Tiffany Exklusiv Band 44 - Jule McBride - E-Book
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Tiffany Exklusiv Band 44 E-Book

Jule McBride

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Beschreibung

DIE LIEBESPARTY von MCBRIDE, JULE Hochzeitsplanerin Edie hat einen neuen Mitarbeiter - den unglaublich attraktiven Seth! Sofort knistert es heftig, und beide stürzen sich in eine leidenschaftliche Affäre. Schon glaubt Edie sich am Ziel ihrer Träume, da muss sie erkennen: Seth hütet ein Geheimnis … DIR ERFÜLL ICH JEDEN WUNSCH von O'REILLY, KATHLEEN Schön, klug und sexy! Einer Frau wie Mickey kann Dominic keinen Wunsch abschlagen. Gern hilft er ihr, an das Video zu gelangen, mit dem sie erpresst wird. Allerdings nicht ohne Gegenleistung: Dominic will Mickey als Begleitung für eine Hochzeit - und später in seinem Bett! EIN FALL FÜR ZWEI von LIHOLM, MOLLY Heiß ist der Fall, bei dem die Polizisten Laura und Clint ein Ehepaar spielen müssen. Noch heißer aber ist das Verlangen, das zwischen ihnen lodert! Und so wird die gemeinsame Nacht in der Honeymoon-Suite für Laura zur Zerreißprobe: Kann sie Clints Sex-Appeal widerstehen?

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Seitenzahl: 604

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Jule McBride, Kathleen O’Reilly, Molly Liholm

TIFFANY EXKLUSIV BAND 44

IMPRESSUM

TIFFANY EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY EXKLUSIVBand 44 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2005 by Julianne Randolph Moore Originaltitel: „I Thee Bed…“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: HARLEQUIN TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Sarah Falk Deutsche Erstausgabe 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe TIFFANY, Band 1174

© 2004 by Kathleen Panov Originaltitel: „It Should Happen to You“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: HARLEQUIN TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Christian Trautmann Deutsche Erstausgabe 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe TIFFANY, Band 1141

© 2002 by Malle Vallik Originaltitel: „A Stetson on Her Pillow“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: HARLEQUIN TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Johannes Heitmann Deutsche Erstausgabe 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe TIFFANY, Band 1007

Abbildungen: sakkmesterke / Shutterstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733752507

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY

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Die Liebesparty

1. KAPITEL

„Bitte erheben Sie sich!“

„Egal was auch geschieht, bleib ruhig, Jimmy“, flüsterte Ches Edmond seinem besten Freund und Mandanten zu. „Diese Richterin hat ein Buch mit dem Titel ‚Die Übeltäter‘ geschrieben.“

Jimmy Delaney seufzte: „Machst du Witze?“

„Keineswegs. Es ist vor etwa einem Jahr erschienen.“

„Und du hast mir bisher nichts davon gesagt?“

Ches zuckte die breiten Schultern, die durch seinen perfekt geschnittenen Anzug betont wurden. „Hättest du es denn wissen wollen?“

„Na ja, wahrscheinlich nicht“, gab Jimmy zu, als er sich erhob und gegen den Impuls ankämpfte, den rot-weiß-blau gestreiften Schlips zu lockern, den er zum vierzigsten Hochzeitstag seiner Eltern gekauft hatte, der auf den vierten Juli fiel, und mit dem Jimmy der Richterin seine patriotische Gesinnung zu vermitteln hoffte.

„Sie spielt mit dem Gedanken, in die Politik zu gehen“, fügte Ches hinzu.

Jimmy überlegte kurz. „Zu den Republikanern?“

„Nach diesem Buch, das sie geschrieben hat? Was glaubst du?“

„Und was bedeutet das für unsere Ziele?“

„Je härter das Urteil, desto besser.“

„Na prima“, murmelte Jimmy. Er konnte die Blicke seiner anderen Freunde auf sich spüren, Benny, Alex und Tim, allesamt Paparazzi, die oft in „The Suds Bar“ im East Village herumhingen. Er warf einen Blick über die Schulter, verdrehte die Augen und war froh, als er sah, dass seine Freunde grinsten und ermutigend die Daumen hoben.

Seine Stimmung wurde sogar noch besser, als er wieder Ches anschaute und sich an ihren Rhetorikunterricht auf der Highschool erinnerte. Mrs. Hepplewhite, ihre Lehrerin, hatte immer gesagt, man solle sich, wenn man nervös wurde, sein Publikum einfach nackt vorstellen. Eine der leichtesten Übungen in diesem Fall, dachte Jimmy. Richterin Diana Little ging bereits auf die fünfzig zu, aber sie wirkte sehr gepflegt und attraktiv mit ihrer schönen Haut und ihrem schulterlangen dunkelblonden Haar. Selbst die schwarz gerahmte Brille, die vom auf ihrer Nase saß, fand Jimmy irgendwie sexy, als er ihr in Gedanken langsam ihren schwarzen Talar auszog.

Ihre Stimme allerdings war alles andere als sexy. „Mr. Delaney?“

Er zog die Augenbrauen hoch. „Ja, Euer Ehren?“

„Bevor ich Ihr Urteil verkünde, würden Sie mir einen Gefallen tun?“

„Selbstverständlich, Euer Ehren. Jederzeit.“

Sie bedachte ihn mit einem knappen, schmallippigen Lächeln. „Dann hören Sie bitte auf zu grinsen.“

Er hätte wissen müssen, dass diese Frau so etwas sagen würde. „Entschuldigen Sie bitte“, murmelte er.

„Ich denke, ich werde es überleben, Mr. Delaney“, entgegnete sie kühl.

Ches flüsterte: „Das scheint nichts Gutes zu bedeuten.“ Richterin Little unterdrückte einen Seufzer und schürzte ihre dezent geschminkten Lippen. „Hat die Verteidigung noch etwas hinzuzufügen?“

„Nein, Euer Ehren“, erwiderte Ches.

Sie nickte und richtete den Blick auf einen dicken Umschlag vor ihr auf dem Tisch. Langsam begann sie mit dem schlanken Finger einer perfekt manikürten Hand auf ein Papier zu tippen, und Jimmy stöhnte innerlich. Offenbar wollte Richterin Little die Urteilsverkündung in die Länge ziehen, um ihn nervös zu machen.

Oder womöglich hatte sie auch eingesehen, dass er gar nichts Unrechtes getan hatte, und würde noch einmal ein Auge zudrücken. Er war versucht, etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen, und wenn er Ches’ Rat nicht so vertraut hätte, hätte er es bestimmt auch schon getan. Aber Ches war einer der besten Anwälte in New York und so berühmt, dass Jimmy ihn sich niemals hätte leisten können, wenn sie nicht befreundet wären, denn obwohl Jimmy nicht schlecht verdiente, waren Ches’ Honorare für ihn zu hoch.

Er konnte von Glück sagen, einen so gewieften Freund zu haben. Sie waren zusammen aus Ohio hergekommen und hatten gemeinsam in New York das College abgeschlossen. Ches hatte anschließend Jura studiert und sich einen Namen als Verteidiger gemacht. Schon am ersten Tag an der juristischen Fakultät war er einer Frau begegnet, die ebenso sexy war wie klug, und Ches und Elsa waren nun schon drei Jahre verheiratet. Sie hatte ihm zwei Kinder geschenkt, obwohl auch sie Anwältin war und nie aufgehört hatte zu arbeiten. Das jüngste Kind, Conner, war erst drei Monate alt, aber wie bei seinem älteren Bruder, Clay, schien auch bei ihm bereits alles darauf hinzudeuten, dass er einmal ein Footballstar werden wurde. Oder zumindest schien es so für Ches und Jimmy, selbst wenn Elsa häufig anderer Meinung war.

Jimmy verdrängte den Gedanken, konzentrierte sich wieder auf die Richterin und fragte sich, was nun geschehen würde. Ches hielt es zwar für unwahrscheinlich, aber es war möglich, dass Jimmy zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Sogar ein strenges Urteil wäre nicht so schlimm, hatte Ches gemeint, da sie in Berufung gehen und gewinnen würden, aber Jimmy fand den Gedanken, Gefängnisklamotten zu tragen, alles andere als erfreulich.

Was seine Gerichtsverfahren betraf, so hatte er schon vor langer Zeit beschlossen, sie Ches zu überlassen, und sich daher bis jetzt auch keine allzu großen Sorgen wegen dieser Angelegenheit gemacht. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass man ihn verklagte hatte. Jimmy war ein ausgesprochen talentierter Fotograf. Er konnte die unscheinbarste Frau der Welt nehmen und sie ungeheuer faszinierend aussehen lassen. Und das war kein Trick. Er besaß einfach die Gabe, mit seiner Kamera die Seele eines Menschen einzufangen. Er hatte ein fotografisches Talent, das ihm schon zu Beginn seiner Karriere die Anerkennung der Kritiker eingebracht und ihm später erheblich mehr als nur die durchschnittlichen Einkünfte eines Fotografen eingebracht hatte.

Als Richterin Little eine Ausgabe der New York Post hoch hielt, bereitete Jimmy sich auf das Urteil vor, egal, wie es ausfallen mochte, aber sie sagte nur: „Sie haben dieses Foto gemacht?“

Er betrachtete die Schwarz-Weiß-Aufnahme der Hotelerbin Julia Darden an Deck ihrer Jacht. Sie und ihr Verlobter, Lorenzo Santini, waren in einen leidenschaftlichen Kuss vertieft. Eingehüllt in ein Laken, nahmen sie eine Pose ein, die den Betrachter zu der Annahme verleitete, sie hätten gerade Sex. Jimmy nickte. „Ja, das war ich.“

„Und Sie haben es an die Boulevardpresse verkauft?“

Natürlich. Er versuchte nicht einmal, es abzustreiten. Schließlich war er Fotograf. Und das hieß, dass er seine Bilder verkaufte. „Ja, Euer Ehren.“

„Obwohl Sie wussten, dass gegen Sie eine gerichtliche Verfügung besteht, die es Ihnen verbietet, sich Julia Darden zu nähern?“

„Ich befand mich außerhalb der gerichtlich angeordneten Entfernung, Euer Ehren.“

„Ein einfaches Ja oder Nein genügt.“

Jimmy seufzte. „Ja, ich wusste, dass es eine solche Verfügung gab.“

„Und es war nicht die erste Verfügung, die Miss Darden gegen Sie erwirkt hat?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Würden Sie wollen, dass jemand solche Aufnahmen von Ihnen macht?“

Jimmy würde sich glücklich schätzen, eingehüllt in ein Laken in den Armen einer so umwerfend attraktiven Frau wie Julia Darden zu liegen. „Ich hätte nichts dagegen.“

„Wie viele gerichtliche Verfügungen wurden bereits von Miss Darden gegen Sie erwirkt?“

Er war sich nicht sicher, und darum sah er Ches an, als er antwortete. „Sechs oder sieben. Die meisten, seit sie vor sechs Monaten ihre bevorstehende Hochzeit ankündigte.“

„Es waren elf“, korrigierte ihn die Richterin und richtete wieder den Blick auf seine Akte.

Jimmys Verärgerung wuchs. Ches hatte gesagt, er habe nichts wirklich Ungesetzliches getan, und da in zwei Wochen, am ersten April, Julia Dardens Hochzeit stattfand, konnte Jimmy sich nicht erlauben, während dieses wichtigen Ereignisses hinter schwedischen Gardinen zu sitzen. Mit einem einzigen Foto von Julias und Lorenzos Kuss vor dem Altar würde er das Lokal im Village kaufen können, auf das er schon seit geraumer Zeit ein Auge geworfen hatte. Außerdem hatte das Magazin Celebrity Weddings die Exklusivrechte für die Berichterstattung über die Darden-Hochzeit, was bedeutete, dass die Teilnahme daran für Jimmy exakt die Art von Herausforderung darstellte, für die er lebte.

Der bloße Gedanke an die Hochzeit entlockte ihm ein Lächeln. Dass Julia Darden ausgerechnet den ersten April für ihre Hochzeit gewählt hatte, bewies Humor. Aber sie war nicht nur humorvoll, sondern auch sehr schön, mit glattem braunem Haar, braunen Augen und einem wundervollen Lächeln. Doch sie war mehr als nur im landläufigen Sinne schön. Sie hatte etwas, das Jimmy wiederholt auf seinen Fotos eingefangen hatte, nämlich die Ausstrahlung eines Menschen, der sich während der siebenundzwanzig Jahre seines Lebens immer nur geliebt gefühlt hatte. Sollte diese Frau je ein Leid erfahren haben, so schien es vollkommen an ihr abgeprallt zu sein, was mit einer der Gründe war, warum sie eins von Jimmys liebsten Motiven war und der Liebling der gesamten amerikanischen Boulevardpresse.

Ihr Vater, der weißhaarige Witwer Sparky Darden, war ein ziemliches Original. Der Siebenundsechzigjährige lebte nach einer erfolgreichen Krebsbehandlung in einer Art Vorruhestand auf seinem Anwesen in Long Island, auf dem auch Julias Hochzeit stattfinden würde. Er hatte sein Leben damit verbracht, das Hotelimperium der Familie aufzubauen, aber mindestens auch ebenso viel Zeit damit, seine Tochter abgöttisch zu lieben und ihr das Leben einer Märchenprinzessin zu bieten. Und genau das war es, was Julia Darden ausstrahlte und was sie trotz ihrer Kamerascheu zum Liebling des ganzen Landes gemacht hatte. Und ihr Bräutigam, ein berühmter Sportler, war auch nicht gerade hässlich.

Aber es waren Julias Fotos, die bei der Boulevardpresse den höchsten Preis erzielten. Da sie stets versuchte, Publicity zu vermeiden, verstand Jimmy nicht recht, wie Emma Goldstein von Celebrity Weddings es geschafft hatte, sich die Exklusivrechte an der Hochzeit zu sichern. Es war ohnehin schon kaum zu glauben, dass Julia überhaupt jemanden mit einer Kamera zu ihrer Hochzeit zuließ, geschweige denn jemanden von einem bekannten Promi-Magazin, und daher war Jimmy mehr denn je entschlossen, sich trotz der gerichtlichen Verfügung Zugang zu der Hochzeit zu verschaffen.

Das Ganze hatte im vergangenen Oktober angefangen, als die Hochzeit angekündigt worden war. Seither war es ihm gelungen, Celebrity Weddings mit der Veröffentlichung von Schnappschüssen der Hochzeitsvorbereitungen auszustechen, wodurch er mit den Bennings in Kontakt gekommen war, ohne dass diese das ahnten. Einer früheren Verbindung mit einem gewissen Joe Benning wegen hatte Julia Dardens Vater Joes Tochter als Julias Hochzeitsplanerin engagiert. Und Edie Benning hatte sich vor zwei Monaten auf Drängen von Celebrity Weddings dazu bereit erklärt, an einer Reality Show namens Rate the Dates im Fernsehen teilzunehmen, in der es um Partnersuche ging.

Jimmy hatte sich einen Bart und den Namen Vinny Marcel zugelegt, seine Kleider ausgestopft, um untersetzt zu erscheinen, und sich als Videofilmer bei Rate the Dates beworben. Und während er Aufnahmen von Edie Benning und ihrem Show-Partner machte und gehofft hatte, dadurch an Julia Darden heranzukommen, war er noch einem sehr viel größeren Knüller auf die Spur gekommen, als er erwartet hatte. Denn wie sich herausstellte, war die Frau in der Reality Show gar nicht Edie Benning, sondern ihre Zwillingsschwester Marley, und falls er nicht zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, musste Jimmy sich nun eine neue Strategie ausdenken, um an Edie Benning heranzukommen.

Was ihm aber absolut nichts ausmachte. Als er die eineiigen Zwillinge das erste Mal zusammen sah, hatte er sofort gewusst, wer Edie und wer Marley war. Denn obwohl sie sich zum Verwechseln ähnelten, waren sie vom Charakter her sehr unterschiedlich. Beide waren etwa einen Meter siebenundsechzig groß, hatten glattes blondes Haar und Augen, die so blau waren wie ein strahlend schöner Frühlingshimmel.

Aber es war Edie, nicht Marley, von der er sich magnetisch angezogen gefühlt hatte. Es war etwas durch und durch Animalisches, Ursprüngliches, was er ihr gegenüber empfand. Er wollte sie weder kennenlernen noch mit ihr ausgehen, sie weder mit seihen Auszeichnungen noch mit seinem Können beeindrucken, ja, nicht einmal ihre Augen vor Freude aufleuchten sehen. Nein, er war aus Träumen von ihr erwacht und hatte sich vorgestellt, mit ihr zu schlafen – sie auszuziehen, ihr die Strümpfe und den Rock auszuziehen und ihr ihre eleganten Blusen aufzuknöpfen, die sie immer trug. Er stellte sich vor, wie er die Seide von ihren Schultern streifte und den weißen BH darunter freilegte, dessen zarte Spitze kaum die kleinen rosafarbenen Knospen zu verbergen vermochte …

Richterin Little starrte ihn an und machte ein Gesicht, als täte sie es schon eine ganze Weile. „Haben Sie auch nur ein einziges Wort von dem gehört, was ich gesagt habe, Mr. Delaney?“

Angesichts ihres prüfenden Blicks hielt Jimmy es für besser, nicht zu lügen. „Nein. Entschuldigen Sie bitte.“

„Langweilt Sie die Verhandlung?“

Er schüttelte den Kopf.

Richterin Little seufzte. „Allein für Ihre Unaufmerksamkeit sollte ich Sie nach Riker’s Island schicken.“

Riker’s Island? Ches hatte gemeint, falls Jimmy eine Gefängnisstrafe erhielte, werde er sie bestimmt an irgendeinem bequemen Ort für Wirtschaftskriminelle absitzen. Und plötzlich spürte er Ches’ Hand auf seinem Unterarm, als befürchtete sein Freund, er könne plötzlich aufspringen und die Flucht ergreifen.

Richterin Little sah Jimmy wieder an. „Wie ich sehe, haben Sie Kunst studiert, bevor Sie mit Ihrer derzeitigen Beschäftigung begannen.“

„Ich war Kunstfotograf, das stimmt.“

„Und jetzt sind Sie ganz schön kaltblütig, nicht wahr? Sie verkleiden sich, was es schwierig macht, Sie in flagranti zu ertappen, während Sie in fremde Fenster spähen und dergleichen.“

„So würde ich das nicht sagen“, meinte er. „Aber ich verspreche, mich an die gerichtlichen Auflagen zu halten, Euer Ehren.“ Im Grunde hatte er das bereits getan, und das wusste sie auch, aber der Sicherheitsdienst der Dardens und ihre Anwälte machten immer mehr Druck, je näher der Tag der Hochzeit rückte, weil sie wohl hofften, Jimmy dadurch von Julia fernzuhalten. Doch er dachte, dass es trotz allem einen Weg geben musste, auf das Anwesen der Dardens zu gelangen.

Das Pochen des Hammers brachte Jimmys Aufmerksamkeit zur Richterin zurück. „Alles in allem, Mr. Delaney, denke ich, dass Sie die gemeinnützige Arbeit, zu der ich Sie verurteile, als gerecht empfinden werden“, sagte sie. „Selbstverständlich werden Sie sich an alle gegen Sie bestehenden gerichtlichen Verfügungen halten. In den nächsten sechs Wochen haben Sie sich jeden Samstag von neun Uhr morgens bis mittags im Little Red Schoolhouse Ecke Bleeker Street und Sixth Avenue einzufinden. Da werden Sie dann all meine Rabauken kennenlernen.“

Gemeinnützige Arbeit? Was meinte sie denn damit? Bilder von Kiefer Sutherland, den er einmal beim Müllaufsammeln auf dem L.A. Freeway fotografiert hatte, schossen Jimmy durch den Kopf. Dann registrierte er das andere Wort. „Rabauken?“

Richterin Little nickte. „Meine jugendlichen Straftäter. Glauben Sie, ich habe eine Menge davon. Heute Morgen hat mir ein Beamter gerade erzählt, sein Raum für Beweisstücke sei dermaßen mit Kameras vollgestopft, die nicht zurückgegeben werden können, dass er vergeblich nach Drogengeld gesucht hat, das vor drei Monaten beschlagnahmt wurde. Ich denke, wir können gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen.“

„Drei Fliegen?“, murmelte Ches.

Sie nickte. „Wir helfen dem Beamten, den Kindern und Mr. Delaney.“

„Jugendliche Straftäter?“ Jimmy war ein Einzelkind gewesen, und die einzigen Kinder, mit denen er neuerdings zu tun hatte, waren Ches’ und Elsas Söhne, und sie waren bisher nicht einmal alt genug, ihn Onkel Jimmy zu nennen. „Es tut mir leid, Euer Ehren, aber ich bin kein Lehrer …“

Ein Stoß in die Rippen raubte ihm fast den Atem. Richterin Little, die es offenbar bemerkt hatte, lächelte. „Ich sehe, Ihr Verteidiger hat verstanden.“

Sekunden später flackerten Blitzlichter auf, und Jimmy sah, dass seine Freunde nach vom gekommen waren, um ihn zu fotografieren, während er mit verdutzter Miene dastand. Er sah das Foto bereits in der New York Post oder in den Daily News erscheinen mit dem Text „Von Julia zu jugendlichen Straftätern“. War diesen Typen denn nicht klar, dass durch den Verkauf eines solchen Fotos sein Gesicht bekannt werden würde? Die Leute würden ihn sehr viel leichter erkennen, was wiederum seine Arbeit sehr viel schwieriger machen würde.

„Wer braucht noch Feinde bei solchen Freunden?“, murmelte er.

Und dann rettete Richterin Little zum Glück doch noch die Situation, indem sie dem Gerichtsdiener befahl, alle Kameras zu beschlagnahmen.

„Eure Aufgabe in dieser Woche wird es sein, zwei Filme abzuknipsen, und nächste Woche lernen wir dann, sie in der Dunkelkammer zu entwickeln. Noch irgendwelche Fragen zur Bedienung eurer Kameras?“

Die fünfzehn Kids im Alter zwischen zehn und fünfzehn Jahren verneinten, und die elfjährige Melissa Jones glühte förmlich vor Begeisterung. Sie liebte Boulevardzeitungen und Shows wie Entertainment Tonight, sodass sie Jimmy Delaneys Arbeit also bereits kannte und ein großer Fan von ihm war. Was sie jedoch nicht erwartet hatte, war, dass er so ein gut aussehender Typ war. Er war einfach supersexy. Und supercool.

Wieder hob sie die Hand, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. „Dürfen wir die Kamera heute mit nach Hause nehmen, Mr. Delaney?“

„Ja. Ihr sollt doch diese Woche Fotos machen, nicht? Aber geht vorsichtig mit den Kameras um. Sie sind Eigentum des Staats.“

„Oh Mann!“, bemerkte ein Junge zu einem seiner Freunde. „Das heißt, wir können sie nicht auf der Canal Street verscheuern.“

„Richtig“, bekräftigte Jimmy. „Aber Chinatown wäre ein prima Ort, um Aufnahmen zu machen.“ Dann schrieb er eine Nummer auf die Tafel und ging von einem Tisch zum anderen, um die Kameras ein letztes Mal zu überprüfen. „Das ist meine Telefonnummer dort auf der Tafel. Ruft mich an, falls ihr noch Fragen habt.“

Seine Telefonnummer! Melissa schrieb sie rasch in ihr rosa Notizbuch und spürte, wie ihre Hände immer feuchter wurden, je näher Jimmy ihr kam. Rasch wischte sie ihre Hände an ihrer Jeans ab und strich sich das dunkle Haar aus dem Gesicht.

Jimmy hatte sehr kurzes schwarzes Haar, ein eckiges Kinn, glänzende dunkle Augen und ein kleines, winziges Muttermal am Mund.

Supersexy, dachte Melissa wieder. Wenn sie gewusst hätte, dass kriminell zu sein, ihr helfen würde, Jimmy Delaney kennenzulernen, hätte sie schon viel früher mit Ladendiebstählen begonnen und mit den Kreditkarten ihrer Mutter in Versandhauskatalogen eingekauft. Ein leiser Kummer beschlich sie, als sie an ihre jüngste Verhaftung bei Bloomingdale’s dachte. Ihre Eltern waren schrecklich enttäuscht gewesen.

Aber was konnte Melissa schon dafür, wenn sie sich langweilte und ihre Eltern ständig wütend auf sie waren?

„Du hast doch immer alles bekommen!“, hatte ihre Mutter schluchzend ausgerufen, als sie auf dem Überwachungsband gesehen hatte, wie ihre Tochter ein Paar Herrenhandschuhe stahl. Melissas Vater, der noch sehr viel aufgebrachter gewesen war, hatte sie zunächst einmal mit unbegrenztem Hausarrest bestraft. Beide Eltern hatten gesagt, Melissa sei ausgesprochen egoistisch, aber sie verstand nicht, wie sie darauf kamen. Schließlich hatte sie Jack Stevens, dem Obdachlosen, der unter der Feuerleiter ihrer Wohnung schlief, immer Geld gegeben. Und die Handschuhe waren auch für ihn bestimmt gewesen.

Da er der erste Obdachlose war, mit dem Melissa je gesprochen hatte, war sie sehr überrascht gewesen und hatte ihre Meinung über Obdachlose geändert. Jack hatte früher ein richtig schönes Apartment in der Innenstadt gehabt. Aber nachdem er seinen Job verloren hatte, war er von seiner Frau verlassen worden, und dies in einem denkbar ungünstigen Augenblick, da sich herausstellte, dass sein Sohn eine Operation benötigte und er nicht mehr versichert war. Die Behandlungskosten hatten Jack in den Ruin getrieben. Seinem Sohn ging es nun besser, aber er lebte bei Jacks Frau, und Jack vermisste beide so sehr, dass er zu trinken begonnen hatte, was alles nur noch schlimmer machte. Und nun glaubte Jack, er könne dies alles wieder in Ordnung bringen, indem er eine Entziehungskur machte. Aber eine solche Behandlung würde mehrere Tausend Dollar kosten.

Na also, dachte Melissa wütend. Sie wusste genauestens Bescheid über Jacks Leben! Bewies das nicht, dass sie alles andere als egoistisch war? Und sie besaß auch Einfühlungsvermögen. Sie verstand Jacks finanzielle Notlage. Und auch wenn ihre Mutter sagte, sie habe immer alles bekommen, war das eigentlich gar nicht wahr. Melissa wünschte sich nämlich ein Pferd, seit über einem Jahr schon, seit sie den Film „Black Beauty“ gesehen hatte, und als sie den Wunsch geäußert hatte, hatte ihr Vater gesagt: „Vielleicht.“ Später hatte er ihr dann erklärt, es sei nicht nur der Kauf des Pferdes, der Geld erforderte, das Tier müsse auch irgendwo untergebracht werden, denn schließlich lebten sie ja in New York. Als Melissa daraufhin vorgeschlagen hatte, nach Wyoming zu ziehen, hatte ihr Vater sie nur ausgelacht.

Nun, ich werde es ihm schon zeigen, dachte sie, als sie ihre Kamera öffnete und den Film einlegte, so, wie Jimmy es ihnen gezeigt hatte. Eine Lücke zu füllen, war der Schlüssel zum geschäftlichen Erfolg. Das hatte ihr Vater tausend Mal gesagt. Und nun, wo Jimmy Delaney sich aus dem Geschäft mit Promi-Fotos zurückgezogen hatte, gab es eine Lücke zu füllen. Da Melissas Vater Spieler bei der National Football League gewesen war, bevor er Sportreporter bei einem Fernsehsender wurde, kam Melissa in praktisch jedes Fernsehstudio.

Und wer konnte leichter Berühmtheiten fotografieren als ein Kind? Erwachsene bemerkten Kinder nie. Melissa konnte es fast nicht glauben, dass sie nicht schon früher auf die Idee gekommen war. Wenn sie wollte, konnte sie sogar Fotos in den Damenumkleideräumen schießen. Wenn alles so lief wie geplant, konnte sie die Aufnahmen verkaufen und genügend Geld verdienen, um sich ein Pferd zu leisten.

Im Grunde brauchte sie jetzt nur noch Jack Stevens zu überreden, ihr dabei zu helfen, ihre Fotos zu verkaufen. Sie brauchte einen Erwachsenen, um ein Bankkonto zu eröffnen und dergleichen. Sie konnte den schwarzen Hengst, den sie sich kaufen würde, schon beinahe vor sich sehen …

2. KAPITEL

„Warum gehen wir nicht wieder in den Laden?“, schlug Edie Benning vor, während sie nervös zwischen einer dunkelhaarigen Frau namens Stacy LaPaglia und deren zukünftigem Ehemann, Reggie Hammer, hin- und herblickte. Abgesehen von der Darden-Hochzeit, war das Geschäft eher flau, sodass Edie es sich nicht leisten konnte, auch nur einen Kunden zu verlieren. Sie bemühte sich, diplomatisch zu sein und die Wünsche des Paares zu erfüllen, aber sie konnte Stacy und Reggie unmöglich im Konferenzraum bleiben lassen, wo die mit der Darden-Hochzeit verbundenen Notizen, Entwürfe und Listen lagen.

„Unser größtes Bestreben bei Big Apple Brides“, versuchte Edie sie zu überzeugen, „ist, jede Hochzeit absolut individuell zu gestalten. Ich möchte mich ganz auf Sie und Reggie konzentrieren und auf Ihre Wünsche eingehen.“

Aber Stacy trat nur noch näher an den Konferenztisch, wo sie eine Zeichnung von Julias Brautkleid aufhob, das Edies Mutter entworfen hatte. „Ist dies das Kleid, das Julia Darden bei ihrer Hochzeit tragen wird?“

„Äh … ja“, stammelte Edie. „Aber wie Sie und Reggie sicherlich verstehen werden, möchten wir Miss Dardens und Mr. Santinis Pläne möglichst geheim halten.“

„Aber über die meisten Hochzeitsvorbereitungen wurde doch sowieso schon in Celebrity Weddings berichtet“, wandte Stacy ein. „Was ja schließlich auch der Grund ist, warum Reggie und ich zu Ihnen gekommen sind.“

„Danke, aber …“ Vage deutete Edie wieder auf die Tür und hoffte, die beiden würden den Wink verstehen, ohne dass sie noch deutlicher werden musste. Es stimmte zwar, was Stacy sagte, aber es lagen auch noch andere Unterlagen auf dem Tisch, die Angelegenheiten wie die Sicherheitsmaßnahmen für die Darden-Hochzeit betrafen. „Da Ihnen Julias Kleid gefällt“, versuchte Edie es noch einmal, „weiß ich jetzt in etwa, was Sie wünschen, und kann Ihnen noch einige andere Entwürfe zeigen. Im Laden habe ich Fotografien, die Sie sich bestimmt gern an …“

Edie erschrak plötzlich und verstummte, als sie durch die geöffnete Tür zum Schaufenster ihres Unternehmens blickte. Da ist niemand, sagte sie sich, und trotzdem spürte sie zum x-ten Mal an diesem Morgen, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Sie hätte schwören können, dass gerade jemand dort am Fenster gestanden und in ihr Geschäft gestarrt hatte. Und obwohl sie tief durchatmete, gelang es ihr nicht, sich zu beruhigen. Sie war in höchster Alarmbereitschaft. Sollte sie die Polizei anrufen?

Seit im Oktober Julia Dardens Hochzeit angekündigt worden war, wurde die Hotelerbin von irgendjemandem bedroht. Pete Shriver, der Sicherheitschef der Dardens, hatte Edie bei einem Meeting einige der gemeinen Drohbriefe gezeigt. Eine Zeit lang hatte er sogar Edies Geschäft von einem seiner Männer überwachen lassen, bis sie ihm erklärt hatte, dass das nicht nötig war. Rund um die Uhr beobachtet zu werden, hatte Edie nur nervös gemacht. Im Übrigen galten die Drohungen ja nicht ihr, sondern Julia Darden.

Es wird schon alles klappen, sagte Edie sich. Dennoch wurde sie ein ungutes Gefühl nicht los. Vor ein paar Wochen hatte ein unbekannter Eindringling auf dem Anwesen der Dardens Schüsse abgefeuert, während Julia und Marley, Edies Schwester, gerade im Wald gejoggt hatten. Pete Shrivers Ansicht nach war der Zwischenfall vermutlich nur ein Einschüchterungsversuch. „Wenn jemand einen Menschen umbringen will, gelingt ihm das gewöhnlich auch. Aber dieser Kerl schickt nur Briefe und schießt Kugeln ab, die nie ein menschliches Ziel zu finden scheinen“, hatte Pete gemeint und hinzugefügt, die in den Bäumen gefundenen Kugeln ließen darauf schließen, dass der Eindringling so hoch gezielt hatte, dass er eigentlich gar nicht beabsichtigt haben konnte, jemanden zu treffen.

Edie bemerkte eine Bewegung am Fenster. Oh, da war wieder jemand! Ihr Herz begann von Neuem wild zu pochen. Sie erkannte den Mann, der gerade am Schaufenster vorbeiging. Sie hatte ihn schon mehrmals heute Morgen gesehen. Gefährlich sah er allerdings nicht aus. Eigentlich sogar mehr wie die Ehrbarkeit in Person in seinem dunkelgrauen Wollmantel, den er offen über einem etwas helleren grauen Anzug trug. Sein Haar war kurz geschnitten. Nun ging er wieder am Schaufenster vorbei, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er eintreten sollte oder nicht.

Ein Kunde? Ja, dachte sie in jäher Erleichterung. Das musste es sein. Edie brauchte so verzweifelt Kunden, dass ihr fast die Tränen kamen. Und da ein Geschäft wie Big Apple Brides ihr lebenslanger Traum gewesen war, wollte sie natürlich auch, dass es florierte. Falls der Mann nicht zurückkam, würde sie Pete Shriver anrufen, um sich zu erkundigen, ob er einen Wachmann vor ihrem Geschäft postiert hatte, ohne es ihr vorher mitzuteilen.

Was für ein Tag! Nein, es geht schon seit Monaten so, berichtigte sie sich in Gedanken. Seit sie mit der Planung der Darden-Hochzeit beauftragt worden war, war ihr Leben immer mehr außer Kontrolle geraten. Die jüngste Katastrophe war, dass ihre Assistentin sie von heute auf morgen im Stich gelassen hatte. Das an sich war ärgerlich genug, aber Cheryls Kündigungsgrund machte alles nur noch schlimmer. Sie war mit einem Mann durchgebrannt, den sie bei Big Apple Brides kennengelernt hatte. Er war mit seiner Verlobten zu Edie gekommen, um ihre Hochzeit zu planen. Und nun machte Cheryl Urlaub mit ihm auf St. Martin.

Es ist doch nicht zu fassen! fluchte Edie innerlich. Unter den Stapeln von Bewerbungen, die ihr von einer Vermittlungsagentur zugefaxt worden waren, war kein einziger brauchbarer Ersatz gewesen. Außerdem konnte sie sowieso nicht genug bezahlen, um die Art von Assistentin, die sie brauchte, für den Job zu interessieren.

Der Mann draußen war verschwunden, und darum richtete Edie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Stacy, die soeben sagte: „Oh, sieh mal, Reggie, hier ist die Liste der Songs, die auf Julias Hochzeit gespielt werden. Weißt du, ihr Kleid gefällt mir wirklich sehr. Ich glaube, ich möchte genau das gleiche haben. Was meinst du, Schatz?“

„Bitte“, sagte Edie. „Wir können wirklich nicht im Konferenzraum bleiben.“

„Aber wir wollen Sie engagieren, weil Sie die Darden-Hochzeit ausrichten“, beharrte Stacy.

„Natürlich“, stimmte Edie, froh über die neuen Kunden, zu. „Ich möchte Ihnen ja nur helfen, indem ich Ihnen verschiedene Möglichkeiten für die Gestaltung Ihrer Hochzeit zeige. Wenn wir jetzt also bitte gehen könnten?“

Als Stacy die Zeichnung von Julias Kleid zurücklegte, hörte Edie plötzlich eine Männerstimme hinter ihr. „Das Kleid ist wirklich ganz bezaubernd.“

Edie drehte sich um, und als sie den Mann sah, der in der Tür stand, war ihr, als geriete ihre ganze Welt von Neuem aus dem Gleichgewicht. Es war der Mann, der draußen vor dem Schaufenster herumgelungert hatte. Er schlenderte an Edie vorbei und ging mit einem derart selbstbewussten Auftreten auf Stacy zu, als sei er der Eigentümer des Geschäfts. Edie fragte sich, was er hier wollte. War er ein Bekannter von Stacy und Reggie? Hatte er auf die beiden gewartet? Aus der Nähe betrachtet, sah er sogar noch besser aus. Er war mittelgroß, schlank, hatte braunes Haar und braune Augen und ein winziges Muttermal an seinem Mund. Nichts Besonderes, aber alles in allem doch sehr anziehend. Wie der Hauch von Eau de Cologne, den er zurückließ.

Edie machte große Augen, als sie ihn aus einem mit Seide gefütterten Mantel schlüpfen sah, unter dem er einen superschicken Anzug trug. Er klopfte Reggie auf die Schulter, dann streckte er ihm die Hand entgegen und wechselte einen schnellen, festen Händedruck mit ihm. „Seth Bishop ist mein Name.“

Was nur bedeuten konnte, dass er Stacy und Reggie doch nicht kannte.

Trotzdem schob er seine Hand unter Stacys Ellbogen, als wären sie schon seit Jahren Freunde, und begann sie geschickt aus dem Konferenzzimmer zu steuern. Die Frau schien vollkommen fasziniert von seinem charmanten Lächeln. Als er an Edie vorbeikam, zwinkerte er ihr zu, und während sie ihn immer noch verdutzt anstarrte, nutzte er ihre Verblüffung aus, um ihr seinen Mantel über den Arm zu legen.

„Danke“, brachte sie gerade noch hervor.

„Nein, ich danke Ihnen“, erwiderte er und führte Stacy in den Laden. Als Edie und Reggie ihnen folgten, sagte Seth Bishop: „Dieses Kleid ist fabelhaft, aber Julia Darden ist eine dieser großen, mageren, gertenschlanken Frauen …“

Stacy, die Sekunden zuvor noch wie verzaubert gewirkt hatte, drehte sich nun stirnrunzelnd zu Edie um. „Wollen Sie damit etwa sagen, ich sei nicht …“

„Dürr?“ Er lachte. „Absolut nicht.“ Er wandte sich halb zu Reggie um und zwinkerte ihm zu. „Julia ist schön, ja. Aber eher so wie ein Supermodel. Sie hat eine Figur, die man etwas fülliger erscheinen lassen muss, was ja auch der Grund ist, warum Miss Benning ihr zu dem Kleid im Empirestil riet, das Sie gerade so bewundert haben. Sie hingegen haben andere …“, er unterbrach sich kurz, als suchte er nach einem Wort, „… Vorzüge. Und deshalb, glaube ich, möchte Miss Benning Ihnen Kleider zeigen, die Julia Darden niemals tragen könnte. Kleider, die Ihre Figur zur Geltung bringen und …“

„Sie meinen, ich habe eine bessere Figur als Julia Darden?“, fragte Stacy.

„Nun ja“, erwiderte Seth Bishop, „wir vergleichen unsere Kundinnen nicht gern.“

Der Mann benahm sich ja, als arbeitete er hier! Nicht sicher, ob sie wütend oder froh sein sollte, beschloss Edie, in ihrem eigenen Interesse einfach seinen Mantel aufzuhängen und die Mappen mit den Kleiderentwürfen zu holen. Die nächste Stunde verging wie im Flug. Seth Bishop, wer immer er auch sein mochte, hatte sehr ausgefeilte Verkaufsmethoden. Er appellierte an die Eitelkeit des Paares, aber seine Methoden spielten keine Rolle, denn nach einer Stunde waren Stacy und Reggie schon eifrig damit beschäftigt, eine Hochzeit in eigenem Stil zu planen, statt Julia Dardens nachzuahmen.

Edie und der Fremde hatten wunderbar zusammengearbeitet. Nachdem er mit Stacy und Reggie einen weiteren Termin vereinbart hatte, begleitete er das Paar zur Tür, und als er sie wieder schloss und sich zu Edie umdrehte, lachte sie.

„Soll ich jetzt beeindruckt sein oder eher Angst bekommen?“

Seth Bishop hob eine dunkle Augenbraue und schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Angst? Vor mir?“

Edie lehnte sich an einen Schreibtisch, verschränkte ihre Arme vor der Brust und betrachtete ihn lange. Sie konnte einfach nicht aufhören zu lächeln, und war froh, dass sie heute Morgen früher aufgestanden war, um ihr schulterlanges blondes Haar zu föhnen. Sie trug auch eins ihrer raffiniertesten Kostüme, mit einem engen Rock und einer kurzen taillierten Jacke. Sie nickte. „Ja, Angst. Und im Grunde müsste ich auch verärgert sein.“

Er lachte und runzelte die Stirn, als wüsste er nicht, was sie meinte. „Meinetwegen?“

„Ich versuchte schon seit zehn Minuten, Stacy aus dem Konferenzzimmer zu scheuchen, als Sie kamen.“

„Stimmt. Ich stand schließlich draußen und sah zu. Aber zu Ihrer Verteidigung muss ich sagen, dass sie wirklich eine harte Nuss ist. Es erschien mir besser, es mit männlichem Charme zu versuchen.“

„Mit männlichem Charme“, wiederholte Edie und nickte.

„Meine Spezialität.“

Nach dem, was sie gesehen hatte, konnte sie ihm nicht einmal widersprechen. „Und Sie sind …?“

Sein Lächeln war das entwaffnendste, das sie je gesehen hatte. „Außer charmant?“

„Ihr Charme hat mein Interesse geweckt. Nun möchte ich mehr über Sie erfahren.“ Edie schwieg einen Moment. „Ich sah Sie draußen und dachte, Sie kämen vielleicht wegen eines Kostenvoranschlags.“

Er schien verwirrt. „Wegen eines Kostenvoranschlags?“

Sie nickte. „Für eine Hochzeit.“

Eine kurze Pause folgte, in deren Verlauf sich seine dunklen Augen weiteten, und dann begann er plötzlich laut zu lachen. „Sie dachten, ich wollte heiraten?“

Edie wollte ihre Motive gewiss nicht näher untersuchen, aber die Wahrheit war, dass sie sich noch nie so schnell zu einem Mann so hingezogen gefühlt hatte wie zu Seth Bishop. Ein Blick auf ihn, und sie hatte begonnen, sich zu fragen, wie er wohl ausgezogen aussehen würde. Denn was Sex anging, hatte sie eine ziemliche Durststrecke hinter sich. Der letzte Mann, mit dem sie ausgegangen war, war bei ihrer Schwester gelandet, daher konnte sie ein bisschen Entschädigung in Form eines attraktiven Bettgefährten brauchen. Sie überlegte kurz.

„Heiraten“, wiederholte sie. „Ist das eine so seltsame Idee?“

„Ja“, erwiderte er prompt, als hätte er nie etwas Absurderes gehört. „Vor allem, weil ich nicht einmal eine Freundin habe.“ Edie versuchte, nicht zu überreagieren, aber ihr Herz schlug schneller. „Weshalb sind Sie denn dann hier?“

Wieder schien er überrascht, dann blinzelte er, als käme er wieder zu sich, griff in seine Anzugtasche und zog ein gefaltetes Papier hervor, das er ihr reichte. „Entschuldigung. Ich dachte, die Agentur hätte mich schon angekündigt.“

„Oh“, sagte Edie, als sie etwas las, was sich als sein Lebenslauf herausstellte, und traute ihren Augen nicht. „Sie bewerben sich um die Assistentenstelle?“

„Ich schätze, wir hatten bereits ein praxisorientiertes Vorstellungsgespräch.“

Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Seth Bishop kam aus Ohio und hatte nach einem abgeschlossenen Kunststudium bei zwei sehr angesehenen Firmen als Art-Director gearbeitet. Er hatte auch Erfahrung im Bereich Verkauf, was angesichts seines Umgangs mit Stacy und Reggie ohnehin offensichtlich war.

„Ich will nicht lügen“, sagte er rasch. „Ich habe meinen letzten Job infolge einer Firmenumstrukturierung verloren und eine gute Abfindung erhalten. Und darum strebe ich jetzt eine etwas anspruchsvollere, mehr meiner Ausbildung entsprechende, Position an.“

„Und da interessieren Sie sich für die Stelle bei Big Apple Brides?“

„Nun ja, ich möchte auf einen echten Traumjob warten, der sicherlich nicht über Nacht erscheint. Und um nicht aus der Übung zu kommen, während ich nach meinem Traumjob Ausschau halte, dachte ich, es könnte nicht schaden, etwas Leichteres zu tun. Die Agentur war der Meinung, einige meiner Fähigkeiten könnten von Interesse für Sie sein.“

Es war fast zu schön, um wahr zu sein. Dennoch sagte Edie: „Ich weiß, dass die Agentur Ihre Referenzen schon geprüft hat, aber ich muss es leider noch mal tun.“

„Selbstverständlich.“

„Und wenn Sie immer so arbeiten wie in dieser letzten Stunde, müssten wir eigentlich prima miteinander auskommen“, erklärte sie.

„Dann prüfen Sie doch meine Referenzen, und rufen Sie mich an. Ich kann jederzeit beginnen.“

„Einverstanden.“ Edie reichte ihm die Hand und war absolut nicht überrascht über die Hitze, die sie schon bei dieser flüchtigen Berührung durchflutete. Und ihr letzter Gedanke, als er das Geschäft verließ, war, dass sie niemals mit ihm würde arbeiten können, ohne ihn mit nach oben zu nehmen – in ihr Apartment und ihr Bett.

„Stacy hatte recht“, sagte Seth einige Tage später, als er Edie half, die verschiedenen Entwürfe für Julias Brautkleid zu sortieren. „Es ist wirklich ein wunderbares Kleid.“

Edie beugte sich noch weiter zu ihm vor, verlockt vom Duft seines Eau de Colognes und seiner schier unwiderstehlichen Attraktivität. „Nun ja …“ Sie beschloss, eine Pause zu machen, und zog für sich einen Stuhl heran. „Eigentlich war es ja mein eigenes Traumkleid.“

Seth setzte sich neben sie. „Dein eigenes?“

Edie nickte. „Danke für alles“, sagte sie, anstatt seine Frage zu beantworten. Es war ihr dritter Arbeitstag zusammen, und Seth war in der Tat wie ein Geschenk des Himmels. Und auch unbeschreiblich sexy. Er hatte nichts getan, was sie von ihrem anfänglichen Wunsch, mit ihm ins Bett zu gehen, abgebracht hätte. „Du kannst jetzt übrigens gehen“, fügte sie hinzu. „Es ist schon kurz vor fünf. Ich muss noch auf den Briefträger warten.“

Seth machte aber keine Anstalten, sich zu erheben, sondern betrachtete sie nur lächelnd. „Du weichst mir aus.“

„Wieso?“

Er deutete auf eine Zeichnung. „Das Kleid …“

Edie zuckte mit den Schultern. „Tatsache ist, dass bei Julias Hochzeit viele Elemente ins Spiel kommen, von denen ich als Kind schon träumte. Dinge, die ich mir für meine eigene Hochzeit wünschte. Sogar die Musik. Dermott, der Verlobte meiner Schwester Bridget, erklärte sich nach einiger Überredung dazu bereit, einige Stücke zu arrangieren.“

Als spürte Seth, dass das Gespräch bedeutungsvoller wurde, stand er auf und ging zu einem Sideboard, um zwei Tassen Kaffee einzuschenken. In Edies gab er Zucker und Sahne, so wie sie ihn mochte. „Warum hast du dir die Ideen dann nicht für deine eigene Hochzeit aufgehoben?“

„Du meinst, abgesehen davon, dass ich keine Million Dollar habe, die ich dafür ausgeben kann?“

„Ja.“

„Und abgesehen davon, dass ich den Gedanken an eine Heirat fast schon aufgegeben habe?“

Er starrte sie an. „Das kannst du doch nicht ernst meinen.“ Sie überlegte kurz, aber dann lächelte sie ihn an und beschloss, ihm die ganze Geschichte zu erzählen. „Vielleicht sollte ich dir den wahren Grund nennen, warum ich dieses Geschäft eröffnet habe. Weißt du, Gerüchten zufolge soll eine Südstaatenschönheit namens Marissa Jennings während des Bürgerkrieges alle Benning-Frauen mit einem Fluch belegt haben, weil ihre eigene Liebe tragisch endete“, begann Edie und erzählte ihm all die alten Familiengeschichten über den Heiratsfluch in ihrer Familie, einschließlich der Tatsache, dass Joe Benning nicht ihr leiblicher Vater war, da ihre Mutter vorher mit einem Mann namens Jasper Hartley verheiratet gewesen war.

„Und du meinst, dieser alten Geschichte wegen wird keine Benning jemals heiraten?“

„So erzählt man es sich zumindest.“

„Das war aber nicht sehr nett von Miss Marissa“, bemerkte Seth, der sich sichtlich für die Geschichte zu erwärmen schien. Er beugte sich vor und kam Edie dabei so nahe, dass ihre Knie sich unter dem Tisch berührten. Und obwohl er sein Bein sofort zurückzog, durchflutete sie eine jähe Hitze.

„Allerdings nicht“, stimmte sie ihm zu. „Aber es gibt so viele Familiengeschichten über Marissas Geist, dass ich von klein an dachte, wenn ich Hochzeitsplanerin werde, könnte das …“

„… die Benning-Frauen vom Fluch befreien?“

Edie nippte an ihrem Kaffee und nickte. „Genau.“

„Und deine Schwestern Marley und Bridget sind beide schon verlobt, nicht wahr?“

„Siehst du.“ Edie lächelte. „Mein Plan hat funktioniert.“

„Touché.“

Ihr Lächeln verblasste, als sie merkte, dass er sie mit unverhohlenem Verlangen betrachtete. Für einen Moment fühlte sie sich vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht, obwohl sie die Empfindung teilte und sich mehr als nur einmal vorgestellt hatte, mit ihm ins Bett zu gehen. Was nicht sehr klug wäre angesichts der Tatsache, dass sie zusammen arbeiteten. Und dennoch, je besser sie ihn kennenlernte, desto mehr begehrte sie ihn.

Ihr wurde bewusst, dass sein Knie unter dem Tisch wieder ihres berührte. Sie räusperte sich und fand irgendwie ihre Stimme wieder. „Meine Schwestern sind verlobt, aber erst seit Kurzem“, sagte sie und schilderte ihm dann, wie sehr ihr Leben außer Kontrolle geraten war, seit Sparky Darden sie als Hochzeitsplanerin engagiert hatte. Sie erzählte ihm von der Reality Show Rate the Dates, an der sie auf Drängen von Celebrity Weddings teilgenommen hatte, mit einem Mann namens Cash Champagne, mit dem sie damals ausgegangen war. Und dass er sie nur benutzt hatte, um an Julia Darden heranzukommen, weil er Sparky Dardens unehelicher Sohn und Julias Halbbruder war, von dem beide bislang nichts gewusst hatten.

„Was für eine verrückte Geschichte“, meinte Seth.

„Aber nichts im Vergleich zu dem, was danach passierte“, versicherte ihm Edie und berichtete von der noch größeren Verwirrung, die entstanden war, als Marley, während sie versuchte, Edies Auftritt in der Reality Show abzusagen, selbst als Kandidatin in der Show gelandet war – was wiederum dazu geführt hatte, dass sie sich mit Cash Champagne verlobt hatte. Und wie Bridget dann beschlossen hatte, die Benning-Frauen vom Heiratsfluch zu erlösen, und ihren langjährigen guten Freund Dermott überredet hatte, mit ihr zu einer alten, ihrer Großmutter gehörenden Plantage in Florida zu fahren und dort mit ihr auf Geisterjagd zu gehen. „Laut Bridget befreite sie die Plantage von der herumspukenden Miss Marissa und konnte den Fluch von den Benning-Frauen abwenden, weshalb sie und Dermott sich dann schließlich auch verlobten.“

„Auch das ist eine beeindruckende Geschichte“, sagte Seth.

„Und deshalb weiß ich, dass ich bis nach der Darden-Hochzeit keine Abenteuer mehr zu erwarten habe“, schloss Edie leise lachend.

„Ich kann dir nicht ganz folgen. Wieso?“

„Ich hatte meinen Teil schon“, erwiderte sie.

Seth lächelte. „Du scheinst mir aber nicht verflucht zu sein.“

„Glaub mir, ich habe wenig Glück gehabt.“

„Du hast mich gefunden.“

„Stimmt. Aber erst, nachdem herauskam, dass Marley an meine Stelle getreten war.“ Sie schilderte ihm, wie der Videofilmer, ein gewisser Vinny Marcel, aufgedeckt hatte, dass Marley sich in der Show als ihre Zwillingsschwester ausgab. „Marley gewann, und ich bekam einen Teil des Geldes, das ich in mein Geschäft steckte. Dennoch war es keine besonders gute Publicity für mich. Ich habe vermutlich genauso viele Kunden verloren wie gewonnen. Und ich verlor auch noch ein paar weitere Paare, als Cheryl mit einem unserer Kunden durchbrannte.“

„Ich verspreche dir, mit keiner deiner Bräute zu verschwinden“, sagte Seth.

„Dafür wäre ich dir dankbar“, meinte Edie. „Ich weiß, wie schwer es für dich ist. Ich habe gesehen, wie du Stacy angeschaut hast.“

„Ich bitte dich!“

Sie lachte.

„Aber jetzt mal ohne Scherz. Hast du wirklich an deine eigene Traumhochzeit gedacht, als du Julia Dardens Hochzeit plantest?“

Edies Blick glitt über die Zeichnungen und Fotografien auf dem Tisch. „Sicher. Mit dieser Hochzeit kann ich mir einen Namen machen oder meinen Ruf zerstören, daher muss alles absolut vollkommen sein. Und wie die meisten kleinen Mädchen hatte ich schon immer sehr genaue Vorstellungen von einer perfekten Hochzeit.“

„Und du hast auch einen ausgezeichneten Geschmack.“

Edie betrachtete wieder das Kleid und seufzte. „Julia hatte leider wenig eigene Ideen. Meine Mutter half mir beim Entwurf des Kleids, und sie näht es auch.“

„Sie ist gut. Wenn jemand, den ich kenne, eine Schneiderin benötigt, werde ich sie empfehlen.“

„Sie würde sich freuen, das zu hören.“

„Und der Ring?“, fragte Seth.

„Das war Bridgets Entwurf. Hier sind die anderen.“ Edie schob Seth die Mappe mit den abgelehnten Entwürfen zu und ließ ihn darin blättern.

Plötzlich hielt er inne und sagte: „Der hier!“

Edie konnte nur den Kopf schütteln. Mindestens einmal in der Stunde fragte sie sich, ob sie nicht eine verwandte Seele gefunden hatte, denn obwohl sie es kaum zu glauben wagte, schienen ihr Geschmack und ihre Ansichten geradezu unglaublich übereinzustimmen. Sie betrachtete den sternförmigen Diamantring. „Das ist der Ring, den ich selbst gern hätte“, gab sie zu. „Und sieh mal …“ Sie nahm eine andere Zeichnung auf. „Die Blumen sind mit lavendelfarbenen Glasperlen verwoben. Lavendel ist meine und auch Julias Lieblingsfarbe, wie sich herausstellte. Mein Vater, der einen Partyservice betreibt, liefert das Essen und die Hochzeitstorte.“ Sie zeigte ihm ein weiteres Bild.

„Köstlich“, bemerkte Seth, als er die vierstöckige Hochzeitstorte sah.

„Julia wäre auch mit einer sehr viel schlichteren Hochzeit zufrieden gewesen“, sagte Edie. „Sie ist wahnsinnig verliebt und will einfach nur heiraten und eine Familie gründen.“

„Warum dann …“

„Dieser ganze Zirkus? Weil ihr Vater darauf bestand. Aber ich denke, wenn alles vorbei ist, werden Julia und Lorenzo froh sein über die Erinnerungen.“

Als Edie aufschaute, begegnete sie Seths Blick. Diesmal wandte er ihn nicht ab, und Edie war einfach nicht in der Lage, es zu tun. Ihre Lippen teilten sich, und sie atmete schneller. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass ihre Reaktion Seth Bishop nicht entgangen war. Vermutlich registrierte er auch den viel zu schnell pochenden Puls an ihrer Kehle. Oder spürte die abrupte Bewegung ihres Knies an seinem. Und wenngleich er nicht die Hitze in ihr fühlen konnte oder das süße Ziehen zwischen ihren Schenkeln, erriet er womöglich auch das.

„Was ist mit dir, Edie?“, murmelte er.

Irgendwie fragte sie sich, ob sie träumte. Gerade hatte sie noch mit ihrem Assistenten über Julias Hochzeit gesprochen, und im nächsten Augenblick … „Wie meinst du das?“

„Ich finde, du solltest nicht aufhören, dir eine mindestens genauso schöne Hochzeit zu wünschen.“

So wie er sie ansah, schien es fast, als machte er ihr einen Heiratsantrag. Das hätte sie im Grunde beunruhigen müssen, aber das tat es merkwürdigerweise nicht. Denn mit jeder Minute, die verstrich, kam er ihr immer mehr wie der perfekte Partner vor. Sie waren auf der gleichen Wellenlänge, hatten oft den gleichen Geschmack, die gleichen Ansichten – und sie hatte noch nie jemanden gekannt, mit dem sie so gut über ihre Arbeit sprechen konnte.

Es schien verrückt. Aber warum? Jede Frau musste irgendwann ihre wahre Liebe finden. Warum sollte dieser düstere, verschneite Abend nicht gerade der Zeitpunkt sein, wo es Edie passierte? Ihre Kehle war wie zugeschnürt, als sie sich vorbeugte und sich fragte, wie Seth wohl reagieren würde, wenn sie ihn jetzt einfach küsste. Oder ihn fragte, ob er mit ihr schlafen wolle. Es war ein Risiko, auf jeden Fall. Aber nicht zu wissen, wie es mit ihm sein würde, schien ihr ein nicht minder großes Wagnis. Der Gedanke entlockte ihr ein Lächeln.

Plötzlich sah sie den Briefträger an der Tür. „Oh, die Post und die Zeitungen. Das hatte ich ganz vergessen.“

Seth lehnte sich zurück und schien ebenso betroffen wie sie selbst über das, was fast ein Kuss geworden wäre, aber dann presste er die Lippen zusammen, als wolle er ein Grinsen unterdrücken, und seine Augen funkelten. „Gut“, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. „Denn in den letzten Minuten hatte ich mich schon gefragt, was wohl dort draußen in der Welt geschieht.“

Das war zweifelsohne das Allerletzte, woran er gedacht hatte. „Ich mich auch“, stimmte Edie ihm lachend zu. Sie stand auf und ging mit herausforderndem Hüftschwung zur Tür, um die Post zu holen.

„Na prima“, murmelte sie, als sie die Zeitungen auf die Theke legte und das Titelblatt der New York Post sah. Wenigstens ging es diesmal nicht um Julia Darden. Aber dies hier war sogar noch schlimmer. Lorenzo Santini splitternackt in einem Umkleideraum … und von der Natur anscheinend großzügig bedacht, nach der Größe des schwarzen Balkens zu urteilen, der seine Lendenpartie bedeckte. Er war in ein Gespräch mit einer Frau vertieft, die nicht seine Verlobte war, und die dazu gehörige Schlagzeile besagte: Darden-Hochzeit abgesagt?

„Ich kann es nicht glauben“, murmelte Edie, wurde dann aber augenblicklich wieder abgelenkt, als Seth hinter sie trat. Allein das Gefühl seiner Brust, die ihren Rücken streifte, und der Duft seines Eau de Cologne ließen sie die Darden-Hochzeit vollkommen vergessen, obwohl diese seit Monaten ihr einziger Gedanke gewesen war. Seth stand so dicht hinter ihr, dass sie schon fast in seinen Armen war, als sie sich zu ihm umdrehte. Die Atmosphäre war wie elektrisch aufgeladen.

„Ich habe dir doch von Vinny Marcel erzählt?“, fragte sie und drehte die New York Post so, dass Seth das Foto und die Schlagzeile sehen konnte. „Diesem Videofilmer von Rate the Dates, der aufdeckte, dass Marley sich in der Show in Wirklichkeit für mich ausgab?“

Seth nickte. „Ja.“

„Nun, ich erwähne Vinny nur, weil es nur einen Menschen gibt, den ich sogar noch mehr hasse als ihn. Und dieser Mensch macht mir das Leben zur Hölle.“

„Und wer soll das sein?“

„Ein gewisser Jimmy Delaney.“

Plötzlich schien sein sexy dunkler Blick so intensiv, dass Edie das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Seth beugte sich ein wenig vor, und für eine Sekunde war Edie sicher, dass er sie jetzt küssen würde. Aber dann sagte er nur rau: „Warum besprechen wir das nicht beim Abendessen? Ich bin ziemlich hungrig.“

Sie befeuchtete langsam ihre Lippen und schaute ihm in die großen braunen Augen. „Ich auch.“ Hungrig nach dir, fügte sie im Stillen hinzu und dachte, dass sie heute Abend vielleicht versuchen sollte, ihn ins Bett zu bekommen.

3. KAPITEL

„Ich verstehe schon, was du sagst“, meinte Seth, als sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite in einem kleinen chinesischen Restaurant einen Tisch gefunden hatten. „Aber nicht Jimmy Delaney, sondern ein gewisser Jack Stevens hat dieses Foto gemacht.“

Überrascht hielt Edie die Zeitung neben die Kerze auf dem Tisch, um die Zeile mit dem Namen des Verfassers sehen zu können. „Du hast recht“, sagte sie kopfschüttelnd. „Aber die meisten Fotos dieser Art sind von Jimmy Delaney“, murmelte sie. „Er ist ein Promi-Fotograf. Pete Shriver, der Sicherheitsbeauftragte der Dardens, hat schon eine gerichtliche Verfügung gegen ihn erwirkt. Aus irgendeinem Grund scheint Jimmy ungemein erpicht darauf, Fotos von Julia zu schießen.“

„Sie ist fotogen“, gab Seth zurück. „Und ich habe schon so viele Fotos von ihr gesehen – offenbar ist Delaney nicht der Einzige, der sie mit der Kamera jagt.“

„Stimmt. Aber Celebrity Weddings hat die Exklusivrechte an der Hochzeit, was die Vorbereitungen einschließt, und Jimmy tut alles nur Erdenkliche, um aufzutauchen, wo er nicht erwünscht ist.“

„Du sprichst von ihm als Jimmy“, bemerkte Seth. „Das klingt ja fast so, als würdest du ihn kennen.“

„Ich habe es mir so angewöhnt. Und nein, ich kenne ihn nicht persönlich. Wir haben Angst, dass er die Hochzeit stört.“

Seth schien ehrlich überrascht. „Wieso? Indem er Fotos macht?“

Sie nickte. „Er hat dabei ja wohl kaum Julias und Lorenzos Interessen im Sinn.“

„Ich bezweifle, dass er ihnen schaden will. Und die Leute mögen diese Art von Fotos“, gab Seth zu bedenken.

Edie betrachtete ihn lange. „Lorenzo sieht gut aus, das gebe ich zu. Und die Leute interessieren sich für Julias Leben, weil sie reich, schön und zudem auch noch ein wirklich netter Mensch ist. Aber ein Foto wie dieses hier könnte ihrer Beziehung zu ihrem Verlobten schaden.“

„Die Schlagzeile vielleicht, aber nicht das Foto selbst“, entgegnete Seth. „Ohne den Text sieht man nur einen Mann in einem Umkleideraum mit einer unbekannten Frau.“

„Du verteidigst ihn auch noch?“ Edie war fassungslos. „Wer immer dieses Foto geschossen hat …“ Sie blickte wieder auf die Zeitung. „Dieser Jack Stevens wusste ganz genau, was die New York Post mit einem solchen Foto machen würde.“

„Du kannst nicht wissen, was der Mann sich dabei gedacht hat, als er das Foto machte.“

„Und ich will es auch gar nicht wissen!“, gab sie scharf zurück.

Seth lächelte und schnalzte mit der Zunge. „Was für ein Hass! Und das auf Leute, die du nicht mal kennst.“

„Und auch nicht kennen will“, erklärte sie verächtlich.

Seth betrachtete sie aus halb geschlossenen Augen. „Willst du mir etwa erzählen, du wärst noch nie durch eine reißerische Schlagzeile neugierig geworden? Du wärst noch nie bei einem Kiosk stehen geblieben, nur um dir die Schlagzeilen anzusehen?“

Sie verschränkte die Arme und tat, als überlegte sie. „Nein, noch nie.“

„Hm. Und du hast dir auch noch nie Entertainment Tonight angesehen?“

„Was versuchst du mir zu beweisen?“, fragte sie.

„Dass die Paparazzi ihren Job an den Nagel hängen könnten, wenn es keinen Markt für solche Fotos gäbe.“

„Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“

„Ich wusste nicht, dass ich mich für eine entscheiden muss.“

„Du spielst also auf beiden Seiten?“

„Immer.“

„Dann musst du ein Zwilling sein.“

„Nein. Ich bin Skorpion.“

„Gefährlich.“

„Und sehr sexy. Und du?“

Er fragte nach ihrem Sternzeichen, aber sie lachte nur. „Ebenso sexy. Jedenfalls wird das allgemein behauptet.“

„Dann lass es mich dir noch mal sagen. Du bist sexy.“

„Aber nur, wenn du kein falsches Spiel mit mir treibst“, entgegnete sie. „Bei mir musst du Partei ergreifen.“

„Wenn du darauf bestehst.“

„Okay. Also noch einmal: Auf wessen Seite stehst du?“

„Auf der, die dich am meisten aufregt“, antwortete er schmunzelnd.

„Macht es dir Spaß, mich aufzuregen?“

Seine dunklen Augen funkelten, als er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn strich. „Klar.“

Plötzlich fühlte sie sich seltsam atemlos. „Und wärst du auch so nett, mir zu erklären, warum?“

Seth ließ den Finger einen Moment an ihrer Stirn verweilen, dann stupste er damit gegen ihre Nasenspitze und lachte leise. „Weil dir dann die Röte in die Wangen steigt“, sagte er mit leiser, rauer Stimme, „und ich sehen kann, wie sich dein Puls beschleunigt und deine Augen Funken sprühen.“

Sie konnte gar nicht anders, als zu lachen. „Du bist sehr wortgewandt, Seth. Ich schätze, ich habe soeben ein weiteres Talent von dir entdeckt.“

„Ach, weißt du, Edie“, meinte er und sah ihr lächelnd in die Augen, „ich habe einige Talente, die du noch nicht kennst.“

Sie überlegte noch, was dieser Kommentar bedeuten konnte, als ihr Essen kam. Als sie wieder allein waren, nahm Seth seine Essstäbchen und hielt Edie geschickt ein Stückchen Huhn vor den Mund. Also wird er mich jetzt auch noch füttern, dachte sie mit einem Anflug freudiger Erregung und war froh, dass sie sich für das Restaurant entschieden hatte, statt ihn zu ihren Eltern mitzunehmen, wie sie es ursprünglich vorgehabt hatte. Denn wer wusste schon, wohin das alles hier noch führen würde?

„Das Essen sieht sehr gut aus“, bemerkte er.

„Da meine Eltern und ich hier in dieser Straße wohnen, kommen wir sehr oft zum Essen her. Es ist immer gut.“ Sie beugte sich ein wenig vor und nahm den zarten Bissen zwischen die Lippen. „Es ist nicht das erste Mal, dass ich froh bin, keine strenge Vegetarierin zu sein wie meine Schwester Marley“, erklärte sie, als sie das Fleisch geschluckt hatte.

Edie zuckte mit den Schultern und begann zu essen. Aber dann stieß sein Knie unter dem Tisch plötzlich gegen ihres. Seth zog sein Bein sofort zurück, aber nur, um sie Sekunden später aufs Neue zu berühren, und dieses Mal sogar noch intensiver. Wieder einmal war Edie versucht, ihm einfach vorzuschlagen, mit ihr ins Bett gehen. Aber wäre das nicht etwas krass? Selbst wenn er, so, wie es zwischen ihnen knisterte, gewiss nicht überrascht sein und ihr Angebot sicher auch nicht ablehnen würde.

„Nach ihrer Scheidung“, sagte sie jedoch stattdessen, „wurde Marley aber rückfällig und begann wieder ausgiebig McDonald’s zu besuchen.“

„Rückfällig werden bezieht sich gewöhnlich auf das Trinken“, meinte Seth.

„Nun ja, auch das tat Marley eine Zeit lang. Nicht schlimm“, berichtigte sie sich dann lachend. „Nur gelegentliche Weinabende mit den Mädchen.“

„Ich nehme an, du warst eins dieser Mädchen?“

Sie nickte. „Klar. Aber nur, weil ich den barmherzigen Samariter spielte und versuchte, ihr nach ihrer Scheidung wieder auf die Beine zu helfen.“

„Ah. Du warst also so nett, einen guten Tropfen für einen guten Zweck zu trinken.“

„Sicher. Ich bin ja auch der brave Zwilling.“

Er schien nicht überzeugt. Sein Blick besagte, dass eine Frau, die so sexy war wie Edie, bestimmt nicht lange brav bleiben würde. „Marley war immer die Wildere von uns beiden“, fuhr Edie fort. „Sie war verrückt nach Jungs, trug ausgefallene Klamotten und hörte sehr laute Musik. Bridget ist die Jüngste. Ich glaube, sie fühlte sich immer ein bisschen ausgeschlossen, weil Marley und ich so sehr mit uns beschäftigt waren.“ Sie versuchte, das angenehme Kribbeln zu ignorieren, als Seths und ihr Knie sich wieder berührten. „Ich schätze, ich versuchte Marley immer irgendwie zu übertreffen. Unsere Beziehung war früher ziemlich von Konkurrenzdenken geprägt.“

„Und deshalb trugst du Blusen und Kostüme, hast viel gelesen und klassische Musik gehört statt Rock and Roll.“

Mehr oder weniger.“

„Aber dann kam irgendwann bestimmt jemand, der dich ein bisschen aufgelockert hat.“

Seth Bishops forschender Blick war zu eindringlich, seine körperliche Nähe störte ihre Konzentration. „Willst du das wirklich wissen?“

Als er sprach, hatte seine Stimme ihren spielerischen Ton verloren. „Ja, weil ich dich besser kennenlernen möchte.“

Edie seufzte. „Nun ja, es gab schön welche. Aber da ich spröder war, fanden die Jungen Marley gewöhnlich interessanter. Aber du bist ihr ja bereits begegnet“, schloss sie lächelnd.

Er erwiderte das Lächeln. „Eng anliegende Gymnastikhosen, Sport-BHs und Netzshirts.“

„Und ich in meinen grauen Kostümen.“

„Sie stehen dir gut, das weißt du.“

„Danke.“

Sein Blick glitt zu der Bluse, die sie unter dem Kostüm trug. „Du weißt schon, dass man hin und wieder ein bisschen Spitze hervorblitzen sieht?“

Edie lachte. „Wirklich? Ich hatte keine Ahnung.“

„Von wegen!“

„Meiner eintönigen Vergangenheit wegen“, fuhr sie fort und errötete vor Freude darüber, dass er ihre Spitzendessous bemerkt hatte, „hatte ich auf der Highschool und auf dem College natürlich sehr viel bessere Noten als Marley. Und meine verabredungslosen Abende gingen weiter.“

„Und nun?“, fragte er.

Nun war sie entschlossen, aus ihrem langweiligen Leben auszubrechen. Aber obwohl sie vor einer Stunde im Konferenzraum nahe daran gewesen waren, sich zu küssen und sie sogar daran gedacht hatte, Seth Bishop nach oben in ihr Apartment mitzunehmen, wusste sie, dass es nicht richtig wäre, Geschäft und Vergnügen zu vermischen. „Wir arbeiten zusammen, Seth“, sagte sie impulsiv. „Ich bin gern mit dir zusammen, aber vielleicht geht dieser Flirt ein bisschen zu weit.“ Er sah sie mit großen Augen an. „Hm. Wir haben drei Tage zusammen gearbeitet.“

„Und?“

„Ich könnte kündigen.“

Das verblüffte sie, und sie lachte. „Du würdest deine Karriere als Hochzeitsplaner einfach so für mich beenden?“

„Absolut, Edie“, erwiderte er, ohne eine Miene zu verziehen.

„Du bist ein richtiger Charmeur.“

„Ich arbeite seit Jahren an meiner Technik“, versicherte er ihr.

Während sie noch überlegte, nahm er ein Stückchen Rind in Szechuan-Soße zwischen seine Stäbchen und hielt es Edie an die Lippen. „Hier. Probier noch einen Bissen, während du über meine Zukunft bei Big Apple Brides nachdenkst.“

Aber sie wollte die Angelegenheit nicht so einfach unter den Teppich kehren. „Ich fühle mich zu dir hingezogen“, gestand sie. „Dass wir zusammen arbeiten, macht alles so kompliziert.“

Er sah sie nur an. „Iss, Edie.“

Und obwohl sie es im Grunde gar nicht wollte, öffnete sie die Lippen, und mit einem Mal erschien ihr alles fast zu überwältigend – der würzige Geschmack des Fleischs in ihrem Mund, sein Knie an ihrem, seine Augen, die förmlich glühten vor Verlangen, als er ihr beim Essen zusah. „Das Essen ist hervorragend wie immer“, bemerkte sie leise, „aber ich glaube, ich verliere den Appetit.“

Er runzelte besorgt die Stirn. „Bist du okay? Oder bist du immer noch verärgert wegen des Fotos in der New York Post?“

„Ja. Aber das ist es nicht. Wahrscheinlich bin ich nur …“ Sie schwieg einen Moment und entschied sich dann dafür, dass Direktheit die beste Strategie war. „Möchtest du, dass wir zu mir gehen, Seth?“ Wieder hielt sie inne, um dann hastig fortzufahren: „Wie schon gesagt, ich fühle mich zu dir hingezogen. Und du dich anscheinend auch zu mir. Und da fragte ich mich …“

„Wie es wohl sein würde, mit mir zu schlafen?“

Sie atmete tief aus. „Ja.“

Nach sekundenlangem Zögern fragte er: „Wann?“

„Wie wäre es jetzt? Vielleicht sogar noch vor dem Essen?“ Das Restaurant zu verlassen, nachdem ihnen gerade das Essen gebracht worden war, das war verrückt. Trotzdem legte er sofort seine Stäbchen hin. „Dann lass uns gehen.“

„Bleibt einen Moment ruhig stehen“, sagte Melissa. „Bevor ihr ausgeht, möchte ich noch ein Foto von euch machen.“ Wie erwartet, waren ihre Eltern froh, dass sie solch lebhaftes Interesse an ihrem Fotografiekurs zeigte. „Wir sind in Eile, Schätzchen“, sagte Chynna, ihre Mutter. „Und du musst mir versprechen, dass du nett zu Mrs. Rodriguez bist.“