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Ein leer stehendes Hotel - der perfekte Ort für ein Verbrechen. Nach dem Tod ihrer Mutter erbt Malin nicht nur das elterliche Haus, sie erhält als Zugabe auch ein verlassenes Hotel. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sie nichts von dem Anwesen geahnt und muss nun der Frage nachgehen, warum ihre Eltern das Hotel mit keinem Wort erwähnt haben. Malin packt ihren Koffer und begibt sich auf die Reise, auch in die Vergangenheit. Das Hotel ist in einem heruntergekommenen Zustand und sie beschließt, es wieder auf Vordermann zu bringen, um es mit Gewinn verkaufen zu können. Nachdem sie angekommen ist, geschehen seltsame Dinge und sie ahnt, dass sie sich nicht allein auf dem verwilderten Gelände befindet. Dann lernt sie Lenny kennen und die Lage spitzt sich zu. Aus den anfangs harmlos anmutenden Scherzen wird irgendwann bitterer Ernst und Malin muss um ihr Leben fürchten. Kann sie Lenny trauen? Und was hat vor zwanzig Jahren dazu geführt, dass das Hotel für immer geschlossen wurde?
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Anmerkung
Protagonisten
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
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Impressum
Auf das in Schweden übliche Duzen wurde zugunsten der Lesbarkeit verzichtet.
Die Geschichte sowie sämtliche Protagonisten, Institutionen und Handlungen sind in diesem Roman frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Wo tatsächlich existierende Orte erwähnt werden, geschieht das im Rahmen fiktiver Ereignisse. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Gegenwart
Es regnete in Strömen und der Schirm, den Malin am Grab ihrer Mutter in der Hand hielt, schützte sie kaum vor der Flut, die vom Himmel prasselte.
Tja, Mutter, dieser Abschied sieht dir wieder einmal ähnlich, dachte Malin, nahm die Schaufel und warf die Erde auf den Sarg zu ihren Füßen. Dann wandte sie sich ab und ließ die tröstenden Worte der Trauergäste über sich ergehen. Vor dem Moment der Kondolenz hatte ihr besonders gegraut. Sie musste die Trauernde mimen, obwohl ihre Gefühle zwiegespalten waren.
Die Beziehung zu ihrer Mutter war zeitlebens von Problemen geprägt gewesen, denn Malin hatte sich nie geliebt und stattdessen nur geduldet gefühlt. Ganz besonders nach dem Tod des Vaters, der schon in jungen Jahren gestorben war. Ihre Mutter hatte sie selten in den Arm genommen oder ihr mit aufmunternden Worten Trost gespendet, und unter dieser Lieblosigkeit und der Distanziertheit hatte Malin besonders gelitten.
Der Regen war inzwischen in eine regelrechte Flut übergegangen und benetzte Malins Gesicht. Das war gut so, denn die Trauergäste hielten die Regentropfen für echte Tränen. Nach dem vielen Händeschütteln atmete Malin innerlich auf. Sie hatte es hinter sich gebracht und stieg in den Wagen, der sie zu einem Restaurant fuhr, in dem die Trauerfeier stattfinden sollte. Insgeheim graute ihr davor, aber sie hatte geplant, sich davonzustehlen.
Im Restaurant angekommen, schälte sie sich aus ihrem nassen Trenchcoat und setzte sich an den Tisch.
„Ach Kindchen, wie blass du bist“, sagte Sigrun und legte ihre warmen Hände auf Malins Schultern.
„Keine Sorge, ich bin okay“, antwortete Malin und schmiegte ihre Wange an Sigruns Hand. Sigrun wohnte im Nachbarhaus und war immer für Malin da gewesen. Ein Herzensmensch durch und durch, deren Güte sich in jede Falte ihres alternden Gesichtes geprägt hatte. Blut war nicht immer dicker als Wasser.
Sigrun nahm die Hände von Malins Schultern und setzte sich neben sie.
„Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, dann sag es mir bitte.“
„Sigrun, du hast schon so viel für mich getan. In all den Jahren bist du immer für mich da gewesen … im Gegensatz zu meiner Mutter.“
„Vergib ihr. Sie hatte kein leichtes Leben und nur dir zuliebe auf einen neuen Partner verzichtet“, erwiderte Sigrun.
„Darf ich ehrlich zu dir sein?“
Sigrun nickte.
„Ich hätte nichts gegen einen Stiefvater einzuwenden gehabt, wenn sich ihre Eiseskälte dadurch in Liebe verwandelt hätte.“
„Ach Malin“, seufzte Sigrun. „So kannst du das doch nicht sehen.“
„Wie dann?“
„Lass uns ein anderes Mal in Ruhe darüber reden, ja? Heute ist nicht der richtige Zeitpunkt.“
„Du hast ja recht“, stimmte Malin ihr zu.
Die ersten Trauergäste trafen ein und der Raum füllte sich. Das Stimmengewirr schwoll an und verebbte erst wieder, nachdem Kaffee und Kuchen serviert worden waren. Kurz darauf entwickelten sich wieder lebhafte Gespräche unter den Trauergästen, und das war genau der richtige Zeitpunkt für Malin, um sich klammheimlich davonzustehlen. Sie rief sich ein Taxi, nahm unauffällig den vor Nässe triefenden Trenchcoat vom Garderobenhaken und huschte nach draußen.
Nasskalte Luft empfing Malin und sie zog fröstelnd die Schultern hoch. Was für ein Mistwetter. Zum Glück musste sie nur wenige Minuten warten, bis das Taxi vorgefahren war, und stieg ein. Das hatte besser geklappt als erwartet. Sie ließ sich direkt bis zu ihrem Elternhaus chauffieren und zahlte. Unschlüssig stand sie davor, bis schließlich ein Ruck durch ihren Körper ging und sie das Gartentor aufstieß. Mit zitternden Händen kramte sie das Schlüsselbund aus ihrer Handtasche und schloss die Eingangstür auf.
Die trostlose Leere, die sie im Inneren des Hauses spürte, überrollte sie wie ein Tsunami. In diesem Moment wurde Malin bewusst, dass es unmöglich ein Leben nach dem Tod geben konnte, so wünschenswert das auch wäre. Ihre Mutter war endgültig fort. Dabei hätten sie noch eine Menge zu besprechen und aufzuarbeiten gehabt, doch ihre Mutter hatte sich bis zum bitteren Ende geweigert.
„Dann eben nicht“, sagte Malin in die gespenstische Stille hinein.
Gedankenverloren durchschritt sie die Räume, die ihr auf einmal völlig fremd vorkamen. Das Wohnzimmer mit dem hübschen Sekretär aus Nussbaumholz vor dem Fenster, die Küche, die immer blitzeblank aufgeräumt war, und das Schlafzimmer mit dem großen Doppelbett, in dem nun niemand mehr schlafen würde. Malin kostete es eine Menge Überwindung, diesen Raum überhaupt zu betreten, weil es das alleinige Reich ihrer Mutter gewesen war. Aber sie würde nicht umhinkommen, Liljas persönliche Sachen durchzusehen.
Nach dem absehbar gewesen war, dass es auf das Ende zuging, hatte Malin sich einige Gedanken darüber gemacht, was mit dem Elternhaus geschehen sollte. Da bei jedem ihrer Besuche die unangenehmen Erinnerungen überwogen hatten, war sie schon recht bald zu dem Entschluss gekommen, es zu verkaufen. Was natürlich auch bedeutete, den Nachlass ihrer Eltern aufzulösen. Keine leichte Aufgabe.
Für diesen Zeitraum hatte Malin Urlaub eingeplant und sämtliche Termine ihrer Assistentin übertragen. Svea würde damit schon zurechtkommen, den Kunden die Häuser anzubieten. Nach dem Studium hatte Malin ihr eigenes Maklerbüro eröffnet und sich mittlerweile in der Branche einen guten Ruf erarbeitet. Von der Provision konnte sie unbeschwert leben. Der Verkauf des Elternhauses wäre ein Klacks – falls Lilja es ihr überhaupt überschrieben hatte. Schon morgen sollte die Testamentseröffnung sein und Malin wusste, dass ihre Mutter immer für Überraschungen gut war.
Sie kehrte in den Flur zurück und schnappte sich ihren Koffer, um ihn in das ehemalige Jugendzimmer zu tragen. Lilja hatte ein Gästezimmer daraus gemacht und nichts erinnerte mehr daran, dass Malin hier ihre Kindheit und Jugend bis zum Schulabschluss verbracht hatte.
Mit einem leisen Seufzen ließ Malin sich aufs Bett fallen, verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und starrte an die Decke. Jetzt war sie allein, mutterseelenallein sozusagen. Obwohl sie sich vor der Beerdigung auch nicht anders gefühlt hatte. Lilja hatte selten mit Malins Problemen belastet werden wollen, und dies mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Von wegen heile Welt.
Ruckartig richtete sich Malin auf. Von einer inneren Unruhe angetrieben, ging sie ins Wohnzimmer und setzte sich an den Sekretär. Nacheinander zog sie die Schubladen auf und durchsuchte deren Inhalt. Rechnungen, Ansichtskarten und jede Menge Kleinkram. Im untersten Fach befand sich eine längliche Schachtel, die bis obenhin mit Fotos gefüllt war. Malin kippte den Inhalt auf die Holzplatte des Sekretärs und betrachtete die einzelnen Bilder. Dabei fiel ihr auf, dass so gut wie gar keine Kinderfotos von ihr existierten. Sicher, es waren jede Menge Babyfotos dabei, wie sie als dickes Pummelchen im Kinderwagen lag. Erst nach der Einschulung häuften sich die Aufnahmen wieder.
Malin sammelte die Fotos wieder ein und legte sie zurück in die Schachtel. Jetzt blieb nur noch die mittlere Schublade übrig. Aber ausgerechnet diese war verschlossen und Malin machte sich auf die Suche nach dem Schlüssel. Sie durchforstete sämtliche Schränke, konnte ihn aber nirgends finden.
Enttäuscht setzte sie sich wieder an den Sekretär und ihr Blick fiel dabei auf den Brieföffner, der in einer Schale lag. Sie nahm ihn an sich und versuchte, die verschlossene Schublade aufzuhebeln. Und tatsächlich, nach einigem Hin und Her ließ sich die Schublade problemlos öffnen. Malin checkte den Inhalt und holte schließlich ein in Leder gebundenes Notizbuch heraus. Es war abgegriffen und das Papier vergilbt. Neugierig schlug sie die ersten Seiten auf und konnte schon an der Handschrift erkennen, dass dieses Notizbuch ihrem Vater gehört hatte.
Es schien sich um eine Art Tagebuch zu handeln und sie strich wehmütig über die knisternden Seiten. Dann klappte sie das Buch wieder zu, weil sie sich nicht dazu durchringen konnte, in den intimsten Gedanken ihres Vaters herumzuschnüffeln. Das wäre ihr wie ein Verrat vorgekommen. Die Erinnerung an ihn schmerzte und sie bedauerte, dass er so jung gestorben war. Er hatte Malin immer seine kleine Prinzessin genannt und sich dafür oftmals einen bösen Blick von Lilja einfangen. Warum auch immer.
Das Verhalten ihrer Mutter würde Malin stets ein Rätsel bleiben. Als Kind hatte sie sich oft schuldig gefühlt, ohne den Grund dafür zu kennen. Distanz statt Nähe. Lilja hatte sich ausreichend um sie gekümmert, war aber nie mit ihrem Herzen dabei gewesen. Ob es am frühen Tod ihres Vaters lag?
Auf all die Fragen würde Malin wohl nie eine Antwort erhalten, weil Lilja sich bis zu ihrem Tod geweigert hatte, eine Erklärung für das seltsame Verhalten abzugeben. Jetzt war es zu spät. Vielleicht auch besser so, dachte Malin, schlafende Hunde sollte man nicht wecken.
Sie nahm das Tagebuch ihres Vaters an sich, um es an einem sicheren Platz aufzubewahren. Nicht, dass es versehentlich mit dem anderen Kram entsorgt werden würde. Zwei Wochen hatte sie eingeplant, um das Haus leer zu räumen, bevor es eine Truppe von Handwerkern übernehmen sollte. Eine komplette Renovierung konnte den Wert des Hauses enorm steigern. Und genau das war Malins Ziel. Keine negativen Erinnerungen mehr, die sie tagelang beschäftigen würden. Damit war sie durch, ein für alle Mal.
Malin war auf dem Weg in die Kanzlei Bergman & Söhne, um der Testamentseröffnung beizuwohnen. Sie stellte ihren Wagen auf dem Parkplatz ab und legte die wenigen Meter bis zur Kanzlei zu Fuß zurück. Das Gebäude war ein schmuckloser Bau und nur das glänzende Messingschild neben der Tür verriet, dass Bergman & Söhne einen Teil der Räumlichkeiten ihr Eigen nannte.
Malin begab sich in den zweiten Stock und wurde freundlich von Bergmans Sekretärin empfangen.
„Guten Tag, Frau Lundgren. Herr Bergman erwartet Sie bereits, Sie können sofort in sein Büro gehen.“
„Vielen Dank.“
Malin öffnete eine Seite der mit Intarsien verzierten Flügeltür und betrat das Büro. Bergman senior thronte hinter seinem wuchtigen Schreibtisch, auf dem sich Aktenberge türmten und die Regale mit den Gesetzbüchern drohten unter ihrer schweren Last zusammenzubrechen.
Bergman erhob sich, umrundete den Schreibtisch und reichte ihr zur Begrüßung die Hand. „Schön, dass Sie da sind.“
„Ja“, erwiderte sie knapp und setzte sich.
Da keine weiteren Personen zur Testamentseröffnung eingeladen worden waren, würde Malin das Erbe wohl allein antreten. Sie war ein wenig nervös und spielte mit dem Saum ihrer Bluse.
Bergman senior schaute auf seine teure Armbanduhr.
„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte er.
„Nein danke“, lehnte Malin höflich ab. „Mein Puls ist bereits am Limit.“
Bergman ignorierte ihren Scherz. „Dann könnten wir im Prinzip anfangen“, erklärte er.
„Gern.“
Malin konnte es kaum erwarten, den Termin hinter sich zu bringen. Mutters Tod erschien ihr wie ein Wink des Schicksals, sie würde mit ihrem alten Leben endlich abschließen können.
Bergman sortierte noch einmal die Papiere und hob seinen Blick, um das Testament zu verkünden. Malin hörte nur mit halbem Ohr zu.
„Sie müssten bitte hier und hier noch unterschreiben“, sagte er und tippte mit dem Kugelschreiber auf die entsprechenden Zeilen.
„Ich habe ein Hotel geerbt?“, hakte Malin nochmals nach.
„Haben Sie mir nicht zugehört?“ Bergman runzelte verärgert die Stirn.
„Doch, doch“, versicherte sie hastig.
„Dann ist ja alles bestens.“
Malin setzte schwungvoll ihre Unterschrift auf die Papiere und verabschiedete sich. Wie in Trance lief sie an der Sekretärin vorbei nach draußen zu ihrem Wagen. Ein Hotel? Ihre Eltern waren tatsächlich im Besitz eines Hotels gewesen?
Malin ließ sich auf den Fahrersitz sinken, um ihre Gedanken zu ordnen. Egal, wie sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte nur den zarten Hauch einer Erinnerung heraufbeschwören. Ein großer See, eine Armada von Mücken und ein dunkler Wald, der bedrohlich vor ihr aufragte. Mehr war da nicht.
Kaffee. Sie brauchte dringend einen starken Kaffee mit einem Schuss Hochprozentigem. Anders war die Nachricht nicht zu ertragen. Ihre Zukunftspläne, nach dem Hausverkauf endlich durchstarten zu können, hatten sich, wie so oft, als Irrtum herausgestellt. Ihre Eltern hatten ihr absichtlich eine weitere Bürde auferlegt, an der sie schwer zu tragen haben würde.
Malin legte unterwegs einen kleinen Zwischenstopp ein, um sich mit Lebensmitteln und natürlich einer Flasche Hochprozentigem einzudecken. Wütend schloss sie die Haustür auf und trat ein. Diese Stille, die sie empfing, war wiederholt überwältigend und mit einem Mal fühlte sie sich verloren und allein. Sie stellte die Tüte mit den Lebensmitteln auf der Küchentheke ab und schraubte den Verschluss der Flasche auf.
„Dann eben ohne Kaffee“, murmelte sie und setzte die Flasche an die Lippen.
Der Alkohol brannte in ihrer Kehle und breitete sich warm in ihrem Inneren aus. Leider war das keine gute Idee gewesen, weil ihr auf nüchternem Magen sofort schwindelig davon wurde. Sie trank nur ganz selten ein Glas Wein, wenn überhaupt. Also bereitete sie sich ein verspätetes Frühstück mit Rührei, Speck und einem starken Kaffee zu und rief währenddessen Svea an, die im Büro die Stellung hielt.
„Hallo Malin. Ich sitze hier wie auf glühenden Kohlen und erwarte deinen Anruf“, meldete sich Svea. „Und? Hast du nun die Millionen deiner Eltern geerbt?“, scherzte sie.
Malin stieß einen tiefen Seufzer aus. „Nein, keine Kronen, aber dafür ein Hotel.“
„Ein Hotel?“, fragte Svea irritiert.
„Ja, ich war genauso überrascht. Ich wusste zwar, dass wir vor Jahren über einen längeren Zeitraum in einem Hotel gewohnt haben, aber dass meine Eltern die Eigentümer sind, Fehlanzeige.“
„Solange du es in bare Münze umwandeln kannst, warum nicht“, erwiderte Svea.
„Das Gebäude steht seit zwanzig Jahren leer.“
„Oh nein …“, war alles, was Svea herausbrachte.
„Eben.“
„Und nun?“
„Ich hätte das Erbe noch vor der Verkündung ausschlagen sollen“, sagte Malin.
„Quatsch, dann hättest du beim Notar den Schlüssel von deinem Elternhaus abgeben müssen. Du wirst doch sicher ein paar persönliche Dinge zur Erinnerung aufbewahren wollen.“
„Stimmt auch wieder. Ich bin nur so durcheinander und kann kaum einen klaren Gedanken fassen.“
„Malin, sei nicht so streng mit dir, du machst gerade eine schwere Zeit durch. Das Hotel bietet dir völlig neue Perspektiven und du hast alle Zeit der Welt, um herauszufinden, was du damit machen möchtest. Vielleicht stellt sich das Hotel als Goldgrube heraus.“
„Nach einem Leerstand von zwanzig Jahren, haha.“
„Du ewige Pessimistin“, schimpfte Svea.
„Immer drauf auf mich“, entgegnete Malin spöttisch.
„Du weißt, dass ich immer für dich da bin und du mich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen kannst.“
„Danke Svea, das weiß ich sehr zu schätzen. In ein paar Tagen habe ich sicher alles soweit verkraftet, dass ich eine halbwegs vernünftige Entscheidung treffen kann.“
„Na also, geht doch. Pass auf dich auf und falls du Hilfe brauchst, du hast ja meine Nummer.“
„Alles klar.“
Malin stellte das benutzte Geschirr in die Spüle und lief ins Wohnzimmer. Das Tagebuch ihres Vaters lag noch immer auf dem Sekretär und sie nahm es an sich, um es in ihrem Koffer zu verstauen. Aber dann überlegte sie es sich anders, setzte sich auf das Bett und schlug das Tagebuch auf. Wenn sie sich jetzt nicht dazu durchringen konnte, es zu lesen, würde sie es niemals tun. Eine letzte Chance, all die ungesagten Worte zu verstehen.
Vergangenheit
Stellan betrat die kleine Wohnung in Uppsala und sein Herz klopfte wie verrückt. Er hielt die Unterlagen verkrampft in seinen Händen und wusste nicht so recht, wie er Lilja von seinem Plan überzeugen könnte.
„Schatz, bist du da?“, rief er durch den winzigen Flur.
„Ja.“
Die Antwort kam aus der Küche und er klopfte an den Türrahmen, um sich anzukündigen. Nachdem er den schmalen Ordner auf dem Tisch abgelegt hatte, umschlang er die Taille seiner Frau und schmiegte sich an sie.
„Was kochst du Schönes?“, fragte er.
„Eintopf.“
Lilja drehte sich zu ihm um und küsste ihn.
„Ich wüsste da noch etwas Besseres als einen schnöden Eintopf“, raunte Stellan ihr ins Ohr und sie lachte leise.
„Malin ist nebenan“, sagte sie.
„Schade“, murmelte Stellan und sie lösten sich voneinander.
„Was hast du mitgebracht?“, fragte Lilja und deutete mit einem Nicken auf den Ordner.
„Das möchte ich dir gern in einer ruhigen Minute erklären“, antwortete er und ihm wurde ganz flau im Magen. Schon in Kürze würde er seinen Job verlieren, weil die Firma rote Zahlen schrieb. Ein enormer Druck lastete auf ihm, denn er wollte als Ehemann und Familienvater nicht versagen.
Seine Frau stammte aus einer wohlhabenden Familie und ihr Vater hatte schon am Anfang deutlich zu verstehen gegeben, dass er mit der Wahl seiner Tochter nicht einverstanden war. Trotz seines Wirtschaftsstudiums war Stellan in den Augen seines zukünftigen Schwiegervaters nicht gut genug für Lilja gewesen. Bis zum heutigen Tag hatte sich an seiner Verachtung ihm gegenüber nichts geändert und der ständige Kampf um Anerkennung zermürbte Stellan, obwohl er Lilja und seine kleine Tochter abgöttisch liebte.
Malin war das Abbild ihrer Mutter, hatte aber sein Temperament geerbt. Hin und wieder konnte sie sehr eigensinnig sein und stampfte energisch mit dem Fuß, wenn sie ihren Willen nicht bekam. Meist fiel es ihm schwer, Nein zu sagen, und Lilja ermahnte ihn anschließend, seiner Tochter nicht alles durchgehen zu lassen. Aber wer konnte diesen großen Kulleraugen schon widerstehen? Er jedenfalls nicht. Beim Anblick seiner kleinen Prinzessin wurde er weich wie Butter und sein Herz quoll vor Liebe über.
„Stellan?“
„Entschuldige Liebes, was hast du gesagt?“
„Ob du Malin Bescheid geben könntest, dass das Essen fertig ist.“
„Natürlich“, erwiderte er zerstreut.
Er öffnete die Tür zum Zimmer seiner Tochter. Als Malin ihn erblickte, sprang sie auf und warf sich in seine ausgebreiteten Arme.
„Papi, Papi, du bist wieder da“, rief sie freudestrahlend.
Er nahm sie hoch und wirbelte sie durchs Zimmer, bis sie laut lachte. Sie war sein Sonnenschein, sein Ein und Alles, und so sollte es für immer bleiben. Huckepack trug er Malin in die Küche und sie gluckste vergnügt. Lilja hatte die Teller schon gefüllt und sie setzten sich an den Tisch.
„Köstlich“, lobte er Liljas Kochkünste.
„Du musst dich nicht bemühen, ich weiß, dass ich viel zu viel Salz genommen habe“, winkte sie ab.
„Eben darum“, antwortete er. „Verliebte Köche versalzen den Brei, heißt ein altes Sprichwort.“
„Du meintest wohl, viele Köche verderben den Brei“, berichtigte sie ihn.
„Wie auch immer, mir schmeckt es jedenfalls.“
„Das freut mich.“ Sie musterte ihn unauffällig. „Sag mal, wie steht es um deine Beförderung? Wolltest du mit deinem Chef nicht darüber reden?“
Er schluckte schwer und hatte nicht die geringste Ahnung, wie er Lilja die schlechte Nachricht überbringen sollte. Sein Schwiegervater würde über die erneute Niederlage triumphieren.
„Siehst du, Lilja, ich habe es dir doch gleich gesagt. Dieser Kerl bringt absolut nichts zustande“, murmelte er und erschrak, weil er seine Gedanken tatsächlich laut ausgesprochen hatte.
„Stellan?“
„Entschuldige, mein Chef hat sich noch zu keiner Entscheidung durchringen können“, antwortete er und hoffte, dass Lilja ihm nicht ansah, dass er log.
„Schade, du hättest es mehr als verdient bei deinen unzähligen Überstunden, die du geleistet hast.“
„Ich weiß, ich weiß …“
„Du und dein Chef, ihr habt ein gutes Verhältnis zueinander. Vielleicht kannst du noch einmal höflich nachfragen“, schlug sie vor.
„Das werde ich“, nickte er zustimmend.
Lilja schien zu spüren, wie unangenehm ihm dieses Thema war, und beließ es dabei.
„Würdest du Malin nachher ins Bett bringen? Ich fühle mich nicht besonders gut“, sagte Lilja.
„Wieder Kopfschmerzen?“, fragte er.
„Ja, leider.“
Heute schien sich die gesamte Welt gegen ihn verschworen zu haben. Seit Tagen schleppte er die Unterlagen mit sich herum und wartete auf einen günstigen Zeitpunkt, um Lilja in seine Zukunftspläne einzuweihen. Doch jedes Mal, wenn er genügend Mut aufgebracht hatte, war etwas dazwischengekommen. Aber er konnte nicht noch länger warten, weil er schon in zwei Wochen arbeitslos sein würde. Prinzipiell war das kein Weltuntergang, denn er hätte sich schon längst woanders bewerben können. Aber er wollte einen Neustart wagen, weit, weit weg von Uppsala und dem tyrannischen Schwiegervater.
Eigentlich graute ihm davor, seine Heimatstadt zu verlassen. Uppsala galt als eine der schönsten Städte Schwedens mit ihren historischen Bauten, den idyllischen Straßen und einem kleinen Wehr. Die Stadt war nicht umsonst ein beliebtes Urlaubsziel vieler Touristen aus dem In- und Ausland. Schon jetzt zerriss es ihm das Herz, wenn er nur daran dachte.
Aber er konnte nicht bleiben, es ging einfach nicht mehr. Sein Selbstwertgefühl minimierte sich von Tag zu Tag und er fühlte sich wie der größte Versager aller Zeiten. Er hatte geglaubt, mit dem Zynismus und der Ablehnung seines Schwiegervaters umgehen zu können. Aber inzwischen war er an einem Punkt angelangt, wo er sogar darüber nachdachte, Lilja wieder freizugeben. Und dieser Gedanke zog ihm den Boden unter den Füßen fort.
Während Lilja mit einer kalten Kompresse auf der Stirn im Wohnzimmer lag, spielte er noch eine Weile mit Malin und putzte anschließend mit ihr gemeinsam die Zähne, um sie ins Bett zu bringen.
„Papi, ich will wieder die Gute-Nacht-Geschichte vom lustigen Hasen hören“, sagte Malin.
„Aber immer doch für meine kleine Prinzessin“, antwortete er und Malin klatschte freudig in die Hände.
Er nahm das Buch aus dem Regal, setzte sich auf die Bettkante und begann zu lesen. Es dauerte keine fünf Minuten, da war sein kleines Mädchen eingeschlafen. Er küsste sie auf die Stirn und deckte sie liebevoll zu. Er war gesegnet, eine Familie wie diese zu besitzen. Jedoch sollte Malin nicht das einzige Kind bleiben, er wünschte sich mindestens noch zwei weitere mit der Frau seines Lebens. Aber nicht hier. Nicht in Uppsala.
Auf Zehenspitzen schlich er sich zur Tür und drückte sie lautlos ins Schloss. Dann nahm er den Ordner und setzte sich zu Lilja. Jetzt oder nie, er hatte keine andere Wahl.
„Lilja, ich muss dir etwas sagen …“, begann er zu sprechen.
Lilja nahm die Kompresse von der Stirn und richtete sich auf.
„Was ist passiert? Du klingst so ungewöhnlich ernst.“
„Mein Chef, er hat Insolvenz angemeldet“, sagte er mit brüchiger Stimme.
„Ist das dein Ernst?“
Er nickte und sie nahm seine Hand.
„Hat er es dir heute gesagt?“
„Nein. Mir hat der Mut gefehlt, es dir zu sagen.“
Sie entzog ihm ihre Hand.
„Hast du so wenig Vertrauen zu mir?“ Lilja klang enttäuscht.
„Nein, keineswegs.“ Er fuhr sich mit beiden Händen müde übers Gesicht. „Da ist noch mehr, was mich bedrückt.“
„Willst du darüber reden?“ Ihr fragender Blick ruhte auf ihm.
„Es geht um deinen Vater …“, hob er seine Stimme.
„Bitte nicht schon wieder“, unterbrach sie ihn.
„Ich halte dem Druck nicht mehr stand, ihm nicht genug zu sein, und habe den Entschluss gefasst, aus Uppsala wegzuziehen.“
„Aha, und diesen Entschluss triffst du ganz allein?“ Ihre Stimme klang frostig.
„Selbstverständlich hast du ein Mitspracherecht, aber lass es mich einfach erklären. Dein Vater gibt mir bei jedem unserer Besuche zu verstehen, was für ein Loser ich bin. Eine Zeit lang konnte ich seine hämischen Bemerkungen ertragen, aber inzwischen habe ich mein Limit erreicht. Ich will mich von dieser Last befreien und nur noch ich selbst sein.“
„Ich kann dich verstehen“, sagte Lilja mitfühlend. „Ich habe nur gedacht, dass nach all den Jahren seine gehässigen Worte an dir abprallen und du gelernt hättest, damit umzugehen.“
„Versetz dich einfach in meine Lage. Wie würdest du damit umgehen?“
„Du hast vollkommen recht“, erwiderte Lilja und massierte sich die Schläfen. „Also, was hast du vor?“
Seine Hand zitterte leicht, als er den Ordner auf den Tisch legte und in Liljas Richtung schob.
„Ich weiß, es ist ein völlig abwegiger Gedanke. Aber ich möchte trotzdem, dass du es erst einmal auf dich wirken lässt.“
Lilja schlug den Ordner auf und blätterte durch die Seiten. Hin und wieder runzelte sie die Stirn oder neigte skeptisch ihren Kopf. Stellan befürchtete, dass sie ihn für verrückt erklären könnte. Schließlich hob sie ihren Blick und schaute ihn an.
„Ich weiß nicht so recht …“, sagte sie.
„Lass es dir einfach durch den Kopf gehen. Das Angebot erschien mir wie ein Wink des Schicksals und der Gedanke, woanders neu durchzustarten, ist verlockend.“
„Und was ist mit mir?“, fragte sie.
„Du könntest dich um unsere Kinder kümmern.“ Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu.
„Kinder?“
„Wäre dieser Gedanke so abwegig?“
„Nein.“ Lilja lächelte trotz ihrer Kopfschmerzen. „Gib mir ein wenig Bedenkzeit“, bat sie. „Dieser Schritt muss wohlüberlegt sein.“
„Das werde ich“, versprach er.
„Ein wenig verrückt ist das Ganze schon.“
„Wer nichts wagt, kann auch nichts gewinnen“, erwiderte er.
„Auch wieder wahr.“
„Und danke, dass du mich nicht sofort für unzurechnungsfähig erklärt hast.“
„Stopp, das könnte ich jederzeit nachholen.“
Stellan stand auf und beugte sich zu Lilja hinunter, um sie in den Arm zu nehmen. Er hatte die beste Frau der Welt geheiratet.
Malin fuhr eine schmale Schotterpiste entlang, die zum größten Teil zugewuchert war. Einzelne Zweige und dichtes Gestrüpp kratzten abwechselnd über den Lack des Fahrzeuges und Malin war froh, dass sie sich noch keinen Neuwagen hatte leisten können. Da wäre Ärger vorprogrammiert gewesen.
Der Weg zog sich endlos in die Länge, bis der Wald schließlich endete und den Blick auf ein zweistöckiges Gebäude offenbarte. Malin bog auf die Zufahrt und stoppte den Wagen direkt vor dem Haus. Demütig schloss sie die Augen. Zwanzig Jahre Leerstand waren eine lange, lange, lange Zeit.
Einige Minuten später stieg sie aus und knallte die Autotür wütend zu. Ihr Blick wanderte die Fassade hinauf, bis zu einer jungen Birke, die in der Dachrinne Wurzeln geschlagen hatte. Der Zustand des Hauses war nicht ganz so schlimm, wie Malin es befürchtet hatte. Die Fenster waren alle intakt, zumindest auf der Vorderseite. Auf dem Anwesen befanden sich noch zwei weitere Häuser, in denen früher das Personal untergebracht worden war.
Das große Schlüsselbund lag schwer in ihrer Hand und sie überlegte, welches Gebäude sie zuerst inspizieren sollte. Bei dem Gedanken, das Hotel betreten zu müssen, erschauderte sie und wandte sich nach rechts. Sie steuerte auf das kleinere der Häuser zu und probierte mehrere Schlüssel aus, bis endlich einer passte. Die Tür klemmte und erst als sich Malin mit der Schulter dagegen warf, sprang sie knarrend auf.
Ein muffiger Geruch strömte ihr entgegen. Sie holte noch einmal tief Luft und trat ein. Dunkle Möbel aus längst vergangenen Zeiten standen in den Räumen und die Fenster waren mit schweren Gardinen verhangen, die eine gräuliche Färbung angenommen hatten.
Bis auf eine dicke Schicht Staub, Spinnweben in den Ecken und Blätter, die der Wind durch die Ritzen hereingeweht hatte, war soweit alles in Ordnung. Malin hatte vor ihrer Anreise dafür gesorgt, dass die Häuser wieder an das Strom- und Wassernetz angeschlossen worden waren, und drückte auf den Lichtschalter. Was für ein Glück, die Elektrik funktionierte tadellos.
Neben dem Wohnzimmer, das als Aufenthaltsraum gedient hatte, gab es noch vier winzige Schlafzimmer. Sogar die Betten waren bezogen, was in Anbetracht der Spinnweben ein wenig surreal wirkte. In der Abstellkammer fand sie noch etliche rostige Dosen mit Gemüse, die über zwanzig Jahre alt waren. Malin nahm eine davon in die Hand.
„Danke, liebe Eltern, ich habe mir zum Julfest schon immer ein Hotel gewünscht.“
Was zum Teufel sollte sie bloß mit all dem Krempel anstellen? Und würde sich für dieses heruntergekommene Anwesen überhaupt ein Käufer finden? Da nützte es wenig, dass sie vom Fach war.
Sie stellte die Dose zurück ins Regal und nachdem sie einen Blick in das Badezimmer geworfen hatte, war ihr Rundgang beendet. Spontan aus dem Bauch heraus entschied sie sich dafür, in diesem Haus ihre Basis einzurichten. Hier würde es weit weniger gruslig sein als im Hotel. Allein der Gedanke, dort eine Nacht verbringen zu müssen, jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Vielleicht sollte sie für Gruselfans spezielle Touren anbieten, die würden sich garantiert gut verkaufen.
Malin stellte das Gepäck im Flur ab und trug die Kiste mit den Lebensmitteln ins Haus. Falls der Kühlschrank nicht funktionstüchtig sein sollte, würde sie die Sachen im Keller lagern. Anschließend suchte sie sich eines der Schlafzimmer aus, dessen Blick auf den See gerichtet war. Zwar war das Grundstück verwildert und dichtes Gestrüpp behinderte die Sicht, aber Malin wollte nicht ständig das Hotel vor Augen haben.
In der Abstellkammer hatte sie einen Besen gefunden und begann damit, die Spinnweben von den Wänden zu fegen. Sie schüttelte den verstaubten Teppich aus, rollte den Koffer in das Zimmer und hievte ihn auf das gegenüberliegende Bett. Da sie die Eigentümerin des Ganzen war, konnte sie schalten und walten, wie es ihr beliebte. Anschließend verschwand sie im Badezimmer und drehte den Wasserhahn auf, der eine rostige Brühe ausspuckte. Sie ließ das Wasser so lange laufen, bis es eine klare Färbung angenommen hatte.
Jetzt hatte sie die Besichtigung des Hauptgebäudes lange genug vor sich hergeschoben und machte sich auf den Weg. Der Kies knirschte leise unter ihren Füßen, bis sie den gepflasterten Weg erreicht hatte und direkt auf das Hotel zulief. Mit einem Mal kippte die Stimmung und Malin schaute sich nervös um. Das verwilderte Gelände war unübersichtlich und vermittelte einen unheimlichen Eindruck. Falls Hollywood Interesse zeigen würde, könnten sie an Ort und Stelle einen ihrer berühmt-berüchtigten Horrorfilme drehen.
Malin atmete tief durch, straffte die Schultern und ging weiter. Hoffentlich hatte sie sich mit der Besichtigung im Alleingang nicht übernommen. Svea hatte zwar ihre Hilfe angeboten, die sie aber dankend abgelehnt hatte. Aus irgendeinem Grund war die Erinnerung an die Zeit im Hotel nicht abrufbar und Malin wollte unbedingt herausfinden, warum sie sich nicht erinnern konnte. Svea hätte sie mit ihrer Anwesenheit sicher nur abgelenkt, weil es sicher nicht leicht werden würde, sich den Geistern der Vergangenheit zu stellen.
Die Frage, ob ihre Mutter ihr gegenüber schon immer so lieblos und distanziert gewesen war, quälte sie schon seit Jahren. Die Fotos kurz nach ihrer Geburt sprachen eine andere Sprache. Auf diesen Bildern war Malin geliebt und geherzt worden.