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Nach dem Geständnis erwartet Jadelyn ein aufregendes Leben an Brians Seite, doch dunkle Wolken trüben die Idylle. Auf der Flucht vor einem Hurrikan kommt sie mit Brian bei seinen Eltern unter. Dort geraten ihre Gefühle gehörig durcheinander und als wäre das nicht genug, bekommt sie plötzlich mysteriöse Drohanrufe, die ihr den Boden unter den Füßen wegziehen. Steckt ihr tyrannischer Ex-Freund Damon dahinter oder sogar Brians Noch-Ehefrau Doreen, die mit seiner Wahl nicht einverstanden ist? Wer ist derjenige, der ihr neues, glückliches Leben zerstören will?
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Thrilling Desire
– Dark Secrets –
Band 2
Ein Roman von
Jadelyn Aurora
Autor: Jadelyn Aurora
Dieses Buch oder Teile davon dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung des Herausgebers nicht vervielfältigt oder in irgendeiner Weise verwendet werden.
Copyright© Alle Rechte vorbehalten.
Herausgeber: Sabrina Nieminen
Tupamäentie 20
41800 Korpilahti
- Finnland –
Lektorat: Franziska Eife
Covergestaltung: Unter Verwendung von Motiven von Shutterstock
tolino media GmbH & Co. KG
Erschienen 2023 Selbstverlag
1. Auflage
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Leichter Wind trieb die Wellen an den Küstenstreifen von Golden Beach in Florida. Die salzige Meeresluft sorgte für ein Kitzeln in meiner Nase und ich atmete tief ein. Trotz der Jahreszeit war es warm und ich konnte es genießen, in einem kurzen Kleid frühmorgens am Strand zu sitzen und den Sonnenaufgang zu beobachten.
Es war Wahnsinn, wie sich der Himmel in wenigen Minuten von einem zarten Rosa in ein Orange und dann in das typische Blau veränderte. Ich bereute nicht, so früh aufgestanden zu sein. Wie sonst hätte ich solch einen traumhaften Morgen, an dem niemand am Strand war und ich dem Rauschen des Meeres zuhören konnte, erleben können?
Brian schlief, aber ich hatte ihm eine Nachricht hinterlassen, dass ich am Strandabschnitt vor seinem Haus sitzen würde. Dass er hier ebenfalls eins hatte, wunderte mich nicht. Selbst in New York lebte er am Strand. Es passte zu ihm und ich genoss es, Abwechslung zu meiner Wohnung mitten in der Stadt zu haben.
Meine Gedanken schweiften zu einem eigenen Haus am Strand. Dank Brian und meiner Bezahlung als sein Sugar Girl wäre es sogar möglich, doch ich wollte lieber sparen, falls etwas passierte. Ich musste nicht alles sofort haben, was mir ins Auge stach.
Plötzlich legte mir jemand von hinten eine leichte Decke um. „Guten Morgen, Jade“, grüßte Brian mich lächelnd und küsste meinen Kopf, bevor er sich hinter mir im Sand niederließ.
„Guten Morgen, Schlafmütze“, erwiderte ich neckend und lehnte mich sofort an ihn. Es überraschte mich, dass er nicht lange nach mir aufgestanden war. Wie lange war ich schon am Strand? Durch den Ausblick hatte ich die Zeit vergessen. „Gut geschlafen?“
Brian vergrub seine Nase an meinem Nacken und schnupperte. Wie so oft bekam ich eine Gänsehaut und schüttelte mich leicht, was ihn zum Lachen brachte. „Dank dir schlafe ich immer gut. Was ist mit dir?“, erkundigte er sich.
„Geht mir genauso wie dir. Schade, du hast den wunderschönen Sonnenaufgang verpasst“, bemerkte ich und wandte ihm meinen Kopf zu. Sofort bekam ich einen Kuss auf mein Ohr gedrückt und Brian schlang seine Arme um mich.
„Das macht nichts, dafür habe ich gerade den schönsten Anblick vor mir“, hauchte er fast schon schnurrend. Ich wusste, was er damit andeuten wollte, und lachte. Das war typisch Brian. Niemals um ein Kompliment verlegen.
Wir schwiegen und genossen die Sonnenstrahlen, die unsere Haut streichelten. Ich war noch nie in Florida gewesen und konnte es kaum erwarten, mit Brian einiges zu erkunden. Nach seiner Rückkehr von einer Dienstreise hatte er vorgeschlagen, aus ein paar Tagen eine Woche zu machen. Begeistert, weil die arbeitsbedingte Trennung Sehnsüchte in mir geweckt hatte, war ich einverstanden gewesen.
„Was hast du heute vor?“, fragte ich Brian leise und kuschelte mich an seine Brust. Ich war froh, dass er eine Decke mitgebracht hatte. Erst jetzt bemerkte ich, dass mir ein wenig kalt war.
„Erst einmal ein ausgiebiges Frühstück und literweise Kaffee“, murmelte er an meinem Nacken.
„Eine fantastische Idee“, stimmte ich zu. Einen Kaffee würde ich vertragen, denn jetzt kroch die Müdigkeit meine Glieder hoch. Nach der Ankunft am Abend waren wir essen gegangen und hatten uns anschließend einen Wein auf der Terrasse seines Hauses gegönnt. Vor Müdigkeit hatten wir früher als sonst das Bett aufgesucht, was dazu geführt hatte, dass ich vor Sonnenaufgang aufgewacht war. Ein Glück, welches mich jetzt zum Gähnen brachte.
„Wie es aussieht, brauchst du wohl die doppelte Menge an Kaffee?“, neckte Brian mich und stand auf. Ich hörte, wie er sich den Sand abwischte, und streckte mich, bevor ich mich erhob.
„So ungefähr. Eine Dusche würde auch reichen. Ist Phillip auch schon wach?“, wollte ich wissen, während ich notdürftig den Sand abschüttelte. Den musste ich nicht mit ins Haus schleppen.
„Er ist unterwegs“, erklärte Brian. Lächelnd nahm er meine Hand und drückte sie. Gemeinsam gingen wir die Treppen zur Terrasse hoch und ins Haus.
Kaffeegeruch drang in meine Nase und ich atmete geräuschvoll ein. „Zweitbester Geruch am Morgen.“
„Und was ist der erstbeste?“, wollte Brian wissen, während er mir die Decke von den Schultern nahm, diese zusammenlegte und auf die Couch warf.
Ich drehte mich um und sah ihm tief in die Augen. „Du. Ich liebe es, morgens an deiner Brust aufzuwachen und dich zu riechen“, antwortete ich an seine Lippen hauchend, küsste ihn aber nicht. Die Dusche rief nach mir, weshalb ich mich von ihm löste.
Nur ließ Brian mich nicht gehen, sondern schlang seinen Arm um meine Hüfte. „Wo willst du denn hin?“, fragte er belustigt.
„Duschen?“, fragte ich zurück.
Brian riss spielerisch die Augen auf. „Ohne mich?“
Prustend boxte ich ihm in die Brust. „Na komm, ein paar Minuten wirst du ohne mich aushalten, oder?“
Tadelnd schnalzte Brian mit der Zunge und sah mich gespielt vorwurfsvoll an. „Nein. Ich habe zu lange auf dich verzichtet. Aber ich hätte eine Idee …“, sagte er geheimnisvoll und erlangte damit meine ungeteilte Aufmerksamkeit.
„Was denn?“
„Ich möchte dich verwöhnen und – wenn du es willst – ein wenig spielen“, flüsterte Brian und küsste meine Fingerspitze.
„Spielen? Du meinst …?“, fragte ich vorsichtig.
Brian nickte. „Ich würde dir gerne das Spielzimmer zeigen und dort ein wenig Zeit verbringen.“
Schlagartig zuckte ich zusammen und mir wurde heiß. Er besaß hier ein Spielzimmer? Ich war davon ausgegangen, dass er solch einen Raum nur zu Hause eingerichtet hatte. Ich hatte mich getäuscht. Nach seiner Rückkehr hatten wir den Vertrag für Sadomaso erneut besprochen, ehe er endgültig in Kraft getreten war. Jetzt hatte ich scheinbar keine andere Wahl mehr, als mich darauf einzulassen. Ich wollte es bei Brian versuchen, aber irgendwie hatte ich Angst, auch wenn ich wusste, dass er nicht wie Damon war.
„Alles in Ordnung, Jade?“, fragte Brian sichtbar besorgt. „Du bist blass geworden.“
„Ich … es kommt so plötzlich und …“, stotterte ich aufgeregt und brachte es nicht mehr fertig, aufzusehen. Es ärgerte mich, dass mich das Thema noch immer einschüchterte.
Sanft legte Brian mir seinen Finger unters Kinn und drückte es nach oben. Eindringlich musterte er mich mit besorgtem Blick. „Ich verspreche dir, wir fangen klein an. Ein bisschen fesseln, du suchst dir die Peitsche aus und wir spielen ein wenig. Du sollst verstehen, dass mir dein Wohlergehen wichtig ist und ich deine Angst ernst nehme“, versicherte er.
Ich schluckte und nickte leicht. Warum ich plötzlich Angst hatte, verstand ich nicht. Anfangs hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, mit ihm jemals Sadomaso-Sessions zu machen, aber je mehr ich Brian kennengelernt hatte, desto mehr wollte ich es mit ihm versuchen. Und nun stand ich da und machte mir fast in die Hose. Ironisch, nicht wahr?
Trotzdem willigte ich ein, weil ich wusste, dass er aufhören würde, wenn es mir zu viel wurde.
„Aber Phillip …“ Er war der Letzte, dem ich mein Stöhnen oder Schreien zumuten wollte. Was, wenn er kam und wir waren … beschäftigt?
„Ich sagte doch, dass er unterwegs ist. Bis zum Mittag sollte er wieder da sein und die Zeit wollte ich mit dir nutzen. Ein bisschen Privatsphäre gönne ich dir“, meinte er verschmitzt und zwinkerte mir zu.
Empört sog ich die Luft ein und schnaubte verächtlich. „Du und Privatsphäre?“, fragte ich und legte einen Finger an seine Brust. „Wer wollte denn Sex auf Amelias Veranstaltung?“
Ehe ich mich versah, nahm Brian meinen Finger in den Mund und saugte daran. „Na, na. Gleich so frech werden?“, tadelte er mit einer Stimme, von der ich wusste, dass er mich neckte.
Sofort stand ich still und spürte, wie sich die Hitze in mir explosionsartig ausbreitete. Himmel, es reichte aus, dass er nur an meinem Finger saugte und mir damit eine Erregung verschaffte, von der ich nicht gedacht hätte, dass es sie gab!
„Also?“, hauchte Brian an meinen Finger und sah mich erwartungsvoll an.
Einen Moment zögerte ich, kam es doch viel zu plötzlich, aber schließlich willigte ich ein. Ein Versuch konnte nicht schaden und solange wir allein waren, sollten wir die Zeit nutzen.
Meine Nerven flatterten heftig, als Brian mich zum Spielzimmer führte. Auf dem Weg dorthin fischte er aus einem versteckten Kasten einen Schlüssel und ich nahm an, dass der Raum auch hier abgeschlossen war. Im Gegensatz zu daheim lag es nur abseits der anderen Schlafzimmer und nicht im Keller.
Sachte strich Brian über meine Schultern und nickte mir zu. „Beruhige dich, Jade. Alles ist okay“, sagte er liebevoll und ließ mich eintreten.
Langsam sah ich mich um und stellte fest, dass es ähnlich wie zu Hause eingerichtet war. Eigentlich war das kein befremdlicher Anblick mehr, dennoch blieb ich wie angewurzelt stehen, bis Brian mein Ohr küsste und an mir vorbei zu einer Kommode ging. „Komm her und such dir deine Fesseln aus“, bat er und öffnete die Schublade.
Mühsam zwang ich meine Wackelbeine dazu, sich zu Brian zu bewegen.
Ich hatte geglaubt, er würde im Spielraum und wenn es ernst wurde, anders sein, nämlich brutal, rau und befehlend. In gewisser Weise befahl er, aber es war nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Bestimmt wollte er mir damit den Einstieg erleichtern, denn er hatte zugegeben, dass er darauf stand, scharfe Kommandos zu geben, um den Genuss zu erhöhen.
Sobald ich bei ihm ankam, warf ich einen Blick auf seine Auswahl an Fesseln. Brian besaß davon eine Menge unterschiedliche, weshalb ich mir die Zeit nahm, einige davon herauszunehmen und zu fühlen. Manche waren rau, andere dünn oder dick. Am Ende entschied ich mich für Samtfesseln, die mich nicht verletzen würden, sollte ich daran ziehen.
„Eine gute Wahl“, murmelte Brian und zeigte an die Wand. Fein säuberlich hingen dort die Peitschen und erneut musste ich mich zwingen, meinen Körper in Gang zu setzen.
Auch jetzt ließ ich mir Zeit und nahm die ein oder andere in die Hand. Mein Herz klopfte bis zum Hals bei der Vorstellung, dass ich mit ihnen geschlagen werden würde. Nach einigen Minuten entschied ich mich für eine Peitsche, die zarte Lederbänder besaß. Auf Anhieb hatte ich sie als weich eingestuft.
Trotz der beiden Dinge flatterten meine Nerven noch schlimmer als zuvor und ich knetete nervös meine Hände, als ich beides an Brian übergab. Er lächelte mir aufmunternd zu und nahm mich für einen Moment in den Arm.
„Alles ist gut, Jade. Du hast das Safeword, falls du nicht mehr kannst“, versicherte er beruhigend. „Nun komm. Lass mich dich ausziehen.“
Ohne Widerstand ließ ich mich von ihm langsam entkleiden und beobachtete, wie Brian diese Situation gefiel. In seinen Augen brannte eine Vorfreude, die ich auch als Leidenschaft einschätzte. Hin und wieder küsste er mein Schlüsselbein und neben meiner Angst verspürte ich die Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen, aber auch das verlangende Pochen nach Brian.
Ich kann jederzeit zurückziehen, aber ich will mich meiner Angst stellen. Mit Brian werde ich sicher gute Erfahrungen machen.
Seine ruhige Art half mir, meine angespannten Muskeln zu lockern, und ich ließ mich von ihm zu dem Bock führen. Warum wählte er nicht das Bett? Allerdings war er der Tonangebende, weshalb ich nichts sagte, und mir helfen ließ, mich mit dem Rücken auf den Bock zu legen.
Brian schob ein Kissen unter meinen Kopf und bat mich, mir eine bequeme Position zu suchen. Erst dann begann er, mich mit den Fesseln an den Ringen des Bockes zu befestigen. Zwischendrin drückte er einen Kuss nach dem anderen auf meine Haut. Dabei strahlte er eine Ruhe aus, die sich auf mich übertrug, und ich bewegte vorsichtig meine Hände. Scheinbar hatte Brian darauf geachtet, dass ich sie bewegen konnte und meine Blutzufuhr nicht abgeschnitten wurde.
„Liegst du bequem?“, fragte er, sobald meine Hände befestigt waren. „Ist alles okay?
Atemlos nickte ich. Außer, dass mein Herz vor Aufregung einen Marathon lief, war alles in Ordnung. Ich beobachtete, wie er sich anschließend an meinen Füßen zu schaffen machte. Er positionierte sie so, dass er mir ohne Probleme zwischen die Beine fassen konnte.
Tief atmete ich ein und aus, um der Nervosität Herr zu werden. Mit den Samtbändern fühlte es sich nicht schlecht an. Das kühle Leder im Rücken war ebenfalls beruhigend. Dennoch setzte wieder die Unruhe ein, die ich stets bei Damon verspürt hatte, und ich war versucht, das Safeword zu nennen. Abwarten und sehen, ob es mir gefällt. Also schloss ich meine Augen und erinnerte mich an den Moment zurück, als Brian mich auf dem Bett gefesselt und mich gestreichelt hatte. Ich wollte ihm auch jetzt vertrauen und mich darauf einlassen.
Ein kleines Rascheln ließ mich meine Augen wieder öffnen. Wo war Brian? War er nicht gerade eben noch hier gewesen? Ich sah zur Seite und bemerkte, dass er sich in eine enge Latexhose zwängte. Der Anblick war so grotesk, dass ich hysterisch lachte.
„Was ist los?“, fragte Brian stirnrunzelnd.
„Du siehst so anders in einer Latexhose aus“, bemerkte ich leise. Ich war mir nicht sicher, ob ich bereits schweigen sollte oder nicht. Brian hatte mich bei der Besprechung des Vertrags gebeten, nur zu sprechen, wenn ich aufgefordert wurde. Ansonsten sollte ich die Sessions genießen.
„Gefällt es dir nicht?“, wollte er mit einem breiten Grinsen, das ich erwiderte, wissen.
„Das habe ich nicht gesagt. Sie lässt dich nur anders wirken. Ernst und brutal“, gab ich seufzend zu. Ab und zu bewegte ich meine Glieder, um zu testen, ob sie einschliefen oder nicht. Das war nicht der Fall und ich entspannte mich langsam wieder.
„Ernst ja, brutal nein“, erwiderte Brian und kam zu mir zurück. Mit einem Kuss versiegelte er meine Lippen und sah mir tief in die Augen. „Versuche, ab jetzt zu genießen, ja?“
Ich brachte lediglich ein Nicken zustande, atmete noch einmal tief ein, um das flaue Gefühl im Magen zu verdrängen, und schloss die Augen. Die Erlaubnis hatte ich. Ausnahmsweise, wie er sagte.
Anfangs hörte ich, wie Brian um mich herumlief, und spürte, wie er seine Finger an meiner erhitzten Haut entlangfahren ließ. Auch er sprach nicht und ich wollte gerne wissen, was er in dem Moment dachte. Was für Gedanken er hatte, wenn er spielte.
Scharf sog ich die Luft ein, als er die Peitsche an meinem Körper entlangfahren ließ. Ohne es zu wollen, begann ich zu zittern, und ich zog leicht an den Fesseln. Bald war es so weit und vor dem Moment graute es mir!
„Sch“, murmelte Brian rau und schien sich nicht beirren zu lassen. In aller Ruhe und mit einem Druck, den er von sanft auf etwas fester wechselte, ließ er mich die Lederbänder am ganzen Körper spüren. Ausgenommen war meine rechte, vom Ex-Freund verstümmelte, Brust. Das war vertraglich festgelegt und Brian würde dort nur etwas tun, wenn ich mein Einverständnis gab.
Ich öffnete meine Augen, um seinen Bewegungen zu folgen, schloss sie aber wieder, als er mir mit der Peitsche zärtlich über das Gesicht fuhr. Irgendwie war das … entspannend, sodass ich sogar schläfrig wurde.
An meinen Beinen angekommen, war es plötzlich zu Ende. Ich fühlte die Bänder nicht mehr und fragte mich, was los war. Im selben Moment bekam ich einen kleinen Schlag auf meinen Oberschenkel. Er war sanft gewesen und hatte lediglich gekitzelt.
Dennoch sog ich scharf die Luft ein und ballte die Hände zu Fäusten. Ausgerechnet jetzt kamen die Erinnerungen hoch! Erinnerungen an Damons harte Schläge, die mich jedes Mal zum Aufschreien gebracht hatten.
Ruhig und im Hier und Jetzt bleiben!
Erneut spürte ich einen Schlag, allerdings auf meinem anderen Oberschenkel. Ich zuckte zusammen und versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. Wenn jede Session so war, konnte ich mich damit anfreunden, Brians Sub im Spiel zu sein.
„Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich Brian besorgt.
Langsam öffnete ich die Augen und sah, wie er mich eindringlich musterte. „Ja“, erwiderte ich heiser. Ich hatte zugestimmt und mir die Dinge ausgesucht, also sollte ich mich auch zusammenreißen!
„Wie fühlt es sich für dich an?“, wollte er wissen.
„Es tut nicht weh, sondern kitzelt“, gab ich murmelnd zu. „Es sind die Erinnerungen, die mir zu schaffen machen.“ Er ahnte es sicherlich, weshalb ich nicht weiter darauf einging. Brian besaß genug Feingefühl, um nicht unnötig zu bohren.
„Wenn es dir zu viel wird, gib Bescheid. Darf ich die Intensität ein wenig erhöhen?“
Die Frage ließ mich überrascht blinzeln. Er war hier der Dom, der bestimmte. Wollte er mich in Sicherheit wiegen oder mir wirklich helfen, über mein Trauma hinwegzukommen? Ich klammerte meine Hoffnung an der zweiten Möglichkeit fest. „Ja, aber bitte nicht zu fest.“
Brian beugte sich zu mir hinab und küsste mich leidenschaftlich. Anstatt mit der Peitsche weiterzumachen, ließ er seine Finger über meinem Bauch nach unten wandern. Dort machte er jedoch nicht Halt, sondern ging weiter zu meiner Mitte, die nur darauf wartete, von ihm verführt zu werden.
Ich gab mich seinem Finger, der meinen Kitzler umkreiste, stöhnend hin und warf mich leicht gegen die Fesseln. Brian bescherte mir Blitze, die meinen Körper unkontrolliert zucken ließen.
Schließlich ließ er seinen Finger in mich gleiten und bewegte diesen, so tief es ging. Mein lautes Stöhnen wurde von seiner Kehle aufgefangen und ich spürte, wie er an meinen Lippen lächelte. Auffordernd fuhr er mit seiner Zunge darüber und verlangte stumm Einlass. Bereitwillig öffnete ich meinen Mund und unsere Zungen begannen einen heißen Kampf auszufechten, bei dem ich generell den Kürzeren zog. Brian war einfach zu geschickt und mir fehlte die Übung. Im Moment war das egal. Es war ein Spiel, bei dem ich mich fallen lassen konnte. Bei Brian fühlte ich mich aufgehoben und beschützt.
Nachdem er den Kampf gewonnen hatte, küsste er sich an meinem Hals entlang hinab bis zum Bauch. Sein Speichel hinterließ eine kühle, prickelnde Spur und ließ mich stöhnen. Genau wie sein Finger, der sich tatkräftig in mir bewegte und mich stimulierte.
Plötzlich war es vorbei. Er zog seinen Finger heraus und ich spürte eine gähnende Leere. Mein Körper schrie nach mehr. Ich wollte betteln, damit er weitermachte, doch ein sanfter, kleiner Schlag auf meine Mitte ließ mich heftig zusammenzucken. Er hatte nicht weh getan, sondern das Prickeln verstärkt. Das war jedoch nicht das, was mich am meisten überraschte, sondern die Tatsache, dass mir der Schlag gefallen hatte! Musste es sich so anfühlen?
Erneut bekam ich einen Schlag auf meine feuchte Mitte. Keuchend warf ich mich gegen die Fesseln und spürte gleich darauf Brians Daumen, der meinen Kitzler bearbeitete. Mit der anderen Hand ließ er die Peitsche etwas fester auf meine Oberschenkel klatschen. Ich spürte ein geringfügiges Brennen, das meine Erregung allerdings noch weiter anfachte. Bisher hatte ich nicht gewusst, wie es möglich war, Schläge zu genießen.
Wie schaffte es Brian nur, mir trotz der Schläge einen Schauer nach dem anderen zu besorgen und meine Hitze bis ins Unendliche anzufachen? Irgendwann begann mein Körper unkontrolliert zu zucken. Wie weit würde Brian noch gehen und mich foltern, bis er mich erlöste? Wenn er das überhaupt wollte. Das Spiel machte ihm einen Heidenspaß, das sah ich ihm an, und ich fragte mich, ob das hier genauso war, wie es eigentlich bei einer Session zugehen sollte.
Ich gab mich den rhythmischen, aber nicht zu festen Schlägen auf die Oberschenkel hin und genoss Brians Finger tief in mir. Zog er diese heraus, bekam ich dort eine Klatsche. Statt eines echten Schmerzes war dort lediglich ein Brennen zu spüren, das meine Lust noch weiter anfachte.
Um es wohl nicht eintönig zu machen, widmete sich Brian meiner linken Brust und knetete sie ausgiebig. Hin und wieder zog er an der Brustwarze, bis es weh tat, aber nie so fest, dass ich vor Schmerzen wahnsinnig wurde. Mit den leichten Schlägen der Peitsche wurde meine Haut weiter gereizt, was mich Brians Speichel noch kälter fühlen ließ. Mein Stöhnen erfüllte das Spielzimmer, während ich nahe dran war, in den Genuss des Höhepunkts zu kommen.
Manchmal warf ich mich gegen die Fesseln, hatte jedoch nicht das Gefühl, Brian hilflos ausgeliefert zu sein. Er ging behutsam mit mir um und im Gegenzug vertraute ich mich ihm an und ließ mich fallen.
Kurz bevor der Knoten in meinem Unterleib zu platzen drohte, entzog sich mir Brian völlig. Mit vor Lust verschleiertem Blick blinzelte ich zur Decke und bemerkte, wie Brian um mich herumschritt. An manchen Stellen berührte er mich mit der Peitsche, aber ohne die Bänder sprechen zu lassen. Er wirkte ganz in seinem Element und die Ruhe selbst.
„Stöhn für mich“, hauchte Brian plötzlich und ehe ich mich versah, hatte er sich zwischen meine Beine gekniet. Seine Zunge spielte mit meinem Kitzler und brachte meinen Körper erst recht zum Zucken. Wahrscheinlich sah ich wie ein Aal aus, der sich unter Brians Zunge wand.
Erneut schob er seine Finger in mich und brachte mich zu einer Mischung aus Keuchen und Stöhnen. Ich unterdrückte den kleinen Schrei, für den Brians Zunge verantwortlich war, nicht. In dem Moment war ich froh, dass Phillip nicht da war und ich mich nicht für meine Geräusche schämen musste.
Dank Brians geschickter Fingerfertigkeit stieg der Druck in meinem Körper wieder an und ich war fast so weit, zu kommen. „Wage es nicht, eher zu kommen, bis ich es dir erlaube“, vernahm ich Brians Schnurren an meiner feuchten Mitte.
Dieser Satz – wohl ein von Doms häufig genutzter – ließ mich schlagartig an Damons keifende Stimme erinnern. Ich sah ihn deutlich vor meinen Augen, wie wild und bösartig er mich angeschaut hatte. Ungewollt versteifte sich mein Körper und ich schloss die Augen, um mich zur Ruhe zu zwingen. Damit erreichte ich allerdings das Gegenteil, denn ich sah und spürte die Bilder vor meinen Augen. Damon, wie er mich brutal an den Haaren gerissen hatte, wenn ich zu früh kam … Was würde Brian tun?
„Jade?“, fragte Brian sichtlich verwirrt. Ich bekam nicht einmal mit, dass er aufgehört hatte.
Damit riss er mich teilweise aus meinen Erinnerungen und ich bemerkte erst jetzt, wie unkontrolliert mein Körper bebte. Ohne es zu wollen, stiegen mir Tränen in die Augen. „Phönix“, rief ich verzweifelt.
Sofort ließ Brian von mir ab, löste mit wenigen Handgriffen die Fesseln und zog mich – ehe ich mich versah – in eine feste Umarmung. Hilflos krallte ich mich an ihn und ließ meine Tränen laufen. Mir war klar, dass Brian es nicht böse gemeint hatte, und es war nicht seine Schuld, dass ich wegen solch einer Lappalie so empfindlich war.
Zärtlich streichelte Brian über meinen Rücken und gab beruhigende Geräusche von sich, die nur eine minimale Auswirkung auf mich hatten. Um eins war ich jedoch froh: Er hatte sein Versprechen gehalten und sofort von mir abgelassen. Damon hätte das nie getan. Ihn hätte meine Verzweiflung angetrieben, mich zu foltern.
Bevor ich zu Boden sank, hob Brian mich auf die Arme und brachte mich zum Bett. Dort legte er sich neben mich und zog mich wieder fest an sich, aber so, dass ich mich zurückziehen konnte.
„Es ist alles gut“, flüsterte Brian an meiner Stirn.
Meine Panik und Angst hielten mich in den Erinnerungen gefangen, weshalb ich versuchte, mich nur auf Brians Wärme, Nähe und seinen Geruch zu konzentrieren. Seine sanften Berührungen, Küsse auf die Stirn und sein Festhalten ließen mich nach einiger Zeit endlich ruhiger werden. Mein Zittern ließ nach und vertrauensvoll schmiegte ich mich an Brian, fast so, als würde ich mit ihm verschmelzen wollen. Erst jetzt kam mir ins Bewusstsein, dass er eine Decke um uns gelegt hatte. Wann das gewesen war, vermochte ich nicht zu sagen. Es war ein angenehmes, vertrautes Gefühl, das mir ebenfalls half, mit dem Weinen aufzuhören.
„Geht es wieder?“, fragte Brian besorgt.
„Ich denke, ja“, murmelte ich, ohne mich von ihm lösen zu wollen. Er schien auch gar nicht daran zu denken, mich loszulassen. „Tut mir leid“, flüsterte ich tonlos. Jetzt, nachdem die Erinnerungen sich wieder in den Hintergrund verzogen hatten, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich fühlte mich dämlich, das Wort in einer Situation benutzt zu haben, die nicht gefährlich gewesen war.
„Es muss dir nichts leidtun, Jade. Dafür ist das Wort da“, sagte Brian eindringlich, aber liebevoll. „Was habe ich getan, dass du Angst bekommen hast?“
Mit der Nase an seiner Brust vergraben schüttelte ich den Kopf. „Nein, nur der Satz, dass ich nicht kommen soll, bis du es mir erlaubst, hat mir eine Session mit Damon vor Augen gehalten und ich habe Panik bekommen“, gestand ich betrübt.
Brian löste sich von mir, um mein Kinn anzuheben und mir in die Augen zu sehen. Tief, leidenschaftlich und sinnlich. „Das tut mir leid. Es ist mein Reiz, eine Frau so lange zu halten, bis sie einen unglaublichen Orgasmus erlebt. Wärst du gekommen, hättest du lediglich einen Klaps dafür erhalten. Keinen festen“, versicherte er. „Ich möchte dich behutsam an die Sache heranführen und langsam die Dinge steigern. Nicht alles auf einmal. Sei dir sicher: Ich werde dir niemals so wehtun, dass du Wunden davonträgst. Weder seelische noch körperliche.“
Wortlos schloss ich meine Augen und atmete tief durch. Brian war anders. Liebevoll, einfühlsam und ich wusste, dass ich mich bei ihm fallen lassen konnte, wenn ich es wollte und zuließ. Ihn konnte man nicht mit anderen vergleichen. „Danke“, brachte ich heiser hervor und seufzte. Niedergeschlagen gab ich zu, wie dumm ich mich fühlte, mich so benommen zu haben.
„Du bist nicht dumm, Jade“, meinte Brian nachdenklich wirkend. Seine Finger streichelten meinen Arm, ohne mich zu drängen. Es gab mir ein geborgenes Gefühl und auch, dass er meine Ängste ernstnahm und verstand. „Es ist normal, bei einem Trauma Rückschritte, aber auch Fortschritte zu machen. Eventuell wird es wieder passieren, aber ich bin da und passe auf dich auf. Versprochen. Wenn du nicht mehr kannst, ist das völlig okay. Es soll dir gutgehen und Spaß machen.“
Brian brachte mehr Verständnis als alle anderen zustande. Ausgerechnet er, der gerne kontrollierte und gerne das Sagen hatte. Seine Worte, aber auch sein schnelles Handeln hatten gezeigt, dass er es ernst meinte und sein Wort halten würde. Das erfüllte mich mit einem Glücksgefühl, das ich noch nie beim Sadomaso-Spiel verspürt hatte. Das Gefühl ließ mich an ihn schmiegen. „Ich liebe dich, Brian“, flüsterte ich an seine Haut und seufzte genüsslich, als sein Geruch meine Nasenhärchen zum Schwingen brachte.
„Ich liebe dich, Jade“, sagte er und legte seinen Arm um mich. Immer wieder küsste er mich sanft und schaffte es, meine betrübte Stimmung nach und nach zu vertreiben.
Miteinander kuschelnd lagen wir im Bett und ich ließ mich von Brian liebkosen. Irgendwann begann ich, Brians Brust mit meinem Finger nachzufahren und musste kichern, als ich den Latex berührte.
„Was lachst du?“
„Deine Latexhose. Wie kann man so etwas nur tragen?“, prustete ich und piekte seine Seite.
Erleichtert grinsend ließ Brian mich los. Er schien froh zu sein, dass ich mich soweit beruhigt hatte. „Du hast recht. Ich sollte sie ausziehen. Es wird langsam zu warm“, bemerkte er.
Umständlich schälte er sich aus der engen Hose und brachte mich erst recht zum Lachen. War es Absicht, dass er sich so anstellte, um mich aufzuheitern? Wenn ja, war ihm das gelungen. Ein weiteres Prusten unterdrückend setzte ich mich im Bett auf und beobachtete ihn weiter, wie er langsam den Latex Stück für Stück nach unten zog.
Kaum befreit, warf er das Teil auf den Stuhl, kletterte zurück ins Bett und öffnete seine Arme. Wortlos ließ ich mich neben ihm nieder und kuschelte mich an ihn. Jetzt, nachdem er ebenfalls nackt war, konnte ich seine Körperwärme völlig genießen und mich wieder langsam fallen lassen.
Alles, was wir taten, war liebkosen und küssen. Brian ließ mich entscheiden, was ich tun wollte. Er wollte keinen Sex, sondern mich einfach halten und bei mir sein, bis ich mich beruhigt hatte. Das fand ich lieb, hatte ich doch geglaubt, dass er fragen würde, ob ich weitermachen will. Allerdings geschah nichts dergleichen, sondern er bat mich zu sagen, wenn ich etwas tun wollte. Sei es fortfahren, schlafen, duschen oder kuscheln. Er würde sich nach mir richten. Meine Lust, die durch die Erinnerung ausgeschaltet gewesen war, entfachte erneut, aber nicht so, dass ich weitermachen wollte. Daher beschränkte ich mich darauf, Brian zu streicheln und von ihm liebkost zu werden. Diese Ruhe tat mir gut und ich vergaß, dass wir uns im Spielzimmer befanden. Tatsächlich war es in dem Moment kein anderer Raum als ein Schlafzimmer.
Leise entspann sich nach einer Weile eine Unterhaltung über etwaige Urlaubspläne. „Wie wäre es heute mit einem Ausflug zum Bayside Marketplace?“, schlug Brian vor.
Hellhörig geworden öffnete ich halb meine Augen und sah ihn prüfend an. „Und was gibt es da Besonderes?“, wollte ich wissen. Den Namen hatte ich bereits gehört, konnte ihn aber mit nichts in Verbindung bringen.
„Ich gehe dort gerne einkaufen oder mir die Zeit vertreiben“, antwortete er. „Sogar Emily hat es damals gefallen. Besonders das Eis hat ihr dort geschmeckt. Warum, das weiß ich leider nicht, aber ihr strahlendes Gesicht war pure Freude und Glück. Schon allein deshalb würde ich gerne wieder dorthin“, erklärte Brian schwärmerisch.
Emily, … kein Wunder, dass er an dem Ort so hängt. Jeden Tag zeigte Brian seine Liebe zu seiner verstorbenen Tochter.Wenn es ihm eine Freude machte, konnte es mich auch ablenken, weshalb ich einwilligte. „Und was willst du einkaufen?“, hakte ich nach.
„Wir werden sehen. Es gibt genug Läden, in denen wir herumstöbern können“, meinte Brian und wechselte das Thema auf andere Urlaubspläne. „Um auf deine eigentliche Frage zurückzukommen: Wie wäre es, eine kleine Bootstour zu machen? Dann könnten wir eine Insel besuchen, Eis essen und am Strand spazieren gehen?“
Meine Augen weiteten sich und ich richtete mich eilig auf. „Ist das wahr?“, fragte ich atemlos. Schon immer war es mein Traum gewesen, eine Spritztour mit einem Boot zu machen, wobei ich nicht sicher war, ob ich nicht die ganze Zeit über der Reling hängen würde.
„Ja, mein Boot vermiete ich das ganze Jahr über, aber ich kann es nutzen, sobald ich hier bin.“
Das war eine Wucht, damit hatte ich absolut nicht gerechnet und die verkorkste Session war erst einmal vergessen. „Das ist super“, flüsterte ich aufgeregt. „Das würde ich zu gerne erleben.“
„Dann ist das abgemacht“, sagte Brian und gab mir einen leidenschaftlichen Kuss, den ich nur zu gerne erwiderte.
Ungläubig stand ich mit Brian vor dem Bayside Marketplace in Miami und konnte noch gar nicht fassen, dass er mich tatsächlich hierher mitgenommen hatte. Das Einkaufszentrum unter freiem Himmel, dessen Geschäfte jedoch unter einem Dach lagen, war ein perfektes Touristenziel. Laut Brian konnte man sich hier sowohl an heißen als auch an regnerischen Tagen seine Zeit vertreiben. Hier gab es eine Menge Shops, die gar nicht alle an einem Tag besucht werden konnten.
Die Menschen um uns herum lachten und genossen bei einem Eis das heiße Wetter. Scheinbar trug das zur ausgelassenen Stimmung bei. Ich hingegen konnte den Blick nicht von der Einkaufspassage lassen. Diesen Ort zu besuchen, hatte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt. Solch eine Reise nach Florida war aufgrund meiner vorherigen Geldsituation nicht drin gewesen. Zudem machte es mehr Spaß, mit jemanden zusammen das Einkaufszentrum unsicher zu machen. Allein ging ich ungern einkaufen, da ich mich meist unwohl fühlte und – so komisch es auch klang – verlassen.
„Bereit, ein paar Dinge zu erwerben?“, fragte Brian mit einem verschmitzten Zwinkern.
Ich spürte seine Hand am Rücken, die weiter zum Steißbein wanderte, und lächelte. „Eine Frage habe ich …“, meinte ich nachdenklich.
„Und welche?“
Das Lachen unterdrückend kam ich ihm näher und stellte mich so hin, dass ich ihm direkt in die strahlenden Augen sehen konnte. „Was heißt bei dir ein paar Dinge?“
Zuerst schien Brian nicht zu verstehen, worauf ich hinauswollte, doch dann fiel anscheinend der Groschen. „Na ja, … wie wäre es mit einem neuen Bikini? Oder Schmuck?“, fragte er unschuldig.
„Brian!“, tadelte ich ihn verzweifelt. Was sollte ich denn mit so vielen Dingen? Klar, mein Bikini fiel beinahe wegen Alterserscheinungen auseinander, aber wenn wir nur an seinem Strandabschnitt blieben, würde den wohl kaum ein anderer zu Gesicht bekommen. Ich ging nicht davon aus, dass Brian Spaziergänger einfach so auf sein Grundstück ließ.
„Willst du denn deinen Traumkörper nicht am Strand präsentieren?“
Verwundert sah ich ihn an und prustete plötzlich. „Also entweder hast du schon einen Sonnenstich oder ich eine Halluzination. Du würdest, laut Ken, jeden gottverdammten Mann zu Kleinholz machen, der mich nur schief ansieht“, behauptete ich. Mein Leibwächter war in New York geblieben und passte auf meine bisherigen Arbeitgeber Liam und Amber, für die ich im Sommer kellnerte, auf. Brian hatte darauf bestanden, dass Ken mitkam, aber nach Damons indirekter Drohung war es mir wichtiger, die beiden in Sicherheit zu wissen.
Nach der Anzeige gegen meinen Ex–Freund hatte ich mich erleichtert und gut gefühlt, doch irgendwie machte sich seitdem öfter ein unangenehmes Gefühl im Magen breit, als würde ich meine Entscheidung noch bereuen. Wäre Brian nicht an meiner Seite gewesen, hätte ich vermutlich im letzten Moment einen Rückzieher gemacht. Die nette Polizistin, die meine Anzeige und meine Erzählungen ernster genommen hatte als Kommissar Smith, hatte mir ebenfalls geholfen, den Schritt durchzuziehen. Jetzt konnte ich nur noch abwarten, was geschehen würde.
Brian brummte und rieb sich sein Kinn, an dem sich bereits ein dunkler Ansatz von Bart bildete. „Gut erraten. Daran habe ich im ersten Moment gar nicht gedacht. Also gut, aber ein neuer Bikini wäre trotzdem nicht schlecht, wenn wir eine Bootsfahrt machen“, erklärte er. „Nur du und ich natürlich“, fügte er hastig hinzu, als ich zum Sprechen ansetzen wollte.
Lachend verstummte ich. Ich hatte erwartet, dass Brian abwinken würde, anstatt indirekt zuzugeben, dass er niemanden an mich heranließ. Liebevoll strich ich ihm über die Stoppeln und hob meine Augenbrauen. Normalerweise war Brian stets ohne jeglichen Bartansatz, aber hier schien er wohl beide Augen zuzudrücken. Verübeln konnte ich es ihm nicht. Auch ihm stand eine Pause vom Alltag zu. „Wie wäre es, wenn du dich rasierst? Das ist ja grässlich“, bemerkte ich erheitert.
Sofort kam er mir näher und legte sein Kinn an meinen Hals. Ich spürte seinen warmen Atem am Ohr und auch, wie er einmal kurz darüber leckte. „Bist du dir sicher, Jade? Vielleicht gefällt es dir, wenn ich dich damit ein wenig necke“, schnurrte er mir ins Ohr.
Allein die Worte reichten aus, die Hitze in meinem Körper zu entfachen, und ich wurde feuerrot. Hastig sah ich mich um, aber Brian hatte so leise gesprochen, dass es garantiert niemand mitbekommen hatte. „Brian“, krächzte ich heiser und verengte die Augen, als ich ihn breit grinsen sah.
„Ja?“
„Sei nicht so fies.“
„Ich doch nicht.“
Nach der Neckerei beugte er sich zu mir hinab und erstickte meine Antwort mit einem Kuss. Leise stöhnend schmiegte ich mich an seine Brust und ließ schließlich von ihm ab. Zu viel würde nur dazu führen, dass ich ihn am liebsten gleich vernaschen würde. Die Erinnerung an den Morgen und die Neckereien auf der Fahrt hierher machten mich schwummrig.
„Schlagen wir hier Wurzeln oder gehen wir?“, fragte ich schließlich und hakte mich bei Brian ein, damit wir uns in den Trubel stürzen konnten.
Als der Tag zu Ende ging, erreichten wir den Española Way. Laut Brian war es ein Geheimtipp für die Nächte in Miami. Hier gab es unvergessliche Cocktails und tolles Essen. Gute, mitreißende Musik begleitete uns, während wir die Straße entlangschlenderten und die Atmosphäre genossen. Mit unseren Einkäufen in der Hand wirkten wir sicherlich wie die zahlreichen anderen Touristen, die sich bei Wein und Essen die Zeit vertrieben. Hier wurde sogar der Straßenabschnitt gesperrt, damit übermütig getanzt werden konnte. Das fand ich eine gute Alternative, so gab es weniger Unfälle.
Sehnsüchtig sah ich den Tänzern zu, wie sie ihre Glieder geschmeidig zur Musik bewegten. Schon lange war ich nicht mehr in den Genuss gekommen, ausgiebig das Tanzbein zu schwingen.
„Willst du nachher auch tanzen?“, fragte Brian, als hätte er meine Gedanken erraten.
Begeistert stimmte ich mit einem breiten Lächeln zu. Wer konnte schon bei solch einer rhythmischen Musik widerstehen? Ich jedenfalls nicht.
Als Erstes zogen mich aber die leckeren Gerüche der spanischen Küche aus den zahlreichen Restaurants an. Trotz der Kleinigkeiten, die wir uns im Bayside Marketplace gegönnt hatten, war ich wie ausgehungert. Meine Schwäche für Paella würde Brian mit Sicherheit bemerken.
Zu meinem Glück schien Brian genauso hungrig zu sein wie ich, denn er führte mich direkt auf ein Restaurant zu. Dieses hatte Außentische und ließ daher einen perfekten Blick auf die Straßentänzer zu. Obwohl ich damit die Regel im Vertrag – Brian meine gesamte Aufmerksamkeit zu schenken – brach, konnte ich es nicht lassen, den ausgelassenen Menschen zuzusehen.
War Brian selbst an den Tänzern interessiert oder drückte er beide Augen zu, nachdem er mich zu zwei Dessous überredet hatte, die ich niemals gekauft hätte? Ruby hätte diese ohne zu zögern gekauft. Sie stand auf solche sexy Teile. Für sie wäre der Bayside Marketplace ein reines Paradies und mich beschlich die Vermutung, dass sie wohl mit einem Lastwagen an Tüten wieder herausgekommen wäre.
Gemeinsam suchten wir einen Tisch aus, der nicht direkt im Trubel lag, aber dennoch eine gute Sicht auf die Straße bot. Nachdem wir uns die Menükarte angesehen und die Kellnerin unsere Bestellung aufgenommen hatte, nahm Brian meine Hand und drückte sie sanft. „Wie hat dir der kleine Ausflug gefallen?“, wollte er mit einem Lächeln auf den Lippen wissen.
„Toll“, antwortete ich begeistert. „Hier einzukaufen, hätte ich mir niemals erträumen lassen.“ Schöner war allerdings Brians lustige Gesellschaft. Im Einkaufszentrum hatte er eine kindlichere Seite gezeigt und viel gelacht. Nach einigen Geschäften, in denen Schmuck angeboten wurde, hatten wir einen Laden besucht, der Bikinis anbot. Die große Auswahl, die von kitschig bis hin zu elegant reichte, hatte die Auswahl erschwert. Anfangs war ich nicht begeistert gewesen und hatte mich geschämt, mich in verschiedenen Bikinis Brian zu präsentieren, doch seine humorvollen, manchmal trockenen Kommentare bei besonders schrecklichen Modellen hatten die Stimmung gelockert, bis ich Tränen gelacht hatte. Wer kaufte denn bitte Bikinis aus Plastik, Kokosnussschalen und Glitzer? Sie waren kitschig, überteuert und keinesfalls schön.
Kaum hatten wir unsere Getränke – für ihn einen Rotwein und für mich einen Weißen – serviert bekommen, stießen wir auf den erfolgreichen Tag an und genossen wenig später spanische Leckereien. Dabei warf ich immer wieder einen Blick zu den Tänzern, was Brian dazu brachte, sich zu räuspern.
„Entschuldige“, murmelte ich verlegen und sah ihm in die Augen. Darin erkannte ich jedoch keinen Tadel, sondern Belustigung und ich bemerkte, dass das Blau um seine Iris herum kräftiger strahlte als sonst.
Brian kicherte, beugte sich halb über den Tisch und wischte mir mit dem Daumen etwas von der Unterlippe. Gekonnt sexy leckte er sich seinen Finger ab, sah mir tief in die Augen und ich spürte ein bekanntes Kribbeln in mir, das mich unter dem Tisch leicht meine Beine aneinanderreiben ließ.
„Du schmeckst zum Vernaschen gut“, hauchte Brian mir entgegen, als er sich wieder auf seinen Stuhl gleiten ließ. In dem Moment wurde mir bewusst, dass es ihm gar nicht um Aufmerksamkeit gegangen war, sondern lediglich darum, mich zu verführen. Und das hatte er mit der Geste durchaus geschafft.
In seinen Augen standen sowohl Lust und als auch der Hunger nach einer weiteren Runde Sex, aber wir ließen uns beim Essen Zeit. Nach dem zweiten Glas Wein bezahlte Brian und hielt mir galant seine Hand hin.
Lächelnd nahm ich sie an und ließ mich zur Straße führen, auf der mittlerweile nicht nur Tänzer waren, sondern auch Zuschauer, die rhythmisch klatschten. Als wir mittendrin waren, begannen wir, uns an die anderen anzupassen und zu tanzen. Die gelöste Stimmung ließ mich jeden Tanzschritt mit Brian genießen. Seine Bewegungen waren kraftvoll und elegant zugleich und ich freute mich, dass ich ihm wenigstens nicht auf die Füße trat. Zwischendurch gab es ruhigere Musik und wir tanzten eng umschlungen, wobei wir uns tief in die Augen sahen. Wie ein verliebtes Paar, das die Finger nicht voneinander lassen konnte. Und das waren wir auch.
Brian schien den Abend genauso zu genießen wie ich. Zu meinem Erstaunen kannte er einige spanische Tänze, bei denen ich allerdings kläglich versagte. Schlimm fand Brian das nicht und es trübte unsere Stimmung keineswegs.
Meine Gedanken schweiften zum nächsten Tag und ich beobachtete schmunzelnd, wie Brian mit seiner Tanzeinlage die Leute zum Klatschen brachte. Das war also der Partyhengst. Rubys Bezeichnung hatte ich nicht vergessen.
Ich konnte es kaum erwarten, mit Brian eine Bootsfahrt zu unternehmen, und war mir sicher, dass er die ein oder andere Überraschung bereithielt. Allerdings hoffte ich, dass ich nicht seekrank wurde.
Mit glänzenden Augen betrat ich Brians Motorboot im Jachthafen Miamis. Der Wind spielte mit meinen Haaren und meinem beigen Sommerkleid, das einen weiten Rock besaß und mir beinahe einen Marilyn- Monroe-Moment bescherte. Gerade noch rechtzeitig hielt ich den Stoff fest, damit keiner meine Unterwäsche zu Gesicht bekam.
Vielleicht hätte ich eine kurze Hose tragen sollen.
Den Gedanken wischte ich eilig zur Seite, denn die Ausstattung des Bootes interessierte mich mehr. Zu meinem Erstaunen besaß es ein Sonnendeck mit einem Tisch, der von einer gemütlichen Sitzecke umgeben war. So, wie Brian sagte, perfekt für kleine Ausflüge mit Picknick. Genau das hatte er vor, weshalb wir gleich am Morgen Lebensmittel eingekauft hatten, bis der Picknickkorb beinahe überquoll. Dessen Inhalt ließ Brian nun in einem Kühlschrank verschwinden. Wie genau dieser funktionierte, konnte ich nicht herausfinden. Brauchte er dazu einen Generator?
Ich konnte nicht anders und musste meine Neugier stillen.
„Sobald ich den Motor starte, wird der Kühlschrank gekühlt“, erklärte Brian lächelnd und zog mich an sich. „Wir fahren hinaus und picknicken auf dem Wasser. Ich möchte nur nicht zu nah am Hafen sein. Er ist recht belebt und ich möchte die Zweisamkeit mit dir genießen. Da stören andere Schiffe und Segelboote nur.“
Mit einem begeisterten Nicken ließ ich mich auf dem samtenen Sitz nieder. Aufgeregt und neugierig besah ich das Armaturenbrett, auf dem Knöpfe und Schalter, aber auch ein Display zu sehen waren. Ich vermutete, dass es ein Navigationsgerät war, aber bei Brian konnte man sich nie sicher sein. Sicherlich würde ich frühzeitig etwas über dessen Funktionsweise erfahren.
Wie ein Kätzchen schnurrend gab der Motor plötzlich Geräusche von sich und ich sah mich nach Philip um. Er stand am Steg und löste die Leinen, bevor er sie Brian zuwarf und winkte. Lächelnd erwiderte ich das Winken.
Brians Fahrer würde sich einen angenehmen Tag in der Nähe gönnen. Er war, trotz der Tragödie seiner Familie, ein Genussmensch und wollte die Zeit dazu nutzen, einige Museen und Restaurants zu besuchen.
Langsam lenkte Brian das Boot aus dem Hafen. Krampfhaft hielt ich mich am Sitz fest, denn die Wellen und das Schaukeln behagten mir nicht. Hoffentlich ließ das nach, sonst konnte ich nicht garantieren, meinen Mageninhalt für mich zu behalten. Um mich abzulenken, konzentrierte ich mich auf die Umgebung und staunte, wie viele Boote es gab, vorzugsweise große Segel- und Motorboote, aber auch Jachten verschiedener Größen, die den Leuten einen angenehmen Tag auf dem Meer bescheren würden.
Nachdem wir den Hafen verlassen hatten, krallte ich mich noch fester in den Sitz, denn die Wellen blieben bestehen, und ich ging davon aus, dass Brian einen Zahn zulegen würde. Garantiert würde ich im hohen Bogen aus dem Boot fliegen. Zu meiner Überraschung behielt Brian das Tempo bei. „Fährst du meinetwegen langsamer?“, fragte ich vorsichtig.
Lächelnd warf mir Brian einen Seitenblick zu. „Ja. Bei der ersten Fahrt kann es einem schnell schlecht werden, wenn man es nicht gewohnt ist. Ich spreche aus Erfahrung“, kicherte er. Immer, wenn er das tat, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es verpasste ihm einen niedlichen und kindlichen Charme, den ich ihm anfangs nicht zugetraut hatte.
„Wieso denn?“, wollte ich wissen und schirmte meine Hände vor der gleißenden Sonne ab. Meine Sonnenbrille lag natürlich dort, wo sie nicht gebraucht wurde: in Brians Villa in Florida.
Brian zeigte auf eine kleine Tasche, die Phillip ihm gegeben hatte, ehe er die Leinen gelöst hatte. Neugierig öffnete ich diese und fand meine, aber auch Brians Sonnenbrille sowie Sonnenmilch vor.
Wenigstens denkt einer von uns mit.
In meiner Aufregung hatte ich diese Dinge vergessen und war froh, dass ich meine Augen vor den Sonnenstrahlen schützen konnte. Ich reichte Brian seine und seufzte innerlich, als er sie aufsetzte. Musste er so verdammt sexy damit aussehen?
„Mein Vater hat meine Geschwister und mich mitgenommen, als wir noch klein waren. Glaub mir, du wärst achtkantig aus dem Boot geflogen“, erzählte Brian, während wir immer weiter dem Horizont entgegensteuerten. Er klang wehmütig und auch irgendwie amüsiert. „Mein Bruder ist zwei Jahre älter und hatte die erste Bootsfahrt mit fünf Jahren hinter sich“, fuhr er fort, während er konzentriert auf das Display starrte, das tatsächlich ein Navigationsgerät mit moderner Technik besaß. „Er hatte mich vorgewarnt, aber ich wusste nicht, was genau er meinte, bis ich im Boot war. Mein Vater liebt schnelle Fahrzeuge und das hat auf meinen Bruder abgefärbt. Daher ist Sebastian im Motorsport als Sponsor tätig. Er hat den gleichen Hang zu schnellen Autos wie mein Vater.“
Interessiert hörte ich Brians Erzählung zu. Es war das erste Mal, dass er von sich aus so viel über seine Familie sprach. Bisher hatte er lediglich erzählt, wie er zum Sadomaso gekommen war und was mit seiner Noch–Ehefrau ablief. Doreen, eine Schreckschraube in einer wunderschönen Hülle. Ein Charakter, den ich locker und leicht mit Damon vergleichen konnte, narzisstisch und widerlich.
Ein Boot überholte uns und die Besitzer winkten fröhlich hinüber. Wir beide erwiderten den Gruß und mussten dann lachen. „Erzähl weiter“, drängte ich Brian und hielt mich erneut krampfhaft fest. Das Vorbeiziehen des anderen Boots hinterließ eine Reihe an höheren Wellen, die unseres meiner Meinung nach gefährlich zum Schwanken brachten. Brian allerdings stand lässig hinter dem Steuer.
Als das Schaukeln nachließ und die Wellen wieder flacher wurden, gab Brian Gas. Der Fahrtwind trieb mir Tränen in die Augen und wirbelte mein Haar hin und her. Solange, bis ich genug hatte, und den Haargummi, den ich mir bereits ahnungsvoll um mein Handgelenk gelegt hatte, nahm und meine Mähne zusammenband. So konnte ich die rasante Fahrt ohne Haare im Mund genießen.
„Erzähl endlich!“, bat ich eindringlich. Musste ich ihm alles aus der Nase ziehen?
„Na ja, stell dir vor, schlechtes Wetter, hoher Wellengang und ein irres Tempo …“, begann Brian, ließ den Rest aber offen.
Die Vorstellung überließ er mir und schlagartig bekam ich ein flaues Gefühl im Magen. Das einem Kind anzutun, grenzte an Folter, aber Brian schien sich gerne daran zurückzuerinnern. Schon komisch, dass ich mit solchen Gedanken andere Gefühle assoziierte als er.
„Damals habe ich mir vor Angst in die Hosen gemacht und wäre beinahe über Bord gegangen. Zum Glück ist das nicht passiert, aber seitdem verzichte ich auf Fahrten bei schlechtem Wetter und bei hohem Wellengang.“
Nachdenklich musterte ich ihn. Er schien sich von seinem Bruder stark zu unterscheiden. „Und was ist mit deiner Schwester?“, fragte ich gespannt.
„Sie ist erfolgreiche Professorin für Geologie in Norwegen. Ihr Herzensland, wie sie immer sagt. Zu den Festen findet sie aber stets den Weg zurück nach Amerika“, antwortete Brian und ich nahm einen liebevollen Ausdruck in seinen Augen wahr, als er seine Sonnenbrille anhob und mich ansah. „Sie liebt das Land, die Leute und die Fjorde. Sobald es an der Zeit ist, würde ich gerne mit dir dorthin. Nur, wenn du das willst.“
Begeistert quietschte ich und krallte mich an Brians Arm fest. „Du willst mit mir nach Norwegen?“, fragte ich ganz außer Atem. Bisher konnte ich mir nicht vorstellen, wie es in Skandinavien war, hatte aber durch Zufall eine Unterhaltung eines Gastes in Liams und Ambers Restaurant mitangehört, in der die junge Frau erzählt hatte, wie toll der Wechsel von Bergen und Seen in Norwegen war. Damals hatte ich den Worten keine Beachtung geschenkt, doch jetzt kamen sie mir wieder in den Sinn und ich konnte es kaum erwarten, eines Tages mit eigenen Augen das Land zu sehen.
„Na klar. Warum auch nicht? Zwei oder drei Wochen Urlaub schaden niemandem“, meinte er schulterzuckend.
Urlaub, … das erinnerte mich daran, dass meine Arbeit im Restaurant bald beendet war. Die Sommersaison war in wenigen Wochen vorbei. Amber und Liam würden keine weitere Aushilfe brauchen. Das hieß, ich musste schleunigst einen neuen Job finden. Da ich viel bei Brian war und großzügig bezahlt wurde, hatte ich mir keine großen Gedanken mehr darum gemacht. Auch die Inhaber hatten sich bisher dazu nicht geäußert, wann genau mein Vertrag auslief.
In der Luft zu hängen, mochte ich nicht, aber ich nahm mir vor, sofort nach unserem Kurzurlaub mit der Jobsuche zu beginnen. Nur, wie stellte ich es an, einen guten Arbeitsplatz zu bekommen, ohne dass Damon ihn ruinierte? Er musste nicht in der Nähe sein, um sein böses Spiel zu treiben. Seine weitreichenden Kontakte hatten dazu geführt, dass ich bei einigen Stellen relativ zeitnah entlassen worden war, weil er mich madig gemacht hatte, und ich die Arbeitgeber nicht davon überzeugen konnte, nichts getan zu haben. Dafür hasste ich meinen Ex–Freund.
„Was ist los?“, fragte Brian, als hätte er etwas von meinem Stimmungswechsel mitbekommen.
„Ach, … nur das mit dem Urlaub“, druckste ich herum. Ich wollte nicht jammern. „Ich bin nur noch ein paar Wochen bei Amber und Liam. Es war nur ein Aushilfsjob in der Sommersaison. Wenigstens muss ich mich dann nicht mehr mit den widerlichen Geschäftsmännern herumärgern, aber … es hat mir trotzdem Spaß gemacht“, gab ich seufzend zu.
„Hast du dir denn bisher noch nicht überlegt, in meiner Firma zu arbeiten?“
Ich horchte auf. „Bei Thrilling Festive? Wie kommst du darauf?“, wollte ich wissen.
Erneut zuckte Brian mit der Schulter und drehte sich um. Ich tat es ihm gleich und bemerkte, wie winzig der Hafen geworden war. Die Menschen konnte ich gar nicht mehr erkennen und es sah aus, als wäre Florida eine Stadt aus einem Bilderbuch und keine, in der gerade reges Treiben herrschte. „Du hättest einen sicheren Arbeitsplatz. Geld bekommst du neben meiner extra Vergütung ebenfalls und …“, er hielt die Luft für einen Moment an, „wir wären nicht so viel getrennt und könnten unsere Pausen miteinander verbringen.“
Sein schelmisches Zwinkern verriet mir, was er meinte.
Er wollte die Pausen mit expliziten Dingen verbringen und der Gedanke daran ließ meine feinen Härchen am Arm aufstellen. Sex im Büro? Dafür war Brian sicherlich zu haben. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was er alles tun würde. „So ist das also …“, murmelte ich und rieb meine Nase. Sicher war diese genauso rot wie meine Wangen. Durch die Sonne fiel das hoffentlich nicht auf.
„Was dagegen?“, fragte Brian noch breiter grinsend.
„Nein, im Gegenteil. Solange … wir nicht erwischt werden“, meinte ich unschlüssig.
Daraufhin brach Brian in dunkles Gelächter aus und sorgte dafür, dass ich leicht zitterte. „Ich bin der Chef. Ohne Anmeldung kommt bei mir niemand rein“, versicherte er süffisant. Selbst seine Sekretärin meldete sich telefonisch an.
„Aber … in welcher Abteilung soll ich denn arbeiten?“, fragte ich unsicher, da ich nicht einmal wusste, was für eine Art von Leuten er überhaupt suchte. Mussten alle studiert haben und Erfahrung vorweisen können? Garantiert konnte ich bei so etwas nicht mithalten.
„Wie wäre es, wenn Anna dich in ihre Tätigkeit einweist? Sie erwartet ein Kind und wird in einigen Monaten in Mutterschutz gehen. Ich brauche aber eine Sekretärin, der ich vertrauen kann“, schlug Brian vor.
Die junge Frau hatte ich als nett, humorvoll und ausgelassen kennengelernt und sie erledigte ihre Arbeit hervorragend. Ich hatte mich schon gefragt, warum Brian kein Verhältnis mit Anna angefangen hatte. Seine Antwort war kurz und bündig gewesen: „Sie ist verheiratet.“ Wenigstens machte er sich nicht an Frauen ran, die bereits vergeben waren. Andere Chefs hatten keine Skrupel, ein Verhältnis mit der Sekretärin anzufangen, selbst, wenn diese verheiratet war.
Und jetzt hörte es sich nach einem klassischen Filmsetting an. Chef und Sekretärin. Typischer hätte es nicht sein können. Amüsiert über den Gedanken, der mir ein Prickeln auf der Haut bescherte, aber auch gleichzeitig Sorgen bereitete, lachte ich und konnte nicht mehr aufhören.
„Was lachst du?“, fragte Brian mit hochgezogenen Augenbrauen, die er auf eine komische Art und Weise bewegte.
Nach Luft schnappend wischte ich mir die Tränen weg. „Das, was du gerade gesagt hast, ist sowas von typisch in Filmen“, bemerkte ich nüchtern.
„Macht doch nichts. Lieber oben bei mir als bei den Männern unten“, erwiderte Brian salopp.
„Wieso? Sind die alle genauso auf Sex aus wie du?“, wollte ich wissen und boxte ihm leicht in die Seite.
Brian schüttelte den Kopf. „Nein, aber nicht alle kommen damit zurecht, wenn eine Frau etwas besser kann als sie. Deshalb gibt es in manchen Abteilungen nur Männer“, meinte er ernst.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass Brian nicht nur auf mich aufpasste, sondern auch seinen Mitarbeiterinnen Schutz bot. Laut ihm gab es regelmäßige Gespräche, in denen die Mitarbeiter ehrlich sagen konnten, wie sie sich bei der Arbeit fühlten und ob es Probleme gab. So konnte er überlegen, ob ein Wechsel der Abteilungen sinnvoll war oder nicht. Natürlich dienten die Gespräche auch dem Austausch über zukünftige Ziele.
„Ich überlege es mir“, versprach ich, nicht ganz abgeneigt von dem Gedanken, mit Anna zusammenzuarbeiten. „Und jetzt gib mir bitte etwas zu trinken, bevor du mir weitere Flausen in den Kopf setzt“, verlangte ich mit einem süffisanten Grinsen, das normalerweise er gerne an den Tag legte.
Dank Brian konnte ich den Ausflug in vollen Zügen genießen und steckte das Schaukeln besser weg als gedacht. Wäre er wie sein Vater über das Wasser gerast, wäre ich wohl schneller aus dem Boot geflogen, als mir lieb war. So aber konnte ich mich auf das gute Wetter und die angenehme Begleitung konzentrieren.
Durch die Sonne glitzerte die Wasseroberfläche so, als hätte das Meer Millionen Diamanten verschluckt. Selbst durch die Sonnenbrille bezauberte mich die Schönheit des offenen Meeres.
Nach einiger Zeit steuerte Brian plötzlich eine Insel an, in deren Hafen eine luxuriöse 45-Meter Drei-Deck-Jacht mit schnellen und dynamischen Linien stand, wie mein Auge erfasst hatte. Selbst ich, die keine Ahnung von Schiffsmodellen hatte, erkannte, dass es sich um eine hochmoderne Jacht handelte.
„Was machen wir hier?“, fragte ich und lauschte der Musik, die beim Näherkommen zu uns hinüberwehte. Außerdem hörte ich Lachen sowie Quietschen und sah, wie zwei Leute von der Jacht ins Wasser sprangen, um Wasserball zu spielen. Das war an solch heißen Tagen eine willkommene Abwechslung und machte bestimmt Spaß. Wie es aussah, war hier eine Party im Gange.
„Uns ein wenig die Zeit vertreiben“, lächelte Brian, der das Boot an den Steg des Hafens steuerte.
Fragend hob ich meine Augenbrauen. Was genau meinte er damit? Gab es auf der Insel etwas Sehenswertes und ein Restaurant, das Brian mit mir besuchen wollte? Oder bezog sich seine Aussage auf die Jacht, neben der er hielt? War es sogar seine?
Kaum angedockt und den Motor abgestellt, winkte uns ein junger Mann zu und befestigte das Boot am Steg. „Schön, dich wiederzusehen. Und du hast eine andere Gesellschaft mitgebracht!“, sagte der Mann, der garantiert nicht älter als 20 Jahre war. Sein spitzbübisches Grinsen erinnerte mich an Brians, wenn er etwas ausheckte.
Mit einem Seitenblick zu ihm stellte ich fest, dass es der Tatsache entsprach. Brian versuchte ernst zu bleiben, schaffte es jedoch nicht und kicherte.
„Danke, gleichfalls, Chris. Das ist Jade“, stellte er mich vor und legte einen Arm um meine Hüfte. Seine Geste hatte etwas Beschützendes und Besitzergreifendes an sich und ich schmiegte mich leicht an ihn.
„Hey, Jade“, begrüßte Chris mich fröhlich. Der Wind wirbelte sein braunes, verwuscheltes Haar auf und er fuhr sich galant über den Kopf. Seine braunen Augen musterten mich neugierig und ich grüßte ihn verbal und mit einer Handbewegung. Chris war mir auf Anhieb sympathisch!
Dankbar nahm ich Brians angebotene Hand an, um mir aus dem Boot zu helfen. Da ich ziemlich unsicher war, von einem schwankenden Boot aus das Festland zu betreten, bot mir Chris seine Hand als zusätzliche Hilfe an. Sobald ich festen Boden unter meinen Füßen spürte, seufzte ich erleichtert. Ich hatte nicht erwartet, wie eine betrunkene Ente zu torkeln. Mein schwankender Gang amüsierte Brian und ich hörte, wie er sich schlapp lachte. Schmollend schnaubte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust. Lange hielt das nicht an, denn Brian zog mich an sich.
„Das ist normal“, versicherte er schalkhaft und zwinkerte mir zu. Seine Augen blitzten unternehmungslustig, als er sich leger über sein kurzes Haar strich.
Genau wie Chris, der sich räusperte und sich leicht vor mir verbeugte. „Freut mich, dich kennenzulernen, Jade. Du bist nicht zufällig wie Doreen?“, fragte er, was Brian an meiner Seite schnauben ließ. Daraufhin seufzte Chris erleichtert.
„Nicht annähernd. Jade ist eine Wucht. Doreen kann bleiben, wo der Pfeffer wächst“, murrte er.
Brians Verhalten konnte ich ihm nicht verübeln. Allein ihr Name brachte auch in mir unangenehme Erinnerungen hoch. „Woher kennt ihr euch?“, wollte ich wissen. Neugier, dein Name ist Weib! Eigentlich mochte ich den Spruch nicht, doch er passte zu mir und ich musste grinsen.
„Chris ist ein Freund von Sebastian, meinem Bruder“, antwortete Brian und wandte sich an Chris. „Wo ist er?“
Lachend fuhr sich Chris erneut über seine Haare und nickte zur Jacht. „Tummelt sich bereits unter den Frauen. Trinkt gelegentlich ein Champagnerglas, aber torkelt noch nicht“, erwiderte er schmunzelnd.
Scharf sog ich die Luft ein und musterte Brian von der Seite. „Dein Bruder?“, fragte ich tonlos und bemerkte erst jetzt, dass ich mich an seiner Hand festkrallte. Brian hatte nicht verlauten lassen, dass wir seinen Bruder treffen würden, und ich war nicht sicher, ob ich dazu in der Lage war. Was, wenn ich mich nicht mit ihm verstand? Er schien genauso ein Superreicher wie Brian zu sein, wenn ihm die Jacht gehörte.
„Ja, Sebastian ist eine Weile hier“, erklärte er und gab mir beruhigend einen kleinen Kuss auf meine Wange. Ich ging davon aus, dass er Chris – der mich ungeniert musterte – damit vermutlich signalisieren wollte, dass ich ihm gehörte. Eifersucht dieser Art kannte ich von Brian bisher nicht. Nur von Damon, der am besten Doreen mit in die Hölle nehmen sollte, anstatt uns weiter zu belasten!
Gemeinsam schlenderten wir den Steg entlang Richtung Jacht. Von der Ferne hatte sie schon beeindruckend ausgesehen, doch aus der Nähe war sie eine Wucht. „Warum hast du mir nichts gesagt?“, wisperte ich Brian zu und sah an mir hinab. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich in bessere Kleidung geworfen!
„Wieso?“, fragte Brian sichtlich erstaunt. Mit einer Handbewegung zeigte ich stumm auf meine Kleidung, woraufhin Brian kicherte. „Du siehst immer klasse aus, Jade“, hauchte er, was mir – trotz der Temperaturen – eine Gänsehaut bescherte. „Egal, was du trägst: Du musst dich keineswegs schämen. Du wirst sehen, Sebastian juckt es nicht, was du trägst. Wichtiger sind dein Charakter und dein Humor. Daher wirst du auch“, murmelte er und räusperte sich, „für manche weniger hübsche Menschen sehen.“
Fragend sah ich ihn an, bekam aber keine weitere Erläuterung. Grübelnd ging ich neben Brian her und ließ mir von Chris, der vorausgegangen war, auf die Jacht helfen. Vorsichtig und unsicher setzte ich einen Fuß auf die Treppe und spürte, wie Brian seine Hand an meinen Rücken legte, um mir zusätzliche Hilfe zu geben.
Sobald wir auf der Jacht waren, sah ich mich neugierig um.
Der blitzende Parkettboden aus Zedernholz passte zu dem sonst weiß und cremefarben gehaltenen Interieur. Es wirkte nicht steril, sondern einladend. Neben mehreren Sitzecken, in denen Leute mit ihren Gläsern anstießen, gab es eine Bar und – wie ich richtig erkannte – sogar ein Buffet, das gerade von Leuten in Dienstkleidung nachgefüllt wurde. Dieser Teil war unter dem Dach der Jacht, der andere Teil diente zum Sonnen. Dort gab es einige Liegestühle, die fleißig genutzt wurden.