7,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 2,49 €
**Eine Soldatin zwischen Pflicht und Liebe** Als Magierin geboren zu werden, gilt in Arissas Familie als große Ehre. Doch die junge Frau ist als Immunda nicht imstande, Magie zu wirken und damit eine Schande für ihre Gilde. Entschlossen, trotzdem ihrem Land zu dienen, lässt sie sich zur Soldatin im Orden von Britannia ausbilden. Arissas Leben spielt sich mittlerweile am Hofe des charmanten Königs ab und doch zögert sie keine Sekunde, als ihr kleiner Bruder auf der Suche nach dem legendären Spiegel von Albion spurlos verschwindet. Die Reise zu dem uralten Relikt verläuft für Arissa jedoch anders als erwartet: Sie trifft auf den geheimnisvollen Raz, der ihr zwar seine Hilfe anbietet, aber auch den Frieden zwischen Magiern und Menschen für immer zerstören könnte … Endlich neuer Lesestoff von der Bestsellerautorin Francesca Peluso! Lass dich verzaubern von einer Welt voller Magie, einer verbotenen Liebe und einer Heldin, die über den Ausgang eines ganzen Krieges entscheiden könnte … //»Lies of Glass and Magic« ist ein in sich abgeschlossener Einzelband.//
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
Tauch ab und lass die Realität weit hinter dir.
Jetzt anmelden!
Jetzt Fan werden!
Francesca Peluso
Lies of Glass and Magic
**Eine Soldatin zwischen Pflicht und Liebe**
Als Magierin geboren zu werden, gilt in Arissas Familie als große Ehre. Doch die junge Frau ist als Immunda nicht imstande, Magie zu wirken und damit eine Schande für ihre Gilde. Entschlossen, trotzdem ihrem Land zu dienen, lässt sie sich zur Soldatin im Orden von Britannia ausbilden. Arissas Leben spielt sich mittlerweile am Hofe des charmanten Königs ab und doch zögert sie keine Sekunde, als ihr kleiner Bruder auf der Suche nach dem legendären Spiegel von Albion spurlos verschwindet. Die Reise zu dem uralten Relikt verläuft für Arissa jedoch anders als erwartet: Sie trifft auf den geheimnisvollen Raz, der ihr zwar seine Hilfe anbietet, aber auch den Frieden zwischen Magiern und Menschen für immer zerstören könnte …
Buch lesen
Vita
Danksagung
@ privat
Francesca Peluso wurde 1995 in Hessen geboren. Schon früh erwachte ihre Liebe zu Büchern, dem Lesen und Schreiben. Dabei hat sie eine Vorliebe für fantastische Welten, mutige Heldinnen und große Liebesgeschichten. Ihre Liebe für das gedruckte Wort veranlasste sie auch dazu, Buchwissenschaft im schönen Mainz zu studieren. Neben ihrem Studium ist sie begeisterte Tänzerin, Serienjunkie und Kaffeeliebhaberin.
Britannia befand sich im Krieg.
Magier gegen Menschen und jene, die ihr eigenes Blut verraten hatten, um auf der Seite dieser minderwertigen Kreaturen zu kämpfen. Menschen, denen aus einem unerfindlichen Grund eine Krone zuteilwurde, die es ihnen erlaubte, über die Magier zu regieren.
In welcher Welt herrschte das Lamm über den Löwen?
Nicht in der Welt, die Erazmus dabei war zu erschaffen. Er würde nicht länger einem König folgen, der sich für etwas Besseres hielt, nur weil auf seinem Haupt ein goldener Gegenstand ruhte. Die Menschen waren schwach, töricht und unrein. Sie verdienten es nicht, die Krone von Britannia zu tragen und dieses glorreiche Land zu regieren.
»Euer Bruder ist hier, um Euch zu sehen, Lord Reys«, erklang die Stimme seiner getreuen Gefährtin Octavia Blackwood, die seine rechte Hand in diesem Krieg war. Sie verfolgten dieselben Ziele und teilten die gleichen Ansichten.
Erazmus wandte den Blick von der Karte Britannias ab, die in seinen privaten Gemächern an die Wand gemalt worden war und die er in den vergangenen Stunden unentwegt angestarrt hatte. Die feinen Linien halfen ihm beim Denken, beim Pläneschmieden. Sämtliche Sitze der Magiergilden waren darauf verortet. Eine Erinnerung für ihn, wofür er tagtäglich kämpfte. Als Erazmus den Kopf hob, sah er, wie schwarzer Nebel um Octavia herumschwirrte, so, wie es bei den Umbra oft der Fall war. Die Finsternis gehorchte ihnen. Die Begabtesten unter ihnen wurden »Schattengänger« genannt und besaßen eine besondere Fähigkeit, deren Ausübung König James Warbeck jedoch verboten hatte: jedes Wesen mit einem Schatten zu befehligen.
Erazmus war ein Schattengänger, doch setzte er seine besonderen Kräfte stets mit Bedacht ein, niemals aus Wut. Aus Wut zu handeln war dumm und Dummheit brachte den Tod. Er war zu Höherem bestimmt. Als Kind mochte er das noch nicht verstanden haben, aber heute war das anders.
Heute führte er diesen Krieg an. Den Krieg, der Britannia befreien sollte. Der den Gilden der Magier die Herrschaft zurückgeben und die Menschen auf ihren rechtmäßigen Platz verweisen würde: auf ihre Knie. Von seinen Anhängern wurde Erazmus als Pionier betrachtet. Egal, wie jung er sein mochte. Seine Vorstellungen von der Zukunft sprachen für ihn. Ebenso seine Bereitschaft, alles für diese Zukunft zu tun.
Erazmus lief durch den Flur in Richtung des kleinen Ratszimmers, wo er mit seinen Anhängern die Angelegenheiten der Umbra diskutierte. Ein runder Tisch stand an der Seite vor dem Kamin, umgeben von einigen Stühlen. Die Wände, an denen er vorbeiging, waren aus dicken Mauern gebaut. Graue Steinblöcke reihten sich aneinander, die Böden waren aus schwarzem Marmor gefertigt. Durch einen Rundbogen betrat er das Sitzungszimmer, das von Kerzen erhellt wurde.
Sein Bruder Bellamy war einer der wenigen, die nicht Erazmus’ Gefolge angehörten und dennoch wussten, wo sich sein Anwesen Belfarsad befand. Obwohl er mit dem Rücken zu ihm stand, erkannte er seinen Bruder sofort. Das rote Haar war kurz geschnitten und ein langer brauner Mantel umhüllte seine schlanke Gestalt. Neben ihm stand etwas Großes, unter einem weißen Laken verborgen.
Erazmus breitete die Arme aus. »Bell, schön, dich zu sehen.« Er hatte seinen Bruder einige Monate nicht gesprochen. Seit der wahre Krieg begonnen hatte.
Langsam drehte sich Bellamy zu ihm um. Ein harter Zug lag um seinen Mund. Er war nur wenige Jahre älter als Erazmus und doch war er bereits ein gestandener Mann: Ende zwanzig, verheiratet und, wie Erazmus zu Ohren gekommen war, bald Vater. Bellamy war ein angesehenes Mitglied in den Kreisen der Magier. Wohlhabend und mit dem richtigen Namen. Ihm stand die Welt offen und Erazmus hoffte, dass sein Bruder an seiner Seite stehen würde. So wie er es immer getan hatte.
Die braunen Augen seines Bruders lagen in diesem Moment auf ihm, aber es war pure Skepsis darin zu sehen. »Erazmus Reys. Weißt du, dass inzwischen jedes Kind beim Klang deines Namens erzittert? Du stehst für die Angst in diesem Land.«
Erazmus hob eine Augenbraue und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Sein Bruder war immer sehr moralisch gewesen, vertrat ganz die Ansichten ihres Vaters. Familie, Moral und Ehre. Dabei hatte dieser Mann von nichts davon eine Ahnung.
Langsam schüttelte er den Kopf. »Nicht für die Angst, Bruder. Sondern für die Veränderung.« Angst zu schüren war niemals seine Absicht gewesen. Doch Erazmus war nicht naiv. Man schuf kein neues Zeitalter ohne Opfer. Und er war bereit, viele zu opfern. Für ein besseres Britannia.
»Eine Veränderung, deren Weg unzählige Leichen pflastern. Willst du wirklich im ganzen Land für Angst und Schrecken sorgen?« Bellamy klang vorwurfsvoll, als würde er Erazmus für seine Taten verurteilen.
Eraszmus’ Augen wurden bei den Worten seines Bruders schmal. Hinter seinem Rücken ballte er die Hände zu Fäusten. »Mich müssen nur jene fürchten, die sich mit den Menschen verbrüdert haben. Diese Kreaturen unterdrücken uns bereits seit dem ersten Magischen Krieg.«
Dieser Krieg lag Jahrhunderte zurück und hatte damit geendet, dass die Magier sich beinahe selbst zerstört hatten. Die Menschen hatten für den Frieden gesorgt. Zumindest besagte das die Überlieferung. Und das war auch der Grund gewesen, warum man den Menschen die Herrschaft übertragen hatte. Eine Schande und ein Verbrechen in Erazmus’ Augen.
Bellamy kam einige Schritte auf ihn zu und warf die Hände in die Luft. »Und nun hast du einen zweiten Magischen Krieg angezettelt, bei dem Unzählige sterben werden!«
Erazmus schloss die Augen. Er hatte sich von seinem Bruder eine andere Begrüßung erhofft. Eine freundlichere. Doch aus Bellamy sprach schlicht die Furcht. Furcht vor dem, was eine solch große Veränderung für die Welt bereithalten würde. Ihm fehlte es an Vorstellungskraft, um das neue Zeitalter sehen zu können.
»Warum bist du hier, Bellamy?«, fragte Erazmus mit ruhiger Stimme und bedachte seinen Bruder mit einem ausdruckslosen Blick. Er würde höflich und neutral bleiben, so wie seine Mutter es ihm beigebracht hatte.
Bellamy schüttelte heftig den Kopf. »Ich wollte dich zur Vernunft bringen, aber wie ich sehe, ist das zwecklos. Du wirst dich von deinem Weg nicht abbringen lassen.«
Ein Gedanke schoss Erazmus durch den Kopf und erstickte alle anderen: Hatte er seinen Bruder verloren? Erazmus konnte sich das nicht vorstellen. Nicht nach allem, was sie gemeinsam durchgestanden hatten. Selbst als man ihn verstoßen hatte, war Bellamy für ihn da gewesen. Sie waren Brüder. Jetzt und für immer.
Doch Erazmus war mehr als nur ein Bruder. Er war die Hoffnung aller Magier. Er war der Einzige, der sich erhoben hatte. Der das Wort ergriffen und Taten hatte folgen lassen, um sich gegen die Herrschaft der Menschen aufzulehnen. »Nein, das werde ich nicht. Dieser Weg ist der richtige. Wir sind Magier, wir sollten nicht im Dreck vor einem König buckeln, der ein Nichts ist.«
König James hatte es nicht verdient zu herrschen. Die Magier mochten den Menschen zahlenmäßig zwar weit unterlegen sein, aber das gab den Menschen nicht das Recht, deren Kräfte für ihre Zwecke zu missbrauchen. Jedes Mal, wenn Erazmus nur an den König dachte, bebte er vor Zorn, vor Scham. Dieser Mann hatte ihn zu einem Monster gemacht, zu einem Geschöpf aus Dunkelheit, und Erazmus’ Magie zu einer Waffe geformt. Dieser König benutzte Magier und ihre Fähigkeit, wie es ihm beliebte. Das musste ein Ende finden, ein für alle Mal. Wer war er schon, dass er sich erdreistete, über die Magier zu bestimmen?
»Den Menschen wurde die Aufgabe des Herrschens anvertraut, weil sie sie nicht ausnutzen. Sie werden, im Gegensatz zu uns, nicht durch Machtgier und Neid beeinflusst«, beharrte Bellamy und sah seinen Bruder eindringlich an.
Doch die Worte prallten an Erazmus ab. Kopfschüttelnd sah er Bellamy an. Er hatte vergessen, dass sein Bruder ein Träumer und Optimist war. Er war naiv und glaubte stets an das Gute in jedem Wesen. Bellamy hatte nicht die Schrecken erlebt, die Erazmus hatte miterleben müssen. Sein Bruder kannte keine Züchtigung, keine Folter, keinen Überlebenswillen. Er hatte nicht im Dreck schlafen und bangen müssen, den nächsten Tag zu überleben. Erazmus war froh darum, dass Bellamy nichts davon hatte erdulden müssen. Doch nur darum konnte er die Augen vor der wahren Bedrohung verschließen.
»Natürlich werden sie das, Bruder. Sie sind lediglich zu schwach und können sich nicht das nehmen, was sie wollen. Auch sie streben nach Macht und Einfluss, nur sind ihnen die Hände gebunden. Im Gegensatz zu uns. Wir sind die mächtigsten Wesen in Britannia. Uns kann niemand aufhalten.«
Er sah, wie Bellamy die Zähne zusammenbiss und den Blick abwandte. Dabei glitt sein Blick aus dem Fenster, von dem aus man den Innenhof des Anwesens sehen konnte. Erazmus wusste nicht mit Sicherheit, was er dort erblickte, doch er vermutete, dass sich seine Verbündeten gerade für den Krieg vorbereiteten.
»Du hast eine beeindruckende Anzahl an Anhängern um dich gescharrt, Erazmus. Magier aus jeder der fünf Gilden.« Doch die Worte klangen nicht wie eine Anerkennung, sondern viel mehr wie ein Vorwurf.
»Alles Magier, die es leid sind, dem König zu folgen.« Denn obwohl jede der fünf Gilden mächtiger war als es den Menschen im Gesamten je möglich sein würde, waren sie alle dem Königshaus untertan. Auf einen Magier kamen tausend Menschen. Sie waren einfach zu wenige, um sich gegen die Tyrannei der Krone zu wehren. Doch unter Erazmus’ Führung würde sich das ändern. Nicht die Anzahl seiner Anhänger bestimmte die Rechtfertigung für diesen Krieg, sondern ihre Überzeugung.
Ein dunkler Schatten huschte über Bellamys Gesicht. »Was ist mit den Magiern, die einen Menschen geheiratet haben? Die Kinder mit ihm oder ihr haben? Was geschieht mit ihnen? Sollen sie sich für eine Seite entscheiden? Mit diesem Krieg entzweist du Familien und reißt sie brutal auseinander.«
Erazmus schnaubte verächtlich. Allein die Vorstellung missfiel ihm. »Aus meiner Sicht haben sie dieses Schicksal verdient. Aber natürlich werde ich nicht zulassen, dass ihnen etwas geschieht – oder ihren Kindern. In jedem Kind aus einer solchen Verbindung fließt schließlich magisches Blut. Auch wenn es nur Halbblüter sind, gehören sie zu unserem Volk. Aber wenn du dich so sehr um diese Familien sorgst, dann sag das deinem Herrn. Es ist König James, der in diesen Kindern nur Abschaum sieht wegen der Magie, die in ihnen schlummert. Sie hätten die Reinheit der Menschen verloren, wie er es ausdrückt.«
Halbblüter gehörten dem Recht nach weder zu den Menschen noch zu den Magiern. Sie bildeten eine Gattung, die nirgendwo dazu gehörte. Ein Fehler in Erazmus’ Augen, denn der Ausschluss der Halbblüter aus der Gesellschaft würde früher oder später dazu führen, dass sie sich gegen ihre Herrscher auflehnten, auch wenn er grundsätzlich dagegen war, dass sich Magier mit Menschen vereinigten. Die Magie folgte dem Ruf des Blutes. Wurde dieses verwässert, würde die Magie irgendwann aufhören zu existieren. Und das durfte niemals geschehen.
»Tust du das alles nur, weil man einst auch in dir nichts als Abschaum gesehen hat?«, fragte Bellamy mit belegter Stimme. Reue lag in seinen braunen Augen, als gäbe er sich die Schuld für alles, was geschehen war.
Erazmus wandte sich von ihm ab und schloss die Augen. Er wollte nicht an seine Kindheit denken. »Die Zeiten sind längst vorbei, Bruder. Ich halte nicht an Vergangenem fest, ich blicke in die Zukunft. In eine Zukunft, in der die Magier über Britannia herrschen und die Menschen ihnen dienen werden. So verlangt es das Gesetz des Stärkeren.«
Etwas anderes würde Erazmus niemals hinnehmen. Jede Gilde konnte sich selbst regieren. Dafür benötigte es keine Krone, keinen Thron, keinen König.
»Ich verstehe«, erwiderte Bellamy trocken. »Das ist also dein Ziel?«
Erazmus hatte nie ein Geheimnis aus seinen Absichten gemacht. Nicht, als er sein Elternhaus verließ und das Oberhaupt der Umbra wurde, nicht, als er an den Königshof berufen wurde, um im Senex zu dienen. Jeden Monat trafen sich die Oberhäupter der fünf Magiergilden mit den Abgesandten der fünf einflussreichsten Adelsfamilien der Menschen, um sich zu beraten. Ein jedes Oberhaupt besaß andere Fähigkeiten. Fähigkeiten, von denen Menschen nur träumen konnten.
Die Side, die in die Zukunft sehen konnten.
Die Sanitas, die der Heilmagie fähig waren.
Die Elementarier, die eines der vier Elemente befehligten.
Die Animagen, die sich in ein Tier verwandeln konnten.
Und die Umbra, die Herr über die Schatten waren.
»Das war es immer. Schließ dich mir an, Bell. Es könnte wie früher sein, als wir noch Kinder waren.«
Bis zu seinem zwölften Lebensjahr hatte Erazmus eine glückliche Kindheit gehabt, gemeinsam mit Bellamy. Erst danach, als sich seine Magie manifestiert hatte, war alles in die Brüche gegangen.
Ein wehmütiger Ausdruck trat in Bellamys Augen. »Die Zeiten waren schön, das stimmt. Es tut mir leid, wie es gekommen ist. Dass ich mich nicht gegen unseren Vater behaupten konnte.«
Erazmus hob die Hand und fuhr seinem Bruder mit dieser Geste über den Mund. »Das muss es nicht. Du warst ebenso ein Kind, wie ich es war.«
Bellamy schwieg. Ebenso Erazmus. Als befänden sie sich an einem Punkt, wo ein einziges unbedachtes Wort ihr brüderliches Band für immer zerstören könnte.
Nach einem kurzen Moment des Schweigens deutete Bellamy auf den Gegenstand, der unter dem weißen Leinentuch verborgen war. »Ich habe dir etwas mitgebracht.«
Erazmus betrachtete das weiße Laken mit hochgezogener Augenbraue. »Deine neueste Forschung? Wird dir die Arbeit in der Zitadelle nicht langsam langweilig?«
Das Forschungsinstitut des Landes war Erazmus schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Magier und Menschen arbeiteten dort Hand in Hand zusammen. Als sein Bruder Teil davon wurde, hatte er es im ersten Moment nicht glauben können.
»Forschung und Wissenschaft werden niemals langweilig, Bruder«, grollte Bellamy mahnend. »In der Zitadelle vereinen wir die Technik der Menschen mit der Magie der Magier. Das ist die Zukunft.«
Über dieses Thema würden sie sich wohl niemals einig werden. Aber das spielte ohnehin keine Rolle mehr. »Du weißt, dass ich nichts von den Techniken der Menschen halte, aber sei’s drum. Woran hast du gearbeitet? Glaubst du noch immer, dass du Portale in fremde Welten öffnen kannst?«
Das war der Traum seines Bruders. Bellamy glaubte fest daran, dass andere Welten und Reiche existierten, und versuchte seit Jahren eine Möglichkeit zu finden, dorthin zu reisen. Beide Brüder strebten nach Höherem, doch hatten sie verschiedene Wege eingeschlagen.
»Das tue ich und ich habe einen Weg gefunden«, verkündete Bellamy voller Stolz. Er riss das weiße Laken herunter und zum Vorschein kam ein Spiegel. Er war gut zwei Meter hoch und einen Meter breit. Der Rahmen war aus purem Gold und reich mit Ornamenten verziert.
Erazmus betrachtete den Spiegel argwöhnisch, dann hoben sich seine Mundwinkel. »Du brauchtest eine Tür, ein Medium.« Er war mit den Forschungen seines Bruders vertraut, die alle in Fehlversuchen geendet waren. Bis jetzt. Ohne einen Gegenstand, der als Durchgang fungierte, konnte das Portal sich nicht manifestieren.
»So ist es. Es hat nicht so funktioniert, wie ich es mir gedacht habe, aber es erfüllt seinen Zweck.«
Ein anerkennendes Lächeln breitete sich auf Erazmus’ Gesicht aus. »Ich bin stolz auf dich, Bruder. Wie mir scheint, haben wir uns beide unsere Träume erfüllt. Wie funktioniert der Spiegel?«
Ein Leuchten trat in die Augen seines Bruders. »Der Spiegel von Albion …«
»Albion?«, unterbrach Erazmus ihn erstaunt. »Du benennst ihn nach dem früheren Namen Britannias, wieso das?« Nach dem ersten Magischen Krieg, als die Warbecks an die Macht kamen, hatte der damalige König das Land Albion in Britannia umbenannt. Als Zeichen des Neubeginns.
Bellamy zuckte mit den Schultern. »Es erschien mir passend. Albion ist unser aller Ursprung, es sind unsere Wurzeln. Man sollte niemals vergessen, woher man kommt.«
Ein leises Lachen löste sich aus Erazmus’ Kehle. »Wie gewohnt sehr poetisch, Bellamy. Also, was braucht es, um ein Portal in fremde Welten zu öffnen?« Er trat einige Schritte in den Raum, um sich neben Bellamy zu stellen, die Arme vor der Brust verschränkt, und begutachtete das Meisterwerk seines Bruders. Erazmus war größer als Bellamy und auch sonst sahen sie sich nicht ähnlich. Wo Bellamy die roten Locken ihres Vaters geerbt hatte, kam Erazmus ganz nach seiner Mutter: das dunkle Haar, die drahtige Figur und die schmale Nase. Optisch käme niemand auf die Idee, dass durch seine Adern auch das Blut der Magees floss. Nur im Sonnenlicht schimmerte auch bei ihm zart das Rot seines Erzeugers durch. Gut, dass er als Umbra selten das Licht aufsuchte.
»Sag schon: Wie funktioniert der Zauber?«
Bellamy sah ihn lange von der Seite an, dann nickte er unmerklich. »Es wäre wohl das Beste, wenn ich es dir zeigte.« Ein eigenartiger Ausdruck lag in seinen Augen und seine Stimme klang seltsam betrübt. Dann wandte er den Blick ab und betrachtete den Spiegel.
»Asche der Gefallenen, gestorben im Kampf.«
Bellamy griff in seinen Umhang und zog einen kleinen Lederbeutel hervor. Er griff mit einer Hand hinein und warf eine Handvoll Staub auf die glänzende Oberfläche des Spiegels.
»Tränen der Geknechteten, vergossen aus Schmerz.«
Erneut holte Bellamy etwas aus seiner Manteltasche. Dieses Mal war es eine filigrane Phiole. Mit einer Pipette gab er einige Tropfen der darin enthaltenen Flüssigkeit auf den Spiegel. Sie rann an dem Glas herunter, dabei begann sie zu leuchten und schien mit dem Spiegel zu verschmelzen.
»Blut der Seinen, gegeben aus Liebe.«
Er griff nach einem Dolch, der in einer Scheide an seinem Gürtel steckte, und zog sich mit einer schnellen Bewegung die Klinge über die Handfläche.
Erazmus holte tief Luft und kniff die Augen zusammen. »Blutmagie? Ich dachte, ihr Sanitas habt dieser Art von Magie abgeschworen, weil sie nicht rein genug ist und euch der Heilung verpflichtet. Wofür benötigst du Blut für diesen Zauber, Bell?« Seine Neugierde war geweckt, ebenso aber auch sein Misstrauen. Blutmagie war eine mächtige Form der Magie, die ebenso gefürchtet war wie die Magie der Schattengänger.
»Es tut mir leid, Bruder. Du hast mir keine andere Wahl gelassen«, hauchte Bellamy, eine Träne rann ihm dabei über die Wange und er drückte seine Hand auf den Spiegel. Zurück blieb der blutige Abdruck seiner Finger. Das Glas begann erneut zu leuchten, wie die Oberfläche eines Sees, in der sich das Sonnenlicht spiegelte. Die Erde erbebte leicht und Wind kam auf.
Erazmus’ Augen wurden schmal. Der Wind peitschte ihm ins Gesicht und brachte seine Haare durcheinander. »Der Spiegel ist kein Portal, oder?« Er wusste nicht, was genau sein Bruder mit dem Spiegel bezweckte, doch die verwendete Blutmagie verhieß nichts Gutes. Blut war immer unheilversprechend.
Bellamy neigte den Kopf. »Ein passenderer Name wäre wohl ›Gefängnis‹. Dein Gefängnis. Der König und der Senex wollen deinen Tod, doch das kann ich nicht zulassen. Der Spiegel von Albion ist die Lösung.« Es klang, als würde er Erazmus einen Gefallen erweisen.
Dessen Reaktion war eine andere: Ein Brüllen hallte durch den Sitzungsraum und Erazmus stand kurz davor, sich auf seinen Bruder zu stürzen. »Die Lösung?! Du hast mich verraten!«
Bellamy gehörte zu den Sanitas, den Heilern unter den Magiern und damit der wohl einzigen Gilde, die in den Augen des Königs überhaupt etwas wert und zu etwas nutze war. Bellamys Leben war damit im Vergleich zu dem der meisten anderen Magier unbeschwert. Sorglos, mochte man sagen. Die Sanitas hatten sich der Krone angeschlossen, um dieses sorglose Leben nicht missen zu müssen, statt gemeinsam mit ihren Brüdern und Schwestern der anderen Gilden in den Krieg zu ziehen. Sein Bruder hatte nie verstanden, wie Erazmus’ Leben aussah. Er wusste nicht, wie es war, als Abschaum behandelt zu werden. Und nun hatte Bellamy ihn endgültig an die Krone verraten.
Das Glas des Spiegels begann zu pulsieren. Es wirkte, als würde es flüssig werden, der Spiegel sah auf einmal aus wie die Oberfläche eines Teichs, in den man einen Stein geworfen hatte – Kreise entstanden, die immer größer wurden und über den Rand des Spiegels hinaustraten. Die Magie breitete sich wellenförmig im Raum aus.
Eine Macht ergriff von Erazmus Besitz. Ebenso wie die Wut, die weiter durch seine Adern schoss. Bellamy hatte ihn mittels der Blutmagie an den Spiegel gebunden. Erazmus rief nach seinen Schatten. Finsternis tanzte im Raum, kämpfte gegen die Magie des Spiegels, die ihn zu sich zog. Erazmus wollte eins werden mit der Dunkelheit, wollte verschwinden, um seinem Gefängnis zu entkommen. Doch die Magie des Spiegels war stärker als er. Sie zerriss seine Schatten ebenso wie seine Magie.
Bellamy sah ihn traurig an und trat zur Seite. Weg von dem Spiegel und seinem Bruder, den er gerade hintergangen hatte. »Ich muss dir leider deine Magie nehmen. Britannia kann nicht riskieren, dass Erazmus Reys zurückkommt.«
»Nein!«, donnerte Erazmus’ Stimme durch den Raum. Seine Anhänger mussten sein Wüten gehört haben, denn auf dem Flur wurden nun Schritte laut. Doch Erazmus spürte auch das Wirken von fremder Magie. Er trat ans Fenster und sah, wie die Krieger des Ordens, die Soldaten des Königs, den Innenhof einnahmen. Sein so gut verborgenes Anwesen war entdeckt und gestürmt worden. Sein eigener Bruder hatte seinen Aufenthaltsort verraten. Aber die Schwerter der Angreifer trafen auf die Magie der Umbra. Seine Anhänger würden ihn verteidigen. Ihn und seine Mission.
An der Seite der Ordenskrieger kämpften einige Magier. König James hatte die anderen Gilden auf seine Seite gezogen. Allen voran die Sanitas, angeführt von den Magees.
»Du hast mich verraten, deinen eigenen Bruder! Wie konntest du nur?!«
Bellamy wagte es nicht ihn anzusehen. »Ich handele im Namen von Britannia, Bruder. Du willst den Untergang unseres Landes heraufbeschwören.« Er hielt auf einmal ein goldenes Amulett in den Händen, in dessen Mitte ein dunkelroter Stein eingelassen war. Das Licht der Kerzen brach sich darin. Bellamy begann eine Beschwörungsformel zu murmeln. Erazmus erkannte die Wörter, es war ein Zauber, um einem Magier seine Kräfte zu nehmen. Doch solch mächtige Zauberei erforderte eigentlich die Macht von allen fünf Magiergilden.
In diesem Moment betraten vier Personen den Raum. Erazmus erkannte sie sofort als die Oberhäupter der Gilden. Gekommen, um einen großen Zauber zu entfachen. Erazmus stieß einen Schrei aus, als er spürte, wie die Magie seinen Körper verließ. Als würde man ihm seine Seele entreißen. Einen solchen Schmerz hatte er noch nie zuvor verspürt. Seine Magie wurde in dem dunkelroten Stein des Amuletts eingeschlossen, das Bellamy noch immer in seinen Händen hielt.
Verraten vom eigenen Bruder!
Das würde Erazmus ihm nie verzeihen.
Er berührte das Glas des Spiegels. Sein Körper drang wie durch Wasser in ihn ein. Er wehrte sich mit aller Kraft gegen die fremde Magie. Doch es half nichts.
Mit vor Wut verzerrtem Gesicht wandte er sich seinem Bruder zu. »Dafür wirst du büßen! Ich werde zurückkommen und mir alles nehmen, was du heute versuchst mir zu verwehren!«
Er war der mächtigste Magier Britannias. Das hier war nicht sein Ende. Er würde wiederkommen und dann würde nicht einmal der geliebte Gott der Menschen seine Feinde vor seinem Zorn bewahren können.
»Nein, das wirst du nicht«, widersprach Bellamy leise. »Erazmus Reys wird nur noch eine Erinnerung sein. Eine Schauergestalt in einem Märchen, welches man seinen Kindern erzählt.« Trauer lag in den braunen Augen seines Bruders.
»Sei verflucht, Bellamy! Dieser Spiegel wird mich nicht aufhalten können. Ich bin Erazmus Reys und das hier ist nicht mein Ende!«
Es waren seine letzten Worte, bevor der Spiegel ihn verschlang. Es war ein Versprechen, das Erazmus vorhatte zu halten.
Auf leisen Sohlen folgte sie ihrem Ziel durch die Straßen Londiniums. Es hatte bereits zu dämmern begonnen. Die einbrechende Dunkelheit sorgte dafür, dass sie regelrecht mit ihrer Umgebung verschmolz, was hilfreich war, doch gleichzeitig sah sie auch wesentlich schlechter. Besonders im Vergleich zu ihrem Zielobjekt. Dieses nahm seine Umgebung offenbar auch bei Nacht ausgezeichnet wahr.
Abrupt blieb Arissa stehen und kroch in den Schatten einer Hauswand. Sie befand sich in einem der Außenbezirke Londiniums, wo die ärmeren Bewohner der Stadt lebten. Die Straßen waren in dieser Gegend schmal, erinnerten viel mehr an Gassen, an manchen Stellen passten gerade einmal zwei Menschen aneinander vorbei. Das alte Pflaster war von Matsch bedeckt, es war von Rissen durchzogen und müsste dringend erneuert werden.
Der Mann, den sie seit seiner Ankunft in der Hauptstadt verfolgte – seit geschlagenen zwei Stunden –, stand im Eingang einer zwielichtigen Taverne. Das Licht der Laterne, die über der Tür angebracht war, erhellte sein Gesicht. Seine Pupillen zogen sich zusammen, wurden zu Schlitzen wie bei einem Tier. Langsam reckte er die Nase nach oben, als hätte er einen Geruch wahrgenommen.
Arissa hielt den Atem an, obwohl es unmöglich sein konnte, dass er sie gewittert hatte. Sie trug einen magischen Schild, der ihren Geruch verbarg, eingebunden in das Wappen des keltischen Kreuzes, das ihren Brustharnisch zierte. Das Wappen des Ordens, der Kriegerverband des Landes.
Was auch immer dieser Mann also gerochen hatte, sie konnte es nicht sein. Und dennoch wirkte er so, als wüsste er, dass ihn jemand verfolgte.
Der Mann betrat das Gasthaus. Arissa schritt aus dem Schatten und näherte sich langsam und vorsichtig der Taverne. Sie sah sich dabei um, konnte aber niemanden wahrnehmen, der die Instinkte des Mannes geweckt haben könnte. Sie war allein in der Gasse. Vielleicht war ihr Zielobjekt auch einfach übervorsichtig. Eine Eigenschaft, die ihm eventuell noch das Leben retten würde.
Von draußen vernahm sie bereits Stimmengewirr. Die Klänge einer Laute und verschiedener Trommeln mischten sich zu dem Gelächter der Gäste.
So sehr Arissa ihre Pflichten als Kriegerin liebte, so gut konnte sie sich in diesem Moment eine angenehmere Beschäftigung vorstellen, als zwielichtigen Gestalten durch ganz Londinium zu folgen. Warum hatte ausgerechnet sie diesen Auftrag zugeteilt bekommen? Nur weil sie bei den Übungskämpfen gestern gegen Darcy Astor verloren hatte. Das triumphierende Grinsen ihrer Kontrahentin hatte sie noch immer vor Augen und es ärgerte Arissa ungemein.
Nun musste sie einen Mann verfolgen, der sich bei seiner Überfahrt von Dyfflin aufs Festland nicht registriert und als blinder Passagier an Deck geschlichen hatte. Eigentlich war es nicht Aufgabe des Ordens, solchen Verstößen nachzugehen. Zumindest nicht, wenn es sich um einen Menschen gehandelt hätte. Doch ihr Zielobjekt war ein Magier. Das Königshaus und somit auch der Orden stuften es als höchst verdächtig ein, wenn ein Magier unter falschem Namen reiste. Denn das Misstrauen, das die Menschen den Magiern entgegenbrachten, reichte leider noch sehr tief. Die Adelshäuser hatten stets Angst vor Putschversuchen und einem Anschlag auf die Krone.
Warum auch immer der Mann nicht wollte, dass seine Reise in die Hauptstadt bekannt wurde – er hatte Pech gehabt. Er war aufgeflogen. Doch statt ihn sofort festzunehmen, sollte Arissa nun heimlich herausfinden, was der Mann eigentlich im Schilde führte.
Arissa kam sich vor, als verfolge sie einen Verbrecher. Aber das Einzige, was dieser Mann bisher verbrochen hatte, war, seine Überfahrt nicht bezahlt zu haben. Deswegen konnte man ihn kaum als Verräter brandmarken. Dennoch: Er war ein Magier. Und die weckten nun mal aufgrund ihrer Macht immer auch die Angst bei den normalen Bürgern des Landes. Jeder Mensch war ihnen gegenüber misstrauisch und die Bevölkerung Britannias froh darüber, dass die Zahl der Magier im Vergleich zu den Menschen gering war.
Arissa überprüfte, ob ihre Messer an Ort und Stelle an ihrem Waffengürtel befestigt waren und betrat dann ebenfalls die Taverne. Von draußen würde sie nichts über diesen Mann herausfinden können. Sie zog sich die schwarze Kapuze tiefer ins Gesicht. Unter dem langen Mantel trug sie die Uniform des Ordens: Armschützer und Schulterplatten, gefertigt aus Platin, darüber ein dunkelblauer Überwurf mit dem Brustharnisch. Ihre Beine steckten in ledernen Hosen und schweren Stiefeln.
Ihr schlug eine Mischung verschiedener Gerüche entgegen, bei der sich ihr der Magen umdrehte. Verbrannte Zwiebeln, Bier, Schweiß und Erbrochenes. Widerlich!
Arissa rümpfte die Nase und verzog das Gesicht. Kritisch ließ sie den Blick über die Menge schweifen – und entdeckte ihr Zielobjekt am Tresen. Vor ihm standen zwei Krüge Bier.
Sie setzte sich an einen Tisch in der Nähe der Tür, von wo aus sie die Theke gut im Blick hatte. Adrenalin rauschte durch ihre Adern. Bald würde sie erfahren, was dieser Mann in der Hauptstadt zu suchen hatte. Was so wichtig war, dass er dabei nicht beobachtet werden wollte. Ob er sich womöglich gegen seine Gilde verschworen hatte und geheime Informationen weitergeben wollte? Wirklich vorstellen konnte Arissa sich diese Möglichkeit allerdings nicht. Die Gilde eines Magiers war seine Familie. Eine Vereinigung, die auf den besonderen Kräften ihres Trägers beruhte. Jede der fünf Gilden in Britannia unterstand den Regeln ihres jeweiligen Anführers, ebenso aber auch dem Gesetz der Krone.
Sie musterte den Mann heimlich von oben bis unten. Sie schätzte ihn auf Ende zwanzig, dunkle Locken umrahmten sein Gesicht, sie hatten dieselbe Farbe wie seine braune Haut. Arissa wusste, dass er ein Animage war. Nicht, weil man es ihm ansehen konnte – optisch unterschied sich ein Magier nicht von einem Menschen –, nein, er war beim Wirken seiner Magie beobachtet worden. Doch im Bericht über diesen Mann war zu Arissas Missfallen nicht erwähnt worden, in welches Tier er sich verwandeln konnte, sondern nur, dass er es konnte. Eine schlampige Berichterstattung, über die sie sich die gesamte Mission über schon ärgerte. Dieser Mann trug also einen Tiergeist in sich, der es ihm erlaubte, sich in eben dieses Tier zu verwandeln. Animagen waren besonders schnell, besaßen ausgeprägte Sinne und waren selten allein unterwegs. Wie die meisten Tiere, waren sie Teil eines Rudels oder eines Schwarms. Und genau das machte ihr Zielobjekt noch geheimnisvoller, denn dieser Animage war offensichtlich allein gereist.
Aus einer Tür, die vermutlich zu den Toiletten führte, trat in diesem Moment ein Mann, der zielstrebig auf die Theke zusteuerte und sich direkt vor einen der zwei Bierkrüge setzte.
Arissa kniff die Augen zusammen. Dieser Mann passte nicht hierher. Die Taverne war heruntergekommen. Ein einziger Blick auf das Klientel hatte ihr genügt, um sicher zu sein, dass sich hier nur das niedere Volk traf. Auch wenn sich dieser Mann bemühte, sich den Kreisen anzupassen, indem er einen abgenutzten und beschmuddelten Umhang trug, war er dennoch gescheitert. Arissa konnte das Leder seiner Hosen beinahe von ihrem Platz aus riechen. Es war neu. Die schwarzen Stiefel waren von feinster Qualität. Niemand der hiesigen Gäste konnte sich solche Art kostbarer Kleidung leisten.
Ein reicher Mann, der sich des nachts in diese Gegend traute, war entweder dumm, lebensmüde oder naiv. Vielleicht auch alles drei zusammen. Sein schlaksiger Körper verriet ihr, dass er kein Kämpfer war. Sollte er in den engen Gassen überfallen werden, konnte er froh sein, wenn er mit dem Leben davonkäme.
Es gab noch eine Möglichkeit, um seine körperliche Unterlegenheit auszugleichen: durch eine andere Gabe, durch Magie. War dieser Mann womöglich ebenfalls ein Animage?
In diesem Moment bemerkte Arissa, dass die Unterhaltung der beiden Männer offensichtlich zu einer hitzigen Diskussion ausgeartet war. Als ihr Zielobjekt aufgebracht die Arme in die Luft warf, drehte sich der zweite Mann kopfschüttelnd und schnaubend von ihm weg.
Arissa konnte nun sein Gesicht sehen und erkannte sofort, wer er war. Seinen Namen hatte sie zwar vergessen, aber sie wusste, dass er einem kleinen Kreis von Abgesandten angehörte, die im Namen der Gilde der Animagen am Königshof vorsprachen. Sie waren die Botschafter ihres Oberhauptes Hollis Arca, eine mächtige Eulen-Animage und das Clanoberhaupt der Familie Arca, die Dyfflin regierte.
»Kann ich dir etwas bringen?«, sprach sie plötzlich ein junger Mann an, der eine Schürze um die Hüften gebunden hatte.
Erschrocken schaute Arissa zu ihm auf und schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, danke. Ich …«, begann sie, doch wurde sofort von dem Kellner unterbrochen.
»Du beobachtest die beiden Männer am Tresen. Ja, das ist mir aufgefallen.« Er zog eine Augenbraue nach oben, doch seine Lippen umspielte ein amüsiertes Lächeln.
Arissa biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte nicht angenommen, dass ihr irgendjemand im regen Treiben des Gasthauses Aufmerksamkeit schenkte. Ein Fehler, den sie nicht noch einmal begehen würde.
»Kennst du sie?«, fragte sie den Kellner geradeheraus. Zu leugnen, was er beobachtet hatte, würde ohnehin nichts bringen.
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe noch nie einen von ihnen hier gesehen. Aber sie haben sich gestritten. Und der Name des Königs ist gefallen.«
Arissa sog scharf die Luft durch die Zähne. Sie redeten über den König? Das war kein gutes Zeichen. Man hatte ihr befohlen zu observieren. Herauszufinden, was dieser Mann vorhatte. Doch vielleicht blieb ihr dafür keine Zeit.
»Danke für die Information!« Sie kramte einige Schilling aus ihrer Tasche und warf sie auf den Tisch. Mit schnellen Schritten bahnte sie sich einen Weg zum Tresen. Die Männer bemerkten sie gar nicht, so sehr waren sie in ihr hitziges Gespräch vertieft.
»Wir müssen handeln, wenn wir unser Volk beschützen wollen!«, zischte ihr Zielobjekt gerade mit eindringlicher Stimme, was Arissa als Zeichen deutete, einzugreifen.
»Sagt mir, Gentleman, was verschlägt zwei Animagen so weit weg von zu Hause?«
Ruckartig fuhren zwei Köpfe zu ihr herum. Beide Männer sahen sie mit weit aufgerissenen Augen an, doch Arissa wartete keine weitere Reaktion ab. Ihr Vorteil war die Schnelligkeit. Ansonsten wäre sie zwei Magiern hoffnungslos unterlegen. Sie griff an ihren Waffengürtel und zog eines ihrer Messer heraus. Ohne mit der Wimper zu zucken, rammte sie die Klinge von oben durch die Hand des Botschafters, die auf dem Tresen lag. Er stieß einen spitzen Schrei aus, der ihr in den Ohren widerhallte. Das Messer blieb im Holz des Tresens stecken. Vos würde ihr später die Hölle heiß machen, dass sie einen Botschafter verletzt hatte, aber das war Arissa in diesem Moment einerlei.
Das Stimmengewirr im Raum verstummte schlagartig. Arissa spürte alle Blicke der Gäste auf sich, eine Mischung aus Sorge und Neugierde darin, doch sie kümmerte sich nicht um sie. Stattdessen wandte sie sich rasch dem zweiten Mann zu, der aufgesprungen und im Begriff war die Flucht zu ergreifen. Arissa konnte ihm bedenkenlos folgen. Der Botschafter würde das Messer nicht aus seiner Hand ziehen. Der Griff war aus Platin gefertigt, einem Material, das auf Magier wie Gift wirkte und ihnen schwere Verbrennungen zufügte. Also hetzte sie dem zweiten Mann hinterher, der gerade dabei war, durch die Tür nach draußen zu verschwinden. Sie zückte ein weiteres Messer und schleuderte es auf ihn, doch der Mann wich geschickt aus und stürmte weiter. Das Messer blieb im Türrahmen stecken.
»Verdammt!«, zischte sie. Auch dieser Animage war in der Dunkelheit im Vorteil. Er konnte besser hören, besser riechen und war viel schneller als sie.
Keine zehn Meter trennten sie voneinander, da bemerkte Arissa, wie der Mann zur Transformation ansetzte. Gleich würde sie herausfinden, welcher Tiergeist in ihm schlummerte.
Die Verwandlung wurde von glitzernden Sprenkeln begleitet, welche entfernt an ein Feuerwerk erinnerten. Die Luft war plötzlich elektrisch aufgeladen und ein Schauer rann Arissa über den Rücken. Zu ihrem Bedauern war an dem Ort, wo der Mann gestanden hatte, nichts mehr zu sehen. Stattdessen erhob sich ein dunkler Schatten in den Himmel.
Verdammter Mist! Er war eine verfluchte Eule!
Arissa reagierte schnell. Sie griff nach der Bola, die sie unter ihrem Mantel trug, und wirbelte sie über ihrem Kopf. Im richtigen Moment ließ sie die Wurfwaffe los. Die beiden Kugeln, die durch ein Seil miteinander verbunden waren, flogen durch die Luft.
Die rotierende Bola wickelte sich um den Körper der Eule und umschloss ihre Flügel. Wie ein Stein fiel der Vogel vom Himmel.
Arissa machte einen Satz nach vorn, fing das Tier auf und verhinderte so, dass es auf den Pflastersteinen aufschlug. Der Vogel versuchte nach ihrem Gesicht zu hacken, doch Arissa hielt ihn gerade weit genug von sich weg, um Verletzungen zu vermeiden. Ihren Unterarmen konnte der scharfe und spitze Schnabel des Tieres dank der Armschützer aus Platin nichts anhaben.
Kopfschüttelnd schnalzte sie mit der Zunge, während sie die kleine Eule betrachtete.
»Ihr dürft Euer Vorhaben nun dem Orden erklären. Ich bin mir sicher, dass General Vos Euch bereits erwartet.«
***
Ihr Auftrag war erfolgreich verlaufen, sie hatte die beiden Magier dem Orden übergeben. Ihr Lehrmeister, Korbinian Vos, hatte sie höchstpersönlich in Empfang genommen, um sie einer Befragung zu unterziehen. Beide Männer hatten Handschellen angelegt bekommen, um ihre Magie zu unterdrücken. Zu der Wunde in der Hand des Botschafters würde sich Arissa morgen einiges anhören dürfen.
Derweil befand sie sich bereits auf einer weiteren Mission. Keiner offiziellen, dafür einer weit wichtigeren. Einer, die ihr zur Abwechslung Vergnügen bereiten würde.
Der Teller gab ein leises Klirren von sich, als sie ihn auf dem über und über mit Papieren belegten Schreibtisch abstellte. Das Chaos kümmerte sie nicht, im Gegenteil: Sie setzte sich einfach auf die Unterlagen. Es war mitten in der Nacht und trotzdem konnte sie das Streichorchester hören, welches die Feier am Hofe musikalisch untermalte. Das Fest war noch immer in vollem Gange, so wie sie es erwartet hatte.
Eine Tür zu ihrer Linken wurde geöffnet und Sonnensteine, mit deren Hilfe die Menschen Licht erzeugten, aktiviert.
»Du hast Kuchen im Gesicht«, die Belustigung in der Stimme war deutlich zu hören.
Arissa lächelte ihm zu. »Kannst du mir das vorwerfen?«
Er kam auf sie zu, musterte mit zusammengekniffenen Augen die Papiere, auf denen sie sich niedergelassen hatte, und schaute ihr dann ins Gesicht.
Langsam schob sie sich ein weiteres Stück Kuchen in den Mund. Der Geschmack von Schokolade breitete sich auf ihrer Zunge aus und Arissa schloss genussvoll die Augen. »Ich habe den ganzen Tag gearbeitet und als ich beim Orden ankam, war das Abendessen bereits vorüber. Ich bin am Verhungern.«
Jasper seufzte theatralisch und begann seine reichlich bestickte Weste aufzuknöpfen. Seine dunkelblonden Locken waren ordentlich gekämmt und die Krone, die auf seinem Haupt ruhte, funkelte im Licht der Sonnensteine. Er war nicht rasiert und so zeichnete sich ein Bartschatten auf seinen Wangen ab.
»Du hast den Kuchen eigentlich nicht verdient. Immerhin hast du mich heute allein gelassen«, brummte er dann. Sein sehnsüchtiger Blick glitt vom Kuchen zu ihrem Mund und wieder zurück.
Arissa hob eine Augenbraue. »Es ist nicht meine Schuld, dass ich nicht für den Wachdienst auf dem Ball eingeteilt wurde. Stattdessen durfte ich Animagen jagen«, verkündete sie mit unverhohlenem Stolz in der Stimme.
Ein überraschter Ausdruck breitete sich auf Jaspers Gesicht aus, doch dann schüttelte er den Kopf. »Davon erfahre ich vermutlich noch früh genug.« Er klang wenig begeistert.
»Wahrscheinlich gleich morgen früh. Vos kümmert sich darum und wird dir Bericht erstatten.«
Eine Mischung aus Seufzen und Stöhnen entkam Jasper und er legte seinen Kopf auf ihrer Schulter ab.
Liebevoll strich Arissa ihm durch die Locken in seinem Nacken. Sie waren so weich. Wenn es nach ihr ginge, könnte sie Stunden damit verbringen, ihre Finger durch seine Haare gleiten zu lassen.
Jasper lehnte sich zurück und sah sie an. Seine freundlichen blauen Augen wirkten müde, doch auf seinen Lippen lag ein Lächeln, als er die Hand ausstreckte und ihr etwas Buttercreme aus dem Mundwinkel wischte. Er steckte sich den Daumen in den Mund und stöhnte vor Verzückung auf, als er die Creme auf der Zunge schmeckte.
»Gut, oder?«, fragte Arissa breit grinsend.
Niemand war ihr in die Quere gekommen, als sie erst in den Palast, anschließend in die Küche und zu guter Letzt in Jaspers Schlafzimmer geschlichen war. Sie war eine ausgebildete Kriegerin, kannte die Patrouillen in- und auswendig. Wenn sie zu Jasper wollte, gab es niemanden, der sie aufhalten konnte. Es war natürlich von Vorteil, dass der Hauptsitz des Ordens direkt neben dem Königspalast erbaut worden und der Weg somit nicht weit war.
»Fantastisch«, wisperte er und lehnte sich wieder nach vorn. Sein Mund fand ihren Hals und Arissa schloss die Augen.
Jaspers Lippen glitten wie Samt über ihre Haut hinweg, als er kleine Küsse darauf verteilte, kurz unter ihrem Ohr, direkt über ihrem Puls. Seine Hände fuhren über ihre Oberschenkel und spielten mit dem Saum ihrer Uniform.
Arissa hatte sich nicht die Mühe gemacht sich umzuziehen. Sie trug noch immer die ledernen Hosen und den Überwurf, darunter Schulterpanzer und Armschützer.
»Mhm«, murmelte sie zustimmend, neigte den Kopf weiter zur Seite, um Jasper mehr Raum zu bieten. Sie genoss seine Nähe, die Wärme seines Körpers.
»Hat denn heute eine der adeligen Damen geschafft, dein Interesse zu erregen?«, fragte sie dann. Eingelullt in die Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte, musste sie sich in Erinnerung rufen, dass das, was sie hier taten, verboten war. Sie war eine Soldatin des Ordens und Jasper … Er war Jasper Warbeck. König von Britannia. Ein Mann außerhalb ihrer Reichweite.
Jasper knurrte mürrisch und Arissa wusste, dass ihm dieser Themenwechsel nicht gefiel. Er hielt mit den Küssen inne und sah sie an. In seinen Augen war das Verlangen zu sehen.
»Fang bloß nicht damit an! Meine Mutter zwang mich mit jeder Frau zu tanzen, die ihrer Meinung nach als potenzielle Braut in Frage kommt. Es war grauenvoll. Ich trage die Krone noch nicht einmal zwei Jahre und schon will sie mich in eine Ehe drängen. Als hätte unser Land keine anderen Sorgen.«
Um Arissas Mundwinkel zuckte es. Ein kleiner Teil in ihr hatte Mitleid mit ihm, diese Feier schien für Jasper wenig unterhaltsam gewesen zu sein. Doch gleichzeitig war sie beruhigt, dass Jasper von keiner der Hofdamen angetan war.
Portia Warbeck, die Königinmutter und bis vor zwei Jahren noch Regentin von Britannia, hatte einmal mehr dabei versagt, ihren Sohn in den Stand der Ehe zu zwingen. Nach dem Tod ihres Gatten, des Königs, vor acht Jahren, hatte Lady Warbeck es sich zu ihrer Lebensaufgabe gemacht, die perfekte Frau für ihren einzigen Sohn zu finden. Denn, wie sie oft genug betonte, wünschte die Königinmutter sich beizeiten Enkelkinder. Ja, Enkelkinder. Mehrzahl. Am besten eine ganze Horde.
»Das amüsiert dich, oder? Ich leide stundenlang und spüre nun meine Füße vom vielen Tanzen nicht mehr und du findest das lustig!« Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an.
Arissa hob abwehrend die Hände. »Aber nicht doch. Ich würde mich niemals über die Qualen des Königs lustig machen.« Allerdings konnte sie das Grinsen kaum unterdrücken. Geschweige denn das heisere Lachen, das im selben Moment aus ihr heraussprudelte.
Jasper sah sie gespielt böse an, legte die Hände in ihre Kniekehlen und zog sie näher zu sich. »So benimmt man sich nicht in Anwesenheit des Königs.«
»Ich habe zur Wiedergutmachung Kuchen mitgebracht. Zählt das denn gar nicht?« Zur Demonstration hielt sie ihm den Teller mit dem Gebäck vor die Nase.
»Das ist der Kuchen, der beim Fest serviert wurde. Du schenkst mir also meinen eigenen Kuchen? Wie überaus nobel von dir.«
Arissa lehnte sich vor, sodass sie Jaspers Atem auf dem Gesicht spüren konnte. Ihre Lippen waren nur wenige Millimeter von seinen entfernt. »So bin ich nun mal«, wisperte sie, bevor sie ihren Mund auf seinen presste. »Und du hast dich im Übrigen noch gar nicht für den Kuchen bedankt. Du könntest mir deine Dankbarkeit auf die ein oder andere Art zeigen. Ich bin da ganz offen.«
Er lachte auf, Arissas liebstes Geräusch auf dieser Welt. Das verwegene Grinsen, das auf Jaspers Gesicht trat, war das Versprechen für eine kurze Nacht.
Schweiß klebte auf ihrer Stirn und ihre Brust hob sich in einem schnellen Rhythmus. Arissas Finger schlossen sich fester um den Griff des Schwertes. Sie würde nicht verlieren. Ihre Mundwinkel hoben sich kaum merklich, als sie auf ihren Gegner zustürmte. Die Klingen trafen mit einem lauten Klirren aufeinander. Arissa spürte die Wucht des Aufpralls bis in die Knochen, doch das kümmerte sie nicht. Eine geschickte Drehung und ein weiterer Schlag. Erneut wurde ihr Angriff pariert.
»Deine Angriffe waren schon mal besser.«
Arissa gab sich nicht die Mühe, William auf diese Stichelei zu antworten. Er mochte recht haben. Das Training hatte sie müde gemacht. Ebenso die vergangene Nacht.
Und dennoch würde sie nicht unterliegen. Sie war ein Mitglied des Ordens. Eine Kriegerin, ausgebildet für den Kampf. William war bei weitem nicht so gut wie sie, egal wie müde sie war.
»Du vergisst unsere Lektionen, mein Freund.«
Er holte zu einem Hieb aus, doch Arissa wich ihm geschickt aus. Sie umkreisten einander, wie Tiere ihre Beute. Williams Augen blitzten auf, als wäre er der mächtige Panther und sie die angsterfüllte Gazelle, die er mit Leichtigkeit besiegen würde. Doch er täuschte sich. Man hatte ihr beigebracht, den Feind in Sicherheit zu wiegen. Solange, bis der richtige Zeitpunkt gekommen war, um zuzuschlagen. Und genau auf diesen Moment wartete sie.
Arissa blickte nach oben. Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt erreicht. Eine wichtige Lektion ihrer Meister war es, stets das Umfeld in einen Kampf miteinzubeziehen. Ihr Training fand im Innenhof des Ordens statt. Hölzerne Kisten und andere Hindernisse lagen über die Rasenfläche verteilt und wurden zu jedem Training neu arrangiert, um einen Kampf in einem fremden Gebiet möglichst realistisch zu simulieren. Blindes Ausweichen oder ein unbedachter Schritt konnten in einem echten Kampf über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Sie stieß ein Brüllen aus und rannte los. Ihr Herz schlug schnell in ihrer Brust, es war die Aufregung, die durch ihre Adern floss. Arissa rannte ein Podest hinauf, befand sich nun im Vorteil durch ihre erhöhte Position – dann sprang sie. William hob den Kopf, um sich dem Angriff von oben entgegenzusetzen. Doch im selben Moment musste er die Augen zusammenkneifen. Die Sonne blendete ihn. Das war ihre Chance. Der Moment, in dem der wahre Panther zuschlug. Als Arissa auf dem Boden aufkam, mit dem erhobenen Schwert in der einen Hand, griff sie blitzschnell mit der anderen nach Williams Hemdkragen. Sie hielt ihn fest und führte die Klinge an seinen Hals. Sie hatte William überrumpelt. Als Frau musste sie sich ihre Geschwindigkeit und Wendigkeit zunutze machen.
William lachte und ließ sein Schwert sinken. »Ich hätte dich nicht provozieren dürfen. Das war mein Fehler.«
Arissa schüttelte den Kopf. Sie ließ ihn los und steckte ihr Schwert zurück in die Scheide. »So schnell provozierst du mich nicht. Aber ich hatte eine kurze Nacht und nach einem langen Training steht mir nicht der Sinn.« Sie lächelte ihn an, sie wusste, dass es nicht der Hochmut gewesen war, der William zu Fall gebracht hatte. Er hatte die Lektionen ihrer Meister aus den Augen verloren. Ein Fehler, den sie nie begehen würde. Zu gut hatten ihre Meister sie ihnen eingetrichtert.
Die Lehre war hart, aber es hatte sich gelohnt. Vos war ein strenger Lehrmeister gewesen, unnachgiebig und eisern, doch Arissa war ihm für jede Lektion dankbar. Für die Chance, die er ihr gegeben hatte. Einst hatte sie andere Lektionen beigebracht bekommen. Lektionen der Magie. Doch das war nun vorbei.
»Wenn du immer so armselige Gegner wie ihn hast, wundert es mich nicht, dass du aus dem meisten Kämpfen als Siegerin hervorgehst«, hallte die gehässige Stimme von Darcy Astor zu ihnen herüber. Sie stand auf der Schlossmauer, zusammen mit zwei anderen Kriegern, und hielt ihren Wachdienst ab.
»Komm runter und ich zeige dir, wie armselig du selbst aussehen kannst«, rief William wütend zu ihr hoch.
Arissa legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du würdest verlieren«, wisperte sie. Darcy war zu gut, zu schnell und erbarmungslos. Bei einem Zweikampf war sie die wohl gefährlichste Gegnerin, die man im Orden finden konnte. Würden Arissa und sie sich im Kampf gegenüberstehen, man könnte nicht vorhersagen, wer gewinnen würde.
»Wenn du die Zeit hast, uns zuzusehen, Darcy, nimmst du deine Wache nicht so ernst, wie du solltest.« Mit schiefgelegtem Kopf blickte Arissa zur Mauer empor und schirmte dabei mit der Hand ihre Augen vor der Sonne ab.
Ein zorniges Knurren war die Antwort, bevor Darcy sich mit einem Ruck den langen blonden Zopf über die Schulter warf und sich abwandte.
Arissa und Darcy waren wie Feuer und Eis. Sie gerieten oft aneinander, sehr zum Leidwesen ihrer Lehrmeister. Sie waren beide zu sehr bestrebt, die Beste zu sein, um sich der anderen unterzuordnen.
»Hast du heute keinen Dienst?«, fragte William sie. Er hatte die Prüfung des Ordens zur selben Zeit abgelegt wie Arissa. Im Gegensatz zu ihr war er ein einfacher Bauernjunge gewesen, der dritte Sohn eines Gutsherrn, der kein Erbe zu erwarten hatte. Auf den nichts im Leben wartete, es sei denn, er schaffte sich sein eigenes Vermächtnis.
»Heute nicht mehr. Erst morgen habe ich Wachdienst bei der Lady Portia.«
Portia Warbeck war eine kluge und durchaus unterhaltsame Frau. Sie erzählte ihren Wachen Geschichten aus ihrer Kindheit und Legenden von Britannia. Sie war nicht auf den Mund gefallen und hatte Arissa mit ihrer derben Art schon mehr als einmal zum Schmunzeln gebracht. Obwohl es sich nicht ziemte, hatte Arissa während ihres Dienstes bereits Tränen gelacht, wenn Lady Portia aus dem Nähkästchen plauderte.
»Hast du heute noch etwas vor?« William war dabei sein Schwert zu polieren. Für ihn war das Training wohl noch nicht vorbei oder er bereitete sich auf seinen späteren Dienst vor.
Arissa warf den lang geflochtenen Zopf über ihre Schulter auf den Rücken. Einzelne dunkle Strähnen lösten sich daraus und fielen ihr ins Gesicht. »Ich statte der Zitadelle einen Besuch ab.« Es waren einige Tage vergangen, seit sie ihren Bruder zuletzt gesehen hatte.
William lachte leise. »Was verschlägt eine Lady wie dich in die Zitadelle? Testest du neue Waffen?«
Bei diesen Worten erstarb das Lächeln auf ihren Lippen. Sie war keine Lady mehr. Du bist eine Schande. Exakt diese Worte hatte ihr Vater ihr vor vielen Jahren an den Kopf geworfen.
»Nein, ich besuche nur meinen Bruder. Er ist Mitglied.« Auch wenn ihr Bruder ein Magier und Teil der Gilde der Elementarier war, hatte er sich dazu entschieden, sein Leben der Forschung zu widmen.
Sie hatten sich beide für ein anderes Leben entschieden als ihnen vorherbestimmt gewesen war. Aus unterschiedlichen Gründen, doch das spielte keine Rolle. Weder im Orden noch in der Zitadelle galt das Gesetz des Stärkeren. Hier urteilte man nicht über die Schwächeren. Man beschützte sie, weil sie auf Schutz angewiesen waren. Ganz anders, als Arissa und ihr Bruder aufgewachsen waren. Es hatte lange gedauert, bis sie die Regeln des Ordens verstanden und verinnerlicht hatte.
»Oh, ich wusste nicht, dass dein Bruder der Zitadelle angehört«, wisperte William und wurde rot. »Ich hatte angenommen, weil er Elementarier ist, würde er in Auld Reekie leben. Ach, ich würde nur zu gern einmal dorthin reisen! Vielleicht bringt mich irgendwann ein Auftrag des Königs dorthin. Die Stadt und die umliegende Landschaft sollen beeindruckend sein.«
Wehmütig verzog Arissa das Gesicht bei der Erinnerung daran. William hatte recht. Auld Reekie lag hoch oben im Norden von Britannia und war der Sitz ihrer Familie. Sie war zuletzt vor vier Jahren dort gewesen, als sie ihrer Familie den Rücken gekehrt hatte, um dem Orden beizutreten.
»Wenn es dich einmal dorthin verschlagen sollte, musst du auf jeden Fall den Whiskey probieren. Auf das Familienrezept sind wir de Fays sehr stolz.« Nicht, dass sie selbst jemals davon probiert hätte. Mit vierzehn war sie noch zu jung dafür gewesen, aber der Whiskey ihrer Familie war im ganzen Land bekannt.
William nickte euphorisch. »Das werde ich.« Dann senkte er den Blick. »Stimmt es, dass die Elementarier kampfeslustig sind, beinahe schon barbarisch, selbst untereinander? Ich bin leider noch nie einem begegnet.« Seine Stimme war leise und Arissa sah ihm an, dass es ihm viel abverlangt hatte, diese Frage zu stellen.
Sie dachte darüber nach. Vor ihrem inneren Auge tauchten ehemalige Freunde und Bekannte auf, Kameraden ihres Vaters. Egal, welches Element sie kontrollierten, Elementarier suchten stets den Kampf.
»Dem kann ich nicht widersprechen. Elementarier lieben den Streit, sie lieben das Kämpfen. Wirklich zufrieden sind sie nur, wenn sie jemanden verprügeln dürfen.«
William machte große Augen, dann lachte er leise. »Verprügeln? So nennt ihr es, wenn sich zwei Magier bekriegen?«
Arissa konnte gut nachfühlen, warum dieses Verhalten bei Nicht-Magiern auf Verständnislosigkeit traf. Warum sollte man sich bekämpfen, wenn man doch ebenso gut in friedlicher Koexistenz leben konnte?
»Sie bekriegen sich nicht. Sie messen sich. In der Gilde der Elementarier herrscht das Gesetz des Stärkeren. Das Oberhaupt ist der Magier, der sich gegen die anderen behaupten konnte. Der Anführer kann aber jederzeit herausgefordert und also auch ersetzt werden.«
In den anderen Magiergilden war das anders. Dort wurde das Oberhaupt durch Wahl bestimmt oder das Recht zu herrschen vererbt. Nicht so bei den Elementariern. Sie führten lieber einen Wettstreit, um herauszufinden, wer es verdient hatte, zu regieren.
»Und dein Vater ist im Moment dieses Oberhaupt?«, fragte William vorsichtig. Er strich sich über das kurze blonde Haar. Zögernd nickte Arissa. Auch wenn sie William seit vier Jahren kannte, hatten sie bisher extrem selten von ihrer Familie gesprochen. Ganz besonders nicht von Conrad de Fay. Er war der mächtigste Magier, den diese Gilde je hervorgebracht hatte, und rein zufällig Arissas Vater. Er beherrschte das Element Erde und genauso wie dieses Element war er besonders stur und unnachgiebig. Wenn ihr Vater wütend war, bebte wortwörtlich die Erde.
Auf Williams Gesicht breitete sich ein Anflug von Mitgefühl aus. Etwas, was Arissa fast unbekannt war. Sie kannte kein Mitleid. Dieses Gefühl hatte man ihr selten entgegengebracht. Die Welt der Magier war eine harte Welt, besonders die der Elementarier. Eine Gefühlsregung wie Mitleid gab es unter ihnen schlichtweg nicht.
»Es tut mir leid, ich hätte das nicht ansprechen sollen. Als Immunda war es bestimmt nicht leicht …«, begann William, doch Arissa unterbrach ihn sofort.
»Ist schon in Ordnung.« Sie sprach nicht gern über ihre Familie oder über das, was sie war: eine Immunda. Eine Magierin, die keinerlei Magie beherrschte. Arissa war ein schwarzes Schaf, ein Schandfleck, ein Nichtsnutz.
Schritte erklangen und als sie den Kopf hob, sah sie den König mit seinen Leibwächtern den Innenhof passieren. Wie immer nahm sie jedes Detail an ihm wahr. Die dunkelblonden Locken, die sich gerade wild um sein Gesicht kringelten, da er keine Krone trug, die freundlichen blauen Augen. Das Grübchen im Kinn. Sie liebte jedes Merkmal an ihm.
Beinahe gleichzeitig mit William versank sie in eine tiefe Verbeugung, als der König an ihnen vorüberschritt. Er nickte dem Soldaten zu und wandte sich dann an Arissa. »Lady de Fay«, sagte er, ohne sie dabei wirklich anzusehen. Die Wachen beachteten sie gar nicht, sie folgten schweigend ihrem Herrn, zurück zum königlichen Palast.
Arissa seufzte und ließ ihre Schultern kreisen. Ein Schmerz breitete sich in ihrem linken Schulterblatt aus. »Ich habe genug für heute«, stöhnte sie. »Wenn Darcy dich noch einmal dumm anmacht, zahle ich es ihr beim nächsten Übungskampf heim, versprochen.«
***
Ihre freien Nachmittage verbrachte Arissa gern mit ihrem Bruder. Seit er in der Zitadelle tätig war, sah sie ihn mindestens zweimal pro Woche. Mal trafen sie sich zum Essen, manchmal spazierten sie einfach durch die Straßen Londiniums und erzählten sich von ihrem Alltag, oder Arissa saß schweigend in Edmunds Laboratorium, während dieser in seine Forschungen vertieft war. Es störte sie nicht einmal, wenn er sie dabei die meiste Zeit ignorierte.
Die Zitadelle lag, ebenso wie der Palast des Königs, an der Themse, die durch ganz Londinium floss und die Stadt in zwei Teile teilte. Arissa musste nur die Tower Bridge überqueren und schon war sie bei ihrem Bruder. In der Zitadelle waren Gäste allerdings nicht gern gesehen. Die dort arbeitenden Magier und Menschen blieben lieber unter sich und machten ein Riesengeheimnis um ihre Forschungen. Arissa war es einerlei, was sie dort trieben. Es sei denn, Edmund überraschte sie mit neuen Waffen oder Utensilien für den Orden. Diese zu testen, war jedes Mal ein großer Spaß, auch wenn nicht alles immer so funktionierte, wie es sollte.
Arissa betrat die Zitadelle. Dass ihr Eingang unbewacht war, kam ihr jedes Mal aufs Neue merkwürdig vor. Allerdings grenzte der Orden direkt an den Palast, damit seine Krieger den Schutz der Königsfamilie und ihres Hofes jederzeit garantieren konnten. In den Gängen des Schlosses, in den Innenhöfen oder Gärten, egal, wohin man ging, wimmelte es nur so von Ordenskriegern. Doch hier schien niemand Angst vor Dieben, Einbrechern oder Angreifern zu haben.
Lächelnd nickte sie zwei Magiern zu, die sie von ihren früheren Besuchen kannte, und tigerte durch die Flure des gigantischen Gebäudekomplexes zu Edmunds Labor, das er sich mit Charles Magee teilte. Charles war über die Jahre zu Edmunds bestem Freund geworden. Er war ebenfalls Magier und gehörte der Gilde der Sanitas an. Charles und Edmund teilten dieselbe Neugierde und dieselbe Bürde, irgendwann eine Gilde anführen zu müssen.
Arissa erreichte ihr Ziel und klopfte kurz gegen das dunkle Holz der Tür. Dahinter waren leise Stimmen zu hören und ein gedämpftes »Herein« ertönte. Sie öffnete die Tür und betrat den Raum. Es war etwas stickig, was die beiden Genies darin vermutlich nicht einmal bemerkt hatten. Wann hatten sie zuletzt gelüftet?
»Ich hätte nicht gedacht, dass du heute die Zeit findest, mich zu besuchen. Hat Vos keinen Auftrag für dich?«
Edmund blickte nicht einmal von seinem Schreibtisch auf, doch Arissa sah das Lächeln auf seinem Gesicht, während sie die wenigen Meter zu ihm überbrückte und direkt hinter ihm stehen blieb.
»Man könnte meinen, du möchtest mich nicht hier haben.«
Ein Poltern erklang aus der anderen Ecke des Raumes und Arissa fuhr herum. Charles war beladen mit einigen seltsam aussehenden Gegenständen, von denen ihm einer heruntergefallen war. Er trug sie zum einzig freien Tisch im Raum und legte sie darauf ab.
»Falls Ed dich nicht hier haben möchte, kann er ja gehen. Mich freut es jedenfalls dich zu sehen, Arissa«, sagte der Magier und zwinkerte ihr zu. Das Strahlen auf seinem Gesicht machte das Grübchen in seiner linken Wange sichtbar. Das rote Haar fiel ihm wirr in die Stirn und ließ ihn jünger wirken, als er war.
»Danke, Charlie. Wenigstens einer, der sich freut.« Arissa schnippte ihrem Bruder gegen den Hinterkopf, was dieser mit einem bösen Blick quittierte. Er rieb sich über die Stelle und seufzte.
»Ich freue mich auch dich zu sehen. Nur sind wir hier sehr beschäftigt und es täte mir leid, wenn du einfach nur herumsitzt.«
Dass die beiden beschäftigt waren, sah Arissa selbst. Überall lagen Papiere, Dokumente und Schriftrollen herum. Reagenzgläser standen auf einem Tisch beim Fenster und die bunten Flüssigkeiten darin leuchteten in der Nachmittagssonne. Modelle von kleinen Flugapparaten und Ballons hingen von der Decke und setzten bereits Staub an, während direkt neben der Tür einige Kisten, Koffer und zusammengerollte Landkarten standen.
Arissas Mundwinkel hoben sich kaum merklich. »Im Grunde stehe ich hier herum, wenn wir es genau nehmen.«
»Das macht es nicht besser«, bemerkte Ed lachend.
»Woran arbeitet ihr zwei da eigentlich?« Sie beäugte die Koffer und Landkartenröhren, die Charles neben der Tür sortierte.
»Wir erstellen eine Route«, erklärte dieser breit grinsend.
»Wollt ihr etwa wandern gehen? Ihr beide?« Das konnte Arissa sich beim besten Willen nicht vorstellen. Sie hatte Edmund schon häufiger gefragt, ob er ihr nicht beim Training im Orden Gesellschaft leisten wolle. Ed hatte jedes Mal abgelehnt. Er war froh, das harte Training der Elementarier endlich hinter sich gelassen zu haben. Charles und er waren wahre Stubenhocker. Sie verbrachten ihre Zeit lieber mit Büchern und Experimenten in ihrem Studierzimmer, als an der frischen Luft zu sein.
»Unsinn! Wir führen eine Expedition nach Dyfflin an«, erklärte Edmund ihren Plan.
»Und was wollt ihr in Dyfflin?«, fragte Arissa erstaunt. Dyfflin war die Hauptstadt des Gebietes der Animagen und lag jenseits des Erisischen Meers.
»Den Spiegel von Albion finden.«
Stille breitete sich im Raum aus und Arissa sah Edmund zweifelnd an. Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, bevor sie leise lachte. »Ihr reist über den Ozean, um nach einem Gegenstand zu suchen, den es gar nicht gibt?« Das war natürlich äußerst sinnvoll … Ja, wirklich.
Edmund warf ihr einen vernichtenden Blick zu und Charles seufzte leise. »Nur weil du nicht an seine Existenz glaubst, bedeutet das nicht, dass es ihn nicht gibt«, versuchte ihr Bruder sie zu belehren.