Vergleich von Sprach- und Rechenleistungen im Vorschulalter unter genderspezifischen Aspekten - Anne Sürken - E-Book

Vergleich von Sprach- und Rechenleistungen im Vorschulalter unter genderspezifischen Aspekten E-Book

Anne Sürken

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2010
Beschreibung

Examensarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Soziologie, Note: 1,0, Universität Duisburg-Essen, Sprache: Deutsch, Abstract: Sowohl Sprach- als auch Rechenkompetenzen stellen wichtige Grundlagen für die erfolgreiche Bewältigung des Schulsystems und des sozialen Lebens dar. Aus diesem Grund wird zurzeit stark diskutiert, ob und in wie weit Jungen oder Mädchen in diesen Bereichen bevor- bzw. benachteiligt sind. Eine weit verbreitete Annahme besagt, dass Mädchen besser in Sprachen und Jungen besser in Mathematik seien. In zahlreichen Studien im Schulbereich lassen sich eben diese Annahmen auch bestätigen. Auch die mathematische Überlegenheit der Jungen wird in Studien belegt. Lassen sich ebendiese Unterschiede auch schon eher, also im Kindergartenalter, feststellen? Um dieser Frage näher auf den Grund zu gehen, habe ich mich für das Thema „Vergleich von Sprach- und Rechenleistungen im Vorschulalter unter genderspezifischen Aspekten“ entschieden. Hierzu wurden verschiedene eigene empirische Erhebungen gemacht, die im Folgenden näher vorgestellt werden. Zunächst stellt sich vielleicht die Frage: Was bedeutet genderspezifisch? Mit ‚Gender’ werden im Englischen die „gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechterrollen von Frauen und Männern, Jungen und Mädchen“ (Christl, et al., 2007 S. 19) bezeichnet, während ‚sex‘ das biologische Geschlecht bezeichnet. Diese Unterscheidung nahm der Psychoanalytiker Robert Stoller vor, da er in seinen Untersuchungen zur Geschlechtsidentität von Menschen mit fehlenden oder inkongruenten sexuellen Merkmalen feststellte, dass die körperlichen Merkmale nicht immer mit den psychischen übereinstimmten. Also unterschied er ein biologisches und ein sozialisiertes Geschlecht. (Klann-Delius, 2005) Problematisch ist hier jedoch, dass diese Unterscheidung nicht den gewünschten Effekt zu haben scheint, denn die Bedeutung von ‚gender‘ hat sich der von ‚sex‘ mehr und mehr angenähert. (Przygoda, et al., 2000 S. 554) In dieser Arbeit wird sowohl das biologische als auch das sozialisierte Geschlecht in die Ausführungen des Theorieteils einbezogen. Bei der Analyse der selbst erhobenen Daten wird jedoch auf das sozialisierte Geschlecht verzichtet und nur auf das biologische Geschlecht eingegangen, da das sozialisierte Geschlecht mit den durchgeführten Tests nicht nachgewiesen werden kann.

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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Ziel der vorliegenden Arbeit
3 Theoretische Grundlagen
3.1 Erstspracherwerb
3.1.1 Voraussetzungen
3.1.2 Phasen des Spracherwerbs
3.2 Genderspezifische Aspekte des Spracherwerbs
3.2.1 Empirische Argumente zum Zusammenhang von Geschlecht und
3.2.1.1 Beginn und Fortschritt
3.2.1.2 Entwicklung von Phonologie, Phonetik und Intonation
3.2.1.3 Die Syntaxentwicklung
3.2.1.4 Die lexikalische und semantische Entwicklung
3.2.1.5 Der Erwerb pragmatischer Regeln und die Entwicklung
kommunikativer Kompetenz
Kapitel
Kapitel
3.2.1.6 Fazit der empirischen Befunde
3.2.2 Theoretische Erklärungsmodelle zum Zusammenhang von
Geschlecht und Spracherwerb
Kapitel
Kapitel
3.2.2.1 Biologische Argumentation
3.2.2.2 Kognitionspsychologische Argumentation
3.2.2.3 Sozialisationstheoretische Argumentation
3.2.2.4 Fazit theoretische Erklärungsmodelle
3.3 Der Erwerb der Rechenkompetenzen
3.3.1 Kognitive Schemata als Grundlage mathematischer Entwicklung
3.3.1.1 Zahlvorstellung von Vorschulkindern
3.3.1.2 Das protoquantitative Schema des Vergleichs
3.3.1.3 Das protoquantitative Schema der Zunahme und Abnahme
3.3.1.4 Das protoquantitative Teil-Ganzes-Schema
3.3.1.5 Fazit
3.3.2 Zählprinzipien nach Gelman und Gallistel
3.3.3 Erwerb der Zahlwortfolge nach Fuson
3.3.3.1 Niveau 1: string level
3.3.3.2 Niveau 2: unbreakable chain level
3.3.3.3 Niveau 3: breakable chain level
3.3.3.4 Niveau 4: numerable chain level
3.3.3.5 Niveau 5: bidirectional chain level
3.3.4 Das fünfstufige Entwicklungsmodell nach Fritz, Ricken et al.
3.3.4.1 Stufe I
3.3.4.2 Stufe II
3.3.4.3 Stufe III.
3.3.4.4 Stufe IV
3.3.4.5 Stufe V
3.4 Genderspezifische Aspekte des Erwerbs mathematischer
4 Methode
4.1 Fragestellung der Untersuchung
4.2 Stichprobe
4.3 Durchführung
4.4 Messinstrumente
4.4.1 Trog-D
4.4.2 Kompetenzstufentest (in Vorb.)
4.4.3 TEDI - Math
4.5 Statistische Prüfverfahren
5 Ergebnisse
5.1 Sprachleistungen
5.2 Rechenleistungen
5.3 Zusammenhänge zwischen Sprachkompetenz und Geschlecht
5.4 Zusammenhänge zwischen Rechenkompetenz und Geschlecht
5.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
6 Diskussion
6.1 Interpretation der Ergebnisse
6.1.1 Bereich Sprachkompetenzen
6.1.2 Bereich Rechenkompetenzen.
6.2 Methodenkritik
6.2.1 Stichprobe
6.2.2 Durchführung der Tests
6.3 Schlussbemerkung
7 Literaturverzeichnis
8 Anhang

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1 Einleitung

Sowohl Sprachkompetenzen als auch Rechenkompetenzen stellen wichtige Grundlagen für die erfolgreiche Bewältigung des Schulsystems und des sozialen Lebens dar. Aus diesem Grund wird zurzeit stark diskutiert, ob und in wie weit Jungen oder Mädchen in diesen Bereichen bevor- bzw. benachteiligt sind. Eine weit verbreitete Annahme besagt, dass Mädchen besser in Sprachen und Jungen besser in Mathematik seien. In zahlreichen Studien im Schulbereich lassen sich eben diese Annahmen auch bestätigen. So sind, nach einer Studie von Brügelmann, Mädchen den Jungen im Lesen und Rechtschreiben über die gesamte Schulzeit hinweg überlegen. (Brügelmann, 1994) Auch die mathematische Überlegenheit der Jungen wird in Studien belegt. So ist die Beliebtheit mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer, laut Hoffmann et alternum, bei Mädchen geringer als bei Jungen. (Hoffmann, et al., 1997) Lassen sich ebendiese Unterschiede auch schon eher, also im Kindergartenalter, feststellen?

Um dieser Frage näher auf den Grund zu gehen, habe ich mich für das Thema„Vergleich von Sprach-und Rechenleistungen im Vorschulalter unter genderspezifischenAspekten“entschieden. Hierzu wurden verschiedene eigene empirische Erhebungen gemacht, die im Folgenden näher vorgestellt werden.

Zunächst stellt sich vielleicht die Frage: Was bedeutetgenderspezifisch?Mit‚Gender’ werden im Englischen die „gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechterrollen von Frauen und Männern, Jungen und Mädchen“(Christl, et al., 2007 S. 19)bezeichnet, während ‚sex‘ das biologischeGeschlecht bezeichnet. Diese Unterscheidung nahm der Psychoanalytiker Robert Stoller vor, da er in seinen Untersuchungen zur Geschlechtsidentität von Menschen mit fehlenden oder inkongruenten sexuellen Merkmalen feststellte, dass die körperlichen Merkmale nicht immer mit den psychischen übereinstimmten. Also unterschied er ein biologisches und ein sozialisiertes Geschlecht. (Klann-Delius, 2005) Problematisch ist hier jedoch, dass diese Unterscheidung nicht den gewünschten Effekt zu haben scheint, denn die Bedeutungvon ‚gender‘ hat sich der von ‚sex‘ mehr und mehr angenähert.(Przygoda, et al., 2000 S. 554) In dieser Arbeit wird sowohl das biologische als auch das sozialisierte Geschlecht in die Ausführungen des Theorieteils einbezogen. Bei der Analyse der selbst erhobenen Daten wird jedoch auf das

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sozialisierte Geschlecht verzichtet und nur auf das biologische Geschlecht eingegangen, da das sozialisierte Geschlecht mit den durchgeführten Tests nicht nachgewiesen werden kann.

Um einen Überblick über die theoretischen Grundlagen zu geben, werden zunächst die wissenschaftstheoretischen Implikationen der Fragestellung beleuchtet. Als erstes werden die Voraussetzungen und Phasen vorgestellt, die ein Kind während des Erstspracherwerbs durchläuft. Dann folgen genderspezifische Aspekte des Erstspracherwerbs. Hierzu werden zunächst empirische Befunde zum Einfluss des Geschlechts auf den Erwerb sprachlicher Kompetenzen vorgestellt. Diese werden in verschiedene Bereiche des Spracherwerbs getrennt, um differenzierter auf die untersuchte Problematik eingehen zu können. Anschließend werden theoretische Erklärungsmodelle des genderspezifischen Spracherwerbs vorgestellt. Hierbei werden sowohl biologische und kognitionspsychologische als auch sozialisationstheoretischeAnsätze erläutert. Als Abschluss des Kapitels 2.1 „Erstspracherwerb“ folgteine kurze Einschätzung der aktuellen Forschungslage. Nun folgt ein Überblick über die verschiedenen theoretischen Erklärungsansätze des Erwerbs mathematischer Kompetenzen. So werden u.a. das fünfstufige Entwicklungsmodell nach Fuson und das

Kompetenzstufenmodell nach Fritz und Ricken vorgestellt. An dieses Kapitel schließt sich der genderspezifische Erwerb mathematischer Kompetenzen an, welches hauptsächliche empirische Ergebnisse beleuchtet. Wie oben bereits erwähnt, wurden eigene empirische Daten erhoben, die in den folgenden Kapiteln vorgestellt werden. Als erstes erfolgt die Vorstellung der unterschiedlichen durchgeführten Tests. Dann werden die Ergebnisse vorgestellt, die anschließend unter Einbezug der theoretischen Grundlagen interpretiert und diskutiert werden sollen.

Den Abschluss der Arbeit bildet der Versuch einer allgemeinen Einschätzung des Forschungsdiskurses zu genderspezifischen Formen der Sprach- und Rechenkompetenzentwicklung.

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2 Ziel der vorliegenden Arbeit

In den nachfolgenden Kapiteln wird beschrieben, dass es sowohl zum genderspezifischen Spracherwerb, als auch zum genderspezifischen Erwerb der Rechenkompetenzen konträre Ansichten. Mit dieser Untersuchung soll ein weiterer Baustein in der genderspezifischen Erforschung des Spracherwerbs und des Rechenkompetenzerwerbs hinzugefügt werden, um in der Zukunft eine einheitliche Darstellung erlangen zu können. Beim Anblick der Literatur, die sich mit der Erforschung des genderspezifischen Spracherwerbs beschäftigt, scheint zurzeit ein Stillstand eingetreten zu sein. In den 1970er bis Anfang der 1990er Jahren wurden einige Aufsätze veröffentlicht, die sich mit diesen Aspekten des Spracherwerbs im Vorschulalter beschäftigten. Aktuelle Veröffentlichungen gibt es nur sehr wenige. So soll es ein weiteres Ziel dieser Arbeit sein, die Beziehung zwischen dem Geschlecht und dem Spracherwerb bzw. dem Erwerb der Rechenkompetenzen im Vorschulalter im Jahre 2010 zu untersuchen.

3 Theoretische Grundlagen

Beim Sichten der einschlägigen Literatur zu den Bereichen Erstspracherwerb und Erwerb von Rechenkompetenzen ist ein Ungleichgewicht zwischen den Erklärungsmodellen und dem Aspekt der genderspezifischen Unterschiede zu erkennen.

In der obigen Tabelle sind jeweils die Bereiche mit einem X gekennzeichnet, die im Verlauf der Arbeit ausführlicher behandelt werden. Im Bereich der Erklärungsmodelle des Spracherwerbs findet man selbstverständlich biologische, kognitionspsychologische und

sozialisationstheoretische Ansätze. Diese Ansätze können sowohl dem Bereich

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der Erklärungsmodelle als auch dem Bereich der genderspezifischen Aspekte zugeordnet werden. Um eine Dopplung der Vorstellung zu vermeiden, werden die eben genannten Erklärungsmodelle erst im Kapitel zu den genderspezifischen Aspekten genauer erläutert, da dort noch genauer auf die verschiedenen Teilbereiche der Ansätze eingegangen wird. So ist die stärkere Gewichtung des Kapitels der genderspezifische Aspekte des Spracherwerbs zu erklären.

Im Bereich der theoretischen Erklärungsmodelle zum Erwerb der Rechenkompetenzen werden verschiedene Ansätze vorgestellt, die unterschiedliche Teilaspekte in den Vordergrund stellen. Da alle Teilbereiche des Erwerbs erfasst werden sollen, liegt hier ein Schwerpunkt des Bereichs der Rechenkompetenzen. Desweiteren ist die weniger ausführliche Darstellung der genderspezifischen Aspekte des Rechenkompetenzerwerbs darin begründet, dass es nur wenig Literatur gibt, die sich mit dem genderspezifischen Erwerb im Vorschulalter beschäftigt. Es gibt einige empirische Studien, die sich diesem Aspekt widmen, theoretische Erklärungsmodelle scheint es hierzu jedoch noch nicht zu geben.

3.1 Erstspracherwerb

Der Erstspracherwerb findet in den ersten Lebensjahren eines Menschen statt. Meistens geschieht dieses intuitiv, ohne das Erwachsene vorher die Spracheund ihre Regeln erklärt haben. Der Grund hierfür ist, „dass der Mensch vonGeburt an mit derFähigkeit ausgestattet ist, Sprache zu lernen.“(Sander, et al., 2007 S. 3) Dies lässt sich auch neurologisch belegen. Hirnforscher habenerwiesen, „dass es eine genetisch bedingte Tendenz zur Spezifizierung derlinken Hemisphäre für Sprache geben mag. Diese entsteht aber erst allmählichund unter dem Einfluss von Erfahrung.“(Szagun, 2007 S. 244) Falls die linkeGehirnhälfte jedoch geschädigt ist, „findet das Gehirn einen anderenEntwicklungsweg und eine andere Organisation zur Verarbeitung vonSprache“.(Szagun, 2007 S. 244) Folglich versucht das Gehirn in jedem Fall eine Sprache zu entwickeln.

Auf die Fähigkeit Sprechen zu lernen, gehe ich im weiteren Verlauf der Arbeit ein, indem ich die Voraussetzungen zum Spracherwerb erläutere und die Phasen des Spracherwerbs darstelle.

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3.1.1 Voraussetzungen

Um Sprache lernen zu können, müssen bereits im Mutterleib die Sprechwerkzeuge Mund, Kehlkopf und der Nasenrachenraum entwickelt werden. Auch die Ohren und Augen müssen als sprachaufnehmende Organe entwickelt sein. Natürlich ist es auch notwendig, dass das Gehirn weit genug gereift ist. (Schindler, 1998)Weiterhin muss „das Zentralnervensystemso ausgereift sein, dass ankommende Sprache verarbeitet und aktives Sprecheninitiiert werden kann.“(Sander, et al., 2007 S. 3) Während dieses Entwicklungsprozesses kommt es zu einer Spezialisierung der Gehirnhälften. Dabei ist die linke Hälfte besonders für die Verarbeitungsprachlicher Informationen zuständig und die rechte Hälfte für „gestalthafteWahrnehmung, Verarbeitung emotionaler Reizeund natürliche Geräusche“(Sander, et al., 2007 S. 3).

Unter anderem trägt auch die Reifung des Gehirns zur Sprachentwicklung bei. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres hat sich das Gewicht des Gehirns mehr als verdoppelt, was daran liegt, dass sich die Nervenzellen ausdifferenzieren und Verbindungen zu anderen Zellen herstellen. Somit können Reize schneller weitergeleitet werden. Unter diesem Prozess versteht man die neuronale Reifung, welche zusätzlich Grundlage dafür ist, dass ein Kind Sprache erlernen kann. (Schindler, 1998)