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**Fürchte dich nicht vor einem Dämon, denn er kann deine Rettung sein …** Die übernatürliche Gesellschaft Italiens wird von zwei verfeindeten Instanzen regiert und Clio Farnese steht zwischen den Fronten. Als Erbin der Lilith verbindet sie ein ewig währendes magisches Band mit Julio Càstano, dem mächtigsten Dämon des Landes, der einst ihre Liebe auf die Probe stellte. Im Angesicht der Gefahr, Julio für immer zu verlieren, muss Clio sich ihrer wahren Gefühle zu ihm klar werden. Denn die beiden sind in einen Krieg gegen die Wächter der Akasha verwickelt, der nur durch die Magie ihrer Verbindung gewonnen werden kann. Während sie nicht nur für die Liebe, sondern auch um ihre Familien kämpfen, wird ihnen klar, dass ihre wahren Feinde schon immer näher waren, als sie dachten … Eine prickelnd romantische Liebesgeschichte, in der die Funken nur so sprühen! //Dies ist der zweite Band der knisternd magischen Buchreihe »Erbin der Lilith«. Alle Romane der Urban-Fantasy-Liebesgeschichte bei Impress: -- Band 1: To Fear a Demon -- Band 2: To Love a Demon// Diese Reihe ist abgeschlossen.
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Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
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Francesca Peluso
To Love a Demon (Erbin der Lilith 2)
**Fürchte dich nicht vor einem Dämon, denn er kann deine Rettung sein …**Die übernatürliche Gesellschaft Italiens wird von zwei verfeindeten Instanzen regiert und Clio Farnese steht zwischen den Fronten. Als Erbin der Lilith verbindet sie ein ewig währendes magisches Band mit Julio Càstano, dem mächtigsten Dämon des Landes, der einst ihre Liebe auf die Probe stellte. Im Angesicht der Gefahr, Julio für immer zu verlieren, muss Clio sich ihrer wahren Gefühle zu ihm klar werden. Denn die beiden sind in einen Krieg gegen die Wächter der Akasha verwickelt, der nur durch die Magie ihrer Verbindung gewonnen werden kann. Während sie nicht nur für die Liebe, sondern auch um ihre Familien kämpfen, wird ihnen klar, dass ihre wahren Feinde schon immer näher waren, als sie dachten …
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Vita
© privat
Francesca Peluso wurde 1995 in Hessen geboren. Schon früh erwachte ihre Liebe zu Büchern, dem Lesen und Schreiben. Dabei hat sie eine Vorliebe für fantastische Welten, mutige Heldinnen und große Liebesgeschichten. Ihre Liebe für das gedruckte Wort veranlasste sie auch dazu, Buchwissenschaft im schönen Mainz zu studieren. Neben ihrem Studium ist sie begeisterte Tänzerin, Serienjunkie und Kaffeeliebhaberin.
Für alle Schnellredner, Kontrollfreaks, Disneyliebhaber, Kaffeejunkies, Selbermacher und Seelentröster.Ich glaube, wir würden uns super verstehen.
Clio
Ein zufriedenes Seufzen verließ Clios Kehle und sie streckte ihr Gesicht der Sonne entgegen. Sie kam sich vor wie eine glückliche, faule Katze, die sich auf warmen Steinen räkelte. Nur, dass sie keine Katze war, und statt auf Steinen, lag sie auf einer Sonnenliege am Pool und sah ihren jüngeren Schwestern beim Schwimmen zu. Es war ein absolut perfekter Tag.
»Micina, du könntest uns hier drinnen ruhig Gesellschaft leisten, statt nur faul in der Sonne zu liegen«, beschwerte sich Scipio lautstark, während er gerade einen Schwall Wasser auf Thalia spritzte.
Scheinbar fand Scipio auch, dass Clio Ähnlichkeiten mit einer Katze hatte, immerhin benutzte er noch immer den Kosenamen »Kätzchen« für sie.
»Nein danke, Scip. Ich überlasse das Planschen den Kindern.« Den empörten Ausruf ihres Freundes, der auf ihre Antwort folgte, ignorierte Clio gekonnt.
»Du siehst richtig glücklich aus. Erfreut dich Cesares Ableben so sehr?« Cecilia sah mit einer hochgezogenen Augenbraue zu ihr herüber, doch ihre Lippen umspielte ein schiefes Grinsen.
»Selbstverständlich nicht. Rosa und Julio tun mir leid, immerhin war er ihr Großvater.«
»Großvater, Dämonenfürst, Mistkerl, Riesenarschloch. Ich bin mir sicher, dass Cesare auf so manchen Namen gehört hat«, unterbrach Cece sie lachend.
Clio schüttelte den Kopf. Sie würde Cesares Namen nach seinem Tod nicht in den Schmutz ziehen. »Ich bin einfach nur froh, dass es zur Abwechslung mal gut läuft. Wenn Julio nun Fürst wird, erlaubt er mir vielleicht mein Studium zu beenden.«
Ruckartig setzte Cecilia sich auf und schob ihre schwarze Sonnenbrille in die Haare. »Du willst zurück nach Mailand?«
Schulterzuckend wandte Clio den Blick ab. Sie hatte darüber nachgedacht. Ihr Wort, Julio zu helfen Lorenzo zum Teufel zu schicken, würde sie halten, dennoch würde sie zumindest gern ihren Abschluss machen. Vielleicht würde sie zum Master dann nach Florenz wechseln.
»Ich mag mein Leben dort. Und wenn niemand mehr meine Schwestern verheiraten möchte, dann …«
»Dann hast du keinen Grund zu bleiben? Was ist mit Rosa und mir?« Cece zog einen Schmollmund, auch wenn Clio wusste, dass ihre Freundin ihre Entscheidung akzeptieren und verstehen würde.
»Ich komme euch natürlich besuchen. Oder ihr mich. Ich meine, die Semesterferien dauern immer mehrere Monate, ich könnte also jeden Sommer hier sein. Außerdem bin ich ja fast fertig.«
Cecilia wirkte nicht überzeugt, nickte aber stockend. »Und glaubst du wirklich, Julio wird dich gehen lassen?«
Bei der Erwähnung des Namens verzog Clio den Mund. Sie hatte seit Cesares Tod kaum mit Julio gesprochen, weil er ständig beschäftigt war. Er hatte, bis das Testament und der Nachlass von Cesare verlesen wurden, vorrübergehend die Regierung der Provinz übernommen. Gerade plante er mit Elena die Beerdigung seines Großvaters.
»Ich hoffe es. Sobald das ›Lorenzo-Problem‹ aus der Welt geschaffen wurde, werde ich mit ihm darüber reden. Aber ich denke, dass er einverstanden sein wird.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Wieso nicht? Sobald er Fürst ist, hat er die Macht über Florenz und damit verdammt viel zu tun. Es würde ihm vermutlich nicht mal auffallen, wenn ich nicht hier bin.«
Cecilia sah sie so ungläubig an, als würden bunte Elefanten um Clios Kopf herumfliegen. »Ich glaube, da irrst du dich. Und außerdem: Wer soll ihn denn vor der Dunkelheit bewahren, wenn nicht du? Als Fürst braucht er seine Macht mehr denn je und nur du als seine Lilith kannst sie ihm sichern.«
Clio verschränkte die Arme vor der Brust und pustete sich eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. »Er braucht zwar noch meine Kräfte, um nicht der Dunkelheit zu erliegen, aber ich bin ja nicht aus der Welt – es gibt Züge und Flugzeuge.«
»Und wie willst du ihm deine Kraft geben? Durch Händchenhalten?«, lachte Cece und griff nach ihrer Wasserflasche.
Clio warf ihrer Freundin einen vernichtenden Blick zu. Denn ja, genau das war ihr Plan. Nachdem Julio das Amt des Fürsten übernommen hätte, würde sie das Gespräch mit ihm suchen, um gemeinsam mit ihm einen Plan auszubrüten. Sie wollte verhindern, dass Julio ihretwegen litt oder dem Abgrund näherkam. Clio war davon überzeugt, dass sie gemeinsam eine Lösung finden würden, mit der Gefahr des Fluchs gewissenhaft umzugehen und trotzdem frei und sicher zu sein. Vielleicht reichte reines Händchenhalten nicht aus, aber es sollte in die Richtung gehen. Hauptsache, sie musste nicht mit Julio schlafen und somit riskieren, sich erneut Hals über Kopf in ihn zu verlieben. Oder sich selbst zu verlieren. Beides stand nicht zur Debatte.
»Das geht dich nichts an«, war aber das Einzige, was Clio vor sich hin grummelte, was ihr einen amüsierten Blick von Cecilia einbrachte.
Ihre Freundin machte das Ganze komplizierter, als es wirklich war. Clio würde nach dem Sommer zurück an die Uni gehen, ihren Bachelor beenden und weiterhin im Krankenhaus arbeiten. Ihr Leben würde wieder einen geregelten Gang nehmen. Zumindest bis zu einem gewissen Grad. Denn während sie nun keine panische Angst mehr vor Dämonen hatte, verspürte sie neuerdings den starken Drang, sämtlichen Wächtern die Hölle heiß zu machen. Seitdem sie sich so klar an das letzte Telefonat mit ihrer Mutter erinnert hatte, musste sie immer wieder an den Namen denken, den Adelia kurz vor ihrem Tod voller Panik ausgestoßen hatte.
Colonna.
Clio kannte niemanden mit diesem Namen, aber sie würde herausfinden, wer dieses Engelsblut war und was es mit ihrer Mutter zu schaffen gehabt hatte. Tief in ihrem Inneren fürchtete Clio, sie würde sich dabei auf die Suche nach dem Mörder ihrer Mutter begeben. Die Stimme von Adelia war angsterfüllt gewesen. Lange Zeit hatte sie diese Erinnerung verdrängt, nun war sie präsenter denn je.
»Woran denkst du?«, wollte Cece wissen.
»Ach, nichts.« Noch wollte Clio nicht, dass jemand von ihren Gedanken und Plänen erfuhr. Besonders ihre Schwestern nicht, denn sie hatte ihnen noch nicht mal erzählt, dass sie damals mit ihrer Mutter gesprochen hatte, während diese entführt worden war. Und aktuell wollte sie daran auch nichts ändern.
Zuerst einmal musste Julio zum Fürsten ernannt werden. Erst danach würde Clio ihre Pläne in die Tat umsetzen können. Seine Ernennung zum Dämonenfürsten der Toskana und Umbriens war ihr Startsignal. Und die Zielgerade dorthin würde heute Abend beginnen. Denn heute Abend fand die Verlesung von Cesares Testament statt, was bedeutete, dass aus Julio bald Fürst Julio Salvatore Càstano werden würde. Und Clio wäre endlich frei.
***
Nur wenige Stunden später saßen sie im Salon des Càstano-Anwesens. Die Stimmung war mehr als angespannt und Clio hätte nur zu gern die Flucht ergriffen. Sie schaute hinüber zu Elena, die unruhig auf und ab lief. Julio saß schweigend auf dem Sofa ihr gegenüber und starrte vor sich hin. Es war das erste Mal seit Tagen, dass Clio ihn zu Gesicht bekam. Er sah angespannt aus und wirkte keinesfalls so, als würde er sich darüber freuen, bald Fürst zu sein. Vermutlich schmiedete er bereits Pläne, wie er Lorenzo von seinem Land jagen konnte, was Clio begrüßen würde. Von Lorenzo selbst fehlte jede Spur.
»Weiß man inzwischen, was passiert ist?« Rosalia saß direkt neben Clio, ihre Augen waren gerötet. Sie schien die Einzige zu sein, die wirklich um Cesare trauerte. Clio überraschte das Fehlen der eigenen Emotionen nicht weiter, aber sie legte ihrer Freundin mitfühlend die Hand auf die Schulter.
In einem braunen, schweren Ledersessel saß Cesares ehemaliger Leibarzt, Sandro Lombardi, ein Dämon. Er war hierhergekommen, um das Testament sowie die Nachfolge zu verlesen. Der Mann sah aus wie Mitte fünfzig und wirkte mit seiner Nickelbrille recht sympathisch, zumindest harmlos. Er trug einen schlichten schwarzen Anzug und war aus unerfindlichen Gründen nervös.
Der Arzt räusperte sich, bevor er Rosalias Frage beantwortete. »Nein, nicht direkt. Ich habe solche Magie noch nie gesehen. Wir können uns nicht erklären, wie der Mörder unbemerkt in Cesares Haus gelangt ist, aber wir vermuten, dass es ein Wächter gewesen ist.« Er sah entschuldigend zu Julio, als gäbe er sich selbst die Schuld daran, dass Cesares Mörder noch nicht gefasst war.
Julio schien endlich aus seinen Gedanken gerissen worden zu sein. Er sah Lombardi finster an und schnaubte empört. »Ihr gehörtet zu Cesares Vertrauten und seinem Beraterstamm, Signore Lombardi, habt Ihr nicht endlich vor, den Mord aufzuklären?« Seine dunkle Stimme dröhnte durch den Raum und der Arzt zuckte leicht zusammen.
»Es ist nicht unsere Aufgabe, den Mörder von Cesare zur Rechenschaft zu ziehen«, rechtfertigte sich der Dämon, was Clio dazu brachte, verwirrt eine Augenbraue zu heben. Ihr Fürst starb aus unerfindlichen Gründen und die Dämonen hatten nicht vor, dem auf den Grund zu gehen?
Julios Augen wurden schmal und Clio wurde die ganze Situation noch unangenehmer. Sie verstand auch nicht, warum Elena darauf bestanden hatte, dass sie an der Verlesung teilnahm. Clio war keine Càstano und würde im Testament gar nicht vorkommen.
»Was ist dann Eure Aufgabe?«, wollte Julio wissen.
»Seinen Nachfolger zu bestimmen. Der neue Fürst wird sich dann mit der Suche nach dem Mörder befassen.«
Julio nahm die Antwort mit einem wütenden Schnauben hin, seine Hände ballten sich zu Fäusten, doch er sagte nichts. Musste er auch nicht, man sah ihm an, dass ihm die Antwort missfiel.
Sandro Lombardi griff nach einigen Akten, die auf dem Tisch vor ihm lagen. Seine Finger zitterten leicht und es wirkte, als würde er sich mit den Papieren ablenken wollen.
»Ist das das Testament meines Großvaters?«
»Ja, Signor Càstano.«
Julio setzte sich gerade hin und deutete auf die Unterlagen. »Worauf warten wir dann noch?«
Clio konnte die Ungeduld deutlich in seiner Stimme hören. Es wunderte sie, denn normalerweise zeigte Julio keine Emotionen. Besonders keine Ungeduld.
Der Arzt tupfte seine Stirn mit einem Stofftaschentuch ab, er war in der Tat nervös. »Alle Erbberechtigten des Fürsten müssen anwesend sein. Signor Lorenzo Càstano fehlt noch«, erklärte er kleinlaut.
Elena zischte leise und fuhr zu dem Arzt herum. Das dunkle Lila ihrer Augen funkelte gefährlich. »Lorenzo? Hier geht es um Cesares Nachfolge. Und Lorenzo ist nur sein zweitgeborener Sohn. Julio ist sein Erbe!«
Der Arzt hob abwehrend die Arme und senkte den Kopf. »Es tut mir leid, Signora, aber wir müssen warten.«
Da wurden die Türen des Salons schwungvoll geöffnet und knallten lautstark gegen die Wand. Clio zuckte erschrocken zusammen und sah Lorenzo mit zusammengekniffenen Augen an, als er den Raum betrat. Irena Visconti war nicht bei ihm, wie Clio misstrauisch feststellte.
»Entschuldigt, dass ihr warten musstet. Die Nachricht vom Tod meines Vaters hat mich schwer getroffen und ich musste mich erst einmal sammeln.« Lorenzo wirkte beinahe euphorisch. Keinesfalls wie ein Mann, der gerade erst vom Tod seines Vaters erfahren hatte und darunter litt. Clio verdrehte bei dieser Falschheit die Augen.
Der Dämonenarzt nickte Lorenzo zu und schlug endlich die Akte vor sich auf. »Da nun alle anwesend sind, verlese ich den letzten Willen von Fürst Cesare Salvatore Càstano, ehemaliger Herrscher über Umbrien und die Toskana.« Er legte eine theatralische Pause ein und Clio war es, als hielte der gesamte Raum den Atem an. »All seine Besitztümer sowie der Titel des Fürsten gehen an seinen rechtmäßigen Erben über. Bedauerlicherweise muss ich gestehen, dass Cesare für diese Position niemanden namentlich festgelegt hat. In seinem Testament heißt es, dass sein Nachfolger ein Dämon aus seiner Blutlinie sein muss, der das Band zu einer Lilith geschlossen hat und von ihrer Stärke profitiert.«
Und genau mit diesen Worten platzte Clios Blase der Zukunft mit einem lauten Knall. Sie hatte sich ihre Freiheit zurückgewünscht, doch diese rückte nun in weite Ferne. Gerade so konnte sie ein entsetztes Keuchen unterdrücken. Mit dieser Nachricht hatte sie nicht gerechnet. Sie war davon ausgegangen, dass Julio der Erbe sein würde. Doch so klar war es offenbar nicht.
Der Arzt bestätigte ihre Vermutung, als er etwas beschämt in die Runde schaute. Zuletzt blieb sein Blick an Julio hängen, in seinem Blick war eine stille Entschuldigung abzulesen.
»Demnach gibt es offenbar zwei Anwärter.«
Elena knallte ihr inzwischen leeres Whiskeyglas auf die Kommode neben sich und funkelte erst den Arzt dann Lorenzo wütend an. »Nein, die gibt es nicht! Alessandro war Cesares Erbe und Julio ist Alessandros Sohn. Seine Lilith ist, wie ihr alle sehen könnt, wieder an seiner Seite. Demnach gebührt der Titel des Fürsten Julio und niemandem sonst!«
Clio zuckte bei diesen Worten kaum merklich zusammen und spürte bereits Julios Blick auf sich ruhen. Sie starrte betreten zu Boden. Ihre Gedanken überschlugen sich. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Dieser Abend hatte der Beginn von einem neuen Lebensabschnitt sein sollen. Sie hatte sich über ihre Gefühle klar werden wollen, während sie in ihr altes Leben in Mailand zurückgekehrt wäre. Zumindest vorrübergehend. Bis zu ihrem Abschluss. Doch dieser Traum war ausgeträumt.
Lorenzo hingegen stieß ein amüsiertes Lachen aus, bevor er eine betretene Miene aufsetzte. »Da magst du für den Moment recht haben, Teuerste. Aber wer sagt uns, dass die liebe Clio nicht morgen wieder ihre Sachen packt und geht?«
Alle Augen richteten sich auf Clio. Manche sahen sie anschuldigend an, wie der Arzt, andere zweifelnd, wie Elena und Rosa. Lorenzo blickte belustigt zu ihr hinüber, während Clio Julios Miene gar nicht deuten konnte. Clios Hals wurde trocken. Sie wagte nicht jemanden direkt anzusehen, denn sie hatte Angst, man würde sofort die Lüge in ihren Augen erkennen, falls sie behaupten sollte, endgültig zu Julio zurückgekehrt zu sein. Wenn es nicht um ihre Schwestern gegangen wäre, dann wäre sie sowieso niemals zurückgekommen. Mit Cesare war auch ihr Handel mit ihm gestorben. Und auch der zwischen ihm und ihrem Vater. Die beiden Männer hatten einen Pakt geschlossen, laut dem Cesare über die Zukunft von Thalia und Calliope bestimmen durfte. Er sollte entscheiden, an wen sie sich binden würden. Doch nun waren ihre Schwestern nicht mehr in Gefahr, gegen ihren Willen mit einem Dämon verheiratet zu werden, und Clio war damit frei.
»Wie ihr seht, scheint die Situation zwischen meinem Neffen und seiner Lilith noch nicht ganz geklärt zu sein. Ich stehe Julio in Fähigkeiten in nichts nach und meine Lilith ist an meiner Seite. Noch dazu ist sie eine Visconti. Ich gebe zu, ihr Blut mag nicht so verlockend sein wie das Blut einer Farnese, aber vermutlich zuverlässiger.« Er starrte Clio direkt an. Der Hohn und die Arroganz spiegelten sich in seinen dunklen Augen wider und Clio musste schlucken. Sie war Julios Schwachstelle, der Grund, warum ihm das Fürstentum verwehrt werden würde. Das wurde ihr in diesem Moment klar.
»Ich muss Lorenzo zustimmen. Und darum gibt es zwei Kandidaten für das Amt des Dämonenfürsten.« Der Arzt bedachte sowohl Julio als auch Lorenzo mit einem kurzen Blick, stand dann auf, als wäre seine Aufgabe damit für heute erledigt, und suchte seine Unterlagen zusammen.
Lorenzo trat auf ihn zu, ein diabolisches Grinsen auf den Lippen. »Aber ich bin mir sicher, dass die Mala’ak gern einen Fürsten an der Macht sehen würde, auf den man sich verlassen kann. Es wäre furchtbar, wenn Clio uns wieder verlassen würde und Julio allein dastünde. Ohne Lilith, die ihn vor dem Abgrund und der Dunkelheit bewahrt.« Sein Blick wanderte zu Julio und er sah ihn dabei herablassend an. Julios Augen verengten sich und Clio konnte sehen, dass sich seine Kieferpartie anspannte.
»Rede nicht so einen Unsinn, Lorenzo!«, zischte Elena ihm zu. »Dir steht das Fürstentum nicht zu.« Sie trat auf ihren Schwager zu und Clio befürchtete bereits, dass sie auf ihn losgehen würde, doch Julio versperrte seiner Mutter den Weg.
»So leid es mir tut, Signora Càstano, aber ich stimme Lorenzo zu. Wir brauchen einen Fürsten, von dem wir mit Gewissheit sagen können, dass er uns leiten wird, ohne die Gefahr, der Dunkelheit zu verfallen.«
Bei den Worten des Arztes wurde das Grinsen auf Lorenzos Gesicht nur noch breiter. Und die Dunkelheit, die sich daraufhin in Julios Augen ausbreitete, jagte Clio einen Schauer über den Rücken.
»Ihr wollt mir das Erbe meines Großvaters vorenthalten?« Julios kalte Stimme ließ das Blut in Clios Adern gefrieren und der Arzt wich einen Schritt vor ihm zurück.
»Nein, das möchte ich nicht, Julio. Aber ich muss an das Wohl aller Dämonen in dieser Provinz denken. Lorenzo ist ebenso ein Kandidat für das Amt des Fürsten, wie Ihr einer seid.«
Julio sah den Mann finster an und Clio konnte die dunkle Aura spüren, die sich um ihn herum ausbreitete wie ein Schatten. »Was soll das jetzt heißen? Wie wollt ihr entscheiden, wer Cesares Erbe antreten wird?«
Im Raum wurde es plötzlich totenstill und alle sahen Cesares Vertrauten an. Clio hielt den Atem an. Ihr schien es, als würde seine Antwort darüber entscheiden, ob es gleich zu einem Blutbad kommen würde oder nicht.
Sandro Lombardi betupfte wieder seine Stirn mit dem Taschentuch. Doch er bemühte sich anschließend um eine ernste Miene. »Wir haben zwei Wochen, um einen neuen Fürsten zu bestimmen, und diese Zeit werden wir uns nehmen. Ihr steht unter Beobachtung.« Der Blick des Arztes wanderte von Lorenzo zu Julio und bleib dann an Clio haften. Ihr Herz setzte einen Augenblick lang aus.
»Ihr und Eure Liliths.«
Clio
Es hätte so einfach sein können. Clio hatte es in ihren Träumen bereits vor sich gesehen. Wie die Dämonen der Mala’ak Julio zu ihrem neuen Fürsten ernannten. Wie sie ihm das Sagen über Umbrien und die Toskana übertrugen. Julio mochte nicht ohne Fehler sein, aber er wäre ein guter und gerechter Anführer geworden. Er hätte den Dämonen und Liliths, die ihm unterstellt wären, zugehört und sich ihre Probleme zu Herzen genommen, da war sich Clio sicher.
Das Wichtigste war jedoch, dass er sie nicht gezwungen hätte, in Florenz zu bleiben. Julio hatte ihr versichert, dass Thalia und Calliope frei sein würden und dass Clio gehen dürfte, wohin sie wollte, wenn das ihr Wunsch sei.
Diese Zusicherung hatte sich binnen der letzten zehn Minuten in Rauch aufgelöst. Zerplatzt war der Traum, zurück nach Mailand zu gehen, um dort das Studium zu beenden. Florenz war ihre Heimat, Julio ihr Dämon. Das würde sich nicht ändern. Doch das Studium war ihr unheimlich wichtig. Sie wollte es dort beenden, wo sie es begonnen hatte. Und sie war auch noch nicht fertig mit ihrem Leben, das sie sich dort aufgebaut hatte. Sie verspürte Sehnsucht nach ihrem Freundeskreis aus Studierenden, dem sie wenigstens ordentlich Lebewohl sagen wollte. Nachdem sie noch eine gute Studienzeit zusammen erlebt haben würden … War sie zu naiv gewesen, dass sie geglaubt hatte, dass alles gut ausgehen würde?
Clio hörte die Worte des Arztes in ihrem Kopf nachhallen. Man würde die Anwärter auf das Amt prüfen, ebenso wie ihre Liliths. Was hatte das zu bedeuten? In ihrem Kopf schwirrten bereits die wildesten Szenarien umher, die alle in die Richtung von »Die Tribute von Panem« gingen. Clio erschauderte. Was für Prüfungen sollten das sein? Oder war damit nur gemeint, dass man sie beobachten würde und sie sich keinen Fehltritt erlauben durfte? Beides klang in ihren Ohren nicht gerade spaßig. Viel eher sorgte der Gedanke daran dafür, dass ihr kalter Schweiß über den Rücken lief und ihre Hände anfingen zu zittern.
Während sie sich noch den Kopf darüber zerbrach, was nun von ihr verlangt werden würde, meldete sich eine kleine, aber penetrante Stimme in ihrem Inneren.
Was geht dich das an? Dir kann es egal sein, wer Fürst wird. Deine Schwestern sind in Sicherheit. Cesare ist tot und damit ist der Vertrag zwischen ihm und deinem Vater hinfällig. Du kannst sie mitnehmen und Florenz verlassen. Lass Lorenzo gewinnen, dann bekommen die Mala’ak, was sie verdienen. Leb dein Leben und schau nicht zurück.
War es wirklich so einfach? Konnte Clio so egoistisch sein? Die Antwort war erschreckend einfach: Ja, das konnte sie. Die Mala’ak hatte ihr nichts als Kummer gebracht und es kümmerte sie nicht, wenn sie sich gegenseitig zugrunde richteten mit einem machtbesessenen Mistkerl wie Lorenzo an ihrer Spitze. Das wäre nicht Clios Problem. Wenn sie und ihre Schwestern zurück nach Mailand kehrten, waren sie außerhalb seines Einflussgebietes.
Und wenn Julio unbedingt Fürst werden wollte, dann sollte er diesen Kampf allein ausfechten. Das ging Clio nichts an. Wenn er wirklich in Cesares Fußstapfen treten wollte, dann würde er einen Weg finden, allerdings ohne Clio, denn sie hatte auf den ganzen Mist hier keine Lust. Das war nicht ihre Welt.
Ein bellendes Lachen drang durch den Salon und Clio hob ruckartig den Kopf. Signore Lombardi war bereits gegangen, sie hatte es gar nicht zur Kenntnis genommen, nur noch die Familie war im Raum. Die Luft war so aufgeladen, dass Clio glaubte, sie würde jeden Moment explodieren. Vielleicht würde es auch so kommen.
Es war Lorenzo, der sich vor Lachen schüttelte. Es ging Clio durch Mark und Bein. »Das wird ein Kinderspiel!« Es waren die ersten Worte, die durch den Raum hallten, nachdem der Arzt gegangen war. Und sie kamen ausgerechnet von Lorenzo, er schlenderte gelassen durch den Raum und blieb vor Julio stehen. »Mein lieber Neffe, du kannst dich schon getrost von dem Posten des Fürsten verabschieden.«
Während Clio scharf die Luft einsog, wirkte Julio unbeeindruckt, doch ein gefährlicher Ausdruck lag in seinen Augen und ein Zucken umspielte seine Mundwinkel. »Sei dir da nicht so sicher, Onkel. Ich gelte nicht umsonst als der mächtigste Dämon, den diese Familie je hervorgebracht hat.«
Bereits bei seiner Geburt hatte man die Macht gespürt, die ihn umgab. Alessandro, Julios Vater, hatte Clio einst erzählt, dass er eine solch starke Aura noch nie zuvor bei einem Kleinkind gespürt hatte. Julio hatte von Anfang an eine Machtaura besessen, die der eines Erwachsenen gleichkam.
Lorenzo grinste nur eine Spur breiter, ebenfalls vollkommen unbeeindruckt von Julios Drohung. »Du warst der mächtigste Dämon. Vergangenheit. Selbst von hier kann ich spüren, wie die Dunkelheit nach dir ruft. Zwei Jahre ohne deine Lilith, besonders in so jungen Jahren, sind eine verdammt lange Zeit.«
»Dich besiege ich noch immer.« Julio erhob sich und trat seinem Onkel entgegen. Sie waren gleich groß und sich auch in ihrer Statur sehr ähnlich. Wenn Clio es nicht besser wüsste, hätte sie annehmen können, dass sich Vater und Sohn gegenüberstanden. So sehr ähnelte Lorenzo seinem verstorbenen Bruder Alessandro.
Clio musste an Julios Überlegungen bezüglich des Reifs denken. War es wirklich Lorenzo gewesen, der ihn erschaffen und ihr gegeben hatte? Hatte sie ihn mit Alessandro verwechselt? Clio konnte es nicht glauben, dass ihr das geschehen sein sollte.
»Ich wage das zu bezweifeln, Julio.« Lorenzos Stimme triefte vor Hohn, dann wandte er sich Clio zu. »Pupetta, ich hätte niemals geglaubt, dass ich das einmal sagen würde, aber ich danke dir. Denn nur dank dir ist mir das Amt des Fürsten so gut wie sicher.« Er deutete sogar eine leichte Verneigung an. Clio konnte ihn nur schweigend ansehen, ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Da stand Rosalia auf und sah ihren Onkel zornig an. Ihre Hand suchte Clios Schulter und sie drückte sie kurz. »Onkel, noch ist nichts entschieden. Wie du siehst, ist Clio noch hier und Julios Macht ist stärker als deine.«
Lorenzos Augen wurden finster und seine Macht pulsierte um ihn herum. Wie dunkle Schatten züngelte sie sich an ihm empor, für alle sichtbar. Er trat einen Schritt auf Julios Schwester zu.
»Rosalia, du solltest dich nicht in Angelegenheiten einmischen, die dich nichts angehen.«
Der Hohn wich aus Lorenzos Gesicht und machte dem Zorn Platz. Clio kniff die Augen zusammen, sie war im Begriff aufzustehen und sich schützend vor Rosalia zu stellen, doch diese zeigte keine Angst.
»Das alles geht mich sehr wohl etwas an.« Rosalia hatte die Hände in die Hüften gestemmt und funkelte Lorenzo zornig an, doch dieser wirkte sichtbar amüsiert.
Er trat einen weiteren Schritt auf sie zu und musterte seine Nichte von oben bis unten. »Nicht mehr lange. Sobald ich Fürst bin, wirst du das Band zu einem Dämon meiner Wahl schließen.«
Clios Kopf fuhr zu Lorenzo herum und ein zorniges Zischen kam ihr über die Lippen. Eben noch war es ihr egal gewesen, was aus Florenz und dem ganzen ehemaligen Fürstentum Cesares wurde, doch Lorenzos Drohung machte ihr das unmöglich. Auch wenn sie nichts mit alldem zu tun haben wollte, würde sie doch nie im Leben Rosa diesem Fiesling überlassen!
Rosalia wurde kreidebleich und wich einen Schritt von ihrem Onkel zurück. »Wie bitte?«
Das Grinsen trat wieder auf Lorenzos Gesicht. Er hob die Hand, schritt langsam auf sie zu und fuhr Rosa dann über die Wange. »Du bist die einzige Lilith, die die Familie Càstano je hervorgebracht hat. Ein solches Juwel muss sinnvoll und überlegt eingetauscht werden. Ich kann nicht verstehen, warum Cesare dich nicht schon längst das Band zu einem Dämon hat schließen lassen.«
Abscheu trat auf Rosas Gesicht und sie schlug Lorenzos Hand weg. »Vielleicht, weil ich kein Vieh bin, das auf dem Markt einfach so seinen Besitzer wechselt.«
Rosa streckte die Hand nach Clio aus, die sofort aufstand und sie ergriff. Sie verstand ihre Sorgen und ihren Zorn nur zu gut. Keine von ihnen wollte gegen ihren Willen verbunden werden. Doch Lorenzo schien andere Pläne zu haben.
»Ansichtssache, meine Liebe. Ich bin mir sicher, dass Antonella Visconti dich gern als Handelsgut bekommen würde. Sie handelt die besten Preise für Liliths aus.«
Der Blick aus Lorenzos dunklen Augen traf erst Rosa, dann Clio. Er sah sie an, als seien sie nicht mehr wert als eine Ziege, die man auf dem Markt an den Meistbietenden verkaufte.
Julio stieß ein Schnauben aus und trat Lorenzo in den Weg. Er baute sich vor seinem Onkel auf und Clio konnte deutlich seine Macht spüren. Sie spürte ihr Band pulsieren und Clios Herzschlag beschleunigte sich.
»Rede nicht so mit meiner Schwester, du Mistkerl!« Dunkle Schatten kamen aus Julios Händen und alle Anwesenden wichen einen Schritt zurück. Seine Macht umhüllte ihn nun wie ein Kokon.
Lorenzo wirkte nur bedingt nervös. Er wich zwar ein Stück zurück, um von den dunklen Schwaden nicht berührt zu werden, doch Angst schien er keine zu verspüren. »Du solltest dich schon daran gewöhnen, mich mit ›Fürst‹ anzusprechen, Neffe. Und vielleicht schon deine Sachen packen.«
Julio spuckte seinem Onkel vor die Füße. »Einen Scheiß werde ich!« Einen solchen Ausbruch hatte Clio noch nie bei Julio erlebt. Er war meistens die Ruhe selbst, immer bedacht darauf, höchst kontrolliert zu sein, und selbst sie konnte nur schwer sagen, woran er gerade dachte. Doch in diesem Moment sprach für alle deutlich sicht- und spürbar der blanke Hass aus ihm.
Lorenzo lachte leise und wandte sich einfach von seinem Neffen ab. Dann schritt er zu Clio hinüber, die bleich neben Rosa stand. Die Situation war zu schnell eskaliert, niemand hatte damit gerechnet.
»Pupetta, du darfst natürlich gern bleiben. Eine Augenweide wie du, ist mir hier immer willkommen.« Er streckte seine Hand nach ihr aus, doch Clio wich sofort einen Schritt zurück. Sie spürte Julios kalten Blick auf sich und seine Kräfte, die stärker wurden. Clio konnte spüren, dass Julio Mühe hatte, seine Macht zu kontrollieren.
»Fahr zur Hölle, Lorenzo!« Sie sah ihn wütend an. Er hatte alles kaputt gemacht. Wenn Julio das Erbe von Cesare antreten würde, wäre alles gut geworden. Doch nun begann offensichtlich ein Krieg um das Fürstentum.
»Ich bin ein Dämon, die Hölle macht mir keine Angst, sie ist mein Zuhause.« Lorenzo zuckte unbeteiligt mit den Schultern, ein widerliches Grinsen auf dem Gesicht.
Doch Clio ließ sich davon nicht beirren. »Dann kehr doch dahin zurück.«
Ein abscheuliches Lachen drang aus Lorenzos Kehle und er sah Clio anzüglich an. »Du solltest es dir nicht mit mir verscherzen, Pupetta. Das Schicksal deiner Schwestern liegt bald in meinen Händen.«
Clios Augen weiteten sich bei diesen Worten und ein Stich fuhr durch ihr Herz. »Was willst du damit sagen?«, fragte sie mit bebender Stimme. Ihr Puls schoss in die Höhe und Schwindel packte sie. Als würde sie am Rand einer Klippe stehen und hinabblicken in den dunklen Schlund.
»Dein Vater hat die Mädchen nicht an Cesare überschrieben, sondern an den Fürsten dieser Region. Also liegt ihr Leben in den Händen seines Nachfolgers. Und ich werde nicht zögern, auch die zwei an den Meistbietenden zu verkaufen.« Lorenzo grinste Clio frech an und ihr stockte der Atem. Das durfte auf keinen Fall passieren! »Oder noch besser: Ich übergebe sie gleich an die Wächter. Vielleicht würde ein großzügiges Geschenk in Form deiner Schwestern das Oberhaupt milde stimmen und die Wächter lassen uns Dämonen endlich in Ruhe.«
Das Blut in ihren Adern gefror zu Eis. »Das wagst du dich nicht!«, brachte sie mühsam hervor. Es wäre der schlimmstmögliche Ausgang des Ganzen. Und es würde vernichten, was Clio versucht hatte, ihren Schwestern zu ermöglichen: Sicherheit und Freiheit.
»Du solltest mich besser kennen.«
Als Clio das Funkeln in Lorenzos Augen sah, war es um sie geschehen. Eine Sicherung brannte in ihr durch und sie hieß die Wut willkommen. »Du mieser Bastard!« Sie ging auf Lorenzo los, die Hände zu Fäusten geballt. Die Gefahr, die von ihm ausging, kümmerte Clio nicht mehr. Lorenzo hatte ihre Faust mehr als verdient.
Doch bevor sie Lorenzos Gesicht treffen konnte, wurde ihr Arm festgehalten und sie wurde gegen eine harte Brust gezogen. Julios Geruch stieg ihr in die Nase, doch dieses Mal konnte er Clios Gemüt nicht beruhigen. Sie wehrte sich gegen Julios Griff, doch er hielt sie eisern fest. Ihre Füße hoben vom Boden ab, sie begann, um sich zu treten. Doch Julio schien ihr wildes Gezappel nicht zu stören, er hielt sie einfach fest.
»Beruhige dich.« Julios Lippen lagen direkt über ihrem Ohr. Ihr Herz schlug immer noch viel zu schnell, doch die Wärme, die von Julios Körper ausging, ließ sie tatsächlich ruhiger werden. Dann sackte Clio in Julios Armen zusammen und starrte wortlos auf den Boden, während sie Lorenzo leise lachen hörte.
»Pupetta, du bist wahrlich ein Wildfang. Es wäre so schade, wenn du gehen würdest. Mein Angebot steht: Du darfst gern bleiben.«
Clio unterdrückte die wieder aufsteigende Wut, so gut sie konnte. Julios Nähe half ihr dabei.
»Er wird das bekommen, was er verdient. Das verspreche ich dir«, flüsterte er ihr leise ins Ohr.
Es war ein Versprechen, das Julio nicht unbedingt würde halten können. Er hatte keinen Einfluss darauf, wie sich die Mala’ak entscheiden würden. Und mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie sich geirrt hatte. Ihre Schwestern waren nicht frei. Sie selbst war nicht frei. Sollte Lorenzo zum Fürsten ernannt werden, drohte ihnen ein schlimmeres Schicksal, als das Band mit einem Dämon schließen zu müssen. Wer konnte schon vorhersagen, was die Wächter der Akasha mit ihnen anstellen würden?
Als die Wächter ihre Mutter in die Finger bekommen hatten, hatten sie sie kaltblütig ermordet. Würden die Engelsblüter das auch mit ihren Schwestern machen? Auszuschließen war es nicht. Clio drehte sich bei dem Gedanken beinahe der Magen um. Das durfte niemals geschehen.
Der Plan von ihrem ruhigen und normalen Leben in Mailand war zunichte gemacht. Sie brauchte einen neuen. Einen Plan, bei dem Lorenzo zum Teufel geschickt wurde und ihre Schwestern und Freundin in Sicherheit waren.
Sie drehte sich in Julios Armen zu ihm um, seine Hände fuhren dabei über ihren Rücken. Ihre Blicke trafen sich. In seinen Augen lag etwas, was Clio nicht benennen konnte. Lorenzo würde Thalia und Calliope nach Rom überstellen, wenn er zum Fürsten ernannt werden würde. Daran hatte Clio keinen Zweifel. Es blieb nur eine Möglichkeit, um ihre Schwestern zu beschützen. Und die war – Julio. Nur er konnte dafür sorgen, dass ihre Schwestern in Sicherheit blieben. Er war der Einzige, der zwischen ihnen und den Wächtern stand. Was für eine Ironie des Schicksals! Sie war seine einzige Chance auf Erlösung. Nun war er auch die ihre.
Clio
Clio tigerte in ihrem Zimmer auf und ab. Das tat sie bereits seit Stunden. In ihrem Kopf schwirrten unzählige Ideen herum, wie sie sich und ihre Schwestern aus der derzeitigen Lage befreien konnte. Die Hitze, die trotz Julios Schutzzauber durch die geschlossenen Fenster drang, hinderte sie am logischen Denken. So kam es, dass sich all ihre Gedanken nur darum drehten, Lorenzo aus dem Weg zu räumen. Eine andere Möglichkeit fiel ihr derzeit nicht ein.
Es stellte sich nur die Frage, wie sie das bewerkstelligen sollte. Sie war nur eine Lilith. Dazu kam, dass sie zurzeit sehr schwach war. Ihr fehlte die Macht ihres Dämons. Clio hätte gern weiterhin auf sie verzichtet, aber allein konnte sie nichts gegen Lorenzo und seine finsteren Machenschaften ausrichten. Sie brauchte dringend Hilfe.
Die einzige Person, die ihr diese Hilfe gewähren konnte, war seit drei Tagen nicht zu Hause gewesen. Und wo sich Julio befand, wusste Clio nicht. Sie vermutete, dass er sich mit seinen Anhängern traf, um eine Strategie auszuarbeiten, sich gegen Lorenzo zu behaupten.
Ihr waren die Hände gebunden. Seufzend ließ sich Clio rückwärts auf ihr Bett fallen. Sie trug nur ein dünnes Sommerkleid und hatte die Haare zu einem unordentlichen Dutt hochgebunden. Trotzdem rann ihr der Schweiß von der Stirn und den Rücken hinab. Missmutig biss sie sich auf die Unterlippe. Früher, als sie noch richtig mit Julio zusammen gewesen war, hatte sie die Hitze kaum gespürt. Dafür hatte Julio mit seiner Macht gesorgt. Doch nun schien sie unter ihr zu zerfließen.
Ein Klopfen an der Tür ließ Clio erschreckt aufblicken. Stockend bat sie den Gast hinein. Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck betrat Calliope ihr Zimmer und setzte sich zielstrebig auf den Hocker vor ihrem Frisiertisch.
Stirnrunzelnd musterte Clio ihre jüngere Schwester. »Was ist los? Du siehst aus wie sieben Tage Regenwetter.«
Was bei der Hitze draußen absurd war. Callie hatte die Stirn in Falten gelegt und ihre lilafarbenen Augen waren dunkel. »Was unternehmen wir gegen Lorenzo?«, fragte sie ohne Umschweife.
Überrascht hob Clio eine Augenbraue. Mit dieser Frage hatte sie nun nicht gerechnet. Sie hatte, um ihre Schwestern nicht zu beunruhigen, noch nichts von der möglichen »feindlichen Übernahme« erzählt. Und von den Konsequenzen, die auf sie zukamen, falls Lorenzo tatsächlich an die Macht gelangen sollte.
»Was meinst du mit wir?« Clios Stimme klang gepresst, denn sie wollte ihre Schwester auf keinen Fall in die Sache mithineinziehen. Calliope war erst 16, sie sollte sich nicht mit diesen Dingen befassen müssen.
Doch ihre Schwester stieß nur ein Schnauben aus und strich sich die hellbraunen Haare zurück. »Clio, ich bin kein kleines Kind mehr. Auch wenn du mir nicht erzählt hast, was bei der Testamentsverlesung vorgefallen ist – ich habe meine Quellen. Lorenzo hat Rosa und uns öffentlich gedroht, Clio. Ich will nicht an die Wächter überstellt werden! Wer weiß, was die mit uns machen.«
Ein angewiderter Ausdruck trat auf Callies Gesicht, doch Clio sah dahinter die Angst in ihren Augen. Und sie war berechtigt.
»Wir wissen beide genau, was sie mit uns machen würden«, sagte Clio leise. Mit den Wächtern spaßte man nicht. Es waren Männer, die alles taten, um ihre Ziele zu erreichen. Fanatiker, die all ihre Taten ihrem Gott weihten. Sie waren stolz, erbarmungslos und nicht fähig zu verzeihen. Was sich mit der Ermordung Adelias bestätigt hatte. Damit lag es auf der Hand, welches Schicksal ihnen bevorstand.
Callie nickte langsam und sprach ihrer beider Angst offen aus. »Sie werden uns töten für den Verrat, den unsere Mutter begangen hat.«
Ein Frösteln überkam Clio bei den Worten ihrer Schwester. Callie hatte recht.
»Nein, das werden sie nicht. Für dich und Thalia gibt es noch eine Chance, solange ihr in den Schoß der Familie zurückkehrt.« Nur nicht für sie, da war sich Clio sicher. Sie war eine Farnese, noch dazu die Erbin ihrer Mutter und bereits mit einem Dämon der Mala’ak verbunden. Für sie gab es keine Chance mehr, eine Begegnung mit den Wächtern zu überleben. Die Engelsblüter würden sie töten, um damit auch Julios Leben zu verwirken. Ein Càstano weniger auf der Welt.
Doch Callie schien ihre Gedanken erraten zu haben: »Aber nicht für dich«, flüsterte sie. Dann schlug mit einem Mal Calliopes Faust so hart auf dem Frisiertisch auf, dass Clio zusammenzuckte. Ein Funkeln trat in die Augen ihrer Schwester. »Das dürfen wir nicht zulassen.«
Clio nickte. »Das werden wir auch nicht.« Nur über ihre Leiche würde jemand Hand an ihre Schwestern legen.
»Nein, das werden wir nicht«, sagte da eine vertraute Stimme hinter ihnen. Elena stand im Türrahmen und sah die Schwestern ernst an, die Hände vor der Brust verschränkt.
»Elena, was tust du hier?« Clio hatte angenommen, dass die Hausherrin noch in Florenz weilte, um sich um ihre Geschäfte zu kümmern. Seit Lorenzos Auftauchen und Cesares Tod verbrachte sie viel Zeit in der Stadt. Vermutlich versammelte auch sie ihre Verbündeten um sich. Clio konnte darüber nur Vermutungen anstellen.
»Ich habe euer Gespräch mitgehört. Ich kann helfen.« Mit einem sanften Ausdruck im Gesicht betrat sie Clios Zimmer und stellte sich mit dem Rücken zum Fenster. »Eure Mutter war meine beste Freundin«, fuhr sie etwas leiser fort. »Und ich werde nicht zulassen, dass ihre Kinder ebenfalls in die Hände dieser Barbaren fallen.« Elena ballte ihre zarten Finger zu Fäusten und ihre Augen blitzen auf.
Clio, die noch immer auf dem Bett saß, sah Julios Mutter gespannt an. Vielleicht war Julio doch nicht die einzige Person, die ihnen helfen konnte.
»Wie kannst du uns helfen?«
Elena sah sie lange an und seufzte dann. »Nun ja, der leichteste Weg, Lorenzo auszustechen, wäre es, wenn Julio an Macht gewänne und ihn besiegte.« Während sie das sagte, ruhte ihr Blick einzig auf Clio. Ein seltsamer Ausdruck trat dabei in ihre Augen. Clio biss die Zähne zusammen. Sie wusste genau, worauf Julios Mutter hinauswollte.
»Ich soll mich ihm hingeben.«
Ein entschuldigender Ausdruck trat in Elenas Augen, doch sie nickte. »Ich sage nur, dass es der leichteste Weg wäre. Würde Julio wieder die Kontrolle über seine ganze Macht erlangen, hätte Lorenzo keine Chance gegen ihn.«
Clio dachte nach. Im Grunde hatte Elena recht. Es gab bei diesem Plan nur ein gewaltiges Problem: Clio müsste sich wieder auf Julio einlassen. Nicht nur körperlich – was mit Sicherheit das kleinere Übel wäre, so sehr, wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte –, sondern auch seelisch und das war die eine Sache, die Clio nicht würde ertragen können.
Ihre Stimme klang kratzig, als sie Elena antwortete. »Das kann ich nicht.« Clio spürte Calliopes mitleidigen Blick auf sich und schaute zur Seite.
»Bist du dir sicher, Clio?« Elenas Worte klangen hart, auch wenn deutlich das Mitgefühl in ihrem Gesicht zu sehen war. »Es tut mir leid, aber ich muss dich das fragen. Nicht als Mutter von Julio, sondern euretwegen.« Sie sah erst Calliope, dann Clio an. In ihren Augen lag eine Entschlossenheit, um die Clio sie beneidete.
Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass allein bei dem Gedanken, Julio wieder in ihr Leben zu lassen – in ihr Herz – sich ihr die Kehle zuschnürte. »Ja, ich bin mir sicher. Leider.«
Sie war noch nicht bereit. Und wenn Clio ehrlich war, wusste sie nicht, ob sie es jemals sein würde. Sie hatte Julio geliebt. Aufrichtig und mit jeder Faser ihres Körpers. Sie mochte jung gewesen sein, noch ein halbes Kind. Doch es hatte sich nicht so angefühlt. Mit 17 war sie die Verbindung mit Julio eingegangen. Und an seiner Seite hatte sie sich nicht wie ein Mädchen gefühlt, sondern wie eine starke Frau. Doch das war an dem Tag vorbei gewesen, an dem er ihre Mutter hatte sterben lassen. Auch wenn er nicht direkt etwas für Adelias Entführung und ihre Hinrichtung konnte, so hätte er doch Cesare überreden müssen sie zu retten. Er hatte es nicht getan.
Sowohl auf Elenas als auch auf Calliopes Gesicht zeigte sich Trauer und Mitgefühl. Doch sie versuchten diese Gefühle zu verbergen. Clio erkannte sie trotzdem. Ebenso deutlich, wie sie in sich das schlechte Gewissen fühlen konnte. Wenn sie Julio nicht zu mehr Macht verhalf, riskierte sie das Leben ihrer Schwestern. Durfte sie das wirklich wagen? War sie egoistisch, wenn sie sich Julio nicht hingab? In dem Moment wusste Clio keine Antwort darauf.
»Wenn das so ist, brauchen wir einen anderen Plan. Lorenzo ist schon einmal im Ansehen der Dämonen dieser Provinz gesunken, das war auch der Grund, warum Cesare ihn so weit weg von der Familie wie nur möglich geschickt hat. Das muss uns erneut gelingen. Fällt er ein weiteres Mal, wird ihn niemand als Fürsten dulden.« Elena ging in dem Zimmer auf und ab. Ihre Absätze klackerten bei jedem Schritt. Wie das Ticken einer Uhr. Denn ihnen lief die Zeit davon.
»Und wie gelingt uns das? Wir sind nur drei Liliths, die kaum Einfluss haben.« Callie sah Elena bei ihrem Herumgelaufe missmutig zu. Die Entschlossenheit von vorhin war aus ihrer Stimme verschwunden.
»Wir Liliths haben mehr Einfluss, als ihr vielleicht denkt.«
Elena war stehengeblieben und schien fieberhaft nach einer Lösung zu suchen. Clio tat es ihr gleich. Ihr kam ein Gedanke, den sie bisher vernachlässigt hatte.
»Was ist mit seiner Lilith? «, fragte sie unvermittelt. »Irena ist eine Visconti und ihre Familie sehr mächtig.« Die rothaarige Schönheit, die an Lorenzos Seite hier aufgetaucht war, hatte zwar kaum ein Wort mit ihnen gewechselt, doch in ihren Augen hatte Clio das Feuer des Sieges gesehen. Als sie ihr bei der Dämonenhochzeit auf Sizilien begegnet war, hatte sie sie noch als sympathisch wahrgenommen, doch das hatte sich inzwischen geändert. Diese Frau führte etwas im Schilde, da war sich Clio sicher.
»Ja, das ist ein Problem.« Elena seufzte, doch dann runzelte sie nachdenklich die Stirn. »Aber ich frage mich wirklich, wie Lorenzo es bewerkstelligt hat, dass die alte Schreckschraube der Viscontis ihm ihre Nichte anvertraut.«
»Was meinst du?«, fragte Callie verwirrt.
»Antonella Visconti ist ein machthungriges Miststück, die ihr eigenes Fleisch und Blut verkauft. Warum sollte sie ihre Nichte Lorenzo geben, der ihr nichts zu bieten hat?«, erklärte Elena ihren Gedankengang.
Es war dasselbe, was sich Clio gefragt hatte. Antonella hatte das Sagen über Mailand und ein Imperium von Liliths, die sie zu ihrem eigenen Vorteil an Wächter oder Dämonen verkaufte. Ganz, wie es ihr beliebte. Antonella war es als Lilith gelungen, ohne fremde Hilfe eine ganze Provinz an sich zu reißen. Das war einzigartig in der Geschichte ihrer Welt. Sie herrschte über ganz Mailand und hatte doch nie selbst eine Verbindung zu einem Wächter oder einem Dämon geschlossen. Stattdessen schloss sie Allianzen mit ihnen.
»Noch hat er nichts zu bieten«, verbesserte Clio. Nur mit großer Mühe stieß sie diese Worte aus. Sie wollte sich einfach nicht vorstellen, dass Lorenzo die Oberhand gewann. »Aber sollte er zum Fürsten ernannt werden, gehört ihm ganz Umbrien und die Toskana.« Neben Rom war diese Region die mächtigste in ganz Italien. Und Rom war der Hauptsitz der Wächter von Akasha. Nahe beim Papst, den die Wächter bereits seit Jahrhunderten stellten.
»Das darf niemals geschehen. Nicht, solange ich am Leben bin«, sagte Elena entschieden und Calliope nickte zustimmend. »Sollte er aber wirklich dank seiner Lilith die Unterstützung von Mailand haben, sind wir geliefert.« Elena hatte den letzten Satz leise gesagt und schaute dabei aus dem Fenster. Die Verzweiflung war in ihrer Stimme zu hören.
Clio ließ sich die Worte durch den Kopf gehen. Lorenzo war zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt nach Florenz zurückgekommen. Zumindest aus ihrer Sicht und natürlich der von Julio, für ihn selbst war er nahezu perfekt gewählt. Sein Vater war überraschend verstorben, aller Voraussicht nach ermordet worden, sein Neffe nicht im Vollbesitz seiner Kräfte und es herrschte ein wackliger Frieden mit den Wächtern. Perfekte Bedingungen für einen Putsch.
»Als hätte er es gewusst«, flüsterte Clio. Und ihr drangen wieder Julios Worte in den Kopf. Er traute Lorenzo nicht und auch er war der Meinung, dass sein Onkel und Irena etwas im Schilde führten.
»Was gewusst?«, fragte Calliope verwirrt.
»Die Wächter mögen für Cesares Tod verantwortlich sein, doch er spielt Lorenzo perfekt in die Karten. Wenn Antonella geahnt hat, dass ein Machtkampf um das Fürstentum entbrennt, hätte sie allen Grund gehabt, eine Visconti an die Seite des nächsten möglichen Fürsten zu stellen.«
Elena sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Du glaubst, dass sich Mailand mit Rom verbündet hat? Antonella unterhält viele Kontakte zu den Wächtern. Ihr ist es einerlei, ob sie ein Bündnis mit Engelsblütern oder Dämonen schmiedet, Hauptsache, sie schlägt Profit daraus. Wenn deine Vermutung stimmt, würde es erklären, wie Lorenzo eine Visconti zu seiner Lilith machen konnte. Antonella hofft auf ein Bündnis mit den Càstanos und auf die Mitherrschaft über Florenz.«
Auch wenn sie nun zumindest ahnten, worauf Lorenzos Bündnis mit Irena fußte, war das Problem noch nicht gelöst.
»Also steht uns Mailand in Form der Viscontis gegenüber sowie die Dämonen aus Florenz, die auf Lorenzos Seite stehen«, fasste Callie ihre Lage zusammen und sah skeptisch zwischen den zwei Frauen umher.
»Vergiss Rom nicht«, ergänzte Elena und presste die Kiefer aufeinander. »Der Hauptsitz der Wächter und die Heimat von Adelia. Sie hegen schon immer einen Groll gegen unsere Familie.«
»Wir sind also im Arsch«, schlussfolgerte Clios jüngere Schwester.
Ein leises Lachen erklang im Raum. »Nicht gerade höfisch formuliert, Calliope, aber ja. Derzeit sieht es für uns nicht gut aus«, erwiderte Elena.