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Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. »Nicht, du verdammter Narr!«, brüllte Bruno Ranson, riss Terry Holmes an den Schultern herum und drosch ihm die Rechte ins Gesicht. Es gab ein klatschendes Geräusch, das in Terrys wütendem Aufschrei unterging. Der Junge flog nach hinten und krachte zu Boden, dass es staubte. »Dafür bring ich dich um, Bruce!«, tobte er und griff zum Revolver. Seine Augen flammten vor Wut und Hass, als er die Waffe aus dem Holster riss. Er hatte die Winchester verloren und wollte die Niederlage jetzt mit einer schnellen Revolverkugel ausbügeln. Unterhalb der Felsen ratterte die Stagecoach vorbei. Von vier Pferden gezogen, raste sie in Richtung Dog Gulch, eine lange Staubfahne hinter sich herziehend. Der Driver peitschte auf die Zugtiere ein und schrie sich die Kehle wund. Neben ihm hockte der Begleitmann mit schussbereitem Gewehr auf dem Bock, die Beine fest gegen das Bodenbrett gestemmt, um nicht die Balance zu verlieren. Doch dafür hatte Bruce Ranson jetzt keinen Blick. Er sah das matte Blitzen, als Terry den Colt hochschwang, und warf sich nach vorn. Sie prallten aufeinander und gingen sofort in den Clinch. Bruce packte die hochzuckende Revolverhand wie eine Raubkatze. Er jagte Bruce das Knie in den Leib, kam auf die Beine und keuchte vor Anstrengung. Die dunkel gähnende Coltmündung richtete sich auf Bruces schweißbedecktes Gesicht. »Nicht, Terry! Bist du verrückt geworden?«
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Seitenzahl: 162
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Es war an einem Mittag im April. Der Himmel war basaltfarben und mit düsteren Wolken verhangen. Sonst erstreckte sich in dieser Jahreszeit über Kansas ein strahlendblauer Himmel. Aber in diesem Jahr war es anders. Der Frühling kam nur träge über das Land, über die Sandsteppen, über die Weite der Prärie. Das Büffelgras auf der Weide war noch genauso grau und verwaschen wie die tiefhängenden Wolken. Die Rinder ließen ihre Köpfe hängen. Die Cowboys saßen mit eingezogenen Schultern in den Sätteln. Es waren vier Männer, die an den Korrals vorbei auf die Stadt zuritten. Die Cowboys blickten auf und sahen zu den Reitern hinüber. Cass Hoxter war der erste. Viehagent nannte sich der Bandit neuerdings. Niemand wußte genau, wie er an die kleine Herde gekommen war, die er vor wenigen Tagen drüben in Topeka verkauft hatte. Sie hatten Bucks in den Taschen, die Männer, die zu seiner Crew zählten. Cass Hoxter mochte vierzig Jahre sein. Er war ein grobknochiger, hagerer Mann. Sein Gesicht war durch eine brandrote Narbe seltsam verzerrt. Ein Siouxindianer hatte ihm vor Jahren das Gesicht buchstäblich mit einem Messer in zwei Hälften gespalten. Die Narbe zog sich vom rechten Augenwinkel unter der vorspringenden Nase vorbei bis zur Kinnspitze. Aber auch ohne diese schauerliche Narbe wäre Cass Hoxters Gesicht abschreckend gewesen.
»Nicht, du verdammter Narr!«, brüllte Bruno Ranson, riss Terry Holmes an den Schultern herum und drosch ihm die Rechte ins Gesicht. Es gab ein klatschendes Geräusch, das in Terrys wütendem Aufschrei unterging. Der Junge flog nach hinten und krachte zu Boden, dass es staubte.
»Dafür bring ich dich um, Bruce!«, tobte er und griff zum Revolver. Seine Augen flammten vor Wut und Hass, als er die Waffe aus dem Holster riss. Er hatte die Winchester verloren und wollte die Niederlage jetzt mit einer schnellen Revolverkugel ausbügeln.
Unterhalb der Felsen ratterte die Stagecoach vorbei. Von vier Pferden gezogen, raste sie in Richtung Dog Gulch, eine lange Staubfahne hinter sich herziehend. Der Driver peitschte auf die Zugtiere ein und schrie sich die Kehle wund. Neben ihm hockte der Begleitmann mit schussbereitem Gewehr auf dem Bock, die Beine fest gegen das Bodenbrett gestemmt, um nicht die Balance zu verlieren.
Doch dafür hatte Bruce Ranson jetzt keinen Blick. Er sah das matte Blitzen, als Terry den Colt hochschwang, und warf sich nach vorn. Sie prallten aufeinander und gingen sofort in den Clinch. Bruce packte die hochzuckende Revolverhand wie eine Raubkatze. Er jagte Bruce das Knie in den Leib, kam auf die Beine und keuchte vor Anstrengung.
Die dunkel gähnende Coltmündung richtete sich auf Bruces schweißbedecktes Gesicht.
»Nicht, Terry! Bist du verrückt geworden?«
Jeden Moment konnte die Waffe losgehen und tödliches Blei ausspucken. Mit letzter Kraft drückte Bruce die Revolverhand zur Seite. Seine Zähne mahlten, die Sehnen an seinem Hals traten wie gestraffte Taue unter der Haut hervor. Matt brach sich das Sonnenlicht auf dem stählernen Lauf. Abermals riss Terry das Knie hoch, um es Bruce in den Unterleib zu stoßen. Sein heißer Atem traf Bruce im Gesicht. Sie starrten sich an, und dann musste der Junge notgedrungen loslassen. Er stöhnte, während sich seine Finger öffneten und die Waffe freigaben.
Dumpf klatschte der Colt in den Sand.
Von unten herauf schlug Bruce einen Schwinger. Terry Holmes wurde voll getroffen und steilte hoch. Sekundenlang war seine Magenpartie ungedeckt. Das nutzte Bruce aus. Bis zum Handgelenk versank seine Faust in Terrys Leib. Ein schnappender Laut kam von Terrys Lippen, sein Mund klaffte auseinander, seine Augen weiteten sich schmerzgepeinigt.
Stöhnend brach er in die Knie.
Mit zerschundenen und blutenden Fingerknöcheln und nach Atem ringend stand Bruce vor ihm. Schweiß sickerte über sein hageres, eingefallenes, stoppelbärtiges Antlitz, das mit einer dicken Staubschicht bedeckt war. Wieder einmal hatte ihm der Junge bewiesen, wie gefährlich er war. Manchmal gebärdete sich Terry Holmes wie ein tollwütiger Wolf, und das war ein Charakterzug an ihm, der Bruce erschreckte.
Das Räderrollen der Stagecoach wurde leiser und verstummte schließlich ganz.
Sie war in den Sandhügeln verschwunden, nur noch leichter Staubgeruch hing in der Luft.
»Du Narr!«, keuchte Bruce und leckte sich die aufgeschlagenen Knöchel. »Du dreimal verfluchter Narr!«
Ohne die Augen zu öffnen, stieß Terry hervor:
»Dafür spick ich dich eines Tages mit Blei, Bruce! Ich lass mich von niemandem ungestraft niederschlagen! Hast du gehört? Von niemandem!«
»Das mit der Stagecoach war eine verdammt schlechte Idee«, sagte Bruce schnaufend. »Du hättest zumindest den Begleitmann töten müssen. Oder glaubst du wirklich, wir hätten einfach die Kutsche stoppen und kassieren können? Die Kerle auf dem Bock hätten uns mit heißem Blei empfangen, und uns wäre nichts anderes übrig geblieben, als zurückzuschießen. Ich bin kein Killer, Terry, auch wenn es mir noch so dreckig geht!«
Langsam quälte sich der Junge hoch. Ein schmaler Blutfaden sickerte aus seinem linken Mundwinkel. Er wischte ihn weg und öffnete vorsichtig die Augen, als bereite ihm das Sonnenlicht Schmerzen. Er war mittelgroß, schlank und hitzköpfig. Ein Junge, der verdamm schnell mit dem Revolver umgehen konnte.
»Was willst du eigentlich, Bruce, eh? Ich hab’ seit drei Tagen keinen Bissen mehr gegessen. Ich bin schon fast verrückt vor Hunger. Den vollgefressenen Passagieren in der Kutsche hätte es bestimmt nichts ausgemacht, ein paar Bucks lockerzumachen.«
Bruce lachte bitter.
»Wir sind keine Strauchritter, Amigo mio. Aber man hätte uns als solche behandelt, wenn wir mit gezückten Waffen die Coach gestoppt hätten.«
»Wenn du unbedingt hier krepieren willst, Bruce – all right. Das ist deine Sache. Vielleicht stirbt’s sich leichter mit dem Bewusstsein, ein ehrlicher Mann zu sein. Ich aber bin noch jung. Ich will leben, verstehst du! Und nicht vor Hunger krepieren!«
Er setzte sich torkelnd in Bewegung und hob seinen Colt auf, der im Sand lag. Bruce beobachtete ihn angespannt. Terry Holmes war alles zuzutrauen. Aber die Wut des Jungen schien verflogen zu sein. Er halfterte den Colt, bückte sich nach der Winchester und reinigte sie von Sand und Staub.
»Alles wäre glatt über die Bühne gegangen«, sagte er aus dem Mundwinkel. »Ich hatte den Begleitmann bereits vor dem Lauf, brauchte nur noch abzudrücken. Wir hätten reich sein können, Bruce. Was kümmern mich die Leute in der Kutsche? Bestimmt haben sie Geld, und bestimmt geht es ihnen gut. Sie würden keinen Finger rühren, um dich vor dem Krepieren zu retten, glaub mir, Bruce.«
Der aufgewirbelte Staub hatte sich gesenkt. Gnadenlos brannte die Sonne vom wolkenlosen Himmel auf das Land nieder. Vom Westen wehte ständig der heiße Gluthauch des Llano Estacado über das Felsengebirge. Bruce nahm seinen Hut ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er fühlte sich krank und elend vor Hunger. Es war so, wie der Junge gesagt hatte. Seit sie ihren Job auf der Lariat-Ranch verloren hatten, waren sie durch diese glutheiße Ecke von Texas gestreift in der Hoffnung, irgendwo einen Job zu finden. Vergeblich. Niemand brauchte einen Cowpuncher, und niemand gab ihnen einen Bissen Brot. Es ging ihnen wirklich hundeelend. Bis Terry auf den Gedanken gekommen war, die planmäßige Stagecoach nach Dog Gulch zu stoppen und die Passagiere um ein paar Dollars zu erleichtern. Zuerst hatte Bruce zugestimmt, doch dann war er zu der Einsicht gelangt, dass ein Hold up nicht der richtige Weg war, um sich ein Mittagessen zu verschaffen.
Gerade noch rechtzeitig hatte er Terry das Gewehr aus der Hand schlagen können, bevor der Junge den verhängnisvollen Schuss abfeuerte. Die Sache mit dem Überfall wäre nicht gutgegangen. Zuviel stand auf dem Spiel. Es war nicht so leicht, die Übersicht zu verlieren und ein Gesetzloser zu werden. Eine Kugel, die aus dem Lauf war, konnte man nicht zurückholen ...
»Wir werden schon ’nen Job finden, Amigo, ganz bestimmt«, sagte Bruce gegen seine Überzeugung und spie in den glitzernden Sand. Ihre Pferde standen etwas entfernt im Schlagschatten einer überhängenden Felswand. Bruce wandte sich ab und stapfte darauf zu. Hinter ihm knirschten Terrys Schritte in der Stille. Irgendwie fühlte er sich für den Jungen verantwortlich. Vielleicht deshalb, weil sie viele Jahre Bügel an Bügel und für denselben Brand geritten waren. Sie hatten im Sommer geschwitzt und im Winter gefroren, das letzte Stück Brot miteinander geteilt und sich gegenseitig oft aus der Patsche geholfen. Es war ein harter Job, in der Brasada Rinder zu hüten, und es war noch härter, von einem Tag auf den anderen auf die Straße gesetzt zu werden. Slim Harding hatte die Lariat eines schönen Tages einfach verkauft und war fortgezogen, weil er mit der Ranch auf keinen grünen Zweig kam. Und der neue Besitzer hatte seine eigenen Cowpuncher mitgebracht. Aus. Fertig. Amen. So einfach war das.
Bei den Pferden blieb Bruce stehen und tastete nach dem Gewehr im Scabbard. Sein Gesicht war grau, in seinem Magen rumorte der Hunger. Wenn er nicht bald etwas zu futtern bekam, wurde er noch verrückt. In dieser Staubwüste gab es keine Tiere, die man schießen konnte.
Bruce löste die lederumhüllte Feldflasche vom Sattelhorn, entkorkte sie und nahm einen tiefen Schluck. Das Wasser war schmal und schmeckte metallisch, aber es war immerhin Wasser. Bruce reichte die Flasche an Terry weiter, und der trank ebenfalls, während Bruce nach Süden starrte, wo Dog Gulch in der hitzeflimmernden Luft lag. Dog Gulch war eine kleine Rinderstadt am Palo-Duro-Creek, der sich in vielen Windungen durch das trockene Land schlängelte.
»All right«, seufzte Terry und schob die Winchester in den Scabbard. »Du hast das Ding verpatzt – was jetzt?«
Bruce blickte in das schweißbedeckte Gesicht des Jungen, der die Zähne gebleckt hatte und ihn anstarrte.
»Ich hab’ noch einen Nickel, Terry, das muss für einen Teller Bohnen reichen.«
»Natürlich, Bruce. Wir sind ja so reich – hahaha! Können uns sogar ’nen Teller voll Bohnen leisten! Und was dann? Morgen sitzen wir wieder im selben Dreck.«
Terry wandte sich angewidert ab. Die Kälte seines Tonfalls ließ Bruce zusammenzucken. Er packte Terry an den schmalen Schultern und riss ihn herum. Ihre Blicke begegneten sich, fraßen sich ineinander wie zwei glühende Pfeile.
»Jetzt hör mir mal zu, Bucko«, sagte Bruce Ranson betont ruhig. »Meinetwegen kannst du dich auf deinen Gaul schwingen, nach Dog Gulch reiten und die Bank überfallen. Vielleicht hast du Glück und erbeutest ’ne Menge Kies. Vielleicht hast du aber auch Pech und handelst dir heißes Blei ein, an dem du krepierst.«
Wütend machte sich Terry los. Bruces Hände sanken schlaff herab.
»Eine Möglichkeit hast du vergessen, Amigo mio«, stieß der Junge hervor. »Ich könnte wirklich Glück haben und mit ein paar tausend Bucks nach Mexiko abrauschen. Und dort wäre ich dann alle Sorgen los. Ich würde mir ’ne hübsche glutäugige Chiquita angeln, mich in ’ne kühle Bodega hocken und mich den ganzen lieben Tag mit Whisky oder Tequila volllaufen lassen. Was hältst du von dieser Idee, Freund?«
»Nichts, Terry.«
»Aha! Du willst also lieber in diesem glorreichen Land vor Hunger krepieren!«
»Noch sind wir am Leben, Bucko. Mir wird schon was einfallen. In Dog Gulch finden wir bestimmt ’nen Job, der uns ein paar Dollars einbringt.«
Die Pferde schnaubten leise. Über dem Llano Estacado tanzten Staubwirbel. Die Sonne hing als messingfarbene Scheibe am Himmel und schien alles Leben vernichten zu wollen. Terry packte die Zügelleinen und zog sich wortlos in den Sattel. Sein rotes Hemd war unter den Achseln und am Rücken schweißdurchtränkt. Mit einem wilden Sporenhieb trieb er das Pferd an. Der Wallach wieherte erschreckt und preschte los. Nachdenklich folgte Bruce Ranson dem heißblütigen Jungen, der in Richtung Dog Gulch davonjagte.
Gegen Mittag erreichten sie die Stadt. Unterwegs hatten sie kein Wort gesprochen. Jeder von ihnen hing seinen Gedanken nach. Bruce ahnte, was in Terry vorging. Bestimmt dachte der Junge noch immer an die Stagecoach, die er überfallen wollte. Und bestimmt stellte er sich jetzt vor, was er mit den erbeuteten Dollars alles hätte anfangen können ...
Dog Gulch war eine schäbige Kistenholzstadt, die ihre Existenz dem Palo-Duro-Creek verdankte. Etwa drei Dutzend Häuser zogen sich zu beiden Seiten der staubigen Mainstreet entlang. Am Ende der Hauptstraße lagen mehrere Korrals, in denen durstige Rinder brüllten. Es gab drei Saloons, ein Hotel, einen Livery Stable und eine Niederlassung der Wells Fargo. Zwischen Stage-Depot und General Store lag das Law-Office, das einzige aus Stein gemauerte Gebäude. Vor den beiden Fenstern, die zur Straße wiesen, hingen zolldicke Eisenstäbe. Ben Garrison, der Sheriff von Dog Gulch, ein massiger Mann mit breiten Schultern und Schnauzbart, hockte in seinem Schaukelstuhl und verfolgte schläfrig das Treiben auf der Straße. Auf der Veranda des Lone-Star-Saloons lungerten die üblichen Faulenzer herum und ließen eine Whiskyflasche kreisen. Die Stagecoach stand vor dem Wells-Fargo-Büro; zwei Männer waren eben dabei, die Zugtiere auszuschirren.
Sonst war es ruhig. Bruce Ranson und Terry Holmes bogen um die Ecke von Gregorys Billard-Parlour und ritten auf den Livery Stable zu, dessen Tor weit offenstand. Ben Garrison beobachtete die beiden Cowpuncher, ohne sich zu rühren. Er kannte sie und wusste, dass sie seit einiger Zeit im County herumstreiften und auf der Suche nach einem Job waren. Die Zeiten waren hart, und Garrison fragte sich, wovon die beiden wohl leben mochten. Sie sahen ziemlich heruntergekommen und abgerissen aus. Direkt zum Fürchten. Aber solange sie kein Gesetz übertraten, war ihm das egal.
Im Livery Stable war es merklich kühler als draußen auf der sonnendurchglühten Straße. Bruce saß ab und musste sich sekundenlang gegen die Holzwand lehnen, so schwach war er. Ein hungriger Wolf knurrte in seinem Magen. Seine Gedanken kreisten ständig um ein brutzelndes Steak. Er wischte sich über die Stirn, aber der Hunger blieb.
Terry war ebenfalls abgestiegen und beobachtete ihn aus schmalen Augen.
»Nun, Partner? Immer noch zu stolz, um eine Stagecoach zu überfallen?«
»Halt’s Maul, verdammt noch mal!«, fuhr ihn Bruce unbeherrscht an.
Aus dem Hintergrund des Stalles schlurfte ein alter Mann.
Sim Hawkins, der Stallknecht. Er kaute auf einem Strohhalm und krächzte:
»Hallo, Bruce Ranson – wie geht’s? Hast du schon einen Job?«
»Was geht dich das an, Sim?«, knirschte da Terry Holmes und trat in die Helligkeit. »Willst du dich etwa über uns lustig machen, du verdammter Kerl?«
»Sei doch nicht gleich so empfindlich, Junge!«, würgte der Alte hervor und ließ den Strohhalm fallen.
Terry packte ihn an der Hemdbrust und zog ihn heran.
»Halt dein dreckiges Lästermaul, oder ich stopf’s dir!«
»Terry!«
Ohne sich umzudrehen, kaute der Junge:
»Yeah?«
»Lass ihn, Amigo! Er kann nichts dafür, dass wir unseren Job verloren haben.«
Ein harter Stoß, und Hawkins taumelte zurück. Rote Flecken zeigten sich auf seinem runzligen Gesicht.
»Hier könnt ihr eure verdammten Gäule nicht unterstellen ohne Bezahlung, habt ihr das verstanden?«
Bruce presste die Lippen zusammen.
»Du bekommst dein Geld, Sim, nur keine Sorge!«
»So?«, keifte der Alte. »Ihr seht mir aber nicht so aus, als hättet ihr ’ne Menge Bucks in den Taschen. – Los, schert euch zum Teufel! Und nehmt eure Klepper gleich mit!«
»Jetzt hör mal zu, Sim ...«, begann Bruce.
In diesem Moment stieß Hawkins einen lauten Schrei aus. Terry hatte ihn gegen die Boxwand gedrückt und würgte ihm die Luft ab. Mit einem Schritt war Bruce bei dem Jungen. Er packte Terrys linken Arm.
»Keine Dummheiten, Bucko!«
»Dieser verdammte Bastard von einem ...« Terry fluchte wild und heftig. Seine Augen flammten vor Wut. Er war nahe daran, die Beherrschung zu verlieren und Hawkins die Faust ins Gesicht zu schmettern.
Ein dunkler Schatten fiel in den Stallgang, und die kühle Stimme von Ben Garrison sagte:
»Wenn ihr Verdruss sucht, dann wendet euch an mich, Amigos. Für solche Dinge bin ich zuständig.«
Sofort wirbelte Terry herum, die Hand am Colt. Seine Stiefelabsätze hinterließen tiefe Furchen in dem festgestampften Boden. Seine Augen waren unnatürlich geweitet, sein Blick kalt und starr.
»Terry!«, schnappte Bruce.
Der Revolver war bereits zur Hälfte aus dem Holster geglitten. Einen schrecklichen Augenblick lang befürchtete Bruce, Terry würde ziehen und auf Garrison schießen. Doch dann besann sich der Junge buchstäblich in letzter Sekunde. Er ließ den Colt los und stieß scharf den Atem aus.
Garrison war unwillkürlich zur Seite gesprungen. Mit gesträubtem Schnauzbart fauchte er den Jungen an:
»Hast du Loco-Kraut gefressen, oder was ist mit dir los, Holmes? Das eine sage ich dir: Wenn du nochmals zur Kanone greifst, wanderst du in den Bau! Ich dulde keine heißblütigen Revolverschwinger in Dog Gulch!«
»Entschuldige, Ben«, sagte Bruce tonlos, weil er immer noch unter dem Schock des eben Gesehenen litt. Terry hatte sich wirklich wie ein tollwütiger Wolf aufgeführt; seine Reaktion auf Garrisons Worte war blitzschnell erfolgt, von dem Willen diktiert, zu töten und zu vernichten.
Wortlos griff der Junge nach den schleifenden Zügelleinen und verließ den Livery Stable. Bruce folgte ihm, sein Pferd an der Longe. Sie überquerten die Mainstreet und spürten Garrisons Blicke in ihrem Rücken. Am Hitchrack vor dem Lone-Star-Saloon banden sie die Pferde fest. Garrison hatte sich von seiner Überraschung erholt und steuerte wieder das Law-Office an.
»Warte hier«, sagte Bruce, »ich geh’ mal ’rein und versuch was zu ergattern.«
Er trat auf den Stepwalk, ohne eine Antwort abzuwarten. Terry stand mit leerem Blick da. Hager und abgerissen. Vom Hunger gepeinigt, aber eine Mordswut im Bauch.
Etliche Männer saßen im Saloon, als Bruce durch die Pendeltür torkelte. Eine schattige Kühle umfing ihn. Es roch nach verschüttetem Whisky, kaltem Zigarettenrauch und abgestandenem Essen. Zwei Saloongirls in bunten Flitterkleidern lehnten an der Theke und unterhielten sich leise. Bei Ransons Anblick verstummten sie. Ihre Gesichter waren stark geschminkt. Die eine war blond, die andere brünett.
Bruce beachtete sie nicht. Er wischte sich über den Mund, benetzte mit der Zunge seine spröden, rissigen Lippen und blickte dorthin, wo sich der Stand mit dem Frei-Imbiss befand. Die wenigen Gäste stießen sich grinsend an, als sie seinen gierigen Blick bemerkten.
»Wieder so’n Herumtreiber!«, bemerkte jemand gehässig.
Bruce kannte den Mann nicht, obwohl er oft in Dog Gulch gewesen war, als er noch für die Lariat ritt. Er verließ seinen Platz an der Schwingtür und ging mit schleifenden Schritten zur Theke, wo ein bulliger Mann auftauchte.
»Hallo, Ray!«, krächzte Bruce, halb verrückt vor Hunger.
Der Barkeeper starrte ihn missbilligend an.
»Ist besser, du verschwindest wieder, Ranson. Hier gibt’s nichts für Herumtreiber!«
Bruce lehnte sich gegen den Tresen und warf den Nickel auf die chromblitzende Platte.
»’nen Drink, Ray. Und ’n Sandwich.«
Am Frei-Imbiss konnte sich nur bedienen, wer Getränke konsumierte.
Schulterzuckend griff der Keeper nach einer Flasche, schob Bruce ein gefülltes Glas zu. Der Nickel verschwand wie durch Zauberhand vom Tresen. Bruce kippte hastig den Drink, der in seinem leeren Magen zu explodieren schien. Dann ging er zum Frei-Imbiss und griff mit zitternder Hand nach einem Schinkensandwich. Er biss hinein – und dachte gleich darauf an Terry, der draußen wartete. Genauso hungrig wie er. Eines der Saloongirls lachte. Bruce drehte sich nicht um. Auch nicht, als die gehässige Stimme von vorhin sagte:
»Der ist ja ausgehungert wie ein Wolf!«
Kauend schaute Bruce den bulligen Barkeeper an.
»Wie wär’s mit ’nem Job, Ray? Ich könnte –«
»Kein Bedarf, Ranson!«, lehnte der Mann sofort ab. »Ich weiß selber nicht, wie ich mich über Wasser halten soll. Verdammt lausige Zeiten sind das, sag’ ich dir!«
»Schon gut.« Bruce bemühte sich, seine Enttäuschung zu verbergen. Mit dem Sandwich in der Hand machte er kehrt und stiefelte zur Schwingtür. Er dachte an Terry Holmes, der draußen bei den Pferden wartete. Deshalb sah er nicht das ausgestreckte Bein, das ihn zum Stolpern brachte. Erst als er zu Boden knallte und das Sandwich in hohem Bogen davonflog, begriff er, was passiert war. Eine wilde Wut stieg in ihm hoch. Er rappelte sich auf und blickte die Männer an, die einen lockeren Halbkreis um ihn bildeten. Sie hatten sich von den Tischen erhoben und schauten grinsend auf ihn nieder.