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Der aus dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg stammende Eulenspiegel ist ein Schelm, dessen Karriere ihn an viele Orte des Heiligen Römischen Reiches führt. Dabei verdingt er sich in den unterschiedlichsten Berufsständen, ohne je etwas davon gelernt zu haben. Er spielt seinen Zeitgenossen Streiche und deckt dabei immer wieder Laster auf. Seine Streiche sind eher deftiger Natur, und nicht selten scheißt er wortwörtlich auf alles, was seinen Zeitgenossen lieb und teuer ist. Diese Ausgabe ist geschmückt mit einer Vielzahl mittelalterlicher Illustrationen eines anonymen Künstlers.
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Seitenzahl: 271
TILL EULENSPIEGEL wurde zuerst veröffentlicht unter dem Titel Ein kurtzweilig lesen von Dil Ulenspiegel, geboren vß dem land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat vom Drucker und Verleger Johannes Grüninger, Straßburg 1510.
Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von
© apebook Verlag, Essen (Germany)
www.apebook.de
1. Auflage 2022
V 1.0
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-96130-492-9
Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de
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Inhaltsverzeichnis
Till Eulenspiegel
Frontispiz
Impressum
1. Historie
2. Historie
3. Historie
4. Historie
5. Historie
6. Historie
7. Historie
8. Historie
9. Historie
10. Historie
11. Historie
12. Historie
13. Historie
14. Historie
15. Historie
16. Historie
17. Historie
18. Historie
19. Historie
20. Historie
21. Historie
22. Historie
23. Historie
24. Historie
25. Historie
26. Historie
27. Historie
28. Historie
29. Historie
30. Historie
31. Historie
32. Historie
33. Historie
34. Historie
35. Historie
36. Historie
37. Historie
38. Historie
39. Historie
40. Historie
41. Historie
42. Historie
43. Historie
44. Historie
45. Historie
46. Historie
47. Historie
48. Historie
49. Historie
50. Historie
51. Historie
52. Historie
53. Historie
54. Historie
55. Historie
56. Historie
57. Historie
58. Historie
59. Historie
60. Historie
61. Historie
62. Historie
63. Historie
64. Historie
65. Historie
66. Historie
67. Historie
68. Historie
69. Historie
70. Historie
71. Historie
72. Historie
73. Historie
74. Historie
75. Historie
76. Historie
77. Historie
78. Historie
79. Historie
80. Historie
81. Historie
82. Historie
83. Historie
84. Historie
85. Historie
86. Historie
87. Historie
88. Historie
89. Historie
90. Historie
91. Historie
92. Historie
93. Historie
94. Historie
95. Historie
96. Historie
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Zu guter Letzt
Bei dem Wald, Elm genannt, im Dorf Kneitlingen im Sachsenland, wurde Eulenspiegel geboren. Sein Vater hieß Claus Eulenspiegel, seine Mutter Ann Wibcken. Als sie des Kindes genas, schickten sie es in das Dorf Ampleben zur Taufe und ließen es nennen Till Eulenspiegel. Till von Uetzen, der Burgherr von Ampleben, war sein Taufpate. Ampleben ist das Schloß, das die Magdeburger vor etwa 50 Jahren mit Hilfe anderer Städte als ein böses Raubschloß zerstörten. Die Kirche und das Dorf dabei ist nunmehr im Besitze des würdigen Abtes von Sankt Ägidien, Arnolf Pfaffenmeier.
Als nun Eulenspiegel getauft war und sie das Kind wieder nach Kneidingen tragen wollten, da wollte die Taufpatin, die das Kind trug, eilig über einen Steg gehen, der zwischen Kneidingen und Ampleben über einen Bach führt. Und sie hatten nach der Kindtaufe zu viel Bier getrunken (denn dort herrscht die Gewohnheit, daß man die Kinder nach der Taufe in das Bierhaus trägt, sie vertrinkt und fröhlich ist; das mag dann der Vater des Kindes bezahlen). Also fiel die Patin des Kindes von dem Steg in die Lache und besudelte sich und das Kind so jämmerlich, daß das Kind fast erstickt wäre. Da halfen die anderen Frauen der Badmuhme mit dem Kind wieder heraus, gingen heim in ihr Dorf, wuschen das Kind in einem Kessel und machten es wieder sauber und schön.
So wurde Eulenspiegel an einem Tage dreimal getauft: einmal in der Taufe, einmal in der schmutzigen Lache und einmal im Kessel mit warmem Wasser.
Als nun Eulenspiegel so alt war, daß er stehen und gehen konnte, da spielte er viel mit den jungen Kindern. Denn er war munteren Sinnes. Wie ein Affe tummelte er sich auf den Kissen und im Gras so lange, bis er drei Jahre alt war. Dann befleißigte er sich aller Art Schalkheit so sehr, daß sich alle Nachbarn miteinander beim Vater beklagten, sein Sohn Till sei ein Schalk. Da nahm der Vater sich den Sohn vor und sprach zu ihm: »Wie geht das doch immr zu, daß alle unsere Nachbarn sagen, du seist ein Schalk?« Eulenspiegel sagte: »Lieber Vater, ich tue doch niemandem etwas, das will ich dir eindeutig beweisen. Geh hin, setz dich auf dein eigenes Pferd, und ich will mich hinter dich setzen und stillschweigend mit dir durch die Gassen reiten. Dennoch werden sie über mich lügen und sagen, was sie wollen. Gib darauf acht!«
Das tat der Vater und nahm ihn hinter sich aufs Pferd. Da hob sich Eulenspiegel hinten auf mit seinem Loch, ließ die Leute in den Arsch sehen und setzte sich dann wieder. Die Nachbarn und Nachbarinnen zeigten auf ihn und sprachen: »Schäme dich! Wahrlich, ein Schalk ist das!« Da sagte Eulenspiegel: »Hör, Vater, du siehest wohl, daß ich stillschweige und niemandem etwas tue. Dennoch sagen die Leute, ich sei ein Schalk.«
Nun tat der Vater dies: er setzte Eulenspiegel, seinen lieben Sohn, vor sich auf das Pferd. Eulenspiegel saß ganz still, aber er sperrte das Maul auf, grinste die Bauern an und streckte ihnen die Zunge heraus. Die Leute liefen hinzu und sprachen: »Seht an, welch ein junger Schalk ist das!« Da sagte der Vater: »Du bist freilich in einer unglückseligen Stunde geboren. Du sitzest still und schweigst und tust niemandem etwas, und doch sagen die Leute, du seist ein Schalk.«
Danach zog sein Vater mit ihm und seiner Familie von dannen in das magdeburgische Land an den Fluß Saale. Von dorther stammte Eulenspiegels Mutter. Und bald darauf starb der alte Claus Eulenspiegel. Die Mutter blieb bei dem Sohn in ihrem Dorf, und sie verzehrten, was sie hatten. So wurde die Mutter arm. Eulenspiegel wollte kein Handwerk lernen und war doch schon etwa 16 Jahre alt. Aber er tummelte sich und lernte mancherlei Gauklerei.
Eulenspiegels Mutter wohnte in einem Haus, dessen Hof an die Saale ging. Und Eulenspiegel begann, auf dem Seile zu gehen. Das trieb er zuerst auf dem Dachboden des Hauses, weil er es vor der Mutter nicht tun wollte. Denn sie konnte seine Torheit nicht leiden, daß er sich so auf dem Seil tummelte, und drohte, ihn deshalb zu schlagen. Einmal erwischte sie ihn auf dem Seil, nahm einen großen Knüppel und wollte ihn herunterschlagen. Da entrann er ihr zu einem Fenster hinaus, lief oben auf das Dach und setzte sich dort hin, so daß sie ihn nicht erreichen konnte.
Das währte so lange mit ihm, bis er ein wenig älter wurde. Dann fing er wieder an, auf dem Seil zu gehen, und zog das Seil oben von seiner Mutter Hinterhaus über die Saale in ein Haus gegenüber. Viele junge und alte Leute bemerkten das Seil, darauf Eulenspiegel laufen wollte. Sie kamen herbei und wollten ihn darauf gehen sehen; und sie waren neugierig, was er doch für ein seltsames Spiel beginnen oder was er Wunderliches treiben wollte.
Als nun Eulenspiegel auf dem Seil im besten Tummeln war, bemerkte es seine Mutter; und sie konnte ihm nicht viel darum tun. Doch schlich sie heimlich hinten in das Haus auf den Boden, wo das Seil angebunden war, und schnitt es entzwei. Da fiel ihr Sohn Eulenspiegel unter großem Spott ins Wasser und badete tüchtig in der Saale. Die Bauern lachten sehr, und die Jungen riefen ihm laut nach: »Hehe, bade nur wohl aus! Du hast lange nach dem Bade verlangt!«
Das verdroß Eulenspiegel sehr. Das Bad machte ihm nichts aus, wohl aber das Spotten und Rufen der Buben. Er überlegte, wie er ihnen das wieder vergelten und heimzahlen wollte. Und also badete er aus, so gut er es vermochte.
Kurze Zeit danach wollte Eulenspiegel seinen Schaden und den Spott wegen des Bades rächen, zog das Seil aus einem anderen Haus über die Saale und zeigte den Leuten an, daß er abermals auf dem Seil gehen wolle. Das Volk sammelte sich bald dazu, jung und alt. Und Eulenspiegel sprach zu den Jungen: jeder solle ihm seinen linken Schuh geben, er wolle ihnen mit den Schuhen ein hübsches Stück auf dem Seil zeigen. Die Jungen glaubten das, und alle meinten, es sei wahr, auch die Alten. Und die Jungen huben an, die Schuhe auszuziehen, und gaben sie Eulenspiegel. Es waren der Jungen beinahe zwei Schock, das sind zweimal sechzig. Die Hälfte der Schuhe wurde Eulenspiegel gegeben. Da zog er sie auf eine Schnur und stieg damit auf das Seil. Als er nun auf dem Seil war und hatte die Schuhe mit oben, sahen die Alten und die Jungen zu ihm hinauf und meinten, er wolle ein lustig Ding damit tun. Aber ein Teil der Jungen war betrübt, denn sie hätten ihre Schuhe gern wiedergehabt.
Als nun Eulenspiegel auf dem Seil saß und seine Kunststücke machte, rief er auf einmal: »jeder gebe acht und suche seinen Schuh wieder!« Und damit schnitt er die Schnur entzwei und warf die Schuhe alle von dem Seil auf die Erde, so daß ein Schuh über den anderen purzelte. Da stürzten die Jungen und Alten herzu, einer erwischte hier einen Schuh, der andere dort. Der eine sprach: »Dieser Schuh ist mein!« Der andere sprach: »Du lügst, er ist mein!« Und sie fielen sich in die Haare und begannen sich zu prügeln. Der eine lag unten, der andere oben; der eine schrie, der andere weinte, der dritte lachte. Das währte so lange, bis auch die Alten Backenstreiche austeilten und sich bei den Haaren zogen.
Derweil saß Eulenspiegel auf dem Seil, lachte und rief: »Hehe, sucht nun die Schuhe, wie ich kürzlich ausbaden mußte!« Und er lief von dem Seil, und ließ die Jungen und Alten sich um die Schuhe zanken.
Danach durfte er sich vier Wochen lang vor den Jungen oder Alten nicht sehen lassen. Er saß deshalb im Hause bei seiner Mutter und flickte Helmstedter Schuhe. Da freute sich seine Mutter sehr und meinte, es würde mit ihm noch alles gut werden. Aber sie kannte nicht die Geschichte mit den Schuhen und wußte nicht, daß er wegen dieses Streichs nicht wagte, vors Haus zu gehen.
Eulenspiegels Mutter war froh, daß ihr Sohn so friedlich war, schalt ihn jedoch, daß er kein Handwerk lernen wollte. Er schwieg dazu, aber die Mutter ließ nicht nach, ihn. zu schelten.
Schließlich sagte Eulenspiegel: »Liebe Mutter, womit sich einer abgibt, davon wird ihm sein Lebtag genug.« Da sagte die Mutter: »Wenn ich über dein Wort nachdenke: seit vier Wochen habe ich kein Brot in meinem Haus gehabt.« Doch Eulenspiegel sprach: »Das paßt nicht als Antwort auf meine Worte. Ein armer Mann, der nichts zu essen hat, der fastet am Sankt-Nikolaus-Tag, und wenn er etwas hat, so ißt er mit Sankt Martin zu Abend. Also essen wir auch.«
Lieber Gott, hilf«, dachte Eulenspiegel, »wie soll ich die Mutter beruhigen? Wo soll ich Brot herbekommen für ihr Haus?« Und er ging aus dem Flecken, in dem seine Mutter wohnte, in die Stadt Staßfurt. Dort fand er eines reichen Brotbäckers Laden, ging hinein und fragte, ob der Bäcker seinem Herrn für zehn Schillinge Roggen- und Weißbrot schicken wolle. Er nannte den Namen eines Herren aus der Gegend und sagte, sein Herr sei hier zu Staßfurt, und benannte auch die Herberge, in der er sei. Der Bäcker solle einen Knaben mit in die Herberge zu seinem Herren schicken, dort wolle er ihm das Geld geben. Der Bäcker sagte: »ja.« Nun hatte Eulenspiegel einen Sack mit einem verborgenen Loch. In diesen Sack ließ er sich das Brot zählen. Und der Bäcker sandte einen Jungen mit Eulenspiegel, um das Geld zu empfangen. Als Eulenspiegel einen Armbrustschuß weit von des Brotbäckers Haus war, ließ er ein Weißbrot aus dem Loch in den Dreck der Straße fallen. Da setzte Eulenspiegel den Sack nieder und sprach zu dem Jungen: »Ach, das besudelte Brot darf ich nicht vor meinen Herrn bringen. Lauf rasch damit wieder nach Haus und bring mir ein anderes Brot dafür! Ich will hier auf dich warten.« Der Junge lief hin und holte ein anderes Brot. Inzwischen ging Eulenspiegel weiter in ein Haus in der Vorstadt. Dort stand ein Pferdekarren aus seinem Flecken. Darauf legte er seinen Sack und ging neben dem Kärrner her. So kam er heim ans Haus seiner Mutter.
Als der Bäckerjunge mit dem Brot wiederkam, war Eulenspiegel mit den Broten verschwunden. Da rannte der Junge zurück und sagte das dem Bäcker. Der Brotbäcker lief sogleich zu der Herberge, die ihm Eulenspiegel genannt hatte. Doch dort fand er niemanden, sondern sah, daß er betrogen war.
Eulenspiegel brachte seiner Mutter das Brot nach Hause und sagte: »Schau her und iß, dieweil du etwas hast, und faste mit Sankt Nikolaus, wenn du nichts hast.«
In dem Flecken, worin Eulenspiegel mit seiner Mutter wohnte, herrschte eine Sitte: wenn ein Hauswirt ein Schwein geschlachtet hatte, gingen die Nachbarskinder in das Haus und aßen dort eine Suppe oder einen Brei. Das nannte man das Weckbrot.
Nun wohnte in demselben Flecken ein Gutspächter, der war geizig mit dem Essen und durfte doch den Kindern das Weckbrot nicht versagen. Da erdachte er eine List, mit der er ihnen das Weckbrot verleiden wollte. Er schnitt in eine große Milchschüssel harte Brotrinden. Als die Kinder kamen, Knaben und Mädchen - darunter auch Eulenspiegel -, ließ er sie ein, schloß die Tür zu und begoß das Brot mit Suppe. Der Brotbrocken waren aber viel mehr, als die Kinder essen konnten. Wenn nun eins satt war und davongehen wollte, kam der Hauswirt und schlug es mit einer Rute um die Lenden, so daß ein jedes im Übermaß essen mußte. Und der Hauswirt wußte wohl von Eulenspiegels Streichen, so daß er auf ihn besonders achtgab. Wenn er einen anderen um die Lenden hieb, so traf er Eulenspiegel noch besser. Das trieb er so lange, bis die Kinder alle Brocken des Weckbrotes aufgegessen hatten. Das bekam ihnen ebenso gut wie dem Hund das Gras.
Danach wollte kein Kind mehr in des geizigen Mannes Haus gehen, um Weckbrot oder Metzelsuppe zu essen.
Als der Hauswirt am nächsten Tage ausging, begegnete er Eulenspiegel und fragte: »Lieber Eulenspiegel, wann willst du wieder zum Weckbrot zu mir kommen?« Eulenspiegel sagte: »Wenn sich deine Hühner um den Köder reißen, je vier um einen Bissen Brot.« Da sprach der Mann: »Dann willst du also lange nicht zu meinem Weckbrot kommen?« Eulenspiegel entgegnete: »Wenn ich aber doch eher käme, als die nächste Zeit für fette Metzelsuppe ist?« Und damit ging er seines Weges.
Eulenspiegel wartete, bis es Zeit war, daß des Mannes Hühner auf der Gasse Futter suchten. Dann knüpfte er zwanzig Fäden oder mehr jeweils zwei und zwei in der Mitte zusammen und band an jedes Ende eines Fadens einen Bissen Brot. Er nahm die Fäden und legte sie verdeckt hin, die Brotstücke aber waren zu sehen. Die Hühner pickten und schluckten nun hier und dort die Brotbissen mit den Fadenenden in ihre Hälse. Aber sie konnten die Bissen nicht herunterschlucken, denn am anderen Ende des Fadens zog ein anderes Huhn, so daß je eins das andere zog. Kein Huhn konnte das Brot ganz hinunterschlucken oder es wieder aus dem Hals herausbekommen, da die Brotstücke zu groß waren. So standen mehr als zweihundert Hühner einander gegenüber und würgten und zerrten an der Lockspeise.
Einmal begab es sich, daß Eulenspiegel mit seiner Mutter in ein Dorf zur Kirchweih ging. Und Eulenspiegel trank, bis er betrunken wurde. Da suchte er einen Ort, wo er friedlich schlafen könne und ihm niemand etwas täte. Hinten in einem Hof fand er einen Haufen Bienenkörbe, und dabei lagen viele Immenstöcke, die leer waren. Er kroch in einen leeren Korb, der am nächsten bei den Bienen lag, und gedachte, ein wenig zu schlafen. Und er schlief von Mittag bis gegen Mitternacht. Seine Mutter meinte, er sei wieder nach Hause gegangen, da sie ihn nirgends sehen konnte.
In derselben Nacht kamen zwei Diebe und wollten einen Bienenkorb stehlen. Und einer sprach zum anderen: »Ich habe immer gehört, der schwerste Immenkorb ist auch der beste.« Also hoben sie die Körbe und Stöcke einen nach dem anderen auf, und als sie zu dem Korb kamen, in dem Eulenspiegel lag, war das der schwerste. Da sagten sie: »Das ist der beste Irnmenstock«, nahmen ihn auf die Schultern und trugen ihn von dannen.
Indessen erwachte Eulenspiegel und hörte ihre Pläne. Es war ganz finster, so daß einer den anderen kaum sehen konnte. Da griff Eulenspiegel aus dem Korb dem Vorderen ins Haar und riß ihn kräftig daran. Der wurde zornig auf den Hinteren und meinte, dieser hätte ihn am Haar gezogen, und er begann, ihn zu beschimpfen. Der Hintermann aber sprach: »Träumst du, oder gehst du im Schlaf? Wie sollte ich dich an den Haaren rupfen? Ich kann doch kaum den Immenstock mit meinen Händen halten!« Eulenspiegel lachte und dachte: das Spiel will gut werden! Er wartete, bis sie eine weitere Ackerlänge gegangen waren. Dann riß er den Hinteren auch kräftig am Haar, so daß dieser sein Gesicht schmerzlich verziehen mußte. Der Hintermann wurde noch zorniger und sprach: »Ich gehe und trage, daß mir der Hals kracht, und du sagst, ich ziehe dich beim Haar! Du ziehst mich beim Haar, daß mir die Schwarte kracht!« Der Vordere sprach: »Du lügst dir selbst den Hals voll! Wie sollte ich dich beim Haar ziehen, ich kann doch kaum den Weg vor mir sehen! Auch weiß ich genau, daß du mich beim Haar gezogen hast!«
So gingen sie zankend mit dem Bienenkorb weiter und stritten miteinander. Nicht lange danach, als sie noch im größten Zanken waren, zog Eulenspiegel den Vorderen noch einmal am Haar, so daß sein Kopf gegen den Bienenkorb schlug. Da wurde der Mann so zornig, daß er den Immenstock fallen ließ und blindlings mit den Fäusten nach dem Kopf des Hintermannes schlug. Dieser ließ den Bienenkorb auch los und fiel dem Vorderen in die Haare. Sie taumelten übereinander, entfernten sich voneinander, und der eine wußte nicht, wo der andere blieb. Sie verloren sich zuletzt in der Finsternis und ließen den Immenstock liegen.
Nun lugte Eulenspiegel aus dem Korbe, und als er sah, daß es noch finster war, schlüpfte er wieder hinein und blieb darin liegen, bis es heller Tag war. Dann kroch er aus dem Bienenkorb und wußte nicht, wo er war. Er folgte einem Weg nach, kam zu einer Burg und verdingte sich dort als Hofjunge.
Bald danach kam Eulenspiegel auf eine Burg zu einem Junker und gab sich als Hofjunge aus. Er mußte gleich mit seinem Junker über Land reiten. Am Weg stand Hanf; den nennt man im Lande Sachsen, aus dem Eulenspiegel stammte, »Henep«. Der Junker sprach zu Eulenspiegel, der die Lanze seines Herrn trug: »Siehst du das Kraut, das da steht? Es heißt Henep.« Eulenspiegel sagte: »ja, das sehe ich wohl.« Da sprach sein Junker: »Sooft du daran vorbeikommst, so scheiße darein einen großen Haufen! Denn mit dem Kraut bindet und henkt man die Räuber und die, die sich ohne Herrendienst aus dem Sattel ernähren. Das geschieht mit dem Bast, der aus dem Kraut gesponnen wird.« Eulenspiegel sagte: »ja gern, das werde ich tun.«
Der Junker (oder Hofmann) ritt mit Eulenspiegel hin und her in viele Städte und half rauben, stehlen und nehmen, wie es seine Gewohnheit war.
Eines Tages begab es sich, daß sie zu Hause waren und still lagen. Als es Imbißzeit wurde, ging Eulenspiegel in die Küche. Da sprach der Koch zu ihm: »Junge, geh in den Keller, da steht ein irdener Hafen oder Topf, darin ist Senep.« - wie man Senf in Sachsen nannte - »Den bring mir her!« Eulenspiegel sagte ja und hatte doch seinen Lebtag noch keinen Senep oder Senf gesehen. Und als er in dem Keller den Topf mit Senf fand, dachte er: was mag der Koch damit tun wollen? Ich meine, er will mich damit binden. Und er dachte weiter: mein Junker hat mich geheißen, wo ich solches Kraut fände, sollte ich hineinscheißen. Und er hockte sich über den Topf mit Senf, schiß ihn voll, rührte um und brachte ihn so dem Koch.
Was geschah? Der Koch machte sich keine weiteren Gedanken, richtete eilends in einem Schüsselchen den Senf an und schickte ihn zu Tische. Der Junker und seine Gäste tunkten in den Senf: der schmeckte ganz übel. Der Koch wurde geholt und gefragt, was er für Senf gemacht habe. Und der Koch kostete auch den Senf, spie aus und sprach: »Der Senf schmeckt, als wär darein geschissen worden.« Da fing Eulenspiegel an zu lachen. Sein Junker sprach: »Was lachst du so spöttisch? Meinst du, wir können nicht schmecken, was das ist? Willst du es nicht glauben, so komm und schmeck hier den Senf auch!« Eulenspiegel sagte: »Ich esse das nicht. Wißt Ihr nicht, was Ihr mich geheißen habt am Feld auf der Straße? Wo ich das Kraut sähe, so sollte ich darein scheißen, denn man pflege die Räuber damit zu henken und zu erwürgen. Als mich der Koch in den Keller nach dem Senep schickte, habe ich darein getan nach Eurem Geheiß.« Da sprach der Junker: »Du verwünschter Schalk, das soll dein Unglück sein! Das Kraut, das ich dir zeigte, das heißt Henep oder Hanf. Was dich der Koch bringen ließ, das heißt Senep oder Senf. Du hast das aus Bosheit getan!« Und er nahm einen Knüppel und wollte ihn damit schlagen. Aber Eulenspiegel war behend, entlief ihm von der Burg und kam nicht wieder.
Rechts in der Straße, die in Hildesheim vom Heumarkt führt, wohnte ein reicher Kaufmann. Der ging einmal vor dem Tor spazieren und wollte in seinen Garten gehen. Unterwegs fand er Eulenspiegel auf einem grünen Acker liegen, grüßte und fragte ihn, was er für ein Handwerksgeselle sei und welche Geschäfte er triebe. Eulenspiegel antwortete ihm klüglich und mit heimlichem Spott, er sei ein Küchenjunge und habe keinen Dienst. Da sprach der Kaufmann zu ihm: »Wenn du tüchtig sein willst, nehme ich dich selber auf und gebe dir neue Kleider und einen guten Sold. Denn ich habe eine Frau, die zankt alle Tage wegen des Kochens; deren Dank meine ich wohl zu verdienen.« Eulenspiegel gelobte ihm große Treue und Redlichkeit.
Darauf nahm ihn der Kaufmann in seinen Dienst und fragte ihn, wie er hieße. »Herr, ich heiße Bartholomäus.« Der Kaufmann sprach: »Das ist ein langer Name, man kann ihn nicht gut aussprechen. Du sollst Doll heißen.« Eulenspiegel sagte: »ja, lieber Junker, es ist mir gleich, wie ich heiße.« »Wohlan«, sprach der Kaufmann, »du bist mir ein rechter Knecht. Komm her, komm her, geh mit mir in meinen Garten. Wir wollen Kräuter mit uns heimtragen und junge Hühner damit füllen. Denn ich habe für den nächsten Sonntag Gäste eingeladen, denen wollte ich gern etwas Gutes antun.« Eulenspiegel ging mit ihm in den Garten und schnitt Rosmarin. Damit wollte er etliche Hühner auf welsche Art füllen, die restlichen Hühner mit Zwiebeln, Eiern und anderen Kräutern. Dann gingen sie miteinander nach Hause.
Als die Frau den seltsam gekleideten Gast sah, fragte sie ihren Mann, was das für ein Gesell sei, was er mit ihm tun wolle und ob er Sorge habe, das Brot im Hause werde schimmlig. Der Kaufmann sagte: »Frau, sei zufrieden. Er soll dein eigner Knecht sein; denn er ist ein Koch.« Die Frau sprach: »Ja, lieber Mann, wenn er gute Dinge kochen könnte!« »Sei zufrieden«, sprach der Mann, »morgen sollst du sehen, was er kann.« Dann rief er Eulenspiegel: »Doll!« Der antwortete: »Junker!« »Nimm einen Sack und geh mit zu den Fleischbänken. Wir wollen Fleisch und einen Braten holen.« Also folgte er ihm nach. Da kaufte sein Junker Fleisch und einen Braten und sprach zu ihm: »Doll, setze den Braten morgens bald auf und laß ihn kühl und langsam braten, damit er nicht anbrennt. Das andere Fleisch setz auch beizeiten dazu, damit es zum Imbiß gesotten ist.« Eulenspiegel sagte ja, stand früh auf und setzte die Speise aufs Feuer. Den Braten aber steckte er an einen Spieß und legte ihn zwischen zwei Fässer Einbecker Biers in den Keller, damit er kühl liege und nicht anbrenne.
Da der Kaufmann den Stadtschreiber und andere gute Freunde zu Gast geladen hatte, kam er und wollte nachsehen, ob die Gäste schon gekommen und ob die Kost auch bereit sei. Und er fragte seinen neuen Knecht danach. Der antwortete: »Es ist alles bereit außer dem Braten«. »Wo ist der Braten«? sprach der Kaufmann. »Er liegt im Keller zwischen zwei Fässern. Ich wußte im ganzen Haus keinen kälteren Ort, um ihn kühl zu legen, wie Ihr sagtet.« »Ist er denn fertig gebraten?« fragte der Kaufmann. »Nein«, sprach Eulenspiegel, »ich wußte nicht, wann Ihr ihn haben wolltet.«
Inzwischen karnen die Gäste; denen erzählte der Kaufmann von seinem neuen Knecht und wie er den Braten in den Keller gelegt habe. Darüber lachten sie und hielten es für einen guten Scherz. Aber die Frau war um der Gäste willen nicht damit zufrieden und sagte dem Kaufmann, er solle den Knecht gehen lassen. Sie wolle ihn im Hause nicht länger leiden, sie sähe, daß er ein Schalk sei. Der Kaufmann sprach: »Liebe Frau, gib dich zufrieden! Ich brauche ihn für eine Reise nach der Stadt Goslar. Wenn ich wiederkommen will ich ihn entlassen.« Kaum konnte er die Frau dazu überreden, sich damit abzufinden.
Als sie des Abends aßen und tranken und guter Dinge waren, sprach der Kaufmann: »Doll, richte den Wagen her und schmiere ihn! Wir wollen morgen nach Goslar fahren. Ein Pfaffe, Herr Heinrich Hamenstede, ist dort zu Hause und will mitfahren.« Eulenspiegel sagte ja und fragte, was für eine Schmiere er nehmen solle. Der Kaufmann warf ihm einen Schilling zu und sprach: »Geh und kauf Wagenschmiere, und laß die Frau altes Fett dazutun!« Eulenspiegel tat also; und als alle schliefen, beschmierte er den Wagen innen und außen und am allermeisten da, wo man zu sitzen pflegt.
Des Morgens früh stand der Kaufmann mit dem Pfaffen auf und hieß Eulenspiegel, die Pferde anzuspannen. Das tat er. Sie saßen auf und fuhren ab. Da hob der Pfaffe an und sagte: »Was, beim Galgen, ist hier so fettig? Ich will mich festhalten, daß der Wagen mich nicht so rüttelt, und beschmiere mir die Hände überall.« Sie hießen Eulenspiegel anzuhalten und sagten zu ihm, sie seien beide hinten und vorne beschmiert, und wurden zornig über ihn.
Währenddem kam ein Bauer mit einem Fuder Stroh vorbei, der zum Markt fahren wollte. Dem kauften sie einige Bündel ab, wischten den Wagen aus und saßen wieder auf. Da sagte der Kaufmann zornerfüllt zu Eulenspiegel: »Du gottverlassener Schalk, daß dir nimmer Glück geschehe! Fahr fort an den lichten Galgen!« Das tat Eulenspiegel. Als er unter den Galgen kam, hielt er an und spannte die Pferde aus. Da sprach der Kaufmann zu ihm: »Was willst du machen, oder was meinst du damit, du Schalk?« Eulenspiegel sagte: »Ihr hießet mich, unter den Galgen zu fahren. Da sind wir. Ich meinte, wir wollten hier rasten.« Der Kaufmann sah aus dem Wagen: sie hielten unter dem Galgen. Was sollten sie tun? Sie lachten über die Narretei, und der Kaufmann sagte: »Spann wieder an, du Schalk, fahr geradeaus und sieh dich nicht um!«
Nun zog Eulenspiegel den Nagel aus dem Landwagen, und als er eine Ackerlänge gefahren war, ging der Wagen auseinander. Das Hintergestell mit dem Verdeck blieb stehen, und Eulenspiegel fuhr allein weiter. Sie riefen ihm nach und liefen, daß ihnen die Zunge aus dem Halse hing, bis sie ihn einholten. Der Kaufmann wollte ihn totschlagen, und der Pfaffe half ihm, so gut er konnte.
Als sie die Reise vollbracht hatten und wieder nach Hause kamen, fragte die Frau den Kaufmann, wie es ihnen ergangen sei. »Seltsam genug«, sagte er, »doch kamen wir wieder zurück.« Dann rief er Eulenspiegel und sagte: »Kumpan, diese Nacht bleib noch hier, iß und trink dich voll, aber morgen räume mir das Haus! Ich will dich nicht länger haben. Du bist ein betrügerischer Schalk, wo du auch herkommst.« Eulenspiegel sprach: »Lieber Gott, ich tue alles, was man mich heißet; und doch kann ich keinen Dank verdienen. Aber gefallen Euch meine Dienste nicht, so will ich morgen nach Euern Worten das Haus räumen und wandern.« »Ja, das tue nur«, sprach der Kaufmann.
Am andern Tag stand der Kaufmann auf und sagte zu Eulenspiegel: »Iß und trink dich satt und dann trolle dich! Ich will in die Kirche gehen. Laß dich nicht wieder sehen!« Eulenspiegel schwieg. Sobald der Kaufmann aus dem Haus war, begann er zu räumen. Stühle, Tische, Bänke und was er tragen und schleppen konnte, brachte er auf die Gasse, auch Kupfer, Zinn und Wachs. Die Nachbarn wunderten sich, was daraus werden sollte, daß man alles Gut auf die Gasse brachte.
Davon erfuhr der Kaufinann. Er kam schnell herbei und sprach zu Eulenspiegel: »Du braver Knecht, was tust du hier? Find ich dich noch hier?« »Ja, Junker, ich wollte erst Euren Willen erfüllen, denn Ihr hießet mich, das Haus zu räumen und danach zu wandern.« Und er sprach weiter: »Greift mit zu, die Tonne ist mir zu schwer, ich kann sie allein nicht bewältigen.« »Laß sie liegen«, sagte der Kaufmann, »und gehe zum Teufel! Das alles hat zuviel gekostet, als daß man es in den Dreck werfen könnte.«