The Graham Effect - Elle Kennedy - E-Book

The Graham Effect E-Book

Elle Kennedy

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Beschreibung

Zwei Hockeytalente und ein Deal, der alles verändert

Gigi Graham hat drei Ziele: sich für die Eishockeynationalmannschaft der Frauen qualifizieren, olympisches Gold gewinnen und aus dem Schatten ihres berühmten Vaters treten, der eine Hockeylegende ist. Dafür braucht Gigi Hilfe von Luke Ryder. Der neue Co-Kapitän des Hockeyteams musste mit seiner Mannschaft an die rivalisierende Briar University wechseln. Da Luke es geschafft hat, sich bei Gigis Vater in die Nesseln zu setzen, erklärt er sich bereit, Gigi zu helfen, in die Nationalmannschaft zu kommen, wenn sie bei ihrem Dad ein gutes Wort für ihn einlegt. Und obwohl die beiden ihre Beziehung professionell halten wollen, wird die knisternde Spannung zwischen ihnen immer stärker ...

»Dieses Buch war für mich der Beginn meiner ›booktok hockey era‹.« THE GLOSS BOOK CLUB

Die TIKTOK-Sensation von SPIEGEL-Besteller-Autorin Elle Kennedy

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Seitenzahl: 729

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Prolog

Hockey-Kings-Übertragung

1

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Briar University Eishockeyteam Männer

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Hockey-Kings-Übertragung

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Hockey-Kings-Übertragung

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Einheizen mit Josh Turner

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Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Elle Kennedy bei LYX

Impressum

Elle Kennedy

The Graham Effect

Roman

Ins Deutsche übertragen von Silvia Gleißner

Zu diesem Buch

Gigi Graham hat drei Ziele: sich für die Eishockeynationalmannschaft der Frauen qualifizieren, olympisches Gold gewinnen und aus dem Schatten ihres berühmten Vaters treten. So weit, so gut … es gibt nur ein kleines Problem – oder, besser gesagt, zwei: Sie muss ihr Spiel hinter dem Netz verbessern – und dafür braucht sie die Hilfe von Luke Ryder. Der neue Co-Kapitän des Hockeyteams ist unverschämt sexy, aber ebenso unausstehlich. Er musste mit seiner Mannschaft an die Briar University wechseln, und die Stimmung zwischen den einstigen Erzrivalen ist mehr als schlecht. Alle wissen, dass nur ein paar Spieler es in die Mannschaftsauswahl schaffen werden. Zu allem Übel hinterlässt Luke auch noch einen schlechten Eindruck bei Gigis Vater, der Hockeylegende Garrett Graham. Also erklärt Luke sich bereit, Gigi zu helfen, in die Nationalmannschaft zu kommen, wenn sie bei ihrem Dad ein gutes Wort für ihn einlegt. Und obwohl die beiden ihre Beziehung professionell halten wollen, wird die knisternde Spannung zwischen ihnen immer stärker ...

Prolog

GIGI

Ist der berühmt oder so?

Sechs Jahre zuvor

Als ich klein war, fragte mich einer von Dads Freunden einmal, was ich denn später werden wolle.

Ich antwortete stolz: »Stanley Cup.«

Mein vierjähriges Ich glaubte, der Cup sei eine Person. Genau genommen hatte ich aus all den Gesprächen Erwachsener um mich herum herausgehört, dass mein Dad Stanley Cup persönlich kannte – tatsächlich war er ihm mehrere Male begegnet –, was eine Ehre war, die nur der absoluten Elite zuteilwurde. Was bedeutete, dass Stanley, wer immer dieser großartige Mann war, irgendwie eine Legende sein musste. Ein Phänomen. Eine Person, der man nachstreben musste.

Vergesst meinen Dad, der sich nur zu einem mickrigen Profisportler entwickelte. Oder meine Mutter, die lediglich eine preisgekrönte Songschreiberin war. Ich würde Stanley Cup werden und die verdammte Welt beherrschen.

Ich weiß gar nicht mehr, wer meine Seifenblase zum Platzen brachte. Wahrscheinlich mein Zwillingsbruder Wyatt. Er ist ein reueloser Seifenblasenzerstörer.

Doch der Schaden war angerichtet. Während Wyatt damals von unserem Dad einen ganz normalen Spitznamen verpasst bekam – das altbewährte »Champ« –, nannte man mich Stanley. Oder Stan, wenn man zu faul für mehr war. Sogar Mom, die immer so tut, als würde sie sich über all die fiesen Spitznamen ärgern, die in der Hockeyszene so in Umlauf sind, passiert manchmal ein Missgeschick. Letzte Woche beim Abendessen bat sie Stanley, ihr die Kartoffeln rüberzureichen. Weil sie eine Verräterin ist.

Und heute Morgen kommt noch ein Verräter mehr auf die Liste.

»Stan!«, ruft eine Stimme vom anderen Ende des Flurs. »Ich bin kurz weg und hole Kaffee für deinen Dad und die anderen Trainer. Willst du auch was?«

Ich drehe mich um und sehe den Assistenten meines Vaters finster an. »Du hast versprochen, mich nie so zu nennen.«

Tommy hat wenigstens so viel Anstand, zerknirscht zu wirken. Doch dann wirft er seine Höflichkeit über Bord. »Okay. Erschieß nicht den Boten, aber vielleicht ist es Zeit, zu akzeptieren, dass du da einen aussichtslosen Kampf führst. Willst du einen Rat von mir?«

»Nein.«

»Ich sage, umarme den Spitznamen, mein wunderbarer Liebling.«

»Niemals«, grummle ich. »Aber ich werde ›mein wunderbarer Liebling‹ umarmen. Nenn mich weiter so. Damit fühle ich mich zart, aber machtvoll.«

»Alles klar, Stan.« Er lacht über mein wütendes Gesicht und fragt: »Kaffee?«

»Nein, alles gut. Aber danke.«

Tommy hüpft davon, ein Bündel unerschöpflicher Energie. In den drei Jahren, in denen er nun schon persönlicher Assistent meines Dads ist, habe ich den Mann nie auch nur fünf Minuten Pause machen gesehen. Wahrscheinlich laufen sogar seine Träume auf einem Laufband ab.

Ich gehe weiter den Flur entlang zu den Umkleiden der Damen, wo ich schnell meine Sneakers aus- und meine Skates anziehe. Es ist halb acht Uhr früh, womit mir eine Menge Zeit für ein morgendliches Aufwärmen bleibt. Wenn das Trainingscamp erst zum Leben erwacht, fängt das Chaos an. Bis dahin habe ich die Eishalle ganz für mich allein. Nur ich und eine frische Schicht wundervolles, sauberes Eis, unbeschädigt von all den Kufen, die es bald zerkratzen werden.

Die Zamboni dreht gerade ihre letzte Runde, als ich hinausgehe. Ich inhaliere die mir liebsten Düfte der Welt: die beißend kalte Luft und den scharfen Geruch von Böden mit Gummibelag. Den metallischen Geruch meiner frisch geschärften Kufen. Es ist schwer zu beschreiben, wie gut es sich anfühlt, das alles einzuatmen.

Ich gehe aufs Eis und drehe ein paar langsame, bequeme Runden. Ich mache bei diesem Juniorentraining gar nicht mit, aber mein Körper lässt nicht zu, dass ich je von meiner Routine abweiche. Solange ich denken kann, bin ich immer frühmorgens aufgewacht, um mein eigenes privates Training zu absolvieren. Manchmal verordne ich mir einfache Übungen. Manchmal gleite ich nur ziellos über das Eis. Während der Hockeysaison, wenn ich zum richtigen Training muss, achte ich darauf, mich mit diesen kleinen Solorunden nicht zu überanstrengen. Aber diese Woche bin ich nicht zum Spielen hier, sondern nur, um meinem Dad zu helfen. Also hält mich nichts davon ab, in vollem Sprint die Bande entlangzulaufen.

Ich laufe schnell und kraftvoll, fliege förmlich hinter das Tor, nehme die enge Kurve und beschleunige voll auf die blaue Linie zu. Als ich dann langsamer werde, pocht mein Herz so laut, dass es einen Moment lang die Stimme von der Home Bench übertönt.

»… hier sein!«

Ich drehe mich um und sehe einen Typen etwa in meinem Alter dort stehen.

Das Erste, was ich an ihm registriere, ist sein finsterer Blick.

Das Zweite, was mir auffällt, ist, dass er trotz besagten finsteren Blickes erstaunlich gut aussehend ist.

Er hat eins dieser anziehenden Gesichter, die sich eine finstere Miene erlauben können, ohne dass das irgendwelche ästhetischen Konsequenzen hätte. Irgendwie macht es ihn nur noch heißer. Gibt ihm diese schroffe Bad-Boy-Aura.

»Hey, hast du gehört?« Seine Stimme ist tiefer, als ich erwartet habe. Er klingt, als sollte er eher auf einer Veranda in Tennessee Countryballaden singen.

Er steigt durch die kurze Tür hinaus, und seine Skates treffen auf das Eis. Er ist groß, bemerke ich. Er überragt mich. Und ich glaube, ich habe noch nie Augen in einem solchen Blau gesehen. Unglaublich dunkel. Stahlhartes Saphirblau.

»Tut mir leid, was?«, frage ich und versuche, ihn nicht anzustarren. Wie kann jemand derart attraktiv sein?

Seine schwarzen Hockeyhosen und der graue Jerseyanzug passen zu seiner großen Gestalt. Er ist irgendwie schlaksig, aber sogar mit fünfzehn oder sechzehn schon gebaut wie ein Hockeyspieler.

»Ich sagte, du solltest nicht hier sein«, blafft er.

Und einfach so ist es vorbei. Oh, okay. Der Typ ist ein Arsch.

»Und du schon?«, fordere ich ihn heraus. Das Training beginnt nicht vor neun Uhr. Das weiß ich sicher, denn ich habe Tommy dabei geholfen, die Terminpläne für die Willkommenspakete an alle zu kopieren.

»Ja. Heute ist der erste Tag vom Hockeytraining. Ich bin hier zum Aufwärmen.«

Diese magnetischen Augen mustern mich von oben bis unten. Er registriert meine engen Jeans, das lila Sweatshirt und meine leuchtend pinken Legwarmers.

Dann zieht er eine Augenbraue hoch und fährt fort: »Du musst deine Termine durcheinandergebracht haben. Eiskunstlauftraining ist nächste Woche.«

Ich mache schmale Augen. Korrigiere – der Typ ist ein Riesenarsch.

»Eigentlich bin ich ja …«

»Im Ernst, Ballkönigin«, unterbricht er mich angespannt. »Du hast keinen Grund, hier zu sein.«

»Ballkönigin? Hast du dich schon mal im Spiegel gesehen?«, kontere ich. »Du bist doch der, der aussieht, als sollte er zum Ballkönig gewählt werden.«

Die Verärgerung in seiner Miene feuert meine eigene an. Ganz zu schweigen von diesem selbstgefälligen Schimmer in seinen Augen. Letzteres ist das, was meine Entscheidung zementiert, mich mit ihm anzulegen.

Er denkt, ich gehöre nicht hierher?

Und er nennt mich Ballkönigin?

Ah ja … sei so gut und fick dich ins Knie, Sackgesicht.

Mit unschuldigem Blick schiebe ich meine Hände hinten in die Hosentaschen. »Sorry, aber ich gehe nirgendwohin. Ich muss wirklich an meinen Drehungen und Rittbergern arbeiten, und soweit ich sehen kann« – ich mache eine Handbewegung in Richtung der riesigen leeren Eisfläche –, »ist hier genug Platz für uns beide zum Trainieren. Wenn du mich jetzt entschuldigst, die Ballkönigin muss wirklich weitermachen.«

Er macht wieder ein finsteres Gesicht. »Ich habe dich nur so genannt, weil ich nicht weiß, wie du heißt.«

»Schon mal daran gedacht, mich einfach zu fragen?«

»Na gut.« Er gibt ein Brummen von sich. »Wie heißt du?«

»Geht dich nichts an.«

Er hebt resigniert die Hände. »Na, auch egal. Du willst hierbleiben? Dann bleib. Tob dich aus mit deinen Rittbergern. Aber komm nicht zu mir gekrochen, wenn die Trainer auftauchen und dich rauswerfen.«

Damit skatet er davon und besudelt mein makelloses Eis mit den tiefen Spuren seiner Kufen. Er fährt im Uhrzeigersinn, also fahre ich aus Trotz gegen den Uhrzeigersinn. Als wir auf unserer Runde aneinander vorbeikommen, wirft er mir einen finsteren Blick zu. Ich grinse zurück. Und dann, weil ich eben eine Nervensäge bin, mache ich spontan eine Reihe Sitzpirouetten. Ich gehe auf einem Bein in die Hocke und strecke das andere Bein waagerecht vor mir aus, was bedeutet, dass es sich bei seiner zweiten Runde direkt in seinem Weg befindet. Ich höre ein lautes Seufzen, bevor er in die andere Richtung fährt, um mir auszuweichen.

Die Wahrheit ist, dass ich als Kind tatsächlich ein wenig Eiskunstlauf betrieben habe. Ich war nicht gut genug – oder interessiert genug –, um dabeizubleiben, aber Dad beharrte darauf, dass ich von den Unterrichtsstunden profitieren würde. Er hatte nicht unrecht damit. Im Hockey geht es ganz um physisches Spiel, aber Eiskunstlauf erfordert mehr Finesse. Nach nur einem Monat, in dem ich die Grundlagen lernte, konnte ich schon erhebliche Verbesserungen in meiner Balance, Geschwindigkeit und Körperhaltung erkennen. Die Nebenarbeit, die ich in diesen Stunden verfeinert habe, hat mich zu einer besseren Läuferin gemacht. Zu einer besseren Hockeyspielerin.

»Okay, im Ernst, geh aus dem Weg.« Er kommt zum Stehen und Eisspäne spritzen von seinen Kufen. »Ist schon schlimm genug, dass ich mir hier das Eis mit dir teilen muss. Zeig wenigstens ein bisschen verdammten Respekt vor persönlicher Distanzzone, Ballkönigin.«

Ich gehe aus der Pirouette wieder hoch und verschränke die Arme. »Hör auf, mich so zu nennen. Ich heiße Gigi.«

Er schnaubt. »Na klar. Voll der Eiskunstlaufname. Lass mich raten. Das ist kurz für irgendwas Mädchenhaftes und Skurriles wie … Georgia. Nein. Gisele.«

»Es ist für gar nichts kurz«, antworte ich kühl.

»Im Ernst? Einfach nur Gigi?«

»Willst du jetzt echt über meinen Namen urteilen? Weil, wie ist denn dein Name so? Ich schätze mal, etwas echt ›Bro‹-mäßiges. Du bist voll ein Braden oder ein Carter.«

»Ryder«, brummt er.

»Na klar«, äffe ich ihn nach und fange an zu lachen.

Sein Gesichtsausdruck ist einen Moment lang stinksauer, bevor er sich in bloßen Ärger wandelt. »Bleib mir einfach aus dem Weg.«

Als er mir den Rücken zudreht, grinse ich und strecke ihm die Zunge heraus. Wenn dieser Idiot sich in meine kostbare frühmorgendliche Zeit auf dem Eis hineindrängen will, ist das Mindeste, was ich tun kann, ihm auch noch den allerletzten Nerv zu rauben. Also mache ich mich zu einem möglichst großen Störfaktor. Ich werde schneller, strecke die Arme links und rechts von mir aus und mache eine weitere Reihe Drehungen.

Verdammt. Eiskunstlauf macht Spaß. Ich hatte ganz vergessen, wie sehr.

»Und los geht’s, jetzt kriegst du dein Fett weg«, kommt da Ryders schneidende Stimme. Mit einem Unterton von Zufriedenheit.

Ich werde langsamer und höre das laute Echo von Schritten jenseits der Türen am Ende der Eisbahn.

»Mach dich besser dünne, Gisele, bevor du Garrett Graham sauer machst.«

Ich gleite hinüber zu Ryder und spiele die Dumme: »Garrett wer?«

»Willst du mich jetzt verarschen? Du weißt nicht, wer Garrett Graham ist?«

»Ist der berühmt oder so?«

Ryder starrt mich an. »Er ist der Hockeykönig. Das hier ist sein Trainingscamp.«

»Oh. Tja. Ich folge nur Eiskunstläufern.«

Ich schnippe meinen Pferdeschwanz nach hinten und gleite an ihm vorbei. Ich will noch eine letzte Figur laufen, hauptsächlich um zu sehen, ob ich noch irgendwas von dem weiß, was ich in meinen Stunden gelernt habe.

Ich werde schneller. Finde meine Balance. Ich habe keine Zacken vorn an den Kufen, weil ich Hockeyskates trage, aber dieser Sprung muss nicht von der Spitze aus erfolgen. Ich gehe in eine Drehung und gewinne an Schwung, während ich von der Kufe aus abhebe und mich in der Luft drehe.

Die Landung ist grauenhaft. Mein Körper ist nicht richtig ausgerichtet. Außerdem ist die Drehung zu weit, aber irgendwie schaffe ich es, nicht auf die Nase zu fallen. Mein völliger Mangel an Anmut lässt mich zusammenzucken.

»Gigi! Was zur Hölle machst du da? Willst du dir den Knöchel brechen da draußen?«

Ich drehe mich zum Plexiglas, etwa sechs Meter entfernt, hinter dem mein Vater steht und mich stirnrunzelnd ansieht. Er trägt eine Baseballkappe und ein T-Shirt mit dem Logo des Trainingscamps darauf, hat eine Trillerpfeife um den Hals hängen und einen Kaffeebecher aus Styropor in der Hand.

»Sorry, Dad«, rufe ich verlegen. »Ich habe nur ein bisschen Quatsch gemacht.«

Dann höre ich ein ersticktes Geräusch. Ryder bleibt neben mir stehen, und seine blauen Augen werden dunkel.

Ich drehe den Kopf und werfe ihm ein unschuldiges Lächeln zu. »Ist was?«

»Dad?«, knurrt er leise. »Du bist die Tochter von Garrett Graham?«

Ich kann nicht anders – ich muss über seine Entrüstung lachen. »Nicht nur das. Ich helfe heute bei euren Schussübungen.«

Seine Augen werden schmal. »Du spielst Hockey?«

Ich strecke die Hand aus und tätschle seinen Arm. »Keine Sorge, Ballkönig, ich gehe schonend mit dir um.«

Hockey-Kings-Übertragung

Ursprüngliches Sendedatum: 28. Juli

© The Sports Broadcast Corporation

JAKE CONNELLY: Stichwort absolute Katastrophen, ich vermute, das ist eine perfekte Überleitung zu unserem nächsten Themenabschnitt. Aus der Welt des College-Hockeys kommen gewaltige Neuigkeiten: Die Fusion von Briar und Eastwood. Wir sprechen hier von deiner Alma Mater, G.

GARRETT GRAHAM: Meine Tochter ist auch dort. Es bleibt in der Familie, weißt du?

CONNELLY: Auf einer Skala von eins bis zehn – mit eins Katastrophe und zehn Apokalypse –, wie schlimm ist es?

GRAHAM: Nun ja. Toll ist es nicht.

CONNELLY: Ich glaube, das nennt man Untertreibung.

GRAHAM: Ich meine, ja, schon. Aber dröseln wir das mal auf. Wenn man die Tatsache beiseitelässt, dass es so etwas noch nie gegeben hat – zwei D1-Eishockeyprogramme für Männer, die zu einem zusammengefasst werden? Unerhört. Aber ich vermute, das Ganze könnte auch Vorteile haben. Chad Jensen blickt hier auf ein Superteam. Ich meine, Colson und Ryder in einem Kader? Ganz zu schweigen von Demaine, Larsen und Lindley? Und mit Kurth im Torraum? Sag mir, wie dieses Team nicht unaufhaltsam sein soll.

CONNELLY: Auf dem Papier auf jeden Fall. Und ich bin der Erste, der Anerkennung zollt, wo sie verdient ist. Chad Jensen ist der am höchsten dekorierte Trainer im College-Hockey. Zwölfmal in den Frozen Four und sieben Siege in seiner Amtszeit an der Briar. Er hält den Rekord für Meisterschaftssiege …

GRAHAM: Bezahlt dich dein Schwiegervater dafür, dass du Loblieder singst? Oder machst du das gratis, um Anerkennungspunkte zu sammeln?

CONNELLY: Sagt der Mann, der drei dieser sieben Meisterschaften unter Jensen gewonnen hat.

GRAHAM: Tja, in Ordnung. Wir sind beide parteiisch. Aber Scherz beiseite, Jensen ist ein Wunderwirker, aber nicht einmal er kann Jahrzehnte bitterer Rivalität und Feindseligkeit auslöschen. Briar und Eastwood haben das jahrelang in ihrer Liga ausgefochten. Und jetzt sollen diese Jungs sich plötzlich vertragen?

CONNELLY: Er hat einen harten Job vor sich, so viel ist sicher. Aber wie du sagtest, wenn sie es hinkriegen, dass das Ganze funktioniert? Wenn sie als Team zusammenfinden? Könnte sein, dass dann etwas Magisches passiert.

GRAHAM: Entweder das oder die Jungs bringen sich gegenseitig um.

CONNELLY: Ich vermute, das werden wir bald erfahren.

1

GIGI

Die Magie eines nuttigen Bad-Boy-Idioten

Als Hockeyspieler ist man nicht nur jemand, der Hockey spielt.

Wer Hockey spielt, taucht eine Stunde vor einem Spiel an der Eisfläche auf, steigt in seine Skates, haut seine drei Drittel raus, zieht dann wieder seine Straßenklamotten an und jagt nach Hause.

Hockeyspieler leben nur für Hockey. Wir sind immer am Trainieren. Da buttern wir unsere ganze Zeit rein. Wir sind zwei Stunden vor dem Training da, um unser Spiel zu verbessern. Mental, physisch und emotional. Wir stärken, konditionieren und treiben unsere Körper bis an die Grenzen. Wir widmen unser Leben dem Sport.

Auf Collegelevel zu spielen, erfordert gigantische Hingabe, aber das ist eine Herausforderung, die ich immer bereitwillig angenommen habe.

Eine Woche vor Unterrichtsbeginn an der Briar University bin ich wieder bei meiner üblichen frühmorgendlichen Routine. Die Saisonpause ist toll, denn dann kann ich mehr Zeit mit Freunden und Familie verbringen, lange schlafen und mir Junkfood gönnen, aber ich freue mich immer, wenn eine neue Saison beginnt. Ohne meinen Sport fühle ich mich verloren.

Heute Morgen laufe ich Übungen auf einer der beiden Eisflächen im Performance Center der Briar. Nur eine simple Schussübung, bei der ich in einer Kurve beschleunige und den Puck aufs Tor schieße. Und auch wenn ich mich jedes Mal selbst schimpfe, wenn ich danebenschieße, geht doch nichts über das Geräusch eines Pucks, der in einer leeren Arena gegen die Bande prallt.

Das mache ich etwa eine Stunde lang, bis ich bemerke, dass Trainer Adley an der Home Bench steht und in meine Richtung gestikuliert. Mit durchgeschwitztem Trainingstrikot skate ich zu ihm.

Er zieht einen Mundwinkel hoch. »Du solltest nicht hier sein.«

Ich ziehe meine Handschuhe aus. »Sagt wer?«

»Sagen die Regeln der NCAA in Bezug auf Training außerhalb der Saison.«

Ich grinse. »In Bezug auf offizielles Training unter Leitung des Trainingspersonals. Ich bin hier nur dabei, in meiner Freizeit ein wenig zu laufen.«

»Du weißt, dass du dich nicht so hart antreiben musst, G.«

»Wow«, ziehe ich ihn auf. »Soll das heißen, Sie wollen, dass ich Leistung abseits meiner Fähigkeiten bringe?«

»Nein, ich will, dass du noch etwas Sprit im Tank behältst für …« Dann unterbricht er sich und lacht leise. »Weißt du was? Nichts. Ich vergesse immer wieder, dass ich ja mit einer Graham rede. Du bist die Tochter deines Vaters.«

Mein Funken Stolz wird von einem Hauch Unmut gedämpft. Wenn man berühmte Eltern hat, verbringt man sehr viel Zeit in deren Schatten.

Als ich zu spielen anfing, war mir klar, dass man mich immer mit meinem Vater vergleichen würde. Dad ist eine lebende Legende, daran führt kein Weg vorbei. Er hält so viele Rekorde, dass man sie gar nicht mehr alle überblicken kann. Der Mann hat in der Profiliga gespielt, bis er vierzig war. Und noch mit vierzig gewann er in dieser letzten Saison haushoch. Er hätte locker noch ein oder zwei Jahre spielen können, aber Dad ist klug. Er hörte auf dem Höhepunkt seiner Karriere auf. Genau wie Gretzky, mit dem er ständig verglichen wird.

Diese leichte Kränkung ist etwas, das ich im Zaum halten muss. Ich weiß das. Wenn man mit irgendwem verglichen werden will, dann mit einem der größten Sportler aller Zeiten. Ich denke, vielleicht bin ich ja nur von all den frauenfeindlichen Vorbehalten gezeichnet, die mit den Komplimenten einhergingen, die ich über die Jahre bekommen habe.

Sie hat echt gut gespielt … für ein Mädchen.

Ihre Statistiken sind beeindruckend … für eine Frau.

Einem männlichen Hockeyspieler erzählt keiner, er hätte erstaunlich gut gespielt für einen Mann.

Die Wahrheit ist, dass Hockey für Männer und für Frauen zwei ganz verschiedene Biester sind. Frauen haben weniger Gelegenheiten, nach dem College weiterzuspielen, die Profiliga hat weniger Zuschauer und drastisch niedrigere Gehälter. Ich verstehe das – ein Spiel der NHL zieht wahrscheinlich x-mal mehr Zuschauer an als alle Frauen-Hockeyspiele zusammen. Die Männer verdienen jeden Cent, den sie bezahlt bekommen, und jede Gelegenheit, die sich ihnen bietet.

Es bedeutet einfach, dass ich als weibliche Spielerin aus jeder Gelegenheit, die mir geboten wird, Kapital schlagen muss.

Und das bedeutet? Die Olympischen Spiele, Baby.

Seit ich sechs Jahre alt war, ist es mein Ziel, es ins Team USA zu schaffen und olympisches Gold zu gewinnen. Und darauf arbeite ich seitdem hin.

Der Trainer öffnet mir die Banktür. »Will dein Dad dieses Jahr immer noch herkommen, um sein Trainingscamp aufzumotzen?«

»Ja, irgendwann diese Woche. Vorher braucht er noch ein wenig Zeit zur Erholung. Wir sind erst letzte Woche von unserem jährlichen Trip zum Tahoe zurückgekommen.«

Meine Familie verbringt den August jedes Jahr am Lake Tahoe, wo uns dann enge Freunde und Familienmitglieder besuchen. Da geben sich dann den ganzen Sommer lang Besucher die Klinke in die Hand.

»Dieses Jahr waren ein paar von Dads früheren Boston-Teamkollegen da, und ich will nur so viel sagen, dass jeden Morgen eine Menge Kerle auf unserem Steg ihren Rausch ausschliefen«, füge ich grinsend hinzu.

»Möge Gott diesem See beistehen.« Adley weiß ganz genau, zu welchem Ärger Dad und seine Teamkameraden fähig sind. Er war Assistenztrainer bei den Boston Bruins, als Dad für sie spielte. Genau genommen ist Dad derjenige, der Tom Adley angeworben hat, um das Frauenprogramm an der Briar zu leiten.

Selbst wenn ich dem Schatten meines Vaters entfliehen wollte – sein Name steht draußen am Gebäude. The Graham Center. Dank seiner Spende bekam das Frauenprogramm vor etwa zehn Jahren eine komplette Umgestaltung. Neue Räumlichkeiten, neues Trainingspersonal, neue Rekrutierer, um die besten Talente auf der Highschool zu finden. Das Programm war jahrelang nur ein blasser Vergleich zu dem der Männer, bis Dad ihm neues Leben einhauchte. Er meinte, er wolle, dass ich in ein solides Programm einsteigen könne, falls ich beschließen sollte, auf die Briar zu gehen.

Falls.

Ha.

Als wäre ich irgendwo anders hingegangen.

»Was machen Sie heute überhaupt hier?«, frage ich den Trainer, als wir durch den Tunnel gehen.

»Jensen hat mich gebeten, bei seinem Trainingslager auszuhelfen.«

»Oh shit, das fängt heute an?«

»Ja, und tu mir einen Gefallen und sag den Mädchen, dass sie sich zurückhalten sollen. Es ist ein geschlossenes Training. Falls Jensen irgendwen von euch sieht, ich weiß von nichts.«

»Was meinen Sie damit, die Mädchen …«

Aber der Trainer verschwindet schon um die Ecke zu den Trainerbüros.

Ich bekomme meine Antwort, als ich in die Umkleide komme und dort einige meiner Teamkameradinnen versammelt vorfinde.

»Hey G, bleibst du hier und siehst dir das Desaster an?« Whitney Cormac, unsere Kapitänin, grinst mich von ihrem Platz auf der Bank an.

»Verdammt, ja. Das will ich nicht verpassen. Aber Adley sagt, wir müssen unauffällig bleiben, sonst flippt Jensen aus.«

Camila Martinez, wie ich drittes Jahr, schnaubt hörbar. »Ich denke, Jensen wird viel zu beschäftigt damit sein, die schäumenden Pitbulls zu bändigen, um zu bemerken, wenn ein paar von uns auf der Tribüne lauern.«

Ich hole meinen Kulturbeutel aus dem Spind. »Lasst mich kurz duschen, danach treffe ich euch draußen.«

Ich lasse die Mädchen im Umkleidebereich zurück und steige in die Dusche. Dort tauche ich den Kopf unter das warme Wasser und frage mich, wie um alles in der Welt das Männerteam die Fusion von Briar und Eastwood überleben soll. Das ist eine derart erdbebenartige Veränderung im Programm, und sie hat so schnell stattgefunden, dass sie eine Menge Spieler kalt erwischt hat.

Eastwood College war jahrelang unser Rivale. Letzten Monat sind sie pleitegegangen. Im Sinne von, die ganze Universität hat dichtgemacht. Wie sich herausstellte, waren die Anmeldungen auf den Nullpunkt gesunken. Das Einzige, was die Schule noch über Wasser gehalten hatte, waren einige ihrer Sportprogramme, insbesondere das Hockeyprogramm für Männer. Es war schon todsicher, dass Eastwood seine Tore schließen würde, und dann wären alle seine Athleten am Arsch gewesen. Doch da kam die Briar U in die Gänge, um die Lage zu retten und ihnen wie ein Boss aus der Klemme zu helfen. Was bedeutet, dass Eastwood nun ein Teil von Briar ist – eine Entwicklung, die mehr als nur ein paar Veränderungen mit sich bringt.

Ihr Campus in Eastwood, New Hampshire, etwa eine Stunde Fahrt von Boston entfernt, wurde offiziell in Briar’s Eastwood Campus umbenannt. Dort werden noch immer ganztägig Kurse angeboten, aber um die Prozesse zu optimieren, wurden alle Sportstätten geschlossen, mit dem Ziel, diese Gebäude umzufunktionieren.

Und natürlich das Wichtigste: Das männliche Hockeyteam von Eastwood wurde in das männliche Hockeyteam der Briar eingegliedert.

Trainer Chad Jensen hat jetzt die wenig beneidenswerte Aufgabe, zwei riesige Kader aufzunehmen und zu einem einzigen zusammenzufassen. Eine Menge Jungs von beiden Schulen, die neu ins Team gekommen waren, werden jetzt ihre Plätze verlieren.

Ganz zu schweigen davon, dass sie sich gegenseitig nicht ausstehen können.

Das würde ich um nichts auf der Welt verpassen wollen.

Ich beende meine Dusche und ziehe dann verwaschene Jeans und ein Tanktop an. Ich bürste mein nasses Haar zu einem Pferdeschwanz und schmiere mir etwas Feuchtigkeitscreme ins Gesicht, weil die Luft in der Arena mir immer die Haut austrocknet.

Meine Teamkameradinnen warten auf der Tribüne auf mich. Klugerweise haben sie beschlossen, die Bänke zu meiden, und sitzen stattdessen links von den Strafbänken und einige Reihen weiter oben. Nahe genug, damit wir alles hören, was geredet wird, aber diskret genug, dass wir hoffen können, Trainer Jensens Aufmerksamkeit zu entgehen.

Whitney rutscht etwas, damit ich neben ihr sitzen kann.

Die gedämpften Geräusche zu groß geratener Jungs im Kabinengang wecken meine Aufmerksamkeit.

Vor mir reibt sich Camila die Hände und wirft mir einen Blick reiner Schadenfreude zu. »Jetzt geht’s los.«

Sie tauchen in Zweier- und Dreiergruppen auf. Zwei aus dem zweiten Studienjahr hier, ein paar aus dem vierten Jahr da. Sie tragen entweder schwarze oder graue Trainingsanzüge. Mir fällt auf, dass ein paar der Jungs unbehaglich an ihren Ärmeln zupfen und das Gesicht verziehen, als bereite es ihnen körperliche Beschwerden, die Farben der Briar zu tragen.

»Irgendwie tun mir die Eastwood-Jungs leid«, bemerke ich.

»Mir überhaupt nicht«, antwortet Camila und grinst breit. »Die werden uns mindestens ein Jahr lang mit Unterhaltung versorgen.«

Ich richte den Blick auf das Eis. Noch nicht alle haben ihre Helme auf, und mir fällt ein vertrautes Gesicht ins Auge. Mein Herz stottert, als ich ihn sehe.

»Case sieht gut aus«, meint Whitney mit einem wissenden Unterton. Es ist unerträglich.

»Ja«, antworte ich unverbindlich.

Aber sie hat nicht unrecht. Genau das macht es ja so unerträglich. Mein Ex-Freund sieht dummerweise echt gut aus. Groß und blond, mit blauen Augen, die sich zum Farbton eines Sommerhimmels erwärmen, wenn er seinen Charme spielen lässt.

Er plaudert gerade mit seinem Kumpel Jordan Trager. Bisher hat er mich nicht bemerkt, und darüber bin ich froh. Das letzte Mal, als wir uns sahen, war im Juni, obwohl wir den Sommer über auch ein wenig miteinander geschrieben haben. Er wollte mich besuchen kommen. Ich lehnte ab. Ich traue mir selbst nicht, wenn Case da ist. Allein die Tatsache, dass mein Herz gerade eben einen dummen Satz gemacht hat, sagt mir, dass ich richtig damit lag, ihn im Sommer abzuweisen.

»Oh mein Gott, ich bin verliebt.«

Camila lenkt meine Aufmerksamkeit von Case weg, hin zu einem anderen Neuankömmling.

Okay, wow. Der ist unbestreitbar heiß. Dunkelblondes Haar, hellgraue Augen und ein Gesicht, das den Verkehr zum Erliegen bringen könnte. Er muss ein Eastwood sein, denn ich habe ihn noch nie gesehen.

Camila ist praktisch am Sabbern. »Ich glaube, mich hat das Profil eines Jungen noch nie so angemacht.«

Inzwischen sind einige der Jungs beim Aufwärmen und skaten nahe an der Bande entlang, ihre Schläger in den Händen. Ich mustere die Spieler prüfend, aber ich erkenne keinen von ihnen.

Camila beugt sich vor und späht nach unten. »Wer von denen ist Luke Ryder?«, fragt sie neugierig. »Ich habe gehört, dass Jensen ihn gar nicht wollte.«

»Hm-hm, klar, er wollte den besten Stürmer des Landes nicht haben«, meint Whitney trocken. »Das bezweifle ich doch sehr.«

»Hey, der Junge hat einen gewissen Ruf«, kontert Cami. »Ich würde es Jensen nicht übelnehmen, wenn er sein Programm sauber halten will.«

Da ist was dran. Wir haben alle gesehen, was vor einigen Jahren bei den World Juniors passierte, als Luke Ryder und ein Teamkamerad in der Umkleide aneinandergerieten, nachdem die USA-Jungs Gold geholt hatten. Ryder brach dem Typen den Kiefer, woraufhin der ins Krankenhaus musste. Der ganze Vorfall wurde ziemlich unter dem Deckel gehalten – oder zumindest das Motiv dahinter. Auch wer den Streit angefangen hat, wurde nie erklärt, aber wenn man bedenkt, dass der andere Spieler die schwereren Verletzungen davongetragen hat, hatte Ryder anscheinend eine Rechnung zu begleichen.

Soweit ich gehört habe, ist er seitdem sauber geblieben, aber wenn man einen anderen Spieler verprügelt, wird man das nicht mehr los. Es ist ein Fleck auf der weißen Weste, egal was für eine Punktstatistik man hat.

»Das ist er«, sage ich und deute auf das Eis.

Luke Ryder skatet rüber zu dem Blonden, den Cami immer noch anhimmelt, und einem anderen Spieler mit raspelkurzem dunklen Haar. Ich erhasche einen kurzen Blick auf Ryders kantige Kinnpartie, bevor er seinen Helm aufsetzt und sich abwendet.

Er ist noch so attraktiv, wie ich ihn in Erinnerung habe. Nur dass er jetzt kein schlaksiger Fünfzehnjähriger mehr ist. Er ist ein erwachsener Mann, gut gebaut und muskulös. Er strahlt reine Kraft aus.

Seit diesem Jugendtrainingscamp, das mein Dad vor fünf oder sechs Jahren geleitet hat, habe ich ihn nicht mehr persönlich gesehen. Bis heute reagiere ich gereizt, wenn ich daran denke, mit welcher Geringschätzung er mich damals behandelt hat. Hat mir erzählt, ich würde nicht aufs Eis gehören. Hat mich noch dazu für eine Eiskunstläuferin gehalten. Und er hat mich als Ballkönigin tituliert. Blödmann. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, ihm das freche Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, als wir später eine Zwei-gegen-Eins-Übung absolvierten, bei der ich ihm und einem anderen Typen davonfuhr und den Puck ins Tor schlug. Es sind die belanglosen Kleinigkeiten, die mich froh machen.

»Er ist echt sexy«, meint Whitney.

»Das ist die Magie des nuttigen Bad-Boy-Idioten«, mischt sich Cami ein. »Macht solche Kerle heißer.«

Wir kichern alle.

»Ist er denn ein nuttiger Bad Boy?«, fragt Whitney.

Cami lacht und meint: »Na ja, das mit dem Bad Boy ist ziemlich offensichtlich. Schau ihn dir nur an. Aber ja, er hat total den Ruf eines Aufreißers. Aber irgendwie nicht auf konventionelle Art.«

Ich pikse sie in den Rücken und grinse. »Was heißt das? Wie reißt man denn jemanden unkonventionell auf?«

»Das heißt, dass er sich keine besondere Mühe gibt, sich flachlegen zu lassen. Er stellt niemandem nach und zieht auch nicht diese ganze Masche von wegen großspuriger Spieler ab. Meine Cousine hat ihn letztes Jahr auf einer Party gesehen, und sie sagte, der Typ hätte die ganze Zeit nur grübelnd in der Ecke gestanden. Hat den ganzen Abend kein Wort zu irgendwem gesagt, aber irgendwie gibt es immer einen Schwarm durstiger Mädels, die sich ihm an den Hals werfen. Im Prinzip kann der Typ sich aussuchen, wen er flachlegt.«

Da durchdringt ein Pfeifen die Luft. Instinktiv nehmen wir Haltung an, und das, obwohl es nicht einmal unser Training ist.

Trainer Jensen skatet auf das Eis, im Schlepptau zwei Assistenztrainer und Tom Adley. Er bläst wieder in seine Trillerpfeife. Zwei scharfe Pfiffe.

»Aufstellen! Ich will zwei Reihen in der Mitte sehen.« Seine Stimme hallt durch die riesige Arena.

Helme und Gesichtsgitter werden aufgesetzt und Handschuhe gerichtet, während die Teams sich aufstellen. Es sind weniger Jungs hier, als ich erwartet hatte.

»Hatte Eastwood nicht fast dreißig Leute im Kader?«, frage ich Whitney.

Sie nickt. »Ich habe gehört, dass er das Trainingscamp in zwei Übungsgruppen aufteilen will. Das ist wahrscheinlich nur die erste.«

Ich grinse gequält, als mir auffällt, wie die Teams sich aufreihen. Die Briars stehen Schulter an Schulter. Die Eastwoods tun dasselbe. Ryder steht zwischen seinen beiden Kumpels, die Zähne zusammengebissen.

»In Ordnung«, ruft Jensen und klatscht in die Hände. »Verschwenden wir keine Zeit. Wir haben diese Woche eine Menge zu erledigen, um den Kader endgültig festzulegen. Wir fangen mit einer einfachen Dump-and-Chase-Übung an. Um ein bisschen Energie abzubauen, in Ordnung?«

Die anderen Trainer treiben alle hinter einem Tor in Position. Aufgrund der Art, wie sie sich vorhin aufgestellt haben, bestehen die meisten Spielerpaare aus einem Briar und einem Eastwood.

Das sollte witzig werden.

»Ich will, dass der erste Spieler, der in Ballbesitz kommt, auf das Tor schießt. Und dass der zweite Spieler den Angriff stört, um den Puck zurückzuholen.«

Erneut pfeift er, um das Training zu starten. Es ist eine der einfachsten Übungen, die es gibt, aber trotzdem durchläuft mich immer noch Erregung. Ich liebe dieses Spiel. Alles an Hockey ist reines Hochgefühl.

Jensen schleudert den Puck in die Ecke hinter das Tor gegenüber, und das erste Paar rast an der Bande entlang dorthin. Auf ihren Trainingsanzügen stehen keine Namen oder Zahlen, daher weiß ich nicht, wen ich da sehe.

Aber beim zweiten Paar identifiziere ich sofort Case. Nicht anhand seines Aussehens, sondern anhand seines typischen Stils, diesem schnellen Schuss. Case Colson hat im ganzen Collegehockey die präziseste Schussplatzierung. Er könnte wahrscheinlich den meisten NHL-Torhütern einen echt harten Kampf bieten. Tampa hat ihn aus gutem Grund rekrutiert.

»Das ist viel langweiliger, als ich dachte«, grummelt Whitney. »Wo ist das Feuerwerk?«

»Echt wahr«, stimmt Camila ein. »Lasst uns einfach abhauen …«

Kaum sind die Worte über ihre Lippen, als besagtes Feuerwerk losgeht.

Es fängt mit einem harten Forecheck von Jordan Trager an. So wie bei Case habe ich auch genug Spiele der Briar gesehen, um Tragers aggressiven Stil zu identifizieren. Er gibt gern den Schläger. Außerdem ist er voll der Arsch. Daher ist mir klar, dass er wie üblich eine dicke Lippe riskiert, als der andere Spieler seine Aggression zurückgibt.

Bevor ich blinzeln kann, sind die Handschuhe aus.

In einem echten Collegehockeyspiel sind Kämpfe nicht erlaubt. Die beiden Dumpfbacken würden aus dem Spiel geworfen und säßen während des nächsten Spiels auf der Bank. Beim Training würde man es normalerweise missbilligen und wahrscheinlich ahnden.

Beim heutigen Training?

Lässt Jensen das Ganze sich entwickeln.

»Verdammt.« Whitney pfeift durch die Zähne, als der Eastwood einen kräftigen Haken auf Tragers linker Wange landet.

Tragers Wutschrei dröhnt durch die Eishalle. Nur einen Moment später sind beide voll im Kampf, packen sich gegenseitig an den Trainingsanzügen und lassen die Fäuste fliegen. Laute, wilde Anfeuerungsrufe kommen von ihren Teamkameraden, die sich näher um den Kampf drängen.

Als die beiden Spieler aufs Eis stürzen, in einem Durcheinander aus Beinen und Schlittschuhen, gibt Cami einen alarmierten Ruf von sich.

»Wieso schreitet Jensen nicht ein?«, ruft sie.

Chad Jensen steht nur drei Meter entfernt und blickt gelangweilt drein. Um ihn herum herrscht Chaos. Briars, die Trager anstacheln. Eastwoods, die ihrem Kameraden zujubeln. Ich sehe, wie Case hinskaten will, um einzugreifen, nur um stehen zu bleiben, als der Briar-Captain David Demaine ihm eine Hand auf den Arm legt.

»Ach du Scheiße, Doppel-D lässt es auch zu«, staunt Camila.

Ich stimme zu, das ist irgendwie schockierend. Demaine ist so friedfertig, wie man nur sein kann. Wahrscheinlich der Kanadier in ihm.

Erst als rote Tropfen auf dem Weiß landen, nimmt endlich jemand die Sache in die Hand.

Ich ziehe überrascht die Augenbrauen hoch, als ich erkenne, dass es Ryder ist. Seine große Gestalt setzt sich mit einem forschen Lauf in Bewegung. Ein Blinzeln später zerrt er seinen Eastwood-Kameraden weg von Trager.

Als Trager aufsteht und auf den anderen losgehen will, stellt sich Ryder zwischen die beiden zornroten Spieler. Ich weiß nicht, was er zu Trager sagt, aber was immer es ist, es lässt den Typen auf der Stelle stehen bleiben.

»Gott, ist das sexy«, haucht Whitney.

»Einen Streit zu schlichten?«, frage ich amüsiert.

»Nein, er hat es geschafft, Trager zum Schweigen zu bringen. Das ist ein gottverdammtes Wunder.«

»Das Erotischste, was jemand machen kann«, stimmt Cami zu, und wir lachen alle.

Trager ist ein total großmäuliger, aggressiver Idiot. Als ich mit Case zusammen war, habe ich ihn geduldet, aber es gab Tage, an denen selbst das schwierig war. Ich nehme an, das ist der eine Lichtblick an unserer Trennung. Kein Trager mehr.

Jensen bläst in die Trillerpfeife, bevor seine befehlende Stimme schließlich durch das Getümmel dringt. »Training ist vorbei. Seht zu, dass ihr verdammt noch mal von meinem Eis kommt.«

»Lasst uns auch verschwinden«, meint Whitney mit einem drängenden Unterton in der Stimme.

Ich stimme ihr da voll zu. Jensen muss wissen, dass wir hier sind, aber auch wenn er uns vorhin nicht hinausgeworfen hat, haben wir gerade mitangesehen, wie sein Training zu einem blutigen Faustkampf wurde. Für das, was danach kommt, will er mit Sicherheit kein Publikum.

Ohne ein weiteres Wort hasten wir drei die Tribüne hinunter. Unten angekommen müssen wir uns entscheiden. Entweder zum Kabinengang, durch den gerade die Spieler mit eingezogenem Schwanz flüchten. Oder wir versuchen, durch die Türen abzuhauen, wo sich Jensen und die anderen Trainer versammeln.

Statt den Zorn von Jensen zu riskieren, entscheiden wir uns in stiller Übereinkunft, den Ausgang zu meiden. Wir erreichen den Eingang zum Kabinengang gleichzeitig mit einigen Eastwoods.

Luke Ryder stutzt einen kurzen Moment, als er mich bemerkt. Dann werden seine Augen schmal – diese so dunkelblauen Augen, die ich nie vergessen habe –, und einer seiner Mundwinkel geht hoch.

»Gisele«, meint er spöttisch.

»Ballkönig«, spotte ich zurück.

Mit einem leisen Lachen wirft er mir noch einen letzten kurzen Blick zu, bevor er davongeht.

2

RYDER

Keine Haustiere. Niemals.

Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und sage, dass wir nicht den besten ersten Eindruck abgeliefert haben.

Ich könnte mich auch irren. Vielleicht steht Chad Jensen ja auf Blut und Gewalt während seines Trainings. Vielleicht ist er der Typ Trainer, der auf dem Eis unbedingt eine Schlacht à la Herr der Fliegen will, um die Männer von den Jungs zu trennen.

Aber die Mordlust in seinen Augen verrät mir: Nein, er ist nicht diese Sorte Trainer.

Seine Miene wird stürmisch, ungeduldiger, während wir uns hastig einen Sitzplatz suchen. Jensen hat uns nur fünf Minuten zum Umziehen gegeben, und so sehen alle in der Gruppe gehetzt und unordentlich aus, stecken T-Shirts in die Hose und streichen sich das Haar glatt, während wir in den Medienraum marschieren.

In diesem Raum befinden sich doppelt so viele Leute, wie auf dem Eis waren. Die zweite Übungsgruppe war bereits hier versammelt und hat mit einem der Assistenztrainer einen Film über ein Spiel angesehen. Alle in Gruppe zwei beäugen die Neuankömmlinge mit wachsamer Miene.

Drei Sitzreihen, ausgerichtet auf den riesigen Bildschirm, der als Mittelpunkt des Raums dient. Ich will nicht lügen, aber die Bude ist sehr viel netter als die in Eastwood. Die Stühle sind gepolstert und lassen sich sogar drehen.

Trainer Jensen steht in der Mitte des Raums, während drei Assistenten sich mit versteinerter Miene an die Wand neben der Tür lehnen.

»Habt ihr euch jetzt abreagiert?«, fragt er kalt.

Keiner sagt ein Wort.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Rand Hawley sich den Kiefer reibt. Er hat einen üblen Treffer von Colsons Lakai abbekommen. Trotzdem hätte er es besser wissen müssen, als zuzulassen, dass Trager ihn derart provoziert.

Da ich die letzten Jahre gegen Briar gespielt habe, bin ich mit allen Mitgliedern des Kaders vertraut. Ich kenne die meisten ihrer Statistiken und weiß, bei wem ich aufpassen muss. Trager war immer jemand, den man im Auge behalten muss. Er hat einen Ruf als prahlerischer Schläger und ein einzigartiges Talent, Strafen zu provozieren.

Aber er ist nicht meine größte Konkurrenz. Das wäre … ich werfe einen kurzen Blick zu dem blonden Typen in der ersten Reihe. Case Colson.

Er ist wirklich der einzige Typ in diesem Raum, um den ich mir Gedanken machen muss. Eine Schönheit an Spielkunst. Er ist der wertvollste Spieler der Briar, was bedeutet, dass er zweifellos in der ersten Reihe steht.

In meiner Reihe.

Na ja, es sei denn, Jensen verarscht mich und stellt mich in die zweite Reihe.

Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Nicht in der ersten Reihe zu spielen … oder in derselben Reihe wie Colson zu spielen. Plötzlich soll ich darauf vertrauen, dass ein Briar mir den Rücken deckt? Oh ja, ganz bestimmt.

»Sicher, dass wir uns hier alle vertragen?«, fragt der Trainer und lässt den Blick weiter über die Runde schweifen. »Niemand sonst, der sein Ding zum Schwanzvergleich rausholen will? Damit rumwedeln will, um zu sehen, wer hier den größten hat?«

Noch mehr Schweigen.

Jensen verschränkt die Arme. Er ist eine große, imposante Figur mit dunklen Augen und graumeliertem Haar, noch immer breitschultrig und fit, wenn man bedenkt, dass er schon in den Sechzigern ist. Er sieht mindestens zehn Jahre jünger aus.

Zweifellos, der Mann ist der beste Trainer im Collegehockey. Wahrscheinlich tut es deshalb so weh – die Erinnerung daran, dass er mich abgelehnt hat, als ich auf die Briar wollte.

Seit meinem zweiten Jahr an der Highschool hatte ich Rekrutierer abblitzen lassen. Sogar welche von der Briar, der Schule meiner ersten Wahl. Doch beim Abschluss, als es Zeit war, eine Wahl zu treffen, lag kein Stipendium von der Briar auf dem Tisch. Ich erinnere mich noch an den Morgen, an dem ich meinen Stolz hinunterschluckte und um ein Telefonat mit Jensen bat. Himmel, ich wäre sogar den ganzen Weg von Phoenix nach Boston gefahren, um mit ihm persönlich zu sprechen. Aber dann machte er am Telefon deutlich, dass er nach »sorgfältiger Überlegung« beschlossen habe, dass ich nicht in sein Programm passen würde.

Tja, jetzt ist er der Angeschmierte, richtig?

Nicht nur, dass ich jetzt hier bin, sondern ich bin auch der beste Spieler in diesem Raum. Ein Draft-Pick der ersten Runde, zum Teufel noch mal.

»Gut. Nachdem der Pisswettbewerb jetzt vorbei ist, lasst mich eins ganz klar sagen. Solltet ihr beim Training jemals mein Eis derart respektlos behandeln, werdet ihr diese Schule nicht als Mitglied meines Hockeyteams vertreten.«

Rand, der keinerlei Filter und keine Ahnung hat, wie man die Stimmung in einem Raum richtig deutet, beschließt sich zu verteidigen. »Bei allem Respekt, Coach«, sagt er finster, »Eastwood hat damit nicht angefangen. Das war ganz allein Briar.«

»Ihr seid Briar!«, grollt Jensen.

Das bringt meinen Teamkameraden zum Schweigen.

»Ihr begreift es nicht. Ihr seid jetzt ein Team. Es gibt kein Eastwood. Ihr alle seid Mitglieder des männlichen Hockeyteams der Briar.«

Einige Jungs rutschen auf ihrem Sitz hin und her und fühlen sich sichtlich unwohl.

»Seht mal, die Situation ist nicht ideal, okay? Diese Fusion hat in letzter Minute stattgefunden. Sie hat euch nicht viel Zeit gelassen, auf andere Colleges zu wechseln oder einen Platz in anderen Programmen zu finden. Ihr wurdet unfair behandelt«, konstatiert er schlicht.

Eine kurze Sekunde lang begegnet er meinem Blick, bevor er wieder wegsieht und sich auf jemand anderen konzentriert.

»Und ich verspreche euch, ich werde mein Bestes tun, um euch in einem anderen Team unterzubringen, falls ihr es nicht in diesen Kader schafft.«

Das großzügige Angebot erstaunt mich. Jensen hat den Ruf, ein gefühlloser Mistkerl zu sein, aber vielleicht hat er ja auch eine sanftere Seite.

»Nachdem das gesagt ist, bleibt die Tatsache, dass ich hier fast sechzig Jungs habe, und nicht einmal die Hälfte von euch wird es in den finalen Kader schaffen. Das sind keine guten Zahlen.« Sein Tonfall ist grimmig. »Viele von euch werden es nicht in dieses Team schaffen.«

Die Stille wird ohrenbetäubend. Ihn das so nüchtern sagen zu hören, fühlt sich nicht gut an. Nicht einmal für mich. Ich bin höchst zuversichtlich, dass Jensen mir einen Platz in diesem Kader gibt, aber sogar ich empfinde eine gewisse Beklemmung.

»Also, die Woche läuft folgendermaßen. Da wir hier alle abgezockt wurden, haben wir von der NCAA die Genehmigung bekommen, ein einwöchiges Trainingscamp abzuhalten, um unsere Zahlen runterzubringen. Am Ende dieser Woche werde ich den finalen Kader sowie die Liste derjenigen veröffentlichen, die im ersten Spiel starten werden. Danach werden Coach Maran, Coach Peretti und ich uns zusammensetzen und die endgültige Aufstellung festlegen. Irgendwelche Fragen soweit?«

Alle Hände bleiben unten.

»Dann möchte ich, dass ihr zwei vorläufige Captains für die Dauer des Trainingslagers bestimmt. Sobald der Kader feststeht, könnt ihr dann entweder neu wählen oder bei den beiden bleiben, die ihr heute wählt.«

Zwei?

Ich hebe überrascht den Kopf und schaue hinüber zu Shane Lindley, meinem Teamkameraden und besten Freund. Auch er wirkt fasziniert, und seine dunklen Augen leuchten. Eigentlich kam Eastwood ohne Captain in diese Fusion, denn unserer ergriff nach der Ankündigung die Flucht und wechselte zu Quinnipiac. So viel dazu, dass ein Kapitän mit seinem Schiff untergeht. Briars aktueller Captain ist David Demaine, der Frankokanadier.

»Ich glaube, für die Einheit des Teams sind Co-Captains der beste Weg. Ich möchte, dass ihr jeweils einen Spieler aus dem existierenden Briar-Kader wählt und einen von Eastwood.«

»Dachte, Sie hätten gesagt, wir wären alle dasselbe«, brummt jemand in der hinteren Reihe sarkastisch.

Das messerscharfe Gehör des Trainers funktioniert spitze. »Seid ihr auch«, fährt er den Mauler an. »Aber ich bin auch nicht so naiv, zu glauben, dass ich das nur sagen muss, und schon ist es so. Ich bin keine verdammte gute Fee, die mit dem Zauberstab wedelt, und schon ist das Leben perfekt, in Ordnung? Ich denke, der beste Weg, diese Kluft zu überwinden, besteht darin, zwei Captains zu haben – zumindest für diese Woche –, die zusammenarbeiten, um alle daran zu erinnern, dass wir ein Team sind …«

»Ich nominiere Colson«, wirft da Trager mit geschwollener Lippe ausdruckslos ein.

So unterbrochen, spannt sich Jensens Kiefer an.

»Ich nominiere Ryder«, ruft mein Teamkamerad Nazzy.

Ich unterdrücke ein Seufzen.

Okay, das hier wird kein guter Start.

Es ist offensichtlich, was hier gerade passiert. Sie haben die zwei besten Spieler zum Captain gewählt. Nicht notwendigerweise die zwei Spieler, die Captain sein sollten. Erstens sind wir beide im dritten Jahr. Von den Leuten im Abschlussjahrgang hier im Raum haben die meisten den Rang weit mehr verdient als wir.

Und zweitens habe ich verdammt noch mal nicht das Zeug zum Captain. Sind die irre? Meine Persönlichkeit taugt nicht zur Führungsperson. Ich bin nicht hier, um Händchen zu halten und alle zu lieben.

Ich bin der Typ, der seine verdammte Ruhe will.

Case Colson wirkt gleichermaßen genervt davon, in diese Farce hineingezogen zu werden. Aber als ich mich umsehe, starrt mir ein Meer aus entschlossenen Gesichtern entgegen. Meine Eastwood-Teamkameraden haben Kriegslust in den Augen, und ein paar nicken nachdrücklich. Die Briar-Spieler vermitteln eine ähnliche Entschlossenheit.

Der Trainer sieht in ihren Gesichtern das Gleiche wie ich. Die Frontlinien sind gezogen.

Er atmet hörbar aus. »Dann ist es das also? Das sind die, die alle wollen? Colson und Ryder?«

Zustimmendes Gemurmel erfüllt den Raum. Das ist eine Ansage, genau hier. Jede Seite will die andere wissen lassen, dass ihr Spieler, ihr Superstar, das Sagen hat.

»Verdammt«, brumme ich vor mich hin.

Shane kichert. Beckett Dunne auf meiner anderen Seite schnaubt. Ich möchte ja gern sagen, dass meine besten Freunde dieses Engel-Teufel-Ding abziehen, bei dem der eine ein Mistkerl ist und der andere auf meiner Schulter sitzt und Freundlichkeit und Mitgefühl versprüht. Das würde ich wirklich gern sagen.

Aber sie sind beide einfach nur Mistkerle, denen mein Elend großen Spaß macht.

»Ryder, kommst du damit klar?« Jensens scharfer Blick begegnet meinem.

Ich komme damit ganz und gar nicht klar.

»Ja, klar«, lüge ich. »Alles gut.«

»Colson?«, fragt Jensen.

Case wirft einen Blick zum Captain der letzten Saison. Demaine nickt ihm kurz zu.

»Wenn das Team es so will«, brummt Colson dann.

»Gut.« Jensen geht hinüber zum Podium, um etwas in ein Notizbuch zu kritzeln.

Gott hilf mir, verdammt.

Doch obwohl mir dieser ungewollte Titel aufgedrängt wird, kann ich nicht abstreiten, dass ich tatsächlich erleichtert bin, zu wissen, dass Jensen diesmal nicht versuchen wird, mich loszuwerden.

Der Coach legt seine Notizen beiseite und geht zum Whiteboard unter dem Multimedia-Bildschirm, einen schwarzen Marker in der Hand.

»Okay, nachdem das entschieden ist, gibt es noch ein paar Dinge, die wir vor Start des Trainingscamps durchgehen müssen. Punkt eins: »Was ist da draußen gerade mit Gruppe eins passiert? Das ist absolut in-ak-zep-tabel. Hört ihr?«

Jensen starrt direkt Jordan Trager und Rand Hawley an. Dann runzelt er die Stirn, denn keiner von beiden zeigt auch nur ein bisschen Reue. Nur Gereiztheit.

»An dieser Schule prügeln wir uns nicht«, sagt er. »Wenn ihr das noch mal macht, dann auf eigene Gefahr.«

Er dreht sich um und schreibt etwas an das Whiteboard.

Keine Schlägereien

»Punkt zwei, und das ist echt wichtig, also hoffe ich, dass ihr verdammt noch mal zuhört: Ich werde meine Ausdrucksweise für euch Ärsche nicht ändern. Falls eure Empfindlichkeiten nicht mit ein paar F-Wörtern zurechtkommen, dann habt ihr kein Recht darauf, Hockey zu spielen.«

Er schreibt noch etwas.

Fickt euch

Shane kichert leise.

»Punkt drei: So etwa einmal im Jahr kommt irgendeine Dumpfbacke auf die absurde Idee, dass das Team ein Haustier braucht. Ein lebendes Maskottchen in Gestalt einer Ziege, eines Schweins oder irgendeines anderen gottverlassenen Bauernhoftiers. Ich werde solche Ideen nicht mehr dulden. Kommt damit nicht zu mir – denn ich werde jede derartige Anfrage ablehnen. In der Vergangenheit gab es einen unglücklichen Vorfall, und weder ich noch die Universität wollen uns je wieder in diese Lage bringen. Wir sind seit zwanzig Jahren haustierfrei und werden das auf alle Ewigkeit bleiben. Verstanden?«

Als niemand antwortet, sieht er uns finster an.

»Verstanden?«

»Jawohl, Sir«, antworten alle.

Er dreht sich zum Whiteboard um.

Keine Haustiere. Niemals.

Beckett lehnt sich rüber und flüstert mir ins Ohr: »Was glaubst du, was das für ein unglücklicher Vorfall war?«

Ich zucke mit den Schultern. Als ob ich das wüsste.

»Vielleicht war es ein Huhn, und sie haben es aus Versehen gegessen«, meint Shane.

Beck wird blass. »Das ist düster.«

»In Ordnung, das war’s.« Jensen klatscht in die Hände. »Gruppe eins, ihr habt es echt versaut, also könnt ihr jetzt gehen. Wir sehen uns morgen Früh um neun Uhr wieder. Gruppe zwei, wir sehen uns in fünfzehn Minuten auf dem Eis.«

Der Raum wird lebendig, als alle aufstehen und die Sitzreihen entlang zum Gang schlurfen. Bevor ich zur Tür komme, ruft mir Jensen nach: »Ryder.«

Ich blicke über die Schulter. »Sir?«

»Einen Moment noch.«

Ich schlucke meine Besorgnis hinunter und gehe zu ihm hin. »Was ist, Coach?«

Er schweigt und mustert mich nur. Es ist enervierend, und ich widerstehe dem Drang, mit den Händen zu zappeln. Ich lasse mich nur selten von anderen einschüchtern, aber etwas an dem Mann bewirkt, dass ich feuchte Hände kriege. Vielleicht weil ich weiß, dass er mich nie hier haben wollte.

Ich hasse es, das zu wissen.

»Wird diese Captain-Sache ein Problem sein?«, fragt er schließlich.

Ich zucke mit den Schultern. »Schätze, das werden wir herausfinden.«

»Das ist nicht die Antwort, die ich hören will, Sohn.« Er wiederholt die Frage: »Wird das ein Problem sein?«

»Nein, Sir«, antworte ich pflichtgemäß. »Das wird kein Problem sein.«

»Gut. Denn ich kann mein Team nicht im Kriegszustand gebrauchen. Du musst aufstehen und eine Führungsrolle übernehmen, verstanden?«

Für einen Moment verliere ich die Selbstbeherrschung. »Kriegt Colson die gleiche Ansprache von Ihnen?«

»Nein, weil er sie nicht braucht.«

»Aber ich schon? Sie kennen mich doch nicht einmal.«

Meine Güte, halt um Himmels willen die Klappe, schimpfe ich mich selbst. Meinen neuen Trainer herauszufordern, wird mich nicht weiterbringen.

»Ich weiß, dass Einigkeit im Team nicht deine stärkste Seite ist. Ich weiß, dass dir eine Führungsrolle nicht im Blut liegt. Wir wissen beide, dass deine ehemaligen Teamkameraden dich wegen deiner Fähigkeiten auf dem Eis gewählt haben und nicht wegen deiner Führungsqualitäten – und eine solche Wahl endet nur in der Katastrophe. Vor diesem Hintergrund: Ich mische mich üblicherweise nicht darin ein, wen ein Team zum Captain wählt, und ich werde mich auch jetzt nicht einmischen. Aber ich habe dich im Auge, Ryder. Und ich werde sehr genau hinsehen.«

Ich schaffe es, meine Handflächen offen zu lassen, obwohl sie sich zu Fäusten ballen wollen. »Danke für die Vorwarnung. Kann ich jetzt gehen?«

Er nickt knapp.

Ich gehe hinaus und atme schwer aus, als ich draußen auf dem Flur bin. Die ganze Situation ist total beschissen. Ich habe keine Ahnung, wie sich das alles entwickeln wird, aber nach den Ereignissen von heute Morgen zu urteilen, wird es nicht schön.

Es dauert ein paar Augenblicke, bis ich mich orientiere und herausfinde, wie es aus dem Gebäude hinausgeht. Die Hockeyanlagen von Briar sind größer als die von Eastwood, und ein paar Korridore sind gefühlt Labyrinthe. Schließlich komme ich in die Lobby, einen höhlenartigen Raum, in dem Wimpel von den Dachsparren hängen und eingerahmte Trikots die Wände säumen. Durch die Glaswand am Eingang sehe ich einige meiner Freunde draußen herumlungern.

»Na, das war ja ein toller Morgen«, bemerkt Shane, als ich zu ihnen stoße.

»Ja, Mordsspaß«, stimme ich zu.

Die Sonne knallt mir ins Gesicht, also setze ich meine Sonnenbrille auf. Als ich nach der Highschool von Arizona an die Ostküste zog, ging ich davon aus, dass die September in Neuengland kalt seien. Ich hatte nicht erwartet, dass die sommerlichen Temperaturen nachklingen würden, manchmal bis weit in den Herbst hinein.

»Hoffentlich schneidet Gruppe zwei besser ab als wir«, meint Mason Hawley mit einem ironischen Lächeln. Mason ist Rands jüngerer Bruder und die meiste Zeit Rands Hüter.

»Das bezweifle ich«, meint Shane. »Dieses Riesenchaos lässt sich nicht in Ordnung bringen.«

Wie zum Beweis kommt da ein Haufen Briars aus der Arena, und als sie uns sehen, werden ihre Mienen finster. Sie bleiben oben an der Treppe stehen und wechseln wachsame Blicke. Dann brummt Case Colson Will Larsen etwas zu, und die Gruppe geht weiter.

Colson und ich sehen uns in die Augen. Nur einen Moment lang, bevor er den Blick abwendet und an uns vorbeimarschiert. Die Gruppe geht die Vordertreppe hinunter, ohne uns zur Kenntnis zu nehmen.

»Was für ein warmer Empfang«, meint Beckett und blickt ihnen nach. Immer wenn er sarkastisch ist, wird sein australischer Akzent stärker. Becks Familie zog in die Staaten, als er zehn war. Amerika hat ihm den Akzent im Grunde genommen ausgetrieben, aber er ist immer da und tänzelt quasi direkt unter der Oberfläche in seiner Stimme.

»Im Ernst, ich fühle mich ja so willkommen hier«, mischt sich Shane ein. »Diese ganzen Regenbögen und Einhörner von Briar machen mich ganz schwindlig.«

»Das Ganze ist voll zum Kotzen«, brummt Rand und schaut den Briars dabei immer noch nach. Dann strafft er die Schultern und wendet sich an mich. »Wir brauchen ein Notfallmeeting. Ich schicke eine Gruppennachricht. Können wir uns bei dir treffen?«

»Die zweite Gruppe ist noch im Training«, bemerkt Shane.

Rand holt schon sein Handy heraus. »Ich sage ihnen, dass sie am Mittag da sein sollen.«

Ohne auf Zustimmung zu warten, schickt er die SOS-Meldung raus. Und so ist ein paar Stunden später das Wohnzimmer unseres Stadthauses brechend voll mit über zwanzig Leuten.

Shane, Beckett und ich sind letzte Woche in dieses Haus gezogen. Unser Haus in Eastwood war größer, aber in Hastings, der Kleinstadt, die dem Campus der Briar am nächsten liegt, ist die Auswahl an Unterkünften nicht besonders groß. Vorher hatte ich mein eigenes Badezimmer, aber jetzt teile ich mir eins mit Beckett, der viel zu viel Zeug für seine Haare benutzt und damit die ganze Ablage vollmüllt. Für einen Fuckboy ist er tatsächlich irgendwie eine Tussi.

Apropos Fuckboys: Was das angeht, ist Shane der neue Gesalbte. Statt Rand zuzuhören, schreibt er gerade mit einem Mädchen, das er buchstäblich vor einer Stunde bei Starbucks kennengelernt hat. Schon seit Juni versucht Shane sich sein gebrochenes Herz von der Seele zu vögeln. Aber wenn man ihn fragt, wollten sie beide die Trennung.

Spoilerwarnung: So was gibt es nicht.

»In Ordnung, alle mal die Klappe halten«, befiehlt Rand. Er und Mason kommen aus Texas und haben beide einen leicht näselnden Akzent. Aber während Mason diese entspannte Südstaatenhaltung hat, ist sein älterer Bruder immer angespannt. »Wir müssen über diese Kadersache reden.«

Er wartet, bis alle still sind, und sieht dann mich an.

»Was?«, brumme ich.

»Du bist jetzt der Captain. Du musst das Meeting zum Laufen bringen.«

Ich lehne mich an die Wand und verschränke die Arme. »Ich möchte gern zu Protokoll geben, dass ich nicht Captain werden wollte, und ihr seid alle Mistkerle, weil ihr mir das angetan habt.«

Shane johlt.

»Oh ja, schlimme Sache«, meint Rand und verdreht die Augen. »Die haben Colsons Namen in den Ring geworfen. Was hätten wir denn sonst tun sollen?«

»Nicht mich nehmen?«, schlage ich kühl vor.

»Wir mussten eine Ansage machen. Unser Bester gegen ihren Besten.«

»Er ist nicht ihr Bester«, mischt sich da Austin Pope zögerlich ein. Der Lockenkopf steht zusammen mit ein paar anderen aus dem ersten Jahr neben einem der Ledersessel.

Rand sieht ihn finster an. »Was war das, Frischling?«

»Ich meine nur, dass es jetzt kein ›ihr Bester‹ und ›unser Bester‹ mehr gibt. Wir sind jetzt alle im selben Team.«

Er klingt so elend, wie wir uns fühlen.

»Na, egal. Können wir jetzt bitte über den Kader reden?«, fragt Rand ungeduldig.

»Was ist damit?«, fragt Beckett gelangweilt. Er tippt etwas auf seinem Handy und ist nur mit halbem Ohr dabei. »Jensen sucht sich aus, wen immer er will.«

»Wow, voll die inspirierenden Worte«, meint kichernd unser Torhüter, zweites Studienjahr, von seinem Platz auf der grauen Couch.

»Wir müssen uns nicht wirklich Sorgen machen, oder?« Austin sieht inzwischen richtig krank aus. »Er kann uns nicht alle rausdrängen, oder? Was, wenn er hingeht und mit Eastwood Tabula rasa macht?«

Alle starren ihn an.

»Was?«, fragt der Teenager daraufhin verlegen.

Shane grinst. »In ein paar Monaten spielst du bei den World Juniors. Du kommst auf jeden Fall in dieses Team, Kleiner.«

Von allen, die ich je gesehen habe, hat Austin das ungeschliffenste Talent. Außer mir natürlich. Eastwood hat ihn letztes Jahr intensiv umworben, und wir waren alle begeistert, als er annahm. In jenem Frühling hätte keiner von uns gedacht, dass unsere ganze verdammte Schule den Bach runtergehen würde.

Was mich noch mehr anpisst, ist, dass nur fünfundzwanzig Eastwoods beschlossen haben, an die Briar zu wechseln. Einige unserer anderen Teamkameraden, vor allem die, die jetzt ins vierte Jahr kommen, sind sofort nach der Ankündigung von Bord gesprungen. Ein paar sind an andere Colleges gewechselt. Ein paar sind in den Profisport gegangen. Ein paar haben das Team ganz verlassen. Und das sind diejenigen, die ich nicht verstehe. Echte Hockeyspieler wissen, dass man nicht einfach aufhört, wenn es mal hart wird.

Aber Shane hat recht. Austin hat keinen Grund zur Sorge. Viele von uns haben keinen Grund zur Sorge. Leicht zu erraten, auf wen Jensen zugehen wird. Shane, Beck und Austin fast sicher. Patrick und Nazem sind erst im zweiten Jahr, aber zwei der besten Läufer, die ich je gesehen habe. Micah, viertes Jahr, kann wahrscheinlich besser als alle anderen derzeitigen Spieler mit dem Schläger umgehen.

Das Problem, das ich sehe, als ich mich hier umschaue, ist, dass ich mehr Talente als freie Plätze sehe. Irgendwer – nein, viele irgendwers – werden zwangsläufig enttäuscht werden.

Rands Gesicht wird rot vor Zorn, als würde er ahnen, wohin meine Gedanken gehen. Dank Trager zeigt seine Wange bereits Zeichen eines Blutergusses.

»Wenn ich es nicht in dieses Team schaffe, aber dafür dieser Flachkopf Trager …«

»Du schaffst das schon«, versichert Mason seinem Bruder, aber er klingt nicht völlig überzeugt dabei.

»Wäre auch besser so«, gibt Rand zurück. »Und auch besser, wenn Eastwood stark ist. Alle von uns und ganz wenige von denen.«

Als neuer Co-Captain weiß ich, dass ich diesen Gedankengängen ein Ende machen sollte. Sie komplett zerquetschen. Denn wir können eine neue Saison nicht mit einer Wir-gegen-die-Mentalität anfangen.

Aber egal wie sehr Jensen sich etwas anderes wünscht – es ist wir gegen die. Ich spiele schon seit zwei Jahren mit meinen Teamkameraden von Eastwood zusammen. Wir sind ein Team, und letzte Saison haben wir den ganzen Weg bis zu den Frozen Four geschafft. Wir haben den Pokal nicht geholt, aber wir waren darauf eingestellt, das in diesem Jahr zu ändern.

Wer immer diese Fusion genehmigt hat, hat im Grunde genommen eine Knarre in die Hand genommen und einem Team, das dabei war, an die Spitze zu kommen, eine Ladung Schrot in den Rücken verpasst.

»Ihr kapiert es nicht«, knurrt Rand, sichtbar frustriert über den Mangel an Dringlichkeit bei unseren Teamkameraden. »Kann sich das denn keiner von euch ausrechnen? Allein in diesem Raum befinden sich sechzehn Stammspieler. Das heißt, damit wir alle Stammspieler bleiben, müsste Jensen seine gesamte schon existierende Aufstellung kippen.«

Die Verbitterung, die seine Züge verhärtet, färbt auf ein paar der anderen Jungs ab. Gesichter werden finster. Verärgertes Gemurmel erfüllt den Raum.