Tschulie - Silvia Pistotnig - E-Book

Tschulie E-Book

Silvia Pistotnig

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Beschreibung

Tschulie ist Schulabbrecherin, arbeitet (noch) in einem Sonnenstudio und wohnt bei ihrer Mutter und deren Freund im Gemeindebau. Sie soll aber schleunigst ausziehen, weil die Wohnung für drei einfach zu klein ist. Die Lösung wäre, einen Millionär zu finden, aber das Einreichformular von "Der Bachelor" ist total kompliziert. Irgendwie bekommt Tschulie nicht viel auf die Reihe. Selbst der auserwählte, reiche Gymnasiast (in der Disco kennengelernt) entpuppt sich als pickeliger, verwöhnter Loser, der am Rockzipfel seiner reichen Mama hängt. Dafür entdeckt seine spießige Mutter Karin in Tschulie ein willkommenes Selbstverwirklichungsprojekt. Der Teenager lenkt die perfektionistische Alleinerzieherin von der eigenen chronischen Unzufriedenheit ab. Durch Karin landet Tschulie bei einer esoterischen Frauengruppe auf dem Lande, befreundet sich mit einer alten Frau aus einem Pensionistenwohnhaus – und am Ende erreichen beide Frauen ein ungeplantes Ziel.

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© Bubu Dujmic

Silvia Pistotnig

geb. 1977 in Klagenfurt, lebt und arbeitet in Wien. Seit Abschluss des Studiums der Publizistik und Politikwissenschaften an der Universität Wien arbeitet sie als Redakteurin. Ihr Debütroman Nachricht von Niemand ist 2010 erschienen.

Silvia Pistotnig

TSCHULIE

Roman

Inhalt

Über den Autor

Tschulie

Es hat fast vierzig Grad. »Das ist der heißeste Sommer, seit es Wetteraufzeichnungen gibt«, sagt die Radiofrau.

Ich habe keine Ahnung, seit wann es Wetteraufzeichnungen gibt.

»Und ich habe eine gute Nachricht für das Wochenende«, redet die Radiofrau weiter. »Die nächsten Tage bleibt es so.«

Sie ist die Einzige, die was zu mir sagt, weil ich allein bin. Mir ist so heiß, dass meine Stirn klatschnass ist. In unserem Sonnenstudio gibt es keine Klimaanlage.

»Achtung an alle da draußen, aufgepasst! Wir suchen den heißesten Job des Landes!«

Soll ich anrufen? Aber mein Handy ist in meiner Tasche. Und meine Tasche liegt im hinteren Zimmer. Bis ich dort bin, habe ich fünf Schweißausbrüche. Im hinteren Zimmer ist es noch heißer als hier. Du bist so faul, sagt meine Mama in meinem Kopf, du wirst nicht einmal Putzfrau.

Jetzt arbeite ich im Solarium. Das ist auch nicht viel besser als Putzfrau. Na ja, wenigstens muss ich mich nicht bewegen. Mama ist auch zufrieden, sie hat durch mich einen billigeren Zehnerblock bekommen. Wenn ich will, kann ich mich auch vor und nach Geschäftsbeginn unter die Röhren legen und warten, bis ich schwarz werde. Alles gratis.

Mama hat mir die Arbeit im Soli besorgt. Das hält sie mir ständig unter die Nase. Wenn ich genug Geld habe, habe ich ihr gesagt, ziehe ich aus. Sie hat gelacht und gesagt, ja sicher. Die Arbeit im Soli ist nicht gut bezahlt. Das habe ich Mama gesagt. Da war sie sauer. Du bist undankbar, hat sie gemeint, sei froh, dass du überhaupt was verdienst.

Soll ich mich unter eine eiskalte Dusche stellen? Hier gibt es eine Dusche. Die hat noch nie wer benutzt. Eine Powerplate haben wir auch. Die hat auch noch nie wer benutzt. Aber wenn ich dusche, ist niemand da. Und das geht nicht. Sogar das Klogehen muss ich mir aufsparen. Kein Witz! Dabei – Klogehen muss man ja. Sonst bleibt die ganze Pisse im Körper und landet im Herz. Das hört dann auf zu schlagen, weil es voller Pisse ist. Ich wollte das beim Einstellungsgespräch sagen, aber ich hab’s dann doch nicht getan.

Im Dinge-für-mich-Behalten bin ich sehr gut. Das habe ich in der Schule gelernt. Das ist das Einzige, was ich von der Schule brauchen kann. Ich meine, was soll ich jetzt mit Bruchrechnen oder so? Aber vielleicht mache ich die Schule nach. So wie Dominik aus Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Er war Zimmermann, bis er einen Unfall gebaut hat. Danach hat er seine Hand nicht mehr bewegen können. Das ist für einen Zimmermann blöd. Also hat er das Abitur nachgemacht. Vielleicht mache ich das ja auch nach, irgendwann. Was ist Abitur überhaupt?

Schule ist so fad. Arbeiten ist fad. Meine AMS-Betreuerin hat beim letzten Termin gesagt, ich soll einfach mal überlegen, was mich wirklich interessiert. Das sollte ich aufschreiben. Ganz ehrlich und ganz schnell, was mir so in den Kopf kommt. Ich habe aufgeschrieben:

Lesen

Kinder

Spaß haben

Malen

Bewegen

Natur

Die Beraterin war begeistert. Sie wollte mich sofort für eine Kindergartenschule anmelden.

Ich war natürlich nicht ehrlich. Mir sind die Sachen nur eingefallen, weil ich Germany’s Next Topmodel gesehen habe. Da hat Heidi Klum zu einer gesagt: Du musst mehr können als schön sein. Und ein anderes Topmodel hat dann ihre wichtigsten Dinge aufgezählt. Das waren genau die. Ich habe nur »Spaß haben« selber dazuerfunden. Und das ist ehrlich. Spaß habe ich gern. Die Beraterin hat schon den Hörer in die Hand genommen und gesagt: »Ich ruf jetzt die Kindergartenschule an.« Ich hab ihr das ausgeredet. Das war nicht leicht, fast eine Stunde hab ich dafür gebraucht. Oder mindestens zehn Minuten. Ich weiß gar nicht mehr, was ich alles gesagt habe, aber irgendwann hab ich gemeint, dass ich eine gesunde Watschen gut finde. Da hat sie sofort aufgelegt. Zuhause habe ich meine eigene Liste gemacht, eine wirklich ganz ehrliche. Die war so:

Fernsehen

Essen

Schlafen

»Guten Tag.«

Eine uralte Frau steht da. Sie hat einen Stock und eine riesige Tasche.

»Ich suche die Wäscherei«, sagt sie.

»Das ist sie nicht«, antworte ich. Das ist die dritte Person, seit ich hier arbeite, die wissen will, wo die blöde Wäscherei ist.

»Wo ist sie denn?«

»Bin ich der Herold?«

Die Frau sagt nichts. Sie schaut nur böse. Hexe.

»Die Straße hinunter, glaube ich.«

Sie wackelt mit ihrer Tasche hinaus. Ich kann Leute nicht leiden, die hereinplatzen, wenn ich arbeite. Ich schau ihr nach. Immer wenn ich alte Leute sehe, denke ich mir: So will ich nicht werden. Vielleicht haben die als Junge dasselbe gedacht. Das ist traurig. Daran darf ich nicht denken. Ich muss mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren! Das hat Zoe bei Buffy auch einmal gesagt: Ich muss im Hier und Jetzt leben. Hier und jetzt muss ich einen Plan haben.

Also meine Liste. Ich habe lange nachgedacht und ein paar andere Sachen hingeschrieben. Zum Beispiel Facebook. Aber ich hab es wieder weggestrichen. Ich mag Facebook gar nicht, obwohl ich fast immer auf Facebook bin. Aber es passiert so wenig.

Ich finde auch telefonieren blöd. Und shopping. Das ist nur teuer. Vielleicht, wenn ich einmal ganz viel Geld habe. Ich habe kein Geld. Ich mag nicht einmal rauchen so richtig. Das ist wie mit dem Trinken. Ich kann ja nicht nicht fortgehen und nicht saufen. Dabei mag ich fortgehen genauso nicht. Aber daheim bleiben noch weniger. Das ist deswegen, weil ich Depressionen habe. Das kenne ich aus Vampire Diaries. Da hat Elena auch Depressionen bekommen, wie sie sich zum Vampir verwandelt hat. In dieser Folge ist das Wort Depressionen vorgekommen. Das habe ich gegoogelt, weil ich es schon einmal in Gossip Girl gehört habe. Da hat Serena Depressionen gehabt. Und ich hab auch ganz arge Depressionen.

Damit ich nicht so hineinkippe, hab ich voll viel dagegen gemacht. Das muss man, das hat eine Psyche-Tante bei so einer Talkshow gesagt. Da ging es um: »Hilfe, ich habe Depressionen«. Sie hat gesagt, dass man sich überall Zettel hinpicken soll, auf denen was Positives steht. »Positiv« habe ich auch gegoogelt. Dann hab ich mir überall in der Wohnung Zettel hingeklebt. Da stand drauf: »Ich bin glücklich«. Es ist auf allen nur das gestanden. Etwas anderes ist mir nicht eingefallen. Aber es war eh wurscht, weil meine Mama alle wieder heruntergerissen hat. Sie hat sich voll aufgeregt, weil ich die Zettel mit doppelseitigem Klebeband fixiert hab. Beim Runternehmen ist die halbe Mauer mitgegangen. Es hat aber sowieso nichts genützt, ich hab danach noch immer Depressionen gehabt.

Vielleicht sollte ich mich in den Tod stürzen. Anna wollte sich bei Anna und die Liebe auch in den Tod stürzen, damit sie bei Jonas ist. Am Ende hat sie es aber nicht gemacht und diesen Langweiler Tom geheiratet. Weil ich mich so anscheiße vor dem Umbringen, mache ich es nicht. Also mache ich weiter nichts.

Aber wenn ich schon so Depressionen habe, möchte ich das machen, was ich mag. Dafür brauche ich eh nur einen Fernseher, Essen und ein Bett. Nur leider kann ich mit dem Soli-Gehalt keine Miete zahlen. Meine Mama hat mir schon angedroht, dass Mario bald fix zu ihr zieht und ich dann hinausmuss.

Auf dem Bild führte ein rotes Rinnsal durch einen blau-grünen Abgrund in ein schwarzes Nichts, in dem das Rot aufging. Sie hatte das Bild nie als deprimierend empfunden, obwohl andere es immer als negativ verspürt hatten. Die meisten hatten Blut mit dem roten Rinnsal assoziiert, das Schwarz mit dem Tod – die einfachste Konnotation, die diese Farben der westlichen Kultur darboten. Für sie selbst hatte das Bild etwas Lebendiges, sogar Freudig-Erregtes, und sie fragte sich, ob das vielleicht weniger an dem Bild als an ihrer damaligen Empfindung gelegen hatte. Es war das letzte Bild gewesen, das sie für die Vernissage vorbereitet hatte, das Bild, bei dem sie sich nur noch von ihrer Lust hatte leiten lassen, etwas entstehen zu lassen. Etwas, das war das richtige Wort.

Karin betrachtete das Bild und stellte es zurück zu den anderen. Im Abstellraum warteten sie darauf, dass etwas mit ihnen passierte, aber dieses Etwas blieb leer. Sie schaffte es nicht, sich von ihnen zu trennen, genauso wenig wollte sie eines davon aufhängen.

Als knapp Zwanzigjährige hatte sie an die Kraft ihrer Kunst geglaubt, hatte sich in einer New Yorker Galerie gesehen. Manchmal ertappte sie sich noch immer dabei, wie sie sich vorstellte, auf einem Zeitungscover abgebildet zu werden. Als Kind hatte sie gedacht, mit dem Alter höre das Träumen auf, weil die Vorstellungen sich realisierten. Sie musste lächeln bei der Erinnerung, als ihre Mutter erzählt hatte, sie wäre gern Opernsängerin geworden. Karin hatte zum ersten Mal begriffen, dass Träumereien auch solche blieben und Wünsche nicht automatisch in Erfüllung gingen, nur weil man erwachsen wurde.

Sie war jetzt eine Frau über vierzig. Ob sie auf dem Cover einer Zeitung abgedruckt wurde oder nicht änderte nichts daran, dass sie ein gemütliches und komfortables Leben führte. Sie sah sich um. Das Sofa, der kleine Tisch und dahinter das speziell angefertigte Bücherregal, das Herz ihres Wohnzimmers. Wie oft hatte sie das Regal verflucht, diesen überdimensionierten Staubfänger, an dem sie sich ständig stieß. Trotzdem würde sie es nie hergeben. Sie war und blieb eine Nostalgikerin.

»Wir müssen los!«, rief Markus.

»Ja, ich komme.«

Sie hatte sich auf den Abend gefreut, und jetzt war es nur mühsam. Am liebsten hätte sie abgesagt und sich mit einem Buch ins Bett gelegt, jetzt, wo sie endlich wieder mal ein Buch gefunden hatte, das sie nicht schon nach der ersten Seite langweilte. Ob es irgendwann einen Punkt gab, an dem sie alle Bücher nur noch langweilig fand?

Im Vorraum zog sie ihre Sandalen an, Markus betrachtete sie eine Spur zu lang.

»Gefallen sie dir nicht?«, fragte sie.

Er hob die Schultern. »Nicht so mein Geschmack, aber dir müssen sie ja gefallen.«

»Nein, wir sind gemeinsam unterwegs«, sagt sie und zog die Sandalen wieder aus.

Wie viel Höflichkeit und Rücksichtnahme ein Streit nach sich ziehen konnte. Karin schlüpfte in ihre Flipflops, und sie gingen in die laue Nacht hinaus. Am Himmel war kein einziger Stern zu sehen, die Beleuchtung der Stadt machte sie unsichtbar.

»Fahren wir mit der Straßenbahn?«, fragte Markus.

»Von mir aus können wir auch gehen, es ist so ein schöner Abend, und wir haben ja noch genug Zeit.«

Sie gingen schweigend, Hand in Hand. Sie hätte gern losgelassen, ihre Hand fühlte sich glitschig an, die Hitze ließ nicht locker. Der Sommer drückte seine ganze Kraft auf die Stadt. Unvorstellbar, dass es irgendwann wieder kalt sein konnte.

»Sind viele Irre unterwegs«, bemerkte Markus und deutete mit dem Kopf auf eine Frau, die verwirrt vor einem Kaufhaus hin- und herlief. Wie ein gehetztes Tier, dachte Karin. Einer ihrer Freunde hatte einmal gemeint, in der Hitze würde der Wahnsinn erst richtig ausbrechen. »Hoffentlich gefällt Marianne das Geschenk«, sagte er.

»Bestimmt. Hast du Geld mit? Ich habe vergessen, was abzuheben.«

Er nickte. Sie waren vor dem Lokal angekommen, Jugendliche standen davor und rauchten.

»Das hat erst vor einem halben Jahr aufgemacht. Draußen wäre es heute angenehmer«, bemerkte Karin und öffnete die Tür.

Die Einrichtung war aus weiß gestrichenem Holz, die Bar eine alte Kredenz, wie sie Karins Großmutter gehabt hatte. Der Raum war nicht besonders groß, es gab nur wenige Tische mit kleinen Gießkännchen als Blumenvase. »Shabby«, sagte Karin, und Markus sah sie verständnislos an. »Was ist?« Bevor sie es erklären konnte, rief Marianne ihnen zu und winkte sie zum Tisch. Nach der Reihe begrüßten sie die Gäste, Karin kannte nur ein Paar. Sie setzte sich neben einen der Unbekannten. Markus war mit seinem Tischnachbarn sofort in ein Gespräch verwickelt. »Peter«, sagte der Mann neben Karin und reichte ihr die Hand. »Karin«. Auf neue Bekanntschaften war sie nicht gefasst gewesen, sie war viel zu müde, um sich vorzustellen und sah sich hilfesuchend um, doch ihre einzigen Bekannten saßen zu weit weg. »Woher kennst du Marianne?«, fragte er. »Von der Uni«, entgegnete sie und schaute demonstrativ auf die Karte. Es gab Veilchenspritzer und hausgemachten Hollersaft zu unmöglich hohen Preisen. »Ach so. Ich habe ja als Kurator mit Marianne zusammengearbeitet. Was machst du?« Marianne lächelte ihnen zu. Karin wäre gern aufgestanden und gegangen. »Ihr habt euch also schon kennengelernt?«, rief Marianne von gegenüber und beugte sich zu ihnen. »Karin ist auch Künstlerin«, setzte sie fort. »Ach wirklich?«, fragte Peter. Er nickte, doch Karin reagierte nicht, sie lächelte nur, wollte das Thema wechseln. »Bildend, oder?« – »Ja, aber nur nebenbei.« Sie bemerkte selbst, dass sie mit dem Fuß zu wippen begann. Wie eine Vierzehnjährige, dachte sie. »Nebenbei? Ist Kunst nebenbei denn möglich?« – »Ich mache es nur noch als Hobby«, sagte sie, als müsste sie sich entschuldigen. »Als Hobby, ach so.« Er dehnte das Wort Hobby in die Länge. »Da muss ich immer an Frauen um die siebzig denken, die Aquarelle malen.« Sie lächelte gequält. Was für ein arroganter Idiot. »Was tust du dann beruflich?« – »Ich arbeite für die Stadtverwaltung.« – »Kunstsektion, oder wo?« – »Gewerbewesen.« Sie wünschte sich, er würde es damit belassen und hoffte, Marianne würde sie retten. Doch die hatte bereits ein Gespräch mit ihrer Tischnachbarin begonnen und sich abgewandt. »Aha, was macht man da?«, fragte Peter und klang mehr amüsiert als interessiert. Verarschte er sie? Warum nicht ein Märchen erzählen, irgendetwas, um interessanter zu klingen? Nein, wozu. »Wer ein Gewerbe anmelden will, muss sich bei uns melden. Oder wer den Standort eines Gewerbes verlegen will. Solche Sachen. Ich überprüfe, ob die Gewerbeberechtigung erteilt werden darf oder nicht.« Während sie es sagte, erkannte sie schon, wie seine Langeweile auf sie überschwappte. »Also bist du Beamtin?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin Vertragsbedienstete.« – »Was ist da der Unterschied?« – »Ich bin zum Beispiel nicht pragmatisiert.« – »Na gut, aber du musst schon was Ärgeres anstellen, um den Job zu verlieren, oder?«, bemerkte er süffisant. »Ja, das stimmt, aber.« Sie hörte einfach mitten im Satz auf, sie hatte keine Lust sich zu verteidigen. Dem Mann fiel es nicht einmal auf. »Na ja, sicherer Job. Nicht schlecht.« Sie wusste, dass er sich genauso eine Ablenkung durch einen Tischnachbarn wünschte, wie sie es tat.

Warum war sie überhaupt mitgekommen? Marianne hatte gesagt, es würden in erster Linie Leute sein, mit denen sie zusammenarbeitete. Berufliche Kontakte aus der Kunstszene. Karin bestellte einen Spritzer. Ihr Tischnachbar Peter nutzte die Zwischenzeit und mischte sich in das Gespräch seiner anderen Sitznachbarn ein. Er drehte ihr den Rücken zu.

Der Kellner brachte den Spritzer. Immerhin konnte sie sich an etwas festhalten. Sie sah sich um, mittlerweile waren alle in Gespräche verwickelt, einander zugewandt, interessiert, lachend, zumindest nicht gleichgültig. Sie versuchte in das Gespräch zwischen Markus und seinem Tischnachbarn einzusteigen, aber sie konnte nichts beisteuern. Sie versuchte, Markus’ Blick einzufangen, ihm zu zeigen, wie langweilig ihr war, doch er war völlig abgetaucht. Karin packte ihr Handy aus, um irgendwie beschäftigt zu wirken. Sie rief ihre E-Mails ab – drei Spams –, kontrollierte ihre Nachrichten – keine –, schaute auf Facebook, kommentierte das Hochzeitsfoto einer ehemaligen Kollegin mit »Gefällt mir«, scrollte nach unten und sah sich einige nichtssagende Postings und langweilige Bilder an. Sie schrieb eine Nachricht an eine Freundin (Wie geht’s dir?) und eine an Markus (Mir ist langweilig!!!!!!!!).

Sie hoffte, er würde das Piepsen hören oder die Vibration spüren, doch er griff nicht nach der Hosentasche, um das Handy herauszuholen. Sie trank ihren Spritzer aus. Nachdem Markus schon ein neues Getränk vor sich stehen hatte, bestellte auch sie ein zweites. Sie dachte an mögliche Ausreden und bereute es, kein kleines Kind mehr zu haben. Moment, sie war vierzig, brauchte es in diesem Alter noch Ausreden, um zu gehen? Und wieso fühlte sie sich so minderwertig neben diesem unsympathischen Mann? In dem Moment fing sie endlich Markus Blick ein, er lächelte sie an. »Alles okay, unterhältst du dich gut?«, fragte er und streichelte ihren Oberschenkel. Karin nickte. »Sicher.«

»Tschulie!«

Ich drehe die Musik noch lauter und stopfe meine Kopfhörer ganz tief in die Ohren. Es tut fast weh. Frau Kratochwa vom oberen Stock hat gesagt, dass man von zu lauter Musik taub wird. Aber was soll ich denn sonst tun, wenn ich meine Ruhe haben will? Gegen meine Mama hat Katy Perry keine Chance. Dabei hat Katy eine starke Stimme. Ich finde, sie hat die beste Stimme. Ich bin ein riesiger Katy-Perry-Fan und habe mir einmal überlegt, was ich sie frage, wenn ich sie irgendwann treffe. Als Erstes möchte ich wissen …

»Tschulie!« Meine Mama fetzt mir meine Kopfhörer aus den Ohren.

»Was ist denn?«, frage ich und schaue ganz unschuldig mit großen Augen. Das habe ich Hannah Montana schon vor Ewigkeiten abgeschaut. Die hat das auch immer gemacht. Ich habe das Große-Augen-Machen ganz oft vor dem Spiegel geübt.

»Ich brüll seit einer halben Stunde!«

Sie sieht wütend aus. Wenn Mama wütend ist, werden ihre Augen ganz klein, und ihr Mund ist nur noch ein Strich. Das ist nicht schön. Wut passt meiner Mama nicht. Dabei sieht sie sonst super aus. Wenn uns Leute nicht kennen, fragen sie immer, ob sie meine Schwester ist. Das fragen meistens Männer. Oder eigentlich nur Männer. Ich glaube, ich wiege doppelt so viel wie Mama, obwohl ich nicht dick bin, vielleicht ein bisschen mollig. Aber ich wiege mich schon seit mindestens zwei Monaten nicht mehr. Unsere Waage ist kaputt, und Mama sagt, sie hat kein Geld für eine neue. Sie wiegt sich, wenn sie im Solarium ist, und das ist sie fast jede Woche.

»Hast du schon wieder meine Zigaretten genommen?«

Ihr Nasenpiercing glänzt in der Sonne wie ein Edelstein. Aber ich weiß ganz genau, dass es keiner ist, es ist ein voll hässliches Geschenk von ihrem Trottel-Freund, sonst nichts. »Ich habe deine Zigaretten nicht, ich rauche ja gar nicht mehr.« – »Was?« Sie sieht hektisch hin und her und dreht jeden Polster um. »Ich rauche nicht mehr!« – »Jaja, sicher.« Meine Mama glaubt mir nie etwas, und das ärgert mich. »Seit einer Woche hab ich keine Tschick mehr in der Hand gehabt.« – »Da!«, ruft sie und holt aus einer meiner Hosen ein Packerl heraus. »Und das?« Sie sieht drein, als ob sie 500 Euro gefunden hätte. »Das ist ein uraltes Packerl, die sind da schon lang drinnen.« Sie nimmt sich eine Zigarette und das Feuerzeug vom Kästchen. Feuerzeuge haben wir immer genug, weil Mama sie sammelt, nur funktionieren sie meistens nicht. Zigaretten haben wir immer zu wenig. Das Feuerzeug ist kaputt. »Ich glaube, das ist leer«, sage ich, aber sie probiert es weiter. Klick, klick, klick macht es, ohne dass eine Flamme auftaucht. »Scheiß Ding«, sagt sie mit der Tschick im Mund. Sie schmeißt das Feuerzeug auf das Bett. Ich hole ein anderes aus einer Lade. »Da.« Sie nimmt es und es funktioniert sofort. »Ist eh meins«, sagt sie und verschwindet. Ich sehe ihren Hintern, bei der Hitze trägt Mama nur Leiberl und String. »Übrigens kommt Mario heute«, sagt sie im Gehen. »Was? Warum?« Sie stellt sich tot und macht die Tür zu. Wir machen normal nie die Tür zwischen Schlaf- und Wohnzimmer zu – außer, wenn der Kotzbrocken Mario da ist.

Ich sitze auf dem Bett mit einem Blatt Papier. Es ist nicht richtig ein Blatt Papier, sondern irgendeine Rechnung. Nur finde ich, dass »Blatt Papier« schöner klingt als »alte Rechnung«.

Seit gestern habe ich einen Plan. Ich habe so eine Bachelor-Sendung angeschaut. Da geht es um reiche Typen. Die können aus lauter supergeilen Weibern eine auswählen. Und dann ist mir voll eingefallen, was ich machen muss. – Ich bin ja auch eine Frau. Und supergeil kann ich auch sein. Mit den richtigen Klamotten und Schminke. Nicht so geil wie Michelle vielleicht. Aber ein bisschen. Deshalb muss ich jetzt nur noch draufkommen, wo und wie ich reiche Männer kennenlernen kann. Das schreibe ich auf mein Blatt Papier. Ich denke nach. Die erste Möglichkeit ist natürlich, bei einer dieser Soaps mitzumachen.

Ich notiere auf meinem Zettel:

»1. Bei einem Bachelor-Casting mitmachen.«

In dem Moment läutet mein Handy. Kann ich hier nicht in Ruhe arbeiten? Es ist Michelle. Ich gehe nicht dran. Mir fällt ein, dass eine Lehrerin einmal erzählt hat, dass Handy in Amerika Mobile heißt. Wahrscheinlich hat sie uns angeschwindelt. Ich war noch nie in Amerika. Das weiteste war Italien, mit Mama und ihrem damaligen Freund. Der Strand war voller Sand, es gab tausend Liegestühle und noch mehr Sonnenschirme. Wir haben keinen Sonnenschirm genommen. Ist ja logisch, wir wollten ja braun werden. Mama hat sich für den Urlaub extra die Haare blond gefärbt. Es war der schönste Urlaub meines Lebens. Bis jetzt war ich dreimal auf Urlaub. In dem Moment habe ich eine neue super Idee:

»2. Auf Partys gehen, wo reiche Männer sind.«

Gehen reiche Männer auf Partys? Ich glaube, fast nur alte Männer sind reich. Und alte Männer gehen sicher nicht auf Partys. Ich streiche Partys durch und schreibe stattdessen: »Veranstaltungen«.

»3. Internet-Singlebörse.«

Suchen reiche Männer Frauen im Internet? Wahrscheinlich nicht. Ich war schon auf Singleseiten, aber auf lustig. Getroffen habe ich noch nie wen. Da kann man nämlich ganz schön draufzahlen! Michelles Cousine hat einen Typen getroffen, es hat sich herausgestellt, dass alles, was er erzählt hat, gelogen war und er nur mit ihr ins Bett gehen wollte. Es gibt auch Singleseiten, für die man zahlen muss, so wie Parship. Mama hat sich da einmal anmelden wollen, aber es war ihr dann doch zu teuer.

Mir fallen keine Punkte mehr ein. Also nehme ich mein Handy und google bei RTL, RTL II, Viva, ProSieben, SAT1, ATV, Puls4, Super RTL und ORF nach Bachelor. Der Handy-Bildschirm ist winzig, ich sehe fast nichts. Aber Mama und ich haben keinen Computer.

Bei drei Sendern finde ich Bachelor oder Millionär sucht Frau. Ich wähle eine Bachelor-Sendung aus. Jetzt muss ich zur Anmeldung. Ich gebe meinen Namen ein, beim Alter schwindle ich ein bisschen. Das Tippen ist mühsam. Was die alles wissen wollen – meine Hobbys, meine Größe, mein Gewicht, sogar ein Foto soll ich hochladen. Ich entscheide mich für Sport, Bücher und Reisen (Hobbys), 1 Meter 80, 60 Kilogramm, lade ein Foto von Michelles Facebookseite herunter und drücke auf »Weiter«. Es erscheint ein gelbes Fenster, auf dem steht, dass die Anreise zum Casting selbst zu bezahlen ist. Ich drücke den Link »Castingtermine und Castingorte«. Es erscheint eine Liste: Hamburg, Berlin, Leipzig, München, Frankfurt.

Ich weiß nicht, wo Leipzig ist, aber die anderen Städte sind alle in Deutschland, glaube ich. Ich gebe in Google-Maps »Route berechnen« Wien und Berlin ein. Das sind ja fast sieben Stunden mit dem Auto! Wie soll ich denn da hinkommen, bitte? Wir haben kein Auto. Vielleicht mit dem Zug. Ich gebe »Zugticket Wien-München« ein und mich haut es fast um. Was glauben die, warum ich Millionäre kennenlernen will? Wie soll ich vorher schon Geld haben?

So eine Scheiße. Bei den anderen Sendern ist es nicht besser. »Wir nehmen derzeit keine Anfragen entgegen« steht bei einem. Bei einem anderen suche ich ewig, aber da ist nirgendwo ein Anmeldeformular.

Es war zu heiß. Karin fuhr den Laptop herunter. Sie hatte Arbeit mit nachhause genommen, in der Bürohitze war es ihr unmöglich gewesen, die Daten zu kontrollieren. Doch selbst jetzt, um 20 Uhr abends, war es nicht besser geworden.

Sie gab widerwillig auf. Karin ließ nicht gern Arbeit liegen, sie war gewissenhaft und wollte die Dinge so schnell wie möglich erledigen. »Fleißiges Bienchen« hatte sie einmal ein Vorgesetzter genannt, sie hatte es als eine unmögliche, sexistische Beschimpfung empfunden und hatte trotzdem dumm gelacht. Er war einer der höchsten Beamten der Stadt gewesen, ein älterer Macho, wie es noch so viele gab, da halfen auch Genderabteilungen und Frauenrechte nichts, sie hatte es einfach hingenommen.

Sie war hungrig, hatte aber auf nichts Lust, was der Kühlschrank hergab. Durch das geöffnete Fenster roch es nach Pizza. Pizza …, dachte sie. Wann hatte sie das letzte Mal Pizza gegessen? Es musste während der Schwangerschaft gewesen sein oder nein, im Neapel-Urlaub vor drei Jahren. Pizza war tabu, sie musste auf ihre Figur achten. Mit jedem Lebensjahr wurde es schwieriger, die Kilos wieder loszuwerden.

Sie holte eine Gurke aus dem Kühlschrank, wusch sie und schnitt sie in Scheiben. Eigentlich hätte sie heute einkaufen müssen, der Gedanke an den klimatisierten Supermarkt war verlockend gewesen. Im Arbeitszimmer läutete ihr Handy, Karin lief hin, es kostete sie einen Schweißausbruch. »Mama« stand auf dem Display. Unweigerlich rollte sie mit den Augen. Die Eile hätte sie sich sparen können, ihre Mutter rief immer mindestens dreimal hintereinander an, wenn sie nicht abhob.

»Hallo, wie geht’s?«, brüllte sie ins Telefon.

»Gut«, antwortete Karin. Sie wartete ab, ihre Mutter würde erst nach einer ausführlichen Erzählung aller nachbarlichen Geschichten den eigentlichen Grund ihres Anrufs nennen.

Karin hörte nicht zu. Sie nutzte die Zeit, holte einen ein Wischtuch aus dem Bad und begann Regale abzustauben. Die meisten Namen, die ihre Mutter nannte, sagten Karin nichts. Sie war zweimal im Jahr bei ihren Eltern, wie sollten ihr diese Leute aus dem Dorf ihrer Kindheit jetzt noch etwas sagen?

»Aber ich hab ein Problem. Ich hab ja mein GMX, und da hat mir die Margit ein Mail geschickt, zum Geburtstag.«

»Aha.« Karin wischte energisch über eine Figur, die sie von einem Peru-Urlaub mitgenommen hatten.

»Ich bekomme das aber nicht auf, wie mache ich das? Sie hat gesagt, sie hat mir so eine Karte geschickt …«

»Eine Glückwunschkarte?«, riet Karin.

»Genau! Ja, jedenfalls weiß ich nicht, was ich jetzt tun soll, wenn ich die aufmache, dann steht da, warte, dann steht da …«

Die technische Unfähigkeit ihrer Mutter machte Karin wahnsinnig. Zu Weihnachten hatte sie ihr einen Computer-Seniorenkurs geschenkt, doch ihre Mutter hatte sich geweigert, ihn einzulösen. »Ich kenn mich eh aus«, hatte sie gemeint. Karin versuchte ruhig zu bleiben und Punkt für Punkt mit ihr durchzugehen. »Was steht in dem Fenster?«

»Welches Fenster?«

»Der graue Kasten, was steht da?«

Nach einer halben Stunde hatte ihre Mutter es noch immer nicht geschafft, die Karte zu öffnen, dafür drei andere Nachrichten gelöscht. »Es wäre alles einfacher, wenn ihr nicht so weit weg wohnen würdet!«, beschwerte sie sich.

»Aber wenn wir in eurer Nähe wohnen, beziehen wir leider kein Gehalt.«

Karin wollte das Thema wechseln. »Wie geht es Papa?«, lenkte sie ab und wischte im Schlafzimmer weiter.

Als sie auflegte, war ihr fast schlecht vor Hunger. Sie aß drei große Schüsseln Schokomüsli. Bei der Menge hätte sie gleich eine Pizza bestellen können. Karin ging ins Schlafzimmer. Im Schrank und auf den Nachtkästchen staubte es. Sie musste ein ernstes Wort mit ihrer Putzfrau reden. Die Kleider klebten auf ihrer Haut. Sie zog sich aus und legte sich nackt auf das Bett. Ihr Bauch wölbte sich leicht nach oben. Das Müsli. Sie war grundlos unzufrieden. Ihr Normalzustand.

Ich werde nie wieder fernsehen! Jetzt brauche ich eine Pause. Ich rauche zwei Zigaretten und greife zum Handy. Punkt zwei muss einfacher sein. Ich gebe auf Google »Millionär« und »Veranstaltung« ein. »Der Bauer als Millionär« kommt ganz oft unter Eventtipps. Vielleicht ist das eine Mischung aus Bauer sucht Frau und Millionär sucht Frau. Aber sind Bauern reich? Ich kenne keinen Bauer, nur die Bauern aus Bauer sucht Frau. Die sind fix nicht reich. Denen mit den großen Gutshöfen oder den Pferdegestüten geht es anders, zumindest bei Das Glück dieser Erde.

Ich lese nach, was »Der Bauer als Millionär« für eine Veranstaltung ist. Das ist ja eine Märchenvorführung oder so was Ähnliches und gar keine Veranstaltung! Noch ein Reinfall, das gibt es ja wohl nicht. Am liebsten möchte ich alles hinschmeißen. Mühsame Dinge hasse ich. Es ist so beschissen, wenn etwas nicht gelingt. Aber diesmal habe ich mir ganz fest vorgenommen, dass ich nicht aufhöre. Nein, Tschulie, diesmal nicht, du bleibst dran, hörst du?

Das sage ich zu mir, weil eine Motivationstrainerin in der Barbara-Karlich-Show meinte, sich selbst zu loben sei wichtig. Tschulie, bleib dran, du schaffst es, du bist voll super und supergeil.

Aber für heute habe ich genug gemacht. Ich gehe ins Wohnzimmer. Mama sitzt auf der Couch und schaut eine Richtersendung, auf dem Bildschirm ist eine fette blonde Tussi, die sagt: »Ich hab es nicht gewusst.«

»Was hat sie nicht gewusst?«, frage ich Mama, aber die macht nur »Pscht!«. Sie hat den Fernseher laut aufgedreht, dabei ist sie nicht schwerhörig. Das Gesicht der Richterin ist jetzt im Fernsehen.

»Aber alle Beweise sprechen gegen Sie. Sie haben es ja freiwillig gemacht.«

Ich setze mich neben Mama. »Was hat sie freiwillig gemacht?«

»Ruhe jetzt.«

Jetzt ist ein Typ da mit voll vielen Pickeln im Gesicht. Es sieht aus wie tausend Gelsenstiche. Mit dem Gesicht würde ich mich nicht vor die Kamera trauen. Zum Glück ist meine Haut glatt wie ein Pfirsich, obwohl ich den Vergleich mit dem Pfirsich nicht nachvollziehen kann, ich finde, ein Pfirsich ist überhaupt nicht glatt. Eine Nektarine ist ganz glatt, aber das klingt nicht so gut, Haut wie eine Nektarine.

»Ich hab ihr doch gesagt, dass sie es nicht machen soll, aber sie hat gesagt, sie will es unbedingt.« Der Pickeltyp wird lauter und schimpft.

»Das nimmt ihm ja keiner ab«, sagt meine Mama, »damit kommt er nicht durch.«

Ich zucke mit den Schultern. Mit den Schultern zucken ist so ein schöner Satz, das habe ich von Paco aus Unter Uns. Der Pikkeltyp ist langweilig. Ich möchte die Fernbedienung nehmen und umschalten. Aber dann schmeißt mich Mama raus.

»Warum gehst du nicht zu Mario?«, frage ich Mama.

»Ich traue mich seitdem nicht mehr duschen«, sagt die fette Blonde.

»Warum bist du nicht bei Mario?«

»Sein Bruder ist die Woche bei ihm.«

»Nur mehr baden, da hab ich alles im Blick.« Das Mädchen fängt zu weinen an.

»Hat der keine eigene Wohnung, der Bruder?«

»Es war so schrecklich«, sagt die Blonde.

Mama schüttelt den Kopf.

Na gut, dann werde ich am Abend im Schlafzimmer bleiben. Nur muss ich manchmal aufs Klo, und das geht nur durchs Wohnzimmer. Da schmusen Mama und Mario immer so ekelig herum. Aber das ist nicht einmal das Ekeligste. Mario ist eine Sau, und Mama tut so, als wüsste sie das nicht. Aber der kann nicht einmal in die Muschel pinkeln! Ich möchte nicht mit meinen bloßen Füßen in seine Pisse steigen. Das ist so grausig, dass mir gleich ganz schlecht wird. Ich habe Mama gesagt, dass er danebenpisst. Sie hat gesagt, dass ich lüge und nur so rede, weil ich Mario nicht mag. Das stimmt, ich kann Mario nicht ausstehen, aber dass er nicht pinkeln kann, hat damit nichts zu tun.

»Es hat Sie schon sehr aufgewühlt, Sie sind ja noch immer ganz mitgenommen, wenn Sie davon erzählen«, sagt der Anwalt im Fernsehen.

»Und wir schlafen im Bett«, sagt Mama.

»Nein, so ein Dreckscheiß«, sage ich, und das Mädchen im Fernsehen meint: »Ja, es hat mich schon sehr mitgenommen.«

»Wenn es dir nicht passt, dann übernachte woanders«, sagt Mama.

Das sagt sie immer, wenn ihr nichts mehr einfällt. Zieh aus, übernachte woanders, such dir selber eine Wohnung und so weiter. Das Mädchen weint schon wieder.

»Die spielt extrem schlecht«, sage ich.

Das ärgert Mama. Weil sie glaubt ja, das sind echte Leute und keine Schauspieler. Dabei weiß jeder, dass das keine echten Leute sind. Das Mädchen redet wieder herum.

»Das ist eine ganz schlechte Schauspielerin«, sage ich.

Mama bläst ihren Rauch in meine Richtung. »Dann geh halt, wenn es dir nicht passt.«

»Ich will nicht im Zimmer sitzen und dann auf der Couch schlafen.«

»Dann geh zur Kratochwa hinauf«, schimpft Mama.

Die Kratochwa ist unsere Nachbarin, und als Kind war ich fast immer bei ihr. Aber jetzt will ich dort nicht mehr hin. Es riecht so nach alt. Alt ist ein ekeliger Geruch. Alt riecht wie Medikamente, Krankenhaus, Schwitze und Stinke und ein bisschen tot. Wenn eine alte Frau vor mir auf dem Klo war, stinkt es auch, und bei der Kratochwa riecht die ganze Wohnung so.

»Sie lügt, das müssen Sie mir glauben!« Der Pickeltyp spielt auch schlecht.

»Ich will nicht zur Kratochwa.«

Sie zeigen das Mädchen in Großaufnahme, sie hat nicht einmal wasserfeste Wimperntusche. Ich werde Michelle anrufen und bei ihr übernachten.

Die Richterin sagt: »Ich verurteile Sie wegen Falschaussage.«

Die dumme fette Tussi heult noch immer.

Ich gehe zurück ins Zimmer. Auf der Straße vor dem Fenster schimpft irgendwer, und dann startet ein Motorrad. Ich stöpsle mir die Ohren zu und suche das letzte Video von Miley Cyrus. Ich hasse Miley Cyrus, aber anschauen will ich sie trotzdem. Miley reibt ihren Arsch an einem Typen und streckt ihre Zunge heraus. Dann stürzt mein Handy ab, und ich sehe nichts mehr. Das passiert oft. Ich brauche ein neues Handy. Mama sagt, wenn ich ein neues will, muss ich es mir selbst kaufen. Ohne Handy ist alles scheiße. Ich lege mich aufs Bett und schwitze den Überzug voll. Hoffentlich kuschelt sich Mario heute da hinein. Warum kann Mama nicht zu ihm? Wenn sie dort ist, habe ich das ganze Bett für mich. Ist er da, muss ich auf das Sofa im Wohnzimmer. Das ist so unfair. Zuerst besetzen sie das Wohnzimmer und schauen fern und danach wollen sie ins Schlafzimmerbett, weil es bequemer ist.

Ich mache die Augen zu, aber es ist sogar zum Schlafen zu heiß. Bei Michelle ist es sicher genauso. Die Stadt ist wie ein riesiges Soli. Ich träume ein bisschen und stelle mir vor, dass ich Katy Perry treffe. Aber das klappt auch nicht so gut, sogar zum Träumen ist es zu heiß.

Ich stehe auf, nehme mein Handy und ein paar Sachen, die ich brauche, gehe durch das Wohnzimmer und ziehe meine Schuhe an.

Die Richterin sagt: »Das war es dann also«, und ich bin weg.

Die Unzufriedenheit gehörte zu Karins Leben, immer wieder tauchte sie auf und machte sich breit. Nach rund 40 Jahren hatte Karin auch das Muster erkannt. Sobald sich ein gewisses Maß an Langeweile ausbreitete, trat sofort die Unzufriedenheit auf den Plan. Wobei unter Langeweile nicht zu verstehen war, dass sie nichts zu tun hatte. Zu tun hatte Karin immer genug. In ihrer Arbeit war sie ausgelastet, und zuhause fand sich auch immer etwas, was zu erledigen war. Es war die Langeweile in ihrem Kopf, das ziellose Dahintun, ohne einen konkreten Plan zu verfolgen. Projektorientiertheit, das war es, was sie sich auch für ihr Leben wünschte. Ein projektorientiertes, zielgerichtetes Dasein.

»Das ist doch ganz einfach. Setzen Sie sich ein Ziel, tun Sie etwas. Sie wollen doch malen, und träumen von einer Ausstellung? Fangen Sie endlich damit an!«, hatte ihr eine Therapeutin bei einer Sitzung geraten.

Seit sechs Monaten fing sie damit an. Noch kein einziger Pinselstrich war bisher entstanden. Das war die Krux der Langeweile: Sie nährte sich aus sich selbst, breitete sich weiter aus, beanspruchte jeden Winkel des Gehirns und brachte noch den kleinsten Funken Motivation zum Erliegen. Aber grundlos gelangweilt und unzufrieden zu sein, war Karin lieber als konkret enttäuscht zu werden. Dass sie kein Bild mehr fabrizierte, lag nicht nur daran, dass ihr der Aufwand zu mühsam war. Es war ihre Versagensangst, die sie davon abhielt.

Es machte keinen Sinn, auf eine Veränderung durch sich selbst zu hoffen. Das hatte Karin gelernt. Der Impuls musste von außen kommen. Früher hatte sie am Ende immer ihr Sohn gerettet. Durch ihn fand sich immer ein Thema, auf das Karin sich stürzen, das sie sich überlegen und zerdenken und angehen konnte. Aber mittlerweile regelte er die Dinge selbst, bezog sie kaum noch mit ein.

Mit Markus konnte sie darüber nicht reden. Er hätte ihr sofort die Lösung ihres Problems präsentiert: Ein Kind war die größte Daseinsberechtigung überhaupt – und etwas, woran Karin nicht einmal denken wollte.

Sie brauchte etwas ganz anderes. Etwas, das ihr Selbstvertrauen gab, sie aufbaute und – ja, worauf sie stolz sein konnte. Sogar mit einer freiwilligen Tätigkeit hatte sie es schon versucht. Doch ihre zeitlichen Möglichkeiten waren beschränkt. Nein, das war nicht ganz richtig. Nichts war ihr wichtig genug, um sich Zeit dafür zu nehmen. Sollte sie vielleicht weniger arbeiten, oder die ohnehin knappe Zeit mit Markus noch mehr einschränken, keine Freundinnen mehr treffen und die wenigen Ausstellungen, die sie besuchte, ganz streichen?

Vielleicht musste sie ins ganze Gegenteil gehen und einen völlig neuen, anderen Weg einschlagen. Ein Urlaub in völliger Einöde auf einer einsamen Insel, kein Internet, kein Fernseher, nicht einmal Bücher. Die völlige Hingabe an das Nichtstun. Gedankliches Ausmisten. Oder noch besser: eine Fastenkur in einem Kloster. Wenig essen, abschalten, meditieren lernen. Schon bei dem Gedanken daran kribbelte es in Karins Füßen. Fünf Minuten Nichtstun waren schon die reinste Hölle.

Michelle macht die Tür auf. »Wieso rufst du nicht an?«, fragt sie.

»Vergessen«, sage ich. Dabei habe ich absichtlich nicht angerufen. Einmal habe ich angerufen und gesagt, dass ich komme. Da hat Michelle gemeint, dass es nicht geht. Aber wenn ich schon da bin, kann sie das nicht sagen.

Ich gehe ins Wohnzimmer. Bei Michelle und ihrem Papa kommt gleich nach der Wohnungstür das Wohnzimmer. Ich will die Schuhe ausziehen, aber Michelle sagt: »Lass sie an, wir gehen gleich.« Sie hat nur String und Leibchen an, wie meine Mama. Obwohl sie eine tolle Figur hat, glaube ich nicht, dass sie so hinausgehen wird.

»Wohin?«

»Ins Einkaufszentrum, da gibt es eine Klima, und die Sonne knallt einem nicht auf den Kopf.«

»Gut, ich komm mit«, sage ich. »Kann ich heute bei dir schlafen?«

Sie nickt und zieht sich ein eine Hotpants an, die auf der Couch liegt.

Auf dem Weg zum Einkaufszentrum ist ein pinkes Plakat. »Ü-30-Party« steht drauf.

»Was heißt das?«, frage ich Michelle. Sie zieht die Musikstöpsel aus ihren Ohren.

»Was?«

»Was heißt ›Ü-30-Party‹?«, wiederhole ich.

»Na, Party für über Dreißigjährige. Alles uralte Männer mit Haaren auf der Brust. Wäh!«

Sie stöpselt die Ohren wieder zu und geht weiter. Ü-30-Männer müssen Geld haben. Das ist genau das, wo ich hinwill. Die Männer mit Brusthaaren haben sicher mehr Geld als die Typen im Dome. Die schaffen es nicht einmal, uns auf einen Spritzer oder einen Shot einzuladen.

Im Einkaufszentrum treffen wir Kamil und Malik. Also wir treffen sie nicht richtig, sondern Malik brüllt »Michelleiiii!« durch die ganze Halle. Er fährt auf Michelle ab. Das ist kein Wunder, auf Michelle fahren alle ab. Michelle findet Malik auch super. Das ist auch kein Wunder, Malik sieht toll aus. Er ist so eine Mischung aus Paco von Unter Uns und Jeremy von Vampire Diaries. Ich möchte ihn auch gern einmal küssen und seine harten Muskeln streicheln. Aber ich bin nicht blöd, so eine wie ich hat bei dem keine Chancen. Da muss man schon einen kleinen Arsch und so feste Titten haben wie Michelle. Sie fragt mich gar nicht, ob ich zu Malik und Kamil will, sondern geht einfach hin.

»Heee, wie geht’s?«

Malik küsst Michelle auf die Wangen, mich sieht er nicht einmal.

»Gut, was ist bei euch?«

Malik hat Jeans an, die seinen Arsch betonen, und ein Trägerleiberl, damit man seine Muskeln gut sehen kann. Er hat einen rasierten Kopf und breite Schultern. Ich glaube, er passt nicht durch unsere Klotür daheim. Ich möchte gern eine rauchen, aber im Einkaufszentrum ist das verboten. Kamil sitzt auf einer Bank. Er sieht mich nicht an, sondern schaut irgendwohin. Er hat so einen dummen Gesichtsausdruck, dass ich ihm eine runterhauen möchte. Trotzdem setze ich mich neben ihn. Vom Herumstehen tun mir schon die Beine weh. Kamils Hose hört über den Knien auf. Er hat ganz viele Haare auf den Oberschenkeln. Ich weiß gar nicht, wie Michelle auf die Idee kommt, dass nur Männer über 30 Haare haben. Ich bin mir sicher, Kamils Brust ist ein richtiger Urwald. Aus seinem T-Shirt schauen schwarze Haare heraus, pfui.

Wir sitzen ewig herum, weil Michelle und Malik nicht aufhören mit reden. Auf einmal klopft mir Michelle auf die Schulter. »Ja sicher, da wollten wir heute hin, nicht?«

Ich nicke. »Ja, zur Ü-30-Party.«

»Was? Nein, in den Dome natürlich.« Michelle lacht hysterisch.

»Aber nächstes Mal zur Ü-30-Party«, sage ich.

Michelle hat sich schon wieder umgedreht. Malik zieht sie mit den Augen aus, das sehe ich ganz genau. Er hat aber nicht viel zum Ausziehen, weil sie hat ja nicht viel an. Kamil packt sein Handy aus. Er macht ein Youtube-Video auf, das sehe ich, weil ich hingucke. Er lacht und das macht mich neugierig. Ich rücke ein bisschen näher und schaue auf sein Display: Ein Elch rutscht auf einer Eisfläche aus. Gut, es ist witzig, aber so lustig auch wieder nicht. Aber ich muss lachen, weil Kamil so lacht. Er zeigt mir noch ein Video. Da ist ein ganz hässlicher Typ, der auf Miley Cyrus macht und auf so einer Kugel herumturnt. Das ist echt lustig. Beim nächsten ist ein Hund, der zu einem Lied von One Direction tanzt. Ich muss jetzt voll lachen.

»Gehen wir?«, fragt Michelle.

Wir gehen zum H&M. Ich drehe mich kurz um, aber Kamil schaut weiter auf sein Handy.

Im H&M suche ich Sachen, mit denen ich alt ausschaue. So eine weiße Bluse vielleicht. Aber es ist ja viel zu heiß zum Probieren, und die Bluse ist überhaupt nicht sexy. Michelle steckt eine String in ihre Tasche ein. »Brauch ich«, sagt sie. Dann gehen wir wieder hinaus, und Malik winkt Michelle. Kamil schaut noch immer auf sein Handy. Ich wünsche mir, dass er mich ansieht und denke ganz fest an ihn und daran, dass er mich gleich anschauen wird. Im Fernsehen habe ich gesehen, dass das hilft: ganz viel an etwas denken, dann passiert es auch. Aber das ist mir noch nie gelungen. Jetzt auch nicht.

»Seid ihr euch sicher?« Marianne kicherte, Anja tratschte mit Doris.

»Hallo, ihr zwei, seid ihr euch sicher?« Karin sah nach vor. Es standen mindestens fünfzig Leute an, es würde ewig dauern, bis sie an der Reihe waren.

»Sicher sind wir uns sicher«, sagte Anja. »Da müssen wir jetzt durch.«

Marianne verschränkte die Arme vor der Brust. »Na, immerhin ist es nicht kalt.«

Vor ihnen standen zwei Pärchen und hinter ihnen zwei Mädchen. »Ich dachte, das ist eine Über-30-Party und kein Kindergarten?«, flüsterte Anja.

Doris zuckte mit den Schultern. »Ist doch egal, Hauptsache, wir haben unseren Spaß, oder? Und wir müssen ja feiern.« Sie umarmte Marianne. »So einen Erfolg können wir nicht einfach vergessen.«

Marianne lächelte selig, sie war betrunken. Karin konnte es ihr nicht verdenken. Auch wenn die Galerie, die Marianne übernommen hatte, nicht besonders groß war, ihre Reputation war enorm. Jetzt hatte sie endlich die Leitung übernommen. Nach der elenden Feier vor zwei Wochen, bei der Karin auch eingeladen war, folgte nun die Party mit den Freundinnen.

»Das hätte ich mir echt nie gedacht«, wiederholte Marianne zum hundertsten Mal. »Dass ich es wirklich werde!«

»Du hast es verdient, so wie du dich da hineingekniet hast«, meinte Karin.

»Wir hätten einen Prosecco mitnehmen sollen, damit wir was zu tun haben, während wir warten«, sagte Doris. Sie sah ungewohnt aus mit ihren hochgesteckten Haaren und dem Kleid.

»Wir können ja in eine Bar gehen«, schlug Karin vor. »Dann brauchen wir nicht zu warten.«

»Nichts da«, entschied Anja. »Wir gehen heute tanzen und fertig.«

Anja wollte diese Nacht unbedingt ausnutzen. Ihr Mann war mit den beiden kleinen Kindern über das Wochenende zu seinen Eltern gefahren. Karin erinnerte sich an früher, an die wenigen freien Zeiten, an denen eine Freundin oder ihre Mutter auf ihr Kind aufgepasst hatte und die sie dann auch unbedingt hatte ausnutzen wollen. Karin zog mittlerweile das Bett jeder Party vor. Woher hatte Anja all die Energie? Karin konnte sich gerade zu zweimal Yoga pro Woche aufraffen, und das war schon eine enorme Überwindung.

»Kommt Mädels, nicht stehen bleiben, weiter geht es.«

Marianne stieß sie an, und Karin machte zwei Schritte. Doris war bereits in ein Gespräch mit dem Paar vor ihnen verwickelt. Sie hatte ein Talent dafür, neue Leute kennenzulernen. Schade, dass sie als Chemikerin in einem Labor ihr Talent nicht beruflich einsetzen konnte.

»Was gibt es bei dir Neues, du hast noch gar nichts erzählt«, sagte Marianne.

»Nichts, wirklich gar nichts«, entgegnete Karin.

»Komm, das gibt’s doch nicht«, sagte Anja. »Irgendwas mit Markus? Arbeit? War da nicht was mit einem Baby?«

Karin winkte ab. »Nein, nein, danke, das ist vorbei. Ich will kein Baby, das haben wir ausgesprochen, Markus und ich.«

Als Aussprache konnte man es nicht bezeichnen, aber Karin hatte keine Lust, darüber zu reden. Fünf Stunden davor war Markus ohne ein Wort mit seiner Sporttasche aus der Wohnung verschwunden. Davor hatte sie ihm gesagt, dass sie sich in der jetzigen Situation kein Kind vorstellen konnte. »Was heißt in der jetzigen Situation? Was ist an der jetzigen Situation