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Parks und Gärten waren lange Zeit touristische Mauerblümchen. Gegenwärtig erkennen aber immer mehr Zielgebiete dieses Potenzial. Das gilt auch für Urlauber, die in schnelllebigen Zeiten zunehmend nach Naturnähe, Muße und Entschleunigung suchen. Albrecht Steinecke skizziert in diesem TourismNOW-Band unterschiedliche Gartentypen von mittelalterlichen Klostergärten über barocke Parkanlagen bis hin zu kommerziellen Gartenerlebniswelten. Er beleuchtet deren Bedeutung für die Destination und zeigt beispielhaft auf, wie sich die gartentouristische Nachfrage durch ein professionelles Management und Marketing steigern lässt. Auch die Chancen und Herausforderungen für Park- und Gartenbetreiber skizziert er im Detail und stellt schließlich Checklisten zur Standortbestimmung und Zielformulierung vor. Ein Must-have für Betreiber von Parks und Gärten sowie Destinationsmanager, Hoteliers sowie Freiraum- und Landschaftsplaner. Diese Reihe bietet Destinationsmanagern, Produktentwicklern in Tourismusunternehmen sowie Wirtschaftsförderern und nicht zuletzt Hoteliers spannende Impulse. TourismuswissenschaftlerInnen hält sie darüber hinaus über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden und bietet interdisziplinäres und zitierfähiges Wissen.
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Seitenzahl: 182
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© UVK Verlag München 2019 –ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH & Co. KG
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ISBN 978-3-86764-859-2 (Print)
ISBN 978-3-7398-0448-4 (ePub)
ISBN 978-3-7398-0449-1 (ePDF)
Von alters her besitzt der Garten eine über seine reale Substanz hinausgehende symbolische Bedeutung. In allen Weltreligionen verkörpert er eine heile, göttliche Idealwelt. Im christlich geprägten Abendland steht er für das einmal gewesene, heute verlorene und irgendwann wieder herzustellende Paradies; somit steht der Garten am Anfang und am Ende der Schöpfungsgeschichte. Ob Geist oder Gefühl, Seele oder Körper, im Paradiesgarten ist der Mensch rundum gesund.
Dieses Arkadien wird in allen Epochen der Menschheitsgeschichte jeweils mit eigenen zeitgenössischen Mitteln – von den vorderasiatischen Frühkulturen bis zur amerikanischen Postmoderne – in der Gartenkunst nachzuempfinden versucht. Der Park als die vom Menschen kulturell gestaltete Natur ist Kulturlandschaft im engeren Sinne. Er symbolisiert die Einheit von Mensch (als verantwortungsvoll Schaffendem) und Natur (als dem Menschen Geschenktes). Gerade damit zeigt sich die Aktualität des Themas: Der historische Garten bietet als „Refugium“ eine Gegenwelt zur globalisierten und digitalisierten Arbeits- und Freizeitwelt.
Der Trend zum Garten als kultur- und freizeittouristischem Thema in Großbritannien und Frankreich wird in unterschiedlichen Spektren nun auch in Deutschland spürbar. Freizeitgärtnern ist ein Wachstumsmarkt; Gartenmärkte und Gartenmessen belegen dies mit ihren Besucher- und Umsatzzahlen. Die Popularität und Vielfalt von Gartensendungen im Fernsehen, der nicht zu stoppende und immer diversifiziertere Zeitschriftenmarkt der Garten- und Landmagazine oder die Produktion von Gartenbüchern für jedwede Zielgruppe weisen auf einen generellen Trend zu natur- und gesundheitsorientierten Lebensstilen, der sich in vielen Industrienationen feststellen lässt.
Neben Gärtnern und Gartenlektüre werden Gartenreisen in historische und neue Parks „en vogue“. Für die Touristen sind Schauen und Nachmachen, Spazierengehen und Ruhe, Erholung und Entspannung wichtige Gründe für einen solchen Besuch. Quer zum virtuellen Zeitgeist wächst also die Neigung zu Gärten – zum sinnlichen und haptischen Erleben. Aufgrund der relativ jungen Entwicklung sind Gärten und Parks als eigenes touristisches Marktsegment in Deutschland bisher aber kaum untersucht. Was die Deutschen jedoch nicht genau messen können, ist ihnen meist auch nichts wert – auch volks- und tourismuswirtschaftlich betrachtet. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass Albrecht Steinecke erstmalig in Deutschland den Versuch unternommen hat, das Thema Gartentourismus von allen Seiten her zu analysieren. Mit dieser Standortbestimmung erweist er sich wie beim Kultur- oder Filmtourismus als immerwährender Wissenschaftsscout.
Als 1999 die Idee der „Gartenträume“, des ersten landesweiten gartentouristischen Netzwerkes in Deutschland, das Licht der Welt in Sachsen-Anhalt erblickte, wurde dies mit einem Lächeln der Tourismuswissenschaftler und -praktiker bedacht. Die damals noch wenigen Pflänzchen des Gartentourismus, wie Sanssouci in Potsdam, Nymphenburg in München, Herrenhausen in Hannover oder das Gartenreich um Dessau und Wörlitz, bewirken mittlerweile deutliche wirtschaftlich-touristische Effekte. Mit dem vorliegenden Werk von Albrecht Steinecke zu Tourismus, Parks und Gärten wird die Tür weit aufgestoßen für einen freien, unverstellten Blick auf die zukunftsorientierte gesellschaftliche Gartensehnsucht.
Auf der Suche nach dem Paradies bieten Gärten in Tourismus und Naherholung Möglichkeiten des Aufgehobenseins und der Geborgenheit, der Entspannung und der Gesundung, der Kultur und des Genusses, somit der Heimat. Parks sind also Teil des wachsenden und sehr breit gefächerten Reisemarktes des Slow Tourism, der auf Sinnhaftigkeit und Sinnlichkeit basiert. Die Konsumgüterindustrie hat schon seit Jahren Strategien zur Ansprache dieser Kundengruppen entwickelt und umgesetzt. Der Tourismus in Deutschland entwickelt erst punktuell entsprechende Angebote. Auch dabei kann Albrecht Steineckes Buch Anregung und Leitfaden sein.
Für den Besucher können im 21. Jahrhundert Gärten und Parks Kultur, Genuss oder Gesundung an Körper und Seele bedeuten. Die Suche nach dem verloren gegangenen Paradies kann seine irdische Erfüllung finden. Ob künstlerische oder natürliche Parks, alle bieten den Wünschen und Sehnsüchten der Besucher ein Stück Heil und Sinn in einer unsicheren Gegenwart und Zukunft.
Prof. Dr. Christian Antz
Fachhochschule Westküste, Heide
„Ein Garten ist immer ein Wunschbild der Welt und zugleich eine Rekonstruktion des ersten aller Gärten: des Paradieses.“
Adrian von Buttlar
Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist“ – mit dem Sündenfall und der Vertreibung aus dem Garten Eden begann zugleich die unstillbare Sehnsucht der Menschen nach einem Leben ohne die alltäglichen Mühen und nach einem Ort, an dem Harmonie und Frieden herrschen.
Diese Hoffnung hat sich als eine wichtige Triebfeder menschlichen Handelns erwiesen. Traditionell haben die großen Religionen den richtigen Weg zurück in das verlorene Paradies aufgezeigt, doch längst ist auch das ökonomische Potenzial dieser Wunschvorstellung offenkundig geworden. Vielerorts wird den Konsumenten ein irdisches Heilsversprechen gemacht – von „Möbelparadiesen“ über „Autoparadiese“ bis hin zu „Wurstparadiesen“.
Aus Sicht der Nachfrager spielen allerdings die „Urlaubsparadiese“ eine zentrale Rolle: Der Aufenthalt in anderen Regionen und Ländern erscheint als attraktive Möglichkeit, die familiären und beruflichen Verpflichtungen hinter sich zu lassen und die (angeblichen) „Schönsten Wochen des Jahres“ sorgenfrei bei gutem Wetter in einer sonnigen Landschaft zu verbringen. Dieser populäre Wunsch kommt nicht von ungefähr, denn die Tourismusbranche nutzt den Begriff nahezu inflationär, um Werbung für ihre Produkte zu machen.
In den klischeeartigen Vorstellungen der Touristen von einem „Urlaubsparadies“ haben Parks und Gärten jedoch lange Zeit nur eine geringe Rolle gespielt; stattdessen standen andere, weitaus spektakulärere Besucherattraktionen im Vordergrund (Strände, Berge, historische Bauten, Altstadtquartiere etc.). Erst in jüngerer Zeit sind die „rekonstruierten Paradiese“ stärker in den Fokus der Öffentlichkeit, aber auch der Tourismusbranche gerückt. Dafür gibt es zwei Ursachen:
Zum einen engagieren sich die Verantwortlichen von öffentlichen Parks und Gärten zunehmend im Tourismus, um neue Besucher zu gewinnen und zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften.
Zum anderen hat in den vergangenen Jahren ein gesellschaftlicher Wertewandel stattgefunden – weg von dem bislang dominierenden Hedonismus der Spaß- und Erlebnisgesellschaft und hin zur neuen Muße der Sinngesellschaft; vor diesem Hintergrund interessieren sich immer mehr Urlauber für ruhige Erholungsformen in naturnahen Räumen (Slow Tourism).
Trotz der zunehmenden Bedeutung des Themas liegt im deutschsprachigen Bereich gegenwärtig keine Publikation vor, die einen knappen und zugleich umfassenden Überblick über das Thema vermittelt. Ziel dieses Studienbuchs ist es, den aktuellen Wissensstand zum Gartentourismus verständlich und anschaulich darzustellen – u.a. anhand zahlreicher Praxisbeispiele und Fallstudien.
Bei meinen Arbeiten an diesem Band bin ich auf vielfältige Weise unterstützt worden; dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten herzlich bedanken:
Mehrere Unternehmen und Organisationen haben mir freundlicherweise Fotos zur Verfügung gestellt und Abdruckgenehmigungen erteilt.
Dr. Heike Platter (Die Gärten Trauttmansdorff, Meran) verdanke ich wichtige Hinweise auf internationale Garteninitiativen und unveröffentlichte Studien.
Prof. Dr. Christian Antz (Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt, Magdeburg/Fachhochschule Westküste, Heide) hat sich die Zeit genommen, das Manuskript vor der Drucklegung durchzusehen und ein Geleitwort zu verfassen.
Dr. Heinz Buri (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg/SPSG) war bereit, in einem Interview über seine langjährigen Erfahrungen im Management und Marketing historischer Parks zu berichten.
Dipl.-Ökonom Rainer Berger (UVK Verlag, München) hat sich – wie bei anderen gemeinsamen Buchprojekten – als kreativer, engagierter und zuverlässiger Ratgeber erwiesen.
Mein besonderer Dank gilt jedoch – wieder einmal – meiner Frau Renate: Sie ist nicht nur eine große Gartenliebhaberin, sondern war auch eine kompetente Gesprächspartnerin und kritische Leserin; ihr verdanke ich viele Ideen und wertvolle Anregungen.
Überlingen, August 2018 Albrecht Steinecke
Ein königlicher Park als Hotspot des internationalen Tourismus – die Gartenanlage und das Schloss von VersaillesVersailles verzeichnen jedes Jahr mehr als sieben Millionen Besucher. Damit gehören sie zu den populärsten Sehenswürdigkeiten in Frankreich (nach dem Disneyland Paris, der Kathedrale Notre Dame, der Basilika Sacré-Coeur und dem Louvre).
Park- und Gartenanlagen waren lange Zeit die Mauerblümchen unter den touristischen Sehenswürdigkeiten. Sie standen im Schatten weitaus spektakulärer Attraktionen wie eindrucksvollen Naturlandschaften, historischen Bauwerken und mittelalterlichen Stadtquartieren, die bereits seit Mitte des 19. Jahrhundert zum festen Kanon des bildungsbürgerlichen Reisepublikums gehörten.
Erst in jüngerer Zeit konnte sich der Gartentourismus zu einem wichtigen Marktsegment im Tourismus entwickeln. Dafür gab es zwei Ursachen: Zum einen versuchen immer mehr Destinationen, ihr endogenes Potenzial durch professionelle Marketingmaßnahmen zu erschließen und dadurch ihre Produktpalette zu erweitern. Zum anderen sind die reiseerfahrenen und anspruchsvollen Urlauber zunehmend auf der Suche nach neuen, ungewöhnlichen Erfahrungen (vgl. Brandt 2007, S. 15).
Allerdings sind nicht alle Parks und Gärten gleichermaßen von touristischem Interesse, denn Urlauber sind anspruchsvoll und vor allem wählerisch: Sie geben sich nicht mit allem zufrieden, sondern suchen das Besondere, das Einmalige – schlichtweg den Superlativ. Angesichts dieses selektiven BlicksSelektiver Blick der Touristen hat nicht jede Park- und Gartenanlage die Chance, sich zu einem derart populären Besuchermagneten zu entwickeln – wie z.B. der Park von Versailles.
Dabei verfügen viele Länder (speziell in Europa, Asien und im arabischen Raum) über ein enorm großes Angebot an Parks und Gärten, denn die Wurzeln des Gartenbaus reichen bis in die Vor- und Frühgeschichte zurück: Mit der Sesshaftigkeit begann der Mensch, Tiere zu domestizieren und Pflanzen anzubauen. Zunächst handelte es sich dabei um Nutzgärten mit Gemüsebeeten und Obstbäumen, doch im Laufe der Zeit fand eine bewusste künstlerische Gestaltung der LustgärtenLustgärten statt – z.B. durch die Auswahl und Anordnung der Pflanzen, die Anlage von Pfaden und Promenaden sowie die Ausstattung mit Gebäuden, Statuen und Brunnen (vgl. Steinecke 2007, S. 86).
Garten und Park
„Der Begriff Garten stammt vermutlich vom gotischen Wort gards, garda (Gerten) ab und bezeichnete ursprünglich das durch Zäune aus Gerten vor der umgebenden Wildnis eingehegte und bestellte Land.
Der Begriff Park stammt vom lateinischen Wort parricus ab und meinte einen eingeschlossenen Raum bzw. ein Gehege. Das Wort wurde bereits im Mittelalter als parc im Sinne einer Einzäunung eines Tiergeheges verwendet und lässt sich in vielen Sprachen nachweisen (Deutsch: parc, Italienisch: parco, Spanisch: parque, Französisch: parc, Englisch: park). Heute wird eine großflächig angelegte, waldartige und umschlossene Grünanlage als Park bezeichnet“ (IMC 2013, S. 6).
Seit dem Ende des Mittelalters sind enge Zusammenhänge zwischen der GartenkulturGartenkultur und der Baukultur zu beobachten: Die Gärten wurden nun als architektonische Außenräume gestaltet, die durch Lage, Blickbeziehungen und Wegesysteme eng mit den Innenräumen verknüpft waren. So wurden die weitläufigen Parks im 17. und 18. Jahrhundert zu integralen Bestandteilen von Schlossanlagen. Könige und Adelige nutzten neben der eindrucksvollen Architektur ihrer Schlösser nun auch die Gartenkunst, um ihre Macht, ihren Reichtum und ihren Geschmack symbolisch zum Ausdruck zu bringen ( → Kap. 3.2). Mit den englischen Landschaftsgärten entstand im 18. und 19. Jahrhundert das Gegenmodell zu den streng-formalen Anlagen des Absolutismus; in ihnen wurde die Illusion einer naturnahen, weitgehend unberührten Landschaft inszeniert ( → Kap. 3.3).
In der Anlage von Parks und Gärten spiegeln sich also immer auch die jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse wider sowie der künstlerische und philosophische Zeitgeist. Für die Touristen des 21. Jahrhunderts sind diese ästhetischen Skripte jedoch weitaus schwieriger zu entschlüsseln als die architektonischen Besonderheiten der jeweiligen kunsthistorischen Epoche (Renaissance, Barock, Romantik etc.). In der Mehrzahl haben die Besucher ein geringes Bewusstsein für Parks als kulturhistorische Denkmale – sie sind sozusagen „Garten-Analphabeten“ (vgl. Seiler 2004, S. 124). Vielmehr nehmen sie die Anlagen vor allem als schöne, ruhige und naturnahe Erholungsräume wahr (entsprechend gering ist deshalb auch ihr Verständnis für notwendige Nutzungsbeschränkungen bzw. Pflegemaßnahmen).
Selbst bekannte Anlagen wie die Parks von Sanssouci in Potsdam, Charlottenburg in Berlin bzw. Schönbrunn in Wien fungieren jedoch nicht nur als touristische Attraktionen; vielmehr handelt es sich bei der Mehrzahl der Park- und Gartenanlagen um multifunktionale Räume:Multifunktionalität von Park- und Gartenanlagen Sie sind u.a. städtische Imageträger, Naherholungsgebiete, Bühnen für Events, touristische Sehenswürdigkeiten und ökologische Rückzugsflächen (vgl. Mang 2005).
„Sie besuchen mehr als eine gepflegte Grünfläche“ – mit diesem Slogan können die Verantwortlichen von Parks und Gärten werben, denn bei vielen Anlagen handelt es sich um Räume mit zahlreichen Funktionen. Entsprechend vielfältig sind auch die Erwartungen der unterschiedlichen Nutzer an die gärtnerische Gestaltung und das ergänzende Angebot (Infrastruktur, Freizeiteinrichtungen etc.).
Synergieeffekte zwischen Gartentourismus und regionaler Wirtschaft
„Ein Besuch in einem ‚authentischen‘ Garten oder Park schafft eine Nachfrage nach genauso authentischen Unterkünften oder lokaler Küche“ (IMC 2013, S. 8).
Angesichts dieser zahlreichen Funktionen stehen Park- und Gartenanlagen auch in einem gesellschaftlichen Spannungsfeld, in dem es zu Konflikten zwischen mehreren Interessengruppen (Stakeholder)Anspruchsgruppen (Stakeholder) kommen kann – z.B. zwischen Vertretern der Tourismusbranche, der Denkmalpflege, des Naturschutzes, der örtlichen Bevölkerung etc. ( → Kap. 5.7).
Dabei erweisen sich vor allem der Tourismus und die lokale Wirtschaft als wirtschaftliche Nutznießer dieses kulturellen Erbes: So profitieren Hotels, Restaurants, Einzelhändler etc. in erheblichem Maße von den Ausgaben der Tagesausflügler und Touristen. Hingegen können die Park- und Gartenanlagen kaum eigene Einnahmen erwirtschaften, da sie in der Regel keine Eintrittsgelder erheben; entsprechend hoch ist der öffentliche SubventionsbedarfSubventionsbedarf, der sich häufig auf 75–80 Prozent der Betriebskosten beläuft.
Datenlage zum Gartentourismus
Der freie Zutritt zu vielen Parks und Gärten hat nicht nur finanzielle Konsequenzen, sondern erschwert auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Gartentourismus. In Deutschland führen die öffentlichen Einrichtungen zumeist keine kontinuierlichen Erhebungen zum Besucheraufkommen durch (offensichtlich sehen sie keine Veranlassung, ihre Arbeit und die öffentliche Finanzierung durch belastbare Daten zu legitimieren). Deshalb basieren Aussagen zur Bedeutung dieses touristischen Marktsegments weitgehend auf Schätzungen und Fallstudien.
Ganz anders ist die Situation in Großbritannien, wo die Betreiber der Parkanlagen regelmäßig Angaben zur Besucherzahl veröffentlichen und damit einen Vergleich mit anderen Attraktionen ermöglichen (Benchmarking).
Die wissenschaftliche Analyse des Gartentourismus steht vor zwei Problemen: Zum einen ist die Datenlage völlig unzureichend; zum anderen gibt es eine enorme Breite des Angebots – von Klostergärten und Schlossparks über Landschaftsparks und Botanische Gärten bis hin zu Bundes- und Landesgartenschauen sowie kommerziellen Gartenerlebniswelten. Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, generalisierende Aussagen zur touristischen und wirtschaftlichen Bedeutung dieses Marktsegments zu treffen (vgl. Müller 2011, S. 108–110; → Kap. 3; → Kap. 4.3).
Literatur zur Geschichte von Parks und Gärten
Hobhouse, P. (2003): Der Garten. Eine Kulturgeschichte, London u. a.
Umfassende und anschauliche Darstellung der historischen Entwicklung von Parks und Gärten – von den Ursprüngen des Gartenbaus in Mesopotamien, Ägypten und Persien bis zu den Designergärten der Gegenwart.
Mazzoni, I. D. (2005): 50 Klassiker: Gärten & Parks. Gartenkunst von der Antike bis heute, Hildesheim
Lebendige Beschreibung von 50 ausgewählten Park- und Gartenanlagen (aus unterschiedlichen kunstgeschichtlichen Perioden) mit zahlreichen Abbildungen sowie Lese- und Besichtigungstipps.
Gartentourismus im Überblick – ein Wegweiser durch das Buch
„Ohne Sorge“ – diesen Namen gab der preußische König Friedrich II.Friedrich II., König von Preußen seinem Sommerschloss, das er Mitte des 18. Jahrhundert in PotsdamPotsdam errichten ließ. Inzwischen ist Schloss Sanssouci mit seiner weitläufigen Parkanlage eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands. Verwaltet wird es von der „Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg“ (SPSG). Aufgrund seiner kulturgeschichtlichen Bedeutung wurde das Ensemble im Jahr 1990 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen.
Dr. Heinz BuriBuri, Heinz ist seit 2008 Marketingdirektor der „Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg“ (SPSG)Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) und damit zuständig für die professionelle Vermarktung von ca. 300 historischen Gebäuden und 750 Hektar Gartenfläche. Er hat in Zürich und Berlin Philosophie, Geschichte und Sprachen studiert. Außerdem war er mehr als 14 Jahre lang Kulturbeauftragter der „Berlin Tourismus Marketing GmbH“ (BTM). Er versteht sich als „Generalist zwischen Tourismus, Wirtschaft und Kultur“.
Herr Dr. Buri, Sie verfügen über langjährige Erfahrungen im Marketing von öffentlichen Park- und Gartenanlagen. Worin bestehen die inhaltlichen und organisatorischen Herausforderungen dieser Tätigkeit – speziell im Vergleich zum Marketing von privaten Unternehmen?
„Sie sprechen von Gärten und Parks. Nun sind Gartenkunst und Baukunst – gerade im Falle von Schlossanlagen – ästhetisch und kunsthistorisch, aber auch organisatorisch als Gesamtkunstwerk kaum zu trennen. Das unterscheidet sie auch von öffentlichen Park- und Grünanlagen im städtischen Umfeld. Und gerade wenn wir von Marketing sprechen – Marketing hat in meinem Verständnis immer auch einen wirtschaftlichen Auftrag –, stellt sich die Frage auch nach der Wertschöpfung.
Und die realisieren wir zurzeit – soweit es Eintrittsentgelte betrifft – fast ausschließlich in den Häusern, sprich Schlössern. Wie sehr Gartenkunst und Baukunst im Falle der Schlösser und Gärten in Potsdam und Berlin sich gegenseitig als Gesamtkunstwerk ergänzen, hat auch das UNESCO-Welterbekomitee in seiner Begründung für die Verleihung des Welterbetitels deutlich gemacht und diesen Zusammenhang als Alleinstellungsmerkmal für unsere Anlagen in Potsdam und Berlin definiert.“
Bedeutung der Denkmalpflege
„Dadurch, dass es sich bei unseren Anlagen um denkmalgeschützte Originale handelt, müssen wir auch immer im Sinne des Schutzes der Anlagen handeln. So haben wir in den Schlössern beispielsweise denkmalpflegerisch definierte Tages- und Jahresobergrenzen, die das Besucheraufkommen limitieren und teilweise Besucherlenkungsmaßnahmen in Form von Zeit-Slots notwendig machen. Das unterscheidet uns dann auch von einem produzierenden Unternehmen: Dort kann bei steigender Nachfrage die Produktion angekurbelt werden, wir hingegen müssen im Sinne des Denkmals kreativ werden und darüber die Wertschöpfung erhöhen.“
In einer Großstadt wie Berlin stehen die Parks und Gärten in direkter Konkurrenz zu zahlreichen anderen Besucherattraktionen. Welche Marketingmaßnahmen setzen Sie ein, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen und Besucher für Ihre Angebote zu gewinnen?
„Unsere Gärten mit ihren Schlossanlagen stehen für klassische Schönheit und leben von starken Bildern. Daher ist in der Kommunikation starkes, auch emotionales Bildmaterial, das die Sehnsucht nach Schönheit bedient, von ganz zentraler Bedeutung. Zudem hat Natur und gerade auch gestaltete Natur in Form von Gartenkunst etwas Meditatives, Kontemplatives und damit auch etwas Antizyklisches in der ständig akzellerierenden Welt der Medien. Die Aura des Originals entfaltet gerade in einer zunehmend durchdigitalisierten Welt ihre besondere Wirkung – einer Welt, in der das Analoge, das Authentische, die Langsamkeit und das Kontemplative als Bezugsgrößen den Kontrapunkt setzen und der WLAN-freie Raum und die Nicht-Erreichbarkeit zum Luxus werden. So trägt jede Entwicklung – gleich dem Pendel – in sich bereits ihr Gegenstück, ihren Kontrapunkt, und das sind in der sich exponentiell beschleunigenden Digitalwelt eben die Ruhe, das Verlangsamen, das Meditative, die innere „Einkehr“, und gerade dafür sind Geschichte und kulturelles Erbe thematische Gegenpole. Darin liegen auch die Chance und die Stärke der Schlösser und Gärten.“
Historische Parks sind keine abwechslungsreichen Fahrrad-Parcours, sondern erhaltenswerte Kulturdenkmale, die eines besonderen Schutzes bedürfen. Bei vielen Besuchern stoßen Verbote und Restriktionen jedoch auf Unverständnis, da sie sich in ihrer Freizeit nicht einschränken lassen wollen.
Grundlagen der strategischen Planung und der operativen Maßnahmen
„Wir haben in der Abteilung Marketing eine Kollegin, die sich speziell der Marktforschung widmet. Dazu werden die touristischen statistischen Basiswerte mit Herkunft, Aufenthaltsdauer, Saisonalität usw. ausgewertet, aber auch unsere eigenen Erhebungen, die wir in Form von Besucherbefragungen vornehmen. Zudem kennen wir aus der Gruppentouristik die Herkunft, die Präferenzen und die Hauptquellmärkte, das bildet dann die Grundlage für die touristische Marktbearbeitung.“
Bekannte Gartenanlagen wie der Park von Sanssouci sind nicht nur touristische Besucherattraktionen, sondern auch beliebte Naherholungsräume für die lokale Bevölkerung. Welche Formen des Besuchermanagements praktizieren Sie, um mögliche Überlastungen und Konflikte zu vermeiden?
„Hier sind Zielkonflikte leider vorprogrammiert: Während die Locals unsere historischen Gärten eher als Freizeit- und Erholungsparks sehen und nutzen, hat der kulturinteressierte Nutzer eine eher musealisierte Sicht. Das führt dann zum Clash of Civilization,Konflikte zwischen Nutzergruppen wenn dem gartenkunstinteressierten englischen Kulturtouristen der Nacktbader im Neuen Garten Potsdam begegnet. Informieren, aber auch Ordnungskräfte vor Ort sind Maßnahmen, um die Zielkonflikte zu mindern – aber die große Herausforderung bleibt. Freilaufende Hunde, Radfahrer auf wassergebundenen Wegedecken, Betreten von naturgeschützten Arealen oder kunstvoll angelegten Parterres – das sind die Hauptkonflikte, die dann im Beschwerdemanagement von teilweise völlig konträren Seiten aufschlagen. Die ordnungspolitische Durchsetzung der Parkordnung zum Schutz des Gartendenkmals ist eine riesige Aufgabe.“
Maßnahmen gegen Vandalismus
„VandalismusVandalismus, aber auch wilde nächtliche Partys in den Parks sind leider auch eine Realität. Wir verschließen unsere Parks nachts so weit möglich, aber man kann auch keine Hochsicherheitstrakte errichten und Sicherheitspersonal ist mittlerweile ein erheblicher Kostenfaktor.“
Die Schlösser und Gärten von Potsdam und Berlin wurden im Jahr 1990 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Ist diese Form einer internationalen Markenbildung (Branding) eigentlich nur von Vorteil für die Kultureinrichtungen oder bringt sie auch Nachteile mit sich?
„Der WelterbetitelUNESCO-Welterbe ist ein Qualitätssiegel, das wir für das Marketing unserer Welterbeanlagen ganz gezielt nutzen. Die konservatorischen und denkmalpflegerischen Standards, die ICOMOSInternational Council on Monuments and Sites (ICOMOS) als internationale Dachorganisation der Denkmalpfleger und Beratungsorgan für das Welterbekomitee setzt, erfüllen wir ohnehin. Zielkonflikte ergeben sich eher in der so genannten Pufferzone, die in unserem Falle außerhalb der Kernbereiche liegt.“
Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs und der steigenden Ansprüche der Gäste spielt das Qualitätsmanagement in der Tourismusbranche eine immer größere Rolle. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Leistungen öffentlicher Kultureinrichtungen kundengerecht zu gestalten?
„Wir haben das QualitätsmanagementQualitätsmanagement