wir saßen da und lachten uns einfach nur an. Plötzlich hörte ich die Schulklingel und fuhr zusammen. Scheiße! Waren schon zwei Stunden um? Ich presste die Lider zusammen. Meine Kunstlehrerin,dessen Doppelstunde ich soeben verpasst hatte,würde nicht sonderlich erfreut sein,wenn ich nächste Stunde keine Erklärung für mein Fehlen hatte. Und das mit Jonas konnte ich ihr ja schlecht erzählen. Auch er wurde blass,als er die Klingel hörte. Panisch sah er mich an. «Wir müssen hier weg! Wenn Luca uns hier sieht...»

Ich nickte. Er hatte Recht.

«Ich weiß wohin»,sagte ich. «Komm.»

Ich zog ihn hoch und lief mit ihm hinaus auf den Gang. Draußen wimmelte es bereits von Schülern,die kreischend und lachend auf den Hof oder in die Pausennische liefen. Ich wollte zurück in die Buchausgabe. In der Pause kam bestimmt niemand dort rein. Die Reinigungskräfte kamen erst ab 2 Uhr und holten die Putzsachen dort ab. Da der Raum selten genutzt wurde,konnte man alles Mögliche dort lagern. Als ich mich mit Jonas gerade durch eine große Schülertraube durchgedrängelt hatte,stieß ich mit voller Wucht gegen jemanden.

«Hey!»,kreischte das Mädchen,das ich gerammt hatte und bückte sich,um ihr Handy aufzuheben, welches auf dem Boden gelandet war. Ich war so abgelenkt,dass ich meine Schwester erst auf den zweiten Blick erkannte. «Ellie!»,hauchte ich überrascht.

«Lou»,sagte sie ebenfalls und strich sich ihre blonden Strähnen weg. Ihre Frisur hatte sich halb aufgelöst und ihre Haare standen in alle Richtungen ab. Sie packte ihr Handy wieder in ihre Tasche und blickte dann verwundert hinter mich.

«Hast du einen Verehrer?»,fragte sie grinsend.

«Blöde Kuh»,antwortete ich trocken und knuffte sie scherzhaft in den Arm. So redeten meine Schwester und ich,wenn wir allein waren und sie nicht von ihren Freunden belagert wurde. Sie konnte einfach nicht über ihren Schatten springen,wenn sie da waren. Meistens ignorierte sie mich dann einfach.

«Frag jetzt bitte nicht,ich erzähl dir alles nachher»,flüsterte ich ihr bittend ins Ohr,packte Jonas am Arm und zog ihn weiter. Ellie schaute mir verwirrt hinterher,zuckte dann mit den Schultern und lief in Richtung einer Pausennische. Wir rannten in den Buchraum und knallten die Tür zu. Zum Glück war der Gang,in dem der Raum lag,schon leer gewesen. Jonas und ich ließen uns an der Tür auf den Boden sinken und lachten. Es war ein fröhliches aber auch irgendwie ein trauriges Lachen darüber,was wir gerade taten. Wir liefen vor einem Typen aus unserer Schule davon. Als wir uns wieder etwas beruhigt hatten,sah ich zu Jonas hinüber.

«Das machen wir jetzt jede Pause so. Dann brauchen wir diesen elenden Spießrutenlauf nicht mehr mitmachen.»

Jonas nickte. Er war anscheinend wirklich wieder komplett klar und hatte sich im Griff. Es war also der richtige Moment für eine Frage. Ich beugte mich zu ihm hin.

«Ähm...was ich dich fragen wollte...» Ich machte eine unsichere Pause und wartete auf seine volle Aufmerksamkeit. «Was war das vorhin? Du warst absolut weggetreten. Und davor hast du mir eine Scherbe an den Hals gehalten. Was...was war da mit dir? Und was soll ich machen, wenn das nochmal passiert?»

Jonas Hände begannen wieder unruhig zu zittern und die Frage tat mir schon wieder leid, als er mir antwortete: «Ich bin halt ausgerastet. Ich war wirklich total fertig und so wütend,dass ich gar nichts mehr gespürt habe. Ich bekomme gar nicht mehr mit,was ich tue. Es...es tut mir leid. Ich wollte dir nicht wehtun.»

Das bestätigte meinen Verdacht. Er war nicht Herr seiner Sinne gewesen.

«Schon okay. Ich wollte es nur wissen»,sagte ich.

Jonas lehnte seinen Kopf gegen die Wand. «Du bist wirklich ein ungewöhnliches Mädchen. Ich hab noch nie jemanden getroffen,der so ist wie du.»

Ich merkte,dass ich rot wurde. «Äh..danke,du bist auch...ungewöhnlich.»

Er lachte. «Steht dir übrigens,der Fleck auf deiner Nase. So mit deinen Haaren...»

Da musste ich so sehr lachen,dass ich fast keine Luft mehr bekam. So saßen wir bis zum Ende der Pause da,lachten und erzählten uns alles mögliche,bis es klingelte und wir uns vor der Tür verabschiedeten. Jonas war noch zu seinem Spind gelaufen,um sich einen Pulli überzuziehen,damit keiner den Verband an seinem Arm bemerkte. Er hatte mir versprochen,mit seinem Bruder zu reden und sich Hilfe zu suchen. Während ich die Treppe hoch lief spürte ich eine gewisse Fröhlichkeit. Ich hatte wirklich das Gefühl,dass Jonas und ich gute Freunde werden könnten. Und wenn wir zusammenhielten,wurde Luca wieder ein Stückchen kleiner. Jetzt stand Deutsch auf dem Programm. Ein Kurs,den ich mit Luca zusammen hatte. Normalerweise betrat ich den Raum immer mit Herzrasen und Schweißausbrüchen, aber heute nicht. Heute betrat ich den Raum mit einem breiten Grinsen. Ich ließ meine Sachen auf meinen Platz in der letzten Reihe fallen und setzte mich für die letzten paar Minuten vor der Stunde im Schneidersitz auf den Tisch. Ein paar meiner Mitschüler,vor allem Luca,glotzten mich an,als wäre ich ein Alien,aber heute war mir das egal. Ich hatte einen Freund gefunden. Zum ersten Mal seit Jahren hatte ich jemanden,mit dem ich etwas teilen konnte. Jemand,der nicht meine Schwester war. Und dieses Glücksgefühl konnte mir niemand nehmen.

«LOU!» Ich schreckte abermals hoch. Meine Gedanken waren wieder abgeschweift. Ellie stieß ein wütendes Schnauben aus und knallte ihren Block auf den Tisch. Dann stand sie auf,lief einmal um den Tisch herum,nahm meinen Block,auf dessen oberster Seite ich ein paar unordentliche Notizen gemacht hatte und schmiss ihn mir samt Füller auf den Schoß.

«Hey,ist ja gut,es tut mir leid! Ich pass jetzt auf,versprochen!»

Ellie knurrte genervt. «Die Doku ist gleich vorbei und Frau Schönberger sammelt morgen die Partnerarbeiten ein, wie du weißt.»

Ich stöhnte frustriert. Ellie und ich arbeiteten seit ein paar Tagen an einem Projekt für Psychologie. Es ging um psychische Erkrankungen in der Gesellschaft. Dafür hatten wir nach einer Sendung im Fernsehen gesucht und diese Talkshow gefunden. Ich rieb mir über die Augen. Selten hatte ich mich so ausgelaugt gefühlt. Nach der Schule war ich beim Training gewesen und Bastian hatte mich heute wirklich fertig gemacht. Bastian,mein Trainer,wollte mich nämlich unbedingt zum nächsten Wettkampf mitnehmen und nahm mich deswegen seit ein paar Wochen ziemlich hart ran. Zudem hatte ich unglaubliche Rückenschmerzen. Janina und ich hatten heute beim Judo gegeneinander gekämpft und als ich eine Sekunde unachtsam gewesen war,hatte ich von ihr einen heftigen Tritt in den Rücken kassiert. Bastian ließ mich momentan öfter mit Janina üben,da sie schon 20 war und so natürlich mehr Erfahrung hatte als ich. Er wollte mich abhärten. Träge bemühte ich mich um eine aufrechte Position im Sessel und sah meine Schwester müde an.

«Du hast ja recht. Ich bin nur so fertig. Gib mir die Notizen,ich schreibe den Rest in einen Text um. Ich kann morgen auch noch Jonas fragen. Vielleicht kann er ja noch was Sinnvolles beitragen.»

Ellie nickte,ging zu ihrem Platz zurück und warf mir ihren Block zu. «Dass Jonas was dazu beitragen kann,glaub ich sofort»,murmelte sie.

Ich ließ den Block auf meinen Schoß fallen. Die ganze Zeit hatte ich über Jonas nachgedacht. Vielleicht lag das daran,dass er momentan wieder eine depressive Episode hatte und sehr gereizt war. Es lagen ein paar harte Monate hinter ihm. Sein Bruder war vor einem Monat wieder am Herz operiert worden und ein paar Mal im Krankenhaus gewesen. Auch jetzt gerade war er wieder dort. Es war ihm eine ganze Zeit lang sehr gut gegangen und jetzt war es mit einem Schlag wieder bergab gegangen. Das war mit dieser Erkrankung,dessen komplizierter Name mir wieder entfallen war,häufiger so. Seine Mutter war seit zwei Monaten in einer Entzugsklinik. Sie hatte eingesehen,dass sie ein schweres Problem hatte und sie etwas tun musste,um für ihre Söhne da sein zu können. Auch,um ihr eigenes Leben zu retten. Die Wohnung hatte sie gekündigt. Wenn sie aus der Klinik kam, wollte sie dort um keinen Preis mehr wohnen. Dort waren zu viele

Erinnerungen,zu viele negative Erinnerungen. Jonas wohnte in der WG von Yannick,wo er in seinem Zimmer wohnte,während er im Krankenhaus war. Er hatte die Jugendamtsmitarbeiterin,die sich um ihn kümmerte angefleht, vorübergehend dort bleiben zu dürfen. Die hatte sich irgendwann dazu bereiterklärt.

Wahrscheinlich dachte sie,dass es besser für Jonas seelisches Gleichgewicht war. Jede Woche kam sie und auch sein Therapeut vorbei. Ab und zu schlief er auch mal bei mir. Das schien das Jugendamt zufrieden zu stellen. Yannick war ja auch noch für ihn da,wenn er Zuhause war und es ihm gut ging. Er war der Einzige,den Jonas momentan aus seiner Familie hatte.

Normalerweise unternahmen wir auch immer etwas zusammen,Yannick war auch schon häufiger dabei gewesen. Er war echt ein super Kerl und es tat mir einfach nur leid,was er seit so langer Zeit schon durchmachte. Momentan bestand Jonas´ Alltag aus Krankenhausbesuchen,Besuchen in der Entzugsklinik und Therapiesitzungen. Das war okay für mich. Zu Freundschaft gehörte schließlich auch ein gewisses Verständnis. Ich blickte zum Fernseher hinüber. Der Moderator schüttelte gerade die Hand des Professors und der Abspann begann über den unteren Bildschirmrand zu laufen. Seufzend griff ich nach der Fernbedienung und würgte die Musik,die ihn begleitete,ab. Dann ließ ich mich in den Sessel zurückfallen.

«Wann kommt eigentlich Papa?»,fragte ich und griff nach meinem Wasserglas,welches auf dem Couchtisch stand.

«Keine Ahnung. Er interviewt heute irgendwen auf einer Abendgala im Rathaus»,antwortete sie und nestelte an ihrem Armband herum. Es war ein Geburtstagsgeschenk von ihrer russischen Austauschschülerin Natalia gewesen. Mir hatte sie auch eine Kleinigkeit geschickt,russische Süßigkeiten aus Moskau. Die beiden hatten sich gut verstanden und sie schrieben sich viel. Ellie lernte extra Russisch,damit sie im Winter zu ihr reisen konnte. Es war immer gut,die Nationalsprache zu können,wenn man in ein anderes Land reiste. Natalia hatte auch ein paar Sätze Deutsch gelernt,bevor sie hierher gekommen war. Ellies vorige Austauschschülerin war blöd gewesen. Abby aus Amerika. Aber Natalia war ein richtiger Sonnenschein gewesen,die sich total interessiert an allem gezeigt hatte und die auch zu mir nett gewesen war. Ich hatte sie immer etwas beneidet,da sie eine richtige Weltschönheit war mit ihren langen schwarzen Haaren,ihrer blassen Haut und ihrer ungewöhnlichen blaugrünen Augenfarbe. Beim Gedanken an sie musste ich lächeln.

«Was ist mit dir?»,fragte mich plötzlich Ellie und ich merkte,wie verträumt und blöd grinsend ich dagesessen hatte. Ich warf meiner Schwester einen Blick zu und sie fing ihn mit einem genauso blöden Grinsen im Gesicht auf.

«Nichts»,antwortete ich mit einem leicht süffisanten Unterton und stand auf. «Darf ich keine gute Laune haben?»

«Vorhin sahst du noch nicht so nach guter Laune aus»,kommentierte Ellie,die ebenfalls aufgestanden war.

«Da ging es ja auch noch um die Schule.»

Sie stieß mir ihren Ellbogen in die Seite.

«Au!»,schrie ich,griff mir ein Kissen vom Sofa und warf es nach ihr. Kreischend hob sie die Arme vors Gesicht,fing das Kissen auf und warf es zurück. So entstand eine kleine Kissenschlacht,wie wir sie schon seit Jahren nicht mehr gemacht hatten. Früher hatten wir immer mit Papa im Wohnzimmer getobt und gespielt und uns mit Kissen beworfen. Aber dann hatte er zum Journalismus umgeschult,da er mit seinem Theologiebuch kein Geld verdient hatte. Mama konnte uns damals auch noch nicht ernähren,aber sie war in den letzten Jahren in ihrer Firma rasant aufgestiegen und seit ungefähr fünf Jahren ständig weg. Jetzt verdiente sie so viel,dass sie uns alleine unterhalten könnte,aber Papa hatte mittlerweile Gefallen an seinem Beruf gefunden und wollte weiter in seiner Redaktion arbeiten. Wenn wir Glück hatten,sahen wir Mama alle drei Wochen,wenn sie sehr viel zu tun hatte,konnten es Monate werden. Wir alle vermissten sie und freuten uns immer,wenn wir sie sahen. Zwischendurch telefonierten wir und sie schrieb uns viele Nachrichten. In zwei Wochen kam sie aus Dubai zurück und sie hatte uns versprochen,diesmal länger Zuhause zu bleiben. Ich war mir nicht sicher,ob sie ihr Versprechen halten würde,da sie schon häufig Dinge versprochen hatte,die sie dann nicht hielt. So war es auch gekommen,dass Ellie und ich an unserem zwölften Geburtstag vor der Haustür gesessen und auf sie gewartet hatten. Sie war zu diesem Zeitpunkt geschäftlich in Tokio gewesen,hatte aber geschworen,dass sie an unserem Geburtstag Zuhause sein würde. Um 14 Uhr Mittags sollte sie hier sein. Ellie und ich hatten bis 19 Uhr gewartet. Dann waren wir weinend ins Haus gegangen. Papa hatte uns getröstet und alle möglichen Erklärungen für Mama erfunden,bis sie uns am nächsten Tag selbst angerufen und sich entschuldigt hatte. Ein dringender Termin war dazwischen gekommen. Wie so oft. Deshalb war ich gespannt,wie es dieses Mal werden würde.

Nach einer Weile beendeten wir unsere Kissenschlacht. Hustend und nach Luft schnappend tauchten wir aus dem Kissenberg auf,der sich auf dem Boden gebildet hatte. Unsere Haare standen in alle Richtungen vom Kopf ab und wir suchten verzweifelt nach unseren Haargummis,die irgendwo in dem Chaos sein mussten.

Als wir sie wiedergefunden und alles wieder aufgeräumt hatten,sah ich auf die Uhr neben der Wohnzimmertür. «Lass uns mal gehen und schauen,was Papa heute in den Kalender geschrieben hat.»

Mit dem Familienkalender organisierten wir alle unseren Alltag. Er hatte vier Spalten und jeder von uns nutzte eine. Heute wussten wir zwar,dass Papa bei einer Abendgala war,aber er hinterließ häufig Zettel wegen Uhrzeiten oder ungeplanten nächtlichen Events,wenn er wegging. In der Küche fiel mir auch direkt der Zettel auf dem Tisch auf.

«Hallo,meine Schätze! Ich muss heute Abend nochmal weg,ein paar Interviews führen. Kann sehr spät werden. Vielleicht muss ich auch im Hotel übernachten,da ich am anderen Ende der Stadt bin und so spät nicht mehr fahren kann. Wartet also nicht mit dem Essen auf mich. Ich hab heute Mittag eingekauft,ihr könnt euch Spaghetti machen. Hab euch lieb! Papa»

«Spaghetti also»,sagte Ellie und verdrehte die Augen,während sie den Schrank ausräumte. Da Papa momentan häufig nachts in Hamburg unterwegs war und wir aktuell wegen seiner niedrigen Lesequote auf Sparkurs lebten,gab es häufiger mal Spaghetti. Mamas Gehalt war für die Renovierung unseres Bades drauf gegangen. Deswegen stürzte Papa sich jetzt auch auf jede potentielle Story,damit seine Artikel wieder mehr gelesen wurden. Es tat mir leid,wie er sich zu Tode schuftete und immer dürrer und dürrer wurde. Es schien,als er hätte er kaum noch Zeit zum schlafen oder essen. An manchen Tagen sah er furchtbar schlecht aus und an anderen Tagen sprühte er vor Energie. Es kam halt immer auf seinen Terminkalender an.

«Beschwere dich mal nicht»,sagte ich deswegen und fing an,den Tisch zu decken. Ellie stellte einen Topf auf den Herd,kippte die Nudeln ins Wasser und ließ das Kochfeld heiß werden. Nach dem Essen spülten wir noch gemeinsam ab und verzogen uns danach auf unsere Zimmer. Es war schon 22 Uhr und ich wollte mich am liebsten im Bett verkriechen,aber da war ja noch das Projekt. Ich stöhnte,kehrte den Kleiderstapel von meinem Stuhl und lief noch einmal nach unten,um meine Notizen zu holen. Als ich meinen Schreibtisch einigermaßen freigeräumt und den größten Staub weggewischt hatte,machte ich mich an die Arbeit und versuchte,alles in einen einigermaßen vernünftigen Text zu bringen. Ich hatte es nicht so mit der Ordnung,das war eher Ellies Part. Mein Zimmer war ein Chaos aus Klamotten,leeren Kartons,Staub und sich stapelnden Büchern,die keinen Platz mehr in meinem Regal hatten. Ich war halt ein unordentlicher Typ und es waren ja meistens keine Eltern da,die mich zum Aufräumen zwingen konnten.

Der Text kam mir nur zäh von der Hand. Ich saß bis halb 1 da und schrieb,bis ich endlich fertig war und meine Schulsachen für morgen einpackte. Dann ging ich ins Bad,putzte mir schnell die Zähne,warf mir mein mit Flecken übersätes schlabbriges T-Shirt und meine Jogginghose über und ließ mich ins Bett fallen. Schnell war ich eingeschlafen und ließ mich sorglos von meinen Träumen davontragen. Da hatte ich noch keine Ahnung,was mich am nächsten Tag erwartete.

Kapitel 2

Ellie

Hamburg, 16.Februar 2015

Ich saß in der Küche und löffelte meine Cornflakes in mich hinein. Es war 6 Uhr am Morgen und ich fühlte mich wie ein Zombie. Aufstehen fiel mir immer unglaublich schwer und ich brauchte immer erst einmal einen Kaffee, um einigermaßen wach zu werden. Auf den wartete ich gerade noch. Ich hörte dem Rauschen der Kaffeemaschine zu und stöhnte genervt. Wo blieb Lou? Unsere Schule war nicht gerade um die Ecke und wir mussten jeden Morgen eine halbe Stunde mit dem Bus fahren. Das war extrem unpraktisch,wenn man eine Schwester hatte,die noch schlechter aus dem Bett kam als man selbst. Verzweifelt blickte ich auf den leeren Teller mir gegenüber,den ich extra für Lou raus gestellt hatte. Schließlich war es viertel nach 6,ich hatte aufgegessen,den Kaffee ausgetrunken und alles in die Spülmaschine geräumt. Meine Schwester ließ sich immer noch nicht blicken und ich geriet langsam aber sicher in Stress. Ich stapfte raus aus der Küche in den Flur und die Treppe hoch. Wenn sie es nicht hinbekam selbst aufzustehen,dann würde ich sie halt aus dem Bett zerren. Lou war eine richtige Langschläferin und sehr motzig,wenn sie früh raus musste. Wer sie morgens weckte,konnte sich vorher erst einmal ein Grab schaufeln. Aber ich hatte keine Lust,jeden Morgen auf sie zu warten und am Ende ohne sie fahren zu müssen,nur weil sie so chaotisch war. Das konnte ich dann nämlich schön unserem Vater erklären. Lou war zwar meine Zwillingsschwester, aber manchmal kam es mir so vor,als wäre ich mindestens fünf Jahre älter und für sie verantwortlich. Ich hämmerte an ihre Zimmertür.

«Oh man,ja mein Gott!»,hörte ich Lous genervte Stimme von drinnen,bevor sie die Tür aufriss und in ihren ranzigen Schlafklamotten vor mir stand.

Ich tippte auf mein Handgelenk. «Ähm...du weißt schon wie spät es ist?»

Lou verdrehte die Augen. «Ich bin gleich fertig okay?»

Nach dieser Antwort war die Tür wieder zu. Hilflos hob ich die Hände und ging wieder runter. Während ich wartete und vor Nervosität immer heftiger mit den Fingern auf die Küchenzeile trommelte fiel mir wieder unsere Partnerarbeit ein. Hoffentlich hatte Lou es diesmal ordentlich gemacht. Normalerweise arbeitete sie eher schlampig. In dem Moment ärgerte ich mich über mich selbst. Manchmal merkte ich nicht wie oft und wie viel ich an meiner Schwester herumkritisierte. Das war eine meiner Macken. Im Gegensatz zu Lou war ich sehr perfektionistisch und alles musste bei mir seine Ordnung haben. Auch in meinem Zimmer hatte alles seinen Platz. Deshalb passte mir das meiste ihres Verhaltens überhaupt nicht. Als es 7 Uhr war und ich gerade noch einmal hysterisch die Treppe hoch kreischen wollte,kam sie endlich. Wie immer im ausgeleierten Pulli mit mindestens einem Fleck drauf,ausgefranste Jeans und die vorderen Strähnen zu einem Knoten zusammengebunden. Die gleiche Frisur wie ich sie mir auch immer machte.

«Zum Essen hast du aber jetzt keine Zeit mehr»,kommentierte ich, als sie zum Schrank lief und sich ein Brötchen nahm.

«Kann ich doch unterwegs essen»,nuschelte sie, während sie kraftvoll hinein biss.

Ich grinste. Das war meine Schwester im Originalton. Ich griff meinen Rucksack,der schon fertig gepackt neben der Haustür auf mich wartete und schloss auf. Papa war gestern nicht mehr nach Hause gekommen. Aber er hatte eine SMS geschrieben,in der stand,dass er am Nachmittag kommen würde. Ich ließ die Tür zufallen,schloss wieder ab und zerrte Lou,die immer noch ihr Brot aß, hinter mir her zur Bushaltestelle. Wir erwischten gerade noch so den Bus,der schon an der Haltestelle stand. Als wir endlich drin waren,ließ ich meine Schwester genervt zurück und schlängelte mich durch die Masse von Schülern nach hinten,wo ich eine meiner Freundinnen,Stella,entdeckt hatte. Schnell kamen auch noch Marvin,Leon,Marie und Lenja dazu und während ich zwischen ihnen saß und quatschte,plagte mich wieder einmal mein schlechtes Gewissen. Lou...Immer hatte ich das Gefühl, sie im Stich zu lassen,obwohl sie mir schon oft versichert hatte,dass sie gut allein klar kam und meine Hilfe nicht brauchte. Außerdem hätte sie ja noch Jonas. Und ja,es beruhigte mich,dass sie nach so langer Zeit endlich einen Freund gefunden hatte, aber ich schämte mich dafür, sie so im Stich gelassen zu haben. Ich hatte einfach Angst. Angst,dass ich mich zwischen meinen Freunden und meiner Schwester entscheiden musste. Angst davor,alleine zu sein. So zu enden wie...Lou. Alle in der Schule liebten mich. Wenn Valentinstag in der Schule war,bekam ich immer mindestens eine Rose. Anonym,versteht sich,denn keiner traute sich,eines der beliebtesten Mädchen der Schule nach einer Verabredung zu fragen. Mir war klar wie arrogant das klang. Ich war auch froh darüber,dass ich an der Schule so gut ankam,obwohl ich keine Ahnung hatte,weshalb das so war. Aber auch wenn ich nach außen hin total cool und witzig rüberkam,war ich eigentlich einfach nur ängstlich. Unsere Schule war grausam und wenn man nicht völlig der Norm entsprach,hatte man keine Chance. Ich hatte einfach das Glück,dieser Norm zu entsprechen und das konnte und wollte ich nicht gefährden. Lou verstand das und ich war ihr sehr dankbar dafür. Nicht Jeder hätte so viel Verständnis für einen Angsthasen wie mich. Sie war immer so mutig und ich? Eigentlich müsste sie die Beliebte sein aber das hatte wohl die Schwächere aus der Familie getroffen.

«Ellie? Ellie komm,wir müssen raus»,hörte ich in dem Moment Marie,die mich mit dem Ellbogen anstieß. Da wurde ich aus meinen Gedanken zurück in die Realität geschleudert.

«Ja,klar»,murmelte ich und verließ mit meinen Freunden den Bus. Im Träumen und Gedankenkreiseln waren Lou und ich wirklich echte Weltmeisterinnen. Obwohl sie da noch einmal einen Tick schlimmer war. Marie und Stella hakten sich bei mir unter und wir liefen über die Straße in Richtung Schule. Die Anderen folgten uns. Während ich mit Lenja über ihren offensichtlich neuen und sündhaft teuren Nagellack sprach,warf ich kurz einen Blick zurück. Lou latschte langsam der Schülertraube hinterher. Sie machte sich möglichst klein und hatte den Kopf gesenkt,um sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Sie tat mir so leid. Als ich gerade um eine Ecke gezogen wurde,sah ich,dass sie an der Ampel stehen geblieben war. Sie hatte es nicht mehr bei Grün rüber geschafft. Während sie wartete,sah ich plötzlich jemanden hinter ihr auftauchen. Luca. Allein,ohne Freunde. Er baute sich hinter ihr auf. Lou schaute gerade auf ihr Handy und bemerkte ihn nicht. Mehr sah ich nicht mehr,wir waren abgebogen. Wieder spürte ich Angst in mir hoch kriechen. Ich hoffte nur,dass sie es allein schaffte. Jonas kam jeden Morgen aus einer anderen Richtung und Luca wartete immer auf seinem oder unserem Weg. Heute war wohl wieder meine Schwester dran. Schweigend ließ ich mich weiter ziehen und bog dann mit Lenja und Marie in der Schule links ab,um zu meinem Mathekurs zu gehen.

Lou

Ich schrieb eine Nachricht an Jonas. Heute Nachmittag wollte ich ihn zum Eisessen einladen,um mit ihm seine Geburtstagsparty zu planen. Er hasste Überraschungen,deshalb hatten wir uns darauf geeinigt,dass wir alles gemeinsam planten. Wir hatten schon mehrere Sachen besprochen,vieles aber direkt wieder verworfen. Entweder war es zu teuer oder organisatorisch einfach blöd. Ich hatte heute im Bus nochmal nachgeschaut und einen weniger teuren Freizeitpark gefunden,zu dem auch öfter am Tag ein Reisebus fuhr. Ich fand die Idee fantastisch und würde Jonas heute Nachmittag nach seiner Meinung fragen. Wenn er mir sein Okay gab,würde ich online Tickets bestellen. Eigentlich wollte ich heute in der Pause alles mit ihm klären,da ich heute Nachmittag wirklich mal für die Schule arbeiten musste. Schließlich wollte ich nicht sitzen bleiben. Allerdings kam er heute später,er holte seinen Bruder aus dem Krankenhaus ab. Zwei Wochen war Yannicks Anfall jetzt her,bei dem gerade nochmal alles gut gegangen war. Jonas war deshalb in letzter Zeit wieder halb verrückt gewesen vor Angst und konnte sich kaum konzentrieren. Heute wollte er sich aber gern mit mir treffen,nachdem das Schlimmste überstanden war. Yannick kam,wenn er in seiner WG war,gut allein zurecht. Ich steckte mein Handy wieder ein und wollte gerade über die Ampel gehen,die inzwischen wieder grün war,als ich einen Atem im Nacken spürte. Eine Gänsehaut kroch mir vom Rücken bis hoch zu den Schultern und ich merkte,dass ich schneller atmete. Langsam drehte ich mich um und blickte in das Gesicht von Luca. Ich zitterte. Heute war ich wohl wieder dran. Ich probierte,mich zusammenzureißen und zu beruhigen. Jetzt musste ich stark sein und ihm etwas entgegensetzen. Wenigstens heute,ein einziges Mal. Ich wappnete mich schon für eine Beleidigung oder sogar für Schläge, aber merkwürdigerweise passierte nichts. Normalerweise dauerte es keine 10 Sekunden bis er mir eine klebte. Da nahm ich mir die Zeit,ihn genauer anzuschauen. Und was ich sah,wunderte mich sehr. Es erschütterte mich fast. Luca stand hinter mir und würdigte mich keines Blickes. Er schien geradewegs durch mich durchzusehen. Sein Blick war starr und seltsam leer. Ich kniff die Augen zusammen. Eigentlich sollte ich jetzt das Weite suchen, aber das alles hier war so merkwürdig,dass ich einfach nicht weggehen konnte. Ich lief sogar einmal um ihn herum und musterte ihn von oben bis unten. Solange ich Luca kannte,hatte ich ihn noch nie so gesehen. Schon dass er allein ohne seine Freunde hier stand war komisch. Er sah furchtbar schlecht aus. Er zitterte am ganzen Körper,sein linker Arm zuckte und verkrampfte sich immer wieder und er schwitzte so stark,dass sich auf seinem T-Shirt schon Flecken abzeichneten. Dabei war es heute überhaupt nicht warm. Ich atmete einmal tief ein. Er hatte keine Fahne. Aber vielleicht hatte er Drogen genommen? So wie er aussah,lag das nahe. Und zutrauen würde ich es ihm auch. Man konnte nur erahnen,wo Luca und seine Freunde sich den ganzen Tag herumtrieben und so genau wollte ich das auch gar nicht wissen. Ich traute mich nicht, ihn anzusprechen. Ich hatte immer noch große Angst vor ihm,auch wenn er gerade gar nichts tat. Ich merkte,dass irgendwas mit ihm nicht in Ordnung war, aber ich hatte auch gar keine Lust,mich darum zu kümmern. Sein Kopf war nach unten gesackt und er starrte zu Boden. Ich bückte mich,schaute ihm ins Gesicht und erschrak. Sein Gesicht war durchzogen von dunklen,roten Adern und der hasserfüllte,wutverzerrte Blick breitete sich dort aus wie ein Parasit. Ich kannte diese hasserfüllte Fratze von Luca natürlich,ich hatte sie oft genug gesehen,aber dieser Blick war...anders. Unnatürlich. Nicht...menschlich. Angsterfüllt trat ich einen Schritt zurück. Was war nur mit ihm los? So wie er jetzt da stand, machte er mir mehr Angst als normalerweise. Plötzlich kam Bewegung in seinen Körper. Der unmenschliche Gesichtsausdruck war verschwunden und er schaute wieder einigermaßen normal. Er machte einen steifen Schritt nach vorne und sah sich mit ruckelnden Kopfbewegungen um. Alles an seinen Bewegungen war so unnatürlich und so weit weg von seinem normalen Verhalten,dass ich gar nichts sagen konnte,sondern ihm nur mit offenem Mund nachstarrte,während er mit roboterähnlichen Schritten die Straße überquerte. Die Ampel war inzwischen wieder rot geworden,aber darauf achtete er gar nicht. Ein Autofahrer bremste mit quietschenden Reifen knapp vor seinen Füßen,kurbelte das Fenster herunter und schrie Luca ein paar unfreundliche Schimpfworte zu. Dieser ignorierte ihn völlig. Es schien so,als hätte er gar nicht bemerkt,dass ihm jemand fast über die Füße gefahren war. Der Fahrer tippte sich an die Stirn,schüttelte den Kopf und fuhr weiter. In dem Moment sprang die Ampel auf Grün um und ich betrat ebenfalls die Straße. Ich musste herausfinden,was hier los war. Das alles hier war so absurd und abartig,dass es mich total neugierig machte. Wenn ich ihm jetzt folgte,fand ich vielleicht auch irgendwas über ihn heraus,was mir von Nutzen sein könnte. Dann hätte ich endlich was gegen ihn in der Hand,was ihn vielleicht dazu brachte,mich ein für alle mal in Ruhe zu lassen. Ich folgte Luca über die Straße und quer über den Schulhof. Dabei probierte ich,mich möglichst unauffällig zu verhalten. Ich schaute immer wieder auf mein Handy und lief manchmal kurz in eine andere Richtung,wenn ich einen von Lucas Freunden in der Ferne entdeckte. Luca lief währenddessen einfach weiter geradeaus,immer noch mit diesen starren merkwürdigen Bewegungen. Er ignorierte sogar seine Freunde,die ihm die Hand zum Einschlagen hoch hielten und lief einfach an ihnen vorbei. Diese schauten ihm verwirrt nach und flüsterten miteinander. Offenbar konnten sie sich auf das Verhalten auch keinen Reim machen. Da stieß Marc,Lucas bester Freund, seine Kumpels an und deutete auf mich. Ich wollte gerade schon weglaufen,sah aber,dass die anderen den Kopf schüttelten. Ohne ihren großen starken Anführer Luca waren sie ganz klein und trauten sich längst nicht mehr so viel. Ich seufzte erleichtert und reckte den Hals um zu sehen,wohin Luca verschwunden war. Schließlich entdeckte ich ihn wieder in der Masse der anderen, als er gerade durch die Tür ging. Jetzt musste ich mich beeilen. Meine erste Stunde fing bald an und ich wollte unbedingt noch sehen,was Luca jetzt machte. Seine Freunde waren den anderen inzwischen auch nach drinnen gefolgt,so konnte ich ohne Probleme hinterherkommen.

In der Schule war ein riesiges Gedränge und Durcheinander, wie jeden Morgen. Die kleinen Fünftklässler schrien laut herum,schubsten sich gegenseitig die Treppen hoch und ständig stießen Schüler zusammen,weil sie quatschten oder aufs Handy schauten. Ich hatte wieder Schwierigkeiten,Luca zu finden. Immer wieder wurde ich angerempelt und einmal fiel ich sogar hin,weil irgendein Idiot mir ein Bein gestellt hatte. Als ich mich wieder aufgerappelt hatte und mich auf die Zehenspitzen stellte um etwas zu sehen,sah ich Luca zu den Spinden abbiegen. Schnell quetschte ich mich an den anderen vorbei und probierte,den ekligen Schweißgeruch,der mir entgegenschlug zu ignorieren.

Schließlich war ich endlich durch die Menschenmasse durch und versteckte mich in der kleinen Nische bei den Spinden. Von hier aus hatte ich einen guten Blick und fiel überhaupt nicht auf. Langsam wurde es ruhiger auf den Gängen,der Unterricht begann in zwei Minuten. Mir war es gerade absolut egal ob ich zu spät kam oder nicht,ich wollte es jetzt wissen. Ich beobachtete Luca,wie er mit steifen Handbewegungen seinen Spind öffnete. Dabei brauchte er mehrere Versuche,weil seine Hände so zitterten,dass er immer wieder in der Zahlenkombination verrutschte. Schließlich schaffte er es und schob die zwei Türen auf. In unserer Schule konnte man anders als bei anderen Schulen große Spinde mieten,in denen man alles Mögliche lagern konnte. Unsere Schule hatte bei einem Wissenschaftswettbewerb Geld gewonnen und dieses in neue Spinde investiert. Viele Schüler hatten sich das gewünscht,da sie gerne Sportgeräte und solchen Kram lagern wollten. Unsere Schule orientierte sich eh gerne an den amerikanischen Highschools,da wir auch eine Partnerschule in New Jersey hatten. Ich hatte mir keinen Spind gemietet,da ich so viel Platz nicht brauchte. Zum Judo brauchte man halt nicht viel Kram und das Bisschen,was ich hatte,konnte auch Zuhause bleiben. Ich verlagerte mein Gewicht von einem Bein aufs andere und kniff die Augen zusammen. Was machte Luca denn da? Hatte er wirklich Drogen im Spind? Es war ja eigentlich kein schlechtes Versteck,dort schaute schließlich keiner nach. Ich rechnete fest damit,dass er irgendein kleines Tütchen oder irgendwelche Tabletten raus holen und vielleicht sogar noch nehmen würde. Er holte auch etwas heraus, aber etwas viel Größeres. Eine Art Koffer. Er war schwarz und länglich und hatte einen langen schwarzen Träger,den Luca sich über die Schulter hing. Es war allgemein bekannt,dass Luca Gitarre spielte. Er war sogar in einer Band,die immer mal wieder bei Veranstaltungen und Straßenfesten auftrat. Nach der Schule ging er häufig zum Unterricht,ich hatte ihn schon häufig vor der Musikschule gesehen. Das würde wohl also sein Gitarrenkoffer sein. Ich war beinahe enttäuscht. Ich hatte mich irgendwie an der kleinen Hoffnung festgeklammert,irgendetwas über Luca herauszufinden,was ihn dazu brachte,mich in Ruhe zu lassen. Es gab nur eine Sache,über die ich mich wunderte. Was wollte Luca jetzt mit seiner Gitarre? Die erste Stunde fing gleich an und da wollte er wohl kaum spielen. Während ich noch so darüber nachdachte, erklang hinter mir ohrenbetäubendes Gekreische. Ich wirbelte herum und sah eine Horde von Fünft-,Sechst-und Siebtklässlern,die alle zusammen probierten,sich durch die kleine Tür der Aula zu quetschen. Die Kleinen bei uns an der Schule waren immer so laut und überdreht,dass man eigentlich nur das Weite suchen konnte, wenn man keinen Hörsturz kriegen wollte. Ich hielt mir die Ohren zu und verzog das Gesicht. In dem Alter war ich nicht halb so laut gewesen. Genauso wenig wie Ellie oder irgendjemanden,den ich kannte. Das musste irgendwie ein Problem der neuen Generation sein. Der Strom an kleinen Kindern nahm überhaupt kein Ende,wodurch es immer lauter und lauter wurde. Plötzlich entdeckte ich mitten in diesem Durcheinander Luca. Hastig nahm ich wieder die Hände von den Ohren und sah ihm zu,wie er mit steifen ungelenken Schritten den Kindern folgte. Immer noch zitterte seine Hand,er konnte den Koffer kaum halten. Ich grübelte und grübelte über der Frage,was zum Teufel hier los war. Ich ging näher an die Glasscheibe,durch die man in die Aula sehen konnte,heran. Auf der großen Leinwand am Ende des Raumes war eine PowerPoint-Präsentation aufgerufen worden und an dem Rednerpult auf der Bühne stand Herr Kaisers,einer unserer Biolehrer und fummelte an einem Mikrofon herum. Da erinnerte ich mich wieder und schlug mir gegen die Stirn. Natürlich! Warum war mir das nicht eher eingefallen? Jedes Jahr fand eine Präsentation über Klimawandel und praktische Methoden zur Bekämpfung für die ersten drei Klassen statt. Das war schon so gewesen,als ich neu an die Schule gekommen war. Drei Jahre hintereinander hatte ich mir die öde Präsentation von Herr Kaisers angehört und drei Jahre hintereinander war ich aus der Aula gekommen,ohne irgendwas von der Präsentation mitgenommen zu haben. Unser Lehrer hatte sich aber auch nie Mühe gegeben,den Vortrag interessant zu gestalten,obwohl das Thema Klimawandel eigentlich wirklich interessant war. Das einzig Tolle an der Veranstaltung war,dass nach dem Vortrag noch Musik gespielt wurde. Das war wohl der Grund,weshalb Luca in die Aula ging. Er wurde schon öfter für Schulveranstaltungen engagiert. Wieder spürte ich diese Enttäuschung in mir. Das alles war doch harmloser,als ich gehofft hatte. Keine Drogen im Spind,nur seine Gitarre. Für den Rest seines komischen Verhaltens gab es bestimmt auch eine einfache Erklärung. Vielleicht war er gestern auf einer Party gewesen und hatte etwas viel gesoffen. Das war jedenfalls die plausibelste Erklärung für mich. Ich ließ die Hand,mit der ich mich an der Wand abgestützt hatte,sinken und drehte mich um. Frau Stein würde mir schon nicht den Kopf abreißen,wenn ich die acht Minuten jetzt zu spät bei der Sportstunde aufkreuzte. Sie war relativ locker und der Unterricht bei ihr machte manchmal sogar Spaß. Ich hob meine Sporttasche,die ich auf den Boden fallen gelassen hatte und beeilte mich nun,zur Turnhalle zu kommen.

Der Geruch nach Deo in allen möglichen Konzentrationen raubte mir fast den Atem. Ich hustete und ließ meine Sachen auf die Bank fallen. Die Umkleide war menschenleer und ich hörte dumpf die Basketbälle aufprallen. Ab und zu pfiff mal jemand und wenn ich genau hinhörte,konnte ich sogar das Sirren der Bogensehnen ausmachen. Auch da war diese Schule eine absolute Ausnahme. Wir wurden neben den üblichen Sportarten wie Basketball,Volleyball,Fußball,Badminton und so weiter auch im Bogenschießen unterrichtet. Es gab sogar eine Schulmannschaft und unsere Lehrer fuhren öfter mal zu Wettbewerben wo wir meistens gegen eine Berliner Schule antraten. Bogenschießen machte mir unwahrscheinlich Spaß. Ich konnte es zwar nicht besonders gut,aber ich bemühte mich wirklich,es so gut wie möglich zu lernen. Mir lag die Feinmotorik und die Genauigkeit,die man dazu brauchte nicht so. Sport war,wenn ich so darüber nachdachte,das einzige Fach,wo ich mich wirklich anstrengte und auch Freude dran hatte,egal,wie gut ich etwas konnte oder nicht. Auch heute freute ich mich wieder auf die Bogenschießstunde. Schnell zog ich mich um und band mir die Schuhe zu. Dann griff ich mein Handy und rannte runter.

Nachdem meine Kopfhörer vor ein paar Monaten geklaut worden waren, ließ ich nie wieder etwas Wertvolles in der Umkleide.

Unten in der Sporthalle konnte ich nur meinen Kurs sehen,der gerade die Pfeile und Bögen aus dem Schrank im Lagerraum nahm. Frau Stein,meine Sportlehrerin,baute gerade die Zielscheiben auf. Als sie mich bemerkte,kam sie mit stapfenden Schritten auf mich zu. Von wegen sie nahm es nicht so genau mit der Pünktlichkeit. Sie blieb knapp vor mir stehen und betrachtete mich böse von oben bis unten.

«Louisa Westfal. Natürlich,wer auch sonst»,schnaubte sie und griff nach ihrem Notizbuch,das auf der nebenstehenden Bank lag. Sie schlug es auf und schrieb etwas hinein. Meinen Namen,nahm ich mal an.

«Mist»,dachte ich. Mit Sport wollte ich es mir wirklich nicht verscherzen. Normalerweise war ich auch immer pünktlich da,aber Luca war heute morgen irgendwie wichtiger gewesen. Allerdings konnte ich auch so pünktlich sein,wie ich wollte,Frau Stein war mir gegenüber durch die anderen Lehrer sowieso voreingenommen,die ebenfalls alle brühwarm aufschrieben,wann ich zu jeder Stunde da war.

«Es tut mir leid,es kommt bestimmt nicht wieder vor. Es ist nur...ich...wurde aufgehalten,mein Bus hatte Verspätung»,log ich und trat nervös von einem Fuß auf den anderen.

Frau Stein zog eine Augenbraue hoch. Offenbar glaubte sie mir nicht. Ich war noch nie eine gute Lügnerin gewesen. Als ich klein gewesen war,hatte ich meine Eltern öfter mal wegen des Zähneputzens belogen und war dabei jedes Mal rot geworden.

«Ich rate dir auch,das nicht wieder vorkommen zu lassen. Und jetzt hol dir die Ausrüstung,such dir eine freie Scheibe und wärm dich auf»,sagte sie und ging ans andere Ende der Halle,um uns von dort aus zu beaufsichtigen.