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Das Ende der seelischen Gewalt Anhand einer anschaulichen Beispielgeschichte legt Bärbel Wardetzki die Mechanismen narzisstischer Beziehungen offen. Sieben Jahre ist Sonja R. in ein ausbeuterisches Verhältnis verstrickt; ihr Partner will sie ganz für sich vereinnahmen und zerstört systematisch ihr Selbstwertgefühl. Doch es gelingt ihr, sich zu lösen. Das Buch hilft, Narzissten und typisch destruktive Verhaltensweisen rasch zu erkennen, und macht Betroffenen Mut zur Trennung. Vor allem aber zeigt die Psychologin konkret Wege zur Befreiung auf.
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Bärbel Wardetzki / Sonja R.
Und das soll Liebe sein?
Wie es gelingt, sich aus einer narzisstischen Beziehung zu befreien
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
»Dieses Buch ist allen Frauen gewidmet, die sich in den Fängen eines Narzissten befinden. Ich möchte ihnen Mut machen, nicht länger zu schweigen, ihnen helfen, die Kraft zu finden, sich endlich um ihrer selbst willen zu befreien und diese maßlosen Egoisten zu verlassen. Und letztendlich schreibe ich mir auch meine eigene Erfahrung und Geschichte von der Seele. Ich mache mich ›frei‹.« Sonja 2017
Dieses Buch ist von Frauen für Frauen geschrieben, aber natürlich auch interessant für deren Partner. Denn das Thema sind narzisstische Ausbeutungsbeziehungen und die Dynamik, die sich zwischen den Partnern im Lauf der Zeit entwickelt.
Wir verfolgen die beiden Protagonisten, nennen wir sie Sonja und Frank, über Jahre, erfahren, wie sie sich kennenlernten, wie sie sich verliebten und im siebten Himmel schwebten und wie die Beziehung allmählich destruktive Züge annahm. Sieben Jahre lang litt Sonja unter Franks Vorwürfen, Entwertungen, Angriffen und den endlosen Streitereien, bis sie sich aus eigener Kraft von diesem Mann befreien und ein selbstbestimmtes Leben beginnen konnte.
Ähnliches widerfährt vielen Frauen, die sich auf einen Mann einlassen, der ihnen scheinbar Liebe und Zuwendung entgegenbringt, dessen Emotionen sich aber im Lauf der Zeit in das genaue Gegenteil verkehren. Sie werden dann nicht länger mit Zuneigung überschüttet, sondern entwertet und mit Vorwürfen traktiert, sind verbaler und manchmal sogar körperlicher Gewalt ausgeliefert. Trotz allem halten betroffene Frauen oft Jahre oder sogar Jahrzehnte an der Beziehung fest, bis sie fast daran zugrunde gehen. Zu sehr binden die Drohungen, die der Partner ausspricht, sollte sie ihn verlassen, aber auch die Hoffnung, dass alles noch einmal so schön wird wie zu Beginn.
Die Geschichte von Sonja steht exemplarisch für viele narzisstische Beziehungen. Viele Leserinnen und Leser werden sich darin wiederfinden und das Gefühl haben, wir schreiben von ihnen. Doch es geht hier weniger um die realen Personen als vielmehr um grundsätzliche Reaktionsmuster. Es geht auch nicht um Schuld und Vorwurf, nicht um die Frage, wer der/die Schlimme und wer der/die Gute ist. Beide Personen bringen ihre Erfahrungen und ihre Verletzungen in die Beziehung mit ein, die dann eine destruktive Entwicklung nimmt. Individuelle Daten und konkrete Erlebnisse sind so verfremdet, dass kein Rückschluss auf reale Personen möglich ist. Das ist ein Schutz für die Beteiligten. Wer dennoch glaubt, von sich zu lesen, möge das als Anlass zur Selbstreflexion nehmen und sein Beziehungsverhalten einmal überdenken.
Ich kommentiere die Geschichte von Sonja und Frank aus psychologischer Sicht, um verständlich zu machen, wie es dazu kommt, dass eine Frau so viele Qualen in einer Partnerschaft erträgt und warum sich der Partner so gewalttätig verhält. Wir werden sehen, dass es aufseiten der Frau nicht unbedingt Naivität ist, wie Betroffenen oft vorgeworfen wird, sondern viel mit der jeweiligen Lebensgeschichte zu tun hat. Beziehungserfahrungen in der Herkunftsfamilie spielen dabei eine besondere Rolle, denn sie bestimmen die Art unserer Partnerwahl und unserer Liebesbeziehungen im Erwachsenenleben. Wer sich minderwertig fühlt, braucht einen selbstbewussten Partner, wer sich selbst für den Tollsten hält, sucht sich eine unterwürfige Frau.
In narzisstischen Beziehungen ist in der Regel der Mann der grandios Narzisstische und die Frau das depressiv narzisstische Gegenstück. Auch Frank und Sonja repräsentieren diese Formen: Er wirkt, als sei er völlig von sich überzeugt, und versucht sich die Frau untertan zu machen. Dass das mit vielen Verletzungen verbunden ist und daher nicht gutgehen kann, versteht sich von selbst. Natürlich gibt es auch die andere Kombination: Der Mann unterwirft sich der dominanten Frau und wertet sein niedriges Selbstwertgefühl durch ihre Stärke, Attraktivität und berufliche Kompetenz auf. Doch diese Beziehungen kommen seltener vor, auch wenn die Dynamik im Grunde dieselbe ist.
Wir wollen mit diesem Buch Menschen helfen, die in einer destruktiven Beziehung verstrickt sind, damit sie die negativen Zeichen früher wahrnehmen und konsequenter handeln können, anstatt sie zu lange zu verleugnen. Je früher eine Frau nämlich erkennt, dass der Partner einen Mister Hyde hinter der charmanten Fassade verbirgt, umso eher kann sie Grenzen ziehen und sich trennen oder sie lässt sich gar nicht erst auf ihn ein. Ist das Selbstwertgefühl erst einmal durch die jahrelangen Abwertungen und Lügen geschwächt, fällt die Entscheidung, sich zu trennen, immer schwerer. Wir wollen Frauen Mut machen, hinzuschauen und endlich von ihrem Traum Abschied zu nehmen, der schon längst ein Alptraum geworden ist.
Wer wünscht sich nicht einen Partner, der einen auf Händen trägt, der einem jeden Wunsch von den Augen abliest und immer für einen da ist? Der einen liebt und den man nie wieder hergeben will; in dessen Gegenwart man sich weiblich und anziehend fühlt, was das Selbstwertgefühl steigert. Die Sehnsucht nach einem solchen Partner schlummert in den meisten Frauen und die Hoffnung auf die große Liebe stirbt nicht aus. Bekanntschaftsanzeigen boomen, weil beinah jede, die Single geworden ist, einen neuen Partner sucht. Das ist auch ganz verständlich, denn wir Menschen brauchen andere Menschen zum Leben. Alleine und isoliert werden wir depressiv und unglücklich. Doch ist die sogenannte große Liebe oft mit Illusionen verbunden, die der Wirklichkeit nicht standhalten, Wünschen, die sich nicht umsetzen lassen. So hoffte eine Frau, die immer wieder von ihren Partnern verlassen wurde, auf eine so innige Liebe, »dass alles ganz einfach ist und wir alle Probleme lösen«. Die Vorstellung, man müsse sich nur genug lieben, dann füge sich alles wie von selbst, ist ebenso weit verbreitet wie die Enttäuschung, wenn es nicht klappt. Denn eine Beziehung ist mehr als romantische Liebe und ein Prinz auf dem weißen Pferd, der mit einem in den Sonnenuntergang reitet. An dem Punkt, an dem Märchen enden, beginnt im Alltag die Beziehungsarbeit. Und die ist nicht immer romantisch.
Das narzisstische Beziehungsideal besteht aus dem Traum von einer verschmelzenden Zweisamkeit: Beide fühlen, denken, erleben und wollen dasselbe. Es ist die völlige Harmonie, die die Partner auf immer zusammenschweißen soll. Doch was als Liebe erlebt wird, ist mehr der Wunsch nach Kontrolle über den Partner und die Partnerin. Nur wenn das geliebte Gegenüber sich so verhält und so ist, wie man es möchte, kann die Beziehung bestehen.
Die Voraussetzung, um eine solche Harmonie zu erreichen, ist die Aufgabe der persönlichen Eigenheiten, da sie den Gleichklang stören. Aus zwei Menschen wird einer, so wie aus Milch und Kaffee Milchkaffee wird. Diese Konfluenz, dieses Zusammenfließen, führt dazu, dass es am Ende weder die Milch noch den Kaffee gibt. Übertragen auf die Menschen heißt es, dass von den einzelnen Personen nicht mehr viel übrig ist. Frauen erleben es als ein Sich-im-anderen-Verlieren, ein Sich-Aufgeben und Nicht-mehr-bei-sich-Sein.
Doch konfluente Beziehungen funktionieren nicht wirklich. Menschen sind viel zu unterschiedlich, als dass sie immer im Gleichklang leben könnten. Ohnehin gelingt es nur, wenn einer zurücksteckt und sein Denken, Fühlen und seine Bedürfnisse dem anderen unterordnet. In der Regel ist es die Frau, die sich anpasst, und der Mann gibt die Richtung vor, wie es auch bei Sonja und Frank der Fall war. Eigentlich ist sie eine patente Frau, die ihr Leben zuvor selbstständig gemeistert hat, aber in der Liebesbeziehung mutiert sie zu einer unselbstständigen, angepassten und »selbstlosen« Frau, einer Frau ohne Selbstbewusstsein.
Konfluenz geht immer auf Kosten der Partner und der Beziehung. Was als Harmonie und Glück fantasiert wird, nämlich das Fehlen von Reibung durch Unterschiedlichkeit, stellt sich als Quelle vieler Probleme heraus. Denn Konfluenz verhindert Beziehung, statt sie zu fördern.
Beziehung bedeutet, sich auf den anderen zu beziehen und das beinhaltet Interesse und Neugier am anderen und Sorge um den anderen. Beziehung bedeutet nicht, sich dem anderen auf Kosten der eigenen Individualität anzupassen und unterzuordnen. Eine lebendige und nährende Beziehung lebt von der Andersartigkeit der Partner, von der Auseinandersetzung und dem Suchen nach Gemeinsamkeit. Das beinhaltet eine aktivierende Spannung, ein Sich-Einlassen auf den anderen, ohne sich aufzugeben. Liebe ist nicht Konfluenz und Konfluenz ist nicht Liebe. Liebe braucht Luft zum Atmen und Raum, um sich ausdehnen zu können. Liebe ist angewiesen auf die Einfühlung der Partner, aber ebenso auf deren Eigenständigkeit. Sonst trägt immer einer den anderen mit sich herum. Eine Beziehung gelingt dann, wenn beide Partner Wertschätzung für sich selbst und den anderen haben. Wenn sie also ein stabiles Selbstwertgefühl besitzen, das es ihnen möglich macht, ihre Stärken ebenso zu leben wie ihre Schwächen und sie für beides in der Beziehung Raum haben.
Narzisstischen Beziehungen fehlt all das, denn hier begegnen sich zwei Menschen, deren Selbstwertgefühl verletzt ist und die daher im anderen die Wertschätzung suchen, die sie sich selbst nicht geben können.
Mit Narzissmus wird eine Beeinträchtigung der Selbstliebe, der Identität und der Beziehungsfähigkeit bezeichnet. Früher sprach man von einer narzisstischen Störung, heute sieht man narzisstische Ausprägungen mehr als Versuch, mit frühen Verletzungen der Selbstentwicklung zurechtzukommen. Verletzungen des Selbstwertgefühls, die zu narzisstischen Ausprägungen führen, geschehen in aller Regel sehr früh in der Kindheit.
Hierbei spielen zwei wesentliche Mechanismen eine Rolle: Verwöhnung, Überbehütung und Vereinnahmung auf der einen und mangelnde Liebe und Einfühlung sowie Zurückweisung auf der anderen Seite. Zurückweisung wie Vereinnahmung gehen am Wesen des Kindes vorbei.[1] Entweder muss es sich an eine bestimmte Rolle anpassen und wird für die Bedürfnisse der Erwachsenen vereinnahmt oder es wird abgelehnt, weil es nicht den Erwartungen entspricht.
Verwöhnung ebenso wie Vernachlässigung werden vom Kind als seelische Verlassenheit erlebt, weil es nicht so gesehen und gespiegelt wird, wie es ist. Das führt zu einem tiefliegenden Gefühl, nicht »richtig« zu sein, anders sein zu müssen. Die Rettung in die narzisstische Grandiosität bewahrt vor dem Gefühl der Minderwertigkeit, ist aber nur eine Scheinlösung für das verletzte Selbstwertgefühl.
Bei Ablehnung wie bei Überbehütung liegt also eine Enttäuschung des Kindes vor, im ersten Fall durch mangelnde Umsorgung, im zweiten durch Verwöhnung. Denn auch »primär Verwöhnte sind immer sekundär Frustrierte«.[2]
Das mag verwundern – wie kann ein verwöhntes Kind in seinem Selbstwert verletzt werden, wo es doch von den Eltern »in den Himmel« gehoben wird? Ja, ein verwöhntes Kind erfährt eine besondere Form von Liebe und Zuwendung, doch sie entspricht ihm nicht. Das Kind wird überbehütet, in Watte gepackt, ihm werden Dinge abgenommen, die es selbst machen könnte und die es zu einem eigenständigen Leben lernen muss. Ihm werden keine oder wenig Grenzen gesetzt, sodass es keine Frustrationstoleranz aufbauen kann. Entscheidend aber ist, dass sich die Handlungen der Erziehungsberechtigten nicht an der Persönlichkeit des Kindes orientieren, sondern an ihren eigenen Bedürfnissen. Sie versuchen, alles zu steuern und unter Kontrolle zu behalten. Hier ist dann kein Raum für das Kind, anders als die Mutter oder der Vater zu sein, langsamer, ungeschickter, unwissender. Springen die Eltern schnell ein, um Sachen für das Kind zu erledigen oder soziale Kämpfe für das Kind auszufechten, dann tun sie es im Grunde für sich selbst. Weil ihnen die Geduld fehlt oder sie es nicht ertragen, ihr Kind womöglich scheitern zu sehen. Es liegt am Narzissmus der Eltern, wenn sie ihre Kinder stets glücklich, erfolgreich und ohne Probleme erleben wollen. Doch wer seinem Kind nichts zutraut, nimmt ihm die Chance, zu lernen und zu zeigen, was es kann. Was bleibt, ist das Gefühl der Minderwertigkeit.
Eine andere Variante der Verwöhnung ist die übermäßige Förderung bestimmter Begabungen des Kindes, die das narzisstische Defizit der Eltern ausgleichen sollen. Legendär sind die sogenannten Eisprinzessinnen-Mütter, deren Kinder für sie den Erfolg haben müssen, den sie selbst nicht erreichten. So werden die Kinder zu Schmuckstücken aufgebaut, mit denen die Eltern prahlen und ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl stärken können. Ob auch das Kind das will, ist zweitrangig.
Beide Varianten führen bei dem Kind zu einer fordernden Haltung der Welt gegenüber, einmal, um das eigene Minderwertigkeitsgefühl auszugleichen, und das andere Mal, weil das Kind größer und bedeutender gemacht wird, als es ist. Durch Verwöhnung werden Grandiositätsfantasien genährt und durch fehlende Grenzen werden sie nicht auf ein gesundes Maß gestutzt. Hinter der Grandiosität aber verbirgt sich ein hilfloses und inkompetentes Kind, das kein Gefühl für seine eigenen Stärken und Fähigkeiten entwickeln konnte.
Bei Vernachlässigung, einer lieblosen oder harten Erziehung reagiert das Kind mit Gefühlsscheu, Verbitterung oder Vereinsamung. Aber auch die Abwesenheit von Familienangehörigen, lange Trennungen, Gewalt, Katastrophen, Kriege oder andere Einbrüche wirken sich auf die Entwicklung des Kindes in störender Weise aus. Können diese traumatischen Erlebnisse nicht ausgeglichen und verarbeitet werden, weil dem Kind keine Ersatzbezugspersonen zur Verfügung stehen, dann werden die entsprechenden Gefühle abgespalten und aus dem Bewusstsein eliminiert. Es wird – so bei Narzissmus – eine Willensstruktur ausbilden, die ihm das Überleben sichert: basierend auf überlegener Kraft, Kontrolle, Zusammenreißen und Leistung.
Es wird nach außen eine Fassade aufbauen, die es größer und mächtiger erscheinen lässt, das sogenannte falsche Selbst. Perfektionismus, Leistungsstreben und Statussymbole sollen das fehlende Selbstwertgefühl ausgleichen. Auch der tolle Partner, die tolle Partnerin können eine Kompensationsrolle übernehmen, wenn der eigene Selbstwert dadurch steigt.
Aber nicht nur der Selbstwert leidet unter einer verwöhnenden oder vernachlässigenden Erziehung, sondern auch die Entwicklung der Identität und des Einfühlungsvermögens.
Der dänische Familientherapeut Jesper Juul spricht davon, dass die Eltern ihren Söhnen und Töchtern sogar den Anblick eigener Trauer ersparen, etwa beim Tod der Großeltern. Solche Kinder wissen nichts über andere Menschen und nichts über sich selbst. Sie wissen nicht, was es heißt, traurig oder frustriert zu sein, sie kennen deshalb kein Mitgefühl. Sich nicht zu kennen ist ein Charakteristikum des Narzissmus, ebenso die fehlende Empathie. Narzisstische Menschen bleiben sich immer fremd, weil sie keine Identität ausgebildet haben, die ihnen ein Wissen über sich selbst geben könnte. Sie sind daher ein Leben lang auf der Suche nach der Antwort auf die Frage »Wer bin ich und bin ich gut genug?«. Wo das Gefühl für sich selbst fehlt, wird es ersetzt durch die Reaktion der anderen Menschen. Deren Beachtung und Aufmerksamkeit wird zum Zünglein an der Waage, ob sich jemand wertvoll fühlt oder nicht. Ohne Bestätigung sind diese Menschen haltlos, denn ihnen fehlt der innere Kompass. Sie können ihren eigenen Wert nicht selbst bestimmen, sondern machen ihn abhängig von der Stärke des Applauses oder der Liebesbekundungen. Deshalb sind sie auch so schnell kränkbar, wenn die Zuwendung ausbleibt. Sie glauben dann, nicht gut genug zu sein und fühlen sich abgelehnt. Das bedroht das instabile Selbstwertgefühl in hohem Maße, weshalb sie entweder aggressiv gegen den anderen vorgehen, ihn beschimpfen und den Kontakt abbrechen. Oder sie versinken in Selbstmitleid, fühlen sich nichtig und deprimiert, oft sogar verbunden mit Suizidgedanken.
Eine solche Kränkungsreaktion kann bereits auftreten, wenn der Partner etwas tut, das sie als Ablehnung erleben. Da sie durch ihre Selbstunsicherheit die permanente Zuwendung brauchen, um sich wert zu fühlen, kann allein die Tatsache, dass der Partner in ihrer Gegenwart seine SMS liest, wie eine Zurückweisung wirken. Wenn er sich etwas anderem zuwendet als ihnen, ist das eine massive Kränkung! Sie bekommen Angst, denn die symbiotische Liebe ist in Gefahr, beschädigt zu werden. Er müsse doch wissen, dass sein Verhalten eine Beleidigung ist und die unausgesprochene Vereinbarung der Verschmelzung verletzt. Zugleich befürchten sie, nicht liebenswert zu sein, nicht gut genug für ihn, was ihre innere Not verstärkt. Ein seelischer Teufelskreis, aus dem nur die Liebeserklärungen des Partners heraushelfen.
Da sie so stark mit der Aufrechterhaltung ihres Selbstwertgefühls beschäftigt sind, fehlt ihnen die gefühlvolle Zuwendung zum anderen. Empathie heißt sich einfühlen in den anderen. Das fordern sie mehr für sich, als sie es anderen zuteilwerden lassen.
Narzisstischen Beziehungen liegt ein seelisches Dilemma zugrunde, das sie instabil und wenig nährend macht.[3] Das Dilemma ist die Wahl zwischen zwei unattraktiven Alternativen: zwischen der Sehnsucht nach Geborgenheit und Verschmelzung auf der einen Seite und einer großen Angst vor Nähe auf der anderen Seite. Wählen sie die Nähe, dann bekommen sie Angst, verschlungen zu werden. Wählen sie die Distanz, dann fürchten sie das Alleinsein und die Depression. Wie sie sich auch entscheiden, sie sind nie glücklich.
Dieser Zwiespalt resultiert aus den frühen Beziehungserfahrungen. Liebe ist für narzisstische Menschen gleichbedeutend mit Selbstaufgabe und der Forderung, den Erwartungen des anderen zu entsprechen, wie sie es aus ihrer Kindheit kennen. Sie befürchten, sich auch dem Partner wieder unterwerfen zu müssen, was mit der Angst vor Selbstverlust einhergeht. Verweigern sie sich jedoch und grenzen sich ab, dann haben sie Angst davor, nicht mehr geliebt und gespiegelt zu werden. Ein echtes Dilemma, das einer unsicheren Bindung und einem verletzten Selbstwertgefühl entspringt. Und das die Basis ist für das Durchhalten in der entwertenden Beziehung, denn sie fürchten den Liebesverlust, sobald sie sich gegen die Vorwürfe und Bevormundung des Partners wehren. Liebe gibt’s nur bei Anpassung.
Aus Angst, den Partner wieder zu verlieren, klammern sie immer stärker und erreichen genau das Gegenteil. Denn diese erzwungene Nähe provoziert im anderen den Rückzug aus der Beziehung und lässt die Frauen mit einer Verlassenheitsdepression allein zurück.
In diesem Beziehungsdrama gibt es zwei unterschiedliche Rollen, die sich perfekt ergänzen: den weiblichen und den männlichen Part. Und oft sind es wirklich Mann und Frau, die sie entsprechend einnehmen. Die Grundlage des männlichen Narzissmus und des komplementär-weiblichen ist dieselbe, nämlich ein verletztes Selbstwertgefühl, aber die Erscheinungsformen sind unterschiedlich. Da, wo die Frau anklammert, geht er auf Distanz, da, wo er sich in den Vordergrund spielt, versteckt sie sich hinter ihm. Der männliche Narzissmus wird auch offener Narzissmus genannt, da er in der Grandiosität verwurzelt ist und diese Menschen ganz offensichtlich ihre Großartigkeit zur Schau stellen. Der weibliche Narzissmus dagegen ist der verdeckte, der wesentlich weniger in Erscheinung tritt.
Allerdings können die Rollen auch wechseln und Männer den komplementären Part einnehmen. Frauen oder auch Männer, die den weiblichen Narzissmus leben, sind primär mit ihren Minderwertigkeitsgefühlen in Kontakt und machen sich kleiner, als sie sind. Sie kompensieren diese Minderwertigkeit mit übersteigerten Idealen von Schlankheit, Schönheit, Leistung und Perfektionismus, zweifeln aber im Grunde immer an sich. Der grandiose Narzisst spürt die Minderwertigkeitsgefühle nicht, weil er sie verdrängt und sich zum Überflieger macht. Doch darunter lauert auch bei ihm die Furcht, nicht so großartig zu sein, wie er sich gerne sieht und darstellt. Er wehrt diese Bedenken ab, indem er jegliche Kritik von sich weist und die anderen entwertet.
In der Regel suchen sich weiblich-narzisstisch strukturierte Frauen einen grandiosen Mann und grandiose Männer eine Frau mit weiblich-narzisstischen Zügen. Der Vorteil für beide liegt auf der Hand. Sie steigert ihre Bedeutung durch seine Großartigkeit und er wächst durch ihre Bewunderung. Doch es ist ein brüchiger Deal, da keiner auf die Dauer wirklich auf seine Kosten kommt.
Narzisstische Beziehungen sind nie auf Augenhöhe, sondern es gibt immer einen Überlegenen und einen Unterlegenen. In der Regel versucht der Mann als der grandiose Partner die Oberhand zu behalten und sich über seine Partnerin zu stellen. Frage ich Frauen in der Therapie, wie sie ihre Beziehung als Skulptur darstellen würden, dann steht er auf dem Sockel oder sie kniet vor ihm.
Dieses Gefälle ist charakteristisch und dient dem grandiosen Narzissten dazu, die eigene Überlegenheit zu zementieren. Es gibt ihm Sicherheit, da er seine Partnerin in Schach hält und die Macht hat. Allein durch die Anpassung an seine Erwartungen, die ja eine Unterordnung ist, bildet sich ein Unten und Oben. Dahinter steht meist eine unbewusste Manipulationstechnik, bei der die unterlegene Frau seelisch vereinnahmt wird. Sie wird zur Erweiterung des Selbst des Überlegenen und von ihm so definiert, wie er sie haben will. Die Partnerin wird einmal als die Schönste bezeichnet, ein anderes Mal als dumm und inkompetent, je nachdem, was der grandiose Partner gerade braucht. Fühlt er sich gut und gestärkt, kann auch sie in den Genuss kommen, aufgewertet zu werden. Oder wie wir bei Frank sehen werden, idealisiert er Sonja vor Dritten, aber entwertet sie, wenn sie alleine sind. Hat der Mann schlechte Laune, weil er im Job eine Niederlage erlebte, wird er an ihr nur Fehler sehen und sie dafür verurteilen. Macht die Frau sich in ihrem Selbsterleben von der Bewertung des Partners abhängig, dann wird sie sich einmal wunderbar und geliebt fühlen und das andere Mal wie der letzte Dreck. Sie befindet sich sozusagen in einem emotionalen Wechselbad und verliert im Lauf der Zeit den Bezug zu sich selbst. Stattdessen wird sie immer stärker auf die Reaktionen des Partners konzentriert sein, um gut bei ihm anzukommen, um sich wertvoll zu fühlen.
Der Anspruch an den Partner, für die Stabilisierung und Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls zuständig zu sein, setzt seine Idealisierung voraus. Nur wenn er ihre grandiosen Erwartungen erfüllt, ist er der Richtige, der ihre Selbstzweifel vorübergehend zum Schweigen bringt. Er wird dazu erhöht und zu jemandem gemacht, der er nicht ist. Doch kein Mensch kann einer Idealvorstellung genügen, und so wird er irgendwann entzaubert. Interessanterweise macht er mit der Frau dasselbe. Auch sie muss seinen Ansprüchen genügen, um eine adäquate Partnerin zu sein, sonst wird sie ausgetauscht.
Sicherlich bedeutet Partnerschaft immer auch eine seelische Bereicherung, doch das ist etwas anderes, als sie zur Erhöhung des eigenen Selbstwerts zu missbrauchen. Die ausbeuterische Botschaft an den Partner lautet: »Sei du für mich da, für meine narzisstischen Bedürfnisse, damit ich mich wertvoll fühle.« Der Partner wird funktionalisiert und nur unter dem Aspekt gesehen, was er für einen tut. Seine Person rückt in den Hintergrund, ja, er darf gar nicht mehr er selbst sein, sonst erfüllt er seine Rolle nicht. In dem Moment endet die Liebe und manchmal auch die Beziehung.
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, auch weil Narzissmus nicht einfach zu definieren ist. Denn narzisstisch sind wir alle in gewissem Maße und wir sind täglich gezwungen, unser Selbstwertgefühl zu regulieren. Wir werden nicht immer geliebt und gelobt, sondern auch missachtet, kritisiert und abgelehnt. Das sind die Momente, in denen wir unsere Insuffizienzgefühle unter Kontrolle und unseren Selbstwert wieder ins Gleichgewicht bringen müssen. Bewährte Methoden sind: sich beruhigen, sich gut zureden, sich unterstützen und Mut machen. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist auf die Zustimmung von außen angewiesen, um sich wertvoll zu fühlen. Das ist ein Anzeichen für ein narzisstisches Defizit. Natürlich brauchen auch Menschen mit einem gesunden Narzissmus positive Rückmeldungen und Beachtung von anderen, doch sind sie längst nicht so stark darauf angewiesen, denn sie wissen um ihren Wert.
Wenn Ihr Partner also auffallend oft nach Bestätigung sucht, kann das ein Hinweis auf eine narzisstische Struktur sein: Wenn er seine beruflichen Erfolge oder die Schwächen der anderen besonders betont, wenn er damit prahlt, mit welchen wichtigen Menschen er beim Essen war, wie er »es den anderen gezeigt hat, wo es langgeht«, oder er immer nach Ihrem bestätigenden Blick schielt. Der Unterschied zu einem Menschen, der Freude an seinen Erfolgen hat und darüber berichtet, besteht hauptsächlich darin, dass es nicht so anstrengend ist, ihm zuzuhören. Bei einem narzisstischen Partner sehen Sie sich vielleicht sogar gezwungen, die richtigen Worte zu finden und unter allen Umständen zu vermeiden, ihn zu enttäuschen. Gemeinsame Freude wird selten aufkommen, denn es geht primär darum, ihn zu bewundern und nicht, ein spontanes, echtes Gefühl zu teilen. Das würde ein Miteinander herstellen, eine Verbindung im gemeinsamen positiven Erleben. Stattdessen werden Sie zu seiner applaudierenden Statistin. Ob Sie sich freuen oder nicht, spielt eine untergeordnete Rolle. Vielleicht fühlen Sie sich sogar ausgenutzt und als Person irrelevant.
Ein weiteres Erkennungsmerkmal für Narzissmus ist der Umgang mit Kritik. Aufgrund der Angst, nicht gut genug zu sein, muss der narzisstische Partner alles Kritische abwehren und kann sich keine Selbstreflexion leisten. Je stärker diese Reaktion ist, desto stärker ist der Selbstwert verletzt. Kritik wird er dann als Kränkung erleben und Sie beschimpfen, völlig falsch zu liegen und keine Ahnung zu haben. Am Ende bekommt er es hin, dass Sie sich schuldig und ungenügend fühlen. Das schafft er mit seiner Eloquenz, die Ihnen kaum eine Chance lässt, Ihre Argumente vorzubringen. Alles wird so gedreht, dass er sich »reinwäscht« und ohne Fehl und Tadel dasteht. Jeden Einwand von Ihnen wird er mit einer Überzeugungskraft widerlegen, dass Sie am Ende an Ihrer Wahrnehmung zweifeln.
Die narzisstische Rechthaberei ist nicht nur ein Machtspiel, sondern wird vom Partner existenziell erlebt. Eine andere Meinung ist wie ein Angriff auf die eigene Person und muss mit allen Mitteln abgewehrt werden. Hier zeigt sich wieder der Wunsch nach Konfluenz, nach Gleichklang. Denn die gegenteilige Meinung ist wie eine Anklage, etwas nicht zu wissen oder »falsch« zu sein. Sie wird zu einer verdeckten Kritik, die nicht aushaltbar ist. Daher wird er Gespräche mit anderen Menschen an sich ziehen, die Themen steuern und Streitgespräche vermeiden. Er ist ein besserer Geschichtenerzähler als ein guter Diskutant.
Einem narzisstischen Partner geht es in erster Linie um sich selbst, um seine Bedürfnisse und Anliegen, weniger um Sie und schon gar nicht um ein Wir. Diese Haltung fällt zu Beginn nicht auf, da er Sie mit seiner überschwänglichen Zuwendung und Einfühlsamkeit verführt. Doch sobald er Sie erobert hat, zeigt er seine egozentrische Seite. Dann werden Sie zur Erfüllungsgehilfin für seine Belange, zur Ansprechpartnerin, die immer ein Ohr für ihn haben muss, zur Trösterin, wenn es ihm schlecht geht, zur Zuhörerin und vor allem zur Person, die ihn bestätigt und bewundert. All das sind Funktionen einer Partnerin (eines Partners) auch in nicht narzisstischen Beziehungen, doch sind beide durch ein Wir-Gefühl und Gegenseitigkeit verbunden. Ein offenes Ohr, Trost und Unterstützung bekommen Sie in einer narzisstischen Beziehung hingegen in aller Regel nicht. Das Interesse an Ihren Belangen, an Ihren Gefühlen und Befindlichkeiten ist eher gering. Seine Empathie endet dort, wo es um Sie geht.
Was Sie beschäftigt, steht für ihn nicht im Mittelpunkt, außer er kann der große Helfer und Gönner sein, der Ihnen den Weg ebnet und seine Kontakte für Sie spielen lässt. Aber auch dann geht es mehr um ihn als um Sie, selbst wenn es altruistisch wirkt. Sie merken es beispielsweise daran, dass er Verabredungen nicht einhält, wenn Sie einen Geschäftstermin haben und er auf die Kinder aufpassen soll. Oder wenn Sie beginnen, etwas für Sie Wichtiges zu erzählen und er sich gar nicht darauf einlässt, sondern gleich von sich berichtet. Wenn Sie seine Meinung hören wollen, aber nur eine Belehrung oder Besserwisserei bekommen. Wenn Sie das Gefühl haben, nie etwas recht machen zu können, so sehr Sie sich auch anstrengen.
Egoismus ist bis zu einem gewissen Maße angemessen und auch gesund. Denn er ist die Basis dafür, dass jemand auch an sich denkt und seine Bedürfnisse durchsetzt. Doch er wird zur Egozentrik, wenn sich alles nur um die eigene Person dreht und anderes unwichtig wird. Das ruft negative Gefühle beim Gegenüber hervor und stört die Beziehung. Man hat keine Lust mehr, mit diesem Menschen etwas zu tun zu haben, da man leer ausgeht und sich zurückgesetzt fühlt. Auf jeden Fall schafft Egozentrik keine Gemeinsamkeit, sondern trennt.
Neid ist typisch für narzisstische Paare. Keiner gönnt dem anderen das, was er selbst gerne hätte: Sie neidet ihm beispielsweise seinen Erfolg im Beruf, weil sie für die Kinder ihren Job aufgegeben hat. Er dagegen gönnt ihr nicht die freie Zeit als Mutter und Hausfrau. Jeder denkt, dem anderen gehe es besser und befürchtet, selbst zu kurz zu kommen. Ist die Frau beruflich erfolgreich, verdient sie besser als ihr Partner oder verbringt sie viel Zeit im Job, so findet er das problematisch. Auf ihre Arbeit ist er eifersüchtig wie auf einen Lover. Daran können sich massive Streite entzünden, weil der Neid und die Eifersucht sein Selbstwertgefühl negativ berühren. Als wäre der, der mehr bekommt (Geld, Aufmerksamkeit), auch mehr wert. Sie konkurrieren darum, wer der Bessere in der Beziehung ist. Gemeinsamkeit kann so nicht entstehen. Aus dem Konkurrenzneid heraus macht der narzisstische Ehemann seiner Frau Vorhaltungen, warum sie so lange im Büro ist und ihn daheim warten lässt. Sie fühlt sich unter Druck gesetzt, versucht früher zu Hause zu sein, hetzt sich ab, nur um erneut Vorwürfe zu hören. Sie kann es ihm nie recht machen.
Die Doppelbotschaft dabei lautet: Egal was sie macht, es ist immer falsch. Kommt sie zu spät, schimpft er, ist sie mal pünktlich zu Hause, erlebt er es als Beleidigung, weil es nicht die Regel ist. Käme sie aber auf Dauer früh nach Hause, würde er etwas anderes finden, um sie zu entwerten: »Du tust wohl gar nichts mehr?«; »Du wirst auch immer fauler« und ähnliche Vorwürfe.
Doppelbotschaften machen irre und krank, weil man am Ende völlig verunsichert ist. Man hat keine Orientierung, was richtig und was falsch ist.
Narzisstische Partner versuchen ihre Frauen unter Kontrolle zu halten, um besser auf sie einwirken zu können und zu vermeiden, dass sie zu eigenständig werden. Denn ihr Einfluss ist umso effektiver, je abhängiger die Frau vom Mann ist. Dann wird sie ihn nicht so schnell verlassen und sich seinen Erwartungen besser anpassen. Kein Wunder, dass diese Männer über kurz oder lang auf alles negativ reagieren, was ihnen die Aufmerksamkeit der Frau wegnehmen könnte. Das müssen nicht nur andere Männer sein, auch Familienmitglieder, Freundinnen, Hobbys u. v. m. können extreme Reaktionen auslösen.
Menschen in Typen zu klassifizieren, ist nicht einfach, weil sie nie so eindeutig sind wie die Theorie. Dennoch möchte ich an dieser Stelle einige Ausprägungen narzisstischer Männer beschreiben, um Ihnen als Leserin Anhaltspunkte zu geben, woran Sie sie erkennen können. Allen Ausprägungen gemein ist eine direkte oder unterschwellige Entwertung der Partnerin, die sie für den Erhalt der Beziehung lange Zeit hinnimmt.
Die kleine Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Erfolg und Narzissmus gehören eng zusammen, weil einerseits der Erfolg das Selbstwertgefühl stärkt und andererseits die Grandiosität den Erfolg befeuert. Nach dem Motto: »Wer groß denkt, wird groß.« Wer Erfolg hat, erwirbt sich Ansehen, sozialen Status, Geld und Macht. Und all das fällt natürlich auch auf die Partnerin zurück, die sich mit einem so kompetenten Mann schmücken kann. Kennen Sie das? Sind Sie eine wichtige Stütze auf seiner Karriereleiter, müssen selbst aber auf vieles verzichten? Denn die meiste Zeit ist er unterwegs, arbeitet, ist in Besprechungen und vergisst darüber Einladungen oder muss plötzlich den Opernbesuch absagen. Das Geschäft geht vor. Und außerdem ermöglicht er ja mit seinem Einkommen Ihren angenehmen Lebensstil. Also dürfen Sie sich nicht beschweren. Dass mit einer solchen Haltung die Beziehung immer wieder gefährdet wird, merken die Partner oft erst zu spät. Nämlich beispielsweise dann, wenn eines der Kinder eine Essstörung entwickelt, die Frau sich mit Trennungsgedanken trägt oder einer von beiden fremdgeht.
Nicht nur Attraktivität, auch Erfolg wirkt verführerisch auf Frauen. Bei vielen verheirateten mächtigen Männern können wir beobachten, dass sie ganz selbstverständlich sexuelle Beziehungen zu anderen Frauen eingehen. Diese sind wie eine Auszeit von dem Stress der Arbeit und dem Druck, den die Männer womöglich daheim erleben. Aufgrund ihrer häufigen Abwesenheit – sowohl rein körperlich als auch emotional – können sie es ihren Frauen nie recht machen und sehen sich mit Vorwürfen konfrontiert. Eine Freundin dagegen oder eine Frau für eine Nacht fordert nichts, sondern gibt dem Mann das Gefühl, dass er sich fallen lassen kann und sie für ihn da ist. Dass er die Frau ausbeutet, merkt er nicht. Mit seinen sexuellen Eskapaden riskiert er jedoch seine Partnerschaft und manchmal sogar seine Karriere. Finden Sie sich in einer der beiden Rollen wieder? Sind Sie die betrogene Ehefrau, die ausgebeutete Liebhaberin?
Ein Mantainer ist jemand, der sich lustiger gibt, als er ist, aber dennoch die Fähigkeit besitzt, ganze Gesellschaften zu unterhalten. So will er beispielsweise als Kasper oder Entertainer beeindrucken, eine Rolle, mit der er schon als Kind Aufmerksamkeit bekommen hat. Oft handelt es sich um einen kreativen Menschen, der im Showgeschäft zu finden ist. Er lebt permanent so, als wäre er auf der Bühne, er will etwas darstellen und die anderen bei Laune halten, ein Performer durch und durch. Dahinter verbirgt sich tiefes Leid, das mit ständigen Aktionen überdeckt werden soll. Ihm ist wichtig, zu gefallen und gut anzukommen. Vielleicht sind Sie so eine Partnerin, die ihm zuhört, für ihn da ist und ihn ernst nimmt. Doch so vergnügt, wie er in Gesellschaft ist, ist er daheim nicht mehr. Dann müssen Sie für seine Aufheiterung sorgen.
Eine weitere Spielart ist der große Gönner oder Förderer, auch wenn er auf den ersten Blick gar nicht narzisstisch wirkt. Doch die Hilfe wird instrumentalisiert, um seine grandiose Position der Partnerin gegenüber zu stärken. Diese profitiert zwar davon, wenn er ihr z. B. beruflich Türen öffnet, fühlt sich aber zugleich zu ewigem Dank verpflichtet und abhängig von seiner Unterstützung. Der Gönner gewinnt auf diese Weise eine Bewunderin und treue Gefährtin, auf die er sich verlassen kann, da sie in seiner Schuld steht. Förderer neigen auch zu Besserwisserei und nehmen der Partnerin die Verantwortung ab. Ein Indiz dafür, dass sie aus Eigennutz handeln und nicht im Sinne des anderen.
Vielleicht haben Sie die Ausbeutung bisher nicht gespürt, aber im Lauf der Zeit werden Sie die Enge und vor allem die Verpflichtung als Druck erleben, gegen den Sie sich schwer zur Wehr setzen können. Er hat so viel für Sie getan, wie sollen Sie sich da freimachen? Sie wollen ja nicht undankbar sein, aber im Grunde wird es Ihnen zu viel. Noch dazu stehen Sie in der moralischen Pflicht, Loyalität für ihn zu zeigen. Ihre Kritik müssen Sie im Keim ersticken, um einen Konflikt zu vermeiden. Eine sehr unangenehme Situation.
Die Ausbeutung ist ein wesentliches Merkmal narzisstischen Verhaltens und Denkens und dient in erster Linie dem Erhalt des eigenen Selbstwertes. Im Gegensatz zum Gönner gibt der