Das Mal der Götter: Sammelband der göttlichen Fantasy-Reihe »Das Mal der Götter« - Francesca Peluso - E-Book
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Das Mal der Götter: Sammelband der göttlichen Fantasy-Reihe »Das Mal der Götter« E-Book

Francesca Peluso

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Beschreibung

**Wenn du für dein göttliches Schicksal noch nicht bereit bist …** Die selbstbewusste und bisweilen sture Celeste ist Priesterin im Land Sirion. Aus ihrem Kreis erwählt sich der alle fünfzig Jahre vom Sonnengott berufene König eine Braut, so verlangt es die Tradition. Allerdings sind weder Celeste, die keinen Unbekannten heiraten will, noch Nathaniel, der neu auserwählte Sonnenkönig, mit ihrer Bestimmung so ohne Weiteres einverstanden. Während Celeste und Nathaniel ein ums andere Mal auf die Probe gestellt werden, wird ihr geliebtes Land zum Ziel dunkler Intrigen. Für Sirion und für ihre Liebe müssen sie alles geben, was sie haben. Romantische Fantasy in göttlichem Setting  Francesca Peluso entführt ihre Leserinnen in der gefühlvollen Fantasy-Serie »Das Mal der Götter« in eine Welt, in der ein magisches Zeichen das Schicksal eines ganzen Landes bestimmt. Eine Geschichte voller überraschender Wendungen und großer Gefühle, die man nicht mehr aus der Hand zu legen vermag! Leserstimmen zur Reihe: »Großartiges Debüt«  »Ein völlig neues Setting! Der Wahnsinn!« »Unglaublich tolle Buchreihe« //Dies ist der Sammelband zur göttlich-gefühlvollen Buchserie »Das Mal der Götter«. Alle Romane der Fantasy-Liebesgeschichte:  -- Band 1: Das Mal der Götter. Berufen  -- Band 2: Das Mal der Götter. Erwacht -- Band 3: Das Mal der Götter. Betrogen -- Band 4: Das Mal der Götter. Erwählt// Diese Reihe ist abgeschlossen. 

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Impress Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2021 Text © Francesca Peluso, 2020 Redaktion: Nina Schnackenbeck Coverbilder: shutterstock.com / © Redchanka / © art_of_sun / © tomertu / © Lumena / Covergestaltung:  formlabor Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck / Derya Yildirim Satz und E-Book-Umsetzung: readbox publishing, Dortmund ISBN 978-3-646-60647-8 www.carlsen.de

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Francesca Peluso

Das Mal der Götter 1: Berufen

»Die Götter geben dir nicht die Menschen, die du willst. Sie geben dir Menschen, die du brauchst.« Im Land Sirion erwählt der Sonnengott alle fünfzig Jahre einen neuen König. Dessen Pflicht ist es, sich eine Braut aus dem Kreis der Priesterinnen zu nehmen, um dem Land Frieden und Wohlergehen zu schenken. Die sture Celeste ist eine von ihnen, sie möchte jedoch keinen wildfremden Mann heiraten und ihre Freiheit aufgeben. Sogar wenn der neu berufene Sohn der Sonne niemand Geringeres ist als der gut aussehende Fremde, der ihr kurz zuvor bei einem Angriff das Leben gerettet hat. Auch Nathaniel ist wenig begeistert von seiner Rolle im Spiel der Götter. Nichtsdestotrotz müssen die beiden ihre Bestimmung akzeptieren. Denn das Königreich wird bedroht und nur mit vereinten Kräften können sie dessen Bewohner schützen …

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Vita

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© Tatjana Richter

Francesca Peluso wurde 1995 in Hessen geboren. Schon früh erwachte ihre Liebe zu Büchern, dem Lesen und Schreiben. Dabei hat sie eine Vorliebe für fantastische Welten, mutige Heldinnen und große Liebesgeschichten. Ihre Liebe für das gedruckte Wort veranlasste sie auch dazu, Buchwissenschaft im schönen Mainz zu studieren. Neben ihrem Studium ist sie begeisterte Tänzerin, Serienjunkie und Kaffeeliebhaberin.

Für Sophie

Soulmates aren’t just lovers.

PROLOG

Aus den Annalen der Götter

Im Land Sirion erzählen die Menschen ihren Kindern von den alten Göttern.

Von Ilias, dem Gott der Sonne und Herr über die Hauptstadt Solaris. Sie sprechen von seiner Gerechtigkeit und seinem Mut.

Sie erzählen ihnen von Silvia, Göttin des Waldes und Herrscherin über die Felder von Silvina, die sich im Osten des Landes erstrecken. Sie berichten von ihrer Aufrichtigkeit und Güte.

Sie erzählen von Marisa, der Göttin des Meeres, die über die westliche Küstenprovinz Sirena und ihre umliegenden Seen und Grotten herrscht. Sie verehren ihre Schönheit und ihre Anmut.

Sie erzählen ihnen von Samaya, Göttin des Himmels, die das nördliche Gebirge sowie die Provinz Samara regiert. Sie bewundern ihre Stärke und ihre Unabhängigkeit.

Und sie erzählen von Selinda, der Göttin des Mondes und Herrin über die südliche Insel Sohalia. Sie rühmen ihre Weisheit und ihre Kraft.

Die Menschen erzählen ihren Kindern, wie die göttlichen Geschwister Hand in Hand herrschten und in ganz Sirion für Frieden sorgten. Und wie die Götter irdische Vertreter wählten, die in ihrem Namen herrschten, um den Frieden zu bewahren. So berief jede der Göttinnen eine neugeborene Tochter, die sich um ihr Land und dessen Bewohner kümmern sollte, sobald sie zur Frau herangewachsen war. Diese Auserwählten wurden Priesterinnen genannt, denn sie handelten im Namen ihrer Göttinnen. Ilias, dem Ältesten der Götter, wurde eine größere Aufgabe zugedacht. Er berief alle fünfzig Jahre einen jungen Mann, einen Sohn, der Sirion als König regieren und eine der Priesterinnen zur Braut nehmen sollte. Durch diese Heirat versprachen die Götter, Sirion weiterhin Frieden, Wohlergehen und Harmonie zu schenken.

Doch vor zweihundertfünfzig Jahren ereignete sich ein tragisches Schicksal. Die von Selinda auserwählte Tochter des Mondes kam bei einem schrecklichen Unfall ums Leben. Die Göttin trauerte sehr um ihre gefallene Tochter. Ihr Leiden reichte so tief, dass Selinda seither keine Auserwählte mehr berief, aus Angst, erneut ihr geliebtes Gotteskind zu verlieren. An diesem Tag verschwand die Göttin des Mondes und die Menschen begannen, sie zu vergessen. Die Insel Sohalia ist seitdem ein verfluchter Ort, der von den Bewohnern Solaris gemieden wird.

Die verbliebenen Auserwählten regierten Solaris von diesem Tag an allein, darauf bedacht, die Lücke, die die Tochter des Mondes hinterlassen hat, zu füllen.

Mögen die Gotteskinder lange leben und Ilias’ Auserwählter Sirion in eine glorreiche Zukunft führen.

KAPITEL 1

DER TAG DER SONNE

Celeste

Als sie sechs Jahre alt war, sagten sie ihr, sie solle stets freundlich sein, viele Freunde finden und ihrer Göttin keine Schande machen.

Als sie zwölf Jahre alt war, sagten sie ihr, sie solle fleißig lernen und zu einer klugen und mutigen Frau heranwachsen, die ihre Göttin mit Stolz erfüllt.

Als sie 17 wurde, sagten sie ihr, sie solle auf ihr Aussehen achten und ihre Pflichten erfüllen, denn nur eine schöne und pflichtbewusste Frau könne das Herz des Königs gewinnen und durch diese Heirat ihrer Göttin Ehre erweisen.

An diesem Morgen lag Celeste in ihrem Bett und wünschte sich, sie wäre wieder sechs Jahre alt. Mit sechs war das Leben noch einfach gewesen, ihre einzige Aufgabe hatte darin bestanden, pünktlich zu ihrem Unterricht zu erscheinen und keinen Unsinn anzustellen.

Mit 17 hatte sie plötzlich mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen und diese Schwierigkeiten würden heute ihren Höhepunkt finden.

***

Stöhnend drehte Celeste sich auf den Rücken und drückte sich das Kissen ins Gesicht. Stimmen drangen durch die verschlossene Tür zu ihr durch. Schon seit Stunden lag sie wach in ihrem Bett und lauschte dem lebhaften Treiben vor ihrer Zimmertür. Zu ihrem eigenen Bedauern war sie erst weit nach Mitternacht eingeschlafen und durch den Lärm der Bediensteten bereits in den frühen Morgenstunden geweckt worden, nicht mehr in der Lage, erneut einzuschlafen.

Und dabei hatte sie eigentlich ihren guten Willen zeigen und bei Simeas Eintreffen ein tadelloses Äußeres präsentieren wollen. Doch ihr fehlte die nötige Motivation, um überhaupt aus ihrem Bett aufzustehen. Aufstehen würde bedeuten, dem Tag entgegenzutreten und genau das war das Letzte, was Celeste tun wollte.

Jeder Bewohner und Angestellte des Palastes von Samara fieberte dem heutigen Tag bereits seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten, entgegen. Denn heute Abend würde zu Ehren von Ilias, dem Gott der Sonne, ein Bankett veranstaltet werden.

Nicht einen winzigen Moment lang hatte Celeste sich für das Bankett begeistern können. Weder die Vorfreude ihrer Freundin Makena noch das extra für sie angefertigte Kleid hatten ihre Meinung diesbezüglich ändern können. Während alle den Gedenktag des Gottes bejubelten, veranstaltete Celeste insgeheim eine Abschiedsfeier. Das Dinner war nur ein weiterer Schritt auf dem Weg, der sie in drei Tagen von hier fortführen würde, und dafür war sie bei weitem noch nicht bereit.

Ein Klopfen zerrte Celeste zurück in die Gegenwart und vertrieb ihre düsteren Gedanken. Sie setzte sich auf. Ohne auf eine Antwort zu warten, betrat eine zierliche Frau ihr Zimmer. Als sie Celeste erblickte, die noch in ihr Nachthemd gehüllt im Bett war, stemmte sie ihre Hände in die Hüften und warf der Siebzehnjährigen einen tadelnden Blick zu.

»Wieso bist du noch nicht angezogen? Wir müssen in einer Stunde aufbrechen.«

Celeste fiel zurück in ihre Kissen und verdrehte genervt die Augen.

»Dir auch einen guten Morgen, Simea. Seltsam, ich kann mich gar nicht daran erinnern, dich hereingebeten zu haben.«

Ein Schnauben war zu hören, aber Celeste machte sich nicht die Mühe, aufzusehen. Erst als Simea ihr die Bettdecke wegzog, blickte sie sie an.

»Ich bin dein Vormund, also brauche ich keine Erlaubnis, um dein Zimmer zu betreten. Und jetzt sei so gut und geh ins Badezimmer.«

Widerstrebend stand Celeste auf und trat vor ihre Kommode. Den Blick in den Spiegel hätte sie lassen sollen. Sie hatte dunkle Ränder unter den Augen und ihre roten Locken standen in alle Richtungen ab.

»Du siehst schrecklich aus.« Simeas Ton war trocken und ihre Augen glitten kritisch über Celestes Erscheinungsbild hinweg.

»Bitte, nicht zu viele Komplimente am frühen Morgen.« Müde fuhr Celeste sich über die Haare und versuchte, sie wenigstens ein kleines bisschen zu glätten. Die Blondine trat vor und drückte Celeste auf den samtenen Hocker vor der Kommode.

»Was hast du nur die ganze Nacht getrieben?«, fragte Simea, während sie versuchte, die Locken ihres Schützlings zu bändigen.

»Ich war hin und her gerissen und konnte mich nicht entscheiden, ob ich mein Ehegelübde schreiben oder meine Flucht planen sollte. Am Ende hat die Müdigkeit gesiegt und ich konnte beides nicht vollenden.«

Celeste hatte ihren Kopf in die Hände gestützt und sah Simea durch den Spiegel an. Ein mahnender Blick aus eisblauen Augen traf sie.

»Lass deine sarkastischen Bemerkungen, das ist nicht lustig.« Celeste verdrehte die Augen und zuckte bloß mit den Schultern.

»Das war auch nicht als Scherz gemeint.«

Kopfschüttelnd trat Simea vor Celestes Schrank und legte ihr die Kleidung für den heutigen Tag zurecht.

»Ich werde nach Makena rufen lassen, damit sie dir beim Anziehen hilft. Ich erwarte dich in einer halben Stunde in der großen Halle.« Simeas Ton ließ keine Widerrede zu. Also nickte Celeste bloß und Simea verließ zufrieden lächelnd das Zimmer.

Kurze Zeit später klopfte es erneut.

»Komm rein.«

Makena trat durch die Tür und eilte mit einer Bürste und Haarnadeln bewaffnet durchs Zimmer. Ihr zartes Gesicht umspielte ein Lächeln und sie summte fröhlich eine Melodie. »Könntest du wenigstens so tun, als hättest du schlechte Laune? Ich komme gerade mit deiner vor Begeisterung überschäumenden Aura nicht klar.«

Ein glockenhelles Lachen durchdrang den Raum.

»Tut mir leid, aber im Gegensatz zu dir freue ich mich auf heute Abend.« Mit hochgezogener Augenbraue sah Celeste ihre Freundin und Zofe an.

»Das ist nicht zu übersehen.«

Makena trat hinter sie und begann, ihre langen Locken zu kämmen.

»Freust du dich denn wirklich gar nicht?« Celeste wusste, dass Makena nicht verstehen konnte, warum sie selbst keine Begeisterung für den heutigen Tag aufbringen konnte.

»Nein, wieso auch?«, Celeste wiederum verstand nicht, warum jeder von ihr erwartete, sich auf den heutigen Tag zu freuen. Trotz ihrer wirklich überzeugenden Argumente teilte niemand ihre Meinung.

»Bist du gar nicht neugierig, wie er sein wird?« Ein verträumter Ausdruck trat auf Makenas Gesicht, was Celeste erneut mit hochgezogener Augenbraue zur Kenntnis nahm. »Nein.« Wenn möglich wollte sie gar nicht über das nachdenken, was dieser Tag mit sich bringen würde.

Doch Makena war mit dieser Antwort nicht zufrieden, denn sie sah ihre Freundin durch den Spiegel tadelnd an.

»Wenn ich meinen zukünftigen Ehemann treffen würde, würde ich mehr Vorfreude zeigen.«

Genervt verdrehte Celeste die Augen.

»Ich bin aber nicht du und ich kann leider keine Vorfreude für jemanden aufbringen, den ich gar nicht kenne und vielleicht auch gar nicht kennen lernen will. Und abgesehen davon ist er noch nicht mein zukünftiger Ehemann.« Celeste stieß ein erleichtertes Schnauben aus und fügte hinzu:

»Göttin sei Dank! Würde das feststehen, wäre ich schon längst über alle Berge.«

Sie liebte ihr Amt als Priesterin, ihre Verantwortung dem Volk gegenüber und ihren Glauben. Sie wollte die Götter in Sirion würdig vertreten, ihren Glauben in die Welt hinaustragen und den Menschen zurückbringen. Sie respektierte das System und die Entscheidungen des Königs.

Wenn nur diese Heirat nicht wäre … Warum verlangten die Götter sie als Grundvoraussetzung für das Wohlergehen und den Frieden in diesem Land? Ausgerechnet eine Heirat. Celeste wurde bei diesem Gedanken flau im Magen. Sie war ein zu misstrauischer Mensch, der Kontrolle über sein Leben brauchte, um sich auf einen Fremden einzulassen. Das passte einfach nicht zu ihr. Sie hasste Überraschungen. Und was war überraschender, als die Wahl eines neuen Königs, dessen Braut sie werden könnte? Ob Celeste es wollte oder nicht. Der Gedanke der Flucht war natürlich egoistisch. Sollte die Heirat zwischen dem neuen König und einer von ihm gewählten Priesterin nicht stattfinden – und das hatte es in Sirion noch nie gegeben –, wusste niemand, wie die Götter darauf reagieren würden. Diese Heirat war wichtig, für Sirion und all seine Bewohner. Und Celeste war als Priesterin für ihr Volk verantwortlich. Eine friedvolle Zukunft war etwas, was sie ihm unter keinen Umständen nehmen durfte. Ihre einzige Hoffnung bestand darin, dass sich Ilias’ Auserwählter für eine der anderen Priesterinnen entscheiden würde. In einem Jahr würde Ilias’ Auserwählter zum neuen König gekrönt werden und sich eine Braut unter ihnen aussuchen. Ein viel zu kurzer Zeitraum, um jemanden wirklich kennenzulernen.

Ein Ziehen an ihren Haaren ließ Celeste aufstöhnen.

»Autsch, wofür war das denn?«, entgeistert sah sie ihre Freundin an, doch diese schien ganz in ihre Arbeit vertieft.

»Verzeih, das war keine Absicht.« Das Lächeln auf Makenas Gesicht sagte jedoch etwas ganz anderes.

»Alle Ordensschwestern munkeln bereits seit Wochen, wie er wohl sein und besonders, wie er aussehen wird.« Celeste stöhnte erneut auf. Womit hatte sie diese Unterhaltung am frühen Morgen verdient? Sie wusste, dass sich der Palastklatsch seit geraumer Zeit um kein anderes Thema mehr drehte, aber das hieß noch lange nicht, dass sie sich an diesen Gesprächen beteiligen wollte. Sie hatte schon unzählige Fragen bezüglich ihres potenziellen Ehemanns und zukünftigen Königs gestellt bekommen. Wie er wohl hieße? Ob er groß sei? Ob er blaue Augen habe oder doch braune? Was er für Hobbys habe? Und so weiter und so weiter. Celeste hatte den Überblick über alle Fragen verloren, denn sie selbst wusste nun einmal auch keine Antworten darauf. Im Gegenteil zu ihren Ordensschwestern interessierte sie sich aber auch nicht dafür.

»Können wir vielleicht das Thema wechseln? Ich bin wirklich nicht in der Stimmung, um mir darüber Gedanken zu machen.« Etwas enttäuscht nickte Makena, doch ihr war anzusehen, dass Celeste es trotzdem nicht geschafft hatte, ihr die gute Laune zu verderben. Und Celeste war froh darüber, denn sie verlangte nicht von Makena, mit ihr gemeinsam Trübsal zu blasen.

»Ich bin fertig«, sagte da die Zofe und Celeste stand auf. Sie betrachtete sich im Spiegel. Zu ihrer Erleichterung hatte Makena es geschafft, die Beweise für ihre kurze Nacht zu vertuschen. Ihre Haut strahlte förmlich und ihre Wangen schimmerten rosafarben. Ihre wilden, roten Locken waren zum Teil hochgesteckt und zu einem Kranz geflochten.

»Danke«, Celeste lächelte ihre Freundin an. Sie hätte mit der Arbeit von Makena nicht zufriedener sein können. Sie ging auf ihr Bett zu, auf dem Simea ihre Kleidung zurechtgelegt hatte. Eine cremefarbene Leinenhose mit Stickereien, eine farblich dazu passende Bluse mit Verzierungen an den Ärmeln und Perlenstickerei am Ausschnitt. Celeste war heilfroh, dass Simea kein Kleid ausgewählt hatte. Ihr Vormund mochte von ihr verlangen, sich heute tadellos zu präsentieren, aber ein Kleid an diesem Morgen wäre für sie zu viel gewesen. Außerdem wäre der Fluchtversuch, der Celeste noch immer im Kopf herumspukte, in einem Kleid schwierig umzusetzen.

Wenige Minuten später schritt Celeste durch die Gänge des Palastes, auf dem Weg in die Eingangshalle. Makena lief neben ihr her und zupfte bei jeder Gelegenheit eine von Celestes Locken zurecht oder entfernte einen imaginären Fussel von ihrer Bluse. Eine Gruppe von Ordensschwestern, die eine hitzige Diskussion zu führen schien, verstummte, als Celeste und Makena in den Flur einbogen. Gerade hatte Celeste noch ein tuschelndes ›Gegen die anderen Priesterinnen hat sie ohnehin keine Chance‹ aufschnappen können. Die Frauen musterten Celeste, manche abschätzig, andere zweifelnd. Celeste ging mit erhobenem Haupt und schnellen Schritten an ihnen vorbei. Sie wollte sich auf keinen Fall anmerken lassen, dass es ihr etwas ausmachte, dass diese Frauen hinter ihrem Rücken über sie redeten. So ging es bereits seit Wochen. Egal, wo Celeste auftauchte, überall wurde über sie gesprochen und nicht immer war das Gesagte freundlich. Ganz im Gegenteil. Celeste empfand es sowohl als unverschämt als auch beleidigend, dass Menschen, die in der Rangfolge sehr weit unter ihr standen, es wagten, über ihr Privatleben zu urteilen. Vor einigen Wochen war sie mit Simea auf dem Weg in die Küche gewesen, da hatten sie sogar mitbekommen, wie drei Dienerinnen in der Küche eine Wette abgeschlossen hatten. Wen würde der nächste König wohl wählen? Keines der Mädchen hatte auf sie gesetzt und Celeste war sich nicht sicher, ob sie das als Kompliment oder als Beleidigung interpretieren sollte. Doch in dem Moment damals in der Küche war sie sprachlos gewesen. Und Simea außer sich vor Wut. Das war einer der wenigen Augenblicke gewesen, in denen Celeste ihren Vormund hatte schreien hören. Normalerweise war Simea für ihre Geduld und ihre ruhige, wenn auch bestimmte Art bekannt. Selbst wenn sie andere tadeln musste, war ihre Stimme dabei nur selten schneidend. Doch diese Mädchen hatte Simea angeschrien. Und gerade erwischte sich Celeste dabei, wie sie sich wünschte, Simea würde es bei diesen Ordensschwestern wieder tun, denn sie selbst würde niemals den Mut aufbringen, sie zurechtzuweisen.

Eine Berührung ihrer Hand ließ Celeste hinabblicken. Makena hatte ihre Finger mit den ihren verschränkt und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.

»Du weißt doch, dass sie bloß neidisch sind, oder?« Ihre Stimme war sanft und Celeste bemühte sich zu einem Nicken. »Weißt du, wenn ich solche Gespräche über dich mitbekomme, bete ich zu Samaya, dass Ilias’ Auserwählter umwerfend aussehen wird, damit sie alle vor Neid erblassen.« Ein leises Lachen verließ Celestes Kehle. Sie war ihrer Freundin dankbar für ihre Gebete, jedoch entsprachen sie nicht dem, was Celeste sich wünschte. Auch sie hatte unzählige Male zu ihrer Göttin Samaya gebetet. Jedoch ging es bei ihr vielmehr um alle möglichen Varianten, wie der heutige Tag nicht stattfinden könnte. Wie sie aber mit Bedauern feststellen musste, hatte Samaya ihre Gebete nicht erhört.

»Glaubst du, dass der Auserwählte aus Samara kommt? Ich hoffe es so sehr, ich könnte es nicht ertragen, ihn erst in drei Tagen zu treffen, wenn wir in der Hauptstadt ankommen.« Makena war schon wieder Feuer und Flamme für das anstehende Großereignis und plapperte fröhlich weiter. Celeste schüttelte den Kopf und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Auch wenn sie Makena nur mit halbem Ohr zuhörte und ab und an nickte, beneidete sie ihre Freundin um deren Begeisterung. Celeste wünschte sich, sie könne nur einen Bruchteil von Makenas Enthusiasmus aufbringen. Doch bei diesem für sie so heiklen Thema war ihr das einfach unmöglich.

Als sie die Türen zur Großen Halle passierten, wartete bereits eine kleine Gruppe auf sie, darunter Simea und einige hochrangige Ordensschwestern. Die Ordensschwestern knicksten leicht bei Celestes Ankunft, die wiederum respektvoll den Kopf neigte. Simea trat auf ihren Schützling zu und gemeinsam verließen sie den Palast von Samara.

»Bist du bereit?«, Celeste blickte zu Simea, die sie auffordernd ansah.

»Habe ich denn eine Wahl?« Sie konnte es sich nicht verkneifen, ein ironisches Lächeln aufzusetzen.

»Nein.« Und mit diesem Wort erwiderte Simea das Lächeln, woraufhin Celeste die Augen verdrehte.

Vor dem Tor warteten bereits zwei Kutschen und eine Gruppe Soldaten auf sie. Eine der Kutschen war aus hellem Holz und mit Schnitzereien verziert, die an Wolken erinnerten. Die vier Fahnen dieser Kutsche, eine für jedes Gotteskind, zierte je eine goldene Triskele. Drei Spiralen, die sich von außen zu einem zentralen Punkt in der Mitte hin eindrehten. Das Symbol der Götter.

Nervös fuhr Celeste mit der Hand über ihren Nacken. Auch dort war seit ihrer Geburt eine Triskele abgebildet. Feine Linien, die sich leicht von ihrer Haut abhoben, als wären sie in diese eingebrannt worden. Das Zeichen, dass sie von einer Göttin berufen worden war.

Celeste stieg in die Kutsche und setzte sich neben Simea. Ihnen gegenüber hatte Makena Platz genommen. Außer ihnen war es nur dem Gesandten von Samara, Lord Adrian, erlaubt, diese Kutsche zu benutzen. Die Ordensschwestern fuhren in der zweiten Kutsche, einer einfachen Postkutsche, und Celeste war froh, sie los zu sein. Wenn auch nur für kurze Zeit. Die fünf Wachen begleiteten die Eskorte zu Pferd.

Als sie den Innenhof verließen und über die südliche Brücke fuhren, blickte Celeste aus dem Fenster und betrachtete ihr Zuhause.

Der Palast von Samara war atemberaubend. Wie auch der Tempel, der sich in seinen Mauern befand. Inmitten eines Bergsees, der sich über die Jahrhunderte tief in die Erde gegraben hatte und dessen Oberfläche vom Palast aus kaum noch zu sehen war, ragte der Berg empor, auf dem der samarische Palast erbaut worden war. Durch eine Vielzahl von Brücken war er mit dem Festland von Samara verbunden. Von oben wirkte es wie die Strahlen der Sonne. Aus dem umliegenden Gebirge bahnten sich Flüsse ihren Weg hinunter in den Bergsee. Eine einzige Quelle entsprang innerhalb der Palastmauern, um letztendlich auch in die Schlucht zu fließen.

Die Schönheit des Anblicks erstaunte Celeste jedes Mal aufs Neue. Es erfüllte sie mit Stolz, Priesterin des heiligen Tempels zu sein, auch wenn das bedeutete, als Kandidatin für den zukünftigen König des Landes infrage zu kommen.

Die Fahrt zum Festland von Samara verlief größtenteils schweigend und Celeste war froh, als sie endlich den Großen Platz erreicht hatten. Die Tür der Kutsche wurde geöffnet und ein Wachmann half erst Simea, dann Celeste und anschließend Makena hinaus. Bei ihrer Ankunft waren bereits vereinzelte Freudenrufe zu hören gewesen, doch als sie ausstiegen, hatte sich eine ganze Menschenmasse um ihre Kutsche versammelt, um Celeste zuzujubeln.

Gemeinsam mit ihren Anhängern überquerte Celeste den Platz, auf dem gerade Markt war. Es herrschte ein buntes Treiben und Celeste bestaunte die vielen verschiedenen Stände. Edle Stoffe, buntbemaltes Porzellan und Seifen. Auch der Duft von frischgebackenem Brot drang ihr in die Nase. Die Menschen bestaunten wiederum ihr Gefolge. Viele streckten ihre Hände nach ihr aus und Celeste ergriff sie, lächelte den Menschen zu und segnete sie. Sie kannte das auch, wenn sie eine der umliegenden Städte besuchte, doch in Samara war es immer etwas Besonderes. Hier war ihre Heimat. Die Bewohner kannten sie, seit sie ein Baby war, und vermittelten Celeste das Gefühl von Geborgenheit.

Sie würde Samara vermissen während ihrer Reise. Beinahe drei Monate würde sie ihre Heimat nicht sehen. Für Celeste eine viel zu lange Zeit. Bisher hatte sie höchstens für wenige Tage die Stadt verlassen. Und es wäre ihr lieber, wenn das so bleiben würde.

Eine alte Dame mit gekrümmtem Rücken trat an Celeste heran und ging vor ihr in die Knie. Das Mädchen nahm die Hände der Frau in ihre eigenen und zog sie wieder auf die Füße.

»Ihr wisst doch, dass ich nicht möchte, dass sich jemand vor mir verneigt.« Die Frau lächelte und unzählige Falten erschienen um ihre Augen.

»Das ist mir bewusst, Priesterin, aber ich möchte es trotzdem tun. Heute ist ein großer Tag für Euch, ich bete, dass Samaya an Eurer Seite steht und über Euch wacht.«

Mit Mühe erwiderte Celeste das Lächeln der Frau und drückte zum Dank ihre Hände.

»Das hoffe ich auch für Euch. Möge die Göttin Euch beschützen.« Sie verabschiedete sich von der alten Dame und gesellte sich zu Simea, die ihren Blick über den Platz schweifen ließ.

Die Sonne würde noch eine Stunde brauchen, um ihren höchsten Stand zu erreichen. Celeste blieb also noch Zeit, bevor Ilias seinen Auserwählten berufen und damit Sirion einen neuen König schenken würde.

»Ist es mir gestattet, eine Runde über den Markt zu schlendern oder erwartest du von mir, dass ich eine Stunde lang eine Statue imitiere?«

»Ich habe nichts dagegen, wenn du dich umsiehst, aber ich habe etwas dagegen, wenn du allein gehst.« Simea sah ihren Schützling an, den Schalk in ihren blauen Augen.

»Wir wollen schließlich nicht, dass du die Flucht ergreifst und ich in einer Stunde ohne Priesterin dastehe, wenn du deine Rede für den Tag der Sonne vor dem Volk hältst, oder?«

Ein ironisches Grinsen erschien auf Celestes Gesicht.

»Das kommt ganz drauf an, wen du fragst. Aber ich nehme an, wenn ich dem nicht zustimme, muss ich an deiner Seite bleiben.« Simea nahm Celeste am Arm und hakte sich bei ihr unter.

»Wie gut ich dich doch erzogen habe.« Bei dieser Aussage verdrehte Celeste bloß lachend die Augen.

»Sei in einer Stunde wieder hier, verstanden?« Sie spürte Simeas eindringlichen Blick auf sich ruhen, also nickte sie.

»Celeste, ich hoffe du weißt, dass heute der Tag ist, für den du geboren wurdest. All das hier geschieht aus einem Grund, vergiss das bitte nicht. Egal, für wen sich der König in einem Jahr entscheiden wird, diese Hochzeit wird dem Land Wohlergehen und Frieden bringen.« Wie ferngesteuert griff Celeste mit der freien Hand in ihren Nacken und strich über die Triskele. Ihr war natürlich bewusst, welche Rolle sie zu spielen und welche Aufgabe sie zu erfüllen hatte, aber das hieß nicht, dass sie sich ihrem Schicksal einfach so fügen wollte. Zu Celestes großem Bedauern teilte Simea ihre Ansichten jedoch nicht.

»Wie könnte ich das je vergessen? Du erinnerst mich doch beinahe täglich daran.« Liebevoll legte Celeste ihren Kopf auf Simeas Schulter und drückte ihre Hand, bevor sie sich von ihr löste und auf den ihr am nächsten gelegenen Marktstand zulief.

»Ich bin in einer Stunde wieder hier.«

Damit drehte sie sich um und ging rasch ein paar Schritte, um aus Simeas Sichtweite zu verschwinden. Celeste seufzte tief auf vor Erleichterung. Endlich war sie allein. Sie hatte es geschafft, sich einige Meter von den anderen Ordensschwestern zu entfernen und ihren neugierigen Fragen und unnötigen Kommentaren zu entkommen. Nur zwei Wachen blieben zu ihrer Sicherheit bei ihr, hielten sich aber dezent im Hintergrund. Die Priesterin zog ihren Umgang enger um sich und setzte die Kapuze auf. So war sie vor Blicken geschützt und konnte sich in aller Ruhe auf dem Markt umsehen. Der Stand der Goldschmiede war ihr erstes Ziel.

Celeste blieb stehen und begutachtete die Ware der Schmuckkunst. Ein goldener Haarkamm erweckte ihre Aufmerksamkeit. Behutsam nahm sie das Schmuckstück in die Hand und besah sich die filigrane Arbeit. Das Handstück des Kammes war mit goldenen Blüten und mit Aquamarin und Rosenquarz verziert.

»Eine ausgezeichnete Wahl. Dieser Kamm ist ein Unikat. Aber, wenn Ihr es mir gestattet, Priesterin: Zu dem Rot Eurer Haare würden Smaragde, Rubine oder auch Saphire besser passen.« Der alte Mann schenkte ihr ein Lächeln. Sein Gesicht war faltig und er trug ein Monokel am linken Auge.

»Wenn Ihr möchtet, zeige ich Euch gern noch andere Kämme.« Er bückte sich, um in einer der Kisten unter dem Tresen zu wühlen, doch Celeste unterbrach ihn.

»Vielen Dank, aber das ist nicht nötig. Der Kamm soll ein Geschenk sein.« Zärtlich strich sie über die Schmuckblüten.

»Wie Ihr wünscht, Priesterin. Diejenige wird sich bestimmt sehr darüber freuen.« Ein Lächeln stahl sich auf Celestes Gesicht und sie nickte. Jedenfalls hoffte sie, dass sich Laila über den Kamm freuen würde. Blau und Rosa, die Farben der Edelsteine, waren immerhin ihre Lieblingsfarben. Celeste bezahlte den Kamm, der Händler verschnürte ihn gut und verabschiedete sich mit einer Verbeugung von ihr.

Celeste wandte sich einer ihrer Wachen zu und hielt ihr das Päckchen entgegen. »Flint, könntet Ihr den Kamm für mich zur Kutsche bringen? Ich möchte ihn ungern bei mir behalten.« Der Angesprochene nickte Celeste kurz zu, nahm ihr das Paket ab und machte sich eilig auf den Weg zurück zur Kutsche.

Celeste freute sich schon auf Lailas Gesicht, wenn sie ihr den Kamm nachher überreichen würde. Laila liebte Geschenke beinahe so sehr, wie sie Kuchen liebte.

In Gedanken versunken, achtete Celeste nicht auf ihre unmittelbare Umgebung und lief prompt in jemanden hinein. Mit dem Gesicht prallte sie dabei gegen einen harten Rücken, was sie leise fluchen lies. Sie rieb sich die Nase, als die Person sich zu ihr umdrehte.

»Pass gefälligst auf, wohin du gehst!« Celeste blickte in ein grünes Augenpaar, das ihr kalt entgegenblickte. Es gehörte zu einem jungen Mann mit dunkelblonden Haaren, der die Priesterin abschätzig musterte. Niall, die verbliebene Palastwache, bemerkte den Vorfall und wollte Celeste zu Hilfe eilen, aber die hob nur die Hand, um zu zeigen, dass alles in Ordnung war. Niall blieb in einiger Entfernung stehen, musterte den Fremden aber argwöhnisch und genau.

»Entschuldige bitte, ich habe nicht aufgepasst.«

Trotz des abfälligen Tonfalls, den der Fremde ihr entgegengebracht hatte, entschied sich Celeste dazu, freundlich und höflich zu bleiben. Sie wollte keinen Ärger, bloß etwas Ruhe und Frieden, um sich gedanklich auf ihre Rede für das Fest vorzubereiten. Der junge Mann zog eine Augenbraue nach oben und seine Lippen waren zu einem harten Strich verzogen.

»Benutz deine Augen! Wofür hast du sie sonst?« Mit diesen Worten rempelte er sie grob an und verschwand in der Menge. Celeste rieb sich schockiert die schmerzende Schulter, gegen die der Fremde gestoßen war.

»Ist alles in Ordnung, Priesterin?« Die Wache kam zu ihr und legte ihr behutsam die Hand auf die Schulter. Celeste nickte nur, lächelte den Mann schwach an und ging weiter.

Für gewöhnlich brachten die Menschen ihr Respekt, meistens sogar Zuneigung entgegen, manchmal wurde hinter ihrem Rücken über sie geredet – natürlich, das war der Neid –, doch noch nie war ihr Abneigung in einer solchen Heftigkeit entgegengebracht worden.

Wütend ballte sie ihre Hände zu Fäusten. Das Verhalten dieses Kerls brachte sie innerlich zum Kochen.

Was bildete dieser Typ sich ein? Was glaubte er, wer er war? Selbst wenn er nicht wusste, wer sie war – sein Verhalten wäre jeder Frau gegenüber unangebracht gewesen.

Celeste schüttelte den Kopf. Sie durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Sie hatte eine Aufgabe zu erfüllen und sie wollte Simea stolz machen – und, ehrlich gesagt, auch ein wenig sich selbst.

Sie war ihr Leben lang auf diesen Tag vorbereitet worden und Celeste würde ihn sich nicht von einem respektlosen Rüpel verderben lassen. Sie versuchte zu verdrängen, dass sie heute Morgen noch mit dem Gedanken ihrer Flucht gespielt hatte …

Ein Blick zum Himmel verriet ihr, dass die Sonne in weniger als einer Stunde ihren höchsten Stand erreicht haben würde.

Dann war es endlich so weit.

Ilias, der älteste Gott von Sirion, würde seinen Sohn berufen. Einen jungen Mann aus Sirion, der den Thron besteigen und über das Land herrschen würde.

Im Gegensatz zu Celeste und den anderen Priesterinnen, die von ihren Göttinnen direkt nach der Geburt auserwählt worden waren, erwählte Ilias seinen Sohn erst im Mannesalter. Das Leben dieses jungen Mannes würde sich für immer verändern. Dabei konnte jeder von Ilias, dem Gott der Sonne, berufen werden. Jeder Bauer, jeder Handwerker, jeder Händler. Der familiäre Hintergrund und die Herkunft spielten keine Rolle.

Celeste dachte an König Miro. Er stammte, ebenso wie seine verstorbene Königin, aus der Küstenprovinz Sirena im Süden von Sirion und seine Eltern waren einfache Fischer, wie er selbst einmal einer gewesen war. Nur seine Freundschaft mit Nanami, der Tochter des Meeres und Priesterin von Sirena, hatte ihn von anderen unterschieden. Dann war er berufen worden und hatte den Thron des Landes bestiegen. Ein einziger Tag, eine einzige Entscheidung, hatte die Macht, das Leben eines Menschen und seiner Liebsten aufs Gewaltigste zu ändern.

»Können wir uns von der Menge entfernen, Niall? Ich brauche etwas Ruhe.« Celeste sah ihre Wache bittend an, die sie sofort am Ellbogen nahm und sie sanft, aber bestimmt in eine Seitenstraße schob. Die Priesterin setzte sich auf eine Treppe, die zu einem Haus hochführte, schloss die Augen und legte ihren Kopf in den Nacken, fing so die Sonnenstrahlen ein. Ein erleichtertes Seufzen entwich ihren Lippen. Die plötzliche Stille war wohltuend. Große Menschenmassen, das ganze Gewusel und das Stimmengewirr waren auf Dauer einfach zu viel.

»Wann müssen wir zurück?« Noch immer streckte sie ihr Gesicht der Sonne entgegen und genoss die Wärme der Sonne auf ihrer Haut. Die anhaltende Stille ließ sie die Stirn runzeln.

»Niall?« Celeste öffnete die Augen, nur, um sie erschrocken aufzureißen.

»Ich glaube nicht, dass Niall dir antworten wird.«

In einiger Entfernung lag ihre Wache Niall auf dem Boden. Offenbar bewusstlos. Eine Platzwunde auf der Stirn. Über ihm stand breitbeinig der junge Mann vom Markt, der sie so respektlos behandelt hatte. In seiner Hand hielt er einen Stein, an dem das Blut ihres Leibwächters klebte.

Augenblicklich erwachte Celeste aus ihrer Starre. Sie sprang auf, brachte eine noch größere und damit hoffentlich sichere Distanz zwischen sich und ihren Angreifer.

»Was zur Göttin?! Hast du ihn umgebracht?« Entsetzt starrte sie auf Niall, der noch immer reglos am Boden lag.

»Keine Sorge, Priesterin, dem geht’s gut. In ein paar Minuten – oder Stunden – wird er mit Kopfschmerzen wieder erwachen.«

Auf dem Gesicht des Fremden prangte ein selbstsicheres Grinsen. Seine dunkelblonden Haare waren wirr und seine grünen Augen fixierten sie wie ein Raubtier seine Beute. Celeste geriet in Panik. Ihre Hände wurden schwitzig und ihre Augen glitten von dem Fremden zu Niall und wieder zurück. Ihr Angreifer war groß, bestimmt eins achtzig, und seine Schultern breit. Selbst das locker sitzende helle Leinenhemd, das er trug, konnte nicht verbergen, dass er muskulös war. Angst kroch in ihre Gliedmaßen und eine Gänsehaut überzog ihren Nacken und die Arme.

Der Fremde kam einige Schritte auf sie zu, den Stein warf er dabei achtlos zur Seite.

»Und nun, Priesterin, werden wir uns unterhalten.«

KAPITEL 2

DIE TRISKELE

Celeste

»U–Unterhalten? Ist das dein Ernst?!« Celestes Stimme klang leicht hysterisch.

»Du schlägst meine Wache bewusstlos und erwartest von mir, dass ich mich mit dir unterhalte? Bist du vollkommen verrückt?«

Vermutlich wäre es klüger gewesen, ihr Temperament im Zaun zu halten, aber dafür war es bereits zu spät. Celeste war panisch, verängstigt – aber gleichzeitig auch unglaublich wütend.

»Glaub mir, Priesterin, das ist mein voller Ernst.« Er klang ruhig. Ruhig und entschlossen. Seine Augen taxierten sie noch immer und Celeste fühlte sich unwohl unter seinem stechenden Blick.

Was wollte er bloß von ihr? Celeste schluckte und sah ihn herausfordernd an.

»Warum, in Ilias’ Namen, sollte ich mit dir reden? Was hält mich davon ab, lautstark nach Hilfe zu rufen? Der Marktplatz ist voller Wachen, die einzig und allein zu meinem Schutz hier sind.«

Sie wollte ihn verunsichern. Nur ungern wollte sie tatsächlich anfangen zu schreien und ausgerechnet am heutigen Tag eine Szene machen. Wenn Simea herausfand, dass Celeste bedroht worden war, würde sie sie nicht wieder aus den Augen lassen. Niemals wieder würde man sie ohne Begleitung irgendwo hingehen lassen. Beobachtet und verfolgt bei jedem Schritt. Celeste konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen.

Der Fremde sah nicht beeindruckt aus. Ganz im Gegenteil. Sein rechter Mundwinkel hob sich und ein Grübchen kam zum Vorschein.

»Deine Wachen machen ihre Arbeit wirklich ausgezeichnet.« Er sah auf Niall herab.

»Du solltest vielleicht darüber nachdenken, dir fähigeren Begleitschutz zu suchen. Und jemanden, der weiß, dass er seinen Schützling nicht mit nur einer Wache herumlaufen lässt. Bei so geringem Widerstand könnte schließlich jemand auf die Idee kommen, die Priesterin zu überfallen oder gar zu entführen.«

Seine tiefe Stimme triefte vor Sarkasmus. Lässig kam er weitere Schritte auf sie zu und blieb dann stehen. Er legte seinen Kopf zur Seite und musterte sie kritisch. Die Art und Weise, wie er sie ansah, hatte nichts Anzügliches, sein Blick war vielmehr – neugierig. Dennoch kam sich Celeste vor wie ein Vieh auf dem Markt und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

»Ich dachte immer, Priesterinnen müssten größer sein. Du bist ja winzig.« Für einen kurzen Moment entglitten Celeste die Gesichtszüge. Nicht nur, dass er sie bedrohte, nein, jetzt machte er sich auch noch über sie lustig. Vergessen waren Panik und Angst. Das einzige Gefühl, das heiß durch ihre Adern floss, war Wut.

»Was willst du von mir?«, presste sie hervor. Celeste hatte Mühe, sich zu beherrschen. Inzwischen bereute sie es, dass sie auf dem Marktplatz so höflich zu ihm gewesen war. Niall hätte ihn schon dort verhaften sollen, dann wäre sie niemals in diese Situation geraten.

Der Fremde sah sie jetzt belustigt an und während er das tat, versuchte Celeste, seine Aura zu ergründen. Ihre Gabe, die sie von ihrer Göttin Samaya geschenkt bekommen hatte, half ihr dabei, Wesenszüge und Absichten von Menschen zu erkennen.

Celeste würde von sich selbst nie behaupten, eine gute Menschenkennerin zu sein, aber dank ihrer Fähigkeiten nahm sie viel mehr wahr, als andere mit ihren Augen sahen.

Sie konzentrierte sich auf ihn. Versuchte, die Farben und Gefühle seiner Aura heraufzubeschwören.

Irritiert runzelte sie die Stirn. Egal, wie sehr sie sich auch bemühte, es geschah gar nichts.

Das war ihr noch nie passiert. Schon seit ihrer Kindheit konnte die Priesterin die Auren von Menschen sehen, die sich als Farben niederschlugen, die wild um ihr Gegenüber herum pulsierten. Am Anfang hatte Celeste diese Farben nicht deuten können, doch inzwischen wusste sie um die Eigenart jeder einzelnen von ihnen. So hatten sich ihr über die Jahre immer wieder neue, ganz verschiedene menschliche Gefühle gezeigt, die Celeste erst hatte lernen müssen, in ihren unterschiedlichen Nuancen richtig zu deuten. So war Grün nicht gleich Grün, die Farbintensität war entscheidend, um Gefühle und Absichten ihres Gegenübers deuten zu können. In ihrem Leben war ihr noch nie jemand begegnet, dessen Aura für sie unsichtbar war.

Celeste schluckte. Was hatte das zu bedeuten? Vor Verunsicherung kroch wieder eine leise Angst in ihr hoch.

Inzwischen umkreiste der Fremde sie und Celeste kam sich vor wie eine Zirkusattraktion.

»Was ich von dir will? Ist das nicht offensichtlich?« Beinahe hätte Celeste den Kopf geschüttelt, konnte es sich aber gerade noch verkneifen. Für sie war es überhaupt nicht offensichtlich, warum er ihre Wache niedergeschlagen hatte und was er nun von ihr wollte. Ihre Gedanken überschlugen sich und malten sich die verschiedensten Szenen aus. Ihr Gesicht verzog sich sorgenvoll und sie nestelte unsicher an dem Saum ihrer Bluse. Der Fremde hatte die Regung in ihrem Gesicht mitbekommen und seine Augenbrauen zogen sich zusammen.

»Keine Sorge, das habe ich gewiss nicht vor. Ich bevorzuge Frauen und keine kleinen Mädchen.« Erneut musterte er sie von oben bis unten. Celeste biss die Zähne zusammen. Wieder hatte er sie beleidigt. »Kleines Mädchen« hatte er sie genannt. In wenigen Monaten würde Celeste achtzehn werden. Als kleines Mädchen konnte man sie wahrhaft nicht mehr bezeichnen. Er selbst am allerwenigsten, er war vermutlich selbst erst um die zwanzig.

Der Fremde räusperte sich.

»Was ich von dir will, befindet sich in dem Beutel an deiner Hüfte. Es ist rund, golden und man nennt es Geld. Genug davon hast du ja. Mehr als genug, wie man sich erzählt.« Gegen Ende des Satzes wurde seine Stimme noch dunkler als sie ohnehin war, die Anklage war deutlich daraus zu hören.

Celeste fühlte sich in seiner Gegenwart unwohl. Zum einen, weil seine Art so einschüchternd war, und zum anderen, weil sie nicht wusste, was sie auf seine Forderung erwidern sollte.

Sie hätte ihm ohne zu zögern ihr Geld gegeben, wenn er nicht Niall niederschlagen hätte. Celeste verabscheute Gewalt als Mittel, um seine Ziele zu erreichen.

Und nun? Alles in ihr sträubte sich dagegen, diesem Mistkerl das zu geben, was er wollte. Und das Gefühl war stärker, als ihre Sorge um das, wozu er vielleicht fähig war.

»Also, Priesterin, Teilen ist eine Tugend, die du beherrschen solltest. Dir sollte doch das Wohlergehen der Bürger dieser Stadt am Herzen liegen.«

Celeste hasste es, wie er mit ihr sprach. Sie merkte: Er fühlte sich ihr überlegen und nahm sie nicht ernst. Trotzig hob sie ihr Kinn, sie war zu stolz, um sich von einem Straßendieb demütigen zu lassen. Celeste nahm all ihren Mut zusammen.

»Was weißt du schon über die Bürger dieser Stadt, außer, wie du ihnen das Geld aus den Taschen stehlen kannst?«

Sie betrachtete ihn herausfordernd. Auf sie wirkte er wie einer, der keine Ahnung hatte, wovon er eigentlich sprach und nur sein eigenes Wohl im Sinn hatte. Sie hatte viele wie ihn über die Jahre hinweg kennengelernt und konnte mit Bestimmtheit sagen, dass sie solche Menschen nicht mochte. Ihre Abneigung gegen ihn wurde stärker und besiegte sogar ihre Unsicherheit.

»Du solltest dich lieber fragen, warum du so wenig über sie weißt. Ist es nicht deine Aufgabe, für das Wohlergehen der Bürger zu sorgen, Priesterin?« Erneut schwang Sarkasmus in seiner Stimme mit und seine Mundwinkel umspielte wieder dieses selbstsichere Grinsen. Es war nicht zu verleugnen, dass er nichts von ihr und ihrem Amt hielt. Er machte sich über sie lustig. Celestes Hass auf ihn wurde von Sekunde zu Sekunde größer. Sie hatte es noch nie leiden können, nur mit »Priesterin« angesprochen zu werden. Sie war mehr als das, sie war ein Mensch und besaß einen Namen.

Auch seine Körperhaltung machte sie zunehmend wütend. Er hatte die Hände in die Hosentaschen vergraben und stand lässig vor ihr, als würden sie eine belanglose Unterhaltung führen. Dabei hatte er sie gerade beleidigt und damit ihre Göttin verhöhnt.

Celeste ballte ihre Hände zu Fäusten und ihre Fingernägel hinterließen halbmondförmige Abdrücke in ihrer Haut. Sie hatte alle Mühe, sich zusammenzureißen. Das Grinsen auf dem Gesicht des jungen Mannes wurde breiter.

»Was ist los? Hast du das Sprechen verlernt?«

Celeste hätte ihm das Lächeln nur zu gern aus seinem viel zu schönen Gesicht geschlagen, aber Simea hatte ihr ein besseres Benehmen beigebracht. In diesem Moment bedauerte sie das zutiefst. Sie atmete tief durch, um ihr Temperament im Zaum zu halten, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen. Ganz im Gegenteil, sie wurde zunehmend wütender. Celestes Nasenflügel bebten. Um nicht die Beherrschung zu verlieren, ballte sie ihre Hände noch fester zusammen, sodass die Knöchel weiß hervortraten.

Wie schaffte der Kerl es nur, sie so aus der Fassung zu bringen?

»Bist du fertig? Kann ich endlich gehen? Ich werde dir rein gar nichts geben. Und ich würde nur ungern etwas tun, was ich im Nachhinein bedauern müsste.« Sie machte sich nicht mehr die Mühe, ihrer Erziehung gemäß zu sprechen. Sie hatte keine Angst mehr. Wenn er wirklich etwas von ihr haben wollte, war Celeste davon überzeugt, dass er ihr nichts antun würde. Zu ihrem Erstaunen jedoch brach der junge Mann in Gelächter aus.

»Ich dachte, Priesterinnen werden dazu erzogen, artig Bitte und Danke zu sagen.« Sein Grinsen war jetzt zu einer hämischen Maske verzogen. In Celeste kochte es. Seine ständigen Provokationen und sein mangelnder Respekt gingen ihr auf die Nerven.

»Oh, verzeih! Vielen Dank, dass du meine Wache niedergeschlagen hast, das war wirklich sehr zuvorkommend. Wenn du nun so freundlich wärst und aufhören könntest, meine Zeit zu verschwenden, wäre ich dir sehr dankbar. Ach, und bitte verzichte in Zukunft darauf, Gewalt anzuwenden. Die Menschen in deiner Umgebung werden es dir sicherlich danken.«

Sie schenkte ihm ein aufgesetztes Lächeln und versuchte sich an ihm vorbeizudrängen, aber er trat ihr in den Weg. Um seine Mundwinkel zuckte es verräterisch. Er fand das alles auch noch unterhaltsam.

»Kein Grund, gleich die Krallen auszufahren, Kätzchen.« Sie starrte ihn entsetzt an. Er hatte sie doch gerade nicht wirklich »Kätzchen« genannt? Was bildete sich dieser Kerl ein? Sie brauchte einen Moment, um sich wieder zu fangen und um zu realisieren, dass er das gerade tatsächlich gesagt hatte. Celeste presste ihren Kiefer aufeinander. Ihr war der Geduldsfaden gerissen.

»Was fällt dir eigentlich ein? Du schlägst eine Palastwache bewusstlos, bedrohst eine Priesterin und willst sie ausrauben, erniedrigst mich und willst mir allen Ernstes von meinen Pflichten erzählen? Du hältst doch alles nur für einen Witz!» Ihre Wangen hatten sich vor Wut rot verfärbt. Der Mann trat noch einen Schritt auf sie zu und Celeste zwang sich, auf der Stelle zu verharren, um keine Schwäche zu zeigen.

Er musterte sie mit einem Blick, den Celeste nicht deuten konnte, ihr jedoch eine Gänsehaut bescherte. In seinen grünen Augen lag ein Funke, der etwas Bedrohliches und Faszinierendes zugleich an sich hatte. Celeste wagte nicht, den Blick zu senken, um ihn ebenfalls zu mustern. Stattdessen starrte sie unverfroren auf sein kantiges Gesicht.

»Du hast recht, ich halte das wirklich für einen schlechten Witz.«

Sein Blick hatte zurück zu ihrem Gesicht gefunden. Sein Tonfall war nun deutlich grober, aber ein Hauch von Sarkasmus schwang noch immer mit.

»Es werden wahllos Mädchen ausgesucht, die eine ganze Stadt regieren sollen, ohne auch nur einen blassen Schimmer davon zu haben, wie deren Menschen eigentlich leben.« Celeste wusste, dass diese Anschuldigung ganz konkret ihr galt, sie konnte sich nicht vorstellen, dass er schon einer anderen Priesterin begegnet war.

»Und zu allem Überfluss wird dazu irgendein Idiot bestimmt, der über das gesamte Land herrschen soll. Nimm es nicht persönlich, aber dieses System ist nun mal nicht mehr als ein schlechter Witz.«

Aber Celeste nahm es persönlich, wie sollte sie es auch nicht tun? Er hatte gerade ihre gesamte Existenz beleidigt und infrage gestellt. Sie starrte ihn einige Sekunden schweigend an, nicht sicher, was sie ihm erwidern sollte. Er warf ihr einen spöttischen Blick zu und wandte sich tatsächlich zum Gehen.

»Behalte dein Geld. Und keine Sorge, deine Wache sollte bald wieder zu sich kommen.« Celestes Augen weiteten sich. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist?«, sie war froh, ihre Stimme wiedergefunden zu haben, denn diese Beleidigung wollte sie keinesfalls auf sich sitzen lassen. Ihre Fingernägel gruben sich in ihre Handflächen und auf ihrer Stirn hatte sich eine tiefe Zornesfalte gebildet. Der Fremde drehte sich wieder zu ihr um, seinem Gesicht war anzusehen, dass er mit keiner Erwiderung gerechnet hatte. Er zog eine Augenbraue in die Höhe. Die Priesterin musste sich eingestehen, dass das bei ihm ausgesprochen gut aussah.

»Ich sage nur offen meine Meinung. Wenn dir das nicht passt, ist das nicht mein Problem.« Er zuckte gelangweilt mit den Schultern. Sein Verhalten hatte aber für Celeste nichts mit Ehrlichkeit zu tun, es war einfach nur abscheulich und verletzend. Sie schüttelte den Kopf und starrte ihn nur weiterhin an. Er wandte seinen Blick ab. »Du solltest dich übrigens beeilen. Bald ist Zenit und du hast dann auf dem Großen Platz zu stehen, um den neuen König zu feiern.«

Er sah sie abschätzig an, während Celeste sich am liebsten geohrfeigt hätte. An das Fest hatte sie in den letzten Minuten keinen einzigen Gedanken verschwendet. Simea suchte bestimmt schon nach ihr.

»Der Arme wird gezwungen, irgendein dahergelaufenes Mädchen zu heiraten. Und eine der möglichen Glücklichen bist du. Eine Kratzbürste. Ich muss daran denken, ihm mein Beileid auszusprechen.«

Seine Stimme zeigte pures Desinteresse, sie klang beinahe schon monoton. Passend dazu hielt er nun seine Arme hinter dem Kopf verschränkt und sein Blick schweifte gelangweilt umher. Ohne es zu merken, hatte der Typ einen wunden Punkt bei Celeste getroffen. Ihr Gesicht wurde zu der undurchsichtigen Maske, die sie immer dann aufsetzte, wenn sie ihre Gefühle verbergen wollte. Celeste wusste, dass sie nicht gerade der umgänglichste Mensch war, sie ließ nur wenige an sich heran. Diese Tatsache jedoch von einem völligen Fremden zu hören, traf sie härter, als sie zugeben wollte.

Dem jungen Mann schien ihr Schweigen aufzufallen, er drehte sich zu ihr um. Über sein Gesicht huschte ein Hauch von Reue, falls Celeste es richtig deutete. Sicher konnte sie sich aber nicht sein. Ohne ihre Gabe war sie nicht besonders gut darin, die Emotionen anderer einzuordnen. Er setzte gerade an etwas zu sagen, als er abrupt verstummte. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und seine Haltung war plötzlich angespannt. Er starrte auf einen Punkt hinter Celeste.

»Mic«, knurrte er zwischen zusammengepressten Lippen.

Verwirrt drehte sich Celeste um. Vor dem Portal, das zurück zum Großen Platz führte, stand eine Gruppe von Männern. Ihre Kleidung war schmutzig und abgetragen, ihre Statur athletisch und zugleich muskulös, ähnlich wie die ihres Gegenübers. In ihrer Mitte stand ein Mann um die dreißig. Seine schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht und über sein rechtes Auge verlief eine Narbe, die sich bis hinunter zu seinem Kieferknochen zog. Der Mann trat einen Schritt vor und auf seinem Gesicht bildete sich ein Lächeln.

»Nathaniel. Schön, dich zu sehen.« Sein Blick glitt zu Celeste und sein Lächeln wurde noch eine Spur breiter. »Und das in solch schöner Begleitung.« Celeste lief ein Schauer über den Rücken. Seine Augen waren die eines Wolfs, gelb und stechend. Sie nahmen jede Bewegung war.

»Ich hatte nie den Eindruck, dass du viel Wert auf die Götter legst und dennoch treffe ich dich hier mit einer Priesterin.« Er schnalzte mit der Zunge.

»Willst du uns deine neue Freundin nicht vorstellen? Ich bin noch nie einer Priesterin begegnet, so eine Gelegenheit muss man ausnutzen.«

Celestes Hände wurden feucht. Die Aura von Mic war düster. Sie nahm deutlich die Emotionen Gier, Neid und Hass bei ihm wahr. Noch nie hatte Celeste eine solch finstere Aura erlebt und es jagte ihr eine Heidenangst ein.

Plötzlich stand der junge Mann, Nathaniel, wie Mic ihn genannt hatte, vor Celeste und schob sie sachte, aber bestimmend hinter sich. Unter seinem Leinenhemd zeichneten sich seine breiten Schultern ab.

»Ich hätte euch ja wirklich gern bekannt gemacht, aber leider wollte sie gerade gehen. Man erwartet sie bereits.« Ein Blick zum Himmel verriet Celeste, dass die Sonne bald ihren höchsten Stand erreicht hatte. Sie würde sich beeilen müssen, um es rechtzeitig bis zum Großen Platz zu schaffen. Aber das war gerade ihre geringste Sorge. Die gesamte neue Situation, aber insbesondere Nathaniels Verhalten, verwirrte sie enorm. Eben noch war er unfreundlich und herablassend gewesen, ihr gefühlter Feind. Und nun spielte er den großen Helden und wollte sie vor diesen Kerlen in Schutz nehmen? Das ergab keinen Sinn.

Wieso stellte er sich schützend vor sie? Warum musste sie überhaupt beschützt werden? Auch wenn die Auren dieser Männer finster und angsteinflößend waren, wollte Mic doch ganz offensichtlich etwas von Nathaniel und nicht von ihr. Celeste hatte mit dieser Angelegenheit nichts zu tun und hätte am liebsten die Flucht ergriffen.

In diesem Augenblick bereute sie, den Großen Platz überhaupt verlassen zu haben.

Die Augen von Mic verfinsterten sich und blitzen gefährlich auf. Der Gelbton wurde noch intensiver.

»Ich will mein Geld, Nate. Und zwar sofort.« Sein Blick wanderte zu Celeste.

»Wenn ich mein Geld nicht bekomme, werde ich die Priesterin mitnehmen. Für sie werde ich immerhin eine saftige Summe erhalten.«

Celeste wurde schlecht, als sie sich vorstellte, was dieser widerliche Typ mit ihr anstellen könnte. Sie war an sich kein besonders ängstlicher Mensch, aber am heutigen Tag lernte sie zur Genüge, was es bedeutete, wirklich Angst zu haben.

»Das wäre Hochverrat«, platzte es da aus ihr heraus. Celestes Augen weiteten sich vor Entsetzten und sie schlug sich die Hand vor den Mund. Sie hatte gar nichts sagen wollen, besonders nichts, was diese Kerle provozieren könnte.

Das sah Nathaniel wohl genauso, denn er drehte den Kopf zu ihr und funkelte sie wütend an.

»Sieh an, deine kleine Priesterin kann sprechen.« Ein abscheuliches Grinsen trat auf Mics Gesicht.

»Wenn meine Jungs und ich mit ihr fertig sind, bin ich gespannt, ob sie immer noch dazu fähig ist.« Ab jetzt kam Celeste das Szenario wie ein Traum vor. Ein Albtraum.

Wo war sie nur hineingeraten?

Im nächsten Augenblick stieß Nathaniel ein verächtliches Schnauben aus, packte Celeste am Arm und rannte los. Die Priesterin hatte Mühe, mit ihm mitzuhalten. Ein Blick über die Schulter verriet ihr, dass die Gruppe die Verfolgung aufgenommen hatte. Durch die schnelle Reaktion von Nate hatten sie einen kleinen Vorsprung und Celeste war froh, von ihm mitgezogen zu werden. In diesem Wirrwarr aus Gassen und eng beieinanderstehenden Häusern hätte sie sich längst verlaufen oder wäre bei diesem Tempo ohne seine Stütze gestolpert und gefallen. Nathaniel führte sie Richtung Westen, weg vom Marktplatz. Er bog um eine Ecke und rannte mit Celeste im Schlepptau eine Treppe hinauf und dann durch einen schmalen Gang. Es folgten weitere Richtungswechsel, Treppen und Häuserecken. Die Priesterin hatte keine Zeit, sich zu fragen, wo sie sich gerade befanden, denn alle Wohngegenden, durch die sie kamen, sahen für sie gleich aus. Nate zog sie eine Treppe hinauf, die an der Außenseite eines Hauses angebracht war, und führte sie so auf ein flaches, heruntergekommenes Dach. Celeste folgte ihm wortlos. Das Einzige, was sie beschäftigte, waren die Männer hinter ihnen. Celeste hoffte inständig, die Verfolger mit ihrer Flucht auf das Dach abgehängt zu haben. Wer kam schon auf die Idee, sie über den Dächern von Samara zu suchen?

Als sie die Mitte des Dachs erreicht hatten, ließ Nate sie los. Im Gegensatz zu Celeste, die sich keuchend auf ihren Oberschenkeln abstützte und verzweifelt nach Luft schnappte, war er nur leicht außer Atem. Sein Blick glitt wachsam umher und auch Celeste wagte, sich umzusehen. Das Dach, auf dem sie sich befanden, war nicht weit vom Großen Platz entfernt, auf dem die Priesterin eigentlich in genau diesem Augenblick zu stehen hatte.

»Alles in Ordnung?« Als Celeste den Kopf hob, blickte sie in besorgt schauende, grüne Augen. Ein Nicken war alles, was sie zustande brachte.

»Vielleicht solltest du dich hinsetzen.« Nate fuhr sich durch die blonden Haare.

Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm. Er hatte ihr unmissverständlich deutlich gemacht, was er von ihr hielt, und nun rettete er ihr das Leben und schien sich wirklich Sorgen um sie zu machen … Celeste verstand sein Verhalten einfach nicht. Gerade wollte sie ihn über ihren neuesten Gedankengang in Kenntnis setzen – als sie Gesellschaft bekamen. Ihr Triumph hatte nicht lange angehalten.

»Ich habe deine Schnelligkeit beinahe unterschätzt Nate, aber eben nur beinahe.« Die Stimme, von der Celeste gehofft hatte, sie nie wieder hören zu müssen, jagte ihr erneut einen Schauer über den Rücken. Nate stellte sich wieder vor sie, seine Miene war eiskalt und sein Kiefer aufeinandergepresst. Wie ritterlich von ihm, schoss es Celeste sarkastisch durch den Kopf. Sie hasste ihn dafür, sie in diese Situation gebracht zu haben und sie hasste seine verschiedenen Persönlichkeiten. Jedoch: Mit dem arroganten Fiesling kam sie wesentlich besser klar, als mit diesem fürsorglichen Beschützertypen, der so gar nicht zu ihm passen wollte. Nathaniel trat einen Schritt vor und hob beschwichtigend die Hände.

»Mic, lass den Scheiß und lass sie gehen. Die Nummer ist doch lächerlich.« Wütend funkelte Celeste seinen Rücken an. Mic und seine Männer zu provozieren war nicht sonderlich clever. Celeste spürte eine Berührung an ihrer Taille. Nathaniel hatte den Arm um sie gelegt und schob sie nun rückwärts. Auf den Rand des Daches zu, wie sie mit mulmigem Gefühl bemerkte. Sie hoffte nur, dass auch Nathaniel sich dessen bewusst war.

»Was lächerlich ist und was nicht, entscheide ich. Ich werde eine hübsche Lösegeldsumme für das Mädchen bekommen.« Erneut trat das abscheuliche Lächeln auf Mics Gesicht und seine gelben Augen funkelten.

Sie hatten das Ende des Daches erreicht und Celeste wagte einen zaghaften Blick hinunter. Sie trennten ungefähr sieben Meter bis zum Boden. Eindeutig zu hoch, um bei einem Sprung heil unten aufzukommen.

»Hör zu, Nate: Gib mir das Mädchen und ich vergesse deine Schulden. Wir wären quitt.«

Celeste erstarrte. Er würde sie doch nicht an Mic ausliefern, oder? Unsicher sah sie zu Nate auf. Sein Kiefer war weiter angespannt und auf seiner Stirn hatten sich Falten gebildet. Celeste wollte sich nicht vorstellen, was passieren würde, wenn er auf Mics Angebot einging. Bisher galt für sie immer noch das Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Warum sonst hätte Nathaniel ihr helfen sollen? Auch, wenn sie das alles noch immer nicht durchschaut hatte. Aber Mics Angebot konnte dieses Bündnis schneller zerreißen, als ihr lieb war.

Nathaniel drehte sich plötzlich zu ihr um.

»Du musst mir jetzt vertrauen.« Sein Tonfall ließ keine Widerrede zu, auch wenn Celeste genau das gern getan hätte: widersprochen. Sie würde ihm niemals einfach so vertrauen können.

Doch dann geschah alles gleichzeitig.

Nathaniel griff nach ihrer Hand und sprang über den Rand des Daches. Noch bevor Celeste einen Schrei ausstoßen konnte, ertönte eine Fanfare. Und in genau diesem Moment wurde das Mal in ihrem Nacken heiß und begann zu kribbeln. Die Sonne hatte den Zenit erreicht, Ilias würde nun seinen Auserwählten berufen. Da fing Nathaniel plötzlich an zu schreien, als leide er unter ungeheuren Schmerzen. Celeste konnte sich darüber jedoch nicht kümmern, denn sie fielen ja. Und wurden glücklicherweise von einem Textilstand abgefangen, dessen Tisch unter einem gehörigen Krachen zusammenbrach. Sofort scharrten sich Menschen um sie herum, die die Szene besorgt oder interessiert beobachteten. Celeste stand unter Schock. Sie warf einen besorgten Blick nach oben und sah Mic, der über den Rand des Daches lehnte, sein Gesicht wutverzerrt.

»Dieses Mal bist du mir entkommen, Nate. Aber das wird dir nicht noch einmal gelingen!«, hallte Mics unheilverkündende Stimme zu ihnen hinunter. Die Menschenmasse auf der Straße, die sie schon verschluckt hatte, hielt ihn davon ab, ihre Verfolgung wieder aufzunehmen.

Neben ihr gab Nate noch immer schmerzverzerrte Laute von sich. Als sie sich zu ihm umdrehte, sah sie, dass er mit seiner linken seine rechte Hand umklammert hielt. Er war übersät mit Schutt und Staub und auch Celeste sah nicht besser aus. Zu ihrem Erstaunen war sie aber unverletzt geblieben. Ihr Knöchel tat weh, aber die Schmerzen waren erträglich. Celeste schob sich zu Nate.

»Ist die Hand gebrochen?« Seine Miene war ernst, auf seiner Stirn standen Schweißperlen und er biss die Zähne zusammen.

»Ich glaube nicht«, presste er hervor. Er versuchte, die Hand zu bewegen und verzog augenblicklich schmerzverzerrt das Gesicht. Celeste schüttelte seufzend den Kopf. Es passte zu ihm, den unnahbaren und unverwundbaren Helden spielen zu wollen.

»Lass mich mal sehen.« Sie nahm seine Hand behutsam in ihre Hände und hielt sie sanft aber bestimmt fest, da Nathaniel den Anschein machte, sie wegziehen zu wollen. Celeste wischte den Dreck von seiner Hand, fuhr kurz über Knöchel und Außenseite und drehte sie anschließend um.

Und was sie da sah, ließ sie erbleichen.

»Und, was sagt Frau Doktor?« Nathaniel wahrte den Schein oder ihm war ihr Schreck nicht aufgefallen. In seiner Stimme lag wieder Sarkasmus, doch das war Celeste gerade völlig gleichgültig. Sie löste ihren Blick von seiner Handfläche und starre Nate entsetzt an. Sein Gesicht, auf dem noch der Hauch eines ironischen Lächelns stand, wurde ernst.

»Was ist los?« Celeste schaffte es nicht, ihm zu antworten. Sie brachte keinen Ton heraus. Auch sie würde zu gern wissen, was hier los war. Wäre sie nicht vollkommen erstarrt und unfähig, in irgendeiner Weise zu reagieren, hätte sie über die Ironie dieser Wendung herzhaft gelacht.

»Was, zum Henker, ist los mit dir?« Nate klang wütend, aber es war auch eine Spur Sorge daraus zu hören. Celeste deutete ausdruckslos auf seine rechte Hand.

»Triskele.« Ihre Stimme war heiser und brüchig. Ihr Gehirn musste das Geschehene erst verarbeiten und dafür brauchte es gerade ungewohnt lange. Nate sah sie verständnislos an.

»Tris… Was?«

Celeste atmete tief durch und schluckte mühsam den Kloß in ihrem Hals hinunter. Ihre Gedanken rasten, überschlugen sich und ergaben doch keinen Sinn. Sie zeigte nur weiter auf seine Handfläche.

»Da. Auf deiner Hand … Eine Triskele.« Sie war sich der Tatsache bewusst, dass ihr Gestammel für ihn nicht hilfreich war. Und Nathaniel verstand sie auch immer noch nicht, sah aber auf seine Hand hinunter. Augenblicklich verlor sein Gesicht jegliche Emotion. Er beherrschte die undurchsichtige Maske beinahe besser als Celeste.

Die erholte sich allmählich von dem Schock. Glauben konnte sie das Ganze zwar noch immer nicht, doch wenigstens hatte sie ihre Sprache wiedergefunden.

»Du wurdest berufen. Du bist der neue Sohn der Sonne. Der neue König von Sirion.«

KAPITEL 3

GLAUBENSFRAGEN

Nathaniel

Nate schüttelte den Kopf, stirnrunzelnd betrachtete er die Triskele auf seiner rechten Handfläche. Das konnte doch nicht deren Ernst sein. Wieso in aller Welt wurde er auserwählt? Er glaubte gar nicht an die alten Götter und nun sollte ausgerechnet er der neue Sohn Ilias’ sein. Er hielt nichts vom Regierungssystems Sirions und nun war er dessen Oberhaupt. Er hielt die Ehe zwischen König und Priesterin für veraltet und lächerlich und nun war er es, der innerhalb eines Jahres heiraten sollte. Das konnte nur ein schlechter Scherz sein. Er musste weg von hier.

Er hatte derzeit keine Kontrolle über seine Gedanken und Gefühle und brauchte dringend Zeit für sich, um über das Geschehene nachzudenken. Nate erhob sich, klopfte sich den Staub von den Kleidern und bahnte sich seinen Weg aus den Überresten des Textilstandes.

»Wohin willst du?« Die rothaarige Priesterin sah ihn irritiert an. Er hatte die Wahrheit gesagt, als er mit ihr gesprochen hatte. Alles, was er ihr vorgeworfen hatte, meinte er genau so. Doch als er sie nun ansah, wirkte sie in seinen Augen wie eine völlig andere. Ihre dunkelroten Locken waren zerzaust, einige Strähnen hingen lose in ihr Gesicht. Ihre bernsteinfarbenen Augen, die ihn an flüssiges Karamell erinnerten, starrten ihn erwartungsvoll an. Der Unglaube und Schock über seine Berufung waren deutlich darin zu erkennen. Er betrachtete sie misstrauisch. Sie sah gut aus mit ihrer ungewöhnlichen Haarfarbe und den Locken und auch ihre Figur war nicht zu verachten, trotz ihrer geringen Körpergröße. Aber Nathaniel favorisierte einen anderen Frauentyp. Er mochte dunkle Haare und einen dunklen Teint, keine Haut wie aus Alabaster, wie die der Priesterin. Nate schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Eben noch hatte er den Idioten bedauert, der sie eventuell heiraten würde. Und nun war sie eine seiner potenziellen Bräute. Nate kam nicht umhin, sich selbst zu bemitleiden.