Vergesst Plan B! - Matt Higgins - E-Book

Vergesst Plan B! E-Book

Matt Higgins

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Beschreibung

Warum es nur voran geht, wenn es kein zurück mehr gibt Warum gelingt manchen der Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär und anderen nicht? Matt Higgins kennt die Antwort: Erstere haben keinen Plan B, sondern brechen alle Brücken für einen möglichen Rückzug ab, um sich vollkommen auf ihr Ziel zu konzentrieren. Damit liefert der Unternehmer einen der ältesten Erfolgstipps: Bereits Sun Tzu oder Julius Cäsar nutzten diese kühne Taktik, um ihre Truppen zum Erfolg zu führen. Higgins Erkenntnisse stützen sich auf umfangreiche Recherchen und Dutzende von Fallstudien. Anhand von prominenten Beispielen wie Scarlett Johanssons Werdegang von der Schauspielerin zur Unternehmerin, erklärt er, wie sich jeder diese hocheffektive Taktik zunutze machen kann, wenn man dazu bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen und seine Ängste zu überwinden. Higgins bietet einfach umsetzbare Ratschläge und praktische Tipps, die Führungskräften dabei helfen, ihr Team zum Erfolg zu motivieren. Für alle, die ihre Vision verwirklichen und jegliche Risiken auf dem Weg dorthin meistern wollen!

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Seitenzahl: 431

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Matt Higgins

VERGESST PLAN B!

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VERGESST PLAN B!

Warum man alle Brücken hinter sich abbrechen sollte, um das volle Potenzial seines Unternehmens zu entfesseln

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Wichtiger Hinweis:

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

1. Auflage 2024

© 2024 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

© 2023 by Matt Higgins. All rights reserved.

Die 1. Originalausgabe erschien 2023 bei William Morrow, einem Imprint von HarperCollins Publishers LLC unter dem Titel Burn the Boats.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Übersetzung: Philipp Seedorf

Redaktion: Ines Lange

Umschlaggestaltung: Karina Braun

Umschlagabbildung: Shutterstock.com/Flat_Enot

Satz: ZeroSoft, Timisoara

ISBN Print 978-3-86881-967-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-592-9

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-591-2

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

EINLEITUNG Die Schiffe hinter sich verbrennen

TEIL 1 SPRINGEN SIE INS KALTE WASSER

KAPITEL 1 Vertrauen Sie Ihren Instinkten

KAPITEL 2 Überwinden Sie Ihre Dämonen und Feinde

KAPITEL 3 Wagen Sie den Sprung

TEIL 2 ES GIBT KEIN ZURÜCK

KAPITEL 4 Optimieren Sie Ihre Ängste

KAPITEL 5 Begrüßen Sie jede Krise

KAPITEL 6Durchbrechen Sie die Muster, die Ihnen im Weg stehen

TEIL 3 BAUEN SIE MEHR SCHIFFE

KAPITEL 7 Konsolidieren Sie Ihre Gewinne

KAPITEL 8 Würdigen Sie die Größe anderer

KAPITEL 9 Manifestieren Sie Ihre kühnsten Träume

Danksagung

Über den Autor

Quellenverzeichnis

EINLEITUNG DIE SCHIFFE HINTER SICH VERBRENNEN

Als ich hinter dem Schreibtisch am Set einer Pilotfolge für eine neue Fernsehserie saß, musste ich zwangsläufig darüber nachdenken, wie ich an den Punkt in meiner Karriere gekommen war, an dem ich meine eigene Fernsehsendung moderieren durfte. Es kam mir noch nicht so lange her vor, dass ich auf einer alten Matratze auf dem Boden in einem von Kakerlaken verseuchten Apartment in Queens, einem Viertel von New York City, geschlafen hatte. Ich war der jüngste von vier Brüdern gewesen, die bei einer alleinerziehenden Mutter aufwuchsen, welche auf Händen und Knien die Häuser anderer Leute geschrubbt hatte, um unsere Miete zu bezahlen. Meine drei älteren Brüder waren schon lange aus dem Haus, als mir klar wurde, wie verzweifelt unsere Situation eigentlich war.

Als ich mit 16 die Highschool abbrach, hätte sich bestimmt keiner meiner Klassenkameraden vorstellen können, dass sie mich weniger als 30 Jahre später als »Gast-Shark« in der Sendung Shark Tank sehen würden, der bedeutendsten Business-Fernsehshow der Welt. Nun erklomm ich erneut eine weitere Stufe, dieses Mal als Gastgeber und ausführender Produzent meiner eigenen TV-Pilotsendung, entwickelt von Mark Burnett von MGM, dem Visionär hinter Reality-TV-Sendungen wie Shark Tank, The Apprentice, The Voice, Survivor und anderen.

Ich schreibe diese Worte nieder, bevor ich weiß, ob die Sendung jemals ausgestrahlt wird – aber das ist unwichtig. Was mich begeistert, ist der Weg nach vorn. Mark und sein Team sahen den Hunger in mir, den ich immer noch in meinen Knochen spüre, und die schiere Willenskraft, die ich in den Unternehmern erkennen kann, die wir gefilmt haben und die im Begriff waren, ihr erstes Unternehmen zu kaufen und damit den größten Sprung ihres Lebens zu vollziehen. Der Einsatz ist hoch. Fast alle Unternehmen scheitern in den ersten zwei Jahren. An der Stelle komme ich ins Spiel, indem ich ihre Denkweise auf die gleiche Weise anleite wie die Unternehmer, mit denen ich bei RSE Ventures arbeite, dem Unternehmen, das ich zusammen mit dem Besitzer der Miami Dolphins, Stephen Ross, gegründet habe. Dort habe ich dabei geholfen, Unternehmen für Konsumprodukte aufzubauen, die wahre Gamechanger wurden, wie David Changs Lebensmittelimperium Momofuku.

Durch meine eigene Erfahrung und Hunderte von Unternehmen und Unternehmern, mit denen ich gearbeitet habe – deren Geschichten häufig in diesem Buch auftauchen werden –, wurde mir klar, dass es in der Tat eine wirkungsvolle Formel dafür gibt, ein nie endendes, progressives Wachstum und anhaltenden Erfolg zu erzielen: Werfen Sie Ihren Plan B über Bord und verbrennen Sie Ihre Schiffe hinter sich.

Was meine ich mit »die Schiffe hinter sich verbrennen«?

Um Großes zu erreichen, müssen Sie sich selbst jeden Notausgang verbauen und sich keine Chance lassen, umzudrehen. Sie vergessen Ihre Notfallpläne und schreiten mutig voran, unbelastet von den unendlichen Möglichkeiten, mit denen wir unsere eigenen Erfolge absichern wollen. Mit der Zeit wurden unsere primitiven Instinkte durch die konventionelle Weisheit ersetzt, die uns dazu drängt, Notfallpläne aufzustellen. Die Wörter »Man weiß ja nie« hallen in einer Endlosschleife durch unseren Kopf. Wir haben fast verlernt, unsere eigenen, internen Navigationssysteme zu nutzen, dass unser erster Impuls, wenn wir einen mutigen Schritt wagen wollen, darin besteht, ihn mit einem Backup-Plan zu untergraben. Mit anderen Worten: Wir vertrauen unseren Instinkten nicht mehr. Nun führt aber gerade der Aufbau eines Sicherheitsnetzes dazu, dass wir es überhaupt brauchen. Wenn Sie sich zu sehr darum sorgen, keinen Erfolg zu haben, dann sind Sie bereits gescheitert.

Ich bin der lebende Beweis dafür, dass das Universum uns keine Grenzen für unseren Ehrgeiz vorgibt. Wenn ich eines über die letzten drei Jahrzehnte gelernt habe – seit ich die Highschool abbrach, später meine Hochschulreife nachholte, um der Armut zu entkommen, um letztlich bei Shark Tank zu landen, wo ich jungen Unternehmern half, ihre Karrieren zu starten –, dann ist es, dass man nicht gewinnt, wenn man sich die Option offenhält, zu verlieren. Wahre Größe entsteht nicht, indem man sich absichert, zögert oder auf die Neinsager hört, die sauertöpfisch an jeder Ecke unseres Lebens lauern.

Ich hätte nichts erreicht, wenn ich nicht nach der Philosophie gelebt hätte, die Schiffe hinter mir zu verbrennen. Und mit diesem Buch will ich Sie mit all den nötigen Tools und Tipps ausstatten, um genau das Gleiche zu tun.

Als Kind habe ich mich mit Klauen und Zähnen aus der furchtbaren Schuhschachtel in Queens gekämpft – aufs College, ins Jurastudium, dann wurde ich der jüngste Pressesprecher in der Geschichte von New York City und war mit Bürgermeister Rudolph Giuliani während der schrecklichen Angriffe von 9/11 vor Ort. Danach fungierte ich als Chief Operating Officer für den Wiederaufbau des World Trade Centers, hinterher als Executive Vice President für den Geschäftsbetrieb der New York Jets und anschließend als Vice Chairman der Miami Dolphins und Mitbegründer von RSE.

Ich konnte mir immer vorstellen, in der Wirtschaft zu arbeiten, aber ich habe auch Erfolge in Bereichen erzielt, die weit über meine ursprünglichen Pläne hinausgingen – von meinen Auftritten bei Shark Tank über die Moderation meiner eigenen Pilot-Fernsehsendung bis hin zum leitenden Mitarbeiter und Co-Dozenten bei einem der höchstrangigen Studienprogramme an der Harvard Business School. Ich habe jeden US-Präsidenten getroffen, der in den vergangenen drei Jahrzehnten im Amt war und hatte erst vor Kurzem eine Privataudienz bei Papst Franziskus erhalten, bei der wir uns über unsere gemeinsame Leidenschaft, nämlich die Menschenrechte, ausgetauscht haben.

Aber ich bin auch oft genug gescheitert, im Großen wie im Kleinen. Ich hatte mir vorgestellt, dieses Buch mit der triumphalen Geschichte zu beginnen, wie ich im Herbst 2020 auf dem Podium der New Yorker Börse stand und auf leuchtend orangefarbene Banner blickte, die von den Dachsparren hingen und das Logo eines neuen, börsennotierten Unternehmens trugen, das ich mitten im weltweiten Chaos gegründet hatte. Ich brachte 206 Millionen Dollar Finanzierung auf, um die Omnichannel Acquisition Corp. zu gründen, deren Mission es war, ein außergewöhnliches, konsumentenorientiertes Digitalunternehmen zu identifizieren, das Potenzial hatte und mit ihm zu fusionieren, um das Unternehmen zu ungekannten Höhen des Erfolgs zu führen. Ich versammelte ein Board aus wahren Giganten aus dem Consumer-Bereich und arbeitete monatelang nonstop Tag und Nacht, um das zu erreichen. Das war eine Menge unerwarteter Stress zusätzlich zu all meinen anderen beruflichen Verpflichtungen. Ich läutete die Glocke an der New York Stock Exchange, live von CNBC übertragen, nur um am nächsten Tag mit COVID-19 und beidseitiger Lungenentzündung zu enden, bevor es auch nur die Hoffnung auf einen Impfstoff gab.

Eineinhalb Jahre später, nach all der vielen Arbeit, als ich ein sehr vielversprechendes Unternehmen namens Kin Insurance an die Börse bringen wollte, scheiterte der Deal. Ich hätte die Schuld auf die wirtschaftlichen Bedingungen schieben können – die Inflation schoss nach oben, Aktien, die vorher enorm gestiegen waren, stürzten ab, und der größte Konkurrent des Unternehmens (und Benchmark) ging bankrott, was einen dunklen Schatten auf die gesamte Tech-Sparte im Versicherungsbereich warf –, aber letztlich läuft es einfach darauf hinaus, dass ich gescheitert bin.

Ich hätte meine Wunden lecken und beschließen können, mich nur noch an sichere Projekte zu halten, bei denen ich wusste, sie würden erfolgreich sein. Stattdessen habe ich auf das Risiko gepfiffen und Shark Tank hinter mir gelassen, um meine eigene Show zu starten, einen Metaverse-Fonds zu lancieren und dieses Buch zu schreiben. Meiner Philosophie gemäß war ich sicher, dass mein Scheitern mit Omnichannel zu etwas Besserem führen würde und ich versuchte, weiter voranzukommen auf der Suche nach mehr Freiheit und Autonomie. Ich gab meine Position bei den Dolphins auf und trat von verschiedenen Vorstandspositionen zurück, um weitere Möglichkeiten zu haben, Schiffe zu verbrennen und nach noch größeren Entlohnungen zu streben.

Das ist nicht nur meine Geschichte. Es ist die Geschichte jedes Einzelnen und ebenso der gesamten Menschheit. Die Schiffe hinter sich zu verbrennen, um Erfolg zu haben, ist eine Strategie, die bis ins Alte Testament zurückreicht. »In der Antike«, schreibt Rabbi Naphtali Hoff, »belagerten die israelischen Armeen feindliche Städte nur von drei Seiten, und ließen so die Möglichkeit zur Flucht offen ... Ihnen war klar, solange der Feind sah, dass ihm eine Fluchtroute zur Verfügung stand, würde er nicht mit größter Ernsthaftigkeit und Energie kämpfen.«1

Sun Tzu, der große chinesische General, Militärstratege, Schriftsteller und Philosoph, wiederholt dasselbe Argument. So schrieb er in seinem klassischen Ratgeber für Militärstrategie, Die Kunst des Krieges: »Der Anführer einer Armee bringt seine Männer weit ins feindliche Territorium, bevor er zeigt, was er vorhat. Er verbrennt die eigenen Schiffe und zerbricht die Kochtöpfe.«2 Er gibt seinen Männern keine Möglichkeit zur Umkehr und sie werden erst dann wieder etwas essen, wenn es die Nahrung ihrer Feinde ist.

Fünf Jahrhunderte später segelte Julius Cäsar mit seiner Armee von Rom an die britische Küste, weil er England erobern wollte. Als ihre Schiffe ankamen und er und seine Männer feststellten, dass der Gegner gewaltig in der Überzahl war, hätte er genug Grund gehabt, den Rückzug anzutreten. Aber Cäsar wollte seine Mission vollenden und sichergehen, dass seine Kämpfer – und diejenigen, gegen die sie bald antreten würden – wussten, dass es keine Strategie zur Umkehr gab. Es würde ein Kampf auf Leben und Tod werden. »Verbrennt die Schiffe!«, hat Cäsar angeordnet und dann gab es keinen Weg nach Hause mehr.

Und in jüngster Vergangenheit, im Jahr 2022, war Wolodymyr Selenskyj, der Comedian und spätere Präsident der Ukraine, von russischen Invasoren belagert, als ihm die Vereinigten Staaten einen Evakuierungsplan vorlegten. Die gesamte freie Welt war zu dem Schluss gekommen, dass die Ukraine keine Chance hatte, gegen die gesamte russische Armee anzukämpfen, und dass Selenskyj seinem Untergang ins Auge blicken würde, wenn er Kiew nicht bald verließ. Aber der ukrainische Präsident erwies sich als ein guter Schüler der Geschichte und Psychologie, als er im Fernsehen das Angebot von US-Präsident Joe Biden ablehnte. »Ich brauche keine Mitfahrgelegenheit; ich brauche Waffen«, sagte er.

Selenskyj signalisierte seinen russischen Gegnern – und der Welt –, dass er sich keinen Ausweg offenhielt. Er hatte die Schiffe verbrannt und war bereit, bis zum Tod zu kämpfen. Sein Widerstand erwies sich als ansteckend und mit diesen einfachen Worten inspirierte er sein Land – und letztlich die NATO –, der Invasion zu widerstehen.

Ich war mit den New York Jets – deren Hoffnungen auf die Playoffs nach zwei Niederlagen in Folge langsam verpufften – in einem Hotel in Pittsburgh, als unser aufgebrachter Cheftrainer, Rex Ryan, eine feurige Ansprache hielt, um etwas in den Spielern zu wecken. Mit leuchtend rotem Gesicht und brüchiger Stimme verzog sich sein Gesicht bei jedem Wort, als er dem Team von der Legende des spanischen Konquistadors Hernán Cortés erzählte, der im Jahr 1519 zahlenmäßig unterlegen war, als er versuchte, die Azteken zu besiegen, und verlangte, dass seine Soldaten die Schiffe verbrannten, um sich die Möglichkeit zu nehmen, umzukehren. Wie die New York Times später berichtete: »›Sie verbrannten ihre Schiffe!‹, schrie [Rex]. ›Ich bitte euch nur darum, mir sieben Wochen zu geben!‹«3

»Die Jets strömten adrenalingeladen aus dem Ballsaal«, fuhr die Times fort. »Mehrere sagten später, dass sie nicht schlafen konnten. Die Jets besiegten im Anschluss die Steelers, und sicherten sich damit ihren wichtigsten Saisonsieg.«

Es war aufregend. Ich glaube wirklich, dass die Analogie der Schiffe einen Schalter in unseren Spielern umgelegt hat, um das Extraquäntchen Anstrengung aus ihnen herauszulocken, von dem sie nicht wussten, dass sie noch darüber verfügten. Das Zitat ging mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf, als mir klarwurde, dass diese Philosophie meine Entscheidungen beeinflusste, lange, bevor ich in der Lage war, sie in Worte zu fassen.

Ich bin nie in den Krieg gezogen wie Sun Tzu und Cäsar oder wurde jemals belagert wie Selenskyj, um die Demokratie gegen das Böse zu verteidigen, aber mein Lebensweg hat sich manchmal wie ein echter Kampf angefühlt. Es liegt nicht nur daran, dass ich in Armut aufgewachsen bin. Ich wuchs ohne Hoffnung auf Meine Mutter – die uns vier Jungs allein aufzog – war schwerkrank und ist vor meinen Augen dahingewelkt, bis sie letztlich gestorben ist, als ich erst 26 war. Ich hätte ohne Weiteres wie so viele Jugendliche in meinem Viertel enden können - unter Drogen, im Gefängnis, ohne jeglichen Erfolg im Leben oder in vielen Fällen auch in einem frühen Grab. Meine Gabe war, dass ich einen anderen Pfad vor mir sah. Und ich habe ihn beschritten.

Ich schreibe alles, was in meinem Leben vorgefallen ist, der Tatsache zu, dass mir als Jugendlicher auf der Highschool klarwurde, dass die Kavallerie nicht kommen würde. Das Universum schuldete mir nichts. Ich hatte ein Leben zu leben und niemand würde mir zeigen, wo es langging.

Dieses Muster sehe ich auch in jedem Unternehmen, in das ich investiere und bei jeder erfolgreichen Person, die ich kenne. Sie verstehen, dass sie sich selbst helfen müssen und es egal ist, was andere Menschen tun oder gar denken. Ich werde in den kommenden Kapiteln darüber reden, wie wichtig es ist, seinen Instinkten zu vertrauen und danach zu handeln. Ich habe häufiger gesehen, dass Zögern mehr Träume tötet als Geschwindigkeit es jemals könnte. Und wenn Sie zögern oder sich absichern oder Ihre Aufmerksamkeit zwischen Ihrem Ziel und Ihrem Sicherheitsnetz aufteilen, von dem Sie glauben, es aufbauen zu müssen, dann stellt sich die Frage: Worauf warten Sie?

Die Wissenschaft bestätigt das. Studien haben überzeugend gezeigt, dass Notfallpläne uns auf der Straße zum Erfolg nur wie Hindernisse im Weg stehen – zu viele Optionen lähmen uns.

Es ist in Ordnung, sich nicht sicher zu sein, ob es der richtige Schritt oder der richtige Zeitpunkt ist oder sich vorzustellen, dass Ihre guten Ideen für alle anderen um Sie herum offensichtlich sein sollten – aber wenn Sie aufgrund dieser Zweifel handeln, verspreche ich Ihnen, dass Sie sich nur selbst sabotieren. Um einen bahnbrechenden Erfolg zu erzielen, müssen Sie Ihren Geist darauf trainieren, Chancen wahrzunehmen, bevor alle Belege im freien Raum zwischen Intuition und handfesten Daten vorliegen. Indem man lernt, voller Selbstvertrauen die Schiffe hinter sich zu verbrennen und ein Streichholz an einen Plan B zu halten, der einem nur schadet, egal, wie dieser aussieht, werden Sie die Zeitperiode zwischen Einsicht und Handlung verkürzen und exponentielle Gewinne erzielen.

Die Philosophie des Schiffe-Verbrennens ist die Grundlage der drei Abschnitte dieses Buches: Springen Sie ins kalte Wasser (Teil 1), Es gibt kein Zurück (Teil 2) und Bauen Sie mehr Schiffe (Teil 3). In jedem Teil wird in den einzelnen Kapiteln eine Reihe von Prinzipien durch Geschichten aus meinem eigenen Leben, den Unternehmen, mit denen ich gearbeitet habe und durch Forschungsergebnisse untermauert, die belegen, was die Vorreiter instinktiv wissen.

Am Ende dieses Buches werden Sie bereit sein, die Barrieren niederzureißen, die Sie daran hindern, das Leben zu leben, für das Sie bestimmt sind – tatsächlich werden Sie sogar bereit sein, die Welt zu verändern. Das Einzige, was zählt, ist der nächste große Schritt, egal von wo man startet. Machen Sie sich bereit, Schiffe zu verbrennen.

TEIL 1 SPRINGEN SIE INS KALTE WASSER

KAPITEL 1 VERTRAUEN SIE IHREN INSTINKTEN

Für die Menschen, die meine Story kennen, ist es oft ein Schock, wenn sie hören, dass ich die Highschool abgebrochen habe. Schulabbrecher sind mit diversen Klischees versehen – unmotivierte Versager, die sich ihre künftigen Chancen völlig verbauen. Mein gutmeinender Berufsberater auf der Highschool, Mr. Baker, sagte mir, dass ich mein Leben wegwerfen würde. Er beharrte darauf, dass mir das Stigma des Schulabbrechers ewig anhaften würde.

Er verstand es nicht – keiner tat das. Die Highschool abzubrechen ist mir nicht einfach zugestoßen, weil ich es nicht geschafft hätte, sie abzuschließen. Es war ein wohldurchdachter Plan, den ich nur deswegen umsetzen konnte, weil ich eine Vision einer möglichen Zukunft hatte, der ich mich voll und ganz verschrieb und von der ich mich nicht abbringen ließ. Ich vertraute meinen Instinkten.

Lassen Sie mich das erklären: In der winzigen Mietwohnung in Queens, in der ich aufgewachsen bin, hatten meine Mutter und ich wirklich zu kämpfen. Mein größter Traum als Kind war es, einfach genug Geld zu haben, sodass ich mir keine Sorgen mehr machen musste, etwas zum Essen auf dem Tisch zu haben. Ich erinnere mich an den fast leeren Kühlschrank, in dem nur Dosenfleisch, ein Rest ›Steak-umm‹-Fleisch und ›Regierungskäse‹ war – ein im wahrsten Sinne des Wortes über zwei Kilo schweres Stück eines mysteriösen Käseprodukts, auf dem die Wörter, »Amerikanischer Käse, gespendet vom US-Landwirtschaftsministerium«, standen.

Unser Thanksgiving-Ritual begann mit einem Klopfen an der Tür. Auf der anderen Seite stand der Priester unserer örtlichen Gemeinde. Soweit ich mich erinnern konnte, waren wir keine guten Katholiken. Ich konnte mich nie an das letzte Mal erinnern, als wir in der Kirche waren und war nie sicher, was ich sagen sollte, wenn ich direkt gefragt wurde. Aber eine meiner frühesten Erinnerungen ist, dass ich am Kleid meiner Mutter zupfte, durch die Lücke in der Tür linste und hörte, wie sie »Herr Pastor« sagte. Es wurden keine Fragen gestellt, der Priester wirkte nicht, als würde er uns verurteilen und niemand in diesem Flur musste sich schämen. Ich verspürte nur Liebe, als er uns eine Schachtel voller Lebensmittel für den Feiertag überreichte. Diese Geste war mir all die Jahre im Gedächtnis geblieben.

Es war wirklich hart. Mein Vater war verschwunden, als ich acht Jahre alt war. Meine drei Brüder, die älter waren als sich, haben das Zuhause verlassen, sobald sie genug Geld zusammenkratzen konnten. Obwohl meine Mutter blitzgescheit war und besser schreiben konnte als irgendetwas, das ich in Schulbüchern gelesen hatte, war sie ebenfalls eine Schulabbrecherin – in ihrem Fall aufgrund äußerer Umstände und nicht durch ihre eigene Entscheidung. Sie war deprimiert und hatte auch körperliche Probleme. Immer öfter musste sie sitzen, weil ihre Knie ihr Gewicht nicht mehr aushielten. Sie wurde jeden Tag dicker, bis sie schließlich auf 180 Kilo aufgedunsen war. Der einzige Segen in ihrem Leben waren die Kurse, die sie am Queens College hielt, nachdem sie ihre Hochschulreife nachgeholt hatte. Sie liebte sie. An Samstagen nahm sie mich oft in ihre Vorlesungen über Stadtkunde mit und ich liebte sie ebenfalls.

Diese Kurse inspirierten mich. Aber mit Inspiration allein bezahlt man keine Rechnungen. Mit zehn Jahren verdiente ich mein erstes Geld, als ich versuchte, meiner Mutter zu helfen, um die Familie über Wasser zu halten. Ich verkaufte Blumen an der Straßenecke und verhökerte 10 Dollar teure Lederhandtaschen aus einem Lieferwagen auf Flohmärkten. Irgendwann konnte ich eine Stelle bei McDonald’s antreten, wo ich angetrockneten Kaugummi unter den Tischen im Partyraum abkratzen durfte. Aber weil ich noch minderjährig war, konnte ich nicht mehr als ungefähr fünf Dollar pro Stunde verdienen. Das war nie genug. Wir brauchten so viel mehr. Ich sah mir die Anzeigen im örtlichen PennySaver-Magazin an – Nur College-Studenten gesucht, 9$/Stunde – und mir wurde klar, dass ich vielleicht nicht warten musste, bis ich 18 war, um solche Stellen zu bekommen. Was, wenn ich all die Verlockungen des Erwachsenseins schon zwei Jahre früher erreichen konnte – College, einen besser bezahlten Job, Freiheit?

Mit 14 realisierte ich, dass der traditionelle Weg für mich nicht funktionieren würde. Ich beschloss, es zu tun. Ich würde die Highschool abbrechen – nicht, weil ich sie nicht abschließen konnte; nicht, weil ich nicht in die Schule gehen wollte, sondern weil ich verzweifelt versuchte, dem Schmutz und der Depression zu entkommen und meine Zukunft sofort beginnen wollte. Der Plan, die Schule zu verlassen, nahm zwei Jahre später Gestalt an, genau als ich mit 16 Jahren legal dazu in der Lage war. Ich hatte vor, ein Schlupfloch im System zu nutzen, und ließ mich dabei vom Lebensweg meiner Mutter inspirieren. Wenn ich meine Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg machen konnte – das stigmatisierte General Education Diploma (GED), das als letzte Hoffnung galt –, wäre ich in der Lage, direkt aufs College zu gehen, lange, bevor mein Highschool-Jahrgang seinen Abschluss machte. Ich hätte Zugang zu den besser bezahlten Jobs und wäre auf dem besten Weg, meine Mutter und mich aus dem Elend zu retten, in dem wir lebten.

Ich erinnere mich, als ich gerade auf die Highschool gekommen war und uneingeladen zur Abendveranstaltung ging, die zur Orientierung für diejenigen gedacht war, die sich darauf vorbereiteten, aufs College zu gehen. Ich nahm all meinen Mut zusammen, mich an die Vertreter einiger der besten Colleges zu wenden und mir von ihnen meinen Plan bestätigen zu lassen. »Entschuldigen Sie, Sir. Wenn jemand keinen Highschool-Abschluss macht, aber stattdessen den GED und eine wirklich, wirklich gute Abschlussnote beim GED erhält, würden Sie in Erwägung ziehen, ihn zuzulassen? Ich frage nur für einen Freund.«

Die Antwort erfolgte stets mit einem herablassenden Grinsen im selben, diplomatischen Ton, kombiniert mit Selbstbeweihräucherung und einer gewissen Noblesse oblige: »Ich gehe davon aus. Wir glauben schließlich an zweite Chancen, junger Mann.«

Hatte irgendjemand Verständnis für mein Vorhaben? Auf keinen Fall, weder meine Freunde, noch meine Lehrer, noch meine Mutter. Aber zwei Jahre lang hielt ich mich an diesen Plan. Ich ging davon aus, dass ich in allen Kursen durchfallen musste, damit er funktionierte. Wenn ich irgendwie mit halber Leistung durchkam und dennoch genug Punkte machte, hätte es mit sinnlosen Interventionen von Beratungslehrern zu viele Versuchte gegeben, mich auf Kurs zu halten. Ich musste es völlig und umfassend verbocken.

In der neunten Klasse versagte ich völlig, zweimal nacheinander und verlor dadurch zwei Jahre. Ich saß im selben Klassenzimmer, umgeben von Highschool-Drogendealern mit Pagern am Gürtel, deren Entscheidungen für ihren künftigen Lebensweg sich drastisch von meinen unterschieden. Doch so sehr sich unsere Motivation auch unterschied, wir wurden alle über einen Kamm geschert und landeten auf derselben ›Insel der Nichtsnutz-Toys‹.* Ich arbeitete manchmal nachts im Lebensmittelladen ums Eck, schlief aus, sah mir im Fernsehen die Briefings aus dem Golfkrieg von General Norman Schwarzkopf auf CNN an und schlenderte dann mittags in die Schule, wobei ich die Einlasskontrollen vermied. Ich erhielt null Punkte, außer für die Schreibmaschinenkurse. (Ich dachte mir, dass das eine nützliche Fertigkeit sein könnte – und bis heute kann ich mehr als 90 Wörter pro Minute tippen).

Ich grub mir meine eigene Grube, die so tief war, dass ich nicht mehr herauskam, außer ich setzte meine Vision um. Die Krise war von mir selbst geschaffen. Aber es ist eine Sache, einen Plan zu haben, und eine ganz andere, ihn auch umzusetzen. Als der Tag kam, an dem ich tatsächlich die Schule abbrach, kam ich mir wie ein absoluter Versager vor. Ich weiß noch, als ich mit gesenktem Kopf zu jedem der Fachlehrer gegangen bin, um meine Bücher zurückzugeben. Es war die akademische Version eines Spießrutenlaufs. Ich schlich auf Zehenspitzen in das Klassenzimmer von Mr. Rosenthals Naturwissenschaftskurs und gab ihm das Buch zurück, das ich kein einziges Mal aufgeschlagen hatte.

»Higgins, was für eine Verschwendung«, sagte er voller Verachtung, sah dann direkt das volle Klassenzimmer an und meinte. »Ich sehe Sie dann bei McDonald’s.«

Ich bin größtenteils irischer Abstammung, wenn mir also etwas peinlich ist, weiß das jeder, weil mein Gesicht eine tomatenrote Farbe annimmt. Mir wurde so heiß, dass ich dachte, ich werde gleich ohnmächtig, als ich vor 35 lachenden Teenagern zur Tür schlich. Aber als ich den Türknauf drehte, fasste ich plötzlich einen Moment Mut und platzte heraus: »Wenn Sie mich bei McDonald’s sehen, dann nur, weil mir der Laden gehört.«

Die letzten Worte, die ich an der Highschool hörte waren: »Oooooh, nicht schlecht«, und, »Was meinen Sie, Mr. Rosenthal?« Ich trat die Stahltür auf, die zu meiner vermeintlichen Freiheit führte. Dann setzte ich mich zum letzten Mal auf die Stufen der Cardozo Highschool, zündete eine Marlboro an und dachte mir. Oh-oh, vielleicht hat er recht.

Mein verrückter Schachzug war letztlich erfolgreich. Zwei Monate später machte ich mein GED mit Bestnoten und bevor der Sommer vorbei war, wurde ich am Queens College aufgenommen und verdiente meine neun Dollar pro Stunde als Wahlhelfer für den Kongressabgeordneten Gary Ackerman. Als ich mit meinem Babyface im improvisierten Wahlkampfbüro des Kongressabgeordneten auftauchte, wollten sie einen Nachweis sehen, dass ich wirklich auf dem College studierte. Ich zeigte ihnen den Schuldschein für meinen Studienkredit – und ich war dabei. Irgendwann wurde ich der Präsident des Debattierklubs am Queens College und bewarb mich als Präsident der Studentenschaft. Ich erzählte der Unizeitung, dass ich von der Highschool abgegangen war, weil ich mich, »nicht herausgefordert fühlte«. Das war damals die Story, die ich allen erzählte. Vom Wahlkampfbüro des Kongressabgeordneten Ackerman ging es weiter ins Pressebüro des Bürgermeisters von New York, Rudolph Giuliani, wo ich eine Stelle als Rechercheur erhielt, und so kam meine Karriere ins Rollen.

Als ich mich an den Schreibtisch setzte, um dieses Buch zu schreiben, rang ich damit, wie ich meine Story erzählen sollte und ob das Verbrennen der Schiffe tatsächlich eine Strategie war, die für andere Sinn ergab oder nur für Menschen, die das Glück hatten, mit gewissen strukturellen Vorteilen geboren worden zu sein. Ja, ich bin arm aufgewachsen, mit einer kranken Mutter, die im Rollstuhl saß. Aber dennoch schenkte mir die Gesellschaft das unbestreitbare Privileg, weiß und männlich zu sein. Deswegen habe ich mich auf diesen Seiten darauf konzentriert, die Geschichten von Unternehmern wiederzugeben, die nicht unbedingt so aussehen wie ich und nicht den gleichen Background haben. Als ich diese Geschichten hörte, die meiner auf vielerlei Weise ähnlich, aber auch unähnlich sind, wurde mir klar: Egal wo man startet, die Antwort ist immer dieselbe. Die Reise mag länger oder beschwerlicher sein, je nachdem, welches Blatt man auf die Hand bekommt, aber um das Beste draus zu machen und sich zu höchsten Höhen aufzuschwingen, müssen Sie alles geben, auf Ihre Instinkte vertrauen und handeln.

Tief im Inneren wissen wir alle, wozu wir fähig sind. Wir alle haben Visionen unserer Zukunft vor Augen, die nicht von anderen ratifiziert werden. Zu häufig lassen wir uns von althergebrachten Weisheiten und äußerem Druck vom Kurs abbringen. Sobald wir alt genug sind, unsere Instinkte in Worte zu fassen, werden wir darauf konditioniert, sie zugunsten der Institutionen abzulegen, die über uns bestimmen, und der Menschen, die dafür bezahlt werden, es besser zu wissen. Der Ratschlag anderer kann uns vor Katastrophen bewahren – lege keine Alufolie in die Mikrowelle! –, aber er kann uns auch davon abhalten, unsere einzigartige Brillanz in uns zu wecken und sie zu nutzen.

Dieses Buch will Sie dazu anregen, nicht zu zögern, wenn Ihre Instinkte nicht mit dem übereinstimmen, was die Welt Ihnen rät. Der Schlüssel zur Erschließung Ihres Potenzials liegt darin, Ihren größten Wettbewerbsvorteil zu nutzen: Sie sind der Einzige, der die gesamte Geschichte Ihres Lebens kennt. Sie sind das eine Thema, zu dem es nie einen größeren Experten als Sie selbst geben wird. Und natürlich werden Sie vor allen anderen Ihren Pfad in die Zukunft erkennen.

Mit anderen Worten, wenn Sie sich selbst nicht vertrauen, werden Sie die Chance verpassen, Außergewöhnliches zu leisten.

Wie es Ralph Waldo Emerson in seinem Essay »Self-Reliance« (einem Werk, aus dem ich immer wieder Inspiration beziehe) geschrieben hat: »Ein Mann sollte lernen, diesen Lichtblitz zu erkennen und zu beobachten, der aus dem Inneren heraus durch seinen Geist leuchtet, mehr als das Leuchten des Firmaments der Barden und Weisen. Dennoch verwirft er seinen Gedanken, ohne es zu merken, weil es der seine ist.«4

Auf sich selbst zu hören, ist der beste Anfang, wenn man der eigenen Zukunft nachspüren will. Es gibt vier Prinzipien, die Ihnen dabei helfen:

Das Schicksal beginnt mit einer Vision

Für mich war es Freiheit. Ich musste einfach alles tun, was ich konnte, um den engen Grenzen der Highschool zu entfliehen. Für Sie ist es vielleicht etwas anderes – aber Sie brauchen etwas Konkretes. Sie können kein Ziel erreichen, das Sie nicht definiert haben. Sie müssen wissen, wohin Sie gehen wollen; erst dann können Sie sich einen Plan einfallen lassen, wie man dorthin gelangt. Die besten Träume entstehen tief in Ihrem Inneren, wo der Ehrgeiz untrennbar mit Ihrer einzigartigen Sicht auf die Welt, Ihren Gaben, Ihren Talenten und Ihrer Seele verbunden ist.

Freddie Harrel stellte sich eine neue Realität für schwarze Frauen wie sie selbst vor, die sich durch ihre Frisur ausdrücken wollten, ohne eine teure, zeitaufwendige, stigmatisierte Erfahrung über sich ergehen zu lassen. Sie wollte, dass Haarverlängerungen – ein weltweiter Markt von sieben Milliarden Dollar für schwarze Frauen – einfach anzubringen sind und das Ganze Spaß macht, und doch waren künstliche Haare weit von dieser Vorstellung entfernt. Freddie hasste es, dass man Frauen, die Perücken trugen, ein Gefühl der Scham vermittelte. Selbst das Wort »Perücke« hatte einfach einen negativen Beigeschmack. Sie und ihre Freundinnen waren es leid, dass die einzige Option Beautyshops waren, mit Produkten von zweifelhafter Qualität und einer Textur, die nicht zu ihren eigenen Haaren passte.

Also brachte Freddie mehr als zwei Millionen Dollar an Finanzierung auf, um RadSwan zu gründen, ein Beautyshop-Start-up, das den Markt für künstliche Haare für schwarze Frauen umkrempeln und eine Community aufbauen sollte, in der man dafür gefeiert und die Erfahrung mit Empowerment in Zusammenhang gebracht wurde. »Für schwarze Frauen auf der ganzen Welt kann Haar so viel darüber aussagen, wer wir sind und wo wir stehen – es ist wie eine eigene Sprache«, erzählte sie mir. Und die Marken, die den Markt beherrschten, hatten es nicht wahrgenommen, sondern nur Freddie.

Ein weiteres Beispiel: Mein Freund Brian Chesky träumte davon, allen mit einem Gästezimmer, einem zusätzlichen Sofa oder auch nur einer Luftmatratze zu etwas zusätzlichem Einkommen zu verhelfen, als ihm 2007 die Idee für Airbnb kam. Als ein Jahr später die Website TechCrunch über den Launch des Unternehmens berichtete, sagte der erste Kommentar ein sofortiges Scheitern voraus: »Wenn das jemals Mainstream wird, bricht das alles zusammen.«5 Nach über 12 Jahren wurde Airbnb beim Börsengang des Unternehmens im Dezember 2020 mit 47 Milliarden Dollar bewertet. Mein Unternehmen RSE hatte die Chance, zu den frühen Investoren zu gehören und wir lehnten ab, da wir uns zu sehr auf die potenziellen Herausforderungen bei der regulativen Gesetzgebung konzentrierten, statt auf meinen Instinkt zu hören, dass Brian all diese Hindernisse überwinden würde. Ein Riesenfehler. Und der Beweis, dass Untätigkeit einen weit mehr kosten kann als ein Fehlschlag.

Mein Partner bei RSE, Stephen Ross – Immobilienentwickler, Besitzer der Miami Dolphins und Nummer 267 auf der Forbes-Liste der Milliardäre mit einem Gesamtvermögen von 11,6 Milliarden6 – hatte seinen eigenen großen Traum, der für Außenstehende unerreichbar zu sein schien. Hudson Yards war ein altes Bahnbetriebswerk in Manhattan und für fast 50 Jahre eine offene Wunde auf dem Antlitz der West Side von New York City.7 Es wurden schon Dutzende Projekte vorgeschlagen, wie man diesen innerstädtischen Bereich entwickeln könnte, von mehreren Bürgermeistern und Gouverneuren, und jeder ist gescheitert, aufgrund von Geldmangel und wenig Rückhalt für eine solche Investition in etwas, das als Brachland betrachtet wurde und zu weit von irgendeiner U-Bahnlinie entfernt, um genug Menschen anzulocken. Ich hatte ebenfalls schon einmal mit diesem Areal zu tun gehabt, da ich ursprünglich von den New York Jets engagiert worden war, um beim Vorstoß zu helfen, auf demselben Gelände der Hudson Yards ein neues Footballstadion zu bauen. Diese Bemühungen waren kläglich gescheitert, ein Opfer des »NIMHH«-Syndroms (»nicht in meinem Hinterhof«), genau wie mehrere Versuche, das Gelände in ein neues Baseballstadion für die Yankees zu verwandeln, ein Stadion für mehrere gescheiterte Versuche der Stadt New York, die Olympischen Spiele zu veranstalten und schließlich dort Bürotürme zu errichten – ein Deal, der während der Finanzkrise 2008 scheiterte.

Stephen sah etwas, das niemand sonst sah – die Gelegenheit, ein völlig neues Viertel von Grund auf zu errichten, ein Bauprojekt für gemischte Nutzung, mit Bürogebäuden, Raum für öffentliche Darbietungen, Apartments, Geschäfte, Restaurants, einer Piazza und einem neuen öffentlichen Kunstdenkmal, ein Meisterwerk, das als Magnet für dieses unentdeckte Areal dienen sollte. Es sollte das größte Bauprojekt in New York City seit dem Bau des Rockefeller Centers 1939 werden, ein letztlich 20 Milliarden Dollar schweres Projekt nach Fertigstellung und das wurde nur ermöglicht durch die fast unmögliche Kombination aus harten Verhandlungen, den komplexen baulichen Herausforderungen über den darunterliegenden U-Bahnlinien, ohne den Betrieb einzustellen, und während auch noch eine Finanzkrise und eine Pandemie drohten, was die gesamte Unternehmung hätte scheitern lassen.8 Seine kristallklare Vision war es, welche diese Bemühungen letztlich zum Erfolg führte.

In diesem Buch werden wir immer wieder inspirierende Geschichten aller Art hören: Christina Tosis Traum, für jeden Menschen auf dem Planeten einen Keks zu backen; Lauren Books Fähigkeit, eine Möglichkeit zu finden, wie sie ihr eigenes Trauma durch Kindesmissbrauch nutzen konnte, um das Leben von Millionen von Menschen zu verbessern; und Laurie Segalls Mission, ein Medienunternehmen zu gründen, das sich dem Ziel verschrieben hat, das Metaverse für die Massen zugänglich zu machen (und damit auch ein Gegengewicht zu liefern für die größtenteils männerdominierte Vergangenheit der Tech-Branche), um nur einige wenige zu nennen. Intrinsische Motivationen, die aus persönlicher Erfahrung entstehen, sind die wichtigsten Assets, über die wir verfügen. Alle Visionen, die uns mitten in der Nacht in den Sinn kommen, können auch bei Tagesanbruch verfolgt werden. Aber wir müssen uns selbst die Erlaubnis erteilen, sie zu sehen und dann danach zu handeln.

Abhi Ramesh ist der 29 Jahre alte Gründer von Misfits Market, die preisreduzierte Lebensmittel und Konserven an Menschen im ganzen Land verschicken, welche dadurch Geld sparen können, während gleichzeitig etwas gegen Lebensmittelverschwendung getan wird. Das Unternehmen hat über 300 Millionen Dollar Finanzierung aufgebracht und wird mit mehreren Milliarden Dollar bewertet.9 Abhi hatte eine Eingebung, als er mit seiner Freundin auf einer Farm bei der Apfelernte half. Er sah die Äpfel auf dem Boden, die leicht beschädigt waren und nachdem der Farmer ihm gesagt hatte, dass die Supermärkte diese nicht akzeptierten, fragte er sich, wieso diese verschmähten, aber absolut essbaren Äpfel im Müll landeten. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie er zu dieser Einsicht gelangte, denn es verrät uns einiges darüber, wie wichtig kumulative Erfahrung ist.

»Das verbindende Thema meines Lebens war es, nach Wert an Orten zu suchen, wo es andere nicht tun«, sagte mir Abhi. Auf der Highschool sah er, wie seine Freunde ihre alten Schulbücher wegwarfen, die am Ende des Schuljahres für sie nutzlos geworden waren. Abhi kaufte sie (für etwa 30 Prozent des Wertes) und verkaufte sie auf Amazon (zu etwa 60 Prozent des Neupreises), wo er das Doppelte seines Investments erhielt. Nachdem er seinen Abschluss an der Wharton gemacht hatte, arbeitete er bei einem Hedgefonds, der in Unternehmen investierte, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren und die Perlen unter den Unternehmen suchten, die kurz vor dem Konkurs standen. »Versteckte Werte zu finden, liegt mir einfach im Blut«, meint er – und als er die Äpfel auf dem Boden sah, war er bereit, daraus Kapital zu schlagen. Die Idee passte in das Gesamtbild seiner Lebensreise und zu seinem Ziel, Werte zu generieren, wo immer er konnte.

Abhi wusste, was er erreichen wollte, also brauchte es keinen großen Sprung ins Ungewisse, um seine Vision zu verwirklichen. Besitzen Sie dieselbe Klarheit, um Ihre eigene Vision zu erkennen, wenn diese sich Ihnen zeigt? Wenn ich mit meinen Studenten an der Harvard Business School rede, suchen sie oft nach einem Rat, bei welcher Private-Equity-Firma sie anfangen oder welchem Beratungsunternehmen sie sich anschließen sollten, aber ich rate ihnen stets, erst einmal einen Schritt zurückzutreten und einen Blick auf das große Ganze zu werfen.

»Ich will nicht hören, was Sie werden wollen. Ich will wissen, wer Sie sein wollen.«

Diese existenzielle Frage sollte tatsächlich der Antrieb in unserem Leben sein. Abhi sagt, es sei seine Motivation, versteckte Werte aufzuspüren. Mich treibt das Streben an, stets handlungsbereit zu sein, ohne dass sich jemand einmischt, indem ich mir mehr Freiheit und Autonomie schaffe; ein Impuls, der aus einer Zeit stammt, als ich über beides nicht verfügte. Was ist Ihr Antrieb?

Um diese tiefen Motivationen aufzuspüren, können Sie sich selbst ein paar schwierige, aber äußerst wichtige Fragen stellen:

Welche Eigenschaften machen mich zu jemandem, den ich respektieren und bewundern kann?Will ich meine Tage damit verbringen, etwas von Grund auf Neues zu erschaffen oder die Vision anderer umzusetzen?Kann ich das Risiko einer unsicheren Zukunft tolerieren oder brauche ich Vorhersehbarkeit, um erfolgreich zu sein?Will ich lieber denken oder tun?Ist menschliche Interaktion für mich nährend oder auslaugend?Wann war ich am glücklichsten und was wäre erforderlich, dieses Gefühl erneut zu empfinden?Was soll in meinem Nachruf stehen?

Konkrete Antworten sind in gewissem Ausmaß weniger wichtig, als über diese Ideen nachzudenken. Ich glaube, dass die meisten Menschen, die das Gefühl haben, ihnen fehle ein Ziel, vermutlich an diesen Punkt gelangten, weil sie zu Beginn ihrer Lebensreise keine Introspektion betrieben haben. Wenn sie am Ende dieser Reise angelangt sind, fühlen sie sich verloren, weil sich herausstellt, dass sie auf der falschen Reiseroute unterwegs waren. Wir müssen uns die Zeit nehmen, uns hinzusetzen, zur Ruhe zu kommen und unsere eigenen Visionen wahrzunehmen.

Und im nächsten Schritt müssen wir dem vertrauen, was wir sehen.

Daten sind zweitrangig; machen Sie ein »Bauchgefühl-Sandwich«

Stuart Landesberg hatte die Vision eines Unternehmens für Konsumgüter, das den Menschen die Möglichkeit geben sollte, nach den Werten zu leben, die sie tatsächlich vertreten. Er wusste, dass viele Menschen glaubten, man solle die Umwelt schützen, aber wenn es um die grundlegenden Dinge des Alltags geht, diktiert die Bequemlichkeit unsere Entscheidungen. Die meisten von uns wählen die gebräuchlichsten und am leichtesten zu findenden Marken, die (meistens) nicht die beste Option sind, wenn es um das Wohl des Planeten geht. Stuart beschloss, dass es ein Unternehmen geben sollte, das sich darauf konzentrierte, Konsumprodukte herzustellen, die alle von uns verwenden – wie etwa Handseife, Toilettenpapier und Waschmittel – und die nachhaltig, gesünder und ohne Einwegplastikverpackungen auskommen sollten. Er kündigte seine Stelle in einem Private-Equity-Unternehmen und verschrieb sich der Aufgabe, diese Mission in die Realität umzusetzen, aber auf 175 Pitches bei Investoren erhielt er 175 Absagen in mehr als eineinhalb Jahren. Kein einziger Investor sah das, was er sah.

Nach all diesen Ablehnungen wären die meisten Leute zu dem Schluss gekommen, dass der Markt über seinen designierten Stellvertreter gesprochen hatte – die auf Rendite abzielende Welt des Risikokapitals – und die Botschaft schien laut und deutlich zu sein. Niemand wollte Grove Collaborative, den Namen, den er für sein Unternehmen gewählt hatte. Aber Stuart war der Meinung, dass er einfach noch nicht den richtigen, vorurteilsfreien Investor gefunden hatte. Ihm war klar, dass nicht jeder es sehen konnte, wenn er es nicht bereits in eine Realität umgesetzt hatte, die man nicht ignorieren konnte. Aber er brauchte nur einen. Einen Investor, der es sah oder zumindest darauf vertraute, dass Stuart es sah, welcher dann unter Beweis stellen könnte, dass seine Vision sich als richtig erwies.

Stuart folgte dem zeitlosen Ratschlag von Jacob Riis:

Wenn nichts zu helfen scheint, gehe ich hinaus und sehe einem Steinmetz zu, der mit seinem Hammer einen Felsen bearbeitet. Er schlägt vielleicht hundert Mal darauf, ohne, dass sich auch nur ein Riss zeigt. Aber beim hundertsten Schlag platzt er in zwei Teile, und ich weiß, dass es nicht der letzte Schlag war, der das bewerkstelligte, sondern alle, die vorher kamen.10

Stuart tat etwas, das den meisten Unternehmern zu peinlich wäre. Er wandte sich erneut an einen der Investoren, die ihn ablehnten, Paul Martino von Bullpen Capital, und versuchte ihn ein zweites Mal dazu zu bringen, anzubeißen. »Ich weiß, dass er nahe dran war«, erzählte mir Stuart. »Er wollte es tun, aber seine Teamkollegen blockierten ihn, oder so etwas in der Art. Ich sagte zu Paul: ›Ich will mit Ihnen zusammenarbeiten. Ich weiß, die Antwort war nein, aber es muss einen Preis geben.‹«

Stuart spürte, dass dies der richtige Partner wäre und wollte alles tun, um den Deal an Land zu ziehen. »Bullpens gesamte Geschichte drehte sich um gute Geschäftsideen, die irgendeinen hässlichen Aspekt hatten«, so erinnert sich Stuart. »In unserem Fall war es die Tatsache, dass E-Commerce einfach nicht mehr in Mode war. Wir entsprachen nicht dem üblichen Muster einer Erfolgsgeschichte. Bullpens gesamte Geschäftsphilosophie war es, uncoole Deals abzuschließen ... und Seife zu verkaufen ist erst irgendwie in der letzten Zeit vielleicht ein bisschen cool geworden.«

Paul kam mit einem Preis zurück, mit dem Stuart schließlich leben konnte. »Das war fair gegenüber Bullpen und dem Unternehmen«, sagt er. Und so schloss er nach 175 Ablehnungen einen Deal ab. Heute, fünf Jahre später, ist Stuart der Held der Nachhaltigkeitsbewegung und Bullpen ist hocherfreut darüber, dass Stuart nicht nachgelassen hat. Grove Collaborative ist in den Schlagzeilen. Das Unternehmen wird 2023 400 Millionen Dollar Bruttogewinn machen und hat neulich seine Absicht erklärt, an die Börse zu gehen, unterstützt vom britischen Milliardär Richard Branson und einer Bewertung von 1,5 Milliarden Dollar.

Die Daten sagten Stuart, er solle aufgeben. Stuart war anderer Meinung. Die besten Leader treffen Entscheidungen, die sich als datengestützt maskieren, obwohl sie in Wahrheit etwas sind, das ich als Bauchgefühl-Sandwich bezeichne: Daten, die wie ein Sandwich zwischen Einsichten und Intuition geklemmt sind, die man nicht allein mit Zahlen rechtfertigen kann. Ideen, die echte Gamechanger sind, bestehen aus zu vielen Zutaten, um auf eine einzige Formel reduziert werden zu können. Steve Jobs wusste, dass wir gerne 10.000 Lieder in unserer Tasche mit herumtragen wollten, bevor wir überhaupt wussten, dass das möglich ist. Katrina Lake, die Gründerin von Stitch Fix, verstand, dass es möglich war, ein Abonnement für Kleidung auf den Markt zu bringen, bevor es irgendwer sonst wusste – und sie wurde zu einer der jüngsten Frauen, die je ein Unternehmen an die Börse brachten. Jeff Bezos lancierte einen Online-Buchladen und, was wenige hatten kommen sehen, verwandelte ihn in ein Cloud-Unternehmen, einen Lebensmittelladen, selbstfahrende Autos (als Amazon 2020 das Self-Driving-Start-up Zoox kaufte) und so weiter und so fort.

Diese Schritte wurden nicht von Zahlen und Statistiken getrieben. Wir können diese unterstützenden Elemente später miteinbringen, aber Leader verlassen sich auf Ahnungen, die hinterher erst untermauert werden. Steve Jobs hätte einen schrittweisen Ansatz bei der Musik gehen können und seiner Version eines Sony Walkmans eine CD-Funktion hinzufügen können. Aber als Musikfan begann er mit der Problemstellung und arbeitete sich rückwärts vor, um die Lösung zu finden: Wie kann ich meine Beatles-Sammlung, die aus Hunderten Songs besteht, überall mit hinnehmen? Er trat 2001 auf die Bühne, griff in die Vordertasche seiner Jeans und zeigte der Welt zum allerersten Mal einen iPod.

Meine Kollegin von Shark Tank, Katrina Lake, hatte das instinktive Gefühl, dass Kleidung einkaufen für viele Konsumenten nicht besonders erfreulich war, wenn sie dabei durch einen nicht endenden Stapel von Möglichkeiten stöbern mussten, um etwas zu finden, das ihnen gefiel. Mit Stitch Fix hatte sie eine völlig neugedachte Version eines Einkaufsassistenten, der jedem zur Verfügung stand, nicht nur den Reichen. Und sie errichtete auf dieser Idee ein kuratiertes Business für Kleidung, das heute jedes Jahr fast zwei Milliarden Umsatz macht – und damit zahllose Nachahmer auf den Plan gerufen hat, die demselben Abo-Modell folgen.

Jeder mit gesundem Menschenverstand hätte darauf beharrt, dass Jeff Bezos sich damit hätte zufriedengeben können, dass Amazon der größte Buchhändler der Welt wird. Immer am Ball bleiben und das Ziel im Auge behalten. Ein Mangel an Konzentration und Klarheit kann den Erfolg gefährden. Aber Bezos war zu einer anderen Erkenntnis gelangt, die er »Tag Eins« nannte: Was, wenn er ein Unternehmen aufbauen konnte, in dem die Sonne nie untergeht, und in dem jeder Tag eine neue Gelegenheit bietet, eine neue Facette des Lebens zu entdecken? Er machte sich das zum Motto und zwei Jahrzehnte später ist er der reichste Mensch auf dem Planeten oder zumindest unter den Top Five.

Bei RSE haben wir in Jordana Kier und Alex Friedman investiert, die instinktiv zu der Überzeugung gelangt waren, wenn Frauen mehr darüber wussten, was sie ihrem Körper zuführten, würden sie mit Vergnügen bei einem Unternehmen einkaufen, das Hygieneprodukte für Frauen anbietet, die 100 Prozent Bio sind, und eine Kultur der Offenheit fördert sowie Stigmata beseitigt. Diese Einsicht war ihnen gekommen, als sie sich die lange Liste an Inhaltsstoffen auf einer Schachtel Tampons ansahen und auf die Worte »kann Folgendes enthalten« stießen, gefolgt von einer langen Liste an Dingen, die sie niemals freiwillig in Kontakt mit ihrem Körper bringen würden – inklusive Bleiche. Sie verfügten über keine Daten, die ihre instinktive Erkenntnis untermauert hätten – skeptische Venture-Kapitalfirmen bestanden sogar darauf, dass es keine Marktlücke dafür gäbe und dieser Marktbereich bereits von drei Megaunternehmen dominiert werde, inklusive Procter & Gamble, während die Forschung zeige, dass Frauen selten ihre Präferenzen änderten. Aber diese Forschung erwies sich als falsch oder zumindest unvollständig. Niemand hatte den Frauen je die richtigen Fragen gestellt.

»Die meisten Risikokapitalinvestoren und Führungspersonen von Marken, die weibliche Pflegeprodukte herstellen, sind – und waren stets – Männer«, erklärte mir Alex. »Ich wusste, dass das Problem tatsächlich bestand, denn ich habe es selbst erlebt! Ich konnte nicht herausfinden, was wirklich in konventionellen Tampons enthalten war, was mir das Gefühl gab, nicht respektiert zu werden. Ich benutzte immer wieder die gleiche Marke, aufgrund von Bequemlichkeit und aus Mangel an Optionen – nicht aus Loyalität. Ich hatte den Verdacht, dass andere Frauen dasselbe empfanden und sich ebenso verhielten wie ich. Ich wusste, wenn es ein Produkt für die Periode gäbe, das transparent die Inhaltsstoffe angibt und leicht verfügbar wäre, von einer Marke, die mir zusagt, würde ich sofort wechseln. Gespräche mit anderen Frauen bestätigten, dass sie das ebenso tun würden. Wir unterhielten uns mit Hunderten von Frauen, die im Stillen unzufrieden mit den Herstellern weiblicher Pflegeprodukte waren. Ihre Antworten bestätigten unsere Instinkte und wir gründeten LOLA, um ein sehr reales Problem für sie und uns zu lösen.«

Vier Jahre später gibt es LOLA-Produkte in jedem Walmart direkt neben den Produkten der Marktführer und ihr Anteil wächst jeden Tag. Das instinktive Gefühl von Alex und Jordana hätte die alteingesessenen Player nicht zum Umdenken bewegt, denn die Daten wiesen darauf hin, dass die bestehenden Produkte absolut ausreichend für die meisten Frauen waren. Aber die beiden Gründerinnen wussten, dass die Daten nicht die ganze Geschichte erzählten und die Frauen, mit denen sie sprachen, stützten diese Überzeugung und bestärkten Alex und Jordana auf ihrem Weg nach vorn. Häufig sind Daten einfach nur eine Versicherung dagegen, sich etwas vorzumachen. Sie werden Ihnen kein grünes Licht erteilen (und sollten das auch nicht). Tatsächlich dienen Forschungsergebnisse allzu oft als Grund dafür, dass Menschen aufgeben, bevor es richtig angefangen hat. Lassen Sie sich nicht von den Zahlen zurückhalten, wenn Ihr Bauch Ihnen sagt, dass Sie auf der richtigen Spur sind; und haben Sie keine Angst, nach der Unterstützung zu suchen, von der Sie glauben, dass sie irgendwo da draußen sein muss.

Es gibt noch einen anderen, übergeordneten Aspekt und dieser zeigte sich in einer Unterhaltung, die ich mit Sean Harper führte, dem Mitbegründer und CEO von Kin Insurance, dem Unternehmen, das ich an die Börse bringen wollte, bevor unser Deal durchfiel. Wenn man sich nur auf die Daten verlässt, gibt es zu viele Möglichkeiten, die eigenen Entscheidungen infrage zu stellen. Die Daten könnten falsch sein oder deren Analyse fehlerhaft und das könnte einen in die falsche Richtung lenken. »Aber wenn man einfach tut, was einem richtig erscheint – was einem die Instinkte sagen –, dann stellt man es nicht infrage«, meint Sean mit Nachdruck. »Man kann nicht mit den eigenen Gefühlen debattieren. Und dadurch kann man letztlich inneren Frieden gewinnen, egal, wie die Entscheidung aussieht.«

Jordana und Alex vertrauten auf ihr Bauchgefühl. Sie ärgerten sich über die Pflegeprodukte für Frauen, die sie benutzt hatten. Sie wussten, dass es anderen Frauen sicherlich genauso ging – und sie lagen damit absolut richtig. Die meisten von uns reden es sich selbst aus, auf die eigenen Instinkte zu vertrauen. Gewinnertypen wie Sean Harper und die Gründerinnen von LOLA tun das nicht.

Den eigenen Instinkten zu vertrauen ist wie Muskeltraining - man wird mit der Zeit stärker

Es ist nicht einfach, sein ganzes Leben lang alles zu geben und die Schiffe hinter sich zu verbrennen, vor allem deswegen, weil es nicht nur um eine einzige richtige Entscheidung geht. Um nachhaltigen Erfolg zu erzielen, ist es erforderlich, stets in Bewegung zu bleiben und viele Entscheidungen nacheinander zu treffen. Kevin O’Leary von Shark Tank – auch bekannt als Mr. Wonderful – begann seine Karriere mit der Gründung eines Unternehmens für Bildungssoftware. Nach diesem Start hätte er in dieser Branche bleiben, sein Unternehmen vergrößern und zu einem Giganten werden können. Stattdessen nutzte er seine Erfahrung, um in die Private-Equity- und Risikokapital-Branche einzusteigen, und trat später im Fernsehen auf, zuerst in Kanada (bei Dragon’s Den, der kanadischen Version von Shark Tank) und schließlich in den Vereinigten Staaten. Kevin hat seitdem ein ganzes Imperium quer durch verschiedene Branchen errichtet und sogar seinen Ruhm genutzt, um sich selbst bis in die kanadische Politik zu katapultieren.

Lori Greiner ist ein weiteres Beispiel. Sie hat als Erfinderin angefangen und einen Organizer für Ohrringe entwickelt, der schließlich ins Sortiment von JCPenney aufgenommen wurde – und von dort aus hat sie es zum Fernsehstar geschafft. Sie hält heute 120 Patente für einige der beliebtesten Erfindungen für den Haushalt weltweit, hat mehr als 800 Produkte entworfen und vermarktet und – aufbauend auf ihrer Erfahrung im Fernsehen – eine eigene TV-Produktionsfirma ins Leben gerufen. Keiner der »Sharks« hat sich eine Auszeit gegönnt, selbst nicht, nachdem sie massive Erfolge eingefahren hatten.

Ich arbeitete als Highschool-Abbrecher im Büro des Bürgermeisters von New York City und hätte zu dem Schluss kommen können, dass dieser Job genug war, um mich auf meinen Lorbeeren auszuruhen und darauf zu vertrauen, dass mein Leben in die rechten Bahnen gelenkt war. Aber ich wollte es nicht dabei belassen. Meine Instinkte sagten mir, dass es noch so viel mehr zu tun gab. Ich wusste, dass ich zuerst das Stigma des Schulabbrechers loswerden musste. Ich plante zehn Schritte im Voraus und wollte nicht, dass dieser Schatten jemals meiner Karriere im Weg stand – nachdem ich also meinen Abschluss am Queens College gemacht hatte, beschloss ich, in Teilzeit das Abendschulprogramm einer juristischen Fakultät zu absolvieren. Ein Abschluss von Fordham Law würde meinen Lebenslauf ordentlich aufpolieren. Ich dachte mir, dass mir niemand vorhalten könnte, dass ich die Highschool verlassen hatte, wenn ich nicht nur das College abgeschlossen hätte, sondern auch noch Anwalt wäre, mit einem Abschluss einer Eliteschule und vielleicht als Krönung mit ein paar Artikeln in der Law Review.

Gleichzeitig bat ich im Bürgermeisteramt um eine Beförderung. Ich wollte mit 23 stellvertretender Pressesprecher werden. Meine geleistete Arbeit zeigte, dass ich es verdient hatte, darauf vertraute ich, und es wäre eine beachtliche Gehaltserhöhung damit einhergegangen, was mich meinem Ziel, gemeinsam mit meiner Mutter der Armut zu entfliehen, einen guten Schritt näherbringen würde. Angesichts meiner jungen Jahre wurde mir mitgeteilt, dass ich noch etwas warten solle und andere, die älter und schon länger dort angestellt waren, vor mir an die Reihe kamen. In diesem Moment legte mir mein Instinkt nahe, eine weitere kühne Entscheidung zu treffen: zu kündigen.