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LINDSAY ARMSTRONG - WEISSE YACHTEN VOR DER GOLDKÜSTE Cathy hat sich so auf die Zeit an der australischen Goldküste gefreut, auf die Ausflüge mit der weißen Yacht, die Fahrten zu den einsamen Inseln. Die Woche in Queensland soll ganz ihrer Liebe zu Tom gehören, doch dann geschieht etwas, das sie an ihrem großen Glück zweifeln lässt... ANNE WEALE - COSTA BLANCA, KÜSTE DER LIEBE Ein Blick aus Nicholas’ tiefblauen Augen genügt, um Rosies Herz höher schlagen zu lassen. Dabei will die PR-Agentin mit ihm in seiner Villa an der Costa Blanca nur eine Werbestrategie für sein neues Buch entwickeln. Doch nicht nur Nicholas' Augen lassen sie alles Geschäftliche vergessen … NIKKI LOGAN - LIEBE MIT MEERBLICK Seine Augen sind stürmisch wie das Meer, um seinen Mund spielt ein spöttisches Lächeln: Kates Herz sinkt! Wie soll sie sich bloß mit dem Rechtsanwalt Grant McMurtrie einigen? Er besitzt Land, das sie für ihre Schützlinge - bedrohte Seehunde - braucht. Schwierig, da Grant ihren Traum von heiler Natur nicht teilt! Soll Kate aufgeben oder heimlich hoffen? Denn manchmal schaut Grant sie zärtlich an. Fast, als ob er ihre Leidenschaft bewundert. Fast, als ob er sich eine gemeinsame Zukunft wünscht. Fast, als ob die große Liebe keine bedrohte Art ist … STEFANIE LONDON - EINE LIEBE, SO UNENDLICH WIE DAS MEER Oh ja, sie erinnert sich an die Gefühle, die Brodie schon vor Jahren in ihr weckte. Und an seine Augen, kristallgrün wie der Pazifik. Auch jetzt reicht ein Blick von ihm und Chantal vergisst die ganze Welt. Stopp! Sie hat schon genug Fehler gemacht, sich in den besten Freund ihres Freundes zu verlieben war einer davon. Außerdem muss sie sich dringend um ihre Karriere als Tänzerin kümmern. Aber als Brodie sie auf seine Jacht einlädt, kann Chantal nicht Nein sagen … ebenso wenig wie zu seinem verboten süßen Kuss. Ist ihre Liebe zu Brodie vielleicht doch so unendlich wie das Meer? ANNETTE BROADRICK - AM HEISSEN STRAND VON MEXIKO Im Bett mit der Tochter des Senators! Als Jared aufwacht, liegt er halbnackt neben Lindsey. Wie ist er hier hergekommen? Er hat keine Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht, und auch Lindsey weiß von nichts. Haben sie etwa miteinander geschlafen?
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Seitenzahl: 1009
Lindsay Armstrong, Anne Weale, Nikki Logan, Stefanie London, Annette Broadrick
Traummänner & Traumziele: Malerische Küsten
IMPRESSUM
TITEL erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 1991 by Lindsay Armstrong Originaltitel: „The Director’s Wife“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 882 - 1992 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Dr. Barbara Slawig
Umschlagsmotive: UberImages / GettyImages, vicuschka
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733778712
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Catherine West unterbrach ihre Vorbereitungen für das Mittagessen und sah aus dem Küchenfenster. Hinter dem Garten und den Pferdekoppeln, deren Gras die australische Sommerhitze gelblich verfärbt hatte, erhob sich Mount Macedon. Cathys Blick wurde sehnsüchtig. Der strahlend blaue Himmel über Südaustralien, die Hitze, der würzige Duft von Weideland und Holzfeuer ließen sie vergessen, dass sie zwei Gäste zum Mittagessen erwarteten. Am liebsten hätte sie Toms Arbeitszimmer betreten – was gegen alle Regeln verstoßen hätte – und ihn gebeten, das Essen abzusagen und mit ihr am Hanging Rock zu picknicken.
Sie schloss die tiefblauen Augen und dachte an den Tag, als sie zum ersten Mal mit ihm dort gewesen war, kurz nach ihrer Hochzeit. Cathy konnte es noch nicht recht glauben, dass Tom West, der berühmte Drehbuchautor und Regisseur, der wegen seiner Arroganz, Reizbarkeit, Kälte und seiner Frauengeschichten berüchtigt war, sie wirklich geheiratet hatte. Selbst heute verblüffte es sie manchmal noch. Tom hatte sie in dieses schöne alte Steinhaus mit dem steilen Dach und den hohen Schornsteinen gebracht. Es lag inmitten eines riesigen Gartens, und von den Fenstern aus sah man Mount Macedon, den Hanging Rock, um den sich so viele Legenden rankten.
Cathy hatte erwartet, dass den Berg eine finstere, bedrohliche Atmosphäre umgeben würde. Stattdessen war es dort sehr friedlich. Die Sonne schien, und die Luft war erfüllt vom Summen der Insekten und dem Zwitschern der Vögel. In einer versteckten kleinen Talmulde hatte Tom sie geliebt. Der Fels schien nichts dagegen gehabt zu haben.
Sie öffnete die Augen und kehrte dem Fenster den Rücken zu. Was für ein verrückter Einfall! Was kümmerte es Mount Macedon, wer sich an seinem Fuß liebte! Hatte sie wirklich einen Moment gedacht, der Berg hätte missbilligt, was sie getan hatten, und aus Rache einen Fluch auf ihre Ehe mit Tom gelegt?
Es war ein wundervolles Erlebnis gewesen. Als Tom es mit funkelnden Augen vorgeschlagen hatte, war Cathy vor Schreck rot geworden. Daraufhin hatte er leise gelacht, und um ihm zu beweisen, dass sie gar nicht so scheu und gehemmt war, wie er glaubte, hatte sie sich die Bluse aufzuknöpfen begonnen. Sogleich war Toms Lachen verstummt. Er hatte Cathy in die Arme genommen und sie lange und leidenschaftlich geküsst: auf die Lippen, den Hals, bis sie vor Verlangen so benommen gewesen war, dass sie ihre Umgebung vergessen hatte …
„Cathy?“
Die Stimme ihres Mannes ließ sie in die Gegenwart zurückkehren. Er stand an der Küchentür und betrachtete Cathy, die Stirn leicht gerunzelt.
Langsam kam er auf sie zu. „Du hast richtig entrückt ausgesehen. Erzählst du mir, wovon du geträumt hast?“
Sie wurde rot und wandte sich hastig wieder ihrem Salat zu. „Von gar nichts. Ich … ich habe nur nachgedacht.“
Jetzt lehnte sich Tom mit der Schulter gegen die Wand neben dem Tisch und sah zu, wie Cathy Öl, Essig und eine Messerspitze Senf in eine Kristallflasche füllte, die Flasche verkorkte und schüttelte, um die Zutaten zu mischen. „Und woran hast du gedacht? Es muss dich traurig gemacht haben.“
„Ach nein.“ Sie versuchte, unbeschwert zu lächeln.
„Komm, Cathy“, befahl er leise und streckte die Arme aus.
„Bitte, Tom … Ich muss mich beeilen. Unsere Gäste werden gleich hier sein, ich bin noch nicht umgezogen, und …“
„Hast du über dem Träumen die Zeit vergessen?“, fragte er neckend.
„Ich habe nur zu spät angefangen.“
Tom richtete sich auf und zog sie an sich, bevor sie ihm ausweichen konnte.
„Bitte, Tom …“
„Ich habe gar nicht vor, dich zu verführen“, behauptete er leicht belustigt und sah sie aus hellbraunen Augen forschend an, als könnte er ihre geheimsten Gedanken lesen. „Ich möchte dich nur umarmen. Du hast ausgesehen, als könntest du Trost brauchen.“
Cathy zuckte zusammen.
Sofort wurde sein Blick noch durchdringender. „Sag mir, was nicht in Ordnung ist, Cathy“, verlangte er.
„Es ist nichts. Gar nichts.“ Trotzig presste sie die Lippen zusammen.
„Sei nicht kindisch, Cathy.“ Er zog sie ungeduldig noch dichter an sich.
Sie musste an eine Bemerkung denken, die sie einmal über ihren Mann gehört hatte: „Er setzt seinen Willen immer durch, mit Sanftmut oder mit Gewalt.“ Das sagten die Leute über Tom West, den achtunddreißigjährigen Regisseur mit dem stets zerzausten dunkelblonden Haar und dem draufgängerischen Wesen, das nicht nur die einundzwanzigjährige Cathy, sondern Dutzende anderer Frauen unwiderstehlich fanden.
Das Essen war ruhig und zufrieden stellend verlaufen. Schließlich räumte Cathy das Geschirr zusammen und stellte die Kaffeetassen aus hauchdünnem Wedgwood-Porzellan auf den Tisch. Tom schenkte den beiden Besuchern Portwein ein. Erst jetzt wandte man sich den Fragen zu, die bei diesem Essen geklärt werden sollten.
Es ging um den nächsten Film, bei dem Tom Regie führen wollte. Duncan Haines war der Leiter der Filmgesellschaft, die das Projekt finanzierte. Er war ein großer, sanfter, meist schläfrig dreinblickender Mann Mitte vierzig, der viel Erfahrung, Geschäftssinn und künstlerischen Sachverstand hatte. Tom hatte großes Vertrauen zu seinem Urteil. Die beiden waren seit vielen Jahren befreundet und hatten schon oft zusammengearbeitet.
Der zweite Gast war das genaue Gegenteil von Duncan. Peter Partridge war jung, schlank, dunkelhaarig und leidenschaftlich. Er war der Autor des Bestsellers, den Tom verfilmen wollte, und arbeitete mit ihm zusammen am Drehbuch. Cathy konnte sich gut vorstellen, dass die beiden es manchmal schwer miteinander hatten.
Während sie im Zimmer aufräumte, hörte sie der Unterhaltung zu.
„Uns fehlt immer noch eine Chloe“, sagte Peter gerade. „Die anderen Rollen sind gut besetzt. Es ist großartig, dass Brenda Bishop die weibliche Hauptrolle übernehmen wird. Sie hat dafür die richtige Ausstrahlung, außerdem ist sie eine erfahrene Schauspielerin.“
„Sie kann auch ziemlich schwierig sein“, erwiderte Duncan.
„Lass dich von ihren großen dunklen Augen und der zierlichen Figur nicht täuschen.“
Peter dachte eine Weile nach. Dann zuckte er die Schultern, als würde er das unwichtig finden. „Mit Chloe ist es viel schwieriger. Keine einzige Schauspielerin scheint die richtige Mischung aus … aus Schönheit, Rätselhaftigkeit und Verwundbarkeit zu besitzen. Es muss eine Frau sein, die man nie mehr vergisst, wenn man sie einmal gesehen hat.“
Tom und Duncan blickten sich an, während Peter Zucker in seinen Kaffee tat und heftig umrührte.
„Wir werden schon eine Chloe für dich finden, Peter“, meinte Duncan beruhigend. Er wusste aus langjähriger Erfahrung, wie man mit leicht erregbaren Autoren umging.
„Aber sie ist wirklich wichtig für die Geschichte, Duncan, auch wenn man es nicht sofort merkt.“ Peter gestikulierte lebhaft. „Chloe mag keine große Rolle haben, aber sie verkörpert den Geist des Buchs. Sie taucht immer wieder unvermutet in Roberts Leben auf, ohne dass er sie jemals fassen kann. Und sie ist jedes Mal anders: fröhlich, verletzlich, sinnlich, traurig … Ihr Einfluss auf Robert ist ein Angelpunkt der Geschichte.“
„Das wissen wir doch, Peter“, erwiderte Tom ruhig. Sein Blick fiel auf das Fenster. „Cathy, dein bester Freund möchte dich besuchen.“
Cathy, die vor der Anrichte stand und Silber einräumte, sah über die Schulter. „Der beste vielleicht nicht“, widersprach sie belustigt, „aber bestimmt der hartnäckigste.“
„Lass ihn herein und füttere ihn.“
„Das klingt, als sei er ein Hund!“, entgegnete sie empört und ging zum Fenster.
„Manchmal benimmt er sich auch so. Hallo, William.“ Cathy hatte dem kleinen Jungen geholfen, über das Fensterbrett hereinzuklettern. „Komm her, damit ich dich vorstellen kann. Das, meine Herren, ist William Casey. Er wohnt im Nachbarhaus bei seinen Großeltern und verbringt seine Tage damit, ihnen aus dem Weg zu gehen. Setz dich doch, William. Wir haben bestimmt noch etwas zu essen für dich. Ich weiß gar nicht, warum wir dich nicht auch eingeladen haben.“
„Danke, Mr. West.“ William, ein siebenjähriger, schmächtiger Junge, setzte sich unbefangen zu ihnen. „Ich habe schon gegessen. Und mir die Hände gewaschen. Sehen Sie?“ Er streckte beide Hände aus.
„Wunderbar. Du machst Fortschritte. Aber wenn du schon gegessen hast …“
„Kein Nachtisch“, erklärte William kurz angebunden. „Oma hält nichts davon. Sie gibt mir höchstens mal einen Apfel. Und Cathy macht spitzenmäßigen Nachtisch.“
„Das stimmt“, bestätigte Duncan ernsthaft. „Cathy kocht überhaupt fantastisch.“ Als sie eine Schüssel Eis mit Früchten vor William auf den Tisch stellte, legte Duncan Cathy eine Hand auf den Arm. „Danke für das wunderbare Essen, meine Liebe. Wollen Sie sich jetzt nicht zu uns setzen und sich ein wenig mit uns unterhalten? Nach all der Arbeit haben Sie eine Pause verdient. Lassen Sie doch Tom abwaschen!“, fügte er boshaft hinzu.
„Ich …“
„Setz dich sofort hin, Cathy“, befahl Tom spöttisch. „Sonst heißt es gleich, dass ich meine Frau schamlos ausnutze. Möchtest du auch ein Glas Portwein? Ich habe vergessen, dir eines anzubieten.“
„Nein, danke.“
Cathy zog sich einen Stuhl heran, setzte sich neben William und erklärte ernst: „Diesmal machen wir eine Ausnahme, William. Deine Oma hat nämlich Recht: Zu viel Nachtisch schadet dir nur.“
„Mit anderen Worten: Wir wollen dich nicht verderben, sondern nur … verwöhnen“, mischte Tom sich ein.
Duncan und Peter grinsten.
Cathy dagegen sah ihren Mann vorwurfsvoll an. „Ich glaube, er versteht dich oft gar nicht, Tom. Zum Glück.“
„Glaubst du?“ Tom betrachtete sie eine Weile schweigend: das lange blonde, lockige Haar, die etwas dunkleren Augenbrauen, die leuchtenden dunkelblauen Augen, den weichen Mund, das leichte, ärmellose Kleid mit Gürtel, das sie in letzter Sekunde noch angezogen hatte, und die glatte, leicht gebräunte Haut ihrer Arme. „Wollen wir wetten? – William, ich schlage vor, dass wir uns heute Nachmittag um vier Uhr im Interesse der Körpertüchtigkeit gemeinsam diesem alten barbarischen Ritual unterziehen, das an einer ebenso barbarischen Schule erfunden worden ist. Was hältst du davon?“
„Mann, Klasse! Ich wollte auch schon fragen, ob wir heute Rugby spielen können.“
Die anderen lachten. Tom warf Cathy einen Blick zu, als wollte er sagen: „Siehst du wohl?“
„Das war einfach“, behauptete sie. „Du spielst fast jeden Tag Rugby mit ihm.“
„Ich glaube, ihr zwei braucht endlich eigene Kinder.“ Duncan lächelte sie an. „Worauf wartet ihr noch?“
Über Cathys Gesicht huschte ein Schatten. Sie sah ihrem Mann in die Augen und gleich wieder fort.
Nach kurzem, ungemütlichem Schweigen antwortete Tom: „Dafür haben wir immer noch Zeit, Duncan.“
In diesem Moment fuhr Peter Partridge, der Cathy seit einigen Minuten wie gebannt angeschaut hatte, so heftig zusammen, dass er seine Kaffeetasse umstieß. Ohne darauf zu achten, sprang er mit offenem Mund auf und stieß hervor: „Das ist sie! Wie konnte ich nur so blind sein? Chloe!“
Cathy kam gar nicht auf den Gedanken, dass er sie meinen könnte. Hastig stand sie auf und holte eine Serviette, um den verschütteten Kaffee aufzuwischen.
„Nein.“ Toms Stimme klang hart und entschieden.
„Aber … aber …“ Vor Aufregung fing Peter an zu stottern. „Sie ist vollkommen! Genauso, wie ich euch Chloe beschrieben habe! Schaut sie euch doch mal richtig an. Wie verletzlich, geheimnisvoll …“
„Peter“, unterbrach Duncan ihn warnend.
Cathy vergaß den verschütteten Kaffee, richtete sich auf und sah erst ihre beiden Gäste und danach Tom an. „Was … meint er etwa mich?“
„Wen sonst?“, antwortete Tom kurz.
„Aber …“
„Haben Sie nicht sogar Bühnenerfahrung, Cathy?“ Peter war nicht zu bremsen. Seine dunklen Augen leuchteten. „Habt ihr beide euch nicht bei einer Probe kennen gelernt? Tom!“ Er sah seinen Gastgeber eindringlich an.
„Setz dich, Peter“, Tom wirkte wieder völlig gelassen. „Ja, das stimmt. Es war eine geradezu klassische Begegnung zwischen Regisseur und Schauspielerin.“ Fast unhörbar setzte er hinzu: „Was ich mir bis heute nicht verzeihen kann.“ Cathy wurde rot. „Aber das war bei einer Theaterprobe. Cathy hat noch nie gefilmt …“
„Doch.“ Alle, selbst William, sahen sie an.
„Schön. Du hast einen Werbespot fürs Fernsehen gedreht.“
„Das ist auch Filmarbeit.“
„Nur weil du einmal für Shampoo geworben hast, heißt das noch lange nicht, dass du Peters geheimnisvolle Fremde spielen könntest.“ Toms Blick wurde drohend. „Und bevor wir weiter darüber sprechen: Es bringt fast immer Ärger, wenn Mann und Frau einen Film zusammen drehen.“
„Damit käme ich schon zurecht“, behauptete sie ruhig. „Ich könnte eine neue Aufgabe gebrauchen. Aber ihr redet besser ohne mich weiter. Komm, William. Du kannst mir beim Abwaschen helfen. Als Gegenleistung für den Nachtisch.“
Zwei Stunden später beobachtete Cathy vom Schlafzimmerfenster aus, wie Duncan und Peter abfuhren, ohne sich von ihr verabschiedet zu haben. Sie war nach dem Abwaschen mit William spazieren gegangen, und vielleicht hatten ihre Gäste gedacht, sie sei noch nicht wieder zurück. Oder war es ihnen aus irgendeinem Grund peinlich, ihr zu begegnen?
Cathy seufzte und spielte geistesabwesend mit dem langen blauen Samtvorhang. Das Schlafzimmer war ganz im altenglischen Stil eingerichtet: mit schweren Vorhängen, geschmackvollen Möbeln aus Mahagoni, blau-weiß gemusterter Tapete, samtbezogenen Mahagonistühlen vor dem Kamin und einem breiten Himmelbett. In der ersten Nacht, die sie hier verbracht hatten, hatte Tom gesagt: „Man könnte glauben, dass der Raum extra für dich eingerichtet worden ist. Er hat die Farben deiner Augen …“
Sie dachte an den Tag zurück, an dem Tom sie das erste Mal wirklich bemerkt hatte. An diesem Auftritt, den er sich bis heute nicht vergeben hatte. Warum? Weil er sie damit in Verlegenheit gebracht hatte? Oder tat es ihm Leid, dass es überhaupt geschehen war?
Mit neunzehn hatte Cathy Kerris sich um einen Platz in der Schauspielschule einer berühmten Kunstakademie beworben und ihn zu ihrer Überraschung auch erhalten, weil sie angeblich für komische Rollen begabt war. An dieser Schule hielt Tom West, der bekannte Regisseur, ein Seminar, in dem er die Studenten unter seiner Leitung ein Stück einstudieren ließ. Seine Schüler waren ausnahmslos begeistert. Insgeheim hoffte wohl jeder, von dem berühmten Mann „entdeckt“ zu werden.
Cathy musste eine Liebesszene spielen, in der sie und der Hauptdarsteller sich leidenschaftlich küssten. Doch sie war der Aufgabe trotz gutem Aussehen und Begabung nicht gewachsen.
„Halt!“ Tom West kam quer über die Bühne auf sie zu. „Sind Sie denn noch nie geküsst worden?“ Er betrachtete zuerst ihr Gesicht, dann ihre Figur.
„Nicht … richtig“, brachte sie verlegen hervor. Die anderen lachten.
„Kaum zu glauben. Allein diese Augen … Wo haben Sie sich die ganzen Jahre versteckt?“
Sie gab keine Antwort, sondern blickte ihn nur wie gebannt an.
Schließlich zuckte er ungeduldig die Schultern und bemerkte trocken: „Nun, im Interesse Ihrer Karriere sollten Sie sich beeilen, etwas Erfahrung zu sammeln.“ Er lächelte spöttisch. „So wird’s gemacht.“
Es war ein Kuss, von dem an der Akademie noch lange gesprochen wurde. Alle Studenten auf der Bühne und im Zuschauerraum sahen atemlos zu, während Tom Cathy in die Arme zog, sie an sich presste und küsste, bis sie willig die Lippen unter seinem Mund öffnete. Mit einer Hand strich er ihr den Nacken hinauf und zerwühlte ihr das Haar.
Später fragte sich Cathy oft, wie dieser Kuss sie trotz ihrer Verlegenheit und Verwirrung so erregen konnte. Sie hatte sich gleich zu Beginn des Seminars zu diesem hoch gewachsenen, weltgewandten Mann hingezogen gefühlt. Doch weil Welten sie trennten, hatte sie das nicht einmal sich selbst eingestanden. Als er sich auf der Bühne löste und sie auf Armeslänge von sich schob, blickte sie betäubt, erstaunt und überwältigt zu ihm auf.
Und alle merkten es. Tom runzelte leicht die Stirn, während die Studenten verlegen zur Seite blickten und von einem Fuß auf den anderen traten. Im nächsten Moment ließ Tom sie los und beendete schlagartig die Probe. Cathy, die nur langsam wieder zu sich kam, verließ stolpernd die Bühne. Sie fragte sich, wie sie jemals den Mut aufbringen sollte, ihm und den anderen Studenten noch einmal gegenüberzutreten.
Zum Glück ließen die anderen sie allein. Sie packte ihre Sachen zusammen und verließ das Gebäude. Es war ein dunkler, regnerischer Winternachmittag.
Als sie den Bürgersteig entlangeilte, hielt ein eleganter grüner Wagen neben ihr. Der Fahrer lehnte sich über den Beifahrersitz und stieß die Tür auf. Es war Tom West.
„Cathy? Steigen Sie ein.“
Sie bückte sich, um sein Gesicht zu erkennen, und suchte vergeblich nach einer passenden Antwort.
„Ich möchte Sie zu einem Kaffee oder etwas anderem einladen und mich bei Ihnen entschuldigen.“
Tom führte Cathy in eine warme, dämmrige Bar. Cathy legte ihren Mantel und den langen Schal ab, ließ sich zu einem Brandy mit Soda überreden und betrachtete Tom mit klopfendem Herzen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten sollte. Toms Haar war feucht und zerzaust, und auf seinem Tweedjackett lagen noch einzelne Regentropfen. Er hatte die langen Beine neben dem Tischchen ausgestreckt, den Blick gesenkt und spielte gedankenverloren mit seinem Glas.
Es hat alles keinen Sinn, dachte sie niedergeschlagen. Schließlich lagen Welten zwischen ihnen. Er hatte sie aus reiner Freundlichkeit eingeladen, nicht weil er sich für sie interessierte.
Tom hob den Kopf und bemerkte, dass sie ihn beobachtete. „Ich wüsste zu gern, was in Ihrem hübschen Köpfchen gerade vorgeht, kleine Cathy. Es tut mir Leid, dass ich Sie vorhin so überrumpelt habe. Hoffentlich finden Sie es nicht zu peinlich, weiterhin am Seminar teilzunehmen. Bei der nächsten Probe wird niemand mehr daran denken.“
Einen Moment sah er sie prüfend an. „Möglich. Jedenfalls noch nicht. Wie kommt es …“ Sein Blick wurde noch durchdringender. „Sie sind anders als die meisten Schauspielschülerinnen.“
„In komischen Szenen bin ich besser. Ich wollte versuchen, meine Fähigkeiten zu erweitern. Vielleicht war das falsch. Ich finde es schwierig …“ Verlegen verstummte sie.
„Es fällt Ihnen schwer, einen Fremden auf Befehl leidenschaftlich zu küssen?“ Es klang belustigt. „Das könnte an Ihrer Erziehung liegen. Wie sind Sie aufgewachsen?“
Eine halbe Stunde später hatte Cathy ihm ihre ganze Lebensgeschichte erzählt: vom Tod ihrer Eltern, als sie gerade vier Jahre alt war, von der Großmutter, einer befehlsgewohnten Dame Mitte sechzig, die sie bei sich aufgenommen hatte und die inzwischen auch gestorben war, und von dem teuren Internat.
„Mich wundert, dass Sie es überhaupt bis zur Schauspielschule geschafft haben“, bemerkte Tom West dazu.
„Mein Vater soll ein sehr hartnäckiger Mann gewesen sein. Vielleicht gerate ich ihm nach.“
„Aber warum haben Sie sich fürs Theater entschieden? Wollten Sie endlich den beengenden Verhältnissen entkommen?“
„Dann glauben Sie also nicht, dass ich begabt bin?“
„Das wollte ich damit nicht sagen. Schließlich haben Sie eben erst angefangen. Und wenn Sie gar kein Talent hätten, wären Sie niemals auf der Akademie angenommen worden.“ Er lehnte sich zurück, neigte den Kopf zur Seite und musterte sie neugierig. „Was machen Sie noch, außer zur Schauspielschule zu gehen?“
„Ach, alles Mögliche“, erwiderte Cathy unbestimmt.
„Leben Sie allein?“
„Ja. Ich habe etwas Geld geerbt, so dass ich mir eine eigene Wohnung leisten kann.“
„Fühlen Sie sich nie einsam?“
Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. „Manchmal. Aber daran gewöhnt man sich. Und ich unternehme wirklich viel. Ich mache bei einem Kochkurs mit, arbeite für die Kirchengemeinde oder treffe mich mit Freundinnen. Sie brauchen kein Mitleid mit mir zu haben“, erklärte sie würdevoll.
„Ich verstehe.“ Doch es klang nachdenklich. Kurz danach fuhr er sie nach Hause. Unterwegs sagte er: „Hoffentlich haben Sie mir vergeben. Sie sollten die Rolle mit jemand tauschen.“
Sie versteifte sich.
„Bitte, Cathy“, fuhr er ruhig fort. „Ich werde es so einrichten, dass es für Sie nicht peinlich ist. Nicht noch peinlicher“, fügte er seltsam grimmig hinzu. „Es ist wirklich besser so. Besonders für Sie.“
„Also gut.“
Tom hielt Wort. Die Umbesetzung klappte reibungslos. Cathy musste jetzt eine alte Frau spielen, was ihr viel besser lag. Tom West behandelte sie bei den Proben genau wie zuvor, als hätte es jenen Kuss nie gegeben. Keiner der anderen Studenten sprach sie jemals darauf an.
Etwa zwei Wochen später begegneten sie sich zufällig in einer belebten Einkaufsstraße. Es war nach Feierabend, und auf dem Bürgersteig drängten sich Menschen, die es eilig hatten. Tom West stieß so heftig mit Cathy zusammen, dass sie fast hinfiel und einen Moment keine Luft mehr bekam. Der Inhalt ihrer Handtasche wurde über den ganzen Bürgersteig verstreut. Tom bestand darauf, Cathy dafür zu entschädigen. Er ging mit ihr in dieselbe Bar wie beim ersten Mal. Cathy entdeckte, dass sie auch diesmal ganz freimütig mit Tom reden konnte. Er erzählte ihr, dass der Film seine eigentliche Leidenschaft sei und er nur gelegentlich am Theater arbeitete, um nicht aus der Übung zu kommen. Kurz darauf bekam Cathy eine Erkältung, so dass sie eine Probe verpasste. Bei der nächsten sah sie noch immer recht blass und mitgenommen aus. Als sie hinterher das Gebäude verließ, wartete Tom in seinem Wagen auf sie. Er behauptete, sie schaue aus, als könne sie eine gute Mahlzeit vertragen, und schlug ihr vor, essen zu gehen.
Er führte sie in ein elegantes Restaurant mit ausgezeichneter Küche und einer ruhigen Atmosphäre. Nach dem Essen betrachtete er ihr Gesicht, das jetzt tatsächlich etwas mehr Farbe bekommen hatte. „Ich hatte Recht. Haben Sie denn niemand, der sich um Sie kümmert?“
„Nicht einmal eine böse Stiefmutter wie Aschenputtel“, erwiderte sie lächelnd. „Aber Sie brauchen sich um mich keine Sorgen zu machen.“
„Aus irgendeinem Grund tue ich es trotzdem.“ Unvermittelt wechselte er das Thema und fuhr sie bald darauf zu ihrer Wohnung.
Diesmal nahm Cathy all ihren Mut zusammen und lud ihn ein, noch eine Tasse Kaffee bei ihr zu trinken. Zu ihrer Überraschung nahm er an. Ihre Wohnung, die sie mit den gut erhaltenen Möbeln, Bildern und Teppichen ihrer Großmutter eingerichtet hatte, schien ihn zu beeindrucken. Später fragte Cathy sich manchmal, ob er sie wegen dieser Wohnung für reifer gehalten hatte, als sie war.
Jedenfalls sahen sie sich nach diesem Abend öfter. Von Zeit zu Zeit rief Tom bei ihr an und lud sie zum Essen, ins Kino oder zu einem Konzert ein. Er hörte damit auch nicht auf, nachdem die Studenten das Stück aufgeführt hatten und sein Seminar an der Schauspielschule beendet war. Doch es dauerte vier Monate, bis er Cathy zum zweiten Mal küsste.
Cathy hatte ihn zum Abendessen eingeladen. Sie wusste inzwischen, dass sie ihn liebte, wollte es ihm jedoch nicht zeigen, weil sie sicher war, dass er dann ihre Beziehung umgehend beenden würde. Als sie nach der Mahlzeit aufstand, um den Kaffee aus der Küche zu holen, stolperte sie und wäre fast gestürzt. Tom sprang auf und fing sie auf.
Einen Augenblick lang schien die Welt stillzustehen, während Cathy schnell atmend und mit leicht geöffnetem Mund zu ihm aufsah. Ihr Entschluss, ihm ihre Gefühle nicht zu zeigen, war vergessen.
Tom erwiderte ihren leidenschaftlichen Blick. Dann schloss er kurz die Augen, sagte leise: „Oh verdammt!“, zog sie eng an sich und küsste sie.
Anschließend schob er sie energisch von sich. „Das dürfen wir nicht noch einmal tun, Cathy.“
„Nein“, flüsterte sie. „Ich weiß.“
„Was weißt du?“
„Dass … Es bedeutet dir nicht das Gleiche wie mir.“
Er hob die Augenbrauen. „Ich finde es sehr angenehm, dich zu küssen.“
„Nur, weil … es macht dir einfach Spaß, mir etwas beizubringen. Es geht dir dabei nicht wirklich um mich. Verstehst du, was ich meine?“
„Ich glaube schon. Ich kenne keinen Mann, der dir nicht gern etwas beibringen würde, Cathy. Aber es fällt mir schwer, dabei nur an dein hübsches Äußeres zu denken.“
Cathys dunkelblaue Augen begannen hoffnungsvoll zu leuchten.
Tom bemerkte es sofort. „Nein, Cathy“, erklärte er rau. „Du musst mich vergessen. Ich bin nicht der richtige Mann für dich. Meine Beziehungen zu Frauen sind … das ist nichts für dich.“
Sie wandte sich ab. „Das weiß ich. Ich kann gut verstehen, dass du jetzt fort willst. Wirklich.“
Leise sagte er irgendetwas, was sie nicht verstand. Sanft fasste er sie bei den Schultern und drehte sie zu sich herum. „Es tut mir Leid, Cathy.“
„Warum? Es war nicht deine Schuld.“
„Doch“, erwiderte er grimmig. „Ich hätte nie …“ Er sprach den Satz nicht zu Ende. „Und du verstehst, warum ich jetzt gehen muss?“
Sie nickte.
Tom betrachtete ihr blasses Gesicht mit den tiefblauen Augen und das lange, weiche blonde Haar. „Leb wohl, Cathy. Versprichst du mir, gut auf dich aufzupassen?“
„Ja.“
Zwei Wochen später stand Tom unangemeldet vor Cathys Wohnungstür. Sie öffnete, erschrak und sah ihn schweigend an.
„Willst du mich heiraten, Cathy?“
Später, als er auf ihrer Couch saß und Cathy fest in den Armen hielt, fragte sie: „Warum bist du zurückgekommen?“
„Aus einem ganz einfachen Grund.“ Er strich den Kragen ihrer Bluse glatt. „Ich konnte dich einfach nicht vergessen. Mein Leben kam mir so … sinnlos vor.“
„Und du willst mich wirklich heiraten?“ Forschend blickte sie ihm in die Augen.
„Ja, Cathy. Ich möchte sicher sein, dass dir niemand anders etwas beibringt.“ Er erwiderte ihren Blick ohne eine Spur von Spott, Belustigung oder Mitleid. „Ich will dich, Cathy. Und nicht nur für kurze Zeit.“
„Hoffentlich enttäusche ich dich nicht.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich bin so unerfahren im Vergleich zu dir.“
„Cathy?“, fragte er scheinbar zusammenhangslos. „Wie ist es dir in den letzten zwei Wochen ergangen?“
Sie sah kurz zu ihm auf und barg dann das Gesicht an seiner Schulter. „Ich bin einsam und traurig gewesen“, gestand sie.
„So habe ich auch empfunden.“ Sanft berührte er ihre Wange und strich mit dem Daumen über die weiche Haut. „Und was die Erfahrung angeht … Es scheint dir in meinen Armen doch gut zu gefallen.“
Sie hob den Kopf und wurde rot.
Tom lächelte flüchtig. „Das ist ein gutes Zeichen, Cathy. Ich glaube nicht, dass wir auf diesem Gebiet Schwierigkeiten bekommen werden.“
Er sollte Recht behalten. Nach ihrer Hochzeit, die sehr schnell erfolgte, hatte er sie so sanft und rücksichtsvoll behandelt, dass nicht nur ihre Liebe zu ihm, sondern auch ihre Leidenschaft immer stärker geworden war. Mit der Zeit hatte sie gelernt, seinem Verlangen nicht nur nachzugeben, sondern bewusst darauf einzugehen.
Was war dann mit ihrer Ehe schief gelaufen? Nachdenklich blickte Cathy aus dem Fenster ihres Schlafzimmers zum fernen Mount Macedon. Hätte sie darauf bestehen sollen, weiter an der Schauspielschule zu bleiben? Hätte sie die Angebote für zwei weitere Werbefilme annehmen sollen? Doch sie hatte gewusst, dass Tom das nicht recht gewesen wäre. Es war ihr auch gar nicht schwer gefallen, ihren Beruf aufzugeben. Sie hatte das Gefühl gehabt, endlich eine Heimat gefunden zu haben.
Oder hätte sie vor der Hochzeit einmal ernsthaft darüber nachdenken sollen, warum Tom sie eigentlich heiraten wollte: weil er sie liebte oder weil er eine Frau brauchte?
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet. Tom blieb einen Moment im Rahmen stehen, trat dann ein, schloss sie hinter sich, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und sah Cathy aus seinen hellbraunen Augen nachdenklich an. Ohne Einleitung sagte er: „Warum willst du die Chloe spielen, Cathy?“
Weil ich dir beweisen will, dass ich eine erwachsene Frau bin, hätte sie am liebsten gesagt. Ich bin weder ein verwaistes Kind, das du beschützen musst, noch eine hirnlose, hübsche Puppe.
Doch sie hatte nicht den Mut, so offen mit ihm zu sprechen. Im entscheidenden Moment würden ihr doch die richtigen Worte fehlen, und er konnte manchmal fast grausam spöttisch sein.
„Kitty?“ So nannte er sie nur, wenn sie allein waren.
Sie blickte ihn abwartend an.
„Ich dachte, du seist glücklich hier. In letzter Zeit wirkst du allerdings oft … seltsam traurig.“
„Ich bin sehr gern hier, Tom. Wirklich. Du weißt, ich wollte eigentlich immer gern Schauspielerin werden. Du gehst zum Beispiel auch fort, wenn es für deine Arbeit notwendig ist, obwohl es dir hier gefällt.“
„Bist du verärgert, weil ich jetzt noch keine Kinder haben möchte?“
Sie wandte sich ab und spielte wieder mit dem Vorhang. „Nein. Ich finde auch, dass wir uns damit noch Zeit lassen sollten.“
„Hast du deine Meinung geändert?“, fragte er sanft. „Früher konntest du es doch kaum abwarten. Wenn es dir wirklich so wichtig ist …“ Er trat auf sie zu.
„Nein!“ Mit blitzenden Augen drehte sie sich zu ihm um. „Nicht, wenn du es nicht auch willst.“
Tom blieb mitten im Zimmer stehen. „Hör zu, Cathy“, sagte er verärgert. „Aus irgendeinem Grund scheint dir unser Zusammenleben nicht mehr zu gefallen, und du willst offensichtlich etwas ändern. Ich glaube jedoch nicht, dass es uns gut bekommen wird, wenn du die Rolle der Chloe übernimmst. Darum bin ich bereit, dir deinen anderen Herzenswunsch zu erfüllen. Verstehst du? Leider fangen wir in drei Wochen mit den Dreharbeiten an. Es bleibt uns also nicht mehr viel Zeit. Sollen wir gleich beginnen?“ Er warf einen Blick aufs Bett, ehe er Cathy herausfordernd von oben bis unten anschaute.
Sein Spott machte sie so wütend, dass sie ihre Angst vergaß. „Soll ich dir sagen, was mir an unserer Ehe missfällt? Dass du mich nicht an deinem Leben teilhaben lässt! Ich sitze hier und warte auf dich, während du deiner Arbeit nachgehst. Ich weiß nicht einmal, ob du nur zum Arbeiten wegfährst! Wenn deine Freunde dich hier besuchen, was nicht gerade oft vorkommt, redet ihr dauernd von Partys und Happenings …“
„Auf diesen Partys“, unterbrach Tom sie, „fallen oft die wichtigsten Entscheidungen. Das ist der Grund, warum ich sie besuche, Cathy. Meist ist es schrecklich öde dort. Ich glaube nicht, dass es dir gefallen würde.“
„Aber du …“
„Die Partys gehören zu meinem Beruf.“ Sein Blick wurde drohend. „Wirfst du mir etwa vor, dir untreu zu sein? Was glaubst du denn, weswegen ich von hier wegfahre?“
In der nun folgenden Stille hörte man draußen jemand Ball spielen. Cathy war blass geworden. Sie öffnete mehrmals den Mund, um zu antworten, bevor sie schließlich gequält hervorbrachte: „Ich weiß es nicht, Tom. Du bist so oft fort. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll.“
„Und ich hatte gehofft …“
„Dass du mich zu Hause einsperren kannst wie Aschenputtel? Hast du mich deswegen geheiratet? Wolltest du eine Frau, die jung, dankbar und verliebt genug ist, sich mit einem kleinen Teil deines Lebens abspeisen zu lassen? Die dein Haus für dich versorgt, während du ein freies Leben führst?“
Tom war ebenfalls blass geworden. „Glaubst du das wirklich von mir?“
„Ich weiß es nicht“, wiederholte sie leise. „Warum … warum willst du keine Kinder? Hast du Angst, sie könnten dich zu fest an mich binden?“
„Ich bin schon unwiderruflich an dich gebunden“, erwiderte er rau. „Verstehst du nicht, dass Kinder unser ganzes Leben verändern werden? Und dass ich damit noch etwas warten will?“
„Du kannst dich nicht gegen Veränderungen sträuben, Tom.“
Eine Weile sahen sie sich schweigend an. Schließlich sagte Cathy leise: „Unser Pflegesohn ist da.“
Tom fluchte, warf ihr einen letzten wütenden Blick zu, ging wortlos hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
Tom kam nicht wie gewohnt gegen acht Uhr zurück. Vermutlich war er nach dem Rugby noch in die Dorfkneipe gegangen. Es war das erste Mal seit ihrer Hochzeit, dass er sie nicht mitgenommen hatte. Cathy verzehrte ohne großen Appetit ihr Abendessen, stellte für Tom eine leichte Mahlzeit aus kaltem Braten und Salat auf den Tisch, bevor sie in den Garten hinausging. Es wurde bereits dunkel. Toms Großmutter hatte ihn angelegt. Die Luft war erfüllt vom Duft der Blumen, das Gras feucht vom Tau.
Als Cathy ins Haus zurückkehrte, saß Tom am Küchentisch und aß. Sie blieb an der Tür stehen und strich sich nervös über das Haar.
„Da bist du ja wieder.“
„Wo hast du gesteckt?“
„Im Garten. Es war ein wundervoller Tag. Wer weiß, wie oft wir noch so schönes Wetter haben.“
„Das kann man hier in Südaustralien wirklich nie wissen. Hast du schon gegessen?“
„Ja. Möchtest du eine Tasse Tee?“
„Gern.“ Schweigend aß er weiter, bis Cathy den Tee aufgebrüht hatte und Tassen und Untertassen auf den Tisch stellte. Jetzt sagte er: „Setz dich zu mir, Cathy. Ich muss morgen früh wegen meiner zweifelhaften Geschäfte wegfahren. Wir haben also nicht mehr viel Zeit, eine Frage zu klären. Möchtest du wirklich Chloe spielen?“
Sie rührte in ihrer Tasse, hob den Kopf und blickte Tom trotzig an. „Ja. Du traust es mir wohl nicht zu?“
„Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“ Er lehnte sich zurück und musterte sie mit ausdruckslosem Gesicht. „Dein Aussehen entspricht der Rolle. Du bist schön genug. Aber hübsche Mädchen gibt es wie Sand am Meer. Ob du das, was Peter sich unter Chloe vorstellt, vor der Kamera darstellen kannst, weiß ich nicht. Ich bin aus einem ganz anderen Grund dagegen. Es wird dir schwer fallen, unter meiner Anleitung zu arbeiten, Cathy. Besonders, wenn du mir nicht vertraust, was ja offensichtlich der Fall ist. Und alle anderen würden auf jede noch so kleine Spannung zwischen uns reagieren.“
„Ich habe nie gesagt, dass ich dir nicht vertraue …“
Er zuckte nur die Schultern.
Cathy schluckte und versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten.
Nach einer Weile erklärte er: „Die Zeit mit dir war für mich etwas ganz Besonderes, Cathy. Meinen Beruf – meine Kunst, wenn dir das nicht zu hochgestochen klingt – kann ich mit niemand teilen. Damit wirst du dich abfinden müssen. Aber die wundervolle, stille Zeit, die wir miteinander verbracht haben …“
„Du hast selbst gesagt, dass sich unser Leben ändern muss.“
„Aber doch nicht von Grund auf! Wir können doch immer noch hier leben und …“
„Hätte ich doch nur nichts gesagt!“ Sie sprang so heftig auf, dass sie ihren Stuhl umstieß, und lief aus der Küche.
Tom folgte ihr ins Schlafzimmer und schloss die Tür.
„Geh weg!“, flüsterte sie wild. „Du versuchst ja nicht einmal, mich zu verstehen! Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter, wo die Frauen das Eigentum des Mannes waren!“
„Sei nicht albern, Cathy.“ Spöttisch blickte er sie an. „Und du könntest wenigstens zugeben, dass du mir manchmal sehr gern gehörst.“ Er streckte die Hand nach ihr aus.
Hastig wich sie zurück. „Nein, Tom. Glaubst du wirklich, du könntest alle Probleme lösen, indem du mit mir schläfst?“
Er ließ die Hand sinken, und sein Blick wurde kühl. „Also gut“, erwiderte er. „Du sollst deinen Willen haben. Spiel die Rolle.“
„Erst will ich Probeaufnahmen machen. Die Leute sollen nicht sagen, dass du mir die Rolle verschafft hast und ich eigentlich ungeeignet bin. Duncan muss auch einverstanden sein.“
Tom und Cathy sahen sich schweigend an.
„Und wenn die Probeaufnahmen nichts taugen?“, fragte er schließlich.
„Dann … werde ich mir eine andere Aufgabe suchen.“
„Bist du sicher, dass du weiter bei mir bleiben willst?“
„Das hängt von dir ab“, erklärte sie kaum hörbar. Doch sie erwiderte seinen Blick voller Trotz.
„Ich verstehe. Du erklärst mir also den Krieg.“ Seine Miene war völlig ausdruckslos. „Wie du willst.“ Er ging zur Tür.
„Tom …“
Er drehte sich um und hob die Augenbrauen.
„Bitte geh nicht einfach fort.“
Er sah sie lange schweigend an: die langen, zerzausten blonden Locken, das blasse Gesicht, das blau-weiße Kleid und die blauen Schuhe mit den hohen Absätzen. Endlich meinte er sanft: „Die Entscheidung hast du getroffen. Du willst nicht mit mir schlafen, du willst kein Kind von mir, sondern du willst Chloe spielen. Belassen wir es dabei.“ Damit ging er hinaus und schloss hinter sich die Tür.
Cathy blieb eine Minute bewegungslos stehen. Dann sank sie aufs Bett, barg das Gesicht im Kopfkissen und weinte.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, war Tom bereits fort. Auf dem Tisch in der Halle fand sie eine Nachricht von ihm: Er wollte am nächsten Nachmittag zurückkommen.
Unter dem Blatt Papier lag ein Exemplar des Drehbuchs.
„Was meint ihr?“ In dem kleinen, dämmrigen Vorführraum sah Tom erst Duncan, dann Peter fragend an.
„Ich habe dir ja gleich gesagt …“, begann Peter.
Duncan drehte sich zu Cathy um. „Er hatte Recht, meine Liebe. Die Probeaufnahmen hinterlassen einen Eindruck, der einen nicht mehr loslässt. Der Gegensatz zwischen Ihnen und Brendas Darstellung der starken, erdverbundenen Portia könnte nicht deutlicher sein. Was meinst du, Tom?“
„Ich stimme dir zu“, erwiderte dieser kurz. „Damit ist alles geklärt. Seid ihr einverstanden, dass wir wie geplant mit den Dreharbeiten anfangen? Sind dir wirklich keine Änderungsvorschläge mehr eingefallen, Peter? Irgendwelche Umbesetzungen zum Beispiel?“
„Ich will doch nur, dass alles stimmt!“, rief Peter gekränkt.
„Natürlich. Wie käme ich dazu, etwas anderes zu behaupten! Also auf nach Queensland!“
„Queensland?“, wiederholte Cathy verblüfft.
„Ach, habe ich dir das nicht erzählt?“, antwortete Tom lässig. „Wir haben dort oben Filmstudios gemietet. In der Gegend zwischen Brisbane und der Goldküste. Wir werden die Außenaufnahmen im Tal des Coomera machen, die Stadtszenen in Brisbane und die Bilder von einsamen tropischen Inseln, auf die Peter so großen Wert legt, auf den Inseln vor der dortigen Küste. Du siehst überrascht aus, Cathy.“
„Wo werden wir wohnen?“
„In einem kleinen Ort namens Sanctuary Cove. Wir fliegen nächste Woche ab. Habt ihr sonst noch Fragen?“
Seit dem Tag, an dem Cathy ihm erklärt hatte, was ihr an ihrer Ehe nicht gefiel, konnte sie mit Tom nicht mehr offen reden. Sein Verhalten hatte sie verletzt und verwirrt. Sie fragte sich immer wieder, wieso ihr ein Mann, den sie liebte und mit dem sie seit zwei Jahren zusammenlebte, plötzlich so fremd werden konnte.
Auch Duncan schien bei dem anschließenden Mittagessen etwas auf dem Herzen zu haben, das er nicht aussprach. Nur Peter war so begeistert, dass er von den Spannungen nichts merkte.
Während der Rückfahrt von Melbourne schwiegen Cathy und Tom. Sie hätte viel darum gegeben, wenn er ihr irgendwie gezeigt hätte, dass alles wieder in Ordnung sei. Sie wäre schon froh gewesen, wenn er nur über den Film geredet hätte. Doch wann immer sie ihm einen Blick zuwarf, hatte sein Gesicht den gleichen verschlossenen Ausdruck. Sie wagte nicht, von sich aus das Schweigen zu brechen.
Es musste doch einen Weg geben, ihn zu verstehen, Zugang zu seinem Herzen zu finden! Je mehr sie darüber nachdachte, desto klarer wurde ihr, dass sie im Grunde nur wenig von ihm wusste. Vielleicht lag der Schlüssel zu seinem Verhalten in einem früheren Erlebnis.
Als Tom und Cathy nach der langen Fahrt endlich vor der Haustür anhielten, fühlte sie sich steif und verkrampft.
„Nimm doch ein Bad“, schlug Tom vor. „Ich mache uns Abendessen.“
„Ich habe kaum Hunger.“
„Du musst etwas essen.“ Er redete mit ihr genau wie mit William! Einen Moment funkelte sie ihn wütend an, bevor sie ihm wortlos den Rücken zudrehte.
Nach dem Baden fühlte sie sich etwas entspannter.
Das Wetter war umgeschlagen. Jetzt war es kalt und windig. Cathy zog einen rotgepunkteten weißen Pyjama und ihren Morgenrock aus rotem Samt an. Tom hatte im Kamin Feuer gemacht und den Tisch davor gedeckt. Es gab Spargelcremesuppe und Sandwiches mit Huhn.
Beim Essen fragte er: „Warst du schon einmal in Queensland?“
„Nein. Es könnte interessant werden.“
„Du scheinst nicht viel Gutes darüber gehört zu haben“, bemerkte er belustigt.
„Wie kommst du darauf?“
„Du siehst so wachsam aus.“
„Na ja …“ Sie zuckte die Schultern. „Es heißt, dass die Leute dort nichts tun als Bananen verbiegen.“
„Du meinst, sie nehmen das Leben nicht so ernst?“
„Genau.“
„Und gefällt dir das nicht?“
„Oh doch. In Maßen schon.“
„Ach so.“
„Jetzt siehst du wieder so wachsam wie eben aus.“
Kühl schaute sie ihn an. „Ich frage mich einfach, ob es eine gute Idee von dir war, dort zu drehen. Das ist alles.“
„Ich denke schon.“ Er stellte seinen Teller ab und lehnte sich in dem leinenbezogenen Sessel zurück.
Cathy stellte ihren Teller auch beiseite und stand auf, um ihnen Kaffee einzugießen. Als sie sich bückte, glänzte ihr Haar im flackernden Licht des Feuers. Der Großteil des gemütlichen Zimmers mit den hübschen Porzellanlampen und Vasen, dem Tisch aus Eichenholz und den Bücherregalen lag im Dunkel.
„Cathy?“
Sie richtete sich auf.
Tom sah ihr tief in die Augen. „Was soll aus uns werden, Cathy?“
„Ich habe dir gesagt, was ich mir wünsche. Seitdem behandelst du mich wie eine Fremde. Du schläfst sogar im anderen Zimmer.“ Bitter setzte sie hinzu: „Das finde ich sehr kindisch von dir.“
„Fehle ich dir etwa?“, fragte er leise.
„Ich möchte endlich wie eine Erwachsene behandelt werden. Warum benimmst du dich so? Ich verstehe dich nicht.“
Nach einer langen, spannungsgeladenen Pause entgegnete er: „Meine Antwort wird dir nicht gefallen, Cathy. Aber du bestehst ja darauf, wie ein vernünftiger Mensch behandelt zu werden. Und da du fest entschlossen bist, Chloe zu spielen, wirst du es ohnehin erfahren müssen. Setz dich.“
Irgendetwas an seinen ruhigen Worten ließ sie frösteln.
„Du hast mich einmal gefragt, warum ich dich geheiratet habe. Ich hatte mehrere Gründe. Einen habe ich dir damals erklärt, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Außerdem hatte ich ein schlechtes Gewissen – das hat sich übrigens auch nicht geändert“, ergänzte er trocken. „Aber vor allem dachte ich, dass du das genaue Gegenteil der einzigen anderen Frau bist, die ich jemals heiraten wollte.“
Cathy blickte ihn einen Moment hilflos an. Dann fragte sie mit einer ihr selbst fremd klingenden Stimme: „Hat sie dich abgewiesen?“
„Ja, das hat sie getan.“
„Warum? Hat sie dich nicht geliebt?“
„Was heißt schon Liebe? Vielleicht hatten wir zu unterschiedliche Vorstellungen davon. Jedenfalls war sie damit einverstanden, mit mir zusammenzuleben. Nur heiraten wollte sie mich nicht.“
Cathy runzelte verwirrt die Stirn. „Aber sie muss doch einen Grund gehabt haben!“
„Einen Grund?“ Tom blickte nachdenklich ins Feuer. „Sie hatte einen Grund. Und zwar ihren Beruf, den sie leidenschaftlich liebte und den sie nicht durch eine Ehe belasten wollte.“
„Was für einen Beruf?“
Er hob den Kopf und sah Cathy bitter in die Augen. „Sie ist Schauspielerin, meine Liebe. Genau, was du auch werden möchtest. Ist das nicht ein seltsamer Zufall?“
„Wer …“ Dann kam ihr ein schrecklicher Verdacht. „Doch nicht etwa …“
„Doch. Brenda Bishop.“
Cathy schloss die Augen. Sofort sah sie Bilder von Brenda Bishop vor sich. Sie kannte sie aus vielen Filmen, auch wenn sie ihr nie persönlich begegnet war. Brenda Bishop war eine bekannte Schauspielerin mit großen dunklen Augen, einer gertenschlanken Figur und einer unwiderstehlichen weiblichen Ausstrahlung. Sie musste jetzt Anfang dreißig sein, ein paar Jahre jünger als Tom.
Hatte Duncan deswegen so besorgt ausgesehen? Weil er über Brenda und Tom Bescheid wusste?
„Liebst du sie noch?“, wollte Cathy wissen, obwohl sie Angst hatte vor der Antwort. Was würde sie machen, wenn Tom mit einem klaren Ja antworten würde?
Tom ließ sich mit der Antwort viel Zeit. „Keine Ahnung, Cathy“, sagte er schließlich. „Ich weiß nur, dass ich sie manchmal hasse, sie verachte und ihr sogar Schlechtes wünsche. Auf jeden Fall hatte ich beschlossen, die Beziehung zu ihr abzubrechen und sie zu vergessen.“ Fest schaute er Cathy an. „Und daran habe ich mich auch gehalten. Seit unserer Hochzeit bin ich dir nicht ein einziges Mal untreu gewesen, weder mit ihr noch mit einer anderen Frau.“
Einen Augenblick lang wünschte Cathy sich, Tom hätte ihr nichts erzählt. Doch das war feige. Jetzt musste sie beweisen, dass sie wirklich erwachsen war. Sie holte tief Luft. „Warum drehst du dann einen Film mit ihr?“
Er lächelte freudlos. „Es war nicht meine Idee. Aber ich wusste, dass es früher oder später so kommen würde, wenn wir beide weiter in Australien arbeiten wollten.“ Ihre Blicke begegneten sich. „Bitte glaub mir, Cathy, ich gehöre zu dir. Das wird sich nicht ändern. Und ich werde dich nicht betrügen, egal was geschieht.“
Plötzlich traten ihr Tränen in die Augen. „Dafür sollte ich dir wohl dankbar sein. Und dafür, dass du so offen zu mir warst. Aber kannst du dir vorstellen, wie ich mich jetzt fühle?“
„Ja. Bitte sag es mir trotzdem.“
Doch sie fand keine Worte, sondern konnte ihn nur traurig, enttäuscht und hilflos anschauen.
„Oh verdammt!“ Tom sprang auf, zog sie aus ihrem Sessel und umarmte sie. Er wollte sie doch nur beschützen, so wie er es von Anfang an gewollt hatte.
Sie war zu verwirrt und betäubt, um zu protestieren. Und so merkwürdig es nach allem, was er ihr gesagt hatte, auch war: Seine vertraute Umarmung und die Berührung seiner Lippen auf ihrem Mund erweckten in ihr das alte Gefühl, geborgen und in Sicherheit zu sein.
Tom hob sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer. Dort zog er ihr den Morgenmantel und den Pyjama aus, legte Cathy aufs Bett und deckte sie zu wie ein Kind. Gleich darauf glitt er neben sie, nahm sie wieder in die Arme und begann die weiche, empfindsame Haut unter ihren Armen, auf ihren Hüften, ihrem Rücken und Nacken zu streicheln.
Allmählich entspannte sich Cathy. Sie genoss die sanfte Berührung auf ihrer Haut und die Erregung, die langsam von ihr Besitz ergriff und sich steigerte.
Sie schmiegte sich an ihn, um seinen schlanken, kräftigen Körper zu spüren. Doch zugleich mit dem Verlangen war ein anderes Gefühl in ihr erwacht, das ebenfalls immer stärker wurde: Ärger darüber, dass er sie so zärtlich streicheln konnte, obwohl er eine andere Frau liebte. Sie wünschte sich plötzlich, sie könnte aus seiner Erinnerung das Bild der anderen vertreiben, ihn zwingen, allein ihr zu gehören. Er sollte wenigstens einmal so verrückt nach ihr sein wie sie nach ihm.
„Cathy“, flüsterte er.
Sie schaute zu ihm auf, und ihr Blick schien ihm zu zeigen, was sie wollte. Einen Moment sah er sie forschend an, ehe er auf sie glitt und sie liebte.
Jetzt dachte Cathy nicht mehr nach. Sie folgte Toms Bewegungen, krallte ihre Fingernägel in seinen Rücken und presste ihre Brüste gegen seinen Körper. Tom barg das Gesicht an ihrem Hals und hielt sie fest, als verstünde er genau, was in ihr vorging. Dabei drang er tiefer in sie ein und bewegte sich immer schneller. Sie spürte, wie die Muskeln auf seinem Rücken sich unter ihren Händen spannten, hörte seinen stoßweisen Atem und fühlte sein Herz heftig schlagen, während er sie unablässig näher auf die Erfüllung zutrieb, die allein die schreckliche Spannung in ihrem Körper und ihrem Herzen lösen konnte.
Als der Höhepunkt kam, hatte sie das Gefühl, in einen tiefen Abgrund zu stürzen. Es war eine überwältigende Mischung aus Lust und Schmerz, die sie atemlos und bebend zurückließ. Noch nie hatte sie etwas Ähnliches erlebt.
Langsam beruhigte sich ihr Atem, und sie konnte wieder klar denken. Sofort fragte sie sich, wie es für Tom gewesen sein mochte. Sie öffnete die Augen und versuchte, sein Gesicht durch einen Schleier von Tränen zu erkennen. Erst jetzt merkte sie, dass sie geweint hatte. „Tom?“
Er blickte ernst auf sie herab und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. „Sprich jetzt nichts.“
„Aber …“
„Nein, Cathy. Entspann dich. Es wird dir bald besser gehen.“ Er rollte sich vorsichtig von ihr herab und nahm sie sofort wieder in die Arme. „Morgen wirst du dich allerdings etwas wund fühlen. Schlaf jetzt.“
„Wieso tut mein Kopf so weh?“
„Das gibt sich.“
„Ich möchte dir etwas sagen, Tom.“
„Das ist nicht nötig. Ich verstehe, was in dir vorgeht, Cathy. Es tut mir Leid.“
„Nein, hör mir zu.“ Sie entwand sich seiner Umarmung, setzte sich auf und zog die Decke bis über ihre Brüste. „Ich muss einfach wissen, ob … fandest du das eben schön oder schrecklich?“
„Schrecklich bestimmt nicht.“
Doch sie hatte das kurze Zögern vor seiner Antwort bemerkt. „Warum habe ich dann das Gefühl, du müsstest mich jetzt verachten?“, sagte sie mehr zu sich selbst.
„Das ist Unsinn“, erwiderte er sanft, aber bestimmt. „Das ist wirklich Unsinn.“
Sie sah ihn an. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und wirkte genau wie immer. Sein Atem ging jetzt wieder gleichmäßig. Den Ausdruck in seinen Augen konnte sie nicht deuten. Plötzlich erschien er ihr so meilenweit entfernt, als lägen noch immer Welten zwischen ihnen, genau wie bei ihrer ersten Begegnung.
Müde schloss sie die Augen. Tom streckte eine Hand nach ihr aus, fasste sie am Handgelenk, zog sie sanft zu sich herab und umarmte sie.
Sie war so erschöpft, dass sie still in seinen Armen liegen blieb. Bald danach schlief sie ein.
Am nächsten Morgen erwachte Cathy und stellte fest, dass sie allein war. Ihre Kopfschmerzen waren verschwunden, und ihr Körper fühlte sich warm und träge an. Draußen war es düster und regnerisch. Sie beschloss, nicht sofort aufzustehen, sondern im Bett zu bleiben und nachzudenken.
Doch dazu kam sie nicht. Tom stieß die Tür auf und kam mit einem Tablett ins Zimmer. Als Cathy seinem Blick begegnete, wurde sie rot und senkte den Kopf.
„Kein Grund, verlegen zu sein“, erklärte er belustigt. „Es ist doch ein gutes Zeichen, dass wir uns nach zwei Jahren Ehe immer noch gegenseitig überraschen können.“
Ihre Verlegenheit verschwand schlagartig. „Hat dich unsere Ehe so gelangweilt?“, fragte sie bissig. „Das tut mir Leid. Vielleicht liegt es daran, dass du nie mit dem Herzen bei der Sache warst?“
„So habe ich es nicht gemeint, Cathy. Und jetzt setz dich erst einmal auf und frühstücke, statt wie ein wütendes Kätzchen über mich herzufallen.“
„Ich habe allen Grund, auf dich wütend zu sein!“
„Das stimmt“, erwiderte er kurz. Dann streckte er eine Hand aus und zog ihr die Bettdecke weg.
Cathy schnappte nach Luft und setzte sich hastig auf. Tom hatte sie zu Beginn ihrer Ehe manchmal seine „kleine Klosterschülerin“ genannt. In den letzten beiden Jahren hatte sie zwar viele Hemmungen verloren, doch dass er sie in diesem Moment nackt sehen wollte, empfand sie als Beleidigung. „Gib her!“, rief sie hitzig und griff nach der Bettdecke.
Tom fasste sie an den Handgelenken und hielt sie mühelos fest, während er ihren Oberkörper mit den Blicken nach Spuren der letzten Nacht absuchte. Er betrachtete gelassen ihre samtweichen Brüste mit den blassrosa Knospen und ihren schlanken Hals. Als er mit einem Finger eine wunde Stelle berührte, zuckte sie zusammen. Erst jetzt merkte sie, dass ihre Brüste sich empfindlich und wund anfühlten.
Tom fasste sie unters Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich herum. „Woran denkst du?“
Sie versuchte gar nicht, ihre Missstimmung zu verbergen. „Kann ich meinen Morgenmantel haben?“
Er zögerte einen Moment, ehe er ihn ihr reichte. Cathy zog ihn über, schüttelte ihr Kissen auf und lehnte sich dagegen. Tom legte ihr sein Kopfkissen auf die Knie und stellte das Tablett darauf mit dem Orangensaft, Toast und einem gekochten Ei.
Cathy betrachtete die Sachen voller Widerwillen. Sie hatte keinen Appetit.
Tom drückte ihr das Glas Orangensaft in die Hand. „Hier, Cathy, trink. Wie geht es deinem Kopf?“
„Gut“, erwiderte sie kühl. Warum musste er sie denn wieder daran erinnern! Einen Moment lang verspürte sie den kindischen Wunsch, ihm den Orangensaft ins Gesicht zu schütten. Stattdessen trank sie gehorsam einen Schluck. Danach fragte sie: „Kannst du mir erklären, warum ich gestern solche Kopfschmerzen hatte? Du mit deiner großen Erfahrung müsstest das eigentlich wissen.“
Er lächelte flüchtig. „Eine medizinische Erklärung kann ich dir auch nicht geben. Wahrscheinlich lag es daran, dass wir … uns mit solcher Hingabe liebten.“
„Dir hat es offenbar nicht geschadet.“ Sie leerte das Glas und stellte es aufs Tablett zurück.
„Ich bin wohl doch etwas zäher als du.“ Er reichte ihr den Eierlöffel.
Cathy verpasste dem Ei einen kräftigen Schlag mit dem Löffel. Daraufhin warf sie ihn beiseite und hielt sich die Hand vor die Augen. „Bitte geh weg, Tom“, flüsterte sie. „Und nimm das Frühstück wieder mit. Ich weiß nicht, ob ich nur weinen oder lieber gleich sterben möchte, aber ganz bestimmt möchte ich allein sein.“
„Nein, Cathy. Du musst jetzt etwas essen. Anschließend können wir über alles reden.“ Bevor sie widersprechen konnte, fuhr er fort: „Gestern Abend hast du verlangt, dass ich dich wie eine Erwachsene behandeln soll. Also benimm dich jetzt entsprechend. Ich hole dir Kaffee.“ Er stand auf und ging hinaus.
Sie sah ihm nach und zwang sich dann, das Ei und den Toast aufzuessen. Anschließend schob sie das Tablett schnell zur Seite und wartete.
Tom kam wieder ins Zimmer. Wortlos nahm er Cathy das Tablett ab, stellte es auf einen Tisch, reichte ihr eine Tasse Kaffee und zog sich einen Stuhl ans Bett. Obwohl es ein sehr kühler Morgen war, trug er nur seine Schlafanzughose und einen alten Bademantel, der halb offen war. Cathy hatte schon oft bemerkt, dass ihm schlechtes Wetter nichts anhaben konnte.
Verstohlen beobachtete sie ihn jetzt über den Rand ihrer Tasse hinweg. Ihr Mut sank. Wie sollte sie es jemals schaffen, ihn zu erreichen! Sie trank den Kaffee aus, seufzte und ließ sich niedergeschlagen tiefer in die Kissen sinken.
Tom nahm ihr die Tasse ab. „Cathy?“
„Ja, Tom? Kannst du mir erklären, wie wir dieses Durcheinander jemals aufräumen sollen?“
„Sag mir zunächst, ob du irgendeinen Entschluss gefasst hast.“
Sie lachte leise und traurig. „Nein.“
„Du möchtest mich nicht zum Beispiel verlassen?“
„Das klingt, als sei es der abwegigste Gedanke der Welt.“
„Wo würdest du denn hingehen?“
Sie zuckte die Schultern. „Vielleicht zurück nach Melbourne. Ich habe auch vor unserer Hochzeit allein gelebt. Warum soll ich das nicht wieder können?“
„Möchtest du es?“
Sie dachte an die Zeit zurück, in der sie Tom noch nicht gekannt hatte. „Nein. Noch nicht.“ Unvermittelt setzte sie sich auf. „Warum redest du mit mir, als sei ich an allem schuld?“
Er strich sich nachdenklich über die unrasierte Wange. „Du irrst dich. Nur hätte ich diese Probleme gern von dir fern gehalten. Es ist unfair, dass du unter meinen Fehlern leiden sollst. Bitte glaub mir, Cathy, zwischen mir und Brenda ist alles vorbei. Ich habe gar nicht den Wunsch, mich wieder mit ihr einzulassen.“
Cathy wollte etwas einwerfen.
„Nein, warte noch. Ich weiß, was du sagen möchtest. Für dich ist es natürlich trotzdem schwer, mit dem Wissen, was zwischen ihr und mir war, zu leben. Aber zumindest musst du keine Angst haben, dass sie sich zwischen uns drängen könnte. Meine Gefühle für dich haben nichts mit dem zu tun, was ich für Brenda empfunden habe.“
„Dann … denkst du nicht an sie, wenn du mit mir schläfst?“
„Nein!“ Er sah Cathy mitfühlend an. „Hast du das wirklich von mir geglaubt?“
„Ich weiß nicht“, flüsterte sie. „Kann man denn eine Frau, die man einmal geliebt hat, einfach vergessen?“
Tom sah Cathy lange an. „Das kann ich dir nicht beantworten. Natürlich hat Brenda Einfluss auf mein Verhältnis zu dir. Die Trennung von ihr hat mich misstrauisch und verschlossen gemacht. Allerdings war sie nicht allein schuld, dass unsere Beziehung gescheitert ist.“
Tom schwieg kurz, ehe er fortfuhr: „Ich bin schon immer ein Einzelgänger gewesen. Brenda hat mir einmal vorgeworfen, dass ich von ihr völlige Hingabe verlange, aber nicht bereit sei, ebenso viel zu geben. Wenn das wahr ist, dann lag die Schuld vor allem bei mir. Leider hilft mir diese Erkenntnis nicht weiter. Aber wenn du dir vorstellen kannst, mit einem Mann wie mir zusammenzuleben. – trotz allem, was du jetzt über mich weißt –, könnten wir versuchen, noch einmal neu anzufangen.“
Cathy spielte schweigend mit der Bettdecke. Endlich hob sie den Kopf, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und sagte mit belegter Stimme: „Du bist sehr ehrlich zu mir gewesen, Tom, und darum möchte ich es auch zu dir sein. Ich weiß nicht, wie dieses neue Leben aussehen soll.“
„Nun, ich gebe zu, dass ich jetzt nicht von dir verlangen kann, wie vorher weiterzumachen. Wenn du gern als Schauspielerin arbeiten willst, werde ich dir dabei helfen. Mit der Rolle der Chloe könntest du dabei einen großen Schritt vorwärts tun.“ Er stand auf und ging zur Kommode, um Cathy ein Taschentuch zu holen.
„Ich hätte mir keinen unpassenderen Anfang aussuchen können, nicht wahr?“ Sie putzte sich die Nase. „Ist es jetzt zu spät, noch auszusteigen?“
Tom setzte sich wieder. „Nein. Aber du hast gesagt, du könntest eine neue Aufgabe gebrauchen. Vielleicht täte die Herausforderung uns beiden gut.“
„Zumindest wirst du reichlich Gelegenheit haben, mich mit Brenda zu vergleichen.“
„Das habe ich nicht vor.“
Sie lehnte den Kopf gegen die Kissen. „Ich fühle mich so hilflos.“
„Mir geht es nicht anders.“
Cathy sah ihn verblüfft an.
„Ich habe mich immer schuldig gefühlt, weil ich dich dazu verleitet habe, dich in mich zu verlieben und mich zu heiraten. Darum war es mein größter Wunsch, dir niemals weh zu tun. Und jetzt stellt sich heraus, dass es dich vermutlich weniger verletzt hätte, wenn ich von Anfang an offen zu dir gewesen wäre … Aber wie dem auch sei, ich wäre sehr froh, wenn du weiterhin bei mir bleibst, Cathy. Denn du bedeutest mir mehr als jeder andere Mensch. Um das zu beweisen, bin ich auch bereit, dich aus deiner Aschenputtelrolle zu entlassen.“
Nach einer Pause fuhr er fort: „Trotzdem wird es uns nicht leicht fallen, einen Film zusammen zu drehen. Das wäre selbst dann schwierig, wenn alles zwischen uns in Ordnung wäre.“
Ihre Antwort überraschte sie selbst. „Das macht mir keine Sorgen. Ich wünschte, ich wäre genauso zuversichtlich, was unsere Ehe betrifft.“ Leise setzte sie hinzu: „Aber letzten Endes ist es ja nicht deine Schuld, dass ich dich mehr liebe als du mich. Ich glaube, ich … ich brauche einfach etwas Zeit zum Nachdenken, bevor ich wirklich weiß, was ich will.“
„Wenn wir den Film zusammen machen wollen, bleibt uns nicht viel Zeit“, erinnerte er sie ruhig. „Du kannst dich schließlich nicht von mir trennen und trotzdem Chloe spielen. Übrigens, was letzte Nacht betrifft …“
Cathy verbarg das Gesicht in den Händen. „Bitte lass uns nicht davon sprechen. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist!“
„Ich glaube, du warst einfach wütend auf mich, weil ich dich so verletzt hatte, und hast es mir auf diese Art gezeigt.“
„Nein … na ja, vielleicht auch. Vor allem wollte ich wohl Brendas Gespenst vertreiben.“
„Mich hat daran nur gestört, dass ich dich in meine Kämpfe mit mir selbst hineingezogen habe.“ Er ergriff ihre Hand. „Wirst du mir erlauben, etwas davon wieder gutzumachen, Cathy?“
Sie sah ihn mit Tränen in den Augen an. „Muss ich das jetzt entscheiden?“
„Du … verdammt.“ Er versuchte, sie zu umarmen, doch sie versteifte sich.
„Nein, Tom. Bitte lass mir Zeit, mich an die neue Lage zu gewöhnen. Wenn du wirklich willst, dass wir weiterhin zusammenbleiben, bin ich einverstanden. Ich wüsste ohnehin nicht, was ich sonst tun soll. Allerdings werde ich bestimmt manchmal verletzt und wütend sein und meinen Entschluss, bei dir zu bleiben, bereuen. Ich will versuchen, die Dreharbeiten dadurch nicht zu belasten. Aber ich … ich kann mich jetzt nicht von dir lieben lassen!“
Tom betrachtete lange Zeit ihr Gesicht, das ihren Schmerz widerspiegelte. Jetzt strich er ihr sanft mit einem Finger über die Lippen. „Das kann ich verstehen. Ich hatte auch gar nicht vor, dich zu lieben. Ich wollte dich ganz einfach trösten. Vielleicht wäre es am besten, wenn wir uns eine Weile wieder wie ein ganz normales Ehepaar benehmen würden.“
„Wünschst du dir das wirklich?“, fragte sie rasch. „Eine normale, alltägliche Ehe ohne Höhen und Tiefen?“
Diesmal zog er sie auf seinen Schoß, ohne auf ihren Protest zu achten. Und während sie vor Kummer und Enttäuschung weinte, wunderte sie sich zugleich darüber, dass sie sich ausgerechnet von ihm trösten ließ.
Endlich behauptete Cathy mit unsicherer Stimme: „Jetzt geht es mir wieder gut.“ Das war gelogen, und Toms Gesichtsausdruck bewies, dass er es wusste. Doch mehr konnte er jetzt nicht für sie tun. Sie versuchte zu lächeln. „Es wird Zeit, praktisch zu denken. Ich weiß noch gar nichts über unsere Reise nach Queensland. Bestimmt musst du noch tausend Sachen erledigen. Ich womöglich auch!“ Sie richtete sich stirnrunzelnd auf.
Tom zog sie noch einmal an sich, küsste sie zärtlich auf den Mund und drückte sie dann wieder sanft aufs Bett. „Da hast du Recht. Etwa acht Wochen bleiben wir weg. Heute Vormittag kommt die Schneiderin, um in Windeseile für deine Kostüme Maß zu nehmen. Sie wird jedoch erst in zwei Stunden hier sein. Also ruh dich noch ein wenig aus.“
Cathy lehnte sich gehorsam zurück und sah zu, wie Tom seinen Morgenmantel auszog und im Badezimmer verschwand, um zu duschen. Kurz darauf hörte sie nebenan Wasser rauschen. Sie fühlte sich eigenartig leer.