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Der hellste Stern braucht die dunkelste Nacht »The Stars are Dying« ist der Auftakt der spicy New Adult Fantasy-Trilogie »Nytefall«: düstere Romantasy um Vampire und Star-Crossed Lovers in einer Welt voller Magie, Geheimnisse und Verrat. Ich habe mehr als dreihundert Jahre darauf gewartet, dass du zurückkommst. In Astraeas Welt durchstreifen Vampire die Nacht auf der Jagd nach Blut und Seelen, und ein grausamer Herrscher hält die fünf Reiche der Menschen in seinem eisernen Griff. Astraeas eigene Vergangenheit aber ist in Dunkelheit gehüllt, nur bruchstückhafte Erinnerungen an fünf Jahre sind ihr geblieben. Bis sie eines Tages Nyte begegnet, dem geheimnisvollen, mächtigen Vampir, der sie in ihren Träumen verfolgt und dessen Schatten ihr tagsüber nie von der Seite weichen. Astraea weiß, dass sie ihm nicht trauen kann – und wird doch immer stärker von seinem düsteren Charme angezogen. Bis Nyte ihr ein unwiderstehliches Angebot macht. Auf der Suche nach Antworten gerät sie in eine Reihe tödlicher Prüfungen, das Libertatem, in denen die Menschen für ihre Sicherheit vor den Wesen der Nacht kämpfen. Zerrissen zwischen ihrem Pakt mit Nyte und ihren eigenen Geheimnissen, muss Astraea schließlich eine unmögliche Entscheidung treffen: Was ist es wert, ihr Leben aufs Spiel zu setzen? »Ein poetisches und fantastisches Abenteuer voller Figuren, die unsere Herzen im Sturm erobern.« Elizabeth Helen, Autorin von »Bonded by Thorns« Die BookTok-Sensation mit deinen Lieblingstropes der New Adult Fantasy: Romantasy-Highlight für alle Fans von Nisha J. Tuli, Rebecca Yarros, Sarah J. Maas oder Jennifer L. Armentrout. Bestseller-Autorin Chloe C. Peñaranda verwebt all deine Lieblingstropes zu einem herzzerreißenden Fantasy-Epos: - Villain gets the Girl - Star-Crossed Lovers - Forbidden Love - Who Did This To You - Slow Burn - Deadly Trials - Lost Memories - Morally Grey CharactersDie Nytefall-Trilogie erscheint in folgender Reihenfolge: - The Stars are Dying - The Night is Defying - The Dark is Descending
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Seitenzahl: 847
Veröffentlichungsjahr: 2025
Chloe C. Peñaranda
Der hellste Stern strahlt in der dunkelsten Nacht
Aus dem amerikanischen Englisch von Johanna Ruhl
Knaur eBooks
Der hellste Stern braucht die dunkelste Nacht
»The Stars are Dying« ist der Auftakt der spicy New Adult Fantasy-Trilogie »Nytefall«: düstere Romantasy um Vampire und Star-Crossed Lovers in einer Welt voller Magie, Geheimnisse und Verrat.
Ich habe mehr als dreihundert Jahre darauf gewartet, dass du zurückkommst.
In Astraeas Welt durchstreifen Vampire die Nacht auf der Jagd nach Blut und Seelen, und ein grausamer Herrscher hält die fünf Reiche der Menschen in seinem eisernen Griff. Astraeas eigene Vergangenheit aber ist in Dunkelheit gehüllt, nur bruchstückhafte Erinnerungen an fünf Jahre sind ihr geblieben. Bis sie eines Tages Nyte begegnet, dem geheimnisvollen, mächtigen Vampir, der sie in ihren Träumen verfolgt und dessen Schatten ihr tagsüber nie von der Seite weichen. Astraea weiß, dass sie ihm nicht trauen kann – und wird doch immer stärker von seinem düsteren Charme angezogen. Bis Nyte ihr ein unwiderstehliches Angebot macht. Auf der Suche nach Antworten gerät sie in eine Reihe tödlicher Prüfungen, das Libertatem, in denen die Menschen für ihre Sicherheit vor den Wesen der Nacht kämpfen. Zerrissen zwischen ihrem Pakt mit Nyte und ihren eigenen Geheimnissen, muss Astraea schließlich eine unmögliche Entscheidung treffen: Was ist es wert, ihr Leben aufs Spiel zu setzen?
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Widmung
Hinweis der Autorin
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
55. Kapitel
56. Kapitel
57. Kapitel
Bonus Szene 1
Bonus Szene 2
Aussprachehilfe
Danksagung
Für dich.
Selbst die leiseste Stimme kann große Veränderungen erwirken.
Du bist der hellste Stern.
Hinweis der Autorin
Bitte achte beim Lesen dieses Buchs auf dich. Auch wenn folgende Themen keine zentrale Rolle spielen, kommen sie im Buch vor: häusliche Gewalt, emotionale Manipulation, Trauer und Verlust, explizite Sexszenen, gewalttätige und blutrünstige Handlungen im Fantasysetting, Selbstmordfantasien, Suchtbekämpfung.
Seiner Erfahrung nach war Sterben, unabhängig von den Qualen der letzten Atemzüge, nicht annähernd so schmerzhaft wie ein unendliches Leben ohne seine große Liebe.
Nein, Liebe war nicht das passende Wort für den Riss in seiner Seele, den ihr Verlust hinterlassen hatte.
Zweihundert Jahre lang hatte er das gleiche Sternbild beobachtet, als wäre es das einzige am Nachthimmel. Nun verblasste es langsam. So langsam, dass es den meisten nicht auffallen würde. Doch es hieß, dass seine Sekunden gezählt waren.
Vorsichtig passte er die Einstellung des Teleskops leicht an, um ja kein einziges Flackern zu verpassen, und fuhr die zwölf Punkte mit den Augen nach. Immer die gleiche Reihenfolge, ohne dass es ihm auffiel.
Auch wenn sie immer schwächer wurde, war sie wunderschön.
Trotzdem wollte er nicht mehr hier sein, wenn die Erde bei ihrer Rückkehr bebte. Jahre, vielleicht Jahrzehnte in der Zukunft. Er wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass die bei ihrer Rückkehr entstehenden Risse noch breiter wurden.
In dem Wissen, dass dies das letzte Mal war, verweilte er länger als gewöhnlich. Dann seufzte er, verwahrte den letzten Blick auf sie in seinem Herzen und wandte sich ab.
Er setzte sich auf das niedrige Sims des offenen Bogenfensters, hob das Glas mit Hochprozentigem und stieß mit dem metallenen Teleskop an. »Ich habe versucht, eine Lösung zu finden. Doch es ist genauso aussichtslos wie damals«, sagte er. Über die Jahre hatte er sich so sehr von allem distanziert, dass ihn nun keine Emotionen mehr plagten. »Immerhin kannst du so nicht sehen, was aus mir geworden ist. Deine Enttäuschung würde mir wahrscheinlich den Rest geben.«
Der Alkohol brannte in seiner Kehle, als er das Glas leerte. Er packte fester zu und das Glas zersprang, doch er spürte nicht, wie ihm die Scherben in die Handfläche schnitten. Nichts konnte ihn mehr verletzen.
»Ich hatte nie die Chance, dich danach zu fragen, was du gesehen hast.« Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, doch die Pein war das Einzige, was ihn an ihre Echtheit erinnerte, jetzt, wo die Bilder mit der Zeit immer mehr verschwammen. »Als du über alles andere hinweggesehen und mich für einen flüchtigen Moment hast glauben lassen, dass da etwas Gutes in mir wäre. Tut mir leid, dass du dich geirrt hast.«
Er stand auf und legte sich einen schwarzen Mantel um, wobei er achtlos in die knirschenden Scherben trat, als wären sie die einzigen Überreste seines alten Lebens.
»Immerhin kann ich dich so nicht mehr verletzen.«
Alle wichen vor dem verhüllten Schatten zurück. Sie duckten sich, senkten die Köpfe und mieden seinen Blick, als er an ihnen vorbei durch die Hallen des Schlosses glitt. Das schwarze Glänzen des Marmorbodens, nur unterbrochen von weißen Säulen und einzelnen Statuen, wirkte in seiner Anwesenheit geradezu bedrohlich. Zuvor hatte Schönheit diese Hallen beherrscht. Doch was früher an eine traumhafte Dunkelheit oder einen klaren Nachthimmel erinnert hatte, verhieß heute nichts als Tod.
Die, an denen er vorbeirauschte, flüsterten einen Namen – einen Namen, der an ihm haften geblieben war, nicht absichtlich, sondern aufgrund der Sünde, die er verkörperte. Aufgrund des Gottes, dessen sterbliche Gestalt er darstellte.
Im Thronsaal erwartete ihn der Herrscher.
Er sah die ledrigen, krallenbewehrten Flügel des Wächters, der mit dem König sprach, bevor er weggeschickt wurde. Ein Nachtwandler. Sie waren wahrscheinlich mit dem schlimmsten der drei Vampirflüche belegt, denn Nachtwandler konnten nie vom Tageslicht berührt werden.
Der verhüllte Mann brachte sein Anliegen vor: »Wir hatten uns auf ein Jahrhundert geeinigt. Ich habe zwei geleistet. Jetzt fordere ich das ein, was mir zusteht.« Seine Stimme war kalt wie Eis und dunkel wie die Nacht.
Der König trug zwar eine Krone, doch diese war gerade mal so beeindruckend wie die Verkleidung eines Kindes. Ein Abbild hohler Autorität. Zumindest ohne ihn. Und er hatte schon deutlich länger gedient, als sie vereinbart hatten.
»Wenn die Prophezeiung wahr ist, müssen wir sie erst finden. Die Celestials wurden schon auf dieser Seite des Schleiers gesichtet. Sie stellen unsere Verteidigung auf die Probe. Die Magie wird schwächer werden, sodass wir eine Chance haben, einen erneuten Ausbruch des Kriegs zu verhindern, bevor er …«
»Nein«, knurrte der verhüllte Mann. Wut durchzuckte ihn. So stechend und tödlich, dass die Nacht noch dunkler wurde und kalte Schatten sich im Saal ausbreiteten.
Der König beobachtete sie argwöhnisch.
»Wenn du den Thron gegen sie verteidigen willst und die Vampire weiterhin an deine Herrschaft glauben sollen, musst du selbst dafür sorgen.«
Der Gedanke, genau jetzt zu gehen, gefiel ihm nicht. Im Gegenteil – die Aussicht darauf, dass sie das alles ohne ihn würde durchstehen müssen, zerriss ihn innerlich. Bis ihm wieder einfiel, dass seine – und ihre – Welt seinetwegen vor vielen Jahrhunderten zerstört worden war. Sie konnte das nur ohne ihn schaffen.
»Was wirst du tun … wenn du es überhaupt zurück schaffst?«, fragte der König. »Du kennst diese Welt nicht. Vielleicht verstößt sie dich, bevor du irgendetwas herausfinden kannst.«
Das war ihm egal. Nichts davon machte ihm Angst. Auch wenn er im Nichts stecken blieb. Das war immer noch besser, als der Grund dafür zu sein, den bevorstehenden Krieg nicht zu gewinnen.
»Du bist zu einer Legende geworden. Das willst du alles aufgeben?«
»Lass mich einfach gehen«, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Er hatte sich entschieden. Zwei Jahrhunderte waren vergangen. Lieber würde er die ganze verdammte Welt zerstören, als ein weiteres Jahr zu opfern.
Keuchen erfüllte die Luft, als er in die Gedanken jeder einzelnen Wache schlüpfte und ihnen die Fähigkeit zu atmen nahm.
»Ich bringe dich um, wenn du mich hier weiter festhältst. Das verspreche ich dir. Ich wollte die Krone nie, aber wenn es sein muss, werde ich sie an mich reißen.«
»Also gut«, lenkte der König ein.
Er sah die Enttäuschung und Verbitterung in seinen Augen, als ihre Blicke sich trafen. Die Ablehnung traf ihn schon lange nicht mehr.
»Wenn das unser Abschied ist, würde ich dir gerne den Weg zeigen.« Der König drehte sich um, und der verhüllte Mann gab die Wachen frei, die erleichtert nach Luft schnappten. »Folge mir.«
Ich glaubte nicht, dass ich mich so gegen den Tod wehren würde wie der Mann, dem ich beim Sterben zusah. Aus luftiger Höhe beobachtete ich, wie er um sein Leben bettelte, für seine Frau, seine Kinder und die Arbeit, mit der er den Rest seiner Jahre verbringen wollte. Im Dienst genau des Mannes, der sein Leben in Händen hielt.
Er wusste nicht, dass ich da war.
Jedes Mal, wenn ich einen Mann auf den Knien sah, hatte ich das Bedürfnis, von den Dachsparren aus zuzusehen und mich zu fragen, ob ich sein Flehen verstehen würde, wenn meine eigenen Atemzüge gezählt wären. Da meine bruchstückhaften Erinnerungen gerade mal die letzten fünf Jahre einschlossen, gab es nur wenig, das meinem Leben einen Sinn gab.
Es war, als würde das Flehen um Gnade bei Hektor Goldfell auf taube Ohren stoßen. Er nickte dem hünenhaften Mann zu, der das Opfer mit einer einzigen großen Hand auf der Schulter am Boden festhielt. Er würde kein Blut vergießen – nicht in diesem Raum. Er würde das lebhafte, nächtliche Treiben im Zentrum seines Etablissements nicht mit dem Blut dieses Mannes besudeln.
Ich presste die Lippen zusammen, als der Hals des Mannes grausam verdreht wurde und er in sich zusammensank. Ich war froh, das Knacken zwischen all dem Geplapper und der leisen Musik nicht hören zu können. Trotzdem drehte sich mir der Magen um.
Als hätte er sich völlig verausgabt, ließ Hektor sich in die nächstbeste Sitzecke fallen und schüttelte sich die roten Locken aus den Augen. Als sich zwei schöne Frauen zu ihm gesellten, wandte ich den Blick ab und legte mich auf den Holzbalken, der nur wenig breiter als meine Wirbelsäule war. Meine schimmernden silbernen Haare und der hauchdünne Stoff meines Rocks ergossen sich zu beiden Seiten des Balkens. Doch ich hatte keine Angst, entdeckt zu werden. Sie guckten nie nach oben.
Gedankenverloren strich ich mit den Fingern über den verzierten Griff meines Dolches. Es war mir nicht erlaubt, wie die Frauen dort unten zu tanzen oder als Unterhaltung zu dienen, dennoch erfreute ich mich an der leichten Eleganz ihrer Bewegungen.
Mein Blick fiel auf eine der Damen, die die Kunst des Stehlens an der neusten Gruppe angesehener Kartenspieler ausprobierte. Dabei bewegte sie sich so flüssig und geschmeidig, dass sie problemlos von ihren Taten ablenkte. Geschickt kam ich wieder auf die Beine und ahmte sie wie ein Kind nach, bewegte mich leichtfüßig über die Dachbalken und drehte mich anmutig, wie sie es unter mir tat. Ich stellte mir vor, die wollüstigen Blicke eines der Männer auf mich zu ziehen, meine eine Hand bedacht auf seiner Schulter zu platzieren, um von der anderen abzulenken, die in seiner Jackentasche verschwand.
Ich konnte nicht sehen, was die Dame gestohlen hatte, aber ihre blauen Augen strahlten triumphierend. Sie wirbelte herum und setzte sich auf die Tischkante, dann legte sie sich mit gewölbtem Rücken auf den Tisch, um das Spiel nicht zu stören.
Ich lehnte mich zurück, bis meine Hände den Holzbalken fanden, schwang die Beine herum, und mit dem nächsten Blinzeln verflog das Schwindelgefühl, als ich mich wieder aufrichtete. Ich lehnte mich gegen den Querbalken und seufzte, den Blick statt auf den kerzenerleuchteten Raum nun auf meinen Beobachtungsposten gerichtet. In diese Schatten gehüllt, fühlte ich mich wie ein Insekt, das im Netz einer Spinne festsaß. Kaum zu glauben, dass wir alle uns im selben Raum aufhielten.
Manchmal wünschte ich mir, die Gäste würden mich nur ein einziges Mal bemerken, selbst wenn ich beim nächsten Blinzeln wieder verschwunden wäre. Doch ich war ein Preis, der nur einem Mann zustand.
Meine Augen fanden Hektor, der sich kein Stückchen bewegt hatte, obwohl die Frauen mittlerweile halb auf ihm lagen. Niemals wollte ich von seinen tiefgrünen Augen hier oben gefunden werden. Er bewahrte mich innerhalb dieser prunkvollen Wände vor den Schrecken, die draußen lauerten. Den Vampiren. Ihren verschiedenen Arten, die Blut oder Seelen verzehrten und Menschen in Angst versetzten.
Doch wie wir unterstanden auch sie der Kontrolle des Königs.
Im Salon unter mir drehten sich alle Gespräche um das Libertatem, ein Wettkampf, der alle hundert Jahre von dem unbarmherzigen Herrscher des Königreichs der Mitte, Vesitire, veranstaltet wurde. Fünf Menschen aus den umliegenden Königreichen, die Auserwählten, würden in den nächsten Tagen ausgesandt werden, um einhundert Jahre Sicherheit vor Vampirangriffen zu erstreiten. Als unsere Welt vor dreihundert Jahren im Chaos versank, hatte der König infolge seines Siegs verkündet, dass die Menschen im Kampf um den Frieden von nun an gegeneinander antreten müssten und die Vampire durch die Vollstreckung der Libertatem-Gesetze unter Kontrolle gehalten würden. Vermutlich gab es den Menschen etwas, auf das sie hinfiebern konnten. Denn wenn ihr Königreich gewann, konnten sie ihre Häuser mehr als eine Generation lang verlassen, ohne Angst um sich oder ihre Kinder haben zu müssen. Und wenn sie verloren, gab es wenigstens eine festliche Ablenkung von ihrem tristen Leben.
Sicherlich war den meisten klar, dass ihr Hoffnungsschimmer eine Lüge der Unterdrückung war, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollten. Ich konnte die herrschende Aufregung nicht nachfühlen, auch wenn ich sie ein Stück weit verstehen konnte.
Die Seele ist zerbrechlich. Hoffnung erhält sie am Leben.
Da ich in diesen kunstvollen Hallen gefangen war, wusste ich nicht so viel über die Welt da draußen, wie ich es mir gewünscht hätte. So blieb mir nur, in den Nächten voller Schönheit, Glücksspiel und Verführung neidisch den Gesprächen zu lauschen und Bruchstücke an Informationen zu sammeln.
Stunden verbrachte ich nun schon hier, hörte den Gästen wissbegieriger als sonst zu, auch wenn mein Interesse eher persönlicher Natur war.
Noch vier Tage bis zur Verabschiedung der Auserwählten für das Libertatem.
Eine innere Uhr zählte tickend die Minuten, als wären sie Möglichkeiten, die mir durch die Finger rannen, und eine Faust schloss sich um mein Herz, wenn ich an meine älteste Freundin dachte, die im Libertatem für das südlichste Königreich Alisus antreten würde.
Ich hatte keine Erinnerungen an eine Zeit, in der ich nicht unter Hektors Kontrolle gestanden hatte, und wusste nicht, was mich in seine vergleichsweise sicheren Arme getrieben hatte. Er hatte mich hergebracht und allen erzählt, dass ich ohne ihn nicht mehr am Leben wäre. Jetzt – fünf Jahre später, laut den anderen war ich ungefähr dreiundzwanzig Jahre alt – wusste ich, dass er mich diese Schuld nie vergessen lassen würde.
Mit der Hand verweilte ich über den zwei langen Narben, die von meinem Kiefer bis zu meinem Schulteransatz verliefen. Auch wenn ich mich weder an das Gesicht noch an den Moment erinnern konnte, durchzuckten mich beim Gedanken an das, was damals geschehen war, brennende Phantomschmerzen. Zum Beispiel wenn ich die Unebenheiten auf meiner Haut zu lange im Spiegel anstarrte und versuchte, die Erinnerung wiederzufinden. Ein weiteres Geheimnis, das ich möglicherweise dem Wesen zu verdanken hatte, vor dem ich geflohen war.
Es blieb nur die stumme Verzweiflung, dass ich nie herausfinden würde, wer ich vor Hektor gewesen war.
»Du bist jetzt in Sicherheit, Astraea«, hatte er gesagt.
Seine ersten Worte, an die ich mich für immer erinnern würde. Hektor hatte nicht nur mich gefunden, sondern auch meinen Namen, den ich sofort als meinen erkannte.
In dem Sinne hatte er die Macht über meine beiden Leben.
Ich wusste nicht, warum er ausgerechnet mich all den Menschen vorzog, die ihn umgaben. Sicherlich war ich nicht die Einzige, die ihm nachts Annehmlichkeiten bereiten konnte. Ich hatte zahlreiche schöne Frauen gesehen, die ihm überzeugend Zuneigung entgegenbrachten. Frauen mit heller oder dunkler Haut, mit natürlichen Haaren oder solche, die reich genug waren, um ihr Aussehen magisch durch Sternenstaub zu verändern. Gerade strich eine Frau mit glänzend brauner Haut über seine Brust und unter das Hemd, dessen oberste Knöpfe er stets offen trug. Ihr langes, dunkles Haar schien in leuchtend rosa Farbe getaucht zu sein. Eine zweite Frau mit porzellanfarbener Haut und katzengleichen gelben Augen schlang ein schlankes Bein über seinen Schoß.
Ich sah weg. Egal, wie oft ich seine nächtlichen Tätigkeiten beobachtete, eine Frage ließ sich nicht vertreiben: Warum war ich noch hier?
Die Antwort war einfach: Ich wusste nicht, wo ich sonst hinsollte. Und auch wenn er sich mit anderen vergnügte, kam er doch mit einer Zuneigung zu mir, die ich gierig in mich aufsog und nach der ich mich sehnte.
Die Liebe war Droge und Gegenmittel zugleich.
Eine neue Person betrat den Raum, wellige dunkelblonde Haare umrahmten sein Gesicht. Während er einen Drink bestellte, lehnte er sich gegen die Bar und blickte gewohnheitsmäßig nach oben. Ich zuckte nicht zurück, als Zathrians meerblaue Augen mich entdeckten. Als er mich damals zum ersten Mal hier oben bemerkte, rechnete ich mit einer Bestrafung von Hektor, doch Zath hatte mich nie verraten.
Wir lächelten uns verstohlen zu, als er das Glas hob. Hektor vertraute kaum jemandem, doch Zath war die Ränge schnell emporgestiegen und war mittlerweile einer seiner engsten Vertrauten. Ich hatte viele Männer kommen und gehen sehen, die meisten gingen in den Tod, und Zath war der Einzige, der mich je beachtet hatte. Ich betrachtete ihn als eine Art Freund.
Zathrian neigte leicht den Kopf, ein unauffälliges Signal, als Hektor das Bein der Frau von seinem Schoß schob und sich erhob. Mein Atem stockte, und auch wenn er von einigen elegant gekleideten Männern aufgehalten wurde, machte ich mich auf den Rückweg zu meinen Gemächern, falls diese auch sein Ziel sein sollten.
Das Herrenhaus besaß viel mehr Zimmer als nötig. Hektors Etablissement war ein bekannter Treffpunkt für die Elite – Männer und Frauen mit genug Geld, um ihre Probleme umzubringen, statt sich ihnen zu stellen. Hektor Goldfell veranstaltete nicht nur gesellige Abende, sondern verfügte auch über das diskreteste und zugleich tödlichste Netzwerk an Spionen und Auftragsmörderinnen in ganz Alisus. Manche von ihnen beneidete ich mehr als die Tänzerinnen. Ihre Lederrüstungen und die funkelnden Waffen faszinierten mich jedes Mal.
Mein Dolch war ein weiteres Geheimnis. Hektor würde nie vermuten, dass ich mich im Notfall verteidigen konnte. Wenn er wüsste, mit wem ich mich in seiner Abwesenheit traf, würde ich Konsequenzen in Form eines reich verzierten Schlüssels zu spüren bekommen, der mich in engere Gefilde verbannte, bis unser Vertrauen wiederhergestellt wäre.
Beim rauen Tonfall seiner Stimme stellten sich mir die Nackenhaare auf, während ich wie ein Geist durch die weitläufigen Flure glitt.
Seit wann sind meine Gemächer so weit weg?
Die sich windenden Korridore verspotteten mich geradezu.
Ich schnappte mir ein blaues Tuch aus fließendem Stoff, mit dem die Frauen hier manchmal ihren Mund und ihre Nase bedeckten. Ein schönes Accessoire, das ihre Darbietungen mysteriöser und faszinierender machte. Die Maske verhüllte nicht viel, doch ich brauchte sie auch nicht für Hektor. Ich benutzte sie für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich auf meinem Weg entdeckt wurde und einem der Gäste in die Arme lief.
Seine Stimme kam immer näher. Er würde mich an meiner Figur erkennen, sobald er um die nächste Ecke kam. Mein Puls schlug mit jedem Schritt schneller, und mir wurde klar, dass ich es nicht bis zum Ende des Gangs schaffen würde. Also tat ich etwas, das ich noch nie getan hatte, auch wenn es niemandem schaden würde.
Die Türen auf beiden Seiten des Flurs waren mit Sternen markiert. Lila für belegt und Weiß für frei. Diese Zimmer waren für das private Vergnügen gedacht, allerdings nur zum Tanzen, für weitere Wünsche konnten die Kunden andere Zimmer mieten.
Ich hatte keine andere Wahl, als ich den ersten weißen Stern erreichte. Ich schlüpfte durch die Tür, schloss sie hinter mir und lehnte meine Stirn dagegen. Meine Brust hob und senkte sich schnell, während ich versuchte, Hektors Stimme auf dem Gang auszumachen. Doch alle Geräusche jenseits der Tür waren verstummt. Ich konnte lediglich eine sanfte Melodie hören – ein leises Lied in dem großen, gedämpft beleuchteten Raum.
Langsam drehte ich mich um, konnte jedoch nicht erkennen, woher die Musik kam.
Und dann stockte mir der Atem, und ich erstarrte mitten in meinen Bewegungen, als ob meine Anwesenheit dadurch geleugnet werden könnte.
Ich war nicht alleine.
Obwohl ich mir sicher gewesen war, den weißen Stern gesehen zu haben, dessen Magie unfehlbar war.
Dann sah ich ihn. Oder zumindest einen Teil von ihm. Ein Umriss, der fast mit der Dunkelheit verschwamm, in die er sich gehüllt hatte. Er sah mich nicht an, und in den Schatten seiner Kapuze konnte ich nur vage ein Gesicht ausmachen. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf das Weinglas in seinen Händen gerichtet, und seine Finger bewegten sich langsam am Rand des Glases entlang, als hätte er meine Anwesenheit noch gar nicht bemerkt.
Oder als er hätte er mich erwartet.
Nein, nicht mich. Aber jemanden.
Ich bewegte mich vorsichtig in den Raum hinein, holte tief Luft und schritt langsam weiter, während ich fieberhaft überlegte, was ich jetzt tun sollte. Auch wenn ich nicht wagte, in seine Richtung zu sehen, kribbelte meine Haut plötzlich intensiv, sodass ich mir sicher war, nun doch seine Aufmerksamkeit erregt zu haben.
Er musste mich beobachten.
Mein Herz schlug schnell, und ich spürte eine federleichte Berührung an der Schulter, die mir ein Keuchen entlockte. Doch als ich mich umdrehte, war da niemand. Der Mann saß immer noch an der gleichen Stelle und schien sich doch nicht für meine Anwesenheit zu interessieren.
Genervt goss ich mir aus der bereitstehenden Karaffe ein Glas Wasser ein. Das Plätschern war das einzige Geräusch, das die Musik durchbrach. Auch jetzt noch wusste ich nicht, woher die Musik kam. Sie fühlte sich vertraut und beruhigend an, wie eine Umarmung. Fast schon persönlich.
Ich nahm einen großen Schluck und hoffte, das Wasser würde helfen und meine Kehle nicht direkt wieder austrocknen, sobald ich das Glas abstellte.
Wartet er darauf, dass ich anfange?
Ich malte mir die möglichen Schritte aus, mein Körper war versucht, sie auszuführen, wie ich es für ein Publikum aus Schatten bereits getan hatte. Dieser Mann war nichts anderes als ein Schatten. Ich könnte so tun, als würde ich ungesichert durch die Dachsparren tanzen, als würde ich die talentierten Tänzerinnen nachahmen, was natürlich albern war. Das Schlimmste, was passieren konnte, war, dass er mich nicht bezahlte, wenn ich seinen Erwartungen nicht entsprach. Und das Geld brauchte ich sowieso nicht.
Meine Nervosität verwandelte sich in Erregung, und ein spannungsvolles Kribbeln lief mir den Rücken hinunter, als ein neues Musikstück begann. Fast hatte ich das Gefühl, als wäre es eigens für mich ausgesucht worden, um Freude in meinem Körper zu entfachen und mich in einen Tanz zu führen, den ich selbst ersann.
Eine Nacht. Wie oft hatte ich davon geträumt, nur eine Nacht zu haben, um mich so ausdrücken zu können?
Bildete ich es mir nur ein, oder hatte er die Augen erwartungsvoll auf mich gerichtet? Welche Farbe sie wohl hatten? Es sollte keine Rolle spielen, doch ich stellte sie mir grün, braun, blau vor … Gefühlt passte nichts davon zu dem schwelenden Feuer, das sein Blick in mir entfachte.
Das Lied wurde immer dringlicher, und abrupt veränderte sich der Klang, als stünde ich inmitten eines Orchesters und die Instrumente um mich herum wechselten sich ab. Ein treibender Rhythmus erfasste mich, und meine Füße trugen mich in die Mitte des Raumes, antworteten dem Locken der Musik.
Ich hatte nichts zu verlieren, konnte mich einem sorglosen Auftritt hingeben. Nicht nur für ihn, sondern auch für mich selbst.
Also tanzte ich.
Ich bewegte mich hin und her, der Stoff an meinen Beinen, meinen Schultern und Handgelenken floss an meinem Körper entlang, passte sich meinen Bewegungen und der Wechselwirkung der Schwerkraft an, wiegte sich zur Musik. Die Luft umspielte und kühlte die wenigen Zentimeter bloßer Haut an meiner Taille, die sich beim Tanzen und Drehen erhitzt hatten. Ich fühlte mich, als würde ich durch die Dunkelheit zwischen den Sternen tanzen. Jedes Mal, wenn ich einen von ihnen berührte, explodierte ein Hochgefühl in mir, und ich wollte nie wieder aufhören.
Ich blickte nach oben. Der Sternenhimmel sah mir durch die Glasdecke zu. Ich wusste nicht, was es war, aber irgendetwas an der Nacht machte mich oft wacher, als der Tag es je vermochte.
Als ich meinen Blick senkte, fiel mir wieder ein, dass die Sterne nicht meine einzigen Zuschauer waren.
Seine Finger umkreisten nun nicht mehr das Weinglas, und auch wenn ich sein Gesicht immer noch nicht sehen konnte, ermutigte mich ein Anschwellen der Musik, mich ihm zu nähern. Bis ich seine Anwesenheit ein weiteres Mal vergaß.
Ich streckte mein eines Bein nach hinten aus und wölbte den Rücken, bis ich mit der Hand meinen Knöchel fassen konnte, erprobte meine Flexibilität, während das Lied seinen Höhepunkt erreichte. Dann ging die Melodie plötzlich in Flammen auf und zerstob wie Schneeflocken. Ich ließ los und winkelte das Bein an, drehte mich passend zur Musik.
Ich fühlte mich lebendig. Frei. Dieses Hochgefühl übertraf sogar meine geheime Schwäche fürs Kämpfen, auch wenn beide Tätigkeiten mich faszinierten.
Ich wusste nicht, wann ich dem Fremden so nahegekommen war, doch in meinem Adrenalinhoch packte mich die Neugierde, und bevor ich es wusste, stand ich direkt vor ihm.
Doch er blickte nicht auf.
Ich griff nach seinem Kinn und …
So schnell, dass ich nicht einmal ein Geräusch hervorbrachte, schloss sich seine Faust um mein Handgelenk. Kurz verlor ich die Orientierung, während er mich herumwirbelte, sodass er hinter mir stand.
Der Griff um mein Handgelenk, das er gegen meine Schulter gedrückt hatte, lockerte sich.
Mein Herz schlug wie wild, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte eine Grenze überschritten. Und ich konnte nicht einmal um Hilfe rufen, wie all die anderen Frauen. Wenn Hektor mich hier fände …
»Du bist anders, als ich erwartet hatte.«
Ich atmete tief durch, um die Wirkung seiner rauen Stimme zu verarbeiten. Ein Kribbeln breitete sich von den Stellen her aus, wo seine Finger meine Haut berührten. Langsam fuhr er über mir über den Arm, verweilte dabei an manchen Stellen länger, als würde er jedes der silbernen Zeichen auf meiner Haut genau begutachten.
»Ach?« Das war alles, was ich hervorbrachte, da eine seltsam feurige Angst mich gefangen hielt.
»Du bewegst dich, als wärst du die Quelle der Musik, die nach dir ruft.«
Ich wusste weder, ob das ein Kompliment sein sollte, noch hatte ich einen Kommentar zu meinem Auftritt erwartet, doch meine Wangen wurden trotzdem heiß. »Ich hoffe, es hat gefallen.«
Mein Atem stockte, als er mir mit den Fingern durch die Haare fuhr und die welligen Strähnen dann beiseiteschob, sodass meine Schulter entblößt war.
»Doch, sehr«, sagte er, und ich erbebte unter der leichten Berührung seiner Finger auf meiner Narbe. Wie die Berührung eines Geistes. »Aber viel wichtiger ist, ob es dir gefallen hat. Es scheint, als würde die Freiheit des Tanzes dir liegen, weshalb ich mich frage, wodurch du dich gefangen fühlst.«
Ich verstand seine Worte nicht, auch wenn sie etwas in mir entfachten, denn seine Aufmerksamkeit war auf einen bestimmten Punkt fixiert – die lange, unregelmäßige Unebenheit, von der Hektor behauptete, sie würde mich ruinieren. Er sagte immer, er liebte mich trotzdem, auch wenn viele andere das sicher nicht täten.
»Wer hat dir das angetan?«, fragte er mit plötzlich eiskalter Stimme.
Ich hatte den Eindruck, dünne Rauchfäden würden in mein Sichtfeld eindringen, und Wut durchzuckte mich so plötzlich, dass ich wie gelähmt war, ohne den Grund dafür zu kennen. »Ich weiß es nicht.«
Die Antwort brachte mich zurück in die Gegenwart. Meine Sinne waren von dem magischen Gefühl seiner Haut auf meiner verschleiert gewesen, doch meine Vorbehalte hielten an. Er hatte kein Recht darauf, zu erfahren, was mir damals zugestoßen war. Es sollte ihn nicht einmal interessieren.
Seine andere Hand fand den Schlitz in meinem Rock und jagte mir angenehme Schauer über die Haut, doch dann stockte er in seiner Suche. Als er die Dolchscheide leer vorfand, wirbelte ich herum.
Er war zu schnell. Erneut wurde meine Bewegung durch seine schnelle Reaktion aufgehalten. Er begutachtete die tödliche Spitze, deren Weg zwischen seine Rippen er unterbrochen hatte, dann wanderten seine Augen über die geschwungene, lilafarbene Klinge bis hin zu der Parierstange in Form von wunderschönen, schwarzen Flügeln.
Erst als er mich wieder ansah, entspannte ich mich. Ich blickte in seine Augen, die so lebendig wie geschmolzenes Erz waren und mich mit ihrem bernsteinfarbenen Leuchten an wunderschöne Sonnenaufgänge erinnerten. Alle Schätze, die ich bisher gesehen hatte, waren lediglich ein Abklatsch dessen, was wie ein Schatz aussehen sollte, und noch viel wichtiger, wie wertvoll er war.
»Ein Sturmsteindolch«, stellte er anerkennend fest.
Mein Mund wurde staubtrocken, und mein Herz galoppierte wild, als ich mir unserer Nähe und seiner beeindruckenden Körpergröße plötzlich sehr bewusst wurde. Ich wollte mich losreißen, doch er hielt mich fest. Also blickte ich ihm in die Augen und nutzte den in mir auflodernden Mut, auch wenn ich nicht wusste, woher er kam. »Lass mich los, sonst schreie ich und flute das Zimmer mit Wachen.«
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln, und auf einer Wange erschien ein Grübchen. Als er die andere Hand hob, zuckte ich zurück. Die Schleife des Schleiers vor meinem Gesicht löste sich, sodass dieser zu Boden schwebte. Eine Barriere weniger zwischen uns.
»Ich glaube nicht, dass du das tun wirst.«
Ich öffnete die Lippen, doch keine einzige Silbe kam heraus. Woher wusste er das? Ich fuhr mit dem Blick seine hohen Wangenknochen entlang, bis …
Ich schnappte nach Luft, wehrte mich dieses Mal mit genug Kraft, dass er losließ und ich einige Schritte zurücktaumelte. »Du bist…« Ich konnte es nicht aussprechen und blinzelte immer wieder, als würde ich dadurch realisieren, dass ich falschlag, doch es war nicht abzustreiten.
Seine Ohren liefen in einer zarten Spitze aus.
»Macht dir das Angst?«
Die einzigen Wesen, die meines Wissens nach solche Ohren hatten, waren Vampire. Dieses Anwesen war meine Zuflucht vor seiner Art geworden. Hektor erlaubte ihnen keinen Zutritt zu seinem Etablissement, doch ich hatte nie herausgefunden, wie er sie abwies, wenn sie doch Kreaturen waren, die sich ohne moralische Bedenken alles nahmen, was sie wollten.
»Wirst du mir wehtun?«
»Du denkst, dass ich deine Seele oder dein Blut will. Ich gebe zu, an der einen Sache schätze ich den Geschmack, die andere würde ich gerne in Händen halten. Aber was, wenn ich dir sage, dass ich nicht das bin, für das du mich hältst?«
»Ich würde dich fragen, was an mir den Eindruck erweckt, dass ich dumm bin.«
»Dein mangelndes Wahrnehmungsvermögen.«
»Wie bitte?«
Er kam langsam auf mich zu und steckte dabei eine Hand in die Tasche, wodurch ich auf seine Kleidung aufmerksam wurde. Er trug eine maßgeschneiderte schwarze Jacke mit Revers, deren goldene Stickereien zu seinen Augen passten. Eine glatte Hose steckte in teuren Stiefeln. Alles an ihm war in Schatten getaucht, was den Anschein vermittelte, sie würden sich mit ihm bewegen. Als ich den Blick wieder nach oben wandern ließ, bemerkte ich dank seines offenen Kragens goldene Zeichnungen an seinem Hals, die in mir das Verlangen auslösten, sie genauer in Augenschein zu nehmen.
Mir war nicht aufgefallen, dass ich den Abstand zwischen uns aufrechterhalten wollte, bis ich mit dem Rücken gegen eine Steinsäule stieß.
»Ich kann deine Seele spüren. Und wenn du willst, zeige ich sie dir.«
Bevor ich antworten konnte, hatte er mir die Hand auf den Rücken gelegt und zog mich an sich. Ich schrie leise auf, doch ich konnte mich nicht wehren, da er mir etwas aus der Brust zog – eine sanft pulsierende Kugel aus Silber und funkelnden Sternen. Als ich hineinblickte, wurde die Welt plötzlich hell und wunderbar. Ein Flüstern ging von der Kugel aus, doch ich konnte keine Wörter ausmachen. Ich streckte die Finger nach ihrer einladenden Wärme aus und ein Prickeln breitete sich von den Fingerspitzen ausgehend in jedem Zentimeter meines Körpers aus.
»Sie zu verzehren, ist nicht das Ziel meiner Existenz.«
Es fühlte sich an, als hätte er mit der Hand tief in mich hineingegriffen, und ich schnappte nach Luft, als die Kugel aus fremdartiger Energie wieder in mir verschwand und das hypnotisierende Licht mit sich nahm. Mein Atem ging schnell, und ich blinzelte, bis der anhaltende Druck in meinem Rücken mich daran erinnerte, dass er mich noch immer festhielt. Ich könnte nicht beschreiben, wie sich diese wenigen Sekunden anfühlten. Was er getan hatte, hätte ein meisterhaftes Kunststück der Anziehung sein können, und ich wäre ihm geradewegs in die Falle gegangen.
»Du hast gerade…« Ich konnte kaum atmen, kaum denken.
Er ließ eine Hand auf meiner Brust ruhen, hob sie nur ein kleines bisschen, um die Punkte meiner Tattoos nachzuzeichnen. Ich verharrte in meiner Position, wie ein Tier, das eine verdrehte Form der Schönheit darin findet, gejagt zu werden. Doch er fühlte sich weniger solide an, als ich erwartet hatte.
»Du hast nichts davon genommen?«, wagte ich zu fragen. Ich fühlte mich nicht anders. Nein, das war gelogen, auch wenn ich das Flattern in meinem Bauch und meinen rasenden Puls angenehmer fand als die Aussicht, Jahre meines Lebens gestohlen zu bekommen.
»Nein.«
»Wolltest du es?«
Als seine bernsteinfarbenen Augen die meinen fanden, machte der Adrenalinschub fast dem Konkurrenz, den ich bei seinem kleinen Kunststück empfunden hatte. »Ich habe keine Verwendung für deine Seele außerhalb deines Körpers, Starlight. Ein kleines Stück weiter und du wärst tot, weil du nicht weißt, wie du dich schützen kannst.«
Ich konnte meine eigene Neugierde unter diesen Umständen kaum glauben. »Menschen können sich schützen?«
Er fuhr mit der Hand über meine Wange, und statt ihm auszuweichen, fühlte ich mich in seiner Sanftheit geborgen. Seine Berührung war nicht warm, aber auch nicht kalt. »Ich habe du gesagt.«
Irgendetwas stimmte hier nicht. Seine Nähe, die Intensität, mit der er mich beobachtete, als könnte ich jeden Moment blinzeln und jemand anderen sehen als das Monster, das er war. Zumindest hatte man mir das so beigebracht.
»Sollte ich Angst haben?«
Sobald er mich losließ, musste ich einen Laut der Enttäuschung unterdrücken und gegen die naive Gefühlswolke ankämpfen, die meinen Selbsterhaltungstrieb überlagert hatte.
»Niemand kann dir sagen, wie du dich fühlen sollst. Du beobachtest, du ziehst Schlüsse aufgrund deines Wissens, und du lebst mit den Konsequenzen deiner Entscheidungen.«
Ich dachte über seine Worte nach. Vielleicht bewunderte ich sie sogar, doch über einen Punkt stolperte ich, weil er mir ungerecht vorkam: Wissen.
»Ich weiß nichts über dich.«
»Was sagt dein Instinkt dir denn?«
Impulsive Dinge, dachte ich. Das Gegenteil davon, was mir logisch erschien – mich sehr weit von ihm zu entfernen. Stattdessen fragte ich: »Verrätst du mir deinen Namen?«
Er musterte mich eingehend. Goldene Augen, in denen Sterne flackerten.
»Nyte.«
»Das ist doch nicht dein Name.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Warum fragst du mich nach meinem Namen, wenn du mir dann doch nicht glaubst?«
Ich musste zugeben, dass der Name zu ihm passte, auch wenn ich ihn nur schwer glauben konnte. Doch das musste ich auch nicht, denn meine verräterischen Augen verbannten meine Argumente und ersetzten sie durch Staunen. Seine Haare waren nicht einfach nur schwarz, sondern nachtschwarz, und wechselten im richtigen Licht von lichtschluckendem Obsidian zu einem tiefen Marineblau. Die zerzausten Strähnen, die ihm in die Stirn fielen, bildeten einen hinreißenden Kontrast zum Gold seiner Augen. Dabei hatte ich das Gefühl, als würden sie sich manchmal verändern, als würden sie sich trüben oder auflodern. Sicherlich liegt das am Flackern der Kerzen, redete ich mir ein, um nicht völlig den Verstand zu verlieren, auch wenn ich wusste, dass er sich nicht bewegt und kein Lufthauch die Flammen berührt hatte.
Dann war da sein Hals. Die geheimnisvollen Tattoos beanspruchten meine ganze Aufmerksamkeit. Vielleicht ein Sternbild? Fast scheiterte ich dabei, gegen das Verlangen anzukämpfen, den Stoff seiner Jacke beiseitezuschieben. Was für ein unangebrachter Gedanke.
Er hielt still und beobachtete mich neugierig, während ich ihn unverhohlen musterte.
Ich schluckte schwer. »Nyte«, wiederholte ich, das Wort wie ein Komet – flüchtig und brandgefährlich, verschleiert von überirdischer Schönheit. »Wie das, was gerade herrscht.«
Bei meinen Worten blickten wir beide nach oben. Das Kuppeldach hüllte uns in eine Sphäre aus beruhigender Dunkelheit und Sternbildern. Die Sterne schimmerten friedlich. Allerdings fragte ich mich schon länger, ob ich es mir nur einbildete oder ob sie wirklich starben und sich langsam immer mehr Dunkelheit zwischen den Lichtpunkten erstreckte. Bei dem Gedanken verwandelte meine Bewunderung sich stets in Trauer.
»Genau so, Starlight.«
Unsere Augen trafen sich.
»So hast du mich jetzt schon zweimal genannt.«
»Bisher hast du mich noch nicht korrigiert, was soll ich also machen?«
Mein Puls beschleunigte sich, als er einen Schritt auf mich zukam, sodass nur noch wenige Zentimeter Platz zwischen uns blieben. Ich atmete eine leichte Minznote ein, vermischt mit einem warmen Geruch nach Holz.
»Was mache ich nur mit dir?« Das letzte Wort wurde zu einer Art Liebkosung, rollte ihm von der Zunge und mir den Rücken hinunter.
In mir erwachte das Verlangen, alle Vernunft in den Wind zu schlagen und herauszufinden, wie seine Umarmung sich anfühlen würde. Ob es anders wäre als mit Hektor, der immer kalt wirkte, selbst wenn die Lust das Eis zum Schmelzen bringen sollte.
Er hob die Hand, und ich hielt ihn noch immer nicht auf, fühlte mich von ihm gefangen genommen, jedoch nicht körperlich. Was zwischen uns war, löste ein elektrisierendes Kribbeln in mir aus, dem ich nachgehen, das ich intensivieren wollte. Er strich an meinem Kinn entlang und neigte meinen Kopf ein Stück nach hinten. Seine Augen glänzten im Mondlicht, das seine hohen Wangenknochen und seinen kantigen Kiefer betonte. Ich betrachtete seine perfekt geschwungenen Lippen, doch als ich realisierte, wo genau meine Aufmerksamkeit gelandet war, kam ich so hart auf dem Boden der Tatsachen auf, dass mir ein Keuchen entfuhr.
»Nichts«, beeilte ich mich zu sagen. »Ich bin völlig uninteressant für dich.«
Ich erzitterte, als seine Augen sich kurz verdunkelten. »Woher willst du wissen, was mich interessiert?«
»Das kann ich mir in Anbetracht unseres Aufenthaltsorts schon denken«, sagte ich atemlos und betete, dass vollständige Wörter herauskämen, doch mein Mund war plötzlich wie ausgetrocknet, und ich befeuchtete meine Lippen.
Das war ein Fehler. Sein feuriger Blick huschte zu meinem Mund. Noch nie hatte ich jemand anderem erlaubt, mir so nahe zu kommen. Noch nie hatte ich es gewollt, trotz all der gut aussehenden Männer, die ich in Hektors Salon beobachtet hatte. Selbst jetzt trug ich einen inneren Kampf darüber aus, warum ich wie angewurzelt stehen blieb, wenn es weitaus vernünftiger gewesen wäre, auf Abstand zu gehen. Seine himmlischen Augen verhießen nichts Gutes, sie stellten eine gefährliche Verlockung da, von der ich gefangen genommen wurde, wie so viele andere vor mir.
Mein Körper erbebte, als er mir durch die Haare strich, und ich beobachtete ihn dabei, wie er die Strähnen aufmerksam durch seine Finger gleiten ließ.
Neugier machte sich auf seinem Gesicht breit. »Verzauberst du sie?«
Das hatten schon viele geglaubt, dass das Schillern in meinen Haaren nicht bereits von Geburt an so gewesen war, sondern dass ich etwas dafür einnahm. Mit Abstreiten verschwendete ich nur meine Zeit. Nur ich wusste, wie lachhaft der Gedanke war, dass ich mir die magischen Mittel leisten könnte, die einen ähnlichen Effekt erzielten.
»Nein«, antwortete ich, und es war mir egal, ob er mir glaubte oder nicht.
Mit einem schelmischen Blitzen in den Augen sah er mich an. »Wie das Licht der Sterne, Starlight.«
Bei seinem schlechten Kompliment machte sich Enttäuschung in mir breit.
Er schmunzelte. »Und die hier?«
Ich atmete hörbar ein, als er kaum merklich über die Male auf meiner Schulter strich, und musste mich davon abhalten, aufgrund des angenehmen Kribbelns die Augen zu schließen.
Kopfschüttelnd besann ich mich. »Nein«, flüsterte ich. »Sind deine … das Ergebnis eines Zaubers?« Ich versuchte, die unbedeckte Haut auf seiner Brust nicht anzusehen, doch beim Blick in seine Augen wurde mir nur noch heißer.
»Nein.«
Das machte mich neugierig. Ich wollte wissen, warum wir diese eine, mysteriöse Gemeinsamkeit hatten. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass jemand mit dem gleichen ungewöhnlichen Merkmal mich finden würde?
Seine Nähe wurde zu viel. Ich fürchtete mich vor der Falle, zu der er werden könnte. Also schlüpfte ich aus seinen Armen, weg von der Säule, sodass meine silbernen Strähnen ihm durch die Finger glitten, und wappnete mich gegen die Kälte.
»Deine Tanzvorführung«, sagte er mit verführerischer, schattengleicher Stimme. »Sie war vorzüglich.«
»Und jetzt ist sie vorbei«, sagte ich und ignorierte den Anflug der Enttäuschung, der meine endgültigen Worte begleitete.
Ich wusste nicht, warum er hier war, oder wie er durch Hektors Sicherheitsvorkehrungen geschlüpft war. Ich wusste nicht einmal, ob ich es überhaupt wissen wollte. Ich wusste nur, dass ich hier weg und den schönen Fremden vergessen musste. Auch wenn mir klar war, dass ich ihn anschließend nie wiedersehen würde, und dieses Wissen mich vom Gehen abhielt.
Vielleicht war es töricht, im Angesicht der Gefahr Sehnsucht zu empfinden, doch erst die Präsenz von beiden Aspekten machte mir bewusst, wie lange ich ohne sie gelebt hatte. Nun standen sie vereint in dieser Person vor mir und führten mich in Versuchung, wie das Heilmittel für eine Krankheit, derer ich mir vorher nicht bewusst gewesen war.
»Nicht für mich«, sagte er.
Die leisen, grollenden Worte wurden fast vom Knarren der Tür verschluckt, das mich erschrocken zurückzucken ließ. Bevor ich den Eindringling sehen konnte, segelte etwas in mein Gesichtsfeld – der blaue Schleier –, und ich schnappte ihn mir und band ihn mir hektisch um, während der Mann ganz eintrat.
»Bitte entschuldigen Sie, Ma’am«, stotterte er bei meinem Anblick und wandte den Blick ab, als wäre ich nackt. »Ich sollte mich hierher begeben. Ich werde mich an Hektor wenden …«
»Nein«, rief ich ein bisschen zu eilig. »Ich wollte gerade gehen. Machen Sie sich keine Sorgen um Hektor, ich mache mich jetzt auf den Weg zu ihm. Sie werden völlig ungestört sein, sobald Ihre Dame eintrifft, das versichere ich Ihnen.«
Der ältere Mann neigte hochachtungsvoll den Kopf.
Bevor ich mich zur Tür wandte, erinnerte ich mich an meine Begleitung. Ich ließ den Blick durch den Raum gleiten. Zweimal. Meine Gedanken überschlugen sich, als ich den Raum leer vorfand. Der einzige Ausgang war dort, wo immer noch der grauhaarige Mann stand.
Doch die einzige Erinnerung an Nyte war der Himmel, der über mir wachte, als ich einen letzten Blick nach oben warf und dann das Zimmer verließ.
Ich schlüpfte in meine Gemächer und wollte gerade erleichtert ausatmen, als ich stockend innehielt. Hektor löste sich aus der Dunkelheit des Badezimmers.
»Liebling«, sagte er, und bei seinem Tonfall bekam ich eine Gänsehaut. »Wo warst du?«
Es gab keine richtige Antwort auf diese Frage, da die explizite Regel galt, dass ich nachts in diesen drei miteinander verbundenen Zimmern zu bleiben hatte.
»Auf der Dachterrasse«, antwortete ich, der einzige Ort, zu dem die Gäste keinen Zutritt hatten. »Ich brauchte ein bisschen frische Luft.«
Das schulterlange, rote Haar hinter die Ohren gestrichen und mit funkelnden grünen Augen kam er auf mich zu. Wie ein Raubtier, das überlegt, ob es angreifen oder Gnade walten lassen sollte. Ich bemerkte das Glas Wasser in seiner Hand, und beim Gedanken daran, was es bedeutete, durchfuhr mich eine Welle des Verlangens.
Als er vor mir stand, hob er die Hand und griff nach meinem Kinn, und ich musste mich beherrschen, nicht zusammenzuzucken. Sobald sein Griff sanfter wurde, entspannte ich mich und blickte ihn mit einer Unterwürfigkeit an, die ich eigentlich verabscheute. Ich hatte nichts falsch gemacht, ich hatte mir nur einen klitzekleinen Freiraum innerhalb der Wände meines Gefängnisses genommen.
»Mach auf.«
Ich öffnete den Mund, und er drückte mit dem Daumen auf meine Zunge, bevor die Kapsel darauf landete. Dann senkte er den Mund auf meinen – ein einziger, tiefer Kuss, der nach Gewürzen und Alkohol schmeckte. Er zog sich zurück und strich mir mit den Fingern über die Wange, während er mir das Wasserglas hinhielt.
Ich nahm es begierig, da meine Kehle nach der Begegnung mit dem Fremden noch immer wie ausgetrocknet war. Hektors Berührung – der Gedanke ließ sich nicht leugnen – löste absolut nichts in mir aus. Ob es einfach daran lag, dass ich so an ihn gewöhnt war? Oder daran, dass er mich genauso ansah wie seine anderen wertvollen Gegenstände?
Die Kapsel glitt mir wie jede Woche die Kehle hinab, auch wenn sie mich nicht immer vor Krankheitsphasen bewahrte. Hektor hatte viele Heilkundige aufgesucht und keine Kosten und Mühen gescheut, doch nicht einmal Magie konnte mich heilen. Sie befanden mein Blut für nicht stark genug, um mich am Leben zu erhalten, sodass ich mich ohne diese Medizin oft schlapp fühlte.
Hektor schlang mir den Arm um die Taille und zog mich eng an sich. Zu eng, sodass ich die Warnung dahinter wahrnahm. »Geh nicht wieder ohne mein Wissen raus, Astraea. Wir haben doch darüber gesprochen.«
Ich nickte und strich ihm mit den Händen über die Brust. »Entschuldige.«
Er entspannte sich etwas und küsste mich erneut.
Ich versuchte, darauf zu reagieren, doch meine Lippen waren taub. »Musst du dich nicht um deine Gäste kümmern?«, fragte ich und lehnte mich zurück.
Sein Kopfschütteln ließ meine Hoffnung schwinden. »Heute Nacht gehöre ich ganz dir.« Er nahm meine Hand und führte mich zum Bett. »Morgen muss ich weg, und ich werde dich vermissen.«
Diese Information hatte ich schon vor Tagen beim Lauschen aufgeschnappt, und ich freute mich riesig, denn das würde mir die Gelegenheit geben, eine Freundin noch ein letztes Mal zu sehen, bevor sie sich als Auserwählte auf den Weg in die Stadt der Mitte machte. Dank Hektors strenger Regeln gab es nur wenige Leute, die von meiner Existenz überhaupt wussten, doch ich stellte mir gerne vor, dass Cassia Vernhalla auch dann meine beste Freundin wäre, wenn ich viele kennen würde.
Hektor strich mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr, dann zog er mich auf seinen Schoß. Ich hatte meine Reaktion auf seine Berührungen bis zu dem Zeitpunkt noch nie infrage gestellt. Doch in dem Moment sehnte ich mich nach dem Kribbeln, das der Fremde in mir ausgelöst hatte, anstelle der Leere, die ich bei dem Gefühl von Hektors Hand auf meinem Oberschenkel empfand. Bevor er meinen Dolch entdecken konnte, drückte ich ihn rücklings aufs Bett und knöpfte verführerisch langsam seine Jacke auf. Ich wusste, wie sehr er es mochte, wenn meine eisblauen Augen sich nur auf ihn fokussierten.
Es gelang mir, den Dolch abzulegen und unter die Matratze zu schieben, bevor er über mir war. Er hatte sich die Seidendecke übergeworfen, und seine Haut rieb sich an meiner. Ich wollte etwas empfinden. Ich sehnte mich nach der elektrisierenden Spannung, die ich mit dem Fremden gespürt hatte. Bis jetzt hatte ich nicht gewusst, wie sehr ich mich nach einem Tanz im Regen und der Berührung der stürmischen Nacht gesehnt hatte. Hektors Atem strich mir durch die Haare, während er in einem gleichmäßigen Rhythmus in mich stieß, doch meine Gedanken wanderten ungehindert zu jemand anderem.
Ich drehte den Kopf zur Seite, und die Nacht beobachtete mich, wie sie es immer tat. Der Gedanke erregte mich so sehr, wie Hektors Bemühungen alleine es nie vermocht hätten. Die Sterne verwandelten sich in bernsteinfarben schimmernde Augen, und auch wenn ich mich von ihnen befreien wollte, ließ ich die Hitze zu, die sie in mir auslösten. Ich stellte mir vor, wie sich die große, starke Gestalt von etwas so Falschem wie einem Vampir – falls der Fremde denn wirklich einer war – beim Spiel im Bett anfühlen würde. Bevor mir klar wurde, was ich da tat, legte ich den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und dachte an nichts anderes mehr als ihn.
Mit der Hand strich ich an meinem Körper hinab, umkreiste die empfindliche Stelle zwischen meinen Beinen. Doch in meiner Vorstellung war es seine Hand, die mich liebkoste, seine Haut auf meiner, und es war mir egal, wie sündhaft die Vorstellung einer anderen Person in mir war.
Hektor gefielen die Geräusche, die ich machte, und wie meine Bewegungen sich seinen anpassten, doch es war nicht genug. Sein Geruch vernebelte mir die Sinne, dabei sehnte ich mich nach kühler Minze und Sandelholz. Normalerweise war ich eher passiv, aber mein Frust veranlasste mich dazu, uns umzudrehen. Mit den Händen drückte ich gegen seine Brust, hielt ihn unten. Endlich konnte ich frei atmen, meiner Fantasie freien Lauf lassen. Ich war so nah dran.
Bei einem letzten Blick in die Nacht hinter der gläsernen Balkontür verlor ich die Kontrolle. Jeder Zentimeter von mir bestand aus reiner Glückseligkeit, jeder Nerv erbebte, und als ich die Augen schloss, sah ich in ein Gesicht – mit goldenen Augen und einem schelmischen Grinsen aufgrund dessen, was ich getan hatte.
Hektors Höhepunkt folgte dem meinen, doch ich konnte ihn vor Scham nicht ansehen, also glitt ich neben ihn, während wir beide um Atem rangen.
»Du bist bemerkenswert«, lobte er. »Ich bin so stolz darauf, dass du mich auch vermissen wirst, mein Liebling.«
Das würde ich nicht. Ich vermisste ihn nie, was mich irgendwie traurig machte. Er hatte mir alles gegeben, doch ich konnte nichts zurückgeben, egal, wie sehr ich es versuchte. Wenn er weg war, konnte ich endlich frei atmen. Ich konnte mich durch die Flure bewegen, ohne ständig über die Schulter blicken zu müssen. Und – mein schwerwiegendstes Geheimnis – ich konnte das Herrenhaus verlassen und meine eine Freundin besuchen, von der er seit Jahren nichts ahnte.
Ich hatte gelernt, dass die Geheimnisse der Preis für Hektors Schutz waren. Das gefiel mir zwar nicht besonders, aber ich fürchtete mich vor dem, was aus mir werden würde, wenn ich seine erstickenden Regeln befolgte. So lange hatte ich versucht, mich davon zu überzeugen, dass er es nur gut meinte, dass die Liebe grausam und trügerisch sein konnte und ich ihm trotzdem wichtig war. Doch manchmal wünschte ich mir, seine Liebe würde mich endlich ersticken, statt mich nur zu fesseln.
»Wie lang wirst du weg sein?«, fragte ich.
»Ein paar Tage.«
Ich hätte wissen müssen, dass er mir keine genaue Antwort geben würde. Also würde ich meinen Ausflug sicherheitshalber kurz halten müssen. In Gedanken belustigte mich das Konzept von Sicherheit. Vielleicht stimmte etwas mit mir nicht, doch ich genoss jede Situation, in der ich Hektors Maßnahmen entfliehen konnte.
»Kann ich mitkommen?«, platzte es aus mir heraus. Ich sah ihn nicht an, hörte lediglich das Rascheln der Decke, spürte, wie er die Lippen gegen meine Schulter drückte.
»Dieses Mal nicht.«
Wie jedes Mal, dachte ich. Wann immer ich fragte, die Antwort blieb die gleiche. Ich drehte mich auf die Seite, bettete die Wange auf meine gefalteten Hände und blickte in die glitzernde Nacht hinaus, bis Hektors Atem hinter mir immer tiefer wurde. Auch wenn sich mein Körper einsam fühlte, war ich froh, dass er mich nie im Arm hielt.
Für einige Zeit lag ich noch wach, bis die Musik von vorher leise in meinem Kopf erklang und mir die Augen zufielen. Was mich schlussendlich ins Dunkel lockte, war das leise Vibrieren einer silbrigen Stimme, die ich nicht vergessen wollte.
Mein Bewusstsein kam und ging. Ein scharfer Schmerz in meinem Arm weckte mich, doch mein Blick war unscharf, und ich brummelte schläfrig.
»Schsch. Schlaf weiter, mein Liebling.«
Eine Hand strich mir über die Stirn, doch ich konnte mich nicht gegen die sanfte Geste wehren, die mich zurück in den unendlichen Abgrund lockte.
Eine Schwere lastete auf mir, als ich erwachte. Das helle Licht, das in den Raum strömte, stach mir in den Augen und bereitete mir Kopfschmerzen. Ich zwang mich, mich aufzusetzen, und wartete, bis der Schwindel sich legte.
Nicht heute, dachte ich. Bitte, nicht heute.
Als ich aufstöhnte, bemerkte ich die Halsschmerzen, die mich nachts überfallen hatten. Ich drehte mich zu Hektor, doch seine Seite des Betts war leer, und ein kalter Schauder überkam mich. Blinzelnd schob ich die Decke beiseite und schwang die Beine aus dem Bett. Der eiskalte Marmorboden ließ mich am ganzen Körper erzittern. Als ich nach meinem langen Baumwollmorgenmantel griff, sah ich, warum es so hell von draußen hereinschien – hinter dem Fenster erstreckte sich eine glitzernd weiße Schneedecke, die mir den Atem raubte.
Obwohl ich mich so schlecht fühlte, musste ich lächeln. Jedes Jahr freute ich mich auf den Schnee, der stets mein inneres Kind zum Vorschein brachte. Auch wenn ich mich nicht an meine Kindheit erinnern konnte.
Mein Blick schweifte durch das protzige Zimmer, über die Nachttische, doch ich fand keine Nachricht. Keinen Hinweis darauf, wie lange Hektor schon weg war. Ich musste herausfinden, ob ich einen ganzen Tag verschlafen hatte, wie es mir mit meiner Krankheit manchmal passierte.
Schnell zog ich mich an und wählte dabei ein dickes, blaues Kleid sowie einen marineblauen Umhang, lange Socken gegen die Kälte und schwarze Stiefel gegen den Schnee. Die Uhr auf dem Kaminsims verriet mir, dass es bald Mittag war. Ich schob die Nebelschwaden in meinem Kopf beiseite und beschloss, das Küchenpersonal danach zu fragen, wie lange Hektor schon weg war.
Doch als ich die Türklinke herunterdrückte, stellte ich entsetzt fest, dass die Tür nicht nachgab. Mein Herz schlug wie wild, als ich es immer und immer wieder versuchte, bis mir Tränen in die Augen schossen und mir in der Nase stachen. Doch ich gab nicht auf und rüttelte weiter an der Tür, als wenn sie sich irgendwann meiner schieren Verzweiflung beugen würde.
»Mylady?« Die leise, weibliche Stimme, die mein Schluchzen unterbrach, gehörte Sira, einer Frau, die mir manchmal aufwartete, auch wenn die Zofen in Hektors Diensten nie lange blieben.
Ich legte die Stirn gegen die Tür. »Lass mich bitte raus.«
»Es ist nur für ein paar Tage, Stray.«
Die andere Stimme und der Kosename ließen mich aufschluchzen. »Zath, bitte.«
»Ich habe keinen Schlüssel, sonst würde ich dich natürlich rauslassen, das weißt du.«
Meine Fingernägel hinterließen tiefe, sichelförmige Abdrücke in meiner Handfläche. »Wie lange ist er schon weg?«, fragte ich.
Ihr Zögern ließ Emotionen in mir hochkochen, und fast hätte ich die Faust gegen die Tür gerammt, bis Sira leise murmelte: »Zwei Tage.«
Meine Tränen flossen schneller, doch ich machte kein Geräusch, biss mir auf die Lippen, bis ich Blut schmeckte. Warum? Ich hatte mich doch nur einen kurzen Moment davongestohlen. Diese Bestrafung erschien mir zu hart, selbst für seine Verhältnisse.
Meine Kehle wurde so eng, als würde sie zugedrückt, und ich schnappte nach Luft, wich vor der unnachgiebigen Holztür zurück und stolperte in Richtung Balkontür. Ich rüttelte an ihr, doch auch sie gab nicht nach. Irgendwann ließ ich von ihr ab, sank zu Boden. Schwindel vernebelte meine Sicht, Schwindel, der von meiner Krankheit, dem Herzschmerz und Schock meiner Einzelhaft herrührte.
Ich hasste ihn. Auch wenn der Gedanke mich schmerzte, weil ich nicht so für ihn empfinden wollte. Ich wollte hier raus. Musste hier raus.
Für immer.
Der Gedanke überkam mich mit solcher Klarheit, dass ich selbst überrascht war. Vielleicht wusste ich, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb, oder es hatte schon immer einen Teil von mir gegeben, der diesen Anstoß gebraucht hatte. Hektor würde nicht glauben, dass er mich im Endeffekt selbst dazu getrieben hatte, war er doch bislang der einzige Grund gewesen, hierzubleiben. Nicht, weil ich ihn nicht verlassen wollte, sondern weil ich befürchtete, er würde mich eher bis ans Ende der Welt verfolgen, als mich gehen zu lassen.
Als Auserwählte von Alisus würde Cassia noch diese Woche abreisen. Sobald sie weg war, wären alle meine Chancen vertan. Dann wäre nicht nur mein Schicksal hier besiegelt, ich würde auch Cassia nie wiedersehen.
Verzweifelt vergrub ich die Hände in meinen Haaren. Die Dunkelheit hinter meinen Augenlidern verschluckte mich. Eine so starke Hoffnungslosigkeit erfasste mich, dass ich beinahe frustriert aufgeschrien hätte.
Ein Klick besänftigte das explosive Fass der Trauer in meiner Brust. Ich blickte auf, traute mich kaum, meine Vermutung zu überprüfen, doch Verzweiflung brachte mich dazu, mich auf die Beine zu kämpfen. Als sich die Klinke der Glastür ganz hinunterdrücken ließ und mir eiskalte Luft entgegenschlug, entschlüpfte mir ein Laut der Freude. Vorsichtig sah ich mich drinnen und draußen um, konnte aber niemanden entdecken. Sobald ich den ersten Schritt in den reinweißen Schnee machte, war es mir egal.
»Und wie genau willst du runterkommen?«
Die Stimme ließ mich aufkeuchen. Ein silbriges Echo, das in meinem Kopf widerhallte. Ich wirbelte herum, wäre fast ausgerutscht, als ich mich nach ihm umsah – doch er war nirgends zu sehen. Schwer atmend überlegte ich, ob ich antworten sollte, doch die Idee war so absurd, dass ich den Gedanken wieder verwarf.
Ich spähte über die schneebedeckte Steinbrüstung. Ein Sturz aus dieser Höhe würde mich wahrscheinlich umbringen, oder mich zumindest schwer verletzen.
»Ich kann ja klettern«, sagte ich laut zu mir selbst und zog Kraft aus der Vorstellung, dass seine Stimme mich anfeuerte, damit ich diese Hürde überwand.
Der Schnee machte meine leichtsinnige Entscheidung noch lachhafter, doch ich hatte keine andere Wahl. Es war schon Monate – zu viele – her, dass ich das Anwesen hatte verlassen können, und heute war meine letzte Chance, Cassia noch einmal zu sehen.
»Du solltest im Bett sein, Starlight. Es geht dir nicht gut.«
Ich schnaubte, wischte den Schnee von den flachen Steinen der Brüstung und schwang mich hinauf. Sofort schwankte ich gefährlich, doch ich blickte nicht hinunter. »Das ist meine letzte Chance.«
Wäre ich vollständig gesund gewesen, hätte ich mir nicht so viele Sorgen gemacht. Ich hatte Jahre damit verbracht, mein Gleichgewicht zu trainieren, und hatte keine Höhenangst, doch meine Schwäche, gepaart mit diesem Wetter, das ich eigentlich liebte, stellten eine gefährliche Kombination dar. Ich war mir nicht sicher, ob ich den Weg nach unten heil überstehen würde.
»Das Sims da ist zwar schneebedeckt, du solltest aber trotzdem Halt finden.«
Ich entdeckte es, folgte den Anweisungen in meinem Kopf. Mein Körper spannte sich an. Nur meine Zehen auf einem schmalen Fenstersims und meine schmerzenden Finger an der Kante über mir bewahrten mich vor einem tödlichen Sturz in die Tiefe. Langsam schob ich mich vorwärts und wischte sämtliche Zweifel an meiner Entscheidung weg.
»Stopp.«
Ich hielt inne, wartete auf seine nächsten Anweisungen, während ich die Wand hinunterblickte.
»Da sind vier Löcher, sehr klein, aber du schaffst das.«
Seine ermutigenden Worte passten nicht zur Reaktion meines Körpers, der sich augenblicklich verkrampfte. Ich atmete tief ein und löste einen Fuß. Dann ließ ich mich ein Stück hinunter und trat in das Loch. Meine fehlende Flexibilität und meine schmerzenden Gliedmaßen erschwerten mir meine Kletterpartie, doch ich dachte nicht zu sehr darüber nach, bis ich ein Geschoss tiefer angekommen war und meine Wange fast die eisige Wand des Anwesens streifte, an die ich mich unbeholfen klammerte.
»Sehr gut.«
»Ich brauche dein Lob nicht.«
Ein leises Lachen hallte in mir wider, so real, dass ich kurz innehalten musste, wenn auch nur, um die letzten Sekunden davon zu genießen. Ich schüttelte den Kopf und hielt nach dem weiteren Weg hinunter Ausschau, da es zum Springen immer noch zu weit war.
Mein Kopf dröhnte, und ich dachte kurz, ich würde den Halt verlieren, wenn ich weiter nach dem Weg suchte. Ich schwang hinab und schob mich am nächsten Fenster vorbei, hoffte inständig, dass mich niemand sehen würde. Ich keuchte vor Anstrengung und blickte nach unten. Wahrscheinlich war ich nun tief genug, um den Sprung zu wagen, doch ich konnte nicht genauer nachsehen, da ich sonst den Halt verlieren würde. Panik überrollte mich.
»Ich schaffe das nicht«, keuchte ich.
»Du hast keine andere Wahl.«
Ich wollte die tiefe Stimme und ihren belustigten Tonfall verfluchen. Als ich an Hektor dachte und die von ihm ausgelöste Verzweiflung, die mich erst hierhergebracht hatte, kamen mir vor Frust die Tränen.
»Rechts von dir ist noch ein Sims. Es ist breiter.«
Diese Anweisung wurde von einer beruhigenden Berührung meiner Sinne begleitet, dank derer ich mich auf den nächsten Schritt konzentrieren konnte. Ich zog meinen Fuß aus dem Loch und streckte mich …
Keine Ahnung, was zuerst abrutschte, doch plötzlich konnte ich mich nicht mehr halten und fiel so schnell, dass ich mich nur mental vorbereiten und hoffen konnte, dass der Schnee meinen Aufprall dämpfen würde. Ich kniff die Augen zusammen.
Mein Sturz endete früher als erwartet. Nicht durch die kalte Umarmung des Schnees, sondern durch etwas, das nach Minze roch. Arme, die mich festhielten und in denen ich weiter schweben wollte.