Thrilling Destiny - Jadelyn Aurora - E-Book

Thrilling Destiny E-Book

Jadelyn Aurora

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Beschreibung

Nach dem Schock geht die turbulente Zeit für Jadelyn weiter. Unheimliche Anrufe, aber auch merkwürdige Dinge geschehen, bei denen sie nicht weiß, ob sie nur ihr gelten oder auch ihrem Geliebten. Allerdings stehen Brian und seine Familie, aber auch ihre engsten Freunde stets an ihrer Seite. Obwohl Doreen endlich Ruhe zu geben scheint, stehen Jadelyn noch einige Gerichtsverhandlungen bevor, die ihr Angst machen. Ihr Ex-Freund Damon lässt sie nicht in Ruhe und will sie in die Hölle bringen. Bei ihrem Besuch in Las Vegas geschieht etwas Schreckliches, das endlich die Geheimnisse ans Tageslicht bringt und Jadelyn die Augen öffnet. Können die beiden endlich mit ihrer Vergangenheit abschließen und ein glückliches gemeinsames Leben in Ruhe und Frieden verbringen?

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Thrilling Destiny

– Dark Secrets –

 

Band 3

 

 

Ein Roman von

 

 

Jadelyn Aurora

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Autor: Jadelyn Aurora

 

Dieses Buch oder Teile davon dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung des Herausgebers nicht vervielfältigt oder in irgendeiner Weise verwendet werden.

Copyright© Alle Rechte vorbehalten.

 

Herausgeber: Sabrina Nieminen

Tupamäentie 20

41800 Korpilahti

- Finnland –

 

Lektorat: Franziska Eife

 

Covergestaltung: Unter Verwendung von Motiven von Shutterstock

 

tolino media GmbH & Co. KG

1. Auflage 2024

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Epilog

 

 

 

Seoul. Die gewaltige, bunte Skyline und das rege Treiben der südkoreanischen Hauptstadt imponierten mir seit der Ankunft vor zwei Tagen. Ich konnte kaum glauben, tatsächlich in einem asiatischen Land zu sein und Brian auf seiner Geschäftsreise zu begleiten. Unglaublich, wie die Stadt am Abend in ihren tausend Lichtern aufblühte und mir ein kleines Lächeln auf das Gesicht zauberte. Auch die Freundlichkeit, die uns seit der Landung entgegenschlug, hatte es geschafft.

Seitdem mir ein Irrer den abgetrennten Finger meines Vaters geschickt hatte, war mir das Lachen vergangen. Nach einer polizeilichen Untersuchung und der DNA-Analyse des Körperteils gab es keinen Zweifel mehr an seiner Echtheit. Regelmäßig brach ich bei der Erinnerung an das schreckliche Bild in Tränen aus. Als wäre das nicht genug, setzten mir die Drohanrufe immens zu. Wäre ich allein, hätte ich mich schon längst vom Leben verabschiedet, doch Brian war mein Anker, der mich davon abhielt. Er war für mich da, hielt mich in den schweren, dunklen Stunden und lockte mich aus meinem Schneckenhaus. Um mich abzulenken, unternahm er viel mit mir, wie jetzt die Südkorea-Reise, auf die ich mich – trotz der ekelhaften Entdeckung – gefreut hatte. Ich war dankbar für seine Fürsorge, wusste ich doch, dass ich in den letzten Wochen nicht leicht zu händeln war. Trotzdem sah er über meine Launen hinweg.

Gähnend betrachtete ich von unserem schicken Hotelzimmer aus die Wolkenkratzer, die sich in der untergehenden Sonne spiegelten, ehe sie sich hinter ihnen verzog und den farbenfrohen Lichtern Platz machte. Im Gegensatz zu Brian, der bereits nach einem Tag relativ fit auf den Beinen stand, kam ich aus der Müdigkeit des Jetlags nicht heraus. Es war ein Wunder, dass ich morgens überhaupt aus dem Bett fand, und ich war Brian dankbar, dass er Rücksicht auf mich nahm.

„Wenn du müde bist, leg dich hin, Liebling. Du brauchst einige Tage, um dich an die Zeitumstellung zu gewöhnen“, hatte er mir zugeflüstert, mir einen Kuss auf die Schläfe gedrückt und versichert, dass es kein Problem sei, wenn ich nicht anwesend war.

Derselben Meinung waren seine Auftraggeber Minho und Areum. Vor Jahren gründeten sie eine erfolgreiche Plattenfirma und wollten nun ein Musik-Festival mit großen Künstlern ausrichten. Sie ins Herz zu schließen, war einfach, denn sie waren trotz ihres Erfolgs bodenständig und freundlich geblieben. Ihre Gastfreundschaft bestand darin, dass sie eine Einladung zum Essen am späteren Abend ausgesprochen hatten.

Am meisten verwunderte mich, dass Brian teilweise die asiatische Sprache beherrschte. Nicht flüssig, weshalb Minho und Areum ihn gelegentlich korrigierten. Das schien ihn zu freuen und ich musste gestehen, dass es immens sexy war, wenn er Koreanisch redete. Mir zuliebe sprach das Ehepaar die meiste Zeit Englisch mit einem Akzent, dessen Charme ich sofort verfallen war.

Jetzt stand ich hier. Fröstelnd und allein im Hotelzimmer nach einem unruhigen, von Albträumen geplagten Schlaf wartete ich auf Brians Rückkehr. Seufzend rieb ich über die kleinen Erhebungen auf meinem Arm und zog den Bademantel fester um mich. Durch die schrecklichen Träume war mir übel und ich kämpfte mit Unwohlsein.

Hoffentlich muss ich später nicht kotzen.

Ein wenig Angst hatte ich vor dem gemeinsamen Abendessen. Ich wusste nicht, welche Art von Speisen uns aufgetischt wurden und ob mein Magen sie tolerieren würde. Mit großer Sicherheit waren einige davon gewöhnungsbedürftig. Es wäre peinlich, wenn ich mich bei den Gastgebern übergäbe. Das war das Letzte, was ich wollte!

Plötzlich vernahm ich ein Geräusch und drehte mich schlagartig in Richtung Hoteltür. Mein Puls beschleunigte sich um das Dreifache, verlangsamte sich aber, als Brian mit einem zufriedenen, wenn auch müden Gesichtsausdruck eintrat.

„Hallo, Liebling. Hast du gut geschlafen?”, begrüßte er mich, während er sich von seinen Schuhen befreite. Mit dem Fuß schob er sie ordentlich zurecht und öffnete einladend seine Arme, in die ich mich sehnsuchtsvoll stürzte. Sofort schlang er sie um mich und küsste meine Stirn. „Was ist denn los?“, fragte er besorgt. „Ist etwas vorgefallen?“ Beide Fragen verneinte ich schniefend und kuschelte mich an seine Brust. „Hattest du einen Albtraum?“, hakte er weiter nach.

Mein heiseres „Ja“ bewegte ihn dazu, mich hochzuheben und hinüber zum Bett zu tragen. Anstatt mich allein liegen zu lassen, legte er sich sofort zu mir. Unter seinen zärtlichen Berührungen und liebevollen Küssen auf mein Gesicht erzählte ich mit zitternder Stimme von meinem Traum. Es tat unendlich gut, dass er mich verstand und für mich da war.

„Ein wirklich schrecklicher Traum“, murmelte er, sobald ich meine Erzählung beendete. Vorsichtig schob er mich von sich und wischte mit seinem Daumen über meine tränennassen Wangen. Sein besorgter Blick ließ mich erneut schniefen.

Ich hasste es, zu weinen, denn dadurch begann mein Kopf stets unangenehm zu pochen und jetzt setzte mir der Druck zu. Es fühlte sich an, als würde ich krank werden, was im Herbst nicht verwunderlich war, doch das hier war allein die Schuld des Weinens. „Ich habe Kopfschmerzen“, gestand ich niedergeschlagen. Ausgerechnet jetzt, wo vor uns ein langer Abend lag. Ich wollte ihn nicht verpassen.

„Möchtest du eine Tablette?“

Auf meine Armbanduhr schielend, nickte ich. Knapp zwei Stunden hatte ich Zeit, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. So wollte ich den beiden Koreanern nicht unter die Augen treten.

Brian erhob sich, was bei mir einen unzufriedenen Laut auslöste. Sofort vermisste ich seine Wärme und seinen Halt, beobachtete aber schweigend, wie er aus unseren Koffern die Medizin herausnahm und aus dem Mini-Kühlschrank eine Flasche Wasser holte. Beides reichte er mir und wartete, bis ich heruntergeschluckt hatte. Sobald mein trockener Gaumen beruhigt war, nahm er mir die Flasche ab und drückte mich sanft an sich. „Du denkst immer wieder an das Paket, nicht wahr?“, fragte er mitfühlend.

Ich verfluchte die verdammten Tränen, die scheinbar kein Ende nehmen wollten, und rieb mir fröstelnd die Arme. Mit hängenden Schultern gestand ich, dass ich niemals den Anblick vergessen würde, selbst wenn ich hundert Jahre alt war. Wer auch immer hinter dieser Tat steckte, wusste genau, wie ich an meinem Vater hing. Das führte mich dazu, Damon zu verdächtigen. Meinen irren Ex, der vor körperlicher Gewalt nicht zurückschreckte und alles tun würde, um seine früher gehörige Sub wiederzubekommen.

„Mein armer Schatz“, flüsterte Brian mit einem Kuss auf meine Schläfe. Ich wusste, dass ihn das Erlebnis genauso verstört hatte wie mich. Und dennoch war er derjenige, der nach außen hin einen kühlen Kopf bewahrte. Er würde alles tun, um den Täter zu finden. „Kann ich etwas für dich tun?“

Zuerst wollte ich verneinen, doch als ich meine Schläfe rieb, grübelte ich. „Kannst du mich massieren? Ich bin völlig verspannt“, bat ich leise. Es gab keine Stelle in meinem Körper, die nicht schmerzte.

Meine Bitte setzte Brian, ohne zu zögern, in die Tat um. Sanft zupfte er an meinem Morgenmantel, was mich ihn fragend ansehen ließ. „Wozu denn?“, wollte ich wissen. Für eine Schultermassage war das doch nicht nötig. Dennoch ließ ich mich von ihm entkleiden und blieb fröstelnd auf dem Bett zurück, und beobachtete Brian, wie er mit einem schelmischen Grinsen einen Beutel aus dem Koffer hervorzauberte. Daraus zog er eine kleine Flasche und zeigte triumphierend auf das Etikett.

Massageöl. Er denkt aber auch wirklich an alles!

Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen nahm ich meine Haare zur Seite und legte mich mit dem Bauch voran aufs Bett. Dann legte ich meinen Kopf auf meinen Armen ab und wartete.

Kurz darauf wurde die Matratze nach unten gedrückt. Brian setzte sich auf meine Beine und bat mich, ihm zu sagen, falls er zu schwer wurde.

„Du bist nicht schwer“, murmelte ich und schauderte, als Brian das Massageöl auf meinen Rücken tröpfelte. Automatisch zogen sich meine Schultern nach oben, die sich nach wenigen Minuten dank Brians Fingern langsam wieder entspannten. Ein angenehmer Geruch von Ylang-Ylang breitete sich aus. Zuerst war die Prozedur schmerzhaft, doch er wusste, wie er meine verspannten Muskeln lockern konnte. Das sorgte dafür, dass ich allmählich immer mehr ins Traumland abdriftete.

Das wollte ich verhindern, indem ich ein unverfängliches Gespräch anfing und wissen wollte, wie lange er bereits die koreanische Sprache lernte.

„Wann immer ich die Gelegenheit und Zeit bei meinen Auslandsreisen hatte, nahm ich kleine Kurse und führte sie zuhause fort. War das nicht möglich, engagierte ich verschiedene Lehrer“, erzählte er. In seiner Stimme schwang Wehmut und Stolz, soweit ich feststellen konnte. An seiner Stelle wäre ich ebenfalls stolz, mich in der Landessprache verständigen zu können.

Ich konzentrierte mich auf die Signale, die mir mein Körper gab, und seufzte zufrieden. Dank der Massage fühlte ich mich ein wenig besser. „Und wie viele Sprachen sprichst du noch, außer Französisch und Koreanisch?“

Einen Moment lang hielt Brian inne, ehe er in kreisenden Bewegungen fortfuhr. „Dank Michelle einigermaßen Norwegisch, aber auch Chinesisch, einige Bruchstücke Japanisch, Spanisch und Schwedisch“, zählte Brian auf. „Die Zeichen kann ich auch einigermaßen, aber da es so viele gibt, würde ich nicht behaupten, ein guter Reiseführer zu sein“, gluckste er, als hätte er derartige Erfahrungen gemacht.

Das ließ mich mit einem Schmunzeln ein Stück aufrichten und ich warf ihm einen verblüfften Blick über die Schulter hinweg zu. „So viele?“, fragte ich ehrfürchtig. Hut ab, dieser Mann konnte mehr als nur gigantische Feste planen und mich mit Leichtigkeit um den Finger wickeln!

Schulterzuckend nahm Brian die kleine Flasche zur Hand und tröpfelte erneut etwas von der Flüssigkeit in seine Hände, die er daraufhin verrieb. „Denk nur nicht, ich könnte sie flüssig. Wie auch immer die Leute mein Kauderwelsch verstehen, kann ich dir nicht sagen, aber ich blamiere mich wenigstens bei einer Bestellung im Restaurant nicht“, bemerkte er nüchtern.

So bescheiden wie eh und je. Brian nahm kein Blatt vor den Mund oder redete etwas schön, sondern betrachtete die meisten Dinge aus nüchternen Augen.

„Bringst du mir auch etwas bei? Ich will mich nachher nicht völlig blamieren“, bat ich hoffnungsvoll. Zumindest eine Begrüßung in der Landessprache sollte drin sein.

Genau damit fing Brian an. „Einverstanden. Guten Abend heißt: Joh eun jeo nyeok“, sagte er flüssig und ohne zu zögern, wobei es sich für mich anhörte, als würde er seine Zunge verschlucken.

„Wie bitte?“, fragte ich blinzelnd. Wie zum Teufel sollte ich das aussprechen können?

Lachend wiederholte Brian langsam die Worte und forderte mich auf, ihm nachzusprechen. Stück für Stück. „Das ist doch ein Zungenbrecher“, beschwerte ich mich murrend nach einigen verunglückten Versuchen.

Das hielt Brian nicht davon ab, mir mit einer Engelsgeduld, um die ich ihn beneidete, die richtige Aussprache beizubringen. Dennoch haute ich bei jeder Wiederholung einen anderen Fehler hinein. Mein Kopf weigerte sich, die verschiedenen Laute zu behalten. Vielleicht lag es auch an der Massage, die Brian mit jedem Handgriff ein Stück weiter in Richtung Hintern verlegte.

„Nimm´s nicht so schwer, Jade. Das können wir …“, sagte er und hauchte einen Kuss nach dem anderen auf meine Wirbelsäule, „… heute Abend bei einer Runde Sex vertiefen.“

 

 

Grummelnd machte mich mein Magen darauf aufmerksam, dass es an der Zeit war, gefüttert zu werden. Brian erwiderte mein verlegenes Lächeln mit einem spitzbübischen Grinsen, während uns der Aufzug Etage um Etage hinauf zu Minho und Areum brachte. Ich war davon ausgegangen, dass sie sich eine Villa leisteten, doch sie schienen sich in einem Penthouse wohler zu fühlen. Wahrscheinlich, weil es mitten in der bunten Stadt lag.

Mir ging es besser, doch ich merkte, dass mir das regelmäßige Essen fehlte.

„Hunger?“

„Nein, wie kommst du denn darauf?“, erwiderte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Er bedankt sich nur für die Abendgarderobe“, meinte ich nüchtern, was Brian in schallendes Gelächter ausbrechen ließ. Meinen sarkastischen Ton bemerkend, legte er seine Hand auf meinen Bauch und lauschte. Sein angestrengt ernster Blick wirkte so skurril, dass ich mühsam mein Lachen unterdrückte.

„Du hast recht. Ich höre, wie er sich lautstark bedankt, aber sein Ruf nach Essen ist fast schon so schauerlich wie das Quietschen der Tafelkreide“, lautete seine Diagnose, wobei er sich wie Mister Mc Laren anhörte.

Noch genau erinnerte ich mich an meine erste Begegnung mit Brians Leibarzt.

Ernster Blick hinter der Brille, magere Statur.

Das war anfangs mein Bild von ihm gewesen. Selbst heute konnte ich nichts anderes von ihm behaupten.

„Was du nicht sagst“, seufzte ich kopfschüttelnd. Meine Essensverweigerung rächte sich jetzt mit Übelkeit und Schwindel. Vielleicht lag Letzteres an dem bezaubernden Abendkleid, das aus einem knielangen, cremefarbenen Kleid und einem weißen Bolero bestand. Dazu gab es ein kleines Täschchen in derselben Farbe.

Zu meiner Überraschung hatte Brian meine Bekleidung am Vortag in Seoul besorgt, als ich versucht hatte, meinen Jetlag auszuschlafen. Er hatte sogar dafür gesorgt, dass es vor dem ersten Tragen gereinigt wurde. Das zeigte mir, wie gut Brian mich kannte. Ich verabscheute es, neue Kleidung ungewaschen anzuziehen. Wer wusste schon, wie viele Menschen sie anprobiert hatten.

Mir gefielen die feinen, eingearbeiteten Blumenstickmuster sowie der flache V-Ausschnitt, der wenig von meiner Oberweite verriet. Laut Brian war es in Korea nicht gerne gesehen, viel Haut zu zeigen. Da er davon ausging, dass ich weder die Gastgeber noch die Einheimischen verärgern wollte, hatte er sich für ein Kleid entschieden, das zum gegebenen Anlass passte. Anfangs war ich nicht sicher gewesen, ob meine verunstaltete Brust sichtbar war, da sich der Stoff eng an meine Haut schmiegte. Dank des Boleros wurde mein Makel kaschiert.

„Gehen wir eigentlich auch zusammen einkaufen oder hast du etwa vor, mich jeden Tag zu überraschen?“, wollte ich schmunzelnd wissen. Meine Nervosität stieg, je mehr wir uns dem Penthouse näherten. Einerseits zählte die Anzeige rasant aufwärts, andererseits fühlte sich die Fahrt in die oberste Etage wie eine Ewigkeit an.

„Wir gehen morgen nach dem Treffen gemeinsam“, versprach Brian mit einem Kuss auf meine Stirn. Er warf einen Blick zur Anzeigetafel des Aufzugs und setzte ein süffisantes Grinsen auf.

Was zum Teufel heckte er jetzt schon wieder aus?

„Erinnerst du dich an die Aussprache?“

Aha, darauf wollte er hinaus. Die unzähligen Male im Hotelzimmer trugen endlich Früchte, als ich flüssig und ohne Probleme auf Koreanisch grüßte. Mit einem triumphierenden Blick und schnell schlagendem Herzen hoffte ich auf sein Kompliment. Weit gefehlt.

„Na, das wird doch“, meinte er trocken. „Jetzt fehlen nur noch …“, eine bedeutungsvolle Pause folgte, ehe er mir eine für den Anfang gigantische Zahl nannte, „… Worte, dann solltest du dich einigermaßen verständigen können.“

„Stinkstiefel“, murrte ich und holte für einen Moment mein Smartphone aus dem Täschchen heraus. Ich wollte sicherstellen, dass das Abendessen nicht durch Störungen unangenehm unterbrochen wurde.

„Nein, ich bin …“

Ich rollte mit den Augen. „Brian, ich weiß“, beendete ich seinen Satz und schob mein Smartphone wieder zurück. „Obwohl, … das stimmt nicht ganz. Du bist Bri, der Stinkstiefel Camembert. Oft ungenießbar.“

Ha, jetzt hatte ich es ihm gegeben und ich labte mich wie eine Verdurstende an seinem ungläubigen Gesichtsausdruck. Ohne Vorwarnung drängte er mich an die Wand, kesselte mich mit seinen Armen ein und sah herablassend und mit zu Schlitzen verengten Augen auf mich hinab.

„Bist du dir sicher, dass ich ungenießbar bin, Jade?“, fragte er mit dunkler, hungriger Stimme.

Mutig, aber trotzig, hob ich mein Kinn an. „Ja, das bin ich. Du bist ziemlich frech, mein Lieber, und ich sollte dich vielleicht ein wenig an die Zügel nehmen, damit deine Arroganz nicht überhandnimmt“, antwortete ich mit einem festen Blick in seine Augen.

Die plötzliche Stille zwischen uns beschleunigte meinen Herzschlag.

Bin ich zu weit gegangen?

Auf den ersten Blick bemerkte ich Brians Anspannung und ging davon aus, er sei verärgert. Ich zuckte zusammen und kniff meine Augen zu, als er die Hand anhob, doch dann strich er mir nur eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „Genau das liebe ich an dir, Jade. Du wagst es, dich mir gegenüber zu behaupten, mich zu beleidigen und mir zu drohen“, flüsterte er. Während er sprach, nahm ich seinen warmen, nach Minze riechenden Atem an meiner Stirn wahr. Brian achtete stets auf ein gepflegtes Äußeres, wobei er mit Gerüchen sparsam umging.

Blinzelnd öffnete ich meine Augen und bemerkte ein liebevolles Funkeln in seinen. „I-Ich wollte dir nicht …“ Sein Finger schnitt meinen Satz ab. Siedend heiß fiel mir ein, dass seine Ex-Frau ihn bedroht und gegängelt hatte. Das Letzte, was ich wollte, war, genau wie Doreen zu sein!

„Du bist nicht Doreen“, sagte Brian eindringlich, als könne er meine Gedanken lesen. „Du bist nicht zynisch oder bösartig, sondern neckst mich. Ich kann den Unterschied zwischen deiner Drohung und ihrer problemlos erkennen. Nur das mit an die Zügel nehmen …“, erneut machte er eine Pause, in der sich mein Herzschlag verdreifachte, „… das bringt mich auf eine Idee.“ Gleichzeitig wurden seine Augen dunkel vor Lust.

Es dauerte einige Sekunden, bevor ich darauf kam, worauf er anspielte, aber das Ping des Aufzuges verwehrte meine Antwort. Brian rückte seine Krawatte zurecht, warf mir einen triumphierenden Blick zu und wandte sich in die Richtung der Gastgeber, die uns mit einer Verbeugung begrüßten.

Mit glühenden Wangen beeilte ich mich, den Aufzug zu verlassen, und betitelte Brian in Gedanken als den größten Stinkstiefel, den es auf der Erde gab. Er schaffte es immer wieder, mich durch den Kakao zu ziehen. Selbst, als wir uns synchron verbeugten und im Chor: „Joh eun jeo nyeok!“, aussprachen, konnte ich ein belustigtes Funkeln in seinen Augen wahrnehmen.

Die Herrin des Hauses führte uns in einen Raum, der tagsüber mit natürlichem Licht durchflutet wurde, während abends die Stadtlichter die Dunkelheit vertrieben. „Das Essen ist in wenigen Minuten fertig“, erklärte Areum und bat um Verzeihung, ehe sie sich den zahlreichen Töpfen in der offenen Wohnküche widmete.

„Wenn ihr wollt, führe ich euch ein wenig herum“, schlug Minho vor. Sein Angebot kam uns gelegen, denn nicht nur ich schien darauf zu brennen, das Penthouse zu erkunden, sondern auch Brian.

Während sich zwischen den Männern ein entspanntes Gespräch über die Einrichtung bildete, sah ich mich um.

Der glänzende Marmorboden harmonierte mit den warmen Farben der Möbel. An sich wäre mir der Boden zu hell und klinisch, aber der extravagante Geschmack der Gastgeber ließ den gigantischen Raum freundlich und einladend wirken. Durch farbliche Dekorationen wurde ihm Leben eingehaucht.

Neben der Wohnküche gab es einen Fitnessraum, der mit Glaswänden abgetrennt war und uns einen Einblick in zahlreiche, unterschiedliche Geräte gab.

Hut ab vor den Leuten, die es täglich schaffen, sich zum Sport zu motivieren.

Mir gefiel es, mich körperlich zu bewegen, aber in einem Raum eingesperrt zu sein und stumpf sein Training zu absolvieren, war nicht mein Fall. Lieber joggte ich am Strand, ließ mir die salzige Meeresluft um die Nase wehen und gönnte mir eine Pause im warmen Sand. Im Winter war das keine Option für mich, weshalb ich in den Monaten zu einer Couchpotato wurde. Brian schien andere Pläne zu haben. Ich erinnerte mich daran, dass er mit mir Schlittschuhfahren wollte.

Wenn wir Lust hätten, könnten wir uns auch in unserem Fitnessraum austoben. Dieser lag neben Phillips Wohnung in der Garage und war klein, aber ausreichend. Täglich stählte Brian dort mindestens eine halbe Stunde seinen Körper, obwohl er der Meinung war, dass sein Sportprogramm seit unserer Begegnung zugenommen hatte. Was für ein Programm er andeutete, war mir bewusst. Manchmal sah ich Brian zu oder machte ein paar Übungen mit, nur um danach wie ein übergewichtiger Mops nach Luft zu hecheln. Natürlich zur Belustigung meines Geliebten!

Eine Wendeltreppe führte in den oberen Stock des Penthouses und ich ging davon aus, dass dort die Schlafzimmer zu finden waren. Unsere Besichtigung wurde unterbrochen, als Areum uns mit einem Glas Champagner an den Tisch bat.

Ich war auf einen Abend mit eingeschlafenen Füßen und unbequemer Haltung vorbereitet und umso erstaunter, einen normalen Tisch anstatt eines Zataku vorzufinden. Von Brian wusste ich, dass Zataku Tische mit kurzen Beinen waren.

Innerlich seufzte ich erleichtert. Zum Glück würden mir peinliche Momente erspart bleiben! Dafür konnte ich nicht verhindern, dass angesichts der zahlreichen Schälchen meine Gesichtszüge entglitten. Kimchi, das ein fester Bestandteil der koreanischen Küche war, konnte ich identifizieren, doch alles andere war mir neu.

„Bitte, setzt euch“, bat Areum mit einer einladenden Handbewegung lächelnd.

Brian, ganz der Gentleman, zog meinen Stuhl zurück, wobei ich genau sah, dass er etwas im Schilde führte. Meine Bemerkung im Aufzug würde mit Sicherheit nicht ungesühnt bleiben und allein der Gedanke, was Brian mit Zügeln anfangen wollte, ließ mich meine Beine aneinanderreiben.

Sobald wir saßen, begann Areum, uns die Speisen zu benennen. „Das hier ist Namul, angebratene, mit Sesamöl zubereitete Sojabohnensprossen“, erklärte sie und ließ ihren Finger zu der danebenstehenden Schale wandern. „Und das ist Oi Muchim. Ein würziger Gurkensalat.“

Selbst Brian kannte nicht alle Speisen. Er erkundigte sich, was Haemul pajeon für eine Speise war.

„Das sind Pfannenkuchen mit Meeresfrüchten“, erklärte Minho, der uns nicht nur Wein einschenkte, sondern jedem ein kleines Gläschen mit hochprozentigem Alkohol hinstellte.

Auf den ersten Blick konnte ich nicht feststellen, um welche Spirituose es sich handelte, und hoffte inständig, mich nicht mit einem Hustenanfall und verzogenem Gesicht zu blamieren. Sobald ich starke Getränke zu mir nahm, konnte ich meine Gesichtszüge nicht unter Kontrolle halten.

Neben Japchae, einem aus Süßkartoffeln hergestellten Nudelgericht, gab es Bibimbap, das aus weißem Reis, Chilipaste, Sojabohnenpaste, Rindfleisch und einem gebratenen Ei bestand.

Ich konnte mir die Namen aller Speisen weder merken noch sie aussprechen und stellte beim Essen fest, wie sehr sich die koreanische Küche von der westlichen unterschied. Nicht jedes Gericht sagte mir zu, aber ich musste auch nichts essen, was mir nicht behagte. Für jeden war etwas dabei und jeder konnte essen, was er wollte.

„Wir würden euch gerne übermorgen zu Gogi gui einladen“, bemerkte Minho.

„Was ist das?“, fragte ich und kämpfte mit dem widerspenstigen Kimchi, das sich bisher erfolgreich weigerte, in meinen Mund zu kommen. Mit Stäbchen zu essen, war eine Kunst für sich. Wenn das so weiterginge, würde mein Kleid in Mitleidenschaft gezogen werden!

„Das ist ein koreanisches Barbecue, Liebling“, informierte mich Brian schmunzelnd.

„Ist es dafür nicht ein wenig zu kalt?“, fragte ich flüsternd.

Minhos Lachen war ansteckend und er schien sich nicht über meine Aussage lustig zu machen. „Keine Sorge, das wird im Haus abgehalten“, versicherte er freundlich.

Seit wann grillt man im Haus?

Fragend legte ich meinen Kopf schief, was Minho dazu bewegte, mir zu erklären, dass das Barbecue an einem Tischgrill zubereitet wurde und somit zu jeder Jahreszeit durchgeführt werden konnte.

Seine Erzählungen von vergangenen Gogi gui begeisterten mich und ich konnte es kaum erwarten, es selbst zu erleben.

 

Der Abend wurde mit einem Drink auf der Dachterrasse abgerundet. Mein Magen war bis zum Rand gefüllt und ich befand mich auf dem besten Weg in ein Fresskoma der Extraklasse. Ein Wunder, dass ich von selbst stehen und Brian mich nicht auf die Terrasse rollen musste.

Der Stadtverkehr war hier oben kaum zu hören, aber die Aussicht auf die bunten Lichter war die Wucht, an der ich mich nicht sattsehen konnte. Von einer der unteren Wohnungen drang Violinenmusik zu uns hinauf und eine sanfte Windbrise, gespickt mit leckeren Gerüchen, erfasste mein Kleid. Unauffällig richtete ich den Stoff, während wir Minho auf die Sitzecke unter einem Pavillon folgten.

„Ich komme gleich“, verkündete er. „Seht euch ruhig um.“ Dann ließ er uns allein.

Das ließ sich Brian nicht zweimal sagen. Von seiner Neugier getrieben, schlenderte er über die weitreichende, geschmackvoll gestaltete Terrasse. Bei einem merkwürdigen Gestell, das die ganze Mauer verzierte und durch die unterschiedlichen Pflanzen und Kräuter darin wie ein Kunststück aussah, blieb er stehen. Nachdenklich legte er seinen Kopf zur Seite und bevor ich fragen konnte, was er im Sinn hatte, öffnete er den Mund. „Meinst du nicht, dass so etwas Ähnliches zu Hause bezaubernd aussehen würde?“

„Ganz sicher“, stimmte ich zu, schüttelte aber den Kopf. „Bei mir überlebt keine Pflanze und ich weiß nicht, wie sie auf die salzige Luft reagieren“, gab ich zu bedenken. Ich und Pflanzen waren ein Thema für sich, von dem Brian genug wusste.

Er klopfte sich auf die Brust und setzte ein schelmisches Grinsen auf. „Ich werde Michelle darum bitten, geeignete Pflanzen auszusuchen, die deinen nicht vorhandenen, grünen Daumen überleben“, meinte Brian im Brustton der Überzeugung.

Schnaubend boxte ich in seine Seite. „Also war deine Frage rein rhetorisch“, stellte ich nüchtern fest. Typisch Brian!

„So ungefähr, Liebling. Aber ich möchte kein Gestell kaufen, sondern eins mit dir bauen. Es soll unserem Wetter trotzen können“, erklärte er und befühlte das Material.

Ich folgte seinem Beispiel, aber durch meine Unwissenheit konnte ich nicht sagen, ob es aus Stahl oder Aluminium war. „Du kannst so etwas bauen?“, fragte ich erstaunt und verengte die Augen, als sein Glucksen zu einem Kichern, dann zu einer Lachsalve anschwoll. Automatisch wurde ich mitgerissen und bereute es, so viel gegessen zu haben. Mein Magen zwickte, doch Brians Lachen war so ansteckend, dass ich nicht aufhören konnte, bis er sich beruhigt hatte. „Weswegen haben wir eigentlich gelacht?“, wollte ich wissen. Mit einem Taschentuch aus meiner Handtasche tupfte ich mir die Tränen weg und überprüfte in dem kleinen Spiegel, ob das dezente Make-up nicht verwischt war. So eitel war ich nicht, aber ich wollte Brian nicht bei seinen Kunden mit schwarzen Strichen auf den Wangen blamieren.

In den nächsten Tagen muss ich weniger essen, sonst passe ich in keins von Mikaels Kleidern.

Kenneths Ehemann hatte einen Teil der angeforderten Kollektion noch vor unserem Abflug geliefert, woraufhin ich einige für die Reise aussuchen konnte.

„Ich bin nicht für handwerkliche Dinge geboren, Jade“, schmunzelte Brian. Er schien mühsam gegen eine erneute Lachsalve zu kämpfen. „Was auch immer ich basteln möchte, es sieht niemals so aus, wie es soll, und in 99% der Fälle kracht es bei der kleinsten Berührung zusammen“, fuhr er fort, wobei er sich gegen die Brüstung der Terrasse lehnte und seinen wehmütigen Blick auf das Pflanzengestell richtete. „Einmal wollte ich mit Sebastian und Kenneth eine Harfe aus Holz anfertigen. Sie sollte ein Geschenk für eine Tante sein. Das Ende vom Lied war folgendes …“, erzählte er und räusperte sich.

Gespannt, was jetzt kam, hing ich buchstäblich an seinen Lippen.

„Ich habe es geschafft, das Holz beim Sägen zu zerbrechen, meine Finger fast abzuschneiden und zu guter letzt Dads geliebten Basteltisch in der Garage durchzusägen.“

Ich stellte fest, dass er absolut kein Schamgefühl besaß, sondern die Situation humorvoll offenlegte. Diese Eigenart schätzte und liebte ich an Brian. Meine einstigen Bastelversuche in der Schule waren so peinlich, dass sie niemals an die Oberfläche gelangen sollten. Es war besser, sie im Garten vergraben zu lassen. Ansonsten würde sich Brian totlachen.

Daher schwieg ich und legte meine Hand mit einem Lächeln auf seinen Rücken. „Dann sollten wir dafür sorgen, dass uns unsere Kinder niemals mit Handwerkszeug in der Hand zu Gesicht bekommen“, neckte ich kichernd. Brians Augen begannen zu funkeln und mein Herz machte einen Sprung. In der letzten Zeit dachte ich öfter darüber nach, mit Brian eine Familie zu gründen. Allein die Vorstellung, wie er mit ihnen am Strand saß, im Sand spielte und Burgen baute … Jetzt wusste ich, dass sie mit Sicherheit einstürzten. Das hinderte mich dennoch nicht daran, weiterhin an eine kleine Familie mit Brian zu denken.

Ein wenig Angst hatte ich davor, auch wenn ich ahnte, dass seine Eltern und Phillip die Ersten wären, die ohne zu zögern halfen. Ich wusste, dass Brian Kinder liebte und sich wieder eine kleine Familie wünschte, aber ich wollte nichts erzwingen, sondern alles auf mich zukommen lassen. Gleichzeitig drängte mich Brian nicht und ließ mir Zeit, bis ich mich dazu bereit fühlte. Das hatte er deutlich gesagt. Zuerst einmal war etwas anderes wichtig und ich lenkte geschickt das Thema wieder auf das Vorherige. „Wer ist dann für die Reparaturen im Haus zuständig?“, erkundigte ich mich. In den Augenwinkeln sah ich unsere Gastgeber im Wohnzimmer stehen. Sicherlich würden sie sich bald zu uns gesellen.

„Phillip“, antwortete Brian nüchtern. „Er ist der geborene Handwerker und repariert Dinge, für die andere einen Haufen an Geld ausgeben. Das Geld spielt bei mir keine Rolle, aber für Phillip ist es eine Art Beschäftigungstherapie. Auch der Garten erblüht dank ihm. Nur fällt ihm mit der Zeit das Bücken schwerer, weshalb wir uns auf einen Gärtner geeignet haben, mit dem er gemeinsam für Ordnung sorgt“, erklärte er schmunzelnd.

So war das also. Brian machte seinen Haushalt selbst, während Phillip reparierte, für den Garten sorgte und uns überall hinfuhr, obwohl wir beide über einen Führerschein verfügten. Auf meine Frage hin, warum sich Brian nur selten hinter das Steuer setzte, meinte er, dass Phillip unsere Gesellschaft mochte, das Fahren liebte und sich nicht nutzlos fühlte, wenn er etwas für uns tun konnte. War Phillip jedoch krank, fuhr Brian selbst.

Mir gefielen die Einteilung und die innige Freundschaft, die nicht nur auf dem Finanziellen beruhte. Durch Phillips Verlust und Brians Freundlichkeit waren sie ein eingeschweißtes Team, das sich mit wenigen Worten verstand.

Unsere Unterhaltung wurde von Areum unterbrochen. Sie bat uns zur Sitzecke, wo sie mehrere Teller mit koreanischen Snacks hingestellt hatte. Wie auf Kommando zwickte mein Bauch und ich fragte mich, wie wir so viel essen sollten. Ich konnte nicht einen Gedanken an Essen verschwenden, ohne dass mir übel wurde.

Als Aperitif gab es erneut einen Schnaps. Ich ergriff das kleine Glas und begutachtete die transparente Flüssigkeit. Würde ich es dieses Mal schaffen, mein Gesicht nicht zu verziehen?

Minho erschien mit einem weiteren Tablett, das er auf dem gläsernen Tisch abstellte. Problemlos öffnete er eine Champagnerflasche und schenkte ein. Mit den gefüllten Gläsern prosteten wir uns auf einen gelungenen Abend zu und das Gespräch begann, sich um das bevorstehende Event zu drehen. Mir gefiel, wie ungezwungen und angenehm die Atmosphäre war. Minho und Areum waren definitiv mehr als nur Kunden, da war ich mir sicher.

Leider konnte ich mich kaum konzentrieren, denn das Fresskoma nahm Überhand und ich kämpfte gegen die unsagbare Müdigkeit, die sich wie ein Dunst in meinem gesamten Körper ausbreitete. Fast schon in einen Kokon gehüllt, holte mich Areum wieder heraus.

„Bitte, was?“, fragte ich verwirrt. Beschämt senkte ich den Blick, während Areum ihre Frage wiederholte. Welche Musik ich mochte? Das war einfach! „Fast alles, außer Rap und diese … wie sagt man dazu … Ghettomusik?“, antwortete ich. Die Musik erinnerte mich an Straßengangs und schlechte Einflüsse. Zudem war sie gruselig!

Brian gluckste neben mir. „So nenne ich die auch.“

„Also magst du Pop und Rock?“, hakte Areum nach und warf ihrem Mann einen Blick zu, als sich dieser an den Snacks bediente.

„Ja.“

Ihre nächste Frage, ob ich schon andere Musik als nur Englisch gehört hatte, ließ mich verlegen den Kopf schütteln. Was war das hier? Ein Verhör?

„Vielleicht gefällt dir unsere Musik“, meinte Minho und hielt sein Glas hoch. „Zurzeit sind koreanische Bands stark im Aufschwung. Und wer weiß …“, meinte er zwinkernd, „… vielleicht können wir euch dann überreden, uns öfter zu besuchen.“

„Magst du denn koreanische Musik?“, wandte ich mich an Brian.

„Ja. Allerdings nur Pop und Rock“, meinte er schulterzuckend. „Sollte dir jemals einfallen, in unserem Haus etwas anderes als Pop, Rock und klassische Musik zu spielen, muss ich mir Ohrenstöpsel besorgen.“

Ein breites Grinsen schlich sich auf meine Lippen. „Wie sonst sollst du unser Kind schreien hören?“, feixte ich, was seine Augen erneut glänzen ließ. Mir war klar, dass er mich nicht allein lassen und mir viel abnehmen würde. Auf ihn konnte ich zählen.

Areum lachte hinter vorgehaltener Hand. „Ein gutes Argument.“

„Ich weiß“, gab ich ungerührt und mit einem verschmitzten Grinsen zurück, konnte aber nicht mehr aufhören, an eine gemeinsame, glückliche Familie zu denken.

Noch nicht … Erst, wenn alles vorbei ist.

 

 

 

Zur fortgeschrittenen Abendstunde schlenderten Brian und ich Hand in Hand eine Einkaufsstraße entlang und ließen uns von den Auslagen der Schaufenster verzaubern. Selbst zu dieser Zeit war die Straße belebt. Kein Wunder, wenn ich die Unterhaltungskomplexe sah, die die Menschen in ihren Bann zogen.

Dank meines vollen Magens kam ich nicht schneller als eine Schnecke voran, doch das trübte unsere Stimmung nicht. Das Bummeln machte mir Spaß, da es hier so viele Dinge gab, von deren Existenz ich bisher nicht im Bilde war. Durch die Faszination war meine Müdigkeit wie weggeblasen.

Wir kamen an einem Laden für Kinderkleidung vorbei und ich sah, wie Brians Augen aufblitzten. Ob er darüber nachdachte, in was für Kleidchen und Hosen er unser Kind stecken konnte? Mein Gedanke wurde von seinen Worten bestätigt.

„Stell dir vor: Ein Mädchen in dem hübschen Blumenkleid mit Haarband“, schwärmte Brian verzückt mit dem Finger auf ein weißes Kleid zeigend. Es besaß rosafarbene Blütenblätter und ein rotes Seidenband als eine Art Gürtel, das vermutlich nur zur Verzierung da war. Das daneben liegende Haarband war in den gleichen Farben gehalten. „So ein ähnliches war Emilys Lieblingskleid.“

Obwohl Brian der Verlust seiner Tochter schmerzte, konzentrierte er sich auf die Zukunft. Das imponierte mir immer wieder aufs Neue.

Tatsächlich konnte ich mir gut vorstellen, wie das kleine Mädchen solch ein Kleid getragen hatte. „Und wenn es ein Junge ist? Bekommt er dann Blumenhosen und eine Blumenkrawatte?“, scherzte ich. Das Träumen gefiel mir immer mehr.

Dunkel und rau lachte Brian. „Bring mich nicht auf dumme Gedanken“, warnte er scherzhaft, doch ich sah genau, wie er mit einer marineblauen Hose und dem dazugehörenden weißen Hemd für einen Jungen liebäugelte.

Mit hochgezogenen Augenbrauen stemmte ich meine Hände an meine Seiten. „Ich? Du kommst doch von selbst auf solche Gedanken!“, empörte ich mich. „Dazu brauchst du mich nicht.“

In einer flinken Bewegung zog mich Brian an meiner Taille dicht an ihn heran. So dicht, dass ich einen Schmerz in meiner Brust fühlte und scharf die Luft einsog. Sofort ließ er locker. „Entschuldige“, murmelte er. Versöhnlich küsste er mich zärtlich und sah mir in die Augen „Ich brauche dich immer, Liebling. Jeden Tag, jede Stunde und jede Sekunde.“

Sein liebevoller Ton ließ eine Gänsehaut über meinen Körper kriechen und ich fröstelte auf eine angenehme Art. „So so, du brauchst mich also immer?“, fragte ich rein rhetorisch.

Zur Strafe biss Brian mir leicht in den Hals. Quietschend schob ich ihn von mir und sah mich mit klopfendem Herzen nach den Passanten um. Niemand schien etwas davon mitbekommen zu haben, doch meine Wangen glühten wie nach zu viel Punsch. „Nicht hier auf der Straße“, flüsterte ich tadelnd und fuhr über die Stelle am Hals. Das erotische Prickeln ließ mich leise stöhnen und ich boxte Brian, der spöttisch grinste, in die Seite. „Mistkerl“, schimpfte ich grummelnd. „Bri, der Stinkstiefel Camembert. Du hast dir den Namen wirklich verdient.“

Nicht darauf antwortend, sein fieses Grinsen aber auch nicht ablegend, nickte er zum Schaufenster. „Es ist mir egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, solange ihr gesund und wohlauf seid. Von mir aus kann es auch ein Alien sein“, meinte er schulterzuckend.

„Dann ist wenigstens klar, von wem das Kind abstammt“, bemerkte ich trocken und suchte schleunigst das Weite, als er empört nach Luft schnappte und seine Augen zu dünnen Strichen verengte.

„Du sagst also, dass ich wie ein Alien aussehe?“

Seine Frage blieb unbeantwortet. Die Zeiten des Schneckentempos waren vorbei und ich schlängelte mich mit klopfendem Herzen durch die Passanten. Mir war klar, dass meine Bemerkung nicht ungesühnt bleiben würde und als ich Brians dunkles Grollen näherkommen hörte, nahm ich ein Prickeln in meinem Unterleib wahr. Diese kleine Verfolgungsjagd erregte mich! Von Brian erwischt zu werden und …

Meine Fantasie geht mal wieder mit mir durch!

Leider musste ich die Jagd abrupt abbrechen. Wie ein übergewichtiger Mops nach einem Marathon lehnte ich mich keuchend an einen Laternenpfosten, hielt meine Seite und verwünschte meine Kondition. Es war keine gute Idee gewesen, mit überfülltem Magen zu rennen.

Notiz an mich selbst: Iss nicht so viel oder rolle das nächste Mal lieber.

In Gedanken sah ich mich wie eine Dampfwalze durch die Fußgängerpassage rollen.

Plötzlich spürte ich Brian an meinem Rücken. „Ich bin also ein Alien, hm?“, hauchte er mit dunkler Stimme in mein Ohr und ich schauderte. Im Gegensatz zu mir war sein Atem normal. Erneut verweigerte ich eine Antwort, da ich weiterhin um Luft rang. „Ich warte auf deine Antwort, Jade.“ Dabei rückte er so nah an mich heran, dass ich seine Körperwärme durch mein Kleid spürte. Anfangs war seine dominante Art mehr als gewöhnungsbedürftig gewesen. Zu allem Überfluss strich er mit seinem Finger meine Wirbelsäule entlang und ich zog meine Schultern nach oben.

„Ja, du bist ein Alien“, antwortete ich. „Aber ein netter. Zumindest meistens, wenn dich nicht der Rappel packt und du meinst, dein Machogehabe imponiert mir.“

Brian beugte sich ein wenig hinab, bis sein heißer Atem meinen Nacken streichelte. „Gib´s zu, das magst du doch“, flüsterte er mit siegessicherer Stimme.

„Sag mir den Tag, die Stunde und Minute, wann ich das gesagt habe!“, verlangte ich energisch.

„Gibt es nicht“, antwortete er nüchtern und legte seine Arme um mich. „Dein Körper verrät dich.“

Ertappt seufzte ich und drehte mich zu ihm um. „Du kennst mich einfach zu gut“, grummelte ich. Brian musste nur einen Knopf an mir drücken und mein Körper schmolz in seinen Händen zu flüssigem Metall. „Können wir jetzt bitte über etwas anderes reden, bevor wir von den Passanten schief angesehen werden?“ Mir war nicht entgangen, dass unsere kleine Verfolgungsjagd für Kopfschütteln gesorgt hatte.

„Über Babykleidung oder über mein Dasein als Alien?“

Eine berechtigte Frage, die mich grinsen ließ, aber ich hatte eine bessere Idee. „Nein, über das Blumenprojekt für zuhause.“

„Oh.“ Seiner Verblüffung nach hatte Brian nicht damit gerechnet. „Natürlich können wir das. Hast du bereits etwas im Sinn?“, erkundigte er sich und ließ zu, dass ich mich aus seiner Umarmung löste.

Nickend nahm ich seine Hand und wir machten uns wieder auf den Weg. „Wie wäre es mit Petunien, Grünlilien, Portulak, Drillingsblumen und Erbsenpflanzen?“ Die genannte Flora war für draußen und viel Sonnenlicht geeignet.

Grübelnd gab Brian einen Laut von sich. „Das sind gute Beispiele. Woher kennst du die Blumen, wenn dein Daumen des Todes alles vernichtet?“, wollte er wissen.

Über die Beleidigung meines Daumens konnte ich nur schmunzeln, denn sie traf haargenau. „Im Wintergarten und auf der Terrasse meiner Eltern hingen solche Pflanzen“, gestand ich. An sie konnte ich mich nur deshalb so gut erinnern, weil sie einen bitteren Beigeschmack in mir hinterlassen hatten. „Aus Versehen bin ich gegen einen Blumenkübel gestoßen und habe damit den Teppich im Wintergarten versaut. Er war meiner Mutter heilig und sie war so wütend darüber, da es ein Einzelstück gewesen war. Damit ich nicht noch mehr zerstören konnte, hat sie alle nach draußen gebracht und teilweise zu Hängepflanzen gemacht“, erzählte ich bitter.

„Wie alt warst du?“

Nachdenklich tippte ich an mein Kinn. „Ich glaube, ich war sieben. Dad und ich haben gespielt und mit meiner Tollpatschigkeit habe ich den Kübel umgeworfen.“

Leise schnalzte Brian mit der Zunge und nahm meine Hand, die er an seine Wange legte. „Meine Güte, … bei Kindern kommt so etwas vor. Da muss man sich nicht so aufregen. Pflanzen und Teppiche sind ersetzbar, ein Menschenleben hingegen nicht.“

Zweifellos hatte er recht. Doch meine Mutter war ein Fall für sich, weshalb ich nichts mehr dazu sagte. „Hast du denn Pflanzenwünsche?“

„Rosen“, kam es wie aus der Pistole geschossen. „Wir können an einem Teil der Mauer ein Spalier anbringen und Emilys Lieblingsrosen anpflanzen“, schlug er vor.

Begeistert von der Idee strahlte ich ihn an. „Komm, lass uns zurück ins Hotel gehen! Ich brenne darauf, mit dir zu planen!“, drängte ich ihn und zog wie ein kleines Kind an seinem Arm. Wo waren meine Müdigkeit und Trägheit geblieben? Brians Vorschlag war zu gut, um ihn nicht sofort in die Tat umzusetzen. Das Einpflanzen würde zwar auf das Frühjahr verschoben werden, aber bis dahin konnten wir uns um das Gestell kümmern. „Vielleicht können wir jetzt schon eine Firma finden, die so eine Konstruktion herstellt.“

Brian lachte. „Phillip.“

Verdutzt sah ich ihn an und fiel in sein Lachen mit ein. Natürlich. Der handwerklich begabte Phillip würde es sich sicher nicht nehmen lassen, etwas zusammenzubauen. Ich nahm mir fest vor, mitzuhelfen und Brian zu beweisen, dass ich kein ganz hoffnungsloser Fall war und was ich von Dad gelernt hatte.

„Ich freue mich darauf“, meinte ich lächelnd und zog erneut an seinem Arm. „Jetzt komm endlich!“

Brian stand wie ein Fels in der Brandung an Ort und Stelle. „Hast du es etwa eilig?“, fragte er mit unterdrücktem Kichern.

„Ja! Worauf wartest du noch? Setz deinen Alienkörper in Bewegung!“, drängelte ich. Daraufhin wackelte er mit seinen Augenbrauen. „Halte deine Raupen im Zaum, sonst rasiere ich sie dir ab!“ Eines Tages würde ich die Drohung wahrmachen!

Schnaubend schüttelte Brian den Kopf. „Versuch es“, meinte er mit einem süffisanten Grinsen, das mir zeigte, wie ernst er meine Worte nahm. Nämlich gar nicht. „Für deine Frechheiten werde ich dich bestrafen müssen. Solltest du morgen Abend noch laufen können, habe ich eine Überraschung für dich.“

„Eine …“ Weiter sprach ich nicht, denn die immense Vorfreude auf den heißen Sex im Hotel, das Einkaufen und die Überraschung am nächsten Tag ließen meine Stimme versagen. Egal, wie ich Informationen aus ihm herauszukitzeln versuchen würde, er würde hartnäckig schweigen.

Mir blieb nichts anderes übrig, als mich überraschen zu lassen und ich war mir sicher, dass er mich nicht enttäuschen würde.

 

 

Nach einer anstrengenden Nacht saß ich mit verbundenen Augen in einem Taxi. Brian drückte leicht meine Hand.

„Aufgeregt?“

„Spann mich doch nicht so auf die Folter! Das ist ja schlimmer als in der Nacht!“, jammerte ich. Mit seiner Geheimniskrämerei brachte er mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Das Taxi blieb stehen und Brian öffnete die Tür.

Neben kühler Luft drangen laute Stimmen und Kinderrufe zu uns herüber. Hinzu kam ein Geruch nach Essen, doch ich brachte nichts damit in Verbindung. Mein Puls beschleunigte sich rasant. Wo waren wir? Konnte er nicht sagen, was er vorhatte?

„Ach, habe ich dich nicht genug gefordert?“, fragte er keck. „Das kann ich heute Abend verbessern.“

Mit dieser Aussage entlockte er mir ein Augenrollen, das er dank des Seidentuchs nicht sah. Den samtig weichen Stoff hatte er in der vergangenen Nacht für andere Zwecke missbraucht. „Jetzt sag schon!“, drängte ich verzweifelt.

Ohne ein weiteres Wort löste er langsam den Knoten des Tuchs. „Auf drei darfst du deine Augen öffnen.“

Gehorsam hielt ich sie geschlossen, bis er bei drei angelangt war. Zaghaft blinzelnd öffnete ich meine Augen und erstarrte, als ich ein riesiges Tor sah. Über dessen Eingang waren koreanische Schriftzeichen und darunter stand Lotte World geschrieben. Eine Ansammlung an Menschen, unter der sich viele Touristen tummelten, begab sich zum Eingangsbereich.

Atemlos betrachtete ich eine Achterbahn, die ich weit entfernt herumsausen sah. Sogleich rutschte mein Herz in die Hose. Meine erste und letzte Achterbahnfahrt mit Tatjana war alles andere als glorreich gewesen. „Was ist das?“, wollte ich vorsichtig wissen.

„Lotte World, der größte Indoor-Freizeitpark der Welt“, erklärte Brian mit einer Stimme, die mich an einen Reiseführer erinnerte. Oder ein wandelndes Buch, das alles wusste. „Er ist größtenteils überdacht, sodass auch bei schlechtem Wetter jeder auf seine Kosten kommen kann. Der Indoor Bereich wird Adventure genannt, der Außenbereich ist auf einer Insel mit dem Namen Magic Island und durch eine Einschienenbahn miteinander verbunden.“

Mit offenem Mund ließ ich mir von Brian beim Aussteigen helfen. Seine Geheimniskrämerei war positiv gelungen, denn ich war davon ausgegangen, mit ihm in Seoul zu arbeiten und keine Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Daher hatte ich im Internet nicht recherchiert. Mal wieder war ich angenehm überrascht von ihm.

„Ist das dein Ernst? Achterbahnfahrten sind nicht so meins und …“, ich brach ab, da ich ihm mein peinliches Erlebnis vorenthalten wollte. Selbst Tatjana hatte einen Eid schwören müssen, niemandem von unserem damaligen Ausflug zu erzählen. Zudem hatte ich das Verbot ausgesprochen, mich jemals wieder zu einer Fahrt in den viel zu schnellen Monstern zu überreden.

Abwinkend lachte Brian. „Daran habe ich auch nicht gedacht. Es ist ein wenig kühl und ich möchte nicht, dass du krank wirst. Wir verbringen den Tag im Indoor Bereich. Nächstes Jahr kommen wir im Sommer hierher und machen Magic Island unsicher. Was hältst du davon?“, meinte er mit einem schelmischen Zwinkern.

Dieser Schalk in seinen Augen … Er verriet mir, dass Brian mehr plante, als er zugeben wollte. „Du bringst mich nicht in das Teil!“, warnte ich und trat augenblicklich zur Seite, als mich eine Frau von hinten ansprach. Meine Wangen fingen Feuer und ich verbeugte mich leicht mit einem: „Mianhabnida.“ Das war eine formelle Form der Entschuldigung für Menschen, die ich nicht kannte oder die in einer höheren Position als ich waren. Dank Brians lehrreichem Unterricht kam das Wort flüssig genug herüber, um einen freundlichen, aber erstaunten Blick der Frau, die zwei kleinere Kinder an ihren Händen hielt, zu erhalten.

Ich machte Platz und sah ihnen hinterher. Der Junge drehte sich noch einmal zu mir um und sagte etwas zu seiner Mutter, die daraufhin lächelte.

„Wenigstens zeigt dein Unterricht kleine Früchte“, murmelte ich.

„Ich hoffe, daraus werden bald große“, neckte Brian.

Ich verstand seine Anspielung und boxte ihm leicht in die Seite. „Fiesling“, grummelte ich mit einem Seufzen zur langen Warteschlange vor dem Eingangsbereich. Bis wir endlich reinkamen, war es fast Mittag! Dennoch war ich aufgeregt und konnte es kaum erwarten, einen vergnüglichen Nachmittag zu verbringen.

Brian nahm meine Hand und versuchte, mich wegzuziehen, aber ich blieb hartnäckig stehen. Wir waren schon weit genug hinten, weshalb ich nicht woanders hingehen wollte. Stumm zog Brian einen Umschlag aus seiner Manteltasche hervor. Mit hochgezogenen Augenbrauen öffnete ich das Kuvert und starrte zum zweiten Mal an diesem Tag mit offenem Mund auf Tagestickets. „Wann hast du die gekauft?“, fragte ich heiser. Innerlich jubelte ich über Brians Art, denn damit ersparte er uns das Anstehen.

Als könnte er meine Gedanken lesen, bemerkte er, dass er kein Fan davon war, ewig lange anzustehen. „Ich habe sie vor dem Abflug gekauft.“ Sein erneuter Versuch, mich von der Warteschlange wegzuziehen, gelang ihm mühelos. Er führte mich zu einem abgetrennten Areal. Hier standen nur ein paar Leute, die uns nach einem Blick auf die Eintrittskarten durchwinkten.

Mit einem kribbelnden Magen betraten wir den Indoor Bereich und entdeckten kunstvoll gestaltete Schilder, die in alle Richtungen zeigten. Neben der koreanischen Schrift gab es zum Glück auch englische Bezeichnungen und so fand ich heraus, dass es neben einem Aquarium sogar ein Volkskundemuseum gab. „Wow“, entfuhr es mir begeistert. Kein Wunder, dass massenweise Menschen herkamen!

Plötzlich legte Brian seine Hand an meinen Rücken. „Ein Tagesticket reicht nicht aus, um alles zu besuchen. Wie wäre es, wenn wir einige Zeit im Aquarium verbringen und danach in das Volkskundemuseum gehen? Wir könnten auch in den VR-Space gehen.“ Auf meinen fragenden Blick erklärte er, dass es ein Raum war, in dem wir Virtual Reality-Brillen bekamen und Spiele ausprobieren konnten. „Mein erster Versuch wurde durch einen Zusammenstoß beendet“, lachte Brian dunkel. Typisch für ihn, über sich selbst lachen zu können. Das mochte ich unheimlich an ihm. „Für heute Abend steht auch etwas auf dem Plan.“

Was, das würde er mir sicher nicht verraten und, anstatt meine Energie mit Nachbohren zu verschwenden, kicherte ich. „Du bist auf alles vorbereitet“, stellte ich nüchtern fest. „Aber wollten wir heute nicht shoppen gehen?“ Das war der ursprüngliche Plan gewesen.

Brians schelmisches Funkeln in den Augen und sein Glucksen ließen mich grinsen. Er wirkte wie ein kleiner Junge, der das erste Mal Disneyland besuchen durfte.

Ob Brian und seine Geschwister schon einmal dort waren?

„Richtig, aber das läuft uns nicht davon. Wir haben noch ein paar Tage Zeit“, versicherte er und bot mir galant seinen Arm an. „Also? Hast du Lust, Lotte World mit mir unsicher zu machen?“

Und ob ich das hatte! Die Frage war mehr als überflüssig!

Voller Vorfreude hakte ich mich bei ihm ein und massierte mit der freien Hand meine Wangen. Sie taten mir vom Grinsen so weh, als hätte man meine Lippen bis zu meinen Ohren getackert. Genau in dem Moment blitzten schmerzvolle Bilder in mir auf und ich kämpfte dagegen an, nicht in meiner dunklen Vergangenheit dahinzuvegetieren. Ich wollte den Tag genießen!

„Da fragst du noch? Du solltest mich doch mittlerweile kennen!“, bemerkte ich trocken, aber ich konnte meine Freude nicht verstecken, als er den Weg zum Aquarium einschlug.

Plötzlich blieb er stehen und sah mir tief in die Augen. „Oder möchtest du zuerst woanders hin?“, erkundigte er sich.

Lieb von ihm, mir letztlich die Entscheidung zu lassen.

Ich verneinte. „Aquarium ist unsere erste Anlaufstelle“, erwiderte ich lächelnd und schloss für einen Moment meine Augen, als er mir einen Kuss auf die Schläfe drückte. Wir setzten unseren Weg fort und erfuhren kurz darauf mehr über das faszinierende Ökosystem in den Flüssen, an den Küsten und im Meer. In der Schule hätte ich mich gelangweilt und lieber Papierflieger gebastelt, anstatt zuzuhören, doch alles in Natura zu sehen, gefiel mir. Deshalb versuchte ich, mir jede noch so kleine Information zu merken. Selbst Brian schien alles wie ein Staubsauger aufzusaugen. Sein Gedächtnis war weitaus besser als meins.

Wir bestaunten die zahlreichen Aushänge und Schaukästen, bevor Brian auf eine Tür zeigte. „Das ist mein liebster Bereich“, erklärte er mit einem frechen Grinsen.

Gespannt folgte ich ihm, warf aber noch einmal einen Blick über die Schulter, den ich sofort nach vorne richtete, als er die Tür öffnete.

Atemlos keuchte ich und betrat vor ihm die gigantische Halle, in der große Becken für eine wundervolle, hellblaue Unterwasserkulisse sorgten. In diesen befanden sich unzählige Fischarten und Unterwasserpflanzen. Es wirkte, als ständen wir unter dem Meer!

„Gefällt es dir?“, wollte Brian wissen. Ich hörte, wie aufgeregt und glücklich er klang.

Nicht den Blick von den Fischen abwendend, nickte ich heftig. „Wo sind wir hier?“, fragte ich ehrfürchtig.

„Das ist das Hauptaquarium. Hier gibt es Belugas, das sind Weißwale. Dann gibt es hier noch die Kalifornischen Seelöwen, Hafenrobben, Humboldt-Pinguine, Pirarucu, Atlantische Kuhnasenrochen und grüne Meeresschildkröten. Es gibt sogar ein Korallenriffbecken“, zählte Brian auf. Mit einem Grinsen legte er seinen Finger an mein Kinn und schloss meinen Mund. „Du siehst wie Kirby aus, der alles in sich aufsaugt“, feixte er.

Dieser Vergleich ließ mich meine Sprache wiederfinden. „Pah, dafür wäre ich klein, rosa, rund, stark und niedlich“, konterte ich geschickt.

„Das bist du auch so“, meinte Brian trocken und trat einen Schritt zurück, als ich ihn in die Seite kneifen wollte. In der gleichen Bewegung nahm er mein Handgelenk und zog mich an seine Brust. Mir tief in die Augen sehend, verwickelte er mich in einen sinnlichen Kuss, der mich alles vergessen ließ.

Obwohl mein Körper regelrecht dahinschmolz, trieb mich meine Neugier dazu an, von Brian abzulassen und mich den Becken zuzuwenden. Hinter mir herschlendernd, sah sich Brian scheinbar als mein Reiseführer. „Wir befinden uns in der Seelöwen-Zone“, erklärte er, wobei ich deutlich sein Schmunzeln heraushören konnte.

Wenige Sekunden später konnte ich mich selbst davon überzeugen. Wie aus dem Nichts tauchte ein dunkelbrauner Seelöwe auf und bewegte sich majestätisch vor der Glaswand, als wolle er tanzen. Sein schlanker, spitzer Kopf mit den niedlichen Schnurrhaaren faszinierte mich genauso wie die Schwimmkünste, die das Tier an den Tag legte. Gebannt starrte ich auf den Seelöwen, wie elegant er sich vorwärtsbewegte. Daher bemerkte ich Brians Hand in meinem Nacken relativ spät. Während er mich sanft kraulte, ließ er mir einige Daten zu der Tierart zukommen. Es war verblüffend, wie viel Brian wusste.

Ein Blick zu meinem Geliebten ließ mich lächeln. Er selbst sah mit funkelnden Augen zum Seelöwen hin.

Anfangs wollte Brian, dass ich nur ihm meine Aufmerksamkeit schenke. Manchmal hat er mich sogar ermahnt. Und jetzt? Er hat sich in der kurzen Zeit ganz schön verändert.

Die Feststellung ließ mein Lächeln einen winzigen Tick breiter werden. Anfangs hätte ich Brian durch sein kühles, dominantes Auftreten nie zugetraut, dass er jemals anders sein würde. Jetzt war ich eines Besseren belehrt worden. Wir passten uns dem anderen an und gingen auf unsere Gefühle und Wünsche ein. Etwas, was ich bei Damon nur in den ersten Wochen der Beziehung erlebt hatte. Noch schöner war, dass Brian meine Ängste und Bedenken nie herabstufte, sondern ernst nahm und auf seine Art und Weise versuchte, mir zu helfen.

„Das hier ist ein Männchen“, flüsterte Brian. Die Stimmung im Aquarium war mystisch und ich bemerkte, dass keiner der Anwesenden laut sprach. Mein Geliebter zeigte auf einen weiteren, etwas helleren Seelöwen, der zwischen den Seepflanzen hin und her schwamm, als würde er sich verstecken wollen. „Das ist ein Weibchen. Du kannst die Geschlechter an der Farbe unterscheiden. Weibchen sind generell heller als das Gegengeschlecht.“

„Woher weißt du so viel über das Unterwasserleben?“, hakte ich erstaunt nach.

Brian ließ von meinem Nacken ab und fuhr sich mit einer eleganten Bewegung durch sein Haar. „Mom und Dad haben mit uns, so oft es ihre Arbeit zuließ, etwas unternommen. Nicht nur zum Vergnügen, sondern auch zu lehrreichen Zwecken“, klärte er mich auf. „Ausflüge in die Natur und ins Aquarium waren immer ein Highlight.“

So war das also. Ryan und Victoria hatten ihren Sprösslingen auf einem sanften, lustigen Weg Wissen vermittelt. Mit seinen 37 Jahren wusste Brian eine Menge über Dinge, über die ich nie nachgedacht hatte. Ich erwischte mich bei dem Gedanken, dass ich gerne ihre Tochter gewesen wäre, doch dann könnte ich niemals mit Brian zusammen sein.

Plötzlich tauchte das Weibchen hinter den Seepflanzen auf und schwamm einige Runden synchron mit dem Männchen. Dabei berührten sich ihre Flossen immer wieder.

„Das ist so niedlich!“, hauchte ich gerührt und legte meine Hand an die Glasscheibe. Es war putzig, wie die Tiere miteinander harmonierten.

„Sie sehen verliebt aus, nicht wahr?“

Brians Stimme nach zu urteilen, war er nicht minder fasziniert wie ich. Zustimmend lehnte ich mich an seine Schulter und genoss die angenehme Atmosphäre genauso wie seine Wärme. „Ich könnte die zwei den ganzen Tag beobachten“, gab ich zu. Wie viele Seelöwen es hier wohl gab? Vielleicht waren nur wenige zur gleichen Zeit für die Besucher sichtbar.

„Schön wäre es“, seufzte Brian wehmütig mit einem Kuss an meiner Schläfe. „Jedoch möchte ich dir mehr als nur die Seelöwen zeigen.“

Nicht ohne einen letzten Blick über die Schulter hinweg zu den Seelöwen zu werfen, ließ ich mich von Brian zum nächsten Becken führen, das er mir als Den Ozean vorstellte. Eine gigantische Vielzahl an Fischen zogen in Schwärmen an der Glaswand vorbei und gaben einen kleinen Einblick in ihr natürliches Verhalten. Einer sah klein aus, doch als er sich näherte, wuchs seine Größe beträchtlich.

Erschrocken wich ich mit klopfendem Herzen einen Schritt zurück. War das etwa ein Rochen gewesen? Ich hatte sie mir kleiner vorgestellt. Meine Unwissenheit mit Brian teilend, begann er von einem Tauchgang zu erzählen.

„Wir sind einem Mantarochen begegnet. Von Weitem sah er winzig aus, aber er war tatsächlich größer als Dad. Der Rochen war noch jung und deshalb klein, aber ausgewachsen werden sie zwischen fünf und neun Meter lang.“

„Was?“, keuchte ich mit aufgerissenen Augen. Wie konnte Brian nur so ruhig von der Begegnung erzählen? Ich wäre in Panik verfallen! „Die sind doch gefährlich!“

Amüsiert schmunzelte Brian und verneinte. „Sie haben zwar um die 1400 Zähne, aber sie bevorzugen Plankton und kleinere Fische. Im Gegensatz zum Stechrochen besitzen sie keinen Giftstachel. An sich sind Mantarochen ungefährlich, aber du kannst von den Flossen oder ihrem Schwanz getroffen werden“, erklärte er geduldig.

„Ihr seid ganz schön mutig“, stellte ich bewundernd fest. „Ich wollte schon immer tauchen und die Korallenriffe sehen, aber ich glaube, das lasse ich lieber sein.“ Niedergeschlagen senkte ich den Blick und betrachtete den Marmorboden unter unseren Füßen. Er reflektierte das seichte Licht des Aquariums.

Vorsichtig strich Brian über meine Wange und ich hob meinen Blick. Besorgt sah er mir in die Augen. „Es ist seinetwegen, nicht wahr?“

Bingo. Er erinnert sich daran.

Schwer schluckend brachte ich mühsam ein Nicken zustande. Brian wusste durch meine Erzählung bei seinen Eltern, dass Damon mich oft unter Wasser gedrückt hatte, doch erst jetzt gestand ich ihm, dass er mich gelegentlich in der Badewanne gefoltert hatte, bis ich fast mein Bewusstsein verlor. Mein Ex war der Grund, warum ich mich bisher nicht traute, mich bei einem Tauchkurs anzumelden.

Brian vergrub sein Gesicht an meiner Halsbeuge und bescherte mir mit seinem warmen Atem eine Gänsehaut. Es war Balsam auf der Seele, einen Partner zu haben, der mich ernst nahm. Auch wenn Brian fordernd war, so ließ er mir Zeit und Platz zum Rückzug.

„Wir bekommen es hin“, versprach er an mein Ohr flüsternd. „Wir werden es schaffen, deine Vergangenheit mit positiven Erlebnissen zu überschreiben.“

„Danke“, hauchte ich und wünschte mir, der innige Moment würde nie vergehen.

Leider ließ mich Brian los. „Lass uns zu den Belugas gehen. Das Becken ist gleich nebenan“, schlug er vor.

Mit dieser Aussicht verflogen all meine Erinnerungen wie im Nu und ich hakte mich wieder bei Brian ein. Ich war unheimlich gespannt auf die Weißwale!

Als wir das Becken erreichten, entdeckte ich einige Kinder, die fasziniert auf die Belugas starrten. Die Tiere schwammen miteinander herum und kamen an die Glasscheibe, als wären sie genauso angetan von den kleinen Menschen wie sie von ihnen.

Was ich mir genau unter Belugas vorgestellt hatte, wusste ich nicht, doch ich fand sie weitaus weniger elegant als die Seelöwen. Der Körper der Weißwale wirkte massig, während ihr Kopf relativ kurz war und eine vorgewölbte Verdickung trug. Dafür bestachen die Belugas mit ihrer bläulich weißen oder cremefarbenen Haut. Auf den ersten Blick sahen sie wie Albinos ohne rötliche Augen aus.

„Irgendwie erinnern sie mich an Aliens“, murmelte ich, woraufhin Brian gluckste.

„In der Tat, aber niedliche Aliens“, behauptete er.

Mit einem Mal rissen die Belugas ihre Münder auf. Zum Vorschein kamen entzückende, kleine Zähnchen, von denen ich ahnte, dass sie gefährlich waren.

„Lass dich nicht vom Aussehen täuschen“, mahnte Brian. „Sie sind hervorragende Jäger, die eine breite Fächerung an tierischer Nahrung zu sich nehmen.“

Nicht genau wissend, was er damit meinte, gab ich einen fragenden Laut von mir, ohne meine Augen von den Weißwalen zu nehmen.

„Das Spektrum reicht von Hohltieren über Tintenfische, Muscheln, Krebstiere und Gliederwürmer. Aber das ist nicht alles“, zählte Brian auf. „Sie ernähren sich auch von Knochenfischen wie Dorschen und Lachsen.“

„Du klingst wie ein wandelndes Lexikon“, bemerkte ich trocken, aber nicht abwertend.

Lachend zuckte Brian mit der Schulter. „Das kommt davon, wenn man eine Familie hat, die auf Abenteuer steht.“ Er nahm meinen Kommentar humorvoll zur Kenntnis, und wenn ich mich nicht täuschte, war er sogar stolz auf sein Wissen. „Im Übrigen findet man die Belugas in den meisten arktischen und subarktischen Gewässern. Vor allem an den Küsten Alaskas, Kanadas und Russlands, aber auch in Norwegen kommen sie vor. Allerdings sind dort die Bereiche beschränkt.“

Einige Zeit beobachteten wir die Weißwale und ihr Verhalten, ehe wir uns von ihrem Anblick trennten und zum Korallenriffgarten weiterschlenderten. Während wir uns die Zeit nahmen, die farbenfrohen Korallen genau anzusehen, ließ ich mich von Brians Informationen berieseln. Fasziniert lauschte ich und sog jedes Wort in mich auf.

„Den Polarbereich besuchen wir das nächste Mal“, verkündete er. Schmollend zog ich einen Flunsch, doch als Brian sich mit einem süffisanten Lächeln leicht verneigte, zog ich meine Augenbrauen in die Höhe. „Ich habe Pläne, die ich mir jetzt nicht mehr durchkreuzen lasse, Liebling. Als nächstes gehen wir in das Volkskundemuseum und danach möchte ich mich mit dir in der VR-Welt austoben.“ In einer kunstvollen Pause zog er mich an sich heran und hauchte einen Kuss auf meine Lippen. „Danach ist es an der Zeit, dir meine Überraschung zu zeigen.“

So so, … er hatte Pläne, die ich ihm nicht mehr durchkreuzen konnte. Auch wenn das Volkskundemuseum für mich nicht ansprechend klang, wollte ich Brians Enthusiasmus nicht bremsen. In meiner Schulzeit waren Museumsbesuche grauenvoll öde und lang gewesen, aber ich war mir sicher, dass er vermutlich jedes noch so monotone Thema lebendig werden ließ.