Verschlungene Fäden - Andara Thomann - E-Book

Verschlungene Fäden E-Book

Andara Thomann

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Beschreibung

Manchmal kann beim Träumen mehr geschehen als rein geistig, mentales Aufarbeiten des täglichen Lebens im Schlaf. Etwas in der Art bekommt Mika, ein Deutscher in den Dreißigern, schon bald nach dem Aufwachen von Jono zu hören, als er ihm mit erstaunlicher Detailgenauigkeit berichtet, gerade seine Traumfrau gesehen zu haben und das im wahrsten Sinne des Wortes. Nach einer lebhaft durchträumten Nacht im Schlafwagen durch Thailand, zur Insel Lamoi, ist er sogar in der Lage sie zu zeichnen. Doch da er mit der nebulösen Aussage des Bruders nichts anfangen kann, dauert es eine Weile und braucht weitere Träume, bis Mika akzeptiert, dass es seine, um einiges jüngere, Traumfrau Sita tatsächlich gibt, beziehungsweise geben wird. Ebenso ihre Mutter, die bereits existiert und zweifellos Jonos große Liebe ist. Aber nicht nur im Schlaf kommt es zu spannenden Begegnungen zwischen allen Figuren, wobei sich Träume und Wirklichkeit immer mehr zu vermischen scheinen, bis…

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Seitenzahl: 2461

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Widmung

Prolog

1. Ankunft in Thailand

2. Interessante Einblicke

3. Im Baumhaus und auf dem Meer

4. Auf der Fähre

5. Auf zur Insel

6. Der Unterricht beginnt

7. Unter Wasser und auf der Insel

8. Erste Schritte auf Lamoi

9. Wieder daheim

10. Zeitsprünge

11. Daheim und unterwegs

12. Auf, zur und in der Oase

13. Traumanalyse und weiter geht’s

14. Traumwache und Erinnerungen

15. Das Kommando haben

16. Ein, zwei Überraschungen

17. Ausklingende Tage

18. Mit Pfeil und Bogen

19. Enthüllungen und Geheimnisse

20. Traumverrücktheiten

21. Urlaubsalltag

22. Spannungen an Bord

23. Suchen und finden

24. Neue Dimensionen

25. Es geht voran

26. Wieder in der Oase

27. Weiter unter Druck

28. Noch ein Wunder

29. Ängste und Hoffnungen

30. Interessante Verknüpfung

31. Offen und im Verborgenen

32. Neue Fragen, alte Fragen

33. Spion wider Willen

34. Neues aus der Zwischenwelt

35. Unerwartete Begegnung

36. Nachtgedanken

37. Mystische Spiele

38. Infos und Erkenntnisse

39. Ein Angebot

40. Warten, aber nicht nur

41. Alles unklar bis zum Schrecken

42. Spaß und Lernen

43. Gespräch unter Spannung

44. Magische Verbindungen

45. Letzte Vorbereitungen

46. Raumzeitliche Kapriolen

47. Schlussakkorde

Epilog

Jonos Entwürfe

Jonos Leitlinien

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2015 novum Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-99048-082-3

ISBN e-book: 978-3-99048-083-0

Lektorat: Dr. phil. Ursula Schneider

Umschlagfoto: Andara Thomann

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: Jonos Entwürfe: Andara Thomann (4), Hauptfiguren: Roman Hübscher und Andara Thomann (7)

www.novumverlag.com

Widmung

Für meinen geliebten Specht, ohne den es dieses Buch wohl nicht gäbe.

Prolog

Am 02. 03. 2054 exakt um 11:46 Uhr dröhnt und scheppert es laut und vernehmlich im kleinen Konferenzraum des ARZAK, als Arvin Mendel mit der Faust auf den Tisch schlägt und dabei seine und zwei weitere Kaffeetassen hüpfen lässt. Offenbar platzt dem Chef des Amtes für raumzeitlich bedingte Außerkörperlichkeiten gerade der Kragen, womit er die beiden anderen Leute im Raum nicht gerade wenig erschreckt. Solche Ausbrüche von ihrem Chef erleben die Frau und der Mann in mittleren Jahren höchst selten, doch ihr Zusammenzucken und Hochfahren rührt eher daher, dass sie ihre Diskussion telepathisch, also in völliger Stille geführt haben. Beobachtet und begleitet von Arvin Mendel, der diese noch junge Form der Kommunikation natürlich auch drauf hat, nun aber nach seinem körperlichen Ausbruch auch verbal wohl lieber die altmodische Klinge schlagen will.

Und zwar sofort, denn nach kaum einem Augenzwinkern dröhnt er los: „Was für eine lausige Gedankenverschmelzung, die wohl ewig kein Ergebnis bringen wird. Zeit ist jedoch knapp, also ab jetzt bitte mit Ton, du fängst an.“ Dabei zeigt er energisch auf die Frau, während seine andere Hand immer noch zur Faust geballt ist, weiteres Malträtieren des Tisches aber unterlässt. Was auch nicht nötig ist, denn die Frau hat ihre Verblüffung offenbar schnell überwunden und lässt sich nicht lange bitten. Doch bevor sie nach einem kurzen Räuspern sprechen kann, bekommt sie noch zu hören, sich gefälligst kurz zu fassen, da nicht nur eine schnelle Entscheidung getroffen werden müsse, sondern auch bald Mittag wäre und er möglichst keine Hängepartie haben wolle.

„Na gut, dann eben knapp und knackig, ich bin gegen das Zulassen einer so schwerwiegenden Beeinflussung, die ja faktisch ein Auferstehen von den Toten nach sich zieht“, äußert die Frau daraufhin und beugt sich, ihre Ansicht bekräftigend, etwas nach vorn, bevor sie ein kleines, provokatives Anhängsel offenbar nicht stecken lassen kann. „Kurz genug?“, lautet es und entlockt den beiden Männern ein Grinsen, bevor Arvin zum Schluss seiner nächsten Äußerung die Miene wieder ernster werden lässt.

„Durchaus und viel mehr möchte ich von dir auch nicht hören, also leg los“, wendet er sich an den Mann, der sein Statement offenbar auch parat hat.

„Verstehe deine Bedenken durchaus“, spricht er zuerst die Frau an, bevor er den Rest an den Chef richtet, „aber so merkwürdig die Sache auch sein mag, wir sind einfach nicht dafür zuständig. Jedenfalls noch nicht, also will ich den Ball lieber flach halten und den Dingen ihren Lauf lassen.“

„Und ich bin geneigt, dem zuzustimmen, und das nicht nur, weil ich Hunger habe, sondern weil wir so einen Fall eben noch nie hatten. Wobei ich auch den Zusammenhang zwischen Beeinflussung und bizarrem Ergebnis keineswegs als gegeben sehe“, kommt es daraufhin vom Chef, womit die Sache entschieden ist und die Frau sich dreinfügen muss.

Worauf die Leute von der ARZAK pünktlich zum Essen kommen, während es bei den von der Diskussion Betroffenen etwa zur gleichen Zeit auch nicht gerade harmonisch zugeht. Ganz im Gegenteil herrscht dicke Luft in warmen Gefilden auf einer Terrasse, die nicht gerade klein ist und dominiert wird von einem großen, wirklich riesigen Gummibaum, der sie komplett vor der prallen Mittagssonne abschirmt. Seine Pracht und Erhabenheit werden jedoch nicht beachtet, denn harsche Worte fliegen hin und her zwischen zwei Leuten, die hellhäutig, aber braun gebrannt sind, was für einen bereits längeren Aufenthalt in den Tropen spricht. Präziser formuliert handelt es sich um eine hübsche Frau und einen urig aussehenden Mann, beide in reifem Alter, die leicht bekleidet auch im angenehm kühlen Schatten schwer in Wallung geraten sind.

Der alte, fast glatzköpfige Herr trommelt gerade grimmig dreinschauend auf seinem Bauch herum und wettert: „Du sagst doch selber, dass ich immer mehr vom Fleische falle, weshalb wir den Hüpfern endlich verstärkt Beine machen sollten und sie selber entscheiden können, was sie mit den Beeinflussungen anfangen wollen.“

„Die aber total schräg sind und alles aufs Spiel setzen!“, keift die Frau zurück, die im Gegensatz zu ihrem Widerpart noch üppiges Haar hat, das, zu Zöpfen geflochten, hin und her fliegt, als sie den Kopf heftig schüttelt. Mit Händen in den Hüften und vorgerecktem, spitzem Kinn sieht sie auch nicht so aus, als wolle sie alsbald von ihrer Meinung abweichen, was sie in einem Nachsatz unterstreicht. „Und gerade jetzt, wo es sich so gut anlässt, will ich bestimmt keine längst überfällige Sperrung vom ARZAK riskieren, nur weil du mit so verrückten Dingen daherkommst.“

„Hm, dann ist es ja gut, dass ich heute Morgen einen Eilantrag gestellt habe.“

„Du hast was?“

„Ja, ja, ich weiß schon, ‚Gehe nie zu deinem Fürst, wenn du nicht gerufen wirst‘, aber nach der gelben Karte für die finanzielle Manipulation wollte ich lieber auf Nummer sicher gehen und den Segen der ARZAK vorher einholen.“

Offenbar gelingt es dem Mann, mit dieser Offenbarung einigen Wind aus den Segeln der Frau zu nehmen, die auch eher verblüfft als verärgert dreinschaut, als sie fragt: „Und wann kriegen wir Bescheid?“

„Na ja, Eilantrag eben und ich …“, antwortet der Mann und endet mit, „na, das nenn ich mal ein Timing“, als sich just in diesem Moment ein im Tisch befindliches Kommunikationsgerät meldet und kurz darauf ein holografisches Bild vom streng dreinblickenden Arvin Mendel produziert.

„Siehste, hab’s doch geahnt“, stöhnt die Frau daraufhin leise, aber offenbar doch ausreichend hörbar, worauf sich der Chef der ARZAK ein Grinsen nicht verkneifen kann, als er ohne Umschweife mitteilt: „Bei uns war auch die Frau dagegen, aber mit 2:1 Stimmen könnt ihr trotzdem erst mal weitermachen und das Mittagessen dürfte jetzt wohl besser schmecken.“

„Wirklich mit allem, was beantragt wurde?“, will die ungläubig dreinschauende Frau aber trotzdem noch wissen.

„So ist es, doch ich rate schon dazu, ordentlich Gas zu geben und bald zum Ende zu kommen, denn eine weitere Diskussion wie die eben möchte ich mir wirklich nicht antun“, erklärt Arvin Mendel darauf, bevor sein holografisches Bild nach dem Austauschen von Abschiedsfloskeln verschwindet.

Die Bemerkung: „Na also, alle Aufregung umsonst“, kann sich der Mann daraufhin offenbar nicht verkneifen, während er sich in einen gemütlich aussehenden Sessel plumpsen lässt. Doch so ganz will ihn die Frau wohl noch nicht vom Haken lassen.

„Ach ihr Männer, und wie es der armen Frau dabei gehen wird, interessiert offenbar nicht“, grummelt sie, aber bei Weitem nicht mehr so aufgeregt wie vorher, weshalb sich der Mann auch unbeeindruckt zeigt.

„Doch, das interessiert sehr wohl, aber du weißt genauso wie ich, dass es ihr prächtig gehen wird, was ich im Übrigen kaum noch erwarten kann. Aber vor allem bin ich ja nicht mehr der Jüngste und möchte unabhängig vom Wagnis vorm Verhungern das Ende des Projekts schon noch erleben, was mich halt immer wieder hibbelig werden lässt.“

„Na, nun übertreib mal nicht, denn egal, wie weit deine Rippen sich hervorwagen, bist du doch viel zu zäh und hartnäckig, um dich davon unterkriegen zu lassen. Allerdings war Geduld noch nie deine Stärke, was wohl eher der Grund sein dürfte“, kontert die Frau, jedoch weiterhin mit ruhiger Stimme, wobei sie sich ebenfalls hinsetzt.

„Ach mein geliebtes Weib, du kennst mich halt zu gut, aber können wir nicht doch ein winziges bisschen mehr Gas geben?“, bettelt der Gemaßregelte mit hoher Piepsstimme und führt dabei vor seinem schmolllippig verzogenen Gesicht Daumen und Zeigefinger beider Hände bis auf einen schmalen Spalt zusammen.

„Na komm schon her, alter Zausel!“, fordert sie grinsend und streckt die Arme aus, worauf der alte Zausel nicht zögert und sich vorbeugt, um einen kurzen, aber innigen Kuss mit viel Zunge entgegenzunehmen. Seine flehende Miene legt er dabei aber nicht ab, weshalb die Frau nach der Trennung ihrer Münder den Kopf schüttelt, dann aber doch ein Zugeständnis macht. „Hör bloß auf, so zu gucken, vielleicht geht ja noch die eine oder andere über den Antrag hinausgehende Kleinigkeit, aber sobald mir was nicht koscher vorkommt, mach dich schon mal auf die nächste längere Beratung gefasst.“

„Hm, besser als nix, aber du solltest dabei wirklich im Auge behalten, dass ich lieber heute als morgen wieder vollständig sein möchte. Also lass uns am besten sofort weitermachen und das Beste hoffen.

„Einverstanden, oder besser gesagt …“

Die letzten ein oder zwei kurzen Worte formuliert die Frau stumm und das war’s auch schon, bevor herzhaftes Lachen den Dialog beendet und beide die Terrasse verlassen, um sich im dazugehörigen Haus wieder an die Arbeit zu machen.

Zeit für uns, alles näher zu beleuchten, doch natürlich mit dem Anfang der Geschichte, wenn nun das Weben der verschlungenen Fäden – wie es sich gehört – mit dem ersten Kapitel beginnt.

1. Ankunft in Thailand

Mit Dudumm, Dudumm, Dudumm bei jedem Schienenstoß, die es in Thailand auch kurz nach der Jahrtausendwende noch gab, ratterte der Zug von Bangkok nach Had Yai. Eine Stadt im Süden an der Grenze zu Malaysia, doch so weit wollten Jono und Mika nicht. Das Ziel der deutschen Touristen war eine Hafenstadt, die bereits etliche Stunden vorher auftauchen sollte und von der aus es zuerst mit einem Bus und dann mit einer Fähre zur Insel Lamoi weitergehen sollte. Tja, und dort wollten die beiden Brüder im Alter von knapp unter vierzig und über dreißig Jahren noch reichlich Zeit vom Januar und ein bisschen vom Februar im Warmen verbringen. Beide freuten sich mächtig darauf, dem eisigen Winter in der Heimat für eine Weile entfliehen zu können, was zurzeit aber nur Jono durch ein breites Grinsen zum Ausdruck brachte, obwohl die Dauer der Reise für seine Verhältnisse eher knapp bemessen war.

Früher habe ich in Monaten statt in Wochen gerechnet, aber da warst du ja als Mann mit fester Arbeit und begrenztem Urlaub nicht dabei,dachte er und anerkannte die Bemühungen seines acht Jahre jüngeren Bruders um diese Reise. Dieser war wie er selbst schlank und für deutsche Verhältnisse eher klein und schlief im Bett unter ihm. Sie hatten Glück gehabt und konnten nach ihrer Ankunft auf dem Flughafen in Bangkok und einer schnellen Taxifahrt zum Bahnhof tatsächlich noch am gleichen Tag zwei der begehrten Schlafwagenplätze ergattern. So blieb ihnen eine unbequeme Busfahrt erspart, die zudem auch nicht ungefährlich gewesen wäre.

„Die fahren wie die Bekloppten und liefern sich sogar Rennen. Bei mir ging’s gut, aber ich habe von einigen Unfällen gehört“, hatte Jono seinem Bruder erklärt, der ihn das erste Mal auf einer Winterreise in warme Gefilde begleitete. Für Jono war es bereits die fünfte, er war sozusagen ein alter, erfahrener Tropenhase und dachte stets mit Grausen an seine beiden ersten und einzigen Bustouren. „Außerdem sind die Dinger dank schlecht eingestellter Klimaanlagen arschkalt, da verkühlt man sich leicht den Magen, was natürlich mit Dünnschiss endet, worauf ich gut verzichten kann“, hatte er auf dem Weg zur Schalterhalle angefügt und sich dabei den Bauch gehalten und schmerzhaft das Gesicht verzogen, als müsse er tatsächlich gerade mit aller Kraft ein kommendes Malheur verhindern. Seine Mimik – große, blaue Augen, dicke Backen und gerunzelte Stirn – wirkte dabei total zerknautscht und war von unglaublicher Komik durchwirkt, in etwa wie bei Jerry Lewis oder Mr. Bean, worüber sich Mika, obwohl er es schon oft gesehen hatte, köstlich amüsierte. Er konnte sich das Lachen nicht verkneifen, was auch bemerkt wurde und willkommen war, jedenfalls bei einer Horde einheimischer Kinder, die mit ihm um die Wette gackerten und auch nicht gleich aufhörten, als Jono unvermittelt wieder ein normales Gesicht aufsetzte und so tat, als sei nichts geschehen. Der Bahnhof war gut besucht mit Thais und Fallang, wie die Ausländer in Thailand genannt werden, von denen nun einige amüsiert zu den Brüdern schauten. Doch da von Jono keine Zugabe kam und Mika sich schnell wieder einkriegte, formten sich die Zuschauermienen bald zum Normalzustand zurück. Und Sekunden später war alles so, als hätte es das kleine humoristische Intermezzo gar nicht gegeben, so, wie sich Wellen nach einem ins Wasser geworfenen Stein schnell wieder glätten. Anschließend orientierte sich Jono vor den Fahrkartenausgaben, da es – wie er wusste – die Tickets für den Schlafwagen nur an einem Schalter gab. Zum Glück war der an der gleichen Stelle wie in seiner Erinnerung, sodass er nicht suchen musste und sich Mika wieder zuwenden konnte, der offenbar immer noch belustigt war.

„Ich stimme dir unumwunden zu und bin natürlich auch nicht scharf auf ’nen Flotten Otto, aber wer will den schon?“, gluckste er, als sie sich in die richtige, aber leider nicht gerade kurze Schlange einreihten. Sie wurde auch nicht allzu schnell kürzer, weshalb die beiden noch ein wenig über das Thema Verdauung im Allgemeinen und die verschiedenen Beschaffenheiten des Endprodukts im Speziellen rumalbern konnten. Außerdem machte ihre Blödelei einen Abstecher bei der Frage, ob der Begriff „Flotter Otto“ eventuell von Otto Reutter und seinem Lied „Der Überzieher“ herrühren könnte.

„Schließlich werden in ihm die magentechnischen Nöte eines Mannes genial umgesetzt“, argumentierte Jono, aber Mika schaute skeptisch drein.

„Ist ’ne nette Idee und möglich, aber nicht zwingend. Wahrscheinlich gibt’s den Begriff schon länger, hört sich für mich eher nach Militär an“, entgegnete er und Jono stimmte zu, da „Flotter Otto“ für ihn auch nach Kommiss klang. Die Frage würde sich ohne Recherche sowieso nicht klären lassen, wusste er, und war kurz davor, das bewusste Lied anzusingen, da er als begeisterter Verehrer von Otto Reutter den „Überzieher“ und einige andere seiner zeitlosen Couplets voll drauf hatte. Außerdem sang er gern und war sich ziemlich sicher, dass es keinen Tag in seinem Leben gegeben hatte, an dem er nicht gesungen hatte.

Wahrscheinlich habe ich auch als Baby schon melodisch gequäkt,dachte er, doch in diesem Fall verzichtete er darauf, um nicht schon wieder für Aufsehen zu sorgen. Lieber tauschte er sich mit Mika weiter über das der Frage zugrunde liegende Thema aus mit der abschließenden Erkenntnis, dass Durchfall allgemein nicht beliebt sei, aber für jemanden, der lange Zeit von Hartleibigkeit geplagt werde, eventuell doch ein willkommenes Ereignis sein könne. Darüber waren sie sich so einig wie über viele Dinge, weshalb es zu keiner kontroversen Diskussion kam, was bei anderen Themen durchaus der Fall sein konnte und sicher auch bald so käme. Jedenfalls rechnete Jono damit, denn zum einen waren sie seit ihrer Kindheit und Jugend nie mehr so lange an einem Stück zusammen gewesen, wie sie es in den nächsten Wochen sein würden, und zum anderen gingen ihre Reiseintensionen nicht in jeder Beziehung konform. Schon in den Jahren zuvor – das erste Mal ausgenommen – war Jono bei seinen Thailandreisen nicht mehr daran interessiert gewesen, viele Eindrücke zu sammeln. Deshalb wollte er sich auch diesmal möglichst wenig bewegen, während es bei Mika auf seiner Premierenreise in eine völlig fremde Kultur natürlich anders aussah. Kleine Konflikte waren also vorprogrammiert, aber die beiden waren sich auch sicher, mit Vernunft, Geschwisterliebe und vor allem Humor gut miteinander auszukommen. Albernes Rumblödeln gehörte unbedingt dazu, weshalb sie keine Gelegenheit ausließen und auch diese zur Gänze mit gedämpftem Gelächter auskosteten, bis Jono zum Ausgangspunkt zurückkehrte.

„Scheißdreck hin, Scheißdreck her, auf jeden Fall steht mir nicht der Sinn nach einer rasanten Busfahrt. Also lass uns alle Daumen drücken“, schlug er vor und ging mit gutem Beispiel voran, kurz bevor sie den Schalter erreichten. Beim Erhalt der begehrten Tickets hüpfte sein Herz freudig und noch ein bisschen mehr, als die Fahrt am frühen Abend losging, sogar pünktlich. Sie störten sich auch nicht an den etwas harten Sitzen oder den überzogenen Preisen für Essen und Trinken, die durch das freundliche Personal mehr als wettgemacht wurden. Zu fortgeschrittener Stunde bekamen sie von einer rundlichen Thai im mittleren Alter sogar die Schlafstätten gerichtet, wonach Jono für sich sofort das obere Bett wählte, während es sich Mika unter ihm gemütlich machte. Schon bald danach war im schummrig beleuchteten, leicht schunkelnden Schlafwagen außer dem Dudumm, Dudumm, Dudumm der Schienenstöße nur noch eine rauschende Kakofonie zahlreicher Ventilatoren zu hören, die alle leisen Schlafgeräusche überdeckte. Schnarcher gab es zum Glück keine, sodass Jono schlafen konnte, aber nun, ein, zwei Stunden vor Tagesanbruch, war er schon wach, obwohl er sich sonst als Langschläfer auch gern bis Mittag in die Laken kuschelte. Wahrscheinlich war sein Rhythmus durch den Nachtflug von Frankfurt nach Bangkok mit einigen Stunden Aufenthalt in Dubai aus dem Tritt gekommen, aber vielleicht hatte ihn auch die Vorfreude auf ein lustiges Ereignis geweckt, bei dem es um Mika gehen würde.

Eine Weile wird es aber noch dauern, Zeit, um ein bisschen zu dösen,sagte er sich nach einem Blick auf seine Armbanduhr.

Dudumm, Dudumm, Dudumm! Das ratternde Geräusch und die Dunkelheit hätten leicht dazu führen können, ihn wieder einschlafen zu lassen, wäre sein aufgekratztes Hirn nach dem Erinnern an einen verworrenen Traum nicht schon im Wachmodus von zahlreichen Gedanken an die bevorstehende Zeit durchdrungen gewesen. Aber nicht nur das Kommende mit ihm und Mika als zentrale Figuren beschäftigte ihn, sondern auch kürzlich und länger Vergangenes. Erinnerungen und Erwartungen gaben sich in seinem vierzig Jahre alten, ziemlich fitten Gehirnkasten, wie meistens in einem fremden Bett, verstärkt ein munteres Stelldichein und wetteiferten darum, was eine längere Betrachtung wert war.

Dudumm, Dudumm, Dudumm! Im Takt der Schienenstöße rauschten ohne erkennbaren Grund als Erstes Fragmente seiner weitgehend unbeschwerten Kindheit vorbei, welche er in einem winzigen Dorf verbracht hatte. Mit einer fürsorglichen Mutter, die als Hausfrau immer für ihn da gewesen war, womit sie ihn aber auch eingeengt hatte, weshalb er sich seinen Freiraum erkämpfen musste. Noch viel mehr bei seinem Vater, einem strengen Lehrer der alten Schule mit dem nicht erlahmenden Verlangen nach Zucht und Ordnung, der ihn mit Gartenarbeit genervt und auch schon mal ordentlich zugelangt hatte, wenn etwas nicht nach seinem Gusto lief. Das blieb nicht ohne Folgen und die Kerben in Jonos Psyche hatten eine Weile gebraucht, um zuzuwachsen. Aber inzwischen konnte er wieder liebevoll und dankbar an seinen Alten denken, der vor einigen Jahren gestorben war und seinen Kindern eine kleine Erbschaft hinterlassen hatte.

Dudumm, Dudumm, Dudumm! Nun wurden Jonos gemischte Erinnerungen an die Eltern durch die an seine zwei Jahre ältere Schwester Gina verdrängt, zu der er als Kind bis zur Jugend eine sehr enge Beziehung gehabt hatte. Danach hatten sich ihre Wege getrennt und der Kontakt war bis auf gelegentliche Treffen bei Familienfesten abgerissen, weshalb auch diesem Rückblick keine lange Verweildauer vergönnt war. Gleiches galt wenig später für den auf seinen jüngsten Bruder Alex, mit dem er sich nie besonders innig verbunden gefühlt hatte. Das lag nicht nur am großen Altersunterschied von beinah zwölf Jahren, sondern auch daran, dass Alex im Gegensatz zu Jono ein bürgerliches Leben führte. Wobei er seinen großen Bruder an guten Tagen für einen spinnerten Träumer hielt und an schlechten für einen Schmarotzer, der trotz seiner sicher vorhandenen Fähigkeiten auf Staatskosten einen faulen Lenz schob und nie was zustande bringen würde.

Kann ich dir angesichts meiner lang anhaltenden, selbst gewählten Arbeitslosigkeit auch nicht verübeln, aber nun schnell weg mit euch, ihr unbequemen und ganz und gar unwillkommenen Gedanken,verordnete Jono seinem Denkapparat. Lieber schwenkte er noch mal zu den Kindertagen, die aber nur kurz mit Bildern von ihm als nicht immer bravem Jungen durchhuschten. Offenbar waren diese Zeiten ebenso wie seine Jugend nicht aufregend genug oder zu lange passé, um eine Chance beim Wettkampf um erweiterte Aufmerksamkeit zu haben.

Dudumm, Dudumm, Dudumm – lachten die Schienen ihm zu, er solle sich lieber mit der Reise beschäftigen, weshalb er nach ein paar weiteren ungeordneten Gedankensplittern schließlich mit einem Sprung zurück ins kalte Deutschland bei der liebevollen Verabschiedung von seiner immer noch resoluten Mutter verharrte. Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, ihre Söhne zum Leipziger Flughafen zu bringen, und Jono zum Abschied eindringlich angeraten, ja gut auf ihren Mika aufzupassen.

„Sonst kannst du was erleben. Du weißt ja, er ist fremdsprachlich und auch sonst nicht so wendig wie du. Also bring ihn mir heil zurück, sonst …!“, bekam er von ihr verbal und mit einem leichten Zug am Ohr eingetrichtert, was ihn noch mal an seine Kinderzeit erinnerte.

„Zu Befehl, mein General“, blödelte er zurück und nahm zackig Haltung an, was seinem Ohrwaschel noch mehr Leiden bescherte, bis er ehrlich gemeinte Zeichen von Ernsthaftigkeit hatte erkennen lassen und der Rest der Verabschiedung mit Küsschen und Umarmungen über die Bühne gehen konnte.

Das werde ich wohl müssen, sonst habe ich nie mehr was zu lachen. Also sollte ich ein wachsames Auge auf dich haben, kleiner Bruder, aber Zauberpilze musst du trotzdem essen,dachte er und schmunzelte – immer noch in der Waagerechten – bei der Erinnerung an seine eigenen drei Pilzreisen. Als er vor seiner zweiten Wintertour nach Lamoi durch Literatur von diesen Gewächsen und deren halluzinogenen Wirkungen erfahren hatte, konnte er sich nicht viel darunter vorstellen. Doch die Neugier reichte, um die Pilze zu probieren, wobei seine Wahrnehmung jedes Mal ganz schön durcheinandergewirbelt wurde. Besonders die erste Pilzreise war ihm auch nach Jahren so präsent, als ob er sie gerade erlebe, weshalb er die Augen schloss und sie gern noch mal Revue passieren ließ:

Das Pilzomelett steht einladend vor mir.

Ob der Pilz mich mögen wird? Ich spreche mit ihm und bitte um eine gute Reise. Langsam und sorgfältig beginne ich zu essen, Bissen für Bissen mit viel Kauen und ordentlicher Speichelentwicklung. Man sollte immer so essen. Bis der Teller leer ist und das Warten beginnt. Warten worauf?

Spannung und noch mal die bange Frage: Wird er mich auch mögen, der Pilz?

Dann nach knapp einer halben Stunde geht es los. Die Reise beginnt.

Und er mag mich! Ich weiß es sofort.

Überall beginnt es zu prickeln, Haare richten sich auf, angenehme Schauer durchrieseln mich. Ich suche Musik und beginne gleich zu tanzen. Kann mich bewegen wie nie zuvor.

Kräfte wirken, auf die ich keinen Einfluss habe, doch ich fühle mich nicht beherrscht, kann tun und lassen, was ich will.

Wenn ich die Augen schließe, kommt die Musik in Bildern daher, rhythmische Bilder in Farbe, ganz toll, ein tanzendes Kaleidoskop.

Und bei geöffneten Augen ist alles schärfer, meinem Blick entgeht nicht die kleinste Kleinigkeit, wie zum Beispiel das Anwinkeln der Beine bei einer zehn Meter entfernten Ameise.

Ich bin nicht mehr ich und doch fühle ich, dass ich nie zuvor so sehr ich war wie jetzt.

Unendlich viel Zeit habe ich für all das, was sonst nur mit einem flüchtigen Blick gestreift wird. Es gibt nichts Uninteressantes. Die Welt ist jeden Augenblick neu.

Alle Menschen sind lieb, aber auch geheimnisvoll und alles ist größer und bedeutender.

Wunderliche, schwer zu beschreibende Dinge passieren und der Zeitfluss spielt verrückt, bis es irgendwann gar keine Zeit mehr gibt.

Doch es sind sechs Stunden vergangen, als ich merke, dass der Pilz mich so sanft wie ein Lüftchen ohne Nachwirkung verlassen hat.

„Na ja, ganz ohne sicher nicht“, murmelte er leise und erinnerte sich, dass seine spirituelle Entwicklung nach dem Lesen von Büchern und den ersten Versuchen zu meditieren durch den Pilz einen mächtigen Schub bekommen hatte.

Die anderen Reisen waren sogar noch aufregender und ich möchte keine missen, mal sehn, ob sich beim nächsten Mal noch eins draufsetzen lässt. Wahrscheinlich nicht, oder besser gesagt, lieber nicht, denn dann ist es vielleicht wirklich ’ne Fahrt ohne Rückfahrkarte,sagte er sich und dachte dabei an den letzten, etwas stark bemessenen Imbiss vor drei Jahren, bei dem er auf einem Felsen liegend vom Himmel angesaugt wurde und losgelassen hatte. Ein Jahr davor war er in der gleichen Situation noch entsetzt aufgesprungen und wieder unter Leute gegangen, um der bedrohlichen Magie Einhalt zu gebieten, was sogar funktioniert hatte. Doch anschließend wurmte es ihn ungemein, den Schwanz ängstlich eingezogen zu haben, weshalb er seine Anstrengungen, sich spirituell zu entwickeln, erheblich forcierte. Zu verschiedenen Arten der Meditation gesellten sich Tai Chi und der Unterricht bei einem Guru, bis wieder eine Reise nach Lamoi und damit verbunden der nächste Pilzimbiss anstand. Und diesmal war er bereit gewesen, sich auf das Wagnis einzulassen, wonach die Welt – oder seine Wahrnehmung davon und von sich selbst – so stark aus den Fugen geriet und ihn abdriften ließ, bis er sich an gar nichts Vertrautem mehr festhalten konnte. Natürlich hatte er Mika von seinen Pilzreisen erzählt, auch mit dem Ziel, ihm den Zauberpilz schmackhaft zu machen, dabei aber den gefährlichen Teil mit der Möglichkeit, sich dabei auflösen zu können, lieber weggelassen.

Will dich ja schließlich nicht verschrecken und es sowieso langsam, also mit einer kleinen Portion angehen, aber jetzt müsste es eigentlich bald so weit sein, dass du auf andere Weise etwas gebeutelt wirst,schmunzelte er und schaute noch mal auf die Uhr, wobei er feststellte, bis zum erwarteten Ereignis immer noch etwas Zeit zu haben. Offenbar hatten seine Gedankensprünge nicht viel Zeit beansprucht.

Dudumm, Dudumm, Dudumm! Das Rattern hatte sich nicht verändert und die Geschehnisse im Abteil gingen nach wie vor ihren ereignislosen Gang, was nicht wunderte, da es draußen immer noch stockdunkel war. Mika atmete auch ruhig und schien weniger Probleme mit der sechsstündigen Zeitverschiebung zu haben, was Jono allerdings kaum wunderte, als er darüber nachdachte.

Mal überlegen, wenn es hier fünf Uhr ist, haben sie es in Deutschland eine Stunde vor Mitternacht, die Zeit, zu der du normalerweise schlafen gehst, während ich dann erst richtig aufblühe. Und rechnen wir die Reisestrapazen dazu, bist du jetzt wahrscheinlich im Tiefschlaf,lautete seine Schlussfolgerung, die er jedoch korrigierte, als er mit einem Blick nach unten hinter den Vorhang feststellte, dass Mikas Augenlider heftig flatterten, was eher für einen intensiven Traum sprach. Jono beschäftigte sich im Rahmen seiner spirituellen Entwicklung seit vielen Jahren sowohl theoretisch als auch praktisch mit dem Träumen, weshalb er gern in Mikas Kopf schauen würde und ein wenig herumspekulierte, da das nun mal nicht ging, oder besser gesagt, weil er es nicht konnte. Er hielt so was nämlich schon für möglich und glaubte an die Kraft des Träumens, woran seine Erfahrungen mit den Zauberpilzen keinen kleinen Anteil hatten. Seitdem stand für ihn ohne Zweifel fest, dass die Trennung zwischen der Traumwelt und der vermeintlichen Realität eher fließend als fest war. Dabei unterschied er allerdings zwischen dem normalen Traum, in dem der Träumer nur Spielball ist, und dem Klartraum, in dem man sich des Träumens bewusst ist und Gestaltungsmöglichkeiten hat. Einige Male war es ihm auch schon gelungen, vom Normaltraum in diese Dimension zu gelangen, allerdings nur für kurze Zeit und mit enorm großem Energieaufwand. Nach jedem Aufwachen fühlte er sich dann zwar wie ausgelutscht und völlig erschöpft, doch der Motivationsschub durch Faszination reichte immer aus, um ihn weitermachen zu lassen. Allerdings vermutete er allmählich, auf diesem Gebiet nicht talentiert genug zu sein. Jedenfalls nicht so sehr wie in anderen Bereichen seiner Spiritualität, denn mittlerweile konnte er beim Meditieren sogar im größten Lärm und Trubel den Ort der Ruhe aufsuchen und sein Tai Chi sah – von mehreren Seiten bestätigt – seit einigen Jahren nach was aus. Auch mit Massagen und Tarotkarten kannte er sich aus und seine Fähigkeiten beim Tantra, der altindischen Liebeskunst, waren nicht ohne, doch das Träumen war offenbar nicht sein Ding. Deshalb wollte er Mika in der nächsten Zeit auch in dieser Hinsicht mal auf den Zahn fühlen, ahnte zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht, was sich daraus entwickeln sollte.

Bei aller Ähnlichkeit unterscheiden wir uns in einigen Dingen, zum Beispiel im Künstlerischen, da schreiben wir zwar beide gern, aber während ich eine Rampensau in allen möglichen Genres der Unterhaltung bin, bleibst du als Maler lieber im Hintergrund. Und möglicherweise bist du ja von uns beiden der Träumer vor dem Herrn und weißt nur nichts davon. Und vielleicht ist dein künstlerisches Talent ja nicht nur als Freizeitbeschäftigung zu gebrauchen, auch wenn du selbst nicht an verborgene Fähigkeiten in dir glaubst. Wenn es sie gibt, werde ich sie schon finden,suggerierte er stumm in Mikas Richtung und mutmaßte, während er ihn anschaute, was sich in dessen Hirn beim ersten Traum im warmen Thailand wohl abspielen mochte.

Wahrscheinlich was mächtig Aufregendes und Schönes, wenn ich deinen wechselnden Gesichtsausdruck von angespannt bis verklärt richtig deute. Und wenn das so ist, kann es eigentlich nur um eine Frau gehen, vielleicht mit sexuellen Intensionen,lautete seine erste Interpretation, die er etwas revidierte angesichts eines flachen und nicht zum Zelt gebeulten Lakens auf Mikas Körper, das bei den warmen Temperaturen eigentlich nicht nötig war. Es sorgte aber für Gemütlichkeit, ein Begriff, mit dem die Thais nichts anfangen konnten, weshalb sie auch keine Entsprechung in ihrem Wortschatz dafür hatten. Doch Jono selbst mochte ebenso wie Mika auch in den Tropen nicht auf eine leichte Zudecke verzichten. Mitunter zog er sie nur bis über die Hüfte, so wie jetzt, aber ganz ohne ging es nicht. Mika war etwas mehr zugedeckt und trug sogar einen Schlafanzug, was Jono als passionierter Nacktschläfer wiederum nicht nachvollziehen konnten. Beim Schlafen wollte er absolut nichts anhaben, wobei er sich gelegentlich fragte, von welchem Zeitpunkt an das so war, da er als Kind sehr wohl Nachthemd oder Schlafanzug getragen hatte. Bis jetzt hatte er den Tag seiner Kleiderhäutung fürs Bett aber nicht herausfinden können und an Mika war diese Art der Metamorphose offenbar vorübergegangen.

Vielleicht, weil du mit fast dreißig immer noch bei Mama wohnst,sagte sich Jono und grinste, als ein Geräusch ihn dazu bewog, Mika sofort die Aufmerksamkeit zu entziehen. Nicht dass es ihn erschreckte oder besonders laut war, ganz im Gegenteil. Ein leises, kaum hörbares Summen versetzte ihn in Alarmbereitschaft und trieb ihn mit geschärften Sinnen von der Bauch- zurück in die Rückenlage. Natürlich musste er in den Tropen mit Mückenattacken rechnen, aber bei einem ausreichend blasenden Ventilator hatten sie normalerweise keine Chance. Auch diesmal konnte Jono erfreut beobachten, wie der weibliche Minivampir, getrieben von der Gier nach seinem Blut, eine Weile tapfer kämpfte und es beinah schaffte, auf ihm zu landen, bis er jede Koordinationsfähigkeit verlor und vom Luftstrom des schwenkenden Ventilators mit dem nächsten Schwall weggeweht wurde. Beinah tat ihm das kleine Geschöpf etwas leid, denn schließlich tat es doch nur, was es musste. Aber wirklich nur beinah entwickelte er Mitgefühl, denn bei geglückter Landung wäre er ganz sicher handgreiflich geworden und hätte sich den Saugstutzen nicht in die blasse Winterhaut rammen lassen.

Ich würde euch gern ein bisschen lecker Blut von mir abgeben, aber leider hinterlasst ihr die Zapfstelle nicht, wie ihr sie vorgefunden habt, was ich nicht haben will. Tut mir leid,dachte er bei diesen Gelegenheiten immer und hoffte, nicht irgendwann als Mückenweibchen wiedergeboren zu werden.

Ist bestimmt ein Scheißberuf. Riesige, Millionen mal größere Bestien anfliegen und auf ihnen landen in ständiger Angst, ohne Gnade platt geschlagen zu werden.Diesmal kam der kleine Plagegeist aber heil davon und einmal vom Winde verweht verschwand er Jono auch schnell aus dem Sinn, worauf dieser noch mal kurz mit einem liebevollen Blick über den Bettrand zu seinem kleinen Bruder lugte, der immer noch spannendes Zeug zu träumen schien.

„Wahrscheinlich doch von einer Frau, was dir wenigstens im Schlaf gegönnt sei, wenn es im wachen Zustand einfach nicht klappen will“, murmelte Jono in seinen stoppligen Bart und nahm sich vor, seinem Brüderchen während der Reise mit Druck und List auch beim Überwinden der Schüchternheit auf die Sprünge zu helfen.

Wäre doch gelacht, wenn wir nicht einen flotten Hirsch aus dir machen könnten oder wenigstens’nen passablen Rehbock.So weit er wusste, ließen sich Mikas bisherige Liebschaften an einer halben Hand abzählen, wobei ihm zweimal das Herz gebrochen worden war, was weitere Versuche, ein holdes Weib zu erobern, sicher auch nicht gerade motivierte, von fehlender Übung ganz zu schweigen. Aber ohne es anzugehen, würde nun mal nichts passieren. Womit Jono an sich kein Problem hätte, wüsste er nicht von Mikas unerfüllter Sehnsucht nach einer Partnerin, die ihn an manchen Tagen entweder recht still und in sich gekehrt oder zum Ärger seiner Mitmenschen auch missmutig und mürrisch werden ließ. Jono kannte sich dank eigener Erfahrung ganz gut mit diesem Zustand aus, denn in seiner Jugend war es ihm ähnlich gegangen, bis er von einem Kumpel auf die richtige Art an die Hand genommen worden war, was er nun mit Mika zu tun gedachte.

Wie aufs Stichwort und passend zu seiner Absicht hörte er plötzlich von unten Mikas aufgebrachte Stimme nicht gerade leise, aber etwas undeutlich, weshalb er nur Bruchstücke wie: „… die … mir … weg, versteht … nie!“, ausmachte, worüber er sich amüsierte, auch ohne die Lücken schließen und den dahintersteckenden Sinn erkennen zu können. Die Tatsache allein, dass sich Mika in seinem Traum mit irgendwelchen Widrigkeiten herumschlagen musste, brachte ihn zum Kichern, während die übrigen Fahrgäste keinerlei Anzeichen einer Störung erkennen ließen.

Muss ja wirklich er-, an- oder aufregend sein, was die Wahrscheinlichkeit einer dahintersteckenden Frau natürlich erhöht,schlussfolgerte Jono und griente süffisant, bevor er aus dem Fenster schaute. Nach dem Herunterklappen des Betts war davon zwar nur ein schmaler Spalt für ihn übrig geblieben, der jedoch reichte, um ihm das dunkle Draußen zu zeigen. Immer noch war nichts von der thailändischen Landschaft zu sehen, aber dank seines schier unerschöpflichen Vorrats an Erinnerungen und Ideen bestand bei Jono nicht mal ansatzweise die Gefahr von aufkommender Langeweile.

Andererseits könnte es aber auch bald losgehen. Oder hat sich die thailändische Bahn etwa gebessert und will mich meines Vergnügens berauben?,zog er zum ersten Mal als Möglichkeit in Betracht, wobei der Optimismus, sich auf Mikas Kosten gleich diebisch freuen zu können, aber immer noch überwog. Und um bis dahin nicht die ganze Zeit hibbelig auf der Lauer zu liegen, ließ er seinen Gedanken noch mal freien Lauf und landete prompt erneut bei den Frauen, diesmal allerdings bei seinen eigenen Erfahrungen mit dem schönen Geschlecht, die sich völlig von Mikas unterschieden. Zwar war es bei ihm auch eher gemächlich und unbeholfen losgegangen und das mäßige Tempo seiner Entwicklung dauerte eine ganze Weile an, aber inzwischen konnte er nach fünfundzwanzig Jahren Liebesleben immerhin auf sechs Jahre Ehe mit Scheidung, zwei längere Beziehungen ohne Trauschein und zahlreiche kurze Liebschaften zurückblicken. Die gemachten Erfahrungen reichten dabei von grandios und willkommen bis beschissen und lästig, wobei er manchmal sofort und manchmal erst im Fluss der Zeit eine Lebensweisheit daraus gewinnen konnte. Die Dauer der Beziehung war dabei schon von Bedeutung, spielte aber anderseits nicht immer eine Rolle. Deshalb war ihm seine eher langweilige, kinderlose Ehe als junger Mann mit verklemmter Sexualität auch viel weniger präsent als zum Beispiel eine Silvesternacht Ende der Achtzigerjahre, in der er von einem Ehepaar in die Welt der Rollenspiele eingeführt worden war. Er hatte damals sofort Geschmack daran gefunden und konnte das Erlebnis jederzeit in allen Einzelheiten abrufen, ebenso wie zahlreiche Tantra-Nächte in seiner zweiten längeren Partnerschaft als Mittdreißiger, während der er den größten Entwicklungssprung gemacht hatte und erstmals auf vielen Gebieten vom Lernenden zum Lehrenden wurde.

Ja, Lissy, ich hatte auf jeden Fall drei spannende und fruchtbare Jahre mit dir, auch wenn wir total verschieden waren. Oder vielleicht gerade weil es so war, aber das, was ich zurzeit erlebe, verspricht, noch einen Zacken schärfer zu werden. Also sorry, wenn ich dir heute in meiner Erinnerung nicht die gebührende Aufmerksamkeit widme, was ebenso für dich gilt, Katarina,entschuldigte er sich in Gedanken auch bei der Partnerin in seiner dritten längeren, allerdings nur noch sechs Monate dauernden Liebschaft, die vor etwa zwei Jahren zu Ende gegangen war. Die Dauer seiner Partnerschaften schien sich exponentiell von sechs zu drei zu einem halben Jahr immer mehr zu verkürzen, weshalb er sich zu fragen begann, ob eine Zweierkiste überhaupt noch das Richtige für ihn sei. Er hatte ja schon Erfahrungen mit anderen Arten des Zusammenlebens in Wohngemeinschaften und Kommunen gesammelt und dabei den Traum entwickelt, irgendwann eine eigene Gemeinschaft in einer warmen Gegend zu gründen. Bisher war sein Wunsch nie über den Status der Träumerei hinausgelangt, doch mit dem Ende seiner dritten längeren Beziehung ließ er das erste Mal konkrete Vorstellungen daraus werden. Er zeichnete Entwürfe, entwarf ein Konzept, stellte Leitlinien auf und grübelte ergebnislos viele Stunden über der Finanzierung, was sicher auch ein Grund war, weshalb seine Planung bald ins Stocken geriet.

Die andere, wichtigere Ablenkung aber war Maya, die er bisher immer als Kind betrachtet hatte. Doch dann begann sie als Vierzehnjährige wie ein Stern, oder besser gesagt, wie eine heiße Sonne an seinem erotisch spirituellem Himmel aufzugehen und nahm als erblühende Frau noch mehr Raum in seinem Herz und Hirn ein, als sie eh schon hatte. Zu ihrer ersten Begegnung war es vor fünf Jahren in einer Sauna gekommen und ihre Nacktheit stand für die Offenheit, mit der sie seitdem in ihrer Beziehung miteinander umgingen. Es war einige Jahre nach dem Mauerfall gewesen, nachdem er von Westberlin wieder in seine alte Heimat, eine Kleinstadt im Osten, zurückgekehrt war und alte Freundschaften erneuert hatte. Aber Maya war etwas ganz Neues und von Anfang waren sie sich mehr als sympathisch gewesen, was sicher an seiner kindlichen, ihm nie verloren gegangenen Unbekümmertheit gelegen hatte und an ihrer oft erstaunlich reifen Sichtweise. Schon bald entdeckten sie gemeinsame Interessen, wie miteinander fernsehen, singen, spielen und rumblödeln, wobei sie immer eine Menge Spaß hatten und sich oft mit Tränen in den Augen die Bäuche vor Lachen hielten. Aber auch ernsthafte Gespräche und hitzige Diskussionen wurden geführt, wobei der Altersunterschied von beinah fünfundzwanzig Jahren kaum eine Rolle spielte, weil Jono nie den Erwachsenen raushängen ließ.

Na ja, sagen wir, ich habe mich darum bemüht, mal mehr, mal weniger erfolgreich … Aber jetzt … aber jetzt … scheint es wirklich zu passieren,freute er sich, als ihn der Klang eines Zuggeräusches, das er zu kennen meinte, aus den Gedanken riss. Doch er irrte sich und musste sein bereits aufgekommenes, schadenfrohes Kichern noch mal zurückdrängen und zur stillen Vorfreude degradieren.

Verdammt, das ist aber auch zu blöd, ich werde nicht mehr damit rechnen, vielleicht passiert es ja dann, also kein weiters Warten,nahm er sich vor und kehrte zu Maya zurück, die er kurz nach ihrer ersten Begegnung „Meine Sonne“ getauft hatte, passend für viel Licht und Wärme, die sie in sein Leben brachte. Sie brauchte nicht lange, um sein Herz zu erobern und schon damals, als sie noch keine Rundungen hatte, war ihm ab und wann der Gedanke gekommen, sie später als Jugendliche in sexuellen Dingen zu unterrichten. Mit der spirituellen Ausbildung hingegen begann er viel früher, nachdem Maya Interesse an Tarotkarten gezeigt hatte. Im Laufe der Zeit wurde ihre Beziehung dann trotz seiner Lehrerrolle immer kumpelhafter mit einem Touch von Bruder und Schwester, weshalb Jonos erotische Gedanken zunehmend verblassten. Auch beim gegenseitigen Rückenwaschen in der Sauna und bei Massagen, die er ihr ab und wann schenkte, kamen sie lange Zeit nicht zum Vorschein, bis Maya in die Pubertät kam und sie mit dem Sprießen ihr weibliche Attribute wieder zum Leben erweckte. Die gegenseitigen Handkontakte mit nackter Haut wurden zunehmend erotischer für ihn, bis Jono nicht mehr leugnen konnte, dass Maya ihn eindeutig erregte. Trotzdem hielt er sich zurück und wollte unbedingt warten, bis erste Signale von ihr kamen, was nicht geschah. Offenbar sah sie ihn wirklich nur als guten Freund, weshalb er im vorigen Jahr seinen Mut zusammengenommen und ihr gesagt hatte, wie es um ihn stehe und was seine Absichten wären.

Es war eindeutig unerwartet für dich gekommen und ich habe mir ’ne ordentliche Abfuhr eingefangen, mit der ich rechnen musste. Deshalb habe ich mich auch nicht abschrecken lassen und bin geduldig drangeblieben. Und seit unseren letzten Begegnungen kurz vor meiner Abreise sieht die Sache ganz anders aus,schmunzelte er, als das lang erwartete und beinah schon abgeschriebene Ereignis im Zug unvermittelt doch noch geschah, wovon er nun selbst überrascht wurde, ehe er seine Erinnerungen an die Treffen mit seiner Sonne noch mal ablaufen lassen konnte.

2. Interessante Einblicke

Es lag was in der Luft. Das spürte ich mit jeder Faser, vor allem im Bauch und im Schoß, auch wenn auf den ersten Blick alles normal erschien in Jonos kleiner Küche, deren Wände mit Holz verkleidet sind. Ich saß am Esstisch und spielte mit meinen langen, rotblonden Haaren, während ich mich umschaute, doch am Mobiliar, dem Schrank, dem Kühlschrank, der Spüle, dem Gasherd und auch sonst konnte ich nichts Außergewöhnliches entdecken. Und doch, irgendwas stimmte nicht. So hatte ich mich noch nie gefühlt, aber ich konnte mir keinerlei Ursache vorstellen, warum es so war. Kein Wunder, denn das, was später passierte, war so bizarr, dass ich unmöglich hätte darauf kommen können …

Guter Anfang.Maya saß zu fortgeschrittener Stunde entspannt in ihrem Zimmer auf ihrem Bettkasten mit einem schräg an die Wand gestellten Polster im Rücken und überlegte einen Moment, wie sie sich weiter ausdrücken könnte, um dem Besonderen der gerade passierten Ereignisse und ihren Gefühlen, die sie dabei gehabt hatte, gerecht zu werden. So spannend und aufregend war das alles gewesen, dass sie spontan beschlossen hatte, es nicht in ihr normales Tagebuch zu schreiben, sondern in ein gesondertes mit dem Titel „Jono“, womit sie noch in der gleichen Nacht begonnen hatte.

Ich denke, das hast du verdient, obwohl du ein alter Manipulator bist,dachte sie und ein etwas gequältes Lächeln auf ihrem Gesicht drückte aus, wie ihr das einerseits zu schaffen machte und wie sie andererseits trotzdem damit einverstanden war, obwohl sie damals noch nicht im Entferntesten ahnte, wohin es führen würde und wie sehr ihr Leben davon beherrscht werden sollte. Wenige Minuten später hatte sie ihre Überlegungen abgeschlossen und ließ sich erneut von dem treiben, was vor wenigen Stunden geschehen und in ihr vorgegangen war, wobei die Fragen, die sie sich am Esstisch gestellt hatte, wieder auftauchten und ohne weiteren Verzug niedergeschrieben werden konnten.

…Habe ich was Seltsames gegessen? Nein. Oder getrunken? Auch nicht. Oder sind meine Tage im Anmarsch? Nein, das fühlt sich anders an. Kommt noch was infrage? Keine Ahnung. Wird wohl bloß Einbildung sein, vielleicht so was wie ’ne Vorahnung, aber das Rätselraten führt doch zu nichts, jawohl ja.Energisch klappte ich den kleinen Fragenkatalog zu und grübelte nicht weiter über den Grund meiner merkwürdigen Empfindungen nach. Bedrohlich kamen sie mir ja auch nicht vor, eben nur rätselhaft und nicht zu greifen. Immer, wenn ich glaubte, den Finger beinah drauflegen zu können, entschlüpfte mir jeder Ansatz wie ein glitschiger Aal, weshalb ich meine Versuche einstellte.

Also Schluss damit, alles bestens,sagte ich mir in der Überzeugung, dass mit dem Raum alles in Ordnung wäre und sich das Treffen mit Jono nicht von vielen anderen unterschiede. Meine Ahnung war trotzdem nicht unbegründet und wahrscheinlich wäre ich geflüchtet, hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, wovon ich in der nächsten Stunde gefordert wurde. Das war aber nicht der Fall, als wir es uns beim Singen, Spielen und Rumalbern gut gehen ließen, wobei wir vor ein paar Minuten mit viel Gelächter Folgen der Simpsons, die wir beide lieben, noch mal durchgegangen waren …

Also keine spirituelle Begegnung mit Meditation oder Tarot, sondern eine von den kindlichen, obwohl Jono mit fast vierzig Jahren viel älter war als Maya mit ihren sechzehn Lenzen. Bei der Körpergröße waren sie nicht so weit auseinander und mit etwa 165 Zentimetern beide keine Riesen, wobei Maya sogar ein, zwei Zentimeter mehr maß, sodass Jono für ihren Geschmack als Mann nicht sehr stattlich daherkam. Nein, der Märchenprinz war er bestimmt nicht, aber punkten konnte er mit einer schlanken, sportlichen Figur ohne Bierbauch und einem markanten Gesicht. Auch sein Alter sah man ihm trotz Glatze nicht an.

Maya hatte wieder eine kleine Schreibpause eingelegt und dachte nach, ob sie ihre vom eigentlichen Geschehen abschweifenden Gedanken und länger zurückliegende Erinnerungen an Jono mit in den Text einfließen lassen solle.

Eigentlich gehören sie ja mit dazu, solange es um dich geht, und sie erklären, warum die Dinge so sind, wie sie sind, aber ich müsste dann immer wieder in den Zeitformen hin und her springen und wenn ja, warum nicht? Werde gleich mal testen, wie sich so ein Gemisch anhört,dachte sie und schrieb weiter, wobei sie den nächsten Satz leise vor sich hinmurmelte und damit zufrieden war, weshalb sie beschloss, diesen Stil beizubehalten und die Sätze in ihrem natürlichen Gedankenfluss aufs Papier strömen zu lassen, ohne sich weiter um den Mischmasch der ineinander übergehenden Zeitformen zu kümmern.

Will’s ja nicht veröffentlichen, und wenn wider Erwarten doch irgendwann, muss ich es sowieso überarbeiten, also kann ich es jetzt ruhig erst mal einfach aus mir rausfließen lassen,sagte sie sich. Doch zu einer Überarbeitung war es später nie gekommen, weshalb der Text im Original blieb und so weiterging.

… Er trägt gern lockere Kleidung, so wie an diesem Tag einen schwarzen Kimono, der ihm gut stand. Wir hatten gerade die Wirtsszene aus dem Musical „Les Miserables“ gesungen und der Schalk schaute ihm noch aus seinen blauen Augen, unter denen eine wuchtige Nase das Gesicht dominieren würde, wäre dieser Part nicht seinen buschigen Augenbrauen vorbehalten. Ich liebe das Kind in ihm und den Künstler, aber seit einiger Zeit fasziniert mich mehr und mehr seine geheimnisvolle, mystische Seite, auch wenn sie mir etwas Angst macht.

Ist es das?Ist es deine besondere Ausstrahlung?,hatte ich mich gefragt und versucht, Jono etwas genauer zu durchleuchten, als sich das komische Gefühl partout nicht verkrümeln wollte. Er strahlte ja schon immer etwas Besonderes aus wie ein alter Magier, aber seit etwa zwei Jahren ist es noch um einiges stärker geworden. Ich spüre das Prickeln vor allem dann, wenn er mich massiert, wobei er zwar immer sachlich bleibt, aber auch die delikaten Stellen nicht auslässt. Es ist nicht so, dass er mich sexuell stimuliert, aber allein der Kontakt lässt meinen Körper reagieren. Doch das, was ich bei diesem Treffen fühlte, war anders. Ähnlich, ja, zu vergleichen, ja, aber eindeutig anders. Er berührte mich ja auch nicht und schaute ganz entspannt, trotzdem kribbelte es in meinem Magen wie verrückt und ich konnte mir keinen Reim drauf machen, weshalb ich meine aufdringliche Vorahnung nun beim Aufschreiben umso erstaunlicher finde.

Ob du mir ansiehst, wie mein Kopf trotz des Vorsatzes, nicht mehr über den Grund meiner merkwürdigen Empfindungen zu grübeln, schon wieder dampft?,hatte ich mich gefragt.Hm, schaut nicht so aus.Wir redeten auch nicht wie so oft über Sex, speziell über Tantra, die altindische Liebeskunst, was auch mit der drastischen Zunahme seiner Ausstrahlung begonnen hatte. Vor Kurzem hat er dann tatsächlich rausgelassen, mir alles in Sachen Sex beibringen und gern der Erste sein zu wollen, was nicht völlig überraschend kam. Er hatte ja bereits bei früheren Gelegenheiten ab und zu Andeutungen gemacht, doch mit einer solch offenen Unverfrorenheit hatte ich nicht gerechnet. Obwohl ich sie bewunderte, war ich geschockt und reagierte ablehnend, wovon er sich jedoch nicht abschrecken ließ. In den folgenden, ausgesprochen liebevollen Treffen ging er nach dem Ausdrücken seines Bedauerns nicht weiter darauf ein und schwärmte stattdessen verstärkt von seinen Plänen, eine Kommune gründen zu wollen, weshalb ich die Sache für erledigt hielt. War sie aber nicht, denn bei unserer vorletzten Begegnung machte er einen neuen Anlauf, wobei er seinen Standpunkt durchaus einleuchtend zu vertreten wusste.

„Beim Quatschen kannst du nicht wirklich was lernen“, lautete eines seiner Argumente. Ein anderes, dass es doch Blödsinn sei, sich gerade auf einem so schwierigen Gebiet wie dem Sex allein durchzuwursteln. Oder die ersten Erfahrungen mit jemandem machen zu wollen, der auch noch keine Ahnung habe. Und dann verknüpfte er sogar sein Lieblingsthema mit der Agitation, um mir die Sache schmackhaft zu machen, wobei ich zum ersten Mal den Namen seines Projekts erfuhr. „In meiner Oase, die ich irgendwann auf Lamoi ins Leben rufen werde“, sagte er, „wird jedenfalls eine Ausbildung in Sachen Sex, bei der die Jugend von den Älteren lernt, völlig normal sein.“ Die Idee hat was für sich, das will ich nicht leugnen, doch ich bezweifle, ob es ihm überhaupt gelingen wird, die Kommune finanziell aus der Taufe zu heben. Er hat schon ’ne Menge drauf, aber Geld machen gehört nach meinem Dafürhalten nicht zu seinen Stärken. Davon unabhängig erschien mir eine Sexlehre ohne Liebe zu unromantisch und ich fürchtete außerdem um unsere Freundschaft, sollte ich mich darauf einlassen. Wahrscheinlich will ich auch erobert werden, aber andererseits war ich neugierig, sehr neugierig. Was andere Mädchen über das erste Mal mit Gleichaltrigen erzählten, klang in der Tat nicht berauschend und schon gar nicht romantisch.

Vielleicht spinnen sich die Tussen aber auch was zusammen oder es war nicht der Richtige,redete ich mir bei diesen Gelegenheiten gern ein. Doch ein Zweifel blieb und die Ahnung, dass was dran sein könnte. Sie wird immer wieder beinah zur Gewissheit, wenn sich die Jungs aus meiner Klasse wieder mal total bescheuert aufführen. Dann frage ich mich, ob ich mich überhaupt weiter mit ihnen abgeben soll, denn da gibt es noch eine andere Richtung in meinem sexuellen Erwachen, von der Jono nichts weiß. Nehme ich jedenfalls an. Sicher bin ich nicht, denn er ist ein guter Beobachter, aber erzählt habe ich ihm nicht, dass mich auch Frauen interessieren, was mir nicht wenig zu schaffen macht, hauptsächlich auf intellektueller Ebene. Mein Interesse an Männern ist sicher stärker, aber ich kann nicht leugnen, herausfinden zu wollen, wie es mit Frauen ist, auch wenn ich das Verlangen nach sexuellen Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht eher als Neugier, denn als mächtigen Drang empfinde.

Wahrscheinlich will ich wirklich nur mal ausprobieren, was es damit auf sich hat,sage ich mir, wenn ich daran denke, und ich habe auch noch kein Objekt der Begierde ins Auge gefasst. Es eilt nicht und ich möchte mir Zeit lassen mit der Feldforschung auf diesem Gebiet. Etwas in meinem Umfeld spricht allerdings dagegen, denn meine langjährige Freundin Susanne, die – wie ich ja weiß – ausschließlich auf Frauen steht, scheint mich seit einiger Zeit mit anderen Augen zu betrachten. Nicht direkt, sehr subtil, aber viele kleine Anzeichen, kleine Berührungen und Blicke fühlen sich anders an als früher. Im Grunde wäre sie eine gute Wahl, um mich auf diesem Gebiet auszuprobieren, doch sollte sie sich wirklich in mich verknallt haben, sieht das anders aus, denn eine Liebesbeziehung mit ihr kann ich mir kaum vorstellen. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, weshalb ich meine Beobachtungen und Gedanken bis jetzt für mich behalten habe. Möchte nicht ohne Not die Pferde scheu machen und unsere Freundschaft verderben, auch wenn ich mir ein ums andere Mal sage, dass sie das eigentlich aushalten müsste …

Ist schon interessant, dass ich mir die spielerische, unverbindliche Erforschung der Sexualität mit einer Frau viel besser vorstellen kann als die mit einem Mann. Was sagt das über die Wichtigkeit aus?,fragte sich Maya und ließ den Füller wieder mal ruhen, weil sie ja eigentlich über Jono schreiben wollte und nun wirklich auf eine andere Spur geraten war.

„Na und, dann ist es halt so und ich sollte wohl eher den Titel ändern, als meine Gedankensprünge zu bremsen, jawohl ja!“,rief sie sich leise, aber energisch zur Ordnung und beschloss, solche Überlegungen zu keinen weiteren Pausen führen zu lassen.

Werde zwar versuchen, mich auf das Treffen mit dir zu konzentrieren, aber auch stramm weiterschreiben, wenn was anderes kommt, an dem ich gern länger dranbleiben will. Vielleicht führt der Weg dann sogar von allein wieder zu dir zurück und ich muss nicht, so wie jetzt, nach einem Anknüpfungspunkt suchen. Also wie war das? Ach ja.

… Offenbar war diesmal nur Singen, Spielen und Rumalbern angesagt, aber ich hatte diese Ahnung und das Gefühl, kurz vor einer Entdeckung zu stehen, als Jono mit den Worten: „Bin gleich wieder da“, vom Küchentisch aufstand, einen Kamm holte, sich hinter mich stellte und ohne Kommentar loslegte. Gekämmt hatte er mich noch nie und ich wunderte mich, weil ihn lange Haare – so weit ich wusste – nicht besonders anmachten und er eher auf kurze Stoppeln oder sogar Glatze stand.

„Stehst du neuerdings auf lang und magst meine Haare?“, fragte ich deshalb, worauf er lachte und den Kopf schüttelte.

„Natürlich nicht, am liebsten würde ich sie abscheren, aber da du keinen Glatzenschädel hast und wahrscheinlich wie ein Osterei aussehen würdest, lassen wir das lieber.“

Das war deutlich und gemein, aber ich ließ es durchgehen, denn es fühlte sich herrlich an, wie er die Zinken genau mit dem richtigen Druck durch meine Mähne gleiten ließ. Genüsslich schloss ich die Augen und erfreute mich still an der Kopfmassage, bis ich mir eine kleine Bemerkung nicht verkneifen konnte.

„Als Beinahglatzkopf hast du das aber gut drauf“, kicherte ich und bekam prompt die Quittung dafür verabreicht.

„Tja, meine Sonne, bin halt ein guter Handwerker und kenne mich mit Holz aus“, lachte er und klopfte mir mit dem Knöchel leicht auf den Schädel, was ich mit übertriebenem Protestquieken kommentierte, worauf er wieder sanft wurde, bis ich schnurrte.

So ganz zufrieden war ich aber noch nicht, weshalb ich fragte: „Warum kämmst du mich eigentlich, wenn du lange Haare nicht magst, hä? Sehe ich zottelig aus?“

„Obwohl wir uns viele Jahre kennen, habe ich dich noch nie mit Zöpfen gesehen“, erklärte er, während er sich daranmachte, einen Mittelscheitel zu ziehen. „Mal sehn, ob ich das Flechten noch hinkriege, ist lange her“, fügte er an, worauf ich darauf hinwies, keine Gummis dabeizuhaben.

„Das macht nichts, meine Sonne, vom Zöpfeflechten kriegt man keine Kinder“, bemerkte er furztrocken, und obwohl er hinter mir stand, konnte ich sehen, wie seine Mundwinkel Richtung Ohren wanderten und sie wahrscheinlich erreichten, als ich mangels einer witzigen Entgegnung etwas lahm von Haargummis sprach.

„Ach die meinst du“, erwiderte er mit gespielter Enttäuschung. „Ich habe noch alte Bestände aus meiner Langhaarzeit, du kannst dir sogar die Farbe aussuchen“, und in der Tat zauberte er eine kleine Schachtel hinter meinem Rücken hervor und legte sie auf den Tisch. Sie war gut gefüllt – blaue, rote, grüne, ja, alle Farben und verschiedene Größen und sogar welche mit Verzierungen.

„So was hast du getragen?“, kicherte ich, wobei ich mich umdrehte und ihm zwei schwarze Gummis zeigte, die mit Marienkäfern ausgestattet waren.

„Nicht oft, aber nun halt still und entspann dich, es soll ja ordentlich werden“, rüffelte er mich streng …

An dieser Stelle hielt Maya trotz guter Vorsätze wieder mal inne, nachdem sie die Worte in atemberaubendem Tempo fast wie im Rausch niedergeschrieben hatte, wobei sie gar nicht mitbekam, dass ihre Blase drückte, bis sich die Natur nicht mehr ignorieren ließ.

„Grade jetzt, wo es spannend wird“, knurrte sie und erwog sogar für einen Moment, Buch und Füller mit aufs Klo zu nehmen, um ihren Gedankenfluss nicht unterbrechen zu müssen.

Maya, du bist wirklich beknackt, so lange dauert das ja nun auch nicht,dachte sie dann aber und beeilte sich lieber mit dem Geschäft, wobei sie den Strahl heftig mit ordentlich Druck geräuschvoll in die Schüssel prasseln ließ, um schnell wieder an ihre Schreibe zu kommen. Anschließend füllte sie aber noch etwas kühle Limo nach, bevor sie es sich wieder gemütlich machte und in sich hinein kicherte, als sie weiterschrieb – diesmal ohne nach der Fortsetzung suchen zu müssen.

… Ich gehorchte und schloss erneut meine Augen, doch Entspannen war nicht, als Jono mit Pferdeschwänzen, natürlich mit den Marienkäfern daran, auf meinem Gedankenbildschirm erschien. Es schüttelte mich und unter Glucksen erklärte ich ihm den Grund, worauf er mich am Ohr zog und meckerte, dass ich ein Frechdachs sei und es sich nicht zieme, einen alten Friseur zu verspotten. Diese Formulierung trug auch nicht zur Entspannung bei, doch nach einer Weile lehnte ich mich zurück und überlegte, wie lange ich den alten „Friseur“ eigentlich schon kannte, wobei ich es, abgelenkt vom Kämmen, nicht genau ausmachen konnte und auf eine Spanne von sechs bis acht Jahren kam.

Ich erinnerte mich aber an unsere erste Begegnung. Einige Zeit nach der Wende war ich mit meinen Eltern mal in der Sauna, da stand er unter der Dusche und grinste mich an. Dieses Grinsen und seine enorm buschigen Augenbrauen konnte ich noch deutlich sehen, aber ansonsten waren die Bilder eher blass und verschwommen. Es gelang mir nicht, sie scharf zu stellen, ebenso wenig wie die verschwommene Ahnung von etwas Ungewöhnlichem, die immer noch da war, aber mehr und mehr von mir ignoriert wurde. Lieber döste ich vor mich hin, doch Jono ließ mich nicht.

„Entspannen, ja, schlafen, nein, erzähl mir lieber was Interessantes“, sagte er und ich dachte nicht lange nach.

„Hm, ich war gestern das erste Mal bei einer Frauenärztin, aber das wird dich wohl kaum interessieren“, scherzte ich und Jonos Protestreaktion überraschte mich nicht. Er fragte unverblümt, wie es auf dem Gynäkologenstuhl gewesen sei, worauf ich ihm mitteilte, gar nicht darauf gesessen zu haben.

„Sie wollte nur wissen, ob es irgendwelche Probleme gebe und ob ich noch Jungfrau sei.“

„Und, bist du? Nein, sag nichts. Ich finde es selber raus“, erwiderte er und sah mich mit seinem besonderen Leuchteblick an. Und da lugte es wieder hervor, das unbestimmte Gefühl. Er hatte mir mal erklärt, dass er so meine Aura lesen könne, woran ich meine Zweifel habe, auch wenn ich gern mit ihm meditiere oder Tarotkarten lege. An seinen Fähigkeiten kann und will ich nicht deuteln, aber dank meiner atheistischen Erziehung, die mich über viele Jahre geprägt hat, fällt es mir trotz Jonos Einwirken immer noch schwer, völlig unbeschwert und unvoreingenommen mit Mystik und Spiritualität umzugehen. Deshalb schaute ich trotz meines komischen Drucks im Bauch eher amüsiert drein, vielleicht auch als Schutzreaktion vor seinem durchbohrenden Blick.

„Du bist noch eine und die Ärztin wollte wohl dein Hymen nicht beschädigen, wenn du keinen Ärger damit hast und es keinen anderen Grund für ’ne Untersuchung gab“, meinte er schließlich und schaute wieder normal drein. Doch meine Bewunderung für seine Erkenntnis hielt sich in Grenzen, da die Chance für die richtige Antwort ja immerhin Minimum fünfzig Prozent betragen hatte. Außerdem gefiel mir der zweite Teil seiner Aussage nicht.

„Ärger, was für Ärger? Ich will keinen Ärger!“, plapperte ich aufgeregt und fuchtelte mit den Händen, worauf er meine Schultern sanft drückte. Natürlich hatte ich mich mit Susanne ausführlich über den Besuch ausgetauscht, aber Ärger – welcher auch immer – war dabei nicht zur Sprache gekommen.

„Kriegst du auch nicht, denn wenn, dann hättest du ihn seit deiner ersten Regel. Nachträglich kommt er nicht, also ruhig Blut“, erklärte er, doch ich verstand nur Bahnhof, was wohl auf meinem Gesicht abzulesen war.

„Also gut, junge Frau, bin gleich wieder da“, näselte er, bevor er die Küche verließ und wenig später mit einem Ringordner zurückkam, den er vor mir auf den Tisch legte und aufklappte. Zu meiner Verblüffung waren in ihm viele farbige Zeichnungen von geöffneten Muschis zu sehen. Doch bevor ich was dazu sagen konnte, gab Jono weiter den zerstreuten Professor, indem er sich umständlich seine Lesebrille auf die Nase setzte und den Kamm als Zeigestock benutzte.

„Das Hymen, auch Jungfernhäutchen genannt, kann verschiedene Stärken, Größen und Formen haben in gewöhnlicher und exotischer Ausführung. Meistens sieht es aus wie ein Ring oder ein Halbmond, der sowohl oben als auch unten sein kann“, dozierte er, wobei er das „R“ auf russische Art rollte. Ich war kurz davor, mich vor Lachen zu kugeln, und riet ihm, diesen Vortrag an meiner Schule zu halten, worauf er auch einging.

„Ausgezeichneter Vorschlag das“, schnarrte er, „aber nun weiter im Text. Kommen wir zu den Exoten, von den einige in der Tat Ääärrrger machen können.“

Aber erst mal ging gar nichts, denn ich konnte nicht mehr an mich halten und prustete los, was er ungehörig fand.