Tropengeschichten - Leo Schindler - E-Book

Tropengeschichten E-Book

Leo Schindler

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Beschreibung

In sechsunddreißig Geschichten wird über das Leben der Menschen unter der Glut der südlichen Sonne, ihre unterschiedlichen Schicksale, über Liebe, wilde Leidenschaft, aber auch Leiden und den Tod erzählt. Das Leben in den Tropen ist oftmals geprägt von überschäumender Lebenslust und animalischer Kraft der Menschen, aber auch von der Magie des Lichtes, den Rausch der Farben, wie sie nur in der südlichen Welt in dieser Intensität leuchten. Faszination und Ehrfurcht über die unglaubliche Kraft des Lebens, die berauschenden Wunder der üppigen Natur, für das in der Hitze schwimmende Land, dem feuchten Atem des Regenwaldes mit dem undefinierbaren Geruch der Erde nach dem Regen der Nacht. Die magische Anziehungskraft der Tropen lässt den Reisenden nie mehr los.

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In sechsunddreißig Geschichten wird über das Leben der Menschen unter der Glut der südlichen Sonne, ihre unterschiedlichen Schicksale, über Liebe, wilde Leidenschaft, aber auch Leiden und den Tod erzählt.

Das Leben in den Tropen ist oftmals geprägt von überschäumender Lebenslust und animalischer Kraft der Menschen, aber auch von der Magie des Lichtes, den Rausch der Farben, wie sie nur in der südlichen Welt in dieser Intensität leuchten.

Faszination und Ehrfurcht über die unglaubliche Kraft des Lebens, die berauschenden Wunder der üppigen Natur, für das in der Hitze schwimmende Land, dem feuchten Atem des Regenwaldes mit dem undefinierbaren Geruch der Erde nach dem Regen der Nacht.

Die magische Anziehungskraft der Tropen lässt den Reisenden nie mehr los.

Inhalt:

Am Orinoco

Sambia und die Diamanten Angolas

Madagaskar- Tom

Malaysia

Am Amazonas

Die Brücke

Mato Grosso

Der Söldner im Kongo

Der Edelsteinhändler

Die Frau aus Dar es Salam

Der Diamantenschleifer

Der Stern von Ceylon

Ngoro Goro

Don Pedros Hazienda

Rondonia

Ron aus Tansania

Der Rote aus Malaysia

Der Buschpilot

Diamanten aus Namibia

Am Amazonas Strom

Der Schlangenfänger von Sumatra

Am Sambesi

Die Stadt der Kirchen

Der Enkel des alten Mannes

Die Seelenwanderung

Gilbert aus Vietnam

Die Tochter des Uranos

Eines Tages sah sich Conchita veranlasst, Pedro zu töten.

Der alte Mann und sein Sohn

Die Witwe Margred

Die Hitze der Nacht

Lolita

Die Hure

Die Marina von Kapstadt

Der Maler Benito Juarez aus Ciudad

Jose Arcadio

Am Orinoco

Sybille Aquilera war eine Fernsehmoderatorin, wunderschön und in ganz Brasilien bekannt. Und sie wusste, dass sie ein Star war und benahm sich auch so. Im Moment war sie wütend und schrie die Angestellte hinter dem Schalter des Flughafens von Manaus an.

„ Was ist los, warum streikt ihre blöde Fluglinie? Ich muss dringend nach Belem, ich habe dort Fernsehaufnahmen. Und was glauben sie, was los ist wenn ich meinen Vertrag nicht einhalte? Sagen sie ihrem Manager, wer ich bin und dass ich dringend nach Belem muss!“

„ Es hat keinen Sinn, wir streiken für höhere Löhne, aber versuchen sie es bei der privaten Fluglinie des Sven Marant, vielleicht fliegt er sie.“ Die Hostess blieb kühl.

Sven Marant war Eigentümer und einziger Pilot seiner kleinen Bedarfsfluglinie, ein etwa dreißigjähriger Mann mit einem Gesicht, in dem die tiefen Falten keineswegs alt, sondern nur männlich wirkten. Sehr männlich. Noch verstärkt durch die grauen Augen unter dem wirren Haarschopf.

Im Moment stand er vor seinem etwas älteren Flugzeug und füllte Motoröl in den riesigen Sternmotor.

„ Sie glauben wirklich, dass sie mit diesem Museumsflugzeug nach Belem kommen?“ Die schöne Sybille sah spöttisch zu dem größeren Mann auf.

Sven Marant war sichtlich beeindruckt von der wunderschönen Frau, aber sein Flugzeug sollte niemand herabsetzen.

„ Hören sie, niemand zwingt sie mit mir zu fliegen. Sie können auch warten, bis der Streik zu Ende ist, vielleicht in einer Woche oder auch in zwei Wochen. Wer kann das schon wissen?“

Seine Stimme war rau, von zu viel Schnaps, Tabak und verweiberten Nächten. Er stand da, mit nacktem Oberkörper, ein Modellathlet mit breiten Schultern und muskulösen Armen. Neben der Ölkanne standen zahllose leere Bierdosen.

„ Na, sie saufen sich auch die Schatten von der Seele, so wie es aussieht.“ Jetzt war Sybille wirklich böse. Auch deshalb, weil sie genau wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, als mit diesem ungehobelten Mann zu fliegen. Und außerdem sah er gut aus und lag ihr nicht zu Füßen. Sehr ärgerlich. Diese Erfahrung hatte sie bisher noch nicht gemacht. Sie stellte ein Bein auf den kleinen Ölbehälter und sah seinen Blick auf ihre Schenkel. Als Draufgabe beugte sie sich vor, um ihm einen Einblick in ihr tiefes Dekolletee zu geben und registrierte mit Befriedigung, die Schweißtropfen auf seiner Stirn.

Am nächsten Morgen flogen sie los. Er hatte ausgiebig gebadet und hatte sich seinen - drei Tages Bart - rasiert. Der angenehme Geruch eines guten Rasierwassers füllte das Cockpit.

Während er verschiedene Instrumente kontrollierte, sah er immer wieder zu ihr hinüber, auf ihre nackten Schenkel – der Minirock hatte sich verschoben – und auf ihren Busen, der weitgehend freigelegt, im Ausschnitt ihrer Bluse üppig bei jeder Bewegung des Flugzeuges wippte.

Die Unterhaltung beschränkte sich auf wenige Worte. Sie genoss den Blick auf das grüne Blättermeer, das unter ihnen dahinglitt und er genoss den Blick auf sie und hatte eine trockene Kehle.

Nach drei Stunden landeten sie auf einem kleinen Bedarfsflugplatz am Rande einer Ansammlung von windschiefen Bretterbuden. Während er Treibstoff tankte, schlenderte Sybille zu der Bretterhütte am Rande der Piste, über deren Dach eine rostige Reklametafel eisgekühltes Coca Cola versprach. Sie bekam eine Dose warmes Cola. Auf ihre wütende Beschwerde erntete sie nur ein freundliches Grinsen aus dem zahnlosen Mund des Verkäufers hinter dem Pult.

Sven Marant hatte in der Zwischenzeit seine Arbeit beendet und schlenderte langsam zu ihr. Sein breites Grinsen über ihren Wutanfall machte sie noch wütender und er hatte Mühe sich zu beherrschen. Mit ihrem zornesroten Gesicht sah sie so reizend aus, dass er sie am liebsten umarmt und geküsst hätte.

„ Natürlich gibt es in dieser abgeschiedenen Einöde keinen elektrischen Strom und daher auch keine eisgekühlten Getränke.“ Er legte begütigend seine Hand auf ihren Arm. Mit einer raschen Bewegung stieß sie ihn weg und stapfte wütend zurück zum Flugzeug.

„ Worauf warten sie noch? Ich möchte weg von hier, in Belem warten die Filmleute auf mich mit Unmengen von kalten Drinks. Und ihr überhebliches Grinsen können sie sich sparen!“ Sie ließ sich auf den Sitz fallen und stieß seine Hand, die sie anschnallen wollte, energisch zurück.

„ Wenn sie ihren Sicherheitsgurt nicht anlegen, fliege ich nicht los!“ Leise schimpfend mühte sie sich mit dem Verschluss und dann startete der Pilot den großen Sternmotor, der mit einigen Fehlzündungen fauchend zum Leben erwachte.

Er zog das Flugzeug steil in die Höhe, und am Ende der kurzen Piste streifte er fast die Wipfel der Bäume.

Das grüne Blätterdach des Dschungels zog unter dem Flugzeug gleichförmig dahin, nur hin und wieder von Flüssen und größeren Wasserflächen unterbrochen. Die Sonne brannte unbarmherzig durch das Glas der Kanzel.

Sybille war gerade ein wenig eingenickt, als der Klang des Motors unregelmäßig wurde und eine dicke schwarze Wolke aus dem Motor drang.

Sven schimpfte los und hatte alle Mühe das torkelnde Flugzeug gerade zu halten. Der grüne Dschungel kam rasch näher und im letzten Augenblick öffnete sich die geschlossene Fläche der Baumriesen und voraus glitzerte eine breite Wasserfläche.

Sven zog das Flugzeug über die letzten Baumwipfel und dann schlugen die Schwimmkörper unter den Rädern hart auf dem Wasser auf. Alles war so schnell gegangen, dass Sybille erst jetzt zu schreien begann.

„ Alles OK, sie können aufhören zu schreien, wir sind Gott sei Dank nicht in den Bäumen herunter gekommen. Das hätten wir vermutlich nicht überlebt.“ Sven ließ das Flugzeug bis zum nahen Ufer treiben. Dort sprang er auf den Schwimmer neben der offenen Cockpit Tür und richtete den Strahl des Feuerlöschers auf den noch immer rauchenden und nun auch brennenden Motor. Und nach endlos langer Zeit erloschen die Flammen. Dann watete er durch das seichte Wasser bis zu einem Baum, der seine Äste tief bis zum Boden streckte und vertäute den Flieger an einem dicken Ast.

Er watete zurück zum Flugzeug und hob die zitternde Frau aus dem Sitz. Als er sie durch das Wasser zum Ufer trug, schlang sie beide Arme um seinen Nacken und zitterte noch immer. Jetzt konnte er sich nicht mehr zurückhalten und küsste sie auf die Wange und dann auf den Mund. Sie tat zuerst überrascht, dann erwiderte sie aber seine Küsse leidenschaftlich.

„ Jetzt ist es aber genug, sie nutzen meine hilflose Lage unverschämt aus!“ Sie sah ihn an mit gespielter Empörung in ihrem reizenden Gesicht. Er setzte sie etwas unsanft auf den lehmigen Boden am Ufer ab und watete zurück zum Flugzeug.

Der Schaden, der zur Notlandung geführt hatte, war nicht so schwer, aber ohne Ersatzteile war an eine Reparatur nicht zu denken. Er schaltete das Funkgerät ein. Ohne Erfolg. Bei der harten Landung musste irgendein Teil gebrochen sein. Aber das Navigationsgerät funktionierte noch und zeigte Koordinaten an, die er in seine Karte eintrug. Das Ergebnis war wenig erfreulich. Sie waren weitab von jeder Zivilisation, mitten in der grünen Wildnis am Rande einer größeren Lagune. Ein Nebenarm des Orinoco war in der Nähe und sollte in einigen Tagesmärschen zu erreichen sein.

Wenn sie dem folgen würden, könnten sie schließlich zum Orinoco gelangen. Der würde sie schließlich in bewohnte Gebiete bringen. Aber dazwischen lagen sicher eine Menge Schwierigkeiten. Wenn er nur an die vielen Stromschnellen dachte, war er versucht, diesen Plan aufzugeben. Aber was gab es für andere Alternativen? Und das alles mit dem verwöhnten Fernsehstar!

Er stapfte grübelnd zurück durch das Wasser zum Ufer und übersah dabei fast einen Alligator, der ihm gefolgt war. Nur ein schneller Sprung auf die Uferböschung und in die Arme von Sybille bewahrte ihn vor der Bekanntschaft mit den scharfen Zähnen der Echse. Er erzählte ihr von dem Ergebnis seiner Untersuchung und sie begann zu weinen.

„ Ich werde das nicht überleben, die Anstrengungen und die vielen Gefahren. Am besten wird es sein, sie lassen mich hier zurück und versuchen allein Hilfe zu holen.“

„ Wenn ich sie hier allein lasse, werden sie die nächste Nacht nicht überleben. Ein Jaguar, ein Alligator oder eine Schlange werden sie töten, sie haben keine Chance allein in dieser Wildnis.“

Er sah sie an. „ Ich nehme sie mit, wir werden es schon schaffen.“

Sie nahm seinen Kopf und zog ihn herunter, bis sich ihre Lippen fast berührten. „ Ich bin nur eine Last für dich, allein hast du vielleicht eine Chance.“

„ Aber eine süße Last. Ich nehme dich auf jeden Fall mit.“ Der Übergang vom förmlichen „Sie“ zum vertraulichen „Du“ war ihnen ganz selbstverständlich von den Lippen gekommen.

Sie sah ihn an, unter halb geschlossenen Liedern und begann die Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen.

Ihre Brüste waren wunderschön, schwer, aber fest. Sie konnten gut auf die Unterstützung eines Büstenhalters verzichten, so wie sie der Schwerkraft trotzend, steil nach vorne sich ihm entgegenstreckten. Als er sie liebkoste, mit Händen und Lippen, begann sie schwer zu atmen. Sie nestelte am Verschluss ihres Minirockes und mit einer schlängelnden, ungemein erotischen Bewegung schüttelte sie den Rock ab. Er fasste sie um die Hüfte und legte sie auf den Boden, dabei küsste er sie stürmisch auf Bauch und Schenkel. Sie stöhnte leise, als er hart in sie eindrang. Dann verlor sie jede Kontrolle über ihren zitternden Körper. Und am Höhepunkt ihrer Lust schrie sie auf. Es klang wie ein Todesschrei, wenn der Jaguar seine Zähne in den Nacken seines Opfers schlägt.

Einige Meter entfernt sah ihnen ein Alligator im Wasser erstaunt zu.

Sie lagen im Gras, eng nebeneinander und langsam beruhigte sich ihr Atem. Er sah sie an. Sie sah hinauf in die Wolken. Und Ihm wurde klar, er hatte sich in sie verliebt, aber sie liebte ihn nicht. Ja, sie genoss den Sex mit ihm, aber sie liebte ihn nicht. Von all den vielen Frauen, die er gehabt hatte, hatten sich viele in ihn verliebt. Aber für ihn war es das erste Mal, dass er dieses starke Gefühl verspürte, völlig neu und überraschend.

Er stand langsam auf und watete zum Flugzeug. Die Sonne stand schon tief, knapp über den Bäumen und wenn sie untergeht, wird es schlagartig dunkel. Es war höchste Zeit, alles für die Nacht vorzubereiten. Das kleine Zelt mit dem Moskitonetz, die Taschenlampe, die Signalpistole und den Spirituskocher mit dem kleinen Beutel mit Kaffee und die Streichhölzer. Alles war sorgsam in einem Notfallsack verstaut. Er nahm noch die Machete aus dem Seitenfach und den Kanister mit Wasser, dann watete er zurück zum Ufer, immer mit Sorgfalt den Wasserspiegel beobachtend. Der Alligator war sicher noch in der Nähe.

Sybille sah ihm zu, wie er das Zelt aufbaute, dann nahm sie den Spirituskocher und den Wasserkanister. „ Irgendwo habe ich ein Paket mit kleinen Säckchen Fertigsuppen gesehen. Weißt du wo die sind?“ Sie sah ihn an und fasste seine Hand. Schon diese Berührung brachte ihn aus der Fassung.

„ Ruhe dich aus, ich werde für uns die Suppe kochen.“ Er sah sie an und dann vergaß er seine Absicht. Er knöpfte ihre Bluse auf. Sie ließ es lächelnd geschehen und öffnete den Verschluss ihres Minirocks, dann liebten sie sich leidenschaftlich bis zur Erschöpfung. Eng aneinander gepresst lagen sie im Zelt und nur langsam ebbte ihre Erregung ab.

Schlagartig fiel die Finsternis über die Lichtung.

Er zündete den Spirituskocher, füllte Wasser aus dem Kanister in einen Kochtopf und schüttete aus dem Päckchen etwas Suppenpulver in das kochende Wasser. Ein herrlicher Geruch füllte das Zelt.

„ So, jetzt musst du aber schlafen, morgen machen wir uns auf den Weg zu dem kleinen Fluss, der in den Orinoco mündet. Wenn wir dann dem folgen, müssen wir schließlich in bewohnte Gebiete kommen.“ Sven Marant war sich dessen sicher, aber er wusste auch, dass bis dahin unglaubliche Strapazen und wohl auch Gefahren auf sie warten würden.

Am nächsten Morgen, als der Schöpfer das große Sonnenlicht einschaltete, wurde es mit einem Schlag brütend heiß. Die Geräusche und Laute des nächtlichen Urwaldes verstummten mit einem Schlag, alles duckte sich scheinbar unter den Hitzefackeln, die aus den Höhen des Himmels herab geschleudert wurden.

Sven schnürte den Sack mit dem Notwendigsten, steckte die Signalpistole und sein Messer in den Gürtel und die Machete in die Lederscheide. Dann kontrollierte er nochmal die Seile mit denen sein Flugzeug an den Bäumen befestigt war. Den Kompass hatte er griffbereit um den Hals gebunden. Es konnte losgehen.

Zuerst kamen sie gut voran, aber gegen Mittag, als die Sonne genau über ihnen stand, wurde die Vegetation so dicht, dass er immer öfter den Weg mit der Machete frei schlagen musste. Die Bäume standen so eng, dass das Licht nicht mehr bis zum Boden dringen konnte. Es herrschte ein diffuses, dämmeriges Halbdunkel.

Die Feuchtigkeit des Nachtregens tropfte von den Blättern und stieg als weißer Dunst aus der Erde.

Der Schweiß rann in Strömen über Gesicht und Körper. Bald hatten sie das Gefühl, die Hitze und die Feuchtigkeit nehme ihnen den Atem. Es war unerträglich.

Dann standen sie vor einer Wasserfläche, riesengroß und zur Gänze bedeckt mit grüner Vegetation. Blätter so groß wie ein Tisch. Sie sahen sich um, aber die Wasserfläche reichte soweit sie sehen konnten. Viel zu groß, dass man sie umgehen könnte.

Sven stieg ins Wasser und bahnte sich den Weg zwischen den Blättern. Dabei hatte er ein mulmiges Gefühl, wenn er an die Alligatoren und Wasserschlange dachte, die man im Blättergewirr nicht sehen konnte, aber es gab keine andere Möglichkeit. Sie mussten durch. Zum Glück schien das Wasser nicht zu tief zu sein, es reichte ihm bis zum Bauch. Sybille folgte ihm zögernd. Sie legte eine Hand auf seine Schulter, das schien ihr eine gewisse Sicherheit zu geben. Aber trotzdem zuckte sie zurück, wenn eine Wurzel oder Pflanze unter Wasser ihre Beine berührten.

Zum Glück schienen alle Alligatoren satt zu sein, oder die beiden Gestalten waren ihnen so suspekt, dass sie unbehelligt das andere Ufer erreichten. Aber da, als nur mehr wenige Meter bis zum rettenden Ufer fehlten, hob sich der Kopf einer Anakonda aus dem Wasser und zischte bedrohlich. Sven machte einen Schritt zu viel und da schoss die Schlange auf sie zu. Sven hob die Machete, aber das Reptil umschlang blitzschnell die Beine des Mannes. Er verlor die Balance und stürzte in das schlammige Wasser. Nur Svens hoch erhobene Hand mit der Machete ragte aus der gelben Brühe. Dann tauchten beide aus dem Wasser auf. Nur knapp vor Svens Kopf lauerten die kalten Augen der Schlange auf jede Bewegung des Mannes. Aber der Abstand war so gering, dass Sven es nicht wagte mit der Machete auf das Reptil einzuschlagen.

Sybille machte einen weiten Bogen um Sven und die Schlange, als sie vorsichtig durch das Wasser watete. Am Ufer suchte sie einen dicken Ast und hastete rasch zurück ins Wasser. Mit aller Kraft schlug sie dann auf den aus dem Wasser ragenden, Schenkel dicken Körper der Anakonda.

Die wandte sich von Sven ab und drehte den Kopf in ihre Richtung. Jetzt hatte Sven genug Abstand, um weit auszuholen und mit einem wuchtigen Schlag mit der Machete, den Kopf der Schlange vom Körper zu trennen.

Sie lagen am Ufer und langsam beruhigte sich ihr Atem.

„ Das hast du gut gemacht, ohne deine Hilfe wäre es für mich sicher nicht gut gegangen. Wenn die Schlange mich ins Gesicht gebissen hätte, wäre meine Schönheit beim Teufel gewesen.“ Sven grinste etwas gequält und sah Sybille von der Seite an. Immer wieder war er überwältigt von ihrer Schönheit und ihrer sinnlichen Ausstrahlung. Die süßen Knie, die runden Schenkel, ihre unglaublich erotischen Brüste, ihre vollen roten Lippen. Alles faszinierte ihn wie bei der ersten Begegnung, immer wieder aufs Neue. Als er Ihre Schenkel streichelte, begegnete er ihren leicht spöttischen dunklen Zauberaugen.

Und sie liebten sich inmitten der Magie des Dschungels. Der süße Duft der Orchideen erfüllte die Luft, das eigenartige Zittern der Luft zwischen den Urwaldriesen, der modrige Geruch des nahen Sumpfes, alles faszinierend und zugleich abstoßend und Furcht einflößend. Ein Rausch der Farben - die unzähligen Blüten in den Ästen und Astgabeln der Bäume.

Für heute hatten sie genug. Sven baute das kleine Zelt auf und dann ging er in den Wald um etwas Essbares zu suchen.

Er fand einige Früchte und dann entdeckte er den morschen Stamm einer Palmenart, die er kannte, aber der Name war ihm entfallen. Vorsichtig löste er die oberste Schale. Darunter fand er, was er erhofft hatte: Finger große weiße Würmer. Essbare Maden einer bestimmten Art, die er von einer früheren Reise mit Indios im Mato Grosso kennen gelernt hatte. Erleichtert sammelte er so viele als möglich ein. Über dem Feuer gegrillt, würden sie eine ausreichende Mahlzeit für Sybille und ihn ergeben.

Sybille jedoch lehnte entrüstet die weißen, knusprig gegrillten Maden ab und begnügte sich mit den wenigen Früchten.

Sven war nicht so heikel, oder vielleicht auch hungriger. Jedenfalls aß er mit sichtlichem Genuss die kleinen Eiweißbomben.

„ Nicht einmal daran denken sollst du, mich zu küssen“. Sybille schüttelte sich vor Ekel und schloss die Augen als Sven den letzten Wurm in den Mund schob.

„ Du musst aber etwas essen, es kann lange dauern bis wir wieder Dörfer finden in denen wir zu essen bekommen. Und die Anstrengungen und Strapazen sind enorm in dieser grünen Hölle.“ Sven klang besorgt. Sybille lehnte sich an Svens Schulter und streichelte seinen Arm. Im Nu hatte er alle Sorgen und Ängste vergessen, er nahm sie in seine Arme und strich zart über ihr Gesicht, ihren Hals, ihre Brüste.

Sie war die schönste und erotischste Frau, die er je kennengelernt hatte. Sie war eine Traumgestalt für Sven, eine unwirkliche Schönheit, absolut perfekt. Ihre femininen Bewegungen, der Klang ihrer Stimme, wie sie ihn ansah, mit ihren grünen Zauberaugen, lockend und zugleich ein wenig spöttisch. Er musste sich eingestehen, er war ihr rettungslos verfallen.

Und während sie sich liebten, stand die Zeit still. Sie hatten die Zeit einfach zum Stehen gebracht. Die Laute des Urwaldes brachten sie langsam wieder zurück in die Gegenwart.

Sybille löste sich aus seinen Armen und ging zurück zum Wasser um sich zu waschen. Die Sonne war hinter den Urwaldriesen verschwunden, es wurde schlagartig dunkel.

Sven hatte das kleine Zelt aufgebaut und sie verbrachten eine unruhige Nacht, oftmals unterbrochen durch die Laute des Dschungels.

Am nächsten Morgen gab es nur eine Tasse Kaffee. Sie brachen auf, knapp nachdem die Sonne über den Wipfeln der Bäume erschienen war. Es war sofort hell und drückend heiß.

Gegen Mittag machten sie Rast auf einer kleinen hellen Lichtung inmitten des dunklen, dampfenden Waldes. Das Unterholz war so voll Feuchtigkeit, dass es Sven nicht gelang Feuer zu machen. In den Strahlen der Sonne glitzernde Wassertropfen auf allen Blättern, auf allen Ästen, den süß duftenden Orchideen in den Astgabeln der Baumriesen.

Sven schulterte die Machete und machte sich auf, um im Wald etwas Essbares zu suchen.

Während er im Unterholz trockene Äste sammelte musste er höllisch aufpassen, dass er nicht von einer der zahllosen Schlangen gebissen wurde. Endlich fand er einen Strauch mit essbaren roten Früchten. Er war sich sicher, diese runden kirschgroßen Früchte kannte er, sie schmeckten leicht säuerlich.

Wieder zurück bei Sybille, gelang es Sven auch Feuer zu machen. Er kochte das Wasser der Lagune so lange, bis er sicher war, dass alle Krankheitserreger, alle Bakterien und Viren abgetötet waren. Aber es blieb natürlich eine unappetitliche gelbe Brühe, die er mit dem Suppenpulver aus seinen Vorräten in eine genießbare „ Suppe “ verwandelte.

Nachdem ihre Mägen wieder halbwegs gefüllt waren, machten sie sich wieder auf den Weg.

Am späten Nachmittag, knapp bevor die Sonne in den grünen Wipfel der Urwaldriesen verschwand, schlug Sven ihr Lager in einer kleinen Lichtung unter einem wilden Feigenbaum auf. Über dem Feuer kochte das Wasser für die obligate Suppe. Sybille sah zu und unvermittelt begann sie zu singen. Ein Lied, das er noch nie gehört hatte, mit hellen und jubilierenden Tönen sang sie und es schien als hätte sie alles ringsumher vergessen. Ein Lied ohne erkennbaren Text, eine Melodie, so voll Lebensfreude und Lust.

Eine jubilierende Ode an die pulsierende Kraft des Lebens.

Sie hatte den Kopf in den Nacken geworfen, die Fülle ihrer schwarzen schimmernden Haare fiel über ihre Brust. Sie war so schön, dass es Sven die Kehle zuschnürte. Vorsichtig tastete er nach ihrer Hand, aber sie zog sie hastig zurück. Natürlich, er war sich dessen wieder bewusst, sie liebte ihn nicht, sie duldete nur seine Liebe, weil der Sex mit ihm auch ihr gefiel ihr, mehr war es nicht.

Am nächsten Morgen erwachten sie mit dem Gefühl, mit den Füssen in einer heißen feurigen Glut zu liegen.

Sven sprang auf und dann sah er sofort den Grund ihrer Schmerzen. Unzählige blutrote Feuerameisen bedeckten seine Beine. Und sie spritzten ihre Ameisensäure in die unzähligen kleinen Bisswunden an den Waden und Schenkel. Bevor sie ihre Aktivitäten noch in höhere Zonen ausdehnen konnten, streiften sie die rote Flut rasch von den Beinen.

„ Diese blöden Ameisen werden in ihrer Gier doch nicht glauben, dass wir uns von ihnen bei lebendigem Leib fressen lassen. Wir gehören doch sicher nicht in ihr Beuteschema.“ Sie hatten sich ins Wasser der nahen Lagune geflüchtet und wuschen die restlichen Ameisen von ihren Beinen. Sven schimpfte immer noch.

Zum Frühstück gab es die obligate „ Suppe“. Sybille begann zu rebellieren: „ Ich kann dieses Zeug nicht mehr sehen und schon gar nicht mehr riechen. Hoffentlich kommen wir bald in bewohnte Gegenden.“

Gegen Mittag kamen sie zu einem schmalen Fluss, nur etwa zehn Meter breit, aber wie es schien mit starker Strömung. Vorsichtig stiegen sie ins Wasser und wurden sofort von der Strömung mitgerissen. Sybille wurde unter Wasser gedrückt und Sven tauchte verzweifelt in die trübe Flut. Er konnte so gut wie nichts sehen, aber nach einer kleinen Ewigkeit – wie ihm schien – bekam er Sybille zu fassen und hustend und spuckend erreichten sie das andere Ufer.

Sven kontrollierte seine um den Leib gebundene Tragtasche, Gott sei Dank war alles noch vorhanden.

Er öffnete den wasserdichten Behälter und schaltete das GPS ein - nein - das war noch nicht der gesuchte Fluss, der sie zum Orinoko bringen würde. Sie kochten sich die obligate Suppe und Sybille erholte sich langsam von den Schrecken der Flussüberquerung.

„ Sollten wir das alles lebend überstehen, werde ich einen Filmbericht über diese „Reise“ drehen und du bist der große Held der Geschichte.“ Sybille drehte sich lachend um und entglitt so seinen suchenden Händen.

Gegen Abend des zehnten Tages erreichten sie endlich den Fluss, der in den Orinoko mündet. Sven kontrollierte nochmals ihre Position mit Hilfe des GPS-Navigation Systems.

Am nächsten Morgen begann er sofort mit dem Bau eines Floßes. Etwas mühsam war das Fällen der Bäume mit der Machete, aber nach einigen Tagen war das Floß fertig und sie feierten den Beginn des letzten und wie sie hofften, auch am wenigsten anstrengenden Abschnitt ihrer Reise.

In der Mitte des Flusses trieben sie dahin, langsam aber stetig. Die Ufer mit ihren grünen Wänden der Urwaldriesen mit weit in den Fluss hängenden Ästen trieben langsam vorbei. Die üppige Vegetation des undurchdringlichen Dschungels versuchte scheinbar auch den Fluss zu überwuchern. Am Abend legten sie am Ufer an, um die Nacht im Schutz eines Baumes zu verbringen.

So vergingen die Tage, beschaulich und in Ruhe, ohne besondere Ereignisse.

Nach weiteren elf Tagen öffnete sich am rechten Ufer eine kleine Lichtung. Drei bärtige Männer saßen um ein Lagerfeuer, und als sie das Floß erblickten, sprangen sie und winkten mit einladenden Armbewegungen.

Sven lenkte das Floß zum Ufer und als er die drei Männer näherkommen sah, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte.

Es waren wilde Gestalten, offenbar Diamantenschürfer, die den Ufer Sand des Flusses auf der Suche nach den begehrten Edelsteinen in breiten Schüsseln wuschen. Natürlich ohne Genehmigung der Regierung.

Sie zogen das Floß weiter ans Ufer und dann hoben sie johlend die erstarrte Sybille vom Floß ans Ufer und zogen sie zur Feuerstelle.

Ohne sich weiter um Sven zu kümmern, redeten sie gestikulierend auf die angsterfüllte Frau ein.

Sven knüpfte die Seile der Tragtasche auf, die seine Bewegungsfreiheit behindern würde und lief zum Feuer um Sybille beizustehen. Die drei Kerle erhoben sich und nahmen eine drohende Haltung ein. „ Hau ab, oder wir schlagen dir den Schädel ein“. So oder so ähnlich klang es in schlechtem Portugiesisch aus dem Mund des riesenhaften, bärtigen Mannes, der offenbar der Anführer war.

Mit einigen schnellen Sätzen war Sven bei den Männern. Seine Chancen gegen die Drei waren nicht besonders groß, aber die Sorge um Sybille ließ ihm keine Zeit für lange Überlegungen. Er war durchtrainiert und muskulös, und den beiden Männern, die sich nun auf ihn stürzten, bestimmt überlegen. Den ersten schickte er mit einem schweren Treffer sofort zu Boden. Der zweite hielt seine harten Boxhiebe etwas länger durch, ging dann aber auch zu Boden. Als Sven sich nach dem dritten umdrehte, sah er für Sekundenbruchteile den blanken Holzschaft eines Gewehres, bevor dieser auf seinen Kopf explodierte.

Als er wieder zu sich kam, lag er verkrümmt auf der feuchten Erde und stellte mit Entsetzen fest, dass er sich nicht bewegen konnte. Seine Arme und Beine gehorchten ihm nicht.

Das Blut aus seiner Kopfwunde hatte sein rechtes Auge verklebt, aber als er sein linkes Auge mühsam öffnete, sah er die drei Männer, die einen Kreis um die am Boden liegende Sybille bildeten.

Die beiden, die er niedergeschlagen hatte, hielten die Beine der Frau und der Anführer zog sich die Hose aus. Er kniete sich zwischen ihre Beine und als er brutal in sie eindrang stöhnte Sybille so laut, dass Sven sich aufbäumte. Dann wurde Sybille still, aber dann – diesen Laut kannte er. In den letzten Tagen hatte er ihn oft gehört: Es war ihr Schrei am Höhepunkt der Lust.

Das Blut in Svens Kopf hämmerte in dumpfen Schlägen. Unter dem Druck des Blutes blähte sich sein Herz auf, immer weiter, bis es seinen Brustkorb zur Gänze ausfüllte, dann zerbrach es in tausend Teile. Und bei jedem Atemzug zerrissen die Splitter sein Inneres. Die unsagbare Qual des eben erlebten beendete schlagartig die Blockade seiner Gliedmaßen. Er wischte sich das Blut aus der Stirn, aus den Augen und griff nach dem am Boden liegenden Gewehr, dessen Kolben noch klebrig war von seinem Blut. Langsam erhob er sich und richtete den Lauf auf die erstarrten Männer. Da kam Sybille auf ihn zu gelaufen: „ Tu es nicht, du bist kein Mörder. Wenn du diese Männer erschießt, bist du auch nicht besser als sie!“

Sie fasste Sven um die Schulter und zog ihn zum Floß. Dort angekommen, löste sie die Seile und langsam trieb das Floß in die Mitte des Flusses, wo die stärkere Strömung es erfasste.

Langsam verschwand die Lichtung und mit ihr die drei Männer, die immer noch wie erstarrt auf der Uferböschung standen.

Sybille säuberte die Platzwunde am Kopf von Sven, der sich bemühte sie nicht an zusehen. Sie streichelte zärtlich seinen Kopf, aber er drehte sich weg. Sie sah ihn an, mit diesem seltsamen Ausdruck in ihren Augen – einer Mischung aus Scham und Schuldgefühl.

Aber Sven konnte nicht verwinden, was er gesehen und gehört hatte. Sie hatte den brutalen wilden Akt mit diesem Kerl genossen! Ihr wilder Schrei klang in seinen Ohren.

Niemals würde er das vergessen können, niemals.

Alles in ihm war gestorben, jedes Gefühl, jedes Begehren für diese wunderschöne ungemein erotische Frau. Die folgenden Tage auf dem Floß wurden zur Qual. Sybille verfolgte ihn mit ihrer Zuneigung, ihrer offenbar entflammten großen Liebe und ihrem wilden Verlangen. Für Sven wurde es immer schwerer, denn verletzen wollte er sie nicht durch seine Zurückweisung. Aber es war ihm unmöglich ihre Zärtlichkeiten zu erwidern. Aber es schien, als würde sie förmlich darum betteln. Ganz offensichtlich hatte sie sich hemmungslos in ihn verliebt, aber seine Liebe zu ihr war gestorben.

Nach langen drei Wochen erreichten sie endlich eine größere Siedlung. Man schickte ein Flugzeug, das sie zurück nach Rio de Janeiro brachte. Dort wurde eine große Feier zur Rettung des berühmten Fernsehstars und seines Retters veranstaltet. Die Fernsehanstalten übertrugen die Feier ins ganze Land. Sie zeigte eine wunderschöne Sybille, die ihren Retter und Helden mit heißen Augen verfolgte. Der aber wandte sich ab und verließ so rasch als möglich die Feier, um sich sein Flugzeug mit Hilfe eines Freundes aus den Tiefen des Urwaldes zu holen.

In den folgenden Jahren flog Sybille so oft sie konnte nach Manaus, der Stadt mitten im Urwald, in der Hoffnung Sven zu treffen, aber jedes Mal war er gerade mit seinem Flugzeug unterwegs.

Sambia und die Diamanten Angolas

Die dicke schwarze Kakerlake kroch langsam die Wand hoch, genau über dem Herd hielt sie an. Der schwarze Koch verfolgte schläfrig den großen schwarzen Käfer. Dann rührte er wieder bedächtig in dem großen Topf, in dem große Stücke Kartoffel und kleine Stücke Fleisch, vermischt mit grünem undefinierbaren Gemüse schwammen. Dann hob der Koch den Topf vom Feuer und trug ihn in den Speisesaal. Dort stellte er den Topf auf einen langen Tisch, neben Schüsseln voll Brot und Krügen mit Eiswasser. An den Tischen saßen gut ein Dutzend Schwarzafrikaner und etwas abseits ein Weißer. Er hatte ein von der Sonne verbranntes Gesicht, in dem die grauen Augen dominierten. Sein verwaschenes Hemd und die abgenutzte Hose zeugten von harter körperlicher Arbeit unter der heißen Sonne der Tropen. Jorg Brandner verdiente seinen Lebensunterhalt mit der Suche nach Edelsteinen. Reich war er bisher nicht geworden, aber er war überzeugt davon, irgendwann würde er schon den Superstein finden, der ihn reich machen und für den Rest seines Lebens jeder Sorgen entledigen würde. Bis dahin war er aber gezwungen in diesem schäbigen Hotel zu wohnen, in dem es keine Klimaanlage gab und auch sonst sich alles im fortgeschrittenen Zustand des Verfalls befand. Das rostige Bett in seinem Zimmer mit dem Moskitonetz in dem es fast nur mehr Löcher gab, durch die die Moskitos sich ungehindert auf den Schlafenden stürzen konnten, oder die Fenster, bei denen nur mehr Reste von Glas vorhanden waren.

Einige Tische weiter saß eine junge Frau, etwa Mitte zwanzig, mit langen blonden Haaren, guter Figur und einem frischen, mädchenhaftem Gesicht mit blauen Augen und einem sinnlichen Mund. Sie war Amerikanerin und die Leiterin der Verkaufsabteilung eines amerikanischen Getränke Konzerns, der Außenstelle in Sambia. Was man sich so erzählte, wäre sie kein Kind von Traurigkeit. In der kurzen Zeit ihrer Tätigkeit in Sambia, hatte sie die intensive Bekanntschaft der jungen weißen männlichen Bevölkerung in Lusaka und Umgebung gemacht. Und die Bezeichnung „Intensiv“ war wohl treffend. Aber dann kam ein Trupp deutscher Männer in Uniformen der Bundeswehr an und Marylin West, so hieß die Schöne, veranstaltete einen Kahlschlag unter den durchtrainierten Männern, dem Stolz der deutschen Marine im schweren Auslandseinsatz.

Aber leider waren die Jungs vor einigen Tagen wieder zu neuen Ufern abgereist, und so schickte Marylin ein hoffnungsvolles Lächeln zu Jorg Brandner. Aber der hatte ein Problem. Sein dunkler, sympathischer Bass stand im absoluten Kontrast zu dem, das er wutentbrannt quer durch den Speisesaal dem Koch zubrüllte: „ He, du Zerrbild eines Kochs, setz deine Fettmassen in Bewegung und sieh dir an, was du alles gekocht hast in deinem Eintopf!“

Der Koch kam heran geschlürft und nach einem Blick in den Teller grinste er schuldbewusst: „ Aber Mister, das ist doch nur ein kleiner Käfer, der wurde wohl angelockt durch den unwiderstehlichen, guten Geruch meines Eintopfs der im ganzen Land berühmt ist. Sie sehen, sogar ein Kakerlake stirbt für mein Essen.“

Jorg Brandner musste ein Grinsen unterdrücken. „OK, du siehst aus als ob du heute noch nicht gegessen hättest. Ich schenke dir meinen Teller. Komm setz dich zu mir an den Tisch und lass es dir gut schmecken. Aber lass es dir nicht einfallen mein großzügiges Geschenk abzulehnen, das würde ich als große Beleidigung empfinden. Und du willst mich doch nicht beleidigen?“

Jorg Brandner sah den Koch scharf an und der begann widerstrebend zu essen.

Mit größter Sorgfalt schob er den schwarzen Käfer von einer Ecke des Tellers in die andere, bis schließlich Jorg Brandner den Speisesaal verließ. Vor dem Hoteleingang stand sein etwas verbeulter Land Rover, der auch schon bessere Tage gesehen hatte, aber erstaunlicher Weise noch immer fuhr. Jorg Brandner fuhr auf der „Hauptstraße“ in Richtung Westen bis er die Vororte verließ. Nach einer guten Stunde bog er nach links in einen kaum erkennbaren Weg, der ihn zwischen hohen Bäumen immer weiter in einen undurchdringlichen Urwald führte. Und als es schien, als ob es nicht mehr weiter gehen würde, öffnete sich eine Lichtung. Der jähe Wechsel vom Halbdunkel des Waldes in eine strahlende, lichtdurchflutete Sonneninsel blendete ihn zunächst. Als sich seine Augen an die Helle gewöhnt hatten sah er eine halb verfallene Hütte, davor ein Auto aus dem vorigen Jahrhundert und daneben eine baumelnde Hängematte. Halb hinter dem Oldtimer verdeckt stand ein bärtiger Mann der mit einem sehr modernen Automatik Gewehr auf ihn zielte. Daneben kauerte sprungbereit ein Schäferhund.

Jorg Brandner stieg grinsend aus dem Land Rover und ging langsam auf den Bärtigen zu.

„ Ich habe gehofft du wirst mich zu einem Drink einladen, oder willst du mich erschießen, um dir eine Flasche Bier zu ersparen?“

Der Bärtige kam hinter dem Auto langsam hervor und musterte den Ankömmling missmutig. „ Und du hast wohl vergessen, dass du eine Kiste Bier mitbringen wolltest?“

Jorg Brandner öffnete die hintere Lade Tür seines Land Rovers und hob lachend eine Kiste Bier heraus. „ Natürlich habe ich nicht damit gerechnet, dass du ein Bier spendierst, du alter Geizhals!“

Zufrieden setzte sich der Alte in seine Hängematte und öffnete genießerisch eine Flasche.

Jorg Brandner verbrachte die Nacht in der Hütte seines Freundes und am nächsten Morgen kamen zwei hochgewachsene Schwarzafrikaner, die furchtsam einen großen Abstand zu dem knurrenden Hund hielten, der sie drohend umkreiste.

„ Das sind die zwei Männer aus Angola, angeblich sind es zwei Kämpfer der Unita-Rebellen. Ich habe ihnen erzählt, dass du ein ehrlicher Edelsteinhändler bist. Sie wollen Diamanten verkaufen. Drüben in Angola gibt es die