Traumnovelle - Arthur Schnitzler - E-Book

Traumnovelle E-Book

Arthur Schnitzler

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Beschreibung

Die Geschichte einer Ehe, die aufgrund erotischer Träume auf die Probe gestellt wird: Der Arzt Fridolin und seine Frau Albertine sind ein scheinbar glückliches junges Ehepaar, doch auf einmal kommen ungestillte Wünsche und Bedürfnisse ans Tageslicht. Ein geheimnisvoller Maskenball, auf dem sich Fridolin hineinschummelt, um seine erotischen Phantasien auszuleben, und ein verstörender Traum Albertines, in dem sie ihn betrügt, bringen die zwei fast auseinander...-

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Arthur Schnitzler

Traumnovelle

 

Saga

TraumnovelleCoverbild / Illustration: Shutterstock Copyright © 1926, 2020 Arthur Schnitzler und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726539318

 

1. Ebook-Auflage, 2020

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

 

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

I

Vierundzwanzig braune Sklaven ruderten die prächtige Galeere, die den Prinzen Amgiad zu dem Palast des Kalifen bringen sollte. Der Prinz aber, in seinen Purpurmantel gehüllt, lag allein auf dem Verdeck unter dem dunkelblauen, sternbesäten Nachthimmel, und sein Blick —”

Bis hierher hatte die Kleine laut gelesen; jetzt, beinahe plötzlich, fielen ihr die Augen zu. Die Eltern sahen einander lächelnd an, Fridolin beugte sich zu ihr nieder, küsste sie auf das blonde Haar und klappte das Buch zu, das auf dem noch nicht abgeräumten Tische lag. Das Kind sah auf wie ertappt.

„Neun Uhr,” sagte der Vater, „es ist Zeit schlafen zu gehen.” Und da sich nun auch Albertine zu dem Kind herabgebeugt hatte, trafen sich die Hände der Eltern auf der geliebten Stirn, und mit zärtlichem Lächeln, das nun nicht mehr dem Kinde allein galt, begegneten sich ihre Blicke. Das Fräulein trat ein, mahnte die Kleine, den Eltern gute Nacht zu sagen; gehorsam erhob sie sich, reichte Vater und Mutter die Lippen zum Kuss und liess sich von dem Fräulein ruhig aus dem Zimmer führen. Fridolin und Albertine aber, nun allein geblieben unter dem rötlichen Schein der Hängelampe, hatten es mit einemmal eilig, ihre vor dem Abendessen begonnene Unterhaltung über die Erlebnisse auf der gestrigen Redoute wiederaufzunehmen.

Es war in diesem Jahre ihr erstes Ballfest gewesen, an dem sie gerade noch vor Karnevalschluss teilzunehmen sich entschlossen hatten. Was Fridolin betraf, so war er gleich beim Eintritt in den Saal wie ein mit Ungeduld erwarteter Freund von zwei roten Dominos begrüsst worden, über deren Person er sich nicht klar zu werden vermochte, obzwar sie über allerlei Geschichten aus seiner Studentenund Spitalzeit auffallend genauen Bescheid wussten. Aus der Loge, in die sie ihn mit verheissungsvoller Freundlichkeit geladen, hatten sie sich mit dem Versprechen entfernt, sehr bald, und zwar unmaskiert, zurückzukommen, waren aber so lange fortgeblieben, dass er, ungeduldig geworden, vorzog, sich ins Parterre zu begeben, wo er den beiden fragwürdigen Erscheinungen wieder zu begegnen hoffte. So angestrengt er auch umherspähte, nirgends vermochte er sie zu erblicken; statt ihrer aber hing sich unversehens ein anderes weibliches Wesen in seinen Arm: seine Gattin, die sich eben jäh einem Unbekannten entzogen, dessen melancholisch-blasiertes Wesen und fremdländischer, anscheinend polnischer Akzent sie anfangs bestrickt, der sie aber plötzlich durch ein unerwartet hingeworfenes, hässlich-freches Wort verletzt, ja erschreckt hatte. Und so sassen Mann und Frau, im Grunde froh, einem enttäuschend banalen Maskenspiel entronnen zu sein, bald wie zwei Liebende, unter andern verliebten Paaren, im Büfettraum bei Austern und Champagner, plauderten sich vergnügt, als hätten sie eben erst Bekanntschaft miteinander geschlossen, in eine Komödie der Galanterie, des Widerstandes, der Verführung und des Gewährens hinein; und nach einer raschen Wagenfahrt durch die weisse Winternacht sanken sie einander daheim zu einem schon lange Zeit nicht mehr so heiss erlebten Liebesglück in die Arme. Ein grauer Morgen weckte sie allzubald. Den Gatten forderte sein Beruf schon in früher Stunde an die Betten seiner Kranken; Hausfrau- und Mutterpflichten liessen Albertine kaum länger ruhen. So waren die Stunden nüchtern und vorbestimmt in Alltagspflicht und Arbeit hingegangen, die vergangene Nacht, Anfang wie Ende, war verblasst; und jetzt erst, da beider Tagewerk vollendet, das Kind schlafen gegangen und von nirgendher eine Störung zu gewärtigen war, stiegen die Schattengestalten von der Redoute, der melancholische Unbekannte und die roten Dominos, wieder zur Wirklichkeit empor; und jene unbeträchtlichen Erlebnisse waren mit einemmal vom trügerischen Scheine versäumter Möglichkeiten zauberhaft und schmerzlich umflossen. Harmlose und doch lauernde Fragen, verschmitzte, doppeldeutige Antworten wechselten hin und her; keinem von beiden entging, dass der andere es an der letzten Aufrichtigkeit fehlen liess, und so fühlten sich beide zu gelinder Rache aufgelegt. Sie übertrieben das Mass der Anziehung, das von ihren unbekannten Redoutenpartnern auf sie ausgestrahlt hätte, spotteten der eifersüchtigen Regungen, die der andere merken liess, und leugneten ihre eigenen weg. Doch aus dem leichten Geplauder über die nichtigen Abenteuer der verflossenen Nacht gerieten sie in ein ernsteres Gespräch über jene verborgenen, kaum geahnten Wünsche, die auch in die klarste und reinste Seele trübe und gefährliche Wirbel zu reissen vermögen, und sie redeten von den geheimen Bezirken, nach denen sie kaum Sehnsucht verspürten und wohin der unfassbare Wind des Schicksals sie doch einmal, und wär’s auch nur im Traum, verschlagen könnte. Denn so völlig sie einander in Gefühl und Sinnen angehörten, sie wussten, dass gestern nicht zum erstenmal ein Hauch von Abenteuer, Freiheit und Gefahr sie angerührt; bang, selbstquälerisch, in unlauterer Neugier versuchten sie eines aus dem andern Geständnisse hervorzulocken und, ängstlich näher zusammenrückend, forschte jedes in sich nach irgendeiner Tatsache, so gleichgültig, nach einem Erlebnis, so nichtig es sein mochte, das für das Unsagbare als Ausdruck gelten, und dessen aufrichtige Beichte sie vielleicht von einer Spannung und einem Misstrauen befreien könnte, das allmählich unerträglich zu werden anfing. Albertine, ob sie nun die Ungeduldigere, die Ehrlichere oder die Gütigere von den beiden war, fand zuerst den Mut zu einer offenen Mitteilung; und mit etwas schwankender Stimme fragte sie Fridolin, ob er sich des jungen Mannes erinnere, der im letztverflossenen Sommer am dänischen Strand eines Abends mit zwei Offizieren am benachbarten Tisch gesessen, während des Abendessens ein Telegramm erhalten und sich daraufhin eilig von seinen Freunden verabschiedet hatte.

Fridolin nickte. „Was war’s mit dem?” fragte er.

„Ich hatte ihn schon des Morgens gesehen,” erwiderte Albertine, „als er eben mit seiner gelben Handtasche eilig die Hoteltreppe hinanstieg. Er hatte mich flüchtig gemustert, aber erst ein paar Stufen höher blieb er stehen, wandte sich nach mir um, und unsere Blicke mussten sich begegnen. Er lächelte nicht, ja, eher schien mir, dass sein Antlitz sich verdüsterte, und mir erging es wohl ähnlich, denn ich war bewegt wie noch nie. Den ganzen Tag lag ich traumverloren am Strand. Wenn er mich riefe — so meinte ich zu wissen —, ich hätte nicht widerstehen können. Zu allem glaubte ich mich bereit; dich, das Kind, meine Zukunft hinzugeben, glaubte ich mich so gut wie entschlossen, und zugleich — wirst du es verstehen? — warst du mir teurer als je. Gerade an diesem Nachmittag, du musst dich noch erinnern, fügte es sich, dass wir so vertraut über tausend Dinge, auch über unsere gemeinsame Zukunft, auch über das Kind plauderten, wie schon seit lange nicht mehr. Bei Sonnenuntergang sassen wir auf dem Balkon, du und ich, da ging er vorüber unten am Strand, ohne aufzublicken, und ich war beglückt, ihn zu sehen. Dir aber strich ich über die Stirne und küsste dich aufs Haar, und in meiner Liebe zu dir war zugleich viel schmerzliches Mitleid. Am Abend war ich sehr schön, du hast es mir selber gesagt, und trug eine weisse Rose im Gürtel. Es war vielleicht kein Zufall, dass der Fremde mit seinen Freunden in unserer Nähe sass. Er blickte nicht zu mir her, ich aber spielte mit dem Gedanken, aufzustehen, an seinen Tisch zu treten und ihm zu sagen: Da bin ich, mein Erwarteter, mein Geliebter, — nimm mich hin. In diesem Augenblick brachte man ihm das Telegramm, er las, erblasste, flüsterte dem jüngeren der beiden Offiziere einige Worte zu, und mit einem rätselhaften Blick mich streifend, verliess er den Saal.”

„Und?” fragte Fridolin trocken, als sie schwieg.

„Nichts weiter. Ich weiss nur, dass ich am nächsten Morgen mit einer gewissen Bangigkeit erwachte. Wovor mir mehr bangte — ob davor, dass er abgereist, oder davor, dass er noch da sein könnte —, das weiss ich nicht, das habe ich auch damals nicht gewusst. Doch als er auch mittags verschwunden blieb, atmete ich auf. Frage mich nicht weiter, Fridolin, ich habe dir die ganze Wahrheit gesagt. — Und auch du hast an jenem Strand irgend etwas erlebt, — ich weiss es.”

Fridolin erhob sich, ging ein paarmal im Zimmer auf und ab, dann sagte er: „Du hast recht.” Er stand am Fenster, das Antlitz im Dunkel. „Des Morgens,” begann er mit verschleierter, etwas feindseliger Stimme, „manchmal sehr früh noch, ehe du aufgestanden warst, pflegte ich längs des Ufers dahinzuwandern, über den Ort hinaus; und, so früh es war, immer lag schon die Sonne hell und stark über dem Meer. Da draussen am Strand gab es kleine Landhäuser, wie du weisst, die, jedes, dastanden, eine kleine Welt für sich, manche mit umplankten Gärten, manche auch nur von Wald umgeben, und die Badehütten waren von den Häusern durch die Landstrasse und ein Stück Strand getrennt. Kaum dass ich je in so früher Stunde Menschen begegnete; und Badende waren überhaupt niemals zu sehen. Eines Morgens aber wurde ich ganz plötzlich einer weiblichen Gestalt gewahr, die, eben noch unsichtbar gewesen, auf der schmalen Terrasse einer in den Sand gepfählten Badehütte, einen Fuss vor den andern setzend, die Arme nach rückwärts an die Holzwand gespreitet, sich vorsichtig weiterbewegte. Es war ein ganz junges, vielleicht fünfzehnjähriges Mädchen mit aufgelöstem blonden Haar, das über die Schultern und auf der einen Seite über die zarte Brust herabfloss. Das Mädchen sah vor sich hin, ins Wasser hinab, langsam glitt es längs der Wand weiter, mit gesenktem Auge nach der andern Ecke hin, und plötzlich stand es mir gerade gegenüber; mit den Armen griff sie weit hinter sich, als wollte sie sich fester anklammern, sah auf und erblickte mich plötzlich. Ein Zittern ging durch ihren Leib, als müsste sie sinken oder fliehen. Doch da sie auf dem schmalen Brett sich doch nur ganz langsam hätte weiterbewegen können, entschloss sie sich innezuhalten, — und stand nun da, zuerst mit einem erschrockenen, dann mit einem zornigen, endlich mit einem verlegenen Gesicht. Mit einemmal aber lächelte sie, lächelte wunderbar; es war ein Grüssen, ja ein Winken in ihren Augen, — und zugleich ein leiser Spott, mit dem sie ganz flüchtig zu ihren Füssen das Wasser streifte, das mich von ihr trennte. Dann reckte sie den jungen schlanken Körper hoch, wie ihrer Schönheit froh, und, wie leicht zu merken war, durch den Glanz meines Blicks, den sie auf sich fühlte, stolz und süss erregt. So standen wir uns gegenüber, vielleicht zehn Sekunden lang, mit halboffenen Lippen und flimmernden Augen. Unwillkürlich breitete ich meine Arme nach ihr aus, Hingebung und Freude war in ihrem Blick. Mit einemmal aber schüttelte sie heftig den Kopf, löste einen Arm von der Wand, deutete gebieterisch, ich solle mich entfernen; und als ich es nicht gleich über mich brachte zu gehorchen, kam ein solches Bitten, ein solches Flehen in ihre Kinderaugen, dass mir nichts anderes übrigblieb, als mich abzuwenden. So rasch als möglich setzte ich meinen Weg wieder fort; ich sah mich kein einziges Mal nach ihr um, nicht eigentlich aus Rücksicht, aus Gehorsam, aus Ritterlichkeit, sondern darum, weil ich unter ihrem letzten Blick eine solche, über alles je Erlebte hinausgehende Bewegung verspürt hatte, dass ich mich einer Ohnmacht nah fühlte.” Und er schwieg.

„Und wie oft,” fragte Albertine, vor sich hinsehend und ohne jede Betonung, „bist du nachher noch denselben Weg gegangen?”

„Was ich dir erzählt habe,” erwiderte Fridolin, „ereignete sich zufällig am letzten Tag unseres Aufenthalts in Dänemark. Auch ich weiss nicht, was unter anderen Umständen geworden wäre. Frag’ auch du nicht weiter, Albertine.”

Er stand immer noch am Fenster, unbeweglich. Albertine erhob sich, trat auf ihn zu, ihr Auge war feucht und dunkel, leicht gerunzelt die Stirn. „Wir wollen einander solche Dinge künftighin immer gleich erzählen,” sagte sie.

Er nickte stumm.

„Versprich’s mir.”

Er zog sie an sich. „Weisst du das nicht?” fragte er; aber seine Stimme klang immer noch hart.

Sie nahm seine Hände, streichelte sie und sah zu ihm auf mit umflorten Augen, auf deren Grund er ihre Gedanken zu lesen vermochte. Jetzt dachte sie seiner andern, wirklicheren, dachte seiner Jünglingserlebnisse, in deren manche sie eingeweiht war, da er, ihrer eifersüchtigen Neugier allzu willig nachgebend, ihr in den ersten Ehejahren manches verraten, ja, wie ihm oftmals scheinen wollte, preisgegeben, was er lieber für sich hätte behalten sollen. In dieser Stunde, er wusste es, drängte manche Erinnerung sich ihr mit Notwendigkeit auf, und er wunderte sich kaum, als sie, wie aus einem Traum, den halbvergessenen Namen einer seiner Jugendgeliebten aussprach. Doch wie ein Vorwurf, ja wie eine leise Drohung klang er ihm entgegen.

Er zog ihre Hände an seine Lippen.

„In jedem Wesen — glaub’ es mir, wenn es auch wohlfeil klingen mag, — in jedem Wesen, das ich zu lieben meinte, habe ich immer nur dich gesucht. Das weiss ich besser, als du es verstehen kannst, Albertine.”

Sie lächelte trüb. „Und wenn es auch mir beliebt hätte, zuerst auf die Suche zu gehen?” sagte sie. Ihr Blick veränderte sich, wurde kühl und undurchdringlich. Er liess ihre Hände aus den seinen gleiten, als hätte er sie auf einer Unwahrheit, auf einem Verrat ertappt; sie aber sagte: „Ach, wenn ihr wüsstet,” und wieder schwieg sie.

„Wenn wir wüssten —? Was willst du damit sagen?”

Mit seltsamer Härte erwiderte sie: „Ungefähr, was du dir denkst, mein Lieber.”

„Albertine — so gibt es etwas, was du mir verschwiegen hast?”

Sie nickte und blickte mit einem sonderbaren Lächeln vor sich hin.

Unfassbare, unsinnige Zweifel wachten in ihm auf.

„Ich verstehe nicht recht,” sagte er. „Du warst kaum siebzehn, als wir uns verlobten.”

„Sechzehn vorbei, ja, Fridolin. Und doch —” sie sah ihm hell in die Augen — „lag es nicht an mir, dass ich noch jungfräulich deine Gattin wurde.”

„Albertine —!”

Und sie erzählte:

„Es war am Wörthersee, ganz kurz vor unserer Verlobung, Fridolin, da stand an einem schönen Sommerabend ein sehr hübscher junger Mensch an meinem Fenster, das auf die grosse, weite Wiese hinaussah, wir plauderten miteinander, und ich dachte im Laufe dieser Unterhaltung, ja höre nur, was ich dachte: Was ist das doch für ein lieber, entzückender, junger Mensch, — er müsste jetzt nur ein Wort sprechen, freilich, das richtige müsste es sein, so käme ich zu ihm hinaus auf die Wiese und spazierte mit ihm, wohin es ihm beliebte, — in den Wald vielleicht; — oder schöner noch wäre es, wir führen im Kahn zusammen in den See hinaus — und er könnte von mir in dieser Nacht alles haben, was er nur verlangte. Ja, das dachte ich mir. — Aber er sprach das Wort nicht aus, der entzückende junge Mensch; er küsste nur zart meine Hand, — und am Morgen darauf fragte er mich — ob ich seine Frau werden wollte. Und ich sagte ja”.

Fridolin liess unmutig ihre Hand los. „Und wenn an jenem Abend,” sagte er dann, „zufällig ein anderer an deinem Fenster gestanden hätte und ihm wäre das richtige Wort eingefallen, zum Beispiel — —” er dachte nach, welchen Namen er nennen sollte, da streckte sie schon wie abwehrend die Arme vor.

„Ein anderer, wer immer es gewesen wäre, er hätte sagen können, was er wollte, — es hätte ihm wenig geholfen. Und wärst nicht du es gewesen, der vor dem Fenster stand,” — sie lächelte zu ihm auf —, „dann wäre wohl auch der Sommerabend nicht so schön gewesen.”

Er verzog spöttisch den Mund. „So sagst du in diesem Augenblick, so glaubst du vielleicht in diesem Augenblick. Aber —”

Es klopfte. Das Dienstmädchen trat ein und meldete, die Hausbesorgerin aus der Schreyvogelgasse sei da, den Herrn Doktor zum Hofrat zu holen, dem es wieder sehr schlecht gehe. Fridolin begab sich ins Vorzimmer, erfuhr von der Botin, dass der Hofrat einen Herzanfall erlitten und sich sehr übel befinde; und er versprach, unverzüglich hinzukommen.

„Du willst fort —?” fragte ihn Albertine, als er sich rasch zum Fortgehen bereit machte, so ärgerlichen Tons, als füge er ihr mit Vorbedacht ein Unrecht zu.

Fridolin erwiderte, beinah verwundert: „Ich muss wohl.”

Sie seufzte leicht.