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Sie lässt sich auf einen Deal mit dem College Bad Boy ein … Hannah ist verliebt. Doch während die Einser-Studentin sonst kein Blatt vor den Mund nimmt, bringt sie ihrem Crush Justin gegenüber kein Wort heraus. Sie ist ... verzweifelt. Warum sonst hätte sie sich auf das Angebot von Garrett Graham eingelassen, dem selbstverliebten, kindischen und vor allem sturen Captain des Eishockey-Teams? Der Deal: Sie gibt ihm Nachhilfe, damit er die Abschlussprüfung besteht, und er gibt vor, dass er sich für Hannah interessiert, damit Justin endlich auf sie aufmerksam wird. Der Plan scheint aufzugehen, aber je mehr Zeit Hannah und Garrett miteinander verbringen, desto stärker verschwimmt die Grenze zwischen gespielten und echten Gefühlen … »Eindeutig die beste College-Romance aller Zeiten! Extrem empfehlenswert!« Aestas Book Blog »Ich liebe dieses Buch! Garrett ist ein Traum. Ein Muss für alle New Adult Fans!« Monica Murphy, »New York Times«-Bestsellerautorin »Off-Campus«-Reihe, Band 1
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Ein »Off-Campus«-Roman
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Christina Kagerer
ISBN 978-3-492-97331-1 Juli 2016 © Elle Kennedy 2015 Titel der amerikanischen Originalausgabe: »The Deal: An Off-Campus Novel«, CreateSpace Independent Publishing Platform 2015 Deutschsprachige Ausgabe: © Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2016 Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München Covermotiv: FinePic, München Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt.Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.
Er weiß gar nicht, dass es mich gibt.
Ich werfe Justin Kohl zum tausendsten Mal in fünfundvierzig Minuten einen verstohlenen Blick zu, und er ist so wunderschön, dass es mir die Kehle zuschnürt. Wobei ich mir vielleicht ein anderes Adjektiv für ihn ausdenken sollte. Meine männlichen Freunde behaupten nämlich, dass kein Mann als schön bezeichnet werden will.
Aber es gibt einfach kein anderes Wort, um seine markanten Gesichtszüge und seine gefühlvollen braunen Augen zu beschreiben. Er trägt heute eine Baseballkappe, aber ich weiß genau, was sich darunter versteckt: dichtes dunkles Haar, das so seidig wirkt, dass man am liebsten mit den Fingern hindurchfahren möchte.
In den fünf Jahren seit der Vergewaltigung hat mein Herz nur für zwei Männer geschlagen.
Der erste hat mich sitzen gelassen.
Und der zweite nimmt mich einfach nicht wahr.
Frau Professor Tolbert steht am Pult des Hörsaals und hält eine Standpauke. Die dritte in sechs Wochen.
Schließlich haben siebzig Prozent des Kurses in ihren Zwischenprüfungsklausuren eine Drei plus oder schlechter bekommen.
Und ich? Ich habe mal wieder eine Eins gekriegt. Und ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass mich die große, rot umkreiste Eins auf meiner Klausur nicht schockiert hätte. Im Grunde habe ich einfach nur Unmengen an Schwachsinn runtergeschrieben, um die Seiten zu füllen.
Philosophische Ethik wäre eigentlich ein Kinderspiel gewesen. Der Professor, der es normalerweise unterrichtete, hat immer hirnlose Multiple-Choice-Tests ausgeteilt, und seine Abschlussarbeit bestand darin, dass man einen persönlichen Aufsatz über ein moralisches Dilemma inklusive Lösungsvorschläge schreiben musste.
Aber zwei Wochen vor Semesteranfang ist Professor Lane an einem Herzinfarkt gestorben. Ich habe gehört, dass ihn seine Putzfrau auf dem Badezimmerboden gefunden haben soll – nackt. Armer Kerl.
Glücklicherweise (und das meine ich jetzt total sarkastisch) ist Pamela Tolbert eingesprungen, um Lanes Kurs zu übernehmen. Sie ist neu an der Briar University, und sie ist die Sorte Professorin, die will, dass man sich mit dem Stoff auseinandersetzt und eine Verbindung dazu aufbaut. Wenn dies ein Film wäre, dann wäre sie die junge, ambitionierte Lehrerin, die in einer Problemschule auftaucht und die ganzen unmotivierten Trottel inspiriert. Und plötzlich legt jeder seine Waffen nieder, um zum Stift zu greifen. Und im Abspann würde man erfahren, dass es die Kinder wundersamerweise nach Harvard geschafft haben. Hilary Swank hätte den Oscar schon so gut wie sicher.
Aber das ist nun mal kein Film, und das Einzige, was Tolbert in den Studenten hervorgerufen hat, ist Hass. Sie scheint aber noch immer nicht zu kapieren, warum keiner in ihrem Kurs Glanzleistungen abliefert.
Ein kleiner Hinweis: Sie stellt Fragen, über die man eine ganze verdammte Abschlussarbeit schreiben könnte.
»Ich bin bereit, jeden, der schlechter als Drei minus war, eine Nachprüfung machen zu lassen.« Tolbert rümpft ihre Nase, als wäre ihr völlig schleierhaft, warum das überhaupt notwendig ist.
Was hat sie gerade gesagt? Sie ist »bereit«! Ja klar. Es haben sich nämlich schon jede Menge Studenten bei ihren Betreuern über sie beschwert, und ich nehme an, dass die Hochschulleitung sie dazu gezwungen hat, jedem eine zweite Chance zu geben. Es wirft kein gutes Licht auf Briar, wenn in einem Kurs über die Hälfte der Studenten durchfällt – insbesondere, wenn es sich dabei nicht nur um die schlechten handelt. Auch Einserkandidaten wie Nell, die schmollend neben mir sitzt, haben die Zwischenprüfung vergeigt.
»Noch ein paar Infos für diejenigen, die sich dazu entschließen, die Nachprüfung abzulegen: Es wird der Durchschnitt aus den beiden Noten ermittelt. Und wenn jemand beim zweiten Mal noch schlechter sein sollte als beim ersten Mal, dann zählt nur die erste Note«, beendet Tolbert ihre Erklärungen.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass du eine Eins hast«, flüstert Nell mir zu.
Sie sieht so unglücklich aus, dass ich fast Mitleid für sie empfinde. Nell und ich sind nicht die besten Freundinnen, aber wir sitzen seit September nebeneinander und haben uns dadurch zwangsläufig besser kennengelernt. Sie macht gerade ihr Vorbereitungsjahr fürs Medizinstudium und kommt aus einer sehr ehrgeizigen Familie, die sie teeren und federn würde, wenn sie von ihrer Note in der Zwischenprüfung Wind bekämen.
»Ich verstehe es auch nicht«, flüstere ich zurück. »Ernsthaft, lies meine Antworten. Nichts als wirres Zeug.«
»Das mache ich tatsächlich.« Jetzt klingt sie sehr eifrig. »Ich würde nur zu gerne wissen, was man braucht, um von dieser Tyrannin eine Eins zu bekommen.«
»Ich scanne die Klausur ein und maile dir heute Abend die Datei«, verspreche ich ihr.
Sobald Tolbert uns entlassen hat, werden Laptops zugeklappt und Notizblöcke in die Rucksäcke gesteckt. Die enttäuschten Studenten springen von ihren Plätzen auf, um möglichst schnell den Hörsaal zu verlassen.
Justin Kohl steht neben der Tür und redet mit jemandem. Mein Blick durchbohrt ihn wie die Klinge eines Messers. Er ist wunderschön.
Habe ich schon erwähnt, wie schön er ist?
Meine Handflächen werden ganz feucht, als ich sein hübsches Profil begutachte. Er ist neu an der Uni, und ich habe keine Ahnung, wo er vorher war. Obwohl er schon nach kürzester Zeit zum Star des Footballteams geworden war, ist er nicht wie die anderen Sportstudenten an der Uni. Er stolziert nicht mit einem Grinsen über den Campus, als wäre er Gottes Geschenk an die Menschheit, und er hält auch nicht jeden Tag ein anderes Mädchen im Arm. Ich habe gesehen, wie er mit seinen Teamkameraden gelacht und herumgewitzelt hat, aber er hat eine intelligente Ausstrahlung, die mich zu der Vermutung bringt, dass er mehr auf dem Kasten hat. Und darum will ich ihn unbedingt kennenlernen.
Ich mache mir normalerweise nichts aus Sportlern, aber dieser hier hat mich in ein total verwirrtes Nervenbündel verwandelt.
»Du starrst ihn ja schon wieder an.«
Nells neckender Tonfall lässt meine Wangen erröten. Sie hat schon mehr als einmal mitbekommen, wie ich Justin anstarre, und sie ist einer der wenigen Menschen, die von meiner Schwärmerei für ihn wissen.
Auch meiner Mitbewohnerin Allie habe ich von Justin erzählt. Aber sonst niemandem. Die meisten meiner Freunde studieren Musik- oder Theaterwissenschaften. Ich nehme an, das macht uns zu Künstlern. Oder vielleicht sogar zu Emos. Mit Ausnahme von Allie, die seit dem ersten Semester eine On-off-Beziehung mit einem Studenten aus einer Verbindung pflegt, haben meine Freunde großen Spaß daran, die Elite von Briar zu verarschen. Ich mache da meistens nicht mit (Lästern ist unter meinem Niveau), aber um ehrlich zu sein: Die meisten beliebten Studenten sind komplette Idioten.
Ein typisches Beispiel ist Garrett Graham, der andere Sportstar in unserem Kurs. Der Trottel läuft herum, als gehörte ihm die Uni. Das tut sie wahrscheinlich auch irgendwie. Er muss nur mit dem Finger schnippen, und schon hängt ein Mädchen an seiner Seite. Oder springt auf seinen Schoß. Oder steckt ihm die Zunge in den Hals.
Aber heute sieht er gar nicht aus wie der Macker vom Campus. Fast jeder ist gegangen, auch die Professorin, aber Garrett bleibt auf seinem Stuhl sitzen und umklammert krampfhaft seine Klausur.
Wahrscheinlich ist er durchgefallen, aber mein Mitleid mit dem Kerl hält sich in Grenzen. Briar ist für zwei Dinge bekannt: Eishockey und Football. Die Sportler, die die Uni hervorbringt, werden fast alle zu Profis. Und während ihrer Zeit an der Uni bekommen sie alles auf dem Silbertablett serviert – inklusive Noten.
Das lässt mich vielleicht etwas rachsüchtig erscheinen, aber ich verspüre einen Anflug von Triumph, als ich erkenne, dass Tolbert auch den Captain unseres meisterlichen Eishockeyteams durchfallen lässt – genau wie alle anderen.
»Wollen wir uns einen Kaffee holen?«, fragt Nell und packt ihre Bücher zusammen.
»Ich kann nicht. Ich habe in zwanzig Minuten Probe.« Ich stehe auf. »Geh schon mal vor. Ich muss erst noch auf den Stundenplan schauen. Ich habe vergessen, wann mein nächstes Seminar ist.«
Eine weitere »Sonderzulage« in Tolberts Kurs: Neben unserer wöchentlichen Vorlesung müssen wir zweimal pro Woche an einem dreißigminütigen Tutorium teilnehmen. Zum Glück wird es von der Assistentin Dana geleitet, die über all die Eigenschaften verfügt, die Tolbert fehlen. Zum Beispiel Humor.
»Okay«, sagt Nell. »Bis später.«
»Bis dann«, rufe ich ihr nach.
Beim Klang meiner Stimme hält Justin im Türrahmen inne und dreht seinen Kopf in meine Richtung.
Oh. Mein. Gott.
Ich kann die Röte unmöglich aufhalten, die mir ins Gesicht schießt. Es ist das erste Mal, dass sich unsere Blicke treffen, und ich habe keine Ahnung, wie ich reagieren soll. Hallo sagen? Winken? Lächeln?
Letztlich entscheide ich mich für ein knappes Kopfnicken. Cool und lässig, wie es sich für eine kultivierte Studentin gehört.
Mein Herz macht einen Sprung, als sich sein Mund zu einem leichten Grinsen verzieht. Er nickt zurück – und verschwindet.
Ich starre auf den leeren Türrahmen. Mein Puls rast wie verrückt. Nach sechs Wochen, in denen wir im stickigen Hörsaal die gleiche Luft geatmet haben, hat er mich endlich bemerkt.
Ich wünschte, ich wäre mutig genug, ihm zu folgen. Ihn vielleicht zu fragen, ob er einen Kaffee trinken will. Oder essen gehen. Oder zum Brunchen. Moment – gehen Leute in unserem Alter überhaupt zum Brunchen?
Aber meine Füße kleben an dem glänzenden Laminatboden fest.
Weil ich ein Feigling bin. Ja, ein totaler Angsthase. Ich habe Angst davor, dass er Nein sagen könnte. Aber noch mehr Angst habe ich vor einem Ja.
Als ich mit dem Studium angefangen habe, war ich in guter Verfassung. Ich hatte meine Probleme einigermaßen überwunden und mein Schutzschild gesenkt. Ich war wieder bereit, mit jemandem auszugehen, und das habe ich auch getan. Ich habe mich mit mehreren Typen verabredet, aber abgesehen von meinem Exfreund Devon hat es keiner von ihnen geschafft, dass mein Körper auf ihn reagiert hätte – keiner bis auf Justin Kohl. Und das macht mich wahnsinnig.
Kleine Schritte.
Richtig, kleine Schritte. Das war der Lieblingsratschlag meiner Therapeutin. Und ich kann nicht leugnen, dass mir diese Strategie sehr geholfen hat. Konzentrier dich auf die kleinen Erfolge, hat Carole immer gesagt.
Mein heutiger Erfolg: Ich habe Justin zugenickt, und er hat mich angelächelt. Bei der nächsten Vorlesung lächle ich vielleicht zurück. Und bei der danach komme ich vielleicht auf die Sache mit dem Kaffee oder dem Essengehen oder dem Brunch zu sprechen.
Ich atme tief ein, während ich den Gang entlanglaufe, und klammere mich an dem Erfolgsgefühl fest, so winzig es auch sein mag.
Kleine Schritte.
Ich bin durchgefallen.
Ich hab’s vermasselt.
Fünfzehn Jahre lang hat Lane Einser verteilt wie Pfefferminzbonbons. Und in dem Jahr, in dem ich den Kurs besuche? Da hört plötzlich sein Herz auf zu schlagen, und ich muss mich mit Pamela Tolbert rumschlagen.
Jetzt ist es offiziell. Diese Frau ist meine Erzfeindin. Allein der Anblick ihrer ausladenden Handschrift – die jeden freien Zentimeter auf den Seitenrändern meiner Klausur ausfüllt – bringt mich dazu, dass ich die Blätter am liebsten in kleine Fetzen reißen würde.
In den meisten meiner anderen Kurse habe ich Einser. Aber jetzt bekomme ich eine Sechs in Philosophischer Ethik. Zusammen mit der Drei plus in Spanischer Geschichte ergibt das einen Notendurchschnitt von Drei minus.
Ich brauche aber eine Drei plus, um Eishockey spielen zu dürfen.
Normalerweise habe ich kein Problem damit, meinen Notendurchschnitt oben zu halten. Auch wenn viele Leute das glauben, bin ich kein dummer Sportstudent. Aber es macht mir nichts aus, wenn die Leute das denken. Insbesondere Frauen. Es törnt sie wahrscheinlich an, mit dem großen, muskulösen Höhlenmenschen rumzumachen, der nur für eine Sache gut ist. Und da ich nicht auf der Suche nach etwas Ernstem bin, kommt es mir gerade sehr gelegen, immer wieder auf Mädchen zu treffen, die nur das eine wollen. Dadurch habe ich mehr Zeit für Eishockey.
Aber es wird bald kein Eishockey mehr geben, wenn mein Notendurchschnitt nicht besser wird. Das Schlimmste an Briar ist, dass unser Direktor Perfektion erwartet – akademisch und sportlich. Während andere Schulen Sportlern gegenüber nachsichtiger sind, herrscht in Briar eine absolute Null-Toleranz-Politik.
Diese verdammte Professorin. Als ich vor Kursbeginn mit ihr gesprochen und sie um ein paar Extrapunkte gebeten habe, hat sie mir in ihrer nasalen Stimme geantwortet, dass ich die Tutorien besuchen und mich der Lerngruppe anschließen solle. Beides hatte ich bereits getan. Wenn ich also kein Genie finde, das sich eine Maske mit meinem Gesicht aufsetzt und für mich diese Nachprüfung schreibt, dann bin ich verloren.
Ich bringe meine Frustration durch ein hörbares Stöhnen zum Ausdruck und sehe aus dem Augenwinkel, wie jemand erschrocken zusammenzuckt.
Ich erschrecke ebenfalls, weil ich dachte, ich wäre mit meinem Elend ganz allein. Das Mädchen, das normalerweise immer in der letzten Reihe sitzt, hat sich schon wieder umgedreht. Die Kleine geht die Treppen hinunter und aufs Pult von Frau Professor Tolbert zu.
Mandy?
Marty?
Ich kann mich nicht an ihren Namen erinnern. Wahrscheinlich, weil ich sie nie danach gefragt habe. Eigentlich ist sie ganz süß. Sogar sehr viel süßer, als ich gedacht habe. Hübsches Gesicht, dunkles Haar, geiler Körper – verdammt, warum ist mir dieser Körper nicht schon früher aufgefallen?
Aber jetzt fällt er mir auf. Die engen Jeans schmiegen sich über ihren knackigen Hintern, der förmlich nach Berührung schreit, und ihr Sweatshirt mit V-Ausschnitt gibt den Blick auf einen ziemlich beeindruckenden Vorbau frei. Ich habe allerdings keine Zeit, diesen erfreulichen Anblick zu genießen, denn sie erwischt mich dabei, wie ich sie anstarre, und wirft mir einen finsteren Blick zu.
»Ist alles in Ordnung?«, fragt sie mich schnippisch.
Ich hole tief Luft und murmle etwas vor mich hin. Im Moment steht mir nicht der Sinn danach, mich mit jemandem zu unterhalten.
Sie zieht ihre dunklen Augenbrauen hoch und schaut mich fragend an. »Entschuldigung, was für eine Sprache war das?«
Ich nehme meine Klausur in die Hand und schiebe den Stuhl zurück. »Ich sagte, es ist alles in Ordnung.«
»Dann ist ja gut.« Sie zuckt mit den Schultern und geht weiter die Treppen hinunter.
Während sie einen Blick auf den Stundenplan wirft, ziehe ich meine Hockeyjacke über, stecke meine erbärmliche Zwischenprüfungsklausur in den Rucksack und mache ihn zu.
Die Dunkelhaarige geht wieder auf ihren Platz zurück. Mona? Molly? Irgendetwas mit M, aber mehr fällt mir nicht ein. Sie hält ihre Klausur in der Hand, aber ich mache mir nicht die Mühe, einen Blick darauf zu werfen, weil ich annehme, dass sie durchgefallen ist, wie alle anderen.
Ich lasse sie vorbei, bevor ich auch auf den Mittelgang trete. Ich könnte jetzt sagen, dass das der Gentleman in mir ist, aber das wäre gelogen. Ich will mir einfach noch einmal ihren Hintern ansehen, weil der verdammt sexy ist. Und ein zweiter Blick darauf kann ja nicht schaden. Ich folge ihr die Treppen hinauf Richtung Ausgang und bemerke erst jetzt, wie winzig sie ist. Ich bin eine Stufe unter ihr und kann ihr immer noch auf den Kopf sehen.
Gerade als wir bei der Tür angekommen sind, stolpert sie ohne ersichtlichen Grund, und ihre Bücher fallen auf den Boden.
»Mist, ich bin so ein Tollpatsch.«
Sie kniet sich hin, und ich tue dasselbe. Entgegen meiner vorherigen Behauptung kann ich nämlich sehr wohl ein Gentleman sein, wenn ich will. Und für einen Gentleman gehört es sich eben, ihr dabei zu helfen, ihre Bücher aufzuheben.
»Ach, das brauchst du nicht. Ich komme schon klar, danke«, meint sie.
Aber ich halte schon ihre Klausur in der Hand, und mir klappt die Kinnlade herunter, als ich ihre Note sehe.
»Wahnsinn! Du hast eine Eins?«, frage ich sie verblüfft.
Sie lächelt mich bescheiden an. »Verrückt, oder? Ich war mir hundertprozentig sicher, dass ich durchgefallen bin.«
»Das ist ja irre!« Ich komme mir vor, als hätte ich Stephen Hawkins persönlich getroffen und als hielte er mir die Geheimnisse des Universums direkt unter die Nase. »Darf ich mir deine Antworten durchlesen?«
Sie zieht erneut die Augenbrauen hoch. »Das ist ziemlich dreist, findest du nicht? Wir kennen uns doch überhaupt nicht.«
Ich verdrehe die Augen. »Ich verlange ja nicht, dass du dich ausziehst, Baby. Ich will nur einen Blick auf deine Klausur werfen.«
»Baby? Nicht nur dreist, sondern auch noch ziemlich überheblich.«
»Ist dir ›Miss‹ lieber? Ich würde ja deinen Namen benutzen, aber ich weiß nicht, wie du heißt.«
»Natürlich weißt du das nicht.« Sie seufzt. »Ich heiße Hannah.« Dann macht sie eine bedeutungsvolle Pause. »Garrett.«
Okay, mit dem M lag ich ziemlich daneben.
Und mir entgeht auch nicht, wie sie meinen Namen betont. So als wollte sie sagen: Ha, aber ich weiß, wie du heißt, du Arschloch!
Sie sammelt ihre restlichen Bücher ein und steht auf, aber ich gebe ihr ihre Klausur nicht zurück. Stattdessen stehe ich ebenfalls auf und fange an, sie durchzublättern. Als ich ihre Antworten lese, rutscht mir das Herz noch tiefer in die Hose. Wenn es diese Art von Analyse ist, die Tolbert will, dann bin ich verloren. Ich weiß schon, warum mein Hauptfach Geschichte ist. Ich bin gut, was Fakten angeht – schwarz und weiß. Dies und das ist zu jener Zeit der und der Person widerfahren, und hier ist das Ergebnis.
Hannahs Antworten konzentrieren sich auf theoretischen Bullshit und darauf, wie die Philosophen auf die verschiedenen moralischen Probleme reagieren würden.
»Danke.« Ich gebe ihr die Klausur zurück und stecke meine Daumen in die Gürtelschlaufen meiner Jeans. »Hör mal. Könntest du … würde es dir etwas ausmachen …« Ich zucke mit den Schultern. »Du weißt schon …«
Ihre Lippen kräuseln sich, als würde sie versuchen, nicht zu lachen. »Nein, ehrlich gesagt weiß ich nicht, was du meinst.«
Ich hole tief Luft. »Würdest du mir Nachhilfe geben?«
In ihren grünen Augen – dem dunkelsten Grün, das ich je gesehen habe, umgeben von dichten schwarzen Wimpern – blitzt zunächst Überraschung und dann Skepsis auf.
»Ich bezahl dich auch«, füge ich hastig hinzu.
»Ach nein, ich erwarte nicht, dass du mich bezahlst. Aber …« Sie schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, ich kann nicht.«
Ich versuche meine Enttäuschung zu verbergen. »Komm schon, tu mir den Gefallen. Wenn ich die Nachprüfung versaue, sinkt mein Notendurchschnitt in den Keller. Bitte!« Ich setze ein unschuldiges Grinsen auf, bei dem meine Wangengrübchen zu sehen sind. Das bringt normalerweise jedes Mädchen zum Schmelzen.
»Funktioniert das?«, fragt sie neugierig.
»Was?«
»Dieses Grinsen. Hilft es dir dabei, das zu bekommen, was du willst?«
»Immer«, antworte ich, ohne zu zögern.
»Fast immer«, korrigiert sie mich. »Weißt du, es tut mir leid, aber ich habe wirklich keine Zeit dafür. Ich springe sowieso schon zwischen Arbeit und Uni hin und her, und kurz vor dem Auswahlkonzert habe ich noch weniger Zeit.«
»Auswahlkonzert?«, wiederhole ich verständnislos.
»Stimmt ja, wenn es nicht gerade um Eishockey geht, hast du nichts auf dem Radar.«
»Wer ist jetzt überheblich? Du kennst mich doch gar nicht.«
Sie seufzt. »Mein Hauptfach ist Musik, okay? Und die musische Fakultät veranstaltet jedes Jahr zwei Auswahlkonzerte, eines im Winter und eines im Frühling. Der Gewinner erhält ein Stipendium im Wert von fünftausend Dollar. Das ist eine ziemlich große Sache. Wichtige Menschen aus der Branche kommen aus dem ganzen Land hierher, um zuzusehen. Agenten, Musikproduzenten, Talentscouts … Also, so gern ich dir auch helfen würde …«
»Das würdest du nicht«, murmle ich. »Du siehst so aus, als würdest du im Moment nicht einmal gerne mit mir reden.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Ich muss jetzt zu meiner Vorlesung. Tut mir leid, dass du durchfallen wirst, aber falls es dir damit besser geht: Das Problem haben die anderen auch.«
Ich kneife die Augen zusammen. »Du nicht.«
»Ich kann nichts dafür. Tolbert scheint auf meinen Quatsch zu stehen. Da habe ich Glück.«
»Dieses Glück will ich auch haben. Bitte, Meisterin, bring mir diesen Quatsch bei.«
Ich bin kurz davor, vor ihr auf die Knie zu fallen und sie anzuflehen, aber sie geht schon Richtung Tür. »Du weißt, dass es eine Lerngruppe gibt, oder? Ich kann dir die Nummer geben.«
»Da bin ich schon drin«, murmle ich.
»Oh. Dann kann ich leider nichts mehr für dich tun. Viel Glück bei der Nachprüfung. Baby.«
Sie lässt mich frustriert zurück. Unglaublich. Jedes Mädchen an der Uni würde seinen Arm abhacken, um mir helfen zu können. Nur diese Frau rennt davon, als hätte ich sie gerade gebeten, eine Katze zu töten, damit wir sie Satan opfern können.
Und jetzt bin ich wieder da angekommen, wo ich war, bevor mir Hannah ohne M einen winzigen Hoffnungsschimmer gezeigt hat.
Total im Arsch.
Meine Mitbewohner sind sturzbetrunken, als ich nach der Lerngruppe nach Hause komme. Auf dem Kaffeetisch liegen unzählige leere Bierdosen und eine fast leere Flasche Jack Daniels, von der ich weiß, dass sie Logan gehört. Seine Philosophie lautet nämlich: Bier ist was für Weicheier. Das sind seine Worte, nicht meine.
Im Moment spielen Logan und Tucker gerade eine Partie Ice Pro gegeneinander. Ihre verschwommenen Blicke sind auf den Flatscreen gerichtet, während sie wie wild auf ihren Controllern herumdrücken. Als Logan mich im Türrahmen bemerkt, ist er kurz abgelenkt, was er schon im nächsten Moment bereut.
»Ich mach dich fertig!«, schreit Tucker, als sein Verteidiger an Logans Torwart vorbei ins Netz schießt und der neue Punktestand aufleuchtet.
»Ach, verdammt!« Logan drückt auf Pause und blickt mich finster an. »Wegen dir hab ich mich täuschen lassen, Garrett.«
Ich antworte nicht. Jetzt bin ich es nämlich, der abgelenkt wird – von dem wilden Rumgemache zweier halb nackter Menschen in der Wohnzimmerecke. Dean geht wieder mal voll zur Sache. Barfuß und mit nacktem Oberkörper fläzt er auf einem Sessel, während eine Blondine – nur mit schwarzem Spitzen-BH und Höschen bekleidet – rittlings über ihm sitzt und sich an ihm reibt.
Dean grinst mich über die Schulter des Mädchens an. »Garrett! Wo warst du denn, Mann?«, lallt er.
Bevor ich seine betrunkene Frage beantworten kann, geht er wieder dazu über, die Blondine zu küssen.
Aus irgendeinem Grund macht Dean mit Mädchen überall lieber rum als in seinem Schlafzimmer. Kaum drehe ich mich um, ist er schon wieder dabei, ein Mädchen zu verführen. Auf der Arbeitsplatte in der Küche, auf der Couch im Wohnzimmer, auf dem Tisch im Esszimmer – der Typ hat es schon in jeder Ecke des Hauses getrieben, in dem wir vier wohnen. Er ist eine männliche Hure und hat absolut kein Problem damit.
Zugegeben, ich bin auch kein Mönch, genauso wenig wie Logan und Tucker. Eishockeyspieler sind eben coole Typen. Wenn wir nicht auf dem Eis sind, findet man uns meistens in Begleitung einer süßen Cheerleaderin – oder gleich mit zweien. Oder sogar mit dreien, zumindest wenn man Tucker heißt und gerade Silvester ist.
»Ich simse dir schon seit einer Stunde«, informiert mich Logan.
Er lehnt sich mit seinen breiten Schultern nach vorne und nimmt die Whiskeyflasche vom Tisch. Logan ist einer der besten Verteidiger, mit denen ich je zusammengespielt habe. Und er ist mein bester Freund. Sein Vorname ist John, aber alle nennen ihn Logan, weil er dann leichter von Tucker zu unterscheiden ist, der heißt nämlich auch John mit Vornamen. Glücklicherweise ist Dean einfach nur Dean, weshalb wir ihn nicht mit seinem komplizierten Nachnamen anreden müssen: Heyward-Di Laurentis.
»Jetzt mal im Ernst, wo warst du?«, murmelt Logan.
»Lerngruppe.« Ich nehme mir ein Bud Light vom Tisch und öffne es. »Was ist das denn für eine Überraschung, von der du mir die ganze Zeit geschrieben hast?«
Wenn ich mir die Grammatik seiner SMS anschaue, weiß ich immer genau, wie betrunken Logan ist. Und heute Abend muss er ziemlich betrunken sein, da ich einen auf Sherlock Holmes machen musste, um seine kryptischen Nachrichten zu entziffern. »Übrschng« sollte Überraschung bedeuten. Aber BDAHwar schon schwerer zu entschlüsseln. Ich denke, es sollte »Beweg deinen Arsch hierher«bedeuten. Aber wer weiß das schon bei Logan?
Er grinst mich von der Couch aus so breit an, dass es an ein Wunder grenzt, dass sein Kiefer nicht ausgerenkt wird. Dann zeigt er mit dem Finger an die Decke und sagt: »Geh nach oben und finde es selbst heraus!«
Ich kneife die Augen zusammen. »Warum? Wer ist da oben?«
Logan kichert. »Wenn ich es dir sagen würde, wäre es ja keine Überraschung mehr.«
»Warum nur habe ich das Gefühl, dass du gerade etwas ausheckst?«
»Großer Gott«, mischt sich Tucker ein. »Du hast wirklich ein Vertrauensproblem, Garrett.«
»Sagt das Arschloch, das mir am ersten Tag des Semesters einen lebenden Waschbären ins Schlafzimmer gesetzt hat.«
Tucker grinst. »Ach, komm schon. Bandit war doch echt cool. Er war dein Willkommen-zurück-Geschenk.«
Ich strecke ihm den Mittelfinger entgegen. »Ja klar, allerdings bin ich dein Geschenk ja nur schwer wieder losgeworden.« Drei Typen von der Schädlingsbekämpfung mussten einrücken, um den Waschbären wieder aus meinem Zimmer zu kriegen.
»Los, komm schon«, meint Logan. »Geh einfach nach oben. Vertrau mir, du wirst uns später danken.«
Der wissende Blick, den sie austauschen, macht mich misstrauisch. Zumindest ein bisschen. Und ich werde meinen Argwohn ganz sicher nicht komplett ablegen, nicht bei diesen drei Idioten.
Auf meinem Weg nach oben nehme ich zwei weitere Dosen Bier mit. Ich trinke während der Saison nicht viel, aber der Coach hat uns diese Woche freigegeben, damit wir für die Zwischenprüfungen lernen können. Und es bleiben immer noch zwei Tage übrig. Meine Teamkollegen, die Glückspilze, scheinen kein Problem damit zu haben, zwölf Bier zu trinken und am nächsten Tag trotzdem wie Champions zu spielen. Aber ich? Schon der kleinste Rausch führt bei mir zu Kopfweh, und dann rutsche ich auf dem Eis herum wie ein Kleinkind mit seinem ersten Paar Schlittschuhe.
Wenn wir wieder zurück im alten Rhythmus sind und sechs Tage die Woche trainieren, wird sich mein Alkoholkonsum wieder auf die übliche Eins-zu-fünf-Grenze beschränken. Ein Bier an Abenden mit Training, fünf nach einem Spiel. Ohne Ausnahmen.
Ich habe vor, die Zeit, die mir noch bleibt, richtig auszukosten.
Gewappnet mit den beiden Bierdosen gehe ich nach oben in mein Zimmer. Es ist das größte Schlafzimmer des Hauses. Ich war mir nicht zu fein, die Ich-bin-euer-Captain-Karte auszuspielen. Und die Diskussion mit meinen Teamkollegen hat sich mehr als gelohnt. Ich habe sogar ein eigenes Bad!
Meine Tür steht halb offen, was mich sofort misstrauisch macht. Vorsichtig blicke ich zum Türrahmen hinauf, um sicherzugehen, dass dort oben kein Eimer mit Blut oder etwas anderes Charmantes steht. Dann drücke ich die Tür ganz auf. Sie schwingt zur Seite, und ich schleiche langsam ins Zimmer, wobei ich auf jeden Angriff vorbereitet bin.
Und schon werde ich angegriffen.
Allerdings eher visuell, denn das Mädchen auf meinem Bett sieht aus, als wäre es einem Victoria’s-Secret-Katalog entsprungen.
Ich bin auch nur ein Kerl. Nicht einmal von der Hälfte der Dinger, die sie anhat, kenne ich den Namen. Ich sehe weiße Spitze, rosa Schleifen und jede Menge Haut. Und ich bin glücklich.
»Das hat aber lang gedauert.« Kendall schenkt mir ein verführerisches Lächeln, das sagt: Ich werde dich glücklich machen, großer Junge. Mein gutes Stück reagiert sofort und wird unter der Jeans immer dicker. »Ich hätte dir nur noch fünf Minuten gegeben, bevor ich gegangen wäre.«
»Dann bin ich ja gerade noch rechtzeitig gekommen.« Mein Blick schweift über ihr sexy Outfit, und ich sage gedehnt: »Hey, Baby, ist das alles für mich?«
Ihre blauen Augen verdunkeln sich verführerisch. »Das weißt du doch, du Hengst.«
Ich bin mir darüber im Klaren, dass wir uns anhören wie zwei Charaktere aus einem Billigporno. Aber wenn ein Mann in sein Schlafzimmer kommt und eine Frau dort vorfindet, die so aussieht? Dann ist er dazu bereit, jede schmutzige Szene nachzuspielen, die sie will. Auch wenn das bedeutet, dass er sich als Pizzabote verkleiden muss, der einer sexsüchtigen älteren Frau eine Lieferung bringt.
Kendall und ich sind uns im Sommer zum ersten Mal nähergekommen, aber eher aus Bequemlichkeit als aus einem anderen Grund. Wir waren in den Ferien beide in der Gegend und sind ein paarmal in die Bar gegangen. Das eine gab das andere, und ehe ich michs versah, machte ich mit einem heißen Mädchen aus einer Studentenverbindung rum. Aber das hatte sich vor den Zwischenprüfungen wieder gelegt, und außer ein paar heißen SMS hatte ich bis heute nichts mehr von Kendall gehört.
»Ich dachte, du willst vielleicht noch ein bisschen Spaß haben, bevor das Training wieder beginnt«, sagt sie und spielt mit ihren manikürten Fingern an der winzigen rosa Schleife an der Mitte ihres BHs herum.
»Da liegst du ganz richtig.«
Ein Lächeln legt sich auf ihre Lippen, und sie kniet sich aufs Bett. Verdammt, ihre Brüste quellen förmlich aus diesem Spitzending hervor, das sie anhat. Sie zeigt mit dem Finger auf mich. »Komm her.«
Ich verschwende keine Zeit und gehe auf sie zu. Wie schon gesagt, ich bin auch nur ein Kerl.
»Ich glaube, du bist ein bisschen overdressed«, bemerkt sie, packt mich am Hosenbund und öffnet den Knopf. Sie zieht den Reißverschluss nach unten, und nur eine Sekunde später springt ihr mein Schwanz in die erwartungsvolle Hand. Ich habe schon seit Wochen keine Wäsche mehr gewaschen und trage deshalb keinen Slip. Dem hitzigen Blick in ihren Augen nach zu urteilen, macht es sie total an, dass ich keine Boxershorts anhabe.
Als sie ihre Finger um meinen besten Freund schließt, entfährt mir ein Stöhnen. Es gibt wirklich nichts Schöneres als die Hand einer Frau, die an deinem Schwanz herummacht.
Falsch. Jetzt kommt Kendalls Zunge ins Spiel, und sie fühlt sich noch viel besser an als ihre Hand.
Eine Stunde später rollt sich Kendall neben mir zusammen und legt ihre Hand auf meine Brust. Ihre Unterwäsche und meine Klamotten sind über den Boden verstreut, außerdem liegen dort zwei leere Kondompackungen und die Tube Gleitgel, die wir gar nicht gebraucht haben.
Das Gekuschel ist mir irgendwie unangenehm, aber ich kann sie ja schlecht zur Seite schieben und vor die Tür setzen. Nicht, wenn sie sich mit ihrer Verführung so viel Mühe gegeben hat.
Aber das finde ich ebenfalls bedenklich.
Frauen ziehen sich doch für einen One-Night-Stand nicht so teure Unterwäsche an, oder? Ich glaube nicht, und Kendalls Worte bestätigen meinen unangenehmen Verdacht.
»Ich habe dich vermisst, Baby.«
Mein erster Gedanke: Scheiße.
Mein zweiter: Warum?
In der ganzen Zeit, die wir uns gesehen haben, hat Kendall kein einziges Mal versucht, mich näher kennenzulernen. Wenn wir keinen Sex haben, redet sie ohne Unterbrechung über sich selbst. Im Ernst, ich glaube nicht, dass sie mir auch nur eine persönliche Frage gestellt hat, seit wir uns kennen.
»Äh …« Ich ringe nach Worten. »Ich hatte viel zu tun. Du weißt schon, die Zwischenprüfungen.«
»Ja, das weiß ich. Wir gehen auf dieselbe Uni, und ich musste auch lernen. Hast du mich vermisst?«
Verdammte Scheiße. Was soll ich darauf antworten? Ich werde sie nicht anlügen, weil ihr das nur noch mehr Hoffnungen machen wird. Aber ich kann auch kein Arschloch sein und ihr sagen, dass ich nicht einmal an sie gedacht habe, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben.
Kendall setzt sich auf und kneift ihre Augen zusammen. »Diese Frage lässt sich mit Ja oder Nein beantworten, Garrett. Hast du mich vermisst?«
Mein Blick schweift zum Fenster. Jawohl, ich befinde mich im ersten Stock und denke ernsthaft darüber nach, aus dem verdammten Fenster zu springen, um mich vor dieser Konversation zu drücken.
Aber mein Schweigen spricht Bände, und plötzlich springt Kendall vom Bett auf, ihre blonden Haare fliegen in alle Richtungen, und sie sammelt ihre Klamotten zusammen. »O mein Gott! Du bist so ein Arschloch! Du machst dir rein gar nichts aus mir, stimmt’s, Garrett?«
Ich stehe auf und greife nach meiner Jeans. »Ich mache mir schon etwas aus dir«, protestiere ich. »Aber …«
Wütend zieht sie ihren Slip an. »Aber was?«
»Aber ich dachte, wir wären uns einig darüber, dass wir nichts Ernstes wollen.« Ich werfe ihr einen vielsagenden Blick zu. »Das habe ich dir von Anfang an gesagt.«
Ihr Gesichtsausdruck wird sanfter, und sie beißt sich auf die Unterlippe. »Ich weiß, aber ich … ich habe gedacht …«
Ich weiß genau, was sie gedacht hat – dass ich mich bis über beide Ohren in sie verlieben würde und aus unserem One-Night-Stand eine richtige Beziehung werden könnte.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum ich am Anfang einer Affäre überhaupt noch Regeln aufstelle. Meiner Erfahrung nach beginnt keine Frau eine Affäre und glaubt, dass es nur eine Affäre bleiben wird. Sie mag etwas anderes sagen und sich sogar selbst davon überzeugen, dass eine Affäre ohne jegliche Verantwortung für sie in Ordnung geht. Aber tief in ihrem Innern hoffen und beten alle Frauen, dass es zu etwas Festem wird.
Und dann komme ich, der Bösewicht in ihrer persönlichen romantischen Komödie, und lasse die Seifenblase platzen. Auch wenn ich ihr immer meine wahren Absichten genannt und ihr nicht für eine Sekunde falsche Hoffnungen gemacht habe.
»Ich lebe fürs Eishockey«, sage ich missmutig. »Ich trainiere sechs Tage die Woche, habe zwanzig Spiele im Jahr – oder mehr, wenn wir in die Nachsaison kommen. Ich habe keine Zeit für eine Freundin, Kendall. Und du verdienst weitaus mehr, als ich dir bieten kann.«
Sie blickt mich unglücklich an. »Ich will mehr als eine Bettgeschichte. Ich will deine Freundin sein.«
Ein weiteres Warum legt sich auf meine Lippen, aber ich beiße mir auf die Zunge. Wenn sie auch nur ein bisschen Interesse an mir gezeigt hätte, und zwar nicht nur an meinem Körper, dann würde ich ihr vielleicht glauben. Aber die Tatsache, dass sie das nie getan hat, bringt mich zu dem Schluss, dass sie nur mit mir zusammen sein will, weil ich eine Art Statussymbol für sie bin.
Ich schlucke meinen Frust hinunter und versuche es mit noch einer Entschuldigung. »Es tut mir leid, aber so sieht es im Moment bei mir aus.«
Als ich den Reißverschluss meiner Jeans schließe, konzentriert sie sich wieder darauf, ihre Klamotten anzuziehen. Obwohl das Wort Klamotten leicht übertrieben ist. Alles, was sie anhat, sind ihre Unterwäsche und ein Mantel. Das erklärt auch, warum Logan und Tucker wie Idioten gegrinst haben, als ich nach Hause gekommen bin. Wenn ein Mädchen im Mantel vor deiner Tür steht, dann weißt du verdammt gut, dass sie nicht viel drunter haben kann.
»Dann kann ich mich nicht mehr mit dir treffen«, sagt sie schließlich und blickt mir in die Augen. »Sonst entwickle ich nur mehr Gefühle für dich.«
Dagegen habe ich nichts einzuwenden. »Aber wir hatten Spaß, oder?«
Nach einem kurzen Moment lächelt sie. »Ja, wir hatten Spaß.«
Sie kommt auf mich zu und stellt sich auf die Zehenspitzen, um mich zu küssen. Ich erwidere ihren Kuss, allerdings nicht mit der gleichen Leidenschaft wie zuvor. Ich halte den Kuss für unverfänglich. Höflich. Die Affäre ist beendet, und ich werde sie nicht wieder heißmachen.
Ihre Augen funkeln schelmisch. »Lass es mich wissen, wenn du deine Meinung über feste Freundinnen änderst.«
»Du bist die erste Person, die ich anrufen werde«, verspreche ich ihr.
»Gut.«
Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange und geht zur Tür hinaus. Ich bleibe zurück und wundere mich, wie einfach das war. Ich hatte mich schon auf einen Streit eingestellt, aber abgesehen von ihrer anfänglichen Wut hat Kendall die Situation wie ein Profi gemeistert.
Wenn nur alle Frauen so umgänglich wären wie sie.
Ja, das war definitiv eine Anspielung auf Hannah.
Sex regt immer meinen Appetit an, also gehe ich nach unten und suche nach etwas zum Essen. Es freut mich zu sehen, dass noch Reis mit Hühnchen von Tucker übrig ist, unserem Koch. Wir anderen können kein Wasser zum Kochen bringen, ohne es zu verbrennen. Tucker hingegen ist in Texas bei seiner alleinerziehenden Mutter aufgewachsen, die ihm das Kochen beigebracht hat, als er noch in den Windeln steckte.
Ich setze mich in die Essecke und schiebe mir ein Stück Hühnchen in den Mund, als Logan nur mit Boxershorts bekleidet ins Zimmer kommt.
Er runzelt die Stirn, als er mich sieht. »Hey, ich habe nicht damit gerechnet, dich heute Nacht noch einmal zu sehen. Ich dachte, du wärst MFB.«
»MFB?«, frage ich mit vollem Mund. Logan liebt es, Akronyme zu verwenden, in der Hoffnung, dass wir sie als Slang einführen werden. In den meisten Fällen habe ich allerdings keine Ahnung, wovon er redet.
Er grinst. »Mit Ficken beschäftigt.«
Ich verdrehe die Augen und stecke mir eine Gabel Reis in den Mund.
»Ernsthaft, ist Blondie schon weg?«
»Ja.« Ich schlucke runter, bevor ich weiterrede. »Sie kennt die Regeln.« Die Regeln lauten: keine Freundin, keine Übernachtung.
Logan legt seine Unterarme auf die Arbeitsplatte, und seine blauen Augen leuchten, als er das Thema wechselt. »Ich kann es gar nicht erwarten, bis wir am Wochenende gegen St. Anthony’s spielen. Hast du schon gehört? Braxtons Sperre ist aufgehoben.«
Damit weckt er meine Aufmerksamkeit. »Echt jetzt? Er spielt am Samstag wieder?«
»Klar.« Logans Gesichtsausdruck wird richtig schadenfroh. »Ich freu mich schon darauf, das Gesicht dieses Arschlochs am Boden zu sehen.«
Greg Braxton ist der Star von St. Anthony und ihr bester Linksaußen. Menschlich gesehen ist er ein Haufen Scheiße. Der Kerl hat eine sadistische Ader, und die lebt er auch auf dem Eis aus. Als unsere Mannschaften in der Vorrunde gegeneinander angetreten sind, hat er einen unserer jüngsten Spieler mit einem gebrochenen Arm ins Krankenhaus geschickt. Deshalb wurde er für drei Spiele gesperrt, auch wenn er meiner Meinung nach eine lebenslange Sperre vom Universitätseishockey verdient hätte.
»Du musst ihn fertigmachen. Ich werde dir helfen«, verspreche ich.
»Darauf verlasse ich mich. Ach ja, und nächste Woche kommt Eastwood zu uns.«
Ich sollte unserem Spielplan wirklich mehr Beachtung schenken. Eastwood College ist auf Platz zwei in unserer Liga (nach uns, versteht sich), und unsere Spiele sind immer ein harter Brocken.
Und plötzlich kommt mir, dass ich gegen Eastwood gar nicht auf dem Eis stehen werde, wenn ich die Nachprüfung in Ethik nicht bestehe.
»Verdammt«, murmle ich.
Logan nimmt sich ein Stück Hühnchen von meinem Teller und schiebt es sich in den Mund. »Was ist los?«
Ich habe meinen Teamkollegen bis jetzt noch nichts von meinen Noten erzählt, weil ich gehofft hatte, dass meine Zwischenprüfung einigermaßen gut ausfallen würde. Aber jetzt muss ich die Katze wohl aus dem Sack lassen.
Seufzend berichte ich Logan von meiner Sechs in Ethik und davon, was das für das Team bedeuten könnte.
»Leg den Kurs ab«, sagt er sofort.
»Das kann ich nicht. Die Frist habe ich verpasst.«
»Verdammt.«
»Genau.«
Wir tauschen deprimierte Blicke aus, und dann setzt sich Logan auf den Stuhl neben mir und fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Dann musst du besser werden, Mann. Lern, was das Zeug hält, und zeig es dieser Kuh. Wir brauchen dich, Garrett.«
»Ich weiß.« Frustriert greife ich nach meiner Gabel und lege sie dann wieder hin, weil mir der Appetit vergangen ist. Es ist mein erstes Jahr als Captain, was eine große Ehre für mich ist, wenn man bedenkt, dass ich noch zu den Jüngeren gehöre. Ich sollte in die Fußstapfen meines Vorgängers treten und mein Team zur nächsten nationalen Meisterschaft führen. Aber wie kann ich das machen, wenn ich nicht mit ihnen auf dem Eis stehe?
»Ich habe eine Tutorin aufgetrieben«, versichere ich meinem Teamkollegen. »Sie ist echt ein Genie.«
»Gut. Bezahl ihr, was immer sie will. Ich kann dir ein bisschen unter die Arme greifen, wenn du willst.«
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Wow, du würdest mir mit Geld aushelfen? Dir scheint es wirklich wichtig zu sein, dass ich spiele.«
»Verdammt wichtig. Alles für den Traum, Mann. Du und ich in den Trikots der Bruins, weißt du noch?«
Ich muss zugeben, dass ist ein verdammt schöner Traum. Darüber reden Logan und ich, seit wir im ersten Jahr an der Uni zu Mitbewohnern wurden. Ich habe nie daran gezweifelt, nach dem Abschluss ein Profi-Eishockeyspieler zu werden. Und auch nicht daran, dass Logan einer wird. Dieser Kerl ist schneller als der Blitz und ein richtiges Tier auf dem Eis.
»Schau zu, dass du deine Note aufbesserst«, befiehlt er mir. »Ansonsten trete ich dir in den Arsch.«
»Beim Coach wird es noch mehr wehtun.« Ich bringe ein Lächeln zustande. »Keine Sorge, ich schaff das schon.«
»Gut.« Logan klaut mir noch ein Stück Hühnchen, bevor er aus der Küche verschwindet.
Ich schlinge den Rest meines Essens hinunter und gehe dann nach oben zu meinem Telefon. Es ist Zeit, Hannah ohne M mal ein bisschen unter Druck zu setzen.
Ich finde wirklich, du solltest am Ende des Stücks ein E singen«, beharrt Cass. Er klingt wie eine kaputte Platte, die am Ende unseres Duetts immer dieselbe sinnlose Leier abspielt.
Ich bin Pazifistin und halte nichts davon, Fäuste zum Lösen von Problemen einzusetzen. Organisierte Kämpfe finde ich barbarisch. Und beim Gedanken an Krieg wird mir übel, aber trotzdem bin ich ganzkurz davor, Cassidy Donovan ins Gesicht zu schlagen.
»Das ist mir zu tief.« Meine Stimme klingt beherrscht, aber die Verärgerung ist wohl nicht zu überhören.
Cass fährt sich frustriert mit der Hand durchs lockige dunkle Haar und wendet sich an Mary Jane, die unbeholfen auf der Klavierbank umherrutscht. »Du weißt, dass ich recht habe, Mary Jane«, fleht er sie an. »Es würde doch viel imposanter klingen, wenn Hannah und ich auf demselben Ton enden würden, statt zweistimmig zu singen.«
»Nein, es ist viel eindrucksvoller, wenn wir zweistimmig bleiben«, entgegne ich.
Ich weiß genau, was Cassidy vorhat. Er will, dass ich mich am Ende des Lieds an seine Tonlage anpasse. Seit wir beschlossen haben, beim Auswahlkonzert ein Duett zu singen, hört er nicht mit diesem Quatsch auf. Er tut alles, um seine Stimme in den Vordergrund zu stellen und meine in den Hintergrund.
Hätte ich gewusst, was für eine verdammte Diva Cass ist, dann hätte ich niemals zugestimmt, ein Duett mit ihm zu singen. Aber dieser Idiot hat beschlossen, sein wahres Gesicht erst nach den Proben zu zeigen, und jetzt ist es zu spät für einen Rückzieher. Ich habe schon zu viel Zeit in dieses Duett investiert, und ehrlich gesagt liebe ich das Stück. Mary Jane hat einen unglaublichen Song geschrieben, und ein Teil von mir will sie auf keinen Fall im Stich lassen. Außerdem weiß ich, dass die Fakultät Duette besser findet als Soloauftritte. Bei den letzten Auswahlkonzerten haben die Gewinner des Stipendiums immer Duette gesungen. Die Jury steht total auf komplexe Harmonik, und Mary Janes Stück ist voll davon.
»Was ist, Mary Jane?«, fordert Cass sie auf.
»Äh …«
Ich kann sehen, wie die kleine Blondine unter seinem Blick dahinschmelzt. So eine Wirkung hat Cass nun mal auf Frauen. Er ist unglaublich hübsch, und seine Stimme ist einfach phänomenal. Aber leider ist er sich dieser beiden Vorzüge nur allzu bewusst und hat keine Probleme damit, sie zu seinem Vorteil einzusetzen.
»Vielleicht hat Cass recht«, murmelt Mary Jane. Sie meidet den Blickkontakt zu mir, während sie mir in den Rücken fällt. »Lass es uns doch einmal so probieren, wie Cass es vorgeschlagen hat, Hannah, und dann sehen wir, was besser klingt.«
Verdammt! Ich würde am liebsten laut schreien, beiße mir aber auf die Zunge. Genau wie ich musste sich auch Mary Jane in den letzten Wochen immer wieder mit den unfassbaren Forderungen von Cass und seinen »brillanten« Ideen auseinandersetzen. Und ich kann es ihr nicht wirklich übel nehmen, dass sie sich um einen Kompromiss bemüht.
»Na gut«, murmle ich widerwillig. »Lasst es uns versuchen.«
Cassidys Augen leuchten triumphierend auf, aber es hält nicht lange an, denn nachdem wir das Lied noch einmal gesungen haben, ist klar, dass sein Vorschlag Mist ist. Die Tonlage ist viel zu tief für mich, und anstatt seinen grandiosen Bariton hervorzuheben, klingt mein Part so unbeholfen, dass mein Gesang die Aufmerksamkeit des Publikums auf meine Stimme lenken wird statt auf seine.
»Ich denke, Hannah sollte bei ihrem ursprünglichen Schlusston bleiben«, sagt Mary Jane und beißt sich auf die Lippen, als hätte sie Angst vor seiner Reaktion.
Dieser Kerl mag zwar arrogant sein, aber dumm ist er nicht. »Na gut«, sagt er schnippisch. »Wir machen es so, wie du willst, Hannah.«
Ich grinse ihn mit zusammengebissenen Zähnen an. »Danke.«
Zum Glück ist die Probe um. Ich will so schnell wie möglich hier raus, packe meine Sachen zusammen und schlüpfe in meine Jacke. Je weniger Zeit ich mit Cass verbringen muss, desto besser.
Ich kann ihn einfach nicht ausstehen.
Ironischerweise singen wir ein zutiefst emotionales Lied.
»Morgen um die gleiche Zeit?« Er sieht mich erwartungsvoll an.
»Nein, morgen sind wir um vier Uhr dran, schon vergessen? Ich arbeite Dienstagabend.«
Missbilligend blickt er mir ins Gesicht. »Du weißt schon, dass wir längst viel besser wären, wenn dein Zeitplan nicht so … unflexibel wäre.«
Ich runzle die Stirn. »Das sagt der Typ, der sich weigert, am Wochenende abends zu proben. Ich hätte nämlich samstags und sonntags Zeit.«
Er presst seine Lippen zusammen und verschwindet wortlos.
Idiot.
Hinter mir höre ich ein lautes Seufzen. Ich drehe mich um. Mary Jane sitzt immer noch am Klavier und sieht unglücklich aus.
»Es tut mir leid, Hannah«, sagt sie. »Als ich euch beide gefragt habe, ob ihr dieses Stück singen wollt, wusste ich nicht, dass Cass so schwierig ist.«
Mein Ärger verfliegt sofort. »Ach, das ist doch nicht deine Schuld«, versichere ich ihr. »Ich habe auch nicht gewusst, was für ein Idiot er ist. Aber er ist ein hervorragender Sänger, und darauf sollten wir uns konzentrieren, finde ich.«
»Und du bist eine hervorragende Sängerin. Deshalb habe ich mich für euch beide entschieden. Ich könnte mir niemanden vorstellen, der das Stück besser mit Leben füllen könnte, weißt du?«
Ich lächle sie an. Sie ist wirklich ein nettes Mädchen und noch dazu eine der talentiertesten Songwriterinnen, die ich je getroffen habe. Jedes Stück, das im Auswahlkonzert musiziert wird, muss von jemandem komponiert werden, der im Hauptfach Songwriting studiert. Und schon bevor Mary Jane auf mich zugegangen ist, hatte ich beschlossen, sie zu fragen, ob ich eines ihrer Lieder singen darf.
»Ich verspreche dir, wir werden das Beste aus deinem Lied herausholen. Ignorier einfach die blöden Wutausbrüche von Cass. Ich denke, er streitet einfach gern.«
Sie lacht. »Ja, wahrscheinlich. Bis morgen dann.«
»Punkt vier Uhr.«
Ich winke ihr zum Abschied zu und gehe nach draußen.
Was mir an Briar besonders gut gefällt, ist der Campus. Zwischen den alten, mit Efeu bewachsenen Gebäuden verlaufen Kopfsteinpflasterwege, die von schmiedeeisernen Bänken und von Ulmen gesäumt sind, die sich im Wind wiegen. Die Universität ist eine der ältesten im Land, und auf ihrer Absolventenliste stehen Dutzende einflussreicher Leute, darunter auch mehrere Politiker und Geschäftsführer großer Unternehmen.
Aber das Beste an dieser Uni ist die Sicherheit. Im Ernst, die Kriminalitätsrate ist gleich null. Das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass unserem Dekan das Wohlergehen seiner Studenten total wichtig ist. Die Universität investiert jede Menge Geld in die Sicherheit – in Form von strategisch platzierten Kameras und Sicherheitskräften, die vierundzwanzig Stunden am Tag durch die Anlage laufen. Nicht, dass es hier wie im Gefängnis wäre oder so. Die Sicherheitskräfte sind freundlich und unauffällig. Ich bemerke sie kaum, wenn ich auf dem Campus unterwegs bin.
Mein Wohnheim liegt nur fünf Minuten zu Fuß vom Probenraum entfernt, und ich atme erleichtert auf, als ich durch die massiven Eichenholztüren des Bristol House gehe. Es war ein langer Tag, und ich will nur noch duschen und dann ins Bett gehen.
Das Apartment, das ich mir mit Allie teile, gleicht eher einer Suite als einem normalen Wohnheimzimmer. Das ist einer der Vorteile, wenn man kein Neuling mehr ist. Wir haben zwei Schlafzimmer, ein kleines Wohnzimmer und eine noch kleinere Küche. Der einzige Nachteil ist das Gemeinschaftsbad, das wir uns mit vier anderen Mädchen auf dem Stockwerk teilen müssen, aber zum Glück ist keine von uns eine Chaotin. Die Toiletten und Duschen sind also normalerweise geschleckt sauber.
»Hey, du kommst aber spät.« Meine Mitbewohnerin steckt ihren Kopf in mein Schlafzimmer und zieht an dem Strohhalm, der aus ihrem Glas ragt. Sie trinkt etwas Grünes und Dickflüssiges, das absolut widerlich aussieht. Aber mittlerweile habe ich mich an diesen Anblick gewöhnt. Allie macht seit zwei Wochen eine Saftkur, was bedeutet, dass ich jeden Morgen von dem Lärm ihres Mixers geweckt werde, wenn sie ihre ekligen Flüssigmahlzeiten für den Tag zubereitet.
»Ich hatte Probe.« Ich kicke meine Schuhe in die Ecke und werfe meine Jacke aufs Bett. Dann ziehe ich mich bis auf die Unterwäsche aus, obwohl Allie noch im Türrahmen steht.
Am Anfang war ich noch zu schüchtern, mich vor ihr umzuziehen. Als wir uns im ersten Semester ein Doppelzimmer teilten, zog ich mich die ersten Wochen unter der Bettdecke aus oder wartete, bis Allie das Zimmer verlassen hatte. Aber im Wohnheim gibt es keine Privatsphäre, und früher oder später muss man das akzeptieren. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie peinlich es mir war, als ich zum ersten Mal die nackten Brüste meiner Mitbewohnerin sah. Allie hat wirklich null Schamgefühl, und als sie merkte, wie ich sie anstarrte, hat sie mir zugewinkt und grinsend gesagt: »Die muss man nicht verstecken, oder?«
Danach habe ich mir nicht mehr die Mühe gemacht, mich unter der Decke umzuziehen.
»Also, hör zu …«
Ihre Einleitung macht mich skeptisch. Ich wohne jetzt seit zwei Jahren mit Allie zusammen. Lange genug, um zu wissen, dass nach diesen Worten normalerweise etwas kommt, was ich nicht hören will.
»Hmmm?«, sage ich und nehme meinen Bademantel vom Haken an der Tür.
»Mittwochabend ist doch diese Party im Sigma-Haus, richtig?« Ihre blauen Augen funkeln mich unnachgiebig an. »Und du wirst mitkommen.«
Ich stöhne laut auf. »Eine Verbindungsparty? Auf gar keinen Fall.«
»Auf jeden Fall.« Sie verschränkt ihre Arme vor der Brust. »Die Zwischenprüfungen sind vorbei. Das funktioniert also nicht mehr als Ausrede. Und außerdem hast du mir versprochen, dass du dieses Jahr mehr unter Leute gehen wirst.«
Das stimmt, aber … ich hasse Partys.
Ich wurde auf einer Party vergewaltigt.
Gott, wie ich dieses Wort hasse. Vergewaltigung. Es ist eines der wenigen Worte, die sofort starke körperliche Empfindungen auslösen. Wie ein markerschütternder Schlag ins Gesicht oder eiskaltes Wasser, das einem über den Kopf geschüttet wird. Ich tue mein Bestes, um diesem Wort keine Kontrolle über mein Leben zu geben. Ich habe das, was mir passiert ist, verarbeitet. Wirklich.
Ich weiß, dass es nicht meine Schuld war. Ich weiß, dass ich es nicht provoziert oder heraufbeschworen habe. Der Vorfall hat mir nicht die Fähigkeit geraubt, anderen Menschen zu vertrauen, oder mich dazu gebracht, Angst vor jedem Mann zu haben, der mir über den Weg läuft. Eine mehrjährige Therapie hat mir dabei geholfen zu erkennen, dass die Schuld allein bei ihm liegt. Mit ihm hat etwas nicht gestimmt. Nicht mit mir. Niemals mit mir. Und die wichtigste Lektion, die ich gelernt habe, ist die, dass ich kein Opfer, sondern eine Überlebende bin.
Aber das heißt keineswegs, dass der Übergriff mich nicht verändert hätte. Es gibt einen Grund, warum ich immer Pfefferspray in meiner Handtasche und eine Kurzwahltaste für den Notruf auf meinem Telefon habe, wenn ich nachts alleine unterwegs bin. Es gibt einen Grund, warum ich in der Öffentlichkeit keinen Alkohol trinke und mich von niemandem auf ein Getränk einladen lasse – nicht einmal von Allie. Es könnte ja sein, dass sie mir unabsichtlich ein Glas gibt, in das jemand etwas hineingetan hat.
Und es gibt einen Grund, warum ich nicht gerne auf Partys gehe. Wahrscheinlich ist das meine Form von posttraumatischer Belastungsstörung. Ein Geräusch, ein Geruch oder ein total harmloser Anblick lassen die Erinnerungen wieder in mir aufsteigen. Ich höre laute Musik, Geschnatter und raues Gelächter. Ich rieche abgestandenes Bier und Schweiß. Ich bin mitten in einer Menschenmenge. Und plötzlich bin ich wieder fünfzehn Jahre alt und auf Melissa Mayers Party, gefangen in meinem persönlichen Albtraum.
Allies Stimme wird weich, als sie mein gequältes Gesicht sieht. »Das hatten wir doch schon, Hannah. Es wird so sein wie immer. Ich werde dich keinen Moment aus den Augen lassen, und keine von uns wird einen einzigen Tropfen Alkohol trinken. Versprochen.«
Schuldgefühle steigen in mir hoch. Schuldgefühle und Bedauern – und ein bisschen Ehrfurcht. Sie ist wirklich eine unglaubliche Freundin. Sie müsste nicht nüchtern bleiben und den ganzen Abend aufpassen wie ein Schießhund, nur damit ich mich besser fühle. Aber sie tut es trotzdem jedes Mal, wenn wir zusammen ausgehen. Und dafür liebe ich sie von ganzem Herzen.
Aber ich hasse die Tatsache, dass sie es machen muss.
»Okay«, gebe ich nach. Nicht nur um ihretwillen, sondern auch um meinetwillen. Ich habe ihr versprochen, mehr unter Leute zu gehen, aber ich habe auch mir selbst versprochen, dieses Jahr neue Dinge auszuprobieren. Um nicht immer diese verdammte Angst vor allem Unbekannten zu haben. Eine Verbindungsparty ist vielleicht nicht das, was ich unter Riesenspaß verstehe, aber wer weiß, vielleicht genieße ich es ja sogar.
Allies Gesicht hellt sich auf. »Juhu! Und ich musste nicht einmal meinen Trumpf ziehen.«
»Was für einen Trumpf?«, frage ich skeptisch.
Ein Grinsen legt sich um ihre Mundwinkel. »Justin wird auch dort sein.«
Mein Puls geht schneller. »Woher weißt du das?«
»Weil Sean und ich ihn im Speisesaal getroffen haben und er gesagt hat, dass er auch hingeht. Wahrscheinlich haben ein paar von den Sportidioten sowieso vorgehabt, zu kommen.«
Ich blicke sie finster an. »Er ist kein Sportidiot.«
»Ach, wie süß. Du verteidigst einen Footballspieler. Du hast wohl eine rosarote Brille auf.«
»Ha ha.«
»Im Ernst, Hannah, das ist doch total verrückt. Ich meine, versteh mich nicht falsch. Ich bin vollkommen deiner Meinung, dass man sich Hals über Kopf in jemanden verlieben kann. Wie lange ist es jetzt her, seit Devon Schluss gemacht hat? Ein Jahr? Aber ich verstehe nicht, wie gerade du auf einen Sportler stehen kannst.«
Ich spüre Unbehagen in mir aufsteigen. »Justin ist … er ist nicht wie die anderen. Er ist anders.«
»Sagt das Mädchen, das noch nie ein Wort mit ihm gewechselt hat.«
»Er ist anders«, beharre ich. »Er ist ruhig und ernsthaft. Und so, wie es aussieht, baggert er nicht wie seine Teamkollegen jedes Mädchen an. Ach ja – und er ist klug. Ich habe letzte Woche gesehen, wie er Hemingway gelesen hat.«
»Wahrscheinlich musste er das für die Uni lesen.«
»Musste er nicht.«
Sie kneift die Augen zusammen. »Woher willst du das wissen?«
Ich spüre, wie meine Wangen rot werden. »Eine Mitstudentin hat ihn vor ein paar Tagen im Kurs gefragt, wer sein Lieblingsautor ist. Und er hat gesagt: Hemingway.«
»O mein Gott! Jetzt belauschst du schon seine Gespräche? Du spinnst wirklich.« Allie seufzt laut auf. »Na gut, aber am Mittwochabend wirst du dich mit diesem Kerl richtig unterhalten.«
»Vielleicht«, sage ich unverfänglich. »Wenn sich die Möglichkeit ergibt …«
»Ich werde dafür sorgen, dass sich die Möglichkeit ergibt. Glaub mir. Wir werden dieses Verbindungshaus nicht verlassen, bevor du nicht mit Justin geredet hast. Und wenn du nur zu ihm gehst und sagst: ›Hey, wie geht’s?‹ Du wirst mit ihm reden.« Sie schnipst mit dem Finger in die Luft. »Verstanden?«
Ich kichere.
»Verstanden?«, wiederholt sie streng.
Nach kurzem Zögern atme ich tief ein und gebe mich geschlagen. »Verstanden.«
»Gut. Und jetzt geh schnell duschen, damit wir noch ein paar Folgen von Mad Men schauen können, bevor wir ins Bett gehen.«
»Eine Folge. Ich bin zu geschafft für mehr.« Ich grinse sie an. »Verstanden?«
»Verstanden«, murmelt sie, als sie aus meinem Schlafzimmer geht.
Ich kichere in mich hinein, während ich meine restlichen Duschsachen zusammensuche, aber da werde ich schon wieder abgelenkt. Aus meiner Tasche erklingt ein Miauen. Ich habe dieses Geräusch für Textnachrichten eingestellt, weil es mich genug nervt, um meine Aufmerksamkeit zu erregen.
Ich lege meinen Waschbeutel auf die Kommode, wühle in meiner Handtasche und bringe schließlich mein Handy zum Vorschein. Dann lese ich die Nachricht auf dem Display.
Hallo, hier ist Garrett. Wollte nur die Termine für die Nachhilfe vereinbaren.
Ach, du meine Güte.
Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Dieser Kerl ist hartnäckig. Das muss ich ihm lassen. Seufzend antworte ich ihm, nur ganz knapp und alles andere als freundlich.
Ich:Woher hast du meine Nummer?
Er:Stand in der Nummernliste der Lerngruppe.
Verdammt. Ich habe mich zu Beginn des Semesters für die Lerngruppe eingeschrieben. Aber das war, bevor Cass entschieden hat, dass wir montags und mittwochs ausgerechnet in der Zeit proben müssen, wenn die Lerngruppe stattfindet.
Bevor ich antworten kann, kommt eine weitere Nachricht. Und wer immer auch gesagt hat, dass es unmöglich ist, den Tonfall einer Person aus einer Textnachricht herauszulesen, liegt komplett falsch. Garretts Tonfall ist nämlich überaus gereizt.
Er:Wenn du in die Lerngruppe gegangen wärst, hätte ich dir nicht schreiben müssen.
Ich:Du musst mir überhaupt nicht schreiben. Ich fände es sogar besser, wenn du das bleiben lassen würdest.
Er:Was muss ich tun, damit du Ja sagst?
Ich:Gar nichts.
Er:Toll. Dann machst du es also umsonst.
Ich kann ein Seufzen nicht unterdrücken.
Ich:Nein.
Er:Wie wär’s mit heute Abend? Ich könnte um acht.
Ich:Geht nicht. Ich hab die Spanische Grippe. Total ansteckend. Ich hab dir soeben das Leben gerettet!
Er:Ich weiß deine Fürsorge zu schätzen. Aber ich bin immun gegen Epidemien, die von 1918 bis 1919 40Mio. Menschen ausgerottet haben.
Ich:Warum kennst du dich so gut mit Epidemien aus?
Er:Mein Hauptfach ist Geschichte, Baby. Ich weiß jede Menge unnütze Fakten.
Und schon wieder dieses »Baby«. Ich glaube, ich muss dem ein Ende setzen, bevor er mit seiner Flirterei weitermacht.
Ich:War nett, mit dir gechattet zu haben. Viel Glück bei deiner Nachprüfung.
Als einige Sekunden vergehen, ohne dass Garrett antwortet, gebe ich mir einen mentalen Klaps auf die Schulter, weil ich ihn so erfolgreich losgeworden bin.
Ich will gerade zur Tür hinausgehen, als ich eine Bildnachricht bekomme. Entgegen besseren Wissens lade ich sie herunter, und einen Moment später füllt eine nackte Brust mein Display. Jawohl. Ich rede über braun gebrannte Haut, wohlgeformte Muskeln und das heißeste Sixpack, das ich je gesehen habe.
Ich kann nicht anders, als laut zu schnauben.
Ich:Was soll das denn? Hast du mir etwa gerade ein Foto von deinem Oberkörper geschickt?
Er:Ja. Hat es funktioniert?
Ich:Was? Mich abzustoßen? Das hat funktioniert!
Er:Dass du deine Meinung änderst. Ich versuche nur, dich auf den Geschmack zu bringen.
Ich:Gute Idee, bring einfach jemand anderen auf den Geschmack. PS: Ich werde das Foto auf my-bri posten.
Damit meine ich MyBriar, das Äquivalent unserer Uni zu Facebook, in dem fünfundneunzig Prozent der Studenten registriert sind.
Er:Mach nur. Viele Mädchen werden froh sein, es zu sehen.
Ich:Lösch meine Nummer, du Spinner. Das meine ich ernst.
Ich will nicht mehr auf die Antwort warten. Also werfe ich mein Handy einfach aufs Bett und gehe duschen.
Die Briar University liegt acht Kilometer von Hastings, Massachusetts entfernt, wo es eine Hauptstraße und ungefähr zwei Dutzend Geschäfte und Restaurants gibt. Die Stadt ist so winzig, dass es an ein Wunder grenzt, dass ich dort einen Aushilfsjob gefunden habe, wofür ich jeden Tag dankbar bin. Die meisten Studenten müssen die stundenlange Fahrt nach Boston auf sich nehmen, wenn sie während des Semesters arbeiten wollen. Ich brauche entweder zehn Minuten mit dem Bus oder fünf Minuten mit dem Auto – und schon bin ich im Della’s, dem Diner, wo ich seit meinem ersten Semester kellnere.
Heute Abend habe ich Glück und kann mit dem Auto fahren. Ich habe eine Abmachung mit Tracy, einem der Mädchen aus meinem Stockwerk. Sie lässt mich ihr Auto benutzen, wann immer sie es nicht braucht, solange ich es vollgetankt wieder zurückbringe. Diese Abmachung ist vor allem im Winter praktisch, wenn sich die ganze Gegend in eine schneebedeckte Eislaufbahn verwandelt.
Ich mag meinen Job nicht besonders, aber so schlimm ist er auch wieder nicht. Ich bekomme gutes Geld, und es ist in der Nähe des Campus. Ich kann mich also nicht wirklich beschweren.
Bis auf heute Abend – da habe ich wirklich einen Grund, mich zu beschweren. Dreißig Minuten, bevor meine Schicht endet, kommt nämlich Garrett Graham an einen meiner Tische.
Ernsthaft.
Gibt dieser Kerl denn nie auf?
Ich habe überhaupt keine Lust, ihn zu bedienen, aber ich habe keine andere Wahl. Lisa, die andere Kellnerin, die mit mir Schicht hat, ist damit beschäftigt, eine Gruppe von Fakultätsmitgliedern am anderen Ende des Raumes zu bedienen, und meine Chefin Della steht hinter dem babyblauen Tresen und versorgt drei Erstsemester-Studentinnen mit Pecan Pie.