Twist of Fate - Tia Louise - E-Book

Twist of Fate E-Book

Tia Louise

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Beschreibung

Scout und Daisy sind seit ihrer Highschool-Zeit unzertrennliche Freunde, die auch während ihrer College-Jahre jede Herausforderung gemeinsam gemeistert haben. Doch eine einzige Woche verändert alles. In dieser magischen Zeit, in der nur sie beide existieren, überschreiten sie die Grenzen der Freundschaft. Nach dieser Woche trennen sich ihre Wege: Scout zieht nach Hollywood, um seinen Traum als Schauspieler zu verwirklichen. Für Daisy hingegen nimmt das Schicksal eine unerwartete Wendung. Fest entschlossen, Scout nie etwas davon zu erzählen, beginnt sie einen neuen Lebensabschnitt.

Doch kann sie wirklich die Erinnerungen an diese Woche und die Gefühle für Scout hinter sich lassen? Und was passiert, wenn ihre Wege sich erneut kreuzen?

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Seitenzahl: 379

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Scout und Daisy sind seit ihrer Highschool-Zeit unzertrennliche Freunde, die auch während ihrer College-Jahre jede Herausforderung gemeinsam gemeistert haben. Doch eine einzige Woche verändert alles. In dieser magischen Zeit, in der nur sie beide existieren, überschreiten sie die Grenzen der Freundschaft. Nach dieser Woche trennen sich ihre Wege: Scout zieht nach Hollywood, um seinen Traum als Schauspieler zu verwirklichen. Für Daisy hingegen nimmt das Schicksal eine unerwartete Wendung. Fest entschlossen, Scout nie etwas davon zu erzählen, beginnt sie einen neuen Lebensabschnitt.

Doch kann sie wirklich die Erinnerungen an diese Woche und die Gefühle für Scout hinter sich lassen? Und was passiert, wenn ihre Wege sich erneut kreuzen?

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Tia Louise

Twist of Fate

Aus dem Amerikanischen von Sonja Fiedler-Tresp

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Widmung

Zitat

Prolog — Scout

1: Daisy

2: Scout

3: Daisy

4: Scout

5: Daisy

6: Scout

7: Daisy

8: Scout

9: Daisy

10: Scout

11: Daisy

12: Scout

13: Daisy

14: Scout

15: Daisy

16: Scout

17: Scout

18: Daisy

19: Scout

20: Daisy

21: Scout

22: Daisy

23: Scout

24: Daisy

25: Scout

26: Daisy

27: Scout

28: Daisy

29: Daisy

Epilog — Scout

Impressum

Lust auf more?

Für meine treuen Leserinnen und Leser.

Ich sehe und liebe euch mehr, als ich es ausdrücken kann.

Und für Mr. TL. Immer.

Whats’s meant to be, will always find a way

Trisha Yearwood

Prolog

Scout

Früher haben manche Leute behauptet, ich könnte sogar den Teufel so um den Finger wickeln, dass er in die Kirche gehen würde.

Meine Mom, die Bibliothekarin und Englischlehrerin und noch dazu furchtbar klug war, meinte jedoch, dass diese Leute mir unrecht tun würden. Sie würden in mir nur einen sehr gut aussehenden jungen blonden Mann (ihre Worte!) mit blauen Augen sehen, der auch noch ein begnadeter Footballspieler ist. Und sie würden denken, dass ich mein Aussehen und mein Talent ausnutze, um voranzukommen, weil meine Noten im Gegensatz dazu nicht die allerbesten waren.

Da lägen sie falsch, meinte Mom. Schlau sei auch, wer gut zuhören und mit Menschen umgehen könne. Und dass mein Bruder John, den wir alle J.R. nennen, eben ernster sei als ich, weil er der Ältere ist.

Ich hab meine Mom wirklich geliebt, aber ob sie in dieser Sache recht hatte, weiß ich nicht. Tatsache ist, dass ich während meiner Kindheit und Jugend in Fireside, South Carolina, einer winzigen Kleinstadt in der Nähe von Charleston, einfach ziemlich schnell kapiert habe, dass mich Freundlichkeit weiterbringt.

Zum Beispiel damals, als ich in der vierten Klasse war. Ms. Myrna wollte mich durchfallen lassen, weil ich über das Buch Stargirl nicht das geschrieben hatte, was sie sich vorgestellt hatte. Ich hatte einfach nicht begriffen, was das Ganze soll. Dieses Mädchen in der Geschichte war komisch, und klar, Leo war ein Nerd und hatte keine Freunde, aber was bitte schön sollte ich aus der Story lernen? Aber dann habe ich mitgekriegt, dass der Mann von Ms. Myrna sich bei seiner Arbeit im Baugebiet in Oceanside Beach am Rücken verletzt hatte. Er musste wochenlang liegen, und ich konnte meiner Lehrerin ansehen, dass sie das ganz schön fertig machte.

Und auch wenn ich keine tollen Aufsätze hinbekam, konnte ich ihren Rasen mähen und das alte Efeu von ihrem Zaun herunterschneiden und ihr die Tür aufhalten, wenn sie Bücherstapel aus dem Lehrerzimmer schleppte.

Schließlich sagte sie, wenn ich es schaffte, ihr den Inhalt der Geschichte zu erzählen, würde sie mir einen Punkt dafür geben, dass ich das Buch gelesen habe.

Was hat mich das gelehrt? Sich einzubringen bringt einen weiter, als die Leute am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen wie mein unnahbarer Bruder. Mit Manipulation hat das nichts zu tun. Es ist einfach die Realität.

Aber meiner Mutter habe ich das nie so gesagt.

Sie war einer der liebenswertesten Menschen überhaupt. Als sie am Schluss nur noch liegen konnte und ich an ihrem Bett saß, hat sie mir über die Stirn gestrichen, und ich wollte einfach nur, dass sie uns nicht verlässt.

Am Abend, als sie starb, sagte der Mann, den die Kirche geschickt hatte, dass der Himmel wohl einen neuen Engel gebraucht habe. Er sagte, sie sei zu gut für diese Welt gewesen – und das sah ich genauso. Er sagte, dass es Schicksal war.

Meine Mutter zu verlieren, war für mich eine Katastrophe. Nie zuvor hatte ich so viel Wut verspürt, Wut, die hinter meiner Brust loderte und den Rücken bis zum Nacken hinaufkroch. Ich hatte nur noch den Drang, Dinge kaputt zu machen. Die Wut brachte mich fast dazu, alles andere zu vergessen …

Mein Leben war wie so eine Zaubertafel, die man schütteln und damit das Bild zum Verschwinden bringen kann. Es war komplett durcheinandergewirbelt. Ich hasste dieses Gefühl. Es war furchtbar. Nie wieder wollte ich so etwas fühlen.

J.R. und ich blieben mit unserem Dad zurück und mussten versuchen, irgendwie mit uns klarzukommen. Also machten wir das, was wir konnten: Football spielen. Dad warf sich in die Arbeit und nahm nur Notiz von uns, wenn wir im Garten trainierten, und dann wieder später, als J.R. und ich auf dem besten Weg waren, Superstars zu werden.

Als ich im Schultheater mitspielte, stellte ich fest, dass ich dabei jemand anderer sein konnte. All meine Wut, mein ganzer Schmerz verschwand auf der Bühne. Die Zuschauer fanden Gefallen an mir, und wenn ich sie zum Lachen, Kreischen oder Weinen bringen konnte, hatte ich das Gefühl, etwas Großes geleistet zu haben.

Ich habe diese Geschichte nur einem einzigen Menschen erzählt, einem Mädchen, dem ich mehrmals auf einem Schrottplatz begegnet bin, und sie hat mich verstanden. Sie wollte mehr wissen.

Daisy

Meine früheste Erinnerung ist Angst.

Noch immer sehe ich meine Mom ganz starr dasitzen und aus dem Küchenfenster starren. Sie wirkte, als wäre sie weit weg. Schon damals plante sie ihre Flucht, und sie machte mir Angst.

Ich ging zu ihr und zog an ihrem Shirt, aber sie nahm mich trotzdem nicht auf den Schoß. Stattdessen schnaubte sie resigniert und stand auf, um Geschirr zu spülen. Ab und zu ging dabei etwas zu Bruch.

Wenn sie im Sessel saß und Seiten aus Dads alten Büchern herausriss, sagte sie manchmal zu mir, ich solle mich nicht allzu sehr anstrengen, hübsch auszusehen.

»Sei clever, das ist das Einzige, was zählt«, sagte sie. »Denn egal, wie hübsch du bist: Es ist unser Schicksal, allein zu sein.«

Ich wusste nicht, was sie meinte. Für mich war sie sehr hübsch. Ich erinnere mich noch genau, wie ihr Haar in der Sonne rötlich schimmerte, so außergewöhnlich und wunderschön, und außerdem war sie doch nicht allein, denn sie hatte ja mich.

Sie verließ uns in den letzten Maitagen. Was sie letztlich dazu brachte, weiß ich nicht.

Ich war zu der Zeit Junior in der Highschool, hörte Musik von Boybands und wünschte mir, dass meine glatten blonden Haare sich zumindest ein kleines bisschen wellen würden. Ich war verliebt in den süßen Jungen aus meinem Mathekurs, der allerdings, wie sich rausstellte, ein ziemlicher Depp war.

»Erwarte bloß nicht, dass jemals ein Mann deine Träume wichtiger nimmt als seine eigenen.« Die Angst schnürte mir die Kehle zu, als ich zusah, wie sie ihre Klamotten in den Koffer warf. »Männer sind selbstsüchtig, egozentrisch … Du musst selbst auf dich aufpassen. Männer werden dich niemals glücklich machen.«

Ja, Männer können meine Mom nicht glücklich machen, aber was ist mit mir? Die Frage dröhnte in meinem Kopf. Daisy bedeutet Gänseblümchen. Und das Gänseblümchen ist die glücklichste Blume – das hat sie mir so oft gesagt. Aber trotzdem hatte auch ich sie nicht glücklich machen können.

Ich folgte ihr zur Tür, unfähig, auch nur ein Wort zu sagen, als sie ein letztes Mal stehen blieb. »Ich lasse dich nachkommen, sobald ich mich eingerichtet habe.«

Aber dazu kam es nicht.

Sie war nicht die, für die ich sie gehalten hatte. Sie hat uns weggeworfen wie Sperrmüll. Doch eines Tages auf dem Schrottplatz hat mich jemand ganz Wunderbares gefunden …

1

Daisy

Was für ein riesiges Teil.

Ich schiebe mir eine Haarsträhne hinter das Ohr, umfasse den überdimensionalen Wetterhahn aus Metall mit beiden Armen und versuche krampfhaft, ihn aus dem Kofferraum meines hellblauen Ford Bronco zu hieven, ohne ihn zu beschädigen.

Das letzte Mal, dass ich auf Owen Peppers Schrottplatz herumgestöbert habe, war in meinem letzten Schuljahr, zusammen mit meiner Cousine Joselyn, die wir alle Sly nennen. Scout war damals auch da, zusammen mit seinem Bruder J.R., und die beiden haben uns geholfen, die schwereren Teile zu schleppen.

Ich sehe Scout noch vor mir, mit dem goldbraunen Haar, das ihm immer wieder so sexy in die Stirn fiel, der golden schimmernden Haut und den Muskeln, die sich bei der Anstrengung wölbten. Sein Shirt war hochgerutscht, so dass sein fester Bauch sichtbar wurde, und das Muskel-V, das in seiner Jeans verschwand …

Er erwischte mich dabei, wie ich ihn ansah. Und lächelte. Später fragte er mich, ob ich mit ihm auf den Schulball gehen würde. Und dort küsste er mich.

Das Ganze ist Jahre her. Es war, bevor ich aufs College ging, bevor ich meinen Abschluss in Innenarchitektur mit dem Schwerpunkt Antiquitäten machte. Und es war lange bevor ich meiner Tante angeboten hatte, das Geburtshaus ihres letzten Ehemanns in Fireside in ein Bed & Breakfast zu verwandeln.

»Wo zum Teufel hast du denn das Ding her?«, ruft Spencer Carrollton mir zu und reißt mich damit aus meiner Gedankenreise in die Vergangenheit.

Er steht ganz oben auf der roten Steintreppe, die zur Veranda von Tante Reginas großer Villa im Kolonialstil führt. Ich habe ihr angeboten, sie herzurichten, wenn ich es als Projekt für meine Abschlussarbeit verwenden darf.

»Von Owen Peppers Schrottplatz.« Wo ich alle meine Schätze finde. Ich ruhe mich einen Moment auf dem Gehweg aus und blicke zu ihm hoch. »Komm bloß nicht auf die Idee, mir zu helfen.«

Mein Nicht-Helfer trägt eine blaue Stoffhose und einen hellen Blazer über einem hellblauen Shirt. Sein dunkles, kurz geschnittenes Haar ist nach hinten gegelt. Mit seinen makellosen Zähnen erinnert er mich an den Schauspieler Tom Ellis, eher bereit für einen Businesslunch, als mir zu helfen.

»Ein Hahn? Als ich mit Miles am Sledge House gearbeitet habe, hatten wir ein Konzept, das die Vögel aus dem südlichen Louisiana zur Grundlage hatte. In jedem Zimmer hingen riesige Drucke von diesem berühmten Ornithologen, Audoban. Der Kanadareiher oder der Braunpelikan. Wir waren damit in Antiques Today!«

»Fireside ist anders.« Ich schüttele den Kopf, packe den riesigen Vogel am Hals und ziehe ihn Stufe für Stufe nach oben. Er ist so groß wie ich, und da ich nur ein Top mit Latzhose trage, scheuert er mir über die Haut.

»Kann sein. Aber du hast die Macht, Fireside zu verändern … vielleicht sogar die moralische Verpflichtung.« Er tritt mit missbilligendem Blick zur Seite. »Dieses alte Gebäude wirkt von außen wirklich edel. Das sollte sich im Inneren widerspiegeln.«

»Tante Regina möchte das aber nicht. Sie hat es lieber gemütlich. Genauer gesagt meinte sie, dass hier ein Ort geschaffen werden soll, an dem sich jeder sofort zu Hause fühlt, eingehüllt von Wärme.«

»Und rot kariert bedeutet Wärme?«

»Das sind doch nur Tischdecken.« Ich zerre die Skulptur die letzte Stufe hinauf. »Und sollten wir unseren Kunden nicht das geben, was sie sich wünschen?«

»Ja, aber wir sollten sie auch vor geschmacklosen Fehlern beschützen.«

»Alt und neu zu mischen ist ziemlich in, wusstest du das noch nicht?«

»Sagt wer? Elle Décor? Haben die nicht auch behauptet, Gewölbe sei out? Idioten!«

»Das war nur ein Witz.«

Als ich den Hahn wieder hochhebe, dreht er sich, und der Metallschnabel bohrt sich in meinen Oberarm. »Au! Mist!«

Spencer beugt sich zu mir, um besser sehen zu können. »Es ist kein tiefer Schnitt. Glück gehabt.« Er zieht am Jeansgürtel meiner Latzhose. »Du solltest lange Ärmel tragen, wenn du auf einem Schrottplatz herumwühlst. Sonst kriegst du noch Tetanus.«

»Wieso sollte ich Tetanus kriegen? Halt mir mal die Tür auf.«

»Du bringst das Ding ins Haus? Ist das nicht eher was für draußen?«

»Es kommt in die Küche.«

»Ernsthaft? Ich dachte, dieser Job sollte Werbung für deinen Stil sein.« Sein arroganter Ton stachelt mich erst recht an. »Warte, bis ich fertig bin, dann wird es dir schon gefallen.«

»Glaub ich kaum. Besser, mein Name fällt bei dieser Renovierung nicht.«

»Ich will deinen Namen gar nicht nennen. Das ist mein Projekt.«

Wir durchqueren das Foyer mit dem Eichenholzparkett, dann zerre ich den Hahn durch den engen Flur in die riesige Küche. Der Boden ist derselbe, aber durch die Fenster wirkt das Parkett heller.

»Du solltest es abschleifen.« Er fährt mit dem Finger über das Holz.

»Vielleicht.« Ich verschiebe den Tisch, so dass der Hahn in die hinteren Ecke passt. »Ich hab übrigens im Laden von meinem Vater einen unglaublich tollen gelben Ohrensessel aus Samt für das Schlafzimmer gefunden.«

»Dein Vater hat einen unfehlbaren Geschmack.«

Ich trete einen Schritt zurück, verschränke die Arme und betrachte den fertigen Raum. Antike, weiße Küchenschränke säumen den größten Teil der Wände, und geblümte Tapeten bedecken die wenigen übrigen Stellen. Sie passen gut zu den gepolsterten Küchenstühlen und den Gardinen.

Ich beschließe, doch nicht die auffällige karierte Decke auf den Kieferntisch zu legen, auf dem bereits meine beste Deko prangt, das blau-weiße Gschel-Teeservice. Auch wenn es nicht wirklich antik ist, wirkt es doch ziemlich vintage.

»Mir gefällt das alles so sehr.«

Spencer zieht die Augenbrauen zusammen und sucht ganz offensichtlich nach den richtigen Worten.

»Schon gut.« Ich grinse in seine Richtung. »Ich weiß, dass es dir schwerfällt, eine Niederlage einzugestehen.«

»Aber nein, ich habe nur ein bisschen gebraucht. Ich würde sagen, es ist … überraschend.«

»Überraschend großartig.«

Er schüttelt den Kopf. »Ich glaube, ich gehe dann jetzt. Gegen sechs hole ich dich zum Abendessen ab.«

»Nein, treffen wir uns lieber gleich dort. Es macht mir nichts aus, selbst zu fahren und ich weiß nicht, wann genau ich hier wegkomme.«

»Lass mich nicht zu lange warten.«

Spencer und ich haben uns im Antiquitätenladen von meinem Dad in Greenville kennengelernt. Er war auf der Suche nach Gläsern von Fenton und ich war bei Dad, um ihm beim Auspacken einer Lieferung zu helfen.

Als ich den Namen Spencer Carrollton auf seiner Karte las, wusste ich sofort, wer er war – einer der bedeutendsten Antiquitätenhändler des Landes, über den in Antiques Today häufig geschrieben wurde.

Er war beeindruckt von der großen Auswahl in Dads Laden, was natürlich toll war. Also habe ich ihn herumgeführt und mein Bestes getan, möglichst kompetent zu wirken.

Dann lud Spencer mich zum Essen ein, und der Rest ist eine rein platonische Geschichte. Was ich sagen will: Spencer sieht wirklich gut aus – in einer klassischen, aalglatten Millionärsart –, aber das, was zwischen uns ist, ähnelt eher einem Wettkampf als einer erotischen Beziehung.

Er ist sieben Jahre älter als ich, und mit seinem Background und seinen Verbindungen könnte er mich meinem Traum, Antiquitätenhändlerin zu werden und für seltene Fundstücke durch die Welt zu reisen, näherbringen.

Also tue ich alles dafür, dass es zwischen uns gut läuft.

Ich folge ihm die Treppe hinunter zu seinem glänzenden Tesla.

Bevor er einsteigt, bleibt er kurz stehen und legt mir eine Hand auf die Schulter. »Eins wollte ich dir noch sagen: Du hast genauso einen scharfen Blick wie dein Vater.«

Ich runzele die Stirn. »Das ist ja fast schon ein Kompliment im Vergleich zu all deinen Sticheleien von vorhin.«

Er betrachtet mich mit seinen braunen Augen. »Lass mich heute Abend einfach nicht zu lange warten.«

»Werde ich nicht.«

Bei dem intensiven Blick, den er mir auf einmal zuwirft, wünsche ich mir plötzlich nichts mehr herbei als mein eigenes Auto, auch wenn es nur das alte von Dad ist.

»Ich kann nicht glauben, dass wir in einem Laden essen, der Tuna Tiki heißt«, sagt Spencer.

»Dort gibt es weit und breit das beste Sushi.«

Erneut blickt er mich vielsagend an. Ich räuspere mich und schiebe die Hände in die Taschen meiner weiten Latzhose. Dann schlendere ich langsam zu meinem Auto und meinen restlichen Schätzen herüber, die im Kofferraum warten.

»Bis nachher.« Ich versuche möglichst entspannt zu klingen.

»Bis dann!«

Ich wühle ein bisschen herum, bis er fort ist. Es ist okay für mich, mit Spencer essen zu gehen, wenn mich das meinem Traumjob näherbringt. Aber ich habe im Moment kein großes Interesse an einem Flirt, und das weiß er eigentlich auch. Alles, was jetzt zählt, ist meine Karriere.

Ich ziehe ein handbemaltes Metallschild aus dem Kofferraum, das ich ursprünglich mal meinem Dad geschenkt habe: Bitte erst Hände waschen, dann weiterarbeiten. Ich werde es in das Bad im Erdgeschoss hängen. Heute habe ich zufällig noch ein zweites, marineblaues Schild gefunden, auf dem Strand, 2 Meilen steht. Es ist ein bisschen verwittert, aber witzig, und da Oceanside Beach nur zehn Meilen von hier entfernt ist, passt es super.

Tante Regina hat mir ein ziemlich großes Budget zur Verfügung gestellt, aber ich tue mein Bestes, nicht zu viel auszugeben. Ich habe noch mehr als die Hälfte von dem Geld übrig und muss nur noch das Schlafzimmer gestalten.

Ich lasse das Strandschild an der Haustür und trage das kleinere zum Bad im Flur. Von hier aus führt eine Treppe nach oben zu den Schlafzimmern, wo es sich Cosmo, der dreifarbige Kater meiner Tante, auf seinem Lieblingsplatz auf der vierten Stufe gemütlich gemacht hat.

»Hallo, Großer.« Ich knie mich hin und kraule ihn am Hals.

Er hebt den Kopf, schließt die Augen und beginnt zu schnurren. Gerade will ich mich wieder ans Werk machen, da klopft es an der Hintertür, und ich zucke vor Schreck zusammen. Seit meine Tante am Valentinstag noch einmal geheiratet hat, wohne hier nur noch ich, und ich erwarte keinen Besuch.

»Sly?« Eine tiefe, männliche Stimme dröhnt durch die Küche. Ich bin sofort auf den Beinen, wische mir die Hände an meiner schmutzigen Hose ab und streiche mir durchs Haar.

»Ist jemand zu Hause?« Die Stimme wird lauter, je näher sie kommt. Wer immer es ist, er ist schnell unterwegs.

Ich verharre auf der untersten Stufe neben dem massiven Mahagoni-Geländer.

»Wer ist da?«

»Ich bin es, Scout. Regina meinte, du könntest Hilfe gebrauchen.« Er biegt um die Ecke und verstummt, als sich unsere Blicke treffen.

Scout Dunne.

Ich habe ihn seit der Highschool nicht mehr gesehen, und er hat sich kein bisschen verändert – was mich ziemlich sprachlos macht.

Ich mustere ihn blitzschnell. Er ist groß, schlank und unglaublich gut aussehend mit seinen wuscheligen Surfer-Haaren und den strahlenden blauen Augen. Wie damals trägt er Jeans und T-Shirt. Heute ist es ein hellblaues, das sich über seiner breiten Brust spannt und seine Augen noch heller leuchten lässt. Falls das überhaupt möglich ist.

Seine Oberarme sind kräftig, und auch die Unterarme sind total muskulös. Er wirkt wie ein anatomisches Wunder mit einem Lächeln zum Niederknien und einem unfassbar süßem Grübchen am Kinn.

Meine Wangen werden heiß, als mir bewusst wird, dass ich ihn anstarre. Allerdings wirkt er selbst auch etwas durcheinander.

»Daisy?« Er klingt verwirrt. »Was machst du denn hier?«

»Das wollte ich dich auch gerade fragen.«

Er streckt seine große Hand aus, und die Erinnerung daran, wie er mich mit festem Griff gehalten hat, als wir auf dem Schulball zusammen getanzt haben, blitzt in mir auf. Ich schiebe sie weg und reiße mich zusammen.

Ich bin kein Schulmädchen mehr.

Die ganze Sache ist so lange her, und es ist nicht einmal viel passiert. Wir waren einfach nur Freunde.

»Ich helfe Tante Regina, das Haus herzurichten. Sie macht daraus ein Bed & Breakfast.«

Seine Stirn runzelt sich über seinen sexy Augen, als er seinen Blick herumwandern lässt. »Sie hat mir gesagt, dass Sly Hilfe beim Schleppen von irgendwelchem Krempel braucht.«

Meine Cousine Sly wollte eigentlich Floristin werden, und zwar eine ganz besondere. Sie wollte bei Paraden Wagen dekorieren oder florale Statuen für Bälle und große Veranstaltungen gestalten. Für unsere Highschool-Bälle und Sport-Events hat sie sich schon damals so manches ausgedacht, für das sie Alteisen brauchte. Darum waren Scout und J.R. damals vor vielen Jahren auch mit uns auf dem Schrottplatz von Owen Pepper.

»Ich glaube kaum, dass meine Tante Krempel gesagt hat.«

»Stimmt.« Er zwinkert mir zu, worauf es zwischen meinen Beinen sofort heißer zu werden scheint. »Aber sie hat mich gebeten, rüberzugehen und zu helfen.«

»Warum solltest du dich für meine Cousine abschleppen? Ich dachte, du bist auf der Uni in Clemson?«

Seine Lippen verziehen sich zu einem schelmischen Grinsen, so einem Grinsen, von dem Frauen reihenweise ohnmächtig werden. »Ich bin für ein paar Wochen zu Hause, bevor ich nach L.A. gehe. Deine Tante hat meine Gran angerufen und ihr gesagt, dass ich herkommen soll.«

Seine Großmutter … die beste Freundin meiner Tante.

Ich frage mich, was sich die beiden alten Ladies da ausgedacht haben. Aber sie sollen denken, was sie wollen, denn ich werde garantiert nicht in Fireside bleiben.

»Jedenfalls bin nur ich hier, und ich brauche gar keine Hilfe.«

Er mustert mich einen Moment, bevor er sich Cosmo zuwendet. »Hey, Dicker. Hilfst du etwa dieser griesgrämigen Lady?«

»Ich bin nicht griesgrämig.« Ich verschränke die Arme vor der Brust, was aber vermutlich wirkt, als wolle ich mich verteidigen.

Er kniet sich auf die Treppe und krault den großen Kater. Cosmo schnurrt laut, und ich versuche mich zu erinnern, was ich eigentlich gerade machen wollte, bevor dieser sexy Typ aus der Versenkung aufgetaucht ist.

»Warum bist du immer noch in Fireside?« Er sieht mich an, was sofort zu einem Ziehen in meiner Brust führt.

»Bin ich gar nicht. Ich hab im Dezember meinen Abschluss an der USC gemacht und helfe Tante Regina mit dem Haus, während ich mir einen Job suche.«

»Ich kann nicht glauben, dass es vier Jahre her ist.« Der Blick aus seinen blauen Augen wandert von meinem Kinn zu meinem Haar und meinen Lippen. »Du trägst deine Haare noch wie damals.«

Als wir in der Highschool waren, hat mir Sly meine spaghettiglatten Haare zu einem kinnlangen Pixie-Bob geschnitten und mir gezeigt, wie man auf Lockenwicklern schläft, um etwas mehr Volumen hineinzukriegen. Auf diese Weise wurden meine strähnigen Zotteln etwas interessanter.

»Es ist unkompliziert«, erwidere ich schulterzuckend, ohne zu wissen, was ich sonst sagen soll.

»Es ist süß.« Er drückt sich von der Treppe ab und richtet sich zu seinen ganzen ein Meter neunzig auf, womit er fast dreißig Zentimeter größer ist als ich. »Was ist denn hier passiert?«

Er berührt mich am Arm, und ich folge seinem Blick zu dem roten Kratzer an meinem Oberarm.

»Oh.« Ich lache. »Antiquitätenhändlerrisiko. Der Hahn hat mich mit seinem Schnabel erwischt.«

»Welcher Hahn?«

»Der da.« Er folgt mir in die Küche, wo der Metallvogel hinter dem Tisch lauert. »Ich musste ihn vom Auto zum Haus schleppen. Und er ist nicht sehr handlich.«

»Also brauchst du doch Hilfe.«

»Vor fünfzehn Minuten brauchte ich Hilfe.«

»Vielleicht kann ich wenigstens deinen Arm verarzten. Wo ist der Erste-Hilfe-Kasten?«

»Das ist wirklich nicht nötig.« Ich schüttele den Kopf und betrachte den roten Kratzer. »Ich wasche ihn gleich in der Dusche aus. Es ist nicht schlimm.«

»Kein Problem, ich glaube ich weiß, wo der Kasten ist.«

Er läuft zum Bad, und ich befeuchte mir die Lippen, während ich seinen perfekt geformten Hintern beobachte. Wie kann ein Mann nur so gut aussehen?

Aus dem Bad höre ich das Klappen von Schranktüren, bis er schließlich ruft: »Hab ihn!«

Als Scout in die Küche zurückkommt, führt er mich zum Stuhl und nimmt eine Tube Wundsalbe und einen Verband aus dem Kasten. Seine Nägel sind ordentlich geschnitten und mir fällt auf, wie lang und elegant seine Finger sind. Wahrscheinlich fängt er beim Football deswegen so gut.

Mit gerunzelter Stirn trägt er Salbe auf den Kratzer auf und verbindet die Wunde. Bei jeder Berührung bekomme ich einen kleinen Stromschlag.

Er riecht wie früher – Zitronenseife, frische Bettwäsche, männlich-würzig. Seine Kieferpartie wirkt wie aus Stein gemeißelt, und ich muss daran denken, wie ich früher dachte, dass ich heimlich ein Foto von ihm machen sollte, weil es später sicher wertvoll würde. Was ich übrigens immer noch glaube.

»Ich weiß nicht, ob das hält.« Ich betrachte den Verband, der kaum meine Haut zu berühren scheint.

»Aber er schützt, bis die Salbe eingezogen ist.«

»Du machst das gar nicht schlecht.«

Er sieht zu mir auf, und als unsere Blicke sich treffen, zieht sich in mir alles zusammen.

»Ich war selbst ziemlich oft verletzt.«

Das klingt irgendwie komisch, finde ich, aber ich sage nichts. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Scout Dunne in seinem Leben überhaupt je verletzt war.

Ich atme aus und lege die Handflächen an meine Beine, als ich aufstehe. »Es war total schön, dich wiederzusehen. Aber ich wollte eigentlich gerade hochgehen und duschen.«

Er steht auf und lässt seine Hände in seine hinteren Hosentaschen gleiten, wobei sich das T-Shirt über der Brust glättet. »Bleibst du noch ein paar Tage? Vielleicht können wir uns mal treffen?«

Einen Moment lang weiß ich nicht, was ich antworten soll. Fragt er mich nach einem Date? Und will ich das?

Fokus, Daisy!

»Ähm, ich muss auf jeden Fall den Job hier erledigen. Und dann hoffe ich, bei Antiques Today unterzukommen.«

»Was auch immer das ist.«

»Es ist eine Zeitschrift, aber sie haben auch einen Podcast und veranstalten Antiquitäten-Shows, erstellen Gutachten und so.« Vermutlich klinge ich gerade wie ein totaler Laie. »Ein Freund von mir arbeitet dort. Ich hoffe, dass er mich beruflich weiterbringen kann.«

Scott hebt das Kinn und betrachtet mich für einen Moment. Als seine blauen Augen über mein Gesicht wandern, fühlt sich das für mich komplett anders an als bei Spencer. So wie Scout mich mit einer Mischung aus Neugier und Interesse mustert, stellen sich mir alle Härchen auf den Armen auf. Meine ganze Haut prickelt vor Hitze.

Was absolut lächerlich ist. Ich habe bei jemandem wie ihm sowieso keine Chance. Und selbst wenn es so wäre, würde ich nicht hierbleiben, um es herauszufinden. Und er im Übrigen auch nicht.

»Okay, vielleicht laufen wir uns ja trotzdem noch über den Weg.« Er durchquert die Küche, öffnet die Tür und geht hindurch. »Kann sein, dass ich noch mal vorbeikomme und abchecke, ob du Hilfe dabei braucht, irgendwelchen Krempel zu tragen. Damit du dich nicht noch mehr verletzt.«

»Ich glaube, Verletzungen gehören irgendwie dazu.«

»Sollten sie nicht.«

Ein letztes Grinsen, ein letzter Blick auf sein unfassbares Grübchen – und schon ist er so plötzlich verschwunden, wie er aufgetaucht ist. Ich lehne mich an die Wand und versuche mich daran zu erinnern, wie man atmet. Es ist wirklich absurd, wie heftig mein Herz klopft.

Ich bin klug. Ich habe ein Ziel vor Augen und lasse mich nicht davon abbringen. Und auch nicht ablenken, egal, wie attraktiv Scout Dunne auch sein mag. Ich brauche seine Hilfe nicht.

2

Scout

»Du hast den Chiefs abgesagt?« Mein Bruder lehnt sich gegen die Theke und fummelt das Etikett von seiner Bierflasche.

J.R. ist nur ein Jahr älter als ich, aber viel düsterer und stiller. Weil er eigentlich gern für sich ist, bin ich mir sicher, dass ich so ziemlich der Einzige bin, mit dem er redet, wenn ihm etwas auf der Seele brennt, und auch das kommt nur selten vor. Heute ist er nicht in der Stimmung dazu, obwohl wir schon eine ganze Weile nicht mehr richtig gequatscht haben.

Wir sind im Tuna Tiki, einem etwas altmodischen Strandlokal mit Live-Musik, etwa fünfzehn Minuten von zu Hause. Jetzt, Anfang Mai, sind wir fast die Einzigen hier, erst in einem Monat werden die Touristen einfallen, und sich so betrinken, dass es unerträglich sein wird, hier abzuhängen. Im Prinzip ist mir das egal, aber heute bin ich froh, dass es noch so leer ist. Ich nehme einen Schluck von meinem Bier. »Mir hat ihr Angebot nicht gepasst.«

»Es hat dir nicht gepasst?« Er starrt mich mit seinen blauen Augen an, die meinen so ähnlich sind. »Ich dachte, sie wollten dich als Quarterback.«

»Quarterback.« Ich lache bitter auf, während mein Blick auf die Bühne wandert. »Du bist der Quarterback. Ich bin Receiver.«

»Du kannst doch auf jeder Position spielen. Wahrscheinlich schläfst du immer noch mit einem Football unterm Kopfkissen.«

»Du hast ihnen doch damals auch einen Korb gegeben. Warum stresst du jetzt dann so?«

»Ich habe ihnen abgesagt, weil Becky schwanger war.« Ohne zu lächelm, rückt er das Basecap auf seinem Kopf zurecht. »Ich wollte nicht die ganze Zeit weg sein. Ich wollte ein Dad sein.«

»Das hast du jedenfalls gesagt.«

Rebecca Peterson war die oberzickigste Cheerleaderin an der ganzen Highschool, und jetzt ist sie meine oberzickige Schwägerin. Bis heute bin ich mir sicher, dass sie nur Interesse an meinem Bruder hatte, weil er der Star-Quarterback war. Sie ist ein Klischee auf zwei Beinen.

Die beiden blieben zwar die gesamte College-Zeit zusammen, doch ich bin sicher, dass er mit ihr Schluss gemacht hätte, wenn sie in seinem letzten Jahr in Clemson nicht schwanger geworden wäre. Damals waren alle der Meinung, dass sie ihn ausgetrickst hat, um ihn an sich zu binden. Aber natürlich weiß ich, dass es für eine Schwangerschaft immer zwei braucht, und niemand hat ihm die Pistole an den Kopf gesetzt.

Und J.R. ist ein ziemlich guter Dad geworden. Er kniet sich rein und nimmt Jesse überall mit hin, während Prinzessin Becky zu Hause rumhängt oder ihn anmeckert, wenn er mal irgendwas alleine unternehmen möchte, zum Beispiel sich am Dienstagabend zwei Stunden mit mir zu treffen.

»Jesse James Dunne ist all das wert«, sagt mein Bruder immer. Doch auch wenn ich mich für ihn freue, dass er Vater ist, sieht das Ganze für mich nicht nach einer glücklichen Familie aus. Aber es geht mich nichts an – es sei denn, er möchte es.

J.R. betrachtet mich düster, und ich zucke mit den Schultern. »Ich hab jedenfalls keine Lust, zweite Wahl zu sein. Quarterback ist nicht meine Position.«

Das weiß ich seit meinem Senior Year, als der Coach unbedingt zum zweiten Mal in Folge die Meisterschaft gewinnen wollte und mich dafür als Quarterback eingesetzt hat. Wir haben jedes Spiel verloren.

»Das lag an deinem Team.«

»So ein Blödsinn. Ich habe einfach nicht deine Arme.« Ich kratze auch am Flaschenetikett und denke an all die Jahre, in denen wir zusammen gespielt und gewonnen haben. Jedes. Einzelne. Spiel.

»Ohne dich ist es einfach nicht das Gleiche.«

Er antwortet nicht, und plötzlich wandern meine Gedanken von den Erinnerungen an das Senior Year zu Daisy Sales und unsere Begegnung am Nachmittag.

Ich war mir so sicher, dass sie längst von hier weg ist. In unserer Zeit als Seniors hat sie ständig davon geredet, dass sie Fireside verlassen will. Etwas, was wir gemeinsam hatten. Als ich heute durch die Tür getreten bin und sie dort gesehen habe mit ihrer riesigen Latzhose und den kurzen blonden Haaren, mit ihren klugen dunklen Augen, aus denen sie mich direkt so intensiv gemustert hat, habe ich fast vergessen, was ich dort wollte.

Sie ist genauso süß wie früher. Das einzige Mädchen jemals, das nicht versucht hat, mich ins Bett zu kriegen. Sie ist frech und niedlich, wie eine dieser Elfen, Tinkerbell oder so.

Sie weiß auch immer die richtige Antwort, ist ernsthaft, hat ein Ziel vor Augen. Und sie wird immer noch rot, wenn wir miteinander reden. Ich habe keine Ahnung, was das zu bedeuten hat, aber es ist jedenfalls unfassbar süß.

»Wieso grinst du so?« Die scharfe Stimme meines Bruders reißt mich aus meinen Tagträumen.

Ich räuspere mich und gebe dem Barkeeper ein Zeichen. »Ich grinse gar nicht.«

»Oh doch.« J.R. löst sich von der Theke. »Ich muss gehen. Ich hab versprochen, nur eine Stunde wegzubleiben.«

»Wieso? Was hat Becky denn für ein Problem? Jesse hat doch geschlafen, als wir gegangen sind.«

»Spielt keine Rolle.«

»Wir hatten nur ein einziges Bier.« Ich gehe hinter ihm her. »Wir läuft es eigentlich mit Dad?«

Er seufzt bitter, und ich weiß die Antwort eigentlich schon. Die beiden haben immer Schwierigkeiten miteinander. Und das schon, seit Mom tot ist.

»Und Jesse? Wie geht es ihm? Ich muss mal wieder vorbeikommen, um ihn zu sehen.«

»Jesse geht es sehr gut. Vater zu sein ist das Beste, was mir je passiert ist.«

Mit diesen Worten geht er zur Tür und lässt mich mit einem miesen Gefühl zurück, weil ich davon angefangen habe, dass er seine Football-Karriere an den Nagel gehängt hat. Außerdem frage ich mich, ob meine eigenen Gründe, nicht bei den Chiefs zu spielen, selbstsüchtig und vorgeschoben sind. Mein Bruder hat die Chance vergeben, weil er Vater wurde. Ich hab abgesagt, weil ich nach Hollywood will.

J.R. würde mir nie sagen, was ich tun oder lassen soll, aber ich bin mir sicher, dass er Zweifel hat, genau wie alle anderen auch. Alle, bis auf eine einzige Person.

»Soll ich mitgehen?«, rufe ich ihm noch nach, als ich plötzlich etwas sehe, was mich auf der Stelle zum Schweigen bringt.

Daisy wird von einer Bedienung durch das Lokal und auf die Veranda geführt, wo die Band spielt.

Im hellblauen Zwielicht scheint sie zu leuchten. Sie trägt ein gelbes Kleid, das ihre Taille betont. Ihre kurzen Haare liegen in leichten Wellen, und ihre Lippen schimmern nicht mehr glänzend rosa, sondern tiefrot und voll. Sie laden zum Küssen ein.

Ich stelle mir vor, wie diese Lippen meinen Schwanz umspielen, und sofort regt sich etwas in meiner Hose. Keine Ahnung, wo das Bild plötzlich herkommt, aber es gefällt mir. Sehr sogar.

Direkt hinter ihr läuft ein Typ in einem feinen Anzug. Er ist ungefähr so groß wie ich und hat kurz geschnittenes dunkelbraunes Haar, das er sorgfältig gegelt hat. Er legt ihr die Hand auf den Rücken, als ob sie zu ihm gehört – und DAS gefällt mir gar nicht.

Während mein Bruder zahlt, sieht er zu mir, und sein Blick wandert sogleich weiter zu ihr, die ich anstarre, als wäre sie ein Magnet, der mich anzieht.

Er kommt zu mir und legt mir die Hand auf die Schulter. »Bleib ruhig noch. Es ist noch früh am Abend.«

Ich schlucke den Kloß herunter, der mir im Hals steckt, und beiße die Zähne zusammen. »Nein, ich geh lieber. Ich bin schließlich nur zwei Wochen hier.«

»Na und? Wieso solltest du nicht zwei Wochen lang Spaß haben?«

Als ich blinzele, treffen sich unsere Blicke. Auch wenn er ein Jahr älter ist als ich, ist es manchmal, als könnten wir wie Zwillinge die Gedanken des anderen lesen. Das war schon so, als Mom gestorben ist und als Dad in uns nur noch zwei Jungs sah, mit denen er Geld machen konnte.

»Es wäre ein Spiel mit dem Feuer.«

»So kommst du nie drüber hinweg, dass sie dich sitzen gelassen hat.«

»Hat sie ja gar nicht. Wir waren nie zusammen.« Meine Stimme wird leiser. »Wir haben uns nur ein einziges Mal geküsst.«

»Umso schlimmer.« Er schüttelt grinsend den Kopf und macht sich auf den Weg. Ich gehe ihm nach. »Kennst du das Gefühl, in zwei Richtungen gezogen zu werden?«

»Sehr gut.« Am Ausgang bleibt er stehen und klopft mir auf die Schulter. »Gute Nacht, Bro.« Dann schubst er mich sanft in die Bar zurück.

»Ich wollte aber den Abend mit dir verbringen.«

»Wir werden schon noch Zeit finden.«

Und dann ist er weg. Daisy sieht von ihrem Tisch auf, und ich meine zu erkennen, dass ihre Augen flackern, als sie mich erblickt. Sofort färben sich ihre Wangen rosa.

Sollte ich nicht einfach das Beste aus der Situation machen?, frage ich mich. Also stecke ich entspannt eine Hand in die Hosentasche und schlendere zu ihrem Tisch. Ich trage immer noch die gleichen Klamotten wie heute Nachmittag im Haus ihrer Tante.

»Das ist ja eine Überraschung, dich hier zu sehen.« Ich strecke ihrem Date eine Hand entgegen. »Scout Dunne. Daisy und ich waren zusammen auf der Highschool.«

»Im Senior Year«, korrigiert sie mich und wirkt irgendwie nervös. »Es war nur ein Jahr.«

Der Mann runzelt die Stirn, schüttelt mir aber die Hand. »Spencer Carrollton. Charleston.«

Er ist ein Arsch. Das zeigt mir schon die Art, wie er seinen Namen sagt. Er interessiert sich mehr für sich selbst als für sie, und ich würde zu gern wissen, warum sie zusammen hier sind.

»Arbeiten Sie in Oceanside?« Vielleicht ist er Ingenieur oder so.

»Nein.« Schon der Gedanke scheint für ihn eine Beleidigung zu sein. »Die junge Dame hat mich um meinen professionellen Rat gebeten und diesen anschließend komplett ignoriert. Ich bin nur heute Abend in der Stadt.«

Perfekt.

»Dann haben Sie sicher nichts dagegen, wenn ich Daisy um einen Tanz bitte? Dies ist nämlich unser Song.«

Daisy bleibt der Mund offen stehen. Die Band spielt »Red Red Wine«, und ich weiß, dass sie das Lied hasst. Aber ich möchte mit ihr reden. Ich möchte wissen, ob sie Ja sagen würde.

»Natürlich nicht.« Carrollton winkt ab. »Ich bestelle uns währenddessen Wein und das gemischte Sushi-Boot.«

»Aber bitte ohne Creamy-Crunch-Rolls«, sagt Daisy, und ich lege meine Hand in ihre und führe sie auf die kleine Tanzfläche, auf der sich zwei andere Paare im Takt wiegen.

Sie versteift sich, als ich sie an der Taille fasse und ihre andere Hand nehme. Ohne mich anzusehen oder zu lächeln, konzentriert sie sich auf meine Schulter. Erstaunlich, wie viel Mühe sie sich gibt, zu wirken, als wäre ihr das Ganze unangenehm.

Schließlich kann ich nicht mehr widerstehen. »Wer ist denn der Arsch?«

»Er ist kein Arsch. Spencer ist der Freund, von dem ich dir erzählt habe. Der, von dem ich hoffe, dass er mir einen Job bei Antiques Today beschafft.«

Genau das wollte ich hören. »Trotzdem ist er ein Arsch, und du brauchst seine Hilfe nicht. Du warst schon immer schlau genug, alleine klarzukommen.«

Der Song ist gerade langsam genug, dass ich meine Hand unauffällig weiter um ihre Taille wandern lassen und sie enger an mich ziehen kann. Ihre kleinen Brüste heben und senken sich schneller, ich spüre sie an mir, und das weckt die schmutzigsten Gedanken in mir. Wie gern würde ich sie jetzt in eine dunkle Ecke ziehen und ihren roten Lippenstift verschmieren.

»Dein Vertrauen ehrt mich, aber leider stehen nicht jedem alle Türe offen.« Sie blickt zum Tisch hinüber. »Manche brauchen etwas Unterstützung.«

»Die einzigen Türen, die für mich offen standen, waren die, bei denen ich selbst die Klinke gedrückt habe.« Mein Ton ist etwas schärfer geworden, und unsere Blicke treffen sich.

Sie blinzelt und schaut schnell zu Boden. »Tut mir leid. Das war eine blöde Unterstellung.«

Wir wiegen uns schweigend weiter, bis sich das Lied dem Ende nähert. Aber so möchte ich sie nicht gehen lassen.

»Ist schon vergessen.« Ich versuche, möglichst entspannt zu klingen und lächele.

Sie blickt mich verstohlen von der Seite an, während sich auch auf ihren Lippen ein Lächeln bildet, sieht aber gleich wieder weg. Wie gern würde ich dem Sänger jetzt ein Zeichen geben, einfach weiterzumachen. Mir läuft die Zeit davon.

»Unser letzter Tanz ist ganz schön lange her.«

Ohne, dass sie aufsieht, weiß ich: Sie lächelt. »Das war beim ersten Ball im Schuljahr, beim Homecoming.«

»Für uns war es dann auch der letzte. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du nicht mit mir zur Prom gegangen bist. Alle Highschool-Romanzen landen bei der Prom.«

Sie runzelt die Stirn. »Aber wir hatten gar keine Highschool-Romanze.«

»Hätte aber Sinn gemacht. Der heißeste Highschool-Quarterback verliebt sich in die süße Leseratte und zukünftige Bibliothekarin. Eine perfekte Storyline für einen Film.«

»Der heißeste …« Sie verdreht hinreißend die Augen. Die Anspannung zwischen uns scheint gewichen. »Und außerdem bin ich gar keine Bibliothekarin geworden.«

»Weiß ich.« Ich denke an jenen Abend zurück. »Du hast damals versprochen, mich vor den anderen Mädchen zu beschützen.«

»Bis du die Regeln gebrochen und mich geküsst hast.«

»Der Kuss war aber ziemlich gut. Vielleicht sollten wir das Ganze wiederholen und prüfen, ob das immer noch so wäre.«

Sie löst sich aus meinen Armen. »Ich hab hier nur einen Job zu erledigen, danach bin ich weg aus Fireside.«

»Okay.« Ich zucke die Achseln. »Ich werde auch nicht mehr lange hier sein. Aber vielleicht können wir die Zeit ja nutzen. Bisschen zusammen abhängen.« Ich beuge mich vor, um ihren Blick zu erhaschen. »Was meinst du, Tinky?«

»Tinky?«

»Tinkerbell. Du erinnerst mich irgendwie an sie.«

»Und du bist dann Peter Pan, das ewige Kind?«

»Ich bin kein Kind.« Es klingt ein bisschen gieriger als beabsichtigt, worauf sich ihre Wangen sofort wieder röten.

»Ich muss gehen.« Ohne zu zögern, dreht sie sich um und lässt mich allein auf der Tanzfläche stehen. Ich sehe ihr nach, wie sie zu ihrem Tisch zurückläuft, wo eine Bedienung in Shorts und schwarzem Tank-Top gerade ein großes Holzschiff voll rohem Fisch vor Spencer, dem Arsch, abstellt.

Eigentlich bin ich sonst gar nicht so forsch. Und ich habe auch keine Ahnung, wie es eben dazu gekommen ist. Ich mochte Daisy schon immer, aber als ich in Clemson war, hatte ich eigentlich nur Football im Kopf und genug damit zu tun, nicht vom College zu fliegen.

Jetzt, wo sie in meiner Nähe ist, fühlt es sich anders an. Es ist fast, als wäre ich ferngesteuert. Obwohl sie so süß ist, wirkt sie ziemlich kühl und gibt mir das Gefühl, ich würde sie nerven. Aber zumindest spricht sie mit mir. Und das spornt mich nur an, sie noch weiter zu nerven.

Ich verlasse die Tanzfläche in Richtung Ausgang. Schließlich bin ich eigentlich in der Gegend, um meine Familie zu besuchen, bevor ich für wer weiß wie lange weg bin. Und auch wenn Daisy mir entwischt ist: Wenn ich es schlau anstelle, sieht das vielleicht bald anders aus …

3

Daisy

»Mach Fotos und schick sie mir, wenn du fertig bist.« Spencers Stimme am anderen Ende der Leitung klingt ungeduldig. »Ich zeige sie Miles und frage ihn, was er davon hält.«

»Danke, Spence. Ich kann dir gar nicht sagen, was mir das bedeutet.«

»Für den Anfang reicht es, wenn du mich nicht Spence nennst.«

Scout irrt sich, was Spencer betrifft. Er ist kein Arsch. Er ist ein Griesgram. Allerdings ein Griesgram, der mir helfen kann. Und ein Griesgram, der Interesse an mir zu haben scheint. Wobei ich das nicht sicher sagen kann. Er hat nie irgendwas in der Richtung angedeutet, wofür ich sehr dankbar bin. Stattdessen kritisiert er mich die ganze Zeit und macht mir das Leben schwer – wobei es aber immer um die Arbeit geht. Nie um Sex.

»Ich bin auf dem Rückweg nach Columbia, aber ich melde mich.«

Wir legen auf, und ich scrolle durch die Bilder, die ich auf Pinterest gespeichert habe. Für jeden Raum habe ich eine eigene Pinnwand angelegt, und nur eine ist noch frei.

»Das Schlafzimmer«, sage ich zu Cosmo. »Schau dir das an.«

Der Kater zwinkert träge und schnurrt, als ich ihm meine Ideen für das Zimmer und das dazugehörige Bad zeige, für passende Vorhänge, Tapeten, Kissen und Bettdecken, alles mit minimalistischen blauen Linien auf cremefarbenem Hintergrund.

»Es hat was von Gloria Vanderbilt, oder? Grandmillenial.«

Ja, ich bin die verrückte Katzen-Lady und spreche mit dem riesigen Kater meiner Tante. Aber das ist mir egal. Cosmo ist ein guter Zuhörer, auch wenn er jetzt die Augen geschlossen hat.

»Du hast recht.« Ich kraule ihn am Ohr. »Es ist cool.«

Ich stehe auf und gehe nach oben, wo ich das riesige Schlafzimmer mit eigenem Bad betrete.

Die ersten Ausstattungsgegenstände für diese beiden Räume habe ich schon. Eine große Wanne mit Füßen zum Beispiel. Ich weiß, Jacuzzis sind in – könnten aber in diesem Haus nur eingebaut werden, wenn man es umfassend renovieren würde. Also werde ich die Räume auf andere Weise einladend gestalten.

Ich knie mich vor die große weiße Porzellanwanne und streiche über die Rundung. Die Leitungen sind noch nicht verlegt, daher kann ich die Wanne noch nicht benutzen. Umso besser kann ich mir vorstellen, wie es ist, sich darin zu entspannen, mit Kerzen, Blubberblasen … Ich schließe die Augen und sehe vor mir, wie ich in das warme Wasser steige. Hinter mir gleitet Scout in die Wanne, seine starken Hände umfassen meine Taille …

Ich reiße die Augen auf. Was war das denn? Seit dem Senior Year kam er in meinen Phantasien nicht mehr vor.

Okay, das war gelogen. Aber ich habe mich jedes Mal ziemlich dumm gefühlt. Was hatte es schon zu bedeuten, dass er mich geküsst hat? Es war ein einziger Kuss … allerdings der beste, den ich in meinem Leben bekommen habe.

Seine Finger streiften über meine Wange, bevor er mein Kinn anhob, sich vorbeugte und seine Lippen auf meine drückte. Seine Zunge schob sich dazwischen, tastete herum, und als ein leises Stöhnen aus seiner Kehle kam, stand ich beinahe in Flammen.