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Nach dieser Nacht wird nichts mehr sein, wie es war Auf einer Halloweenparty in einer abgelegenen Villa im Harz bricht echter Horror aus. Anfangs hoffen die sechs Jugendlichen noch, dass es sich um einen Scherz handelt. Doch die zwei maskierten Fremden machen Ernst: Sie halten die Sechs gegen ihren Willen fest und schicken sie auf einen lebensgefährlichen Trip durch das zerklüftete Gelände am Brocken. Wonach suchen die Geiselnehmer? Und wer von den sechs entführten Jugendlichen verbirgt das größte Geheimnis? Als eine der Geiseln stirbt, beginnt ein unerbittlicher Wettlauf gegen die Zeit … Villa Obscura: Wer verbirgt hier welches Geheimnis? - Hochspannung pur: Packender Young-Adult-Thriller voller unerwarteter Wendungen für Leser*innen ab 14 Jahren. - Spannende Erzählperspektive: Die Geschichte wird aus den Blickwinkeln der sechs Jugendlichen erzählt und wirft unterschiedliche Sichtweisen auf dieselben schrecklichen Ereignisse. - Einzigartiger Schauplatz: Der mystische Brocken im Harz bietet mit seinem zerklüfteten Gelände eine perfekte und unheimliche Kulisse. - Menschliche Abgründe: Der durchdachte Pageturner des Erfolgsduos Melissa C. Hill und Anja Stapor überrascht auf jeder Seite aufs Neue.Der atemberaubende Thriller ab 14 Jahren erzählt eine packende Geschichte voller düsterer Geheimnisse und tödlicher Gefahren und sorgt für ein unvergessliches Leseerlebnis mit überraschenden Wendungen und schockierenden Enthüllungen. Was als lustige Halloweenparty beginnt, verwandelt sich in einen echten Albtraum: Hier geht es nicht mehr um Süßes oder Saures – hier geht es ums Überleben! Ein gruseliges Leseerlebnis für Fans der Geschichten von Ursula Poznanski und Karen M. McManus.
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Nach dieser Nacht wird nichts mehr sein, wie es war
Auf einer Halloweenparty in einer abgelegenen Villa im Harz bricht echter Horror aus. Anfangs hoffen die sechs Jugendlichen noch, dass es sich um einen Scherz handelt. Doch die zwei maskierten Fremden machen Ernst: Sie halten die Sechs gegen ihren Willen fest und schicken sie auf einen lebensgefährlichen Trip durch das zerklüftete Gelände am Brocken.
Wonach suchen die Geiselnehmer? Und wer von den sechs entführten Jugendlichen verbirgt das größte Geheimnis? Als eine der Geiseln stirbt, beginnt ein unerbittlicher Wettlauf gegen die Zeit …
Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn du traumatisierende Erfahrungen gemacht hast, können einige Passagen in diesem Buch triggernd wirken. Sollte es dir damit nicht gut gehen, sprich mit einer Person deines Vertrauens. Auch hier kannst du Hilfe finden: www.nummergegenkummer.de.
Schau gern am Ende nach, dort findest du eine Auflistung der potenziell triggernden Themen in diesem Buch. Um Spoiler zu vermeiden, steht der Hinweis ganz hinten.
Für euch, die ihr jeden Tag Magie in die Laptoptasten haut, Fantasieschlösser baut und den Zauber zwischen Buchdeckel presst. Für euch also, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Kälte weckt sie. Im Traum muss sie ihre Decke weggestrampelt haben – kein Wunder, so unruhig, wie sie in letzter Zeit schläft. Nun überzieht Gänsehaut ihre Arme.
Sie öffnet die Augen, doch der Raum liegt in absoluter Dunkelheit. Die Härchen an ihren Armen stellen sich noch weiter auf, als sie ein Geräusch wahrnimmt. Oder vielmehr: eine Stimme. Wispernd, weich und gleichmäßig. Viel zu dicht an ihrem Ohr.
Es dauert endlose Sekunden, ehe sie wach genug ist, um zu begreifen, was hier vorgeht. Mit einem ungläubigen Schnauben richtet sie sich auf und tastet in der Dunkelheit um sich. Kaltweißes Licht erhellt die Schwärze, als das Display ihres Smartphones durch ihre Berührung aufleuchtet. Es liegt neben ihr auf der Matratze und ist die Quelle des anhaltenden Flüsterns. Ein Hörbuch, das sie sich zum Einschlafen angemacht hat, dringt gedämpft aus den Handylautsprechern.
Natürlich war es nur das Hörbuch. Was sollte es auch sonst sein? Ein Eindringling unter ihrem Bett? Der würde wohl kaum durch Flüstern auf sich aufmerksam machen.
Wie albern. Der benommene Zustand zwischen Schlaf und Erwachen hat ihr Urteilsvermögen vernebelt.
Energisch tippt sie auf den Pause-Button und schließt die App. Das schwache Bildschirmlicht erhellt den Raum und leuchtet durch die offene Tür ein Stück weit in den Flur.
Alle Müdigkeit fällt schlagartig von ihr ab. Ihr Herz pumpt das Blut so schnell durch ihre Adern, dass ihr kurz schwindelig wird, als sie ihre Beine aus dem Bett schwingt und aufsteht.
Die Tür ist niemals geöffnet. Sie hat noch nie vergessen, sie am Abend zu schließen. Noch nie.
Der Fliesenboden ist kühl und glatt unter ihren nackten Füßen. Jeder ihrer Schritte erzeugt ein leises, tappendes Geräusch. An der offenen Schlafzimmertür hält sie inne. Überlegt, ob sie den Fehler einfach beheben und die Tür zuschieben soll. Aber die Frage, warum sie überhaupt offen ist, lässt sie nicht los.
Und da hört sie es. Ein dumpfes Geräusch, das klingt wie das ihrer eigenen Schritte. Nur, dass ihre Füße nun wie angewurzelt auf dem Boden stehen und sie nicht wagt, sich zu rühren. Natürlich könnte sie es sich auch einbilden. Da ist gar nichts, oder? Nur Stille und Dunkelheit und das Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren.
Verliert sie die Nerven? War alles doch ein wenig zu viel in letzter Zeit? Vielleicht ist sie gar nicht wach, sondern träumt noch.
Aber da sind sie wieder. Zwei Schritte, drei. Pause. Dann noch mal zwei.
Und plötzlich dringt gleißende Helligkeit in ihr Schlafzimmer, lässt sie zurückstolpern und sorgt dafür, dass sie intuitiv eine Hand vor die Augen hebt.
Für einen Moment ist sie völlig geblendet und nimmt nur die gleichen beiden Dinge wahr wie eben: ihren hämmernden Herzschlag und die Schritte, die sich jetzt eindeutig nähern. Und zwar nicht mehr leise und vorsichtig, sondern mit Entschlossenheit.
Nebeldunst zieht vom Berg herab. Der Gipfel des Brockens hat sich schon am frühen Vormittag in weiße Schwaden gehüllt. Nun sickern sie auch hinunter ins Tal. Jane beobachtet fasziniert, wie der Mond die Nebelbänder zwischen den Bäumen sichtbar macht. Sie gleichen Wolkenkriegern, die sich an die Menschen heranpirschen.
Jane fröstelt trotz Mantel und Cape, als sie sich der Villa zuwendet. Und damit der Halloweenparty. Sie spürt die Kälte des gefrorenen Bodens durch ihre Schnürstiefel hindurch und beeilt sich, den anderen Gästen zu folgen, die vom Shuttle als bunter, fröhlicher Haufen ausgespuckt wurden.
Sie läuft hinter einer Vampirlady und einem Hexer her. Dann kommt sie an einer blutigen Braut sowie einem Säbel schwingenden Seeräuber vorbei, die sich beide im Gehen ihre Schminke auffrischen. Die Feierlaune ist ansteckend, und doch bleibt Jane immer wieder stehen, um sich nach allen Seiten umzublicken. Als der Mond hinter einer Wolke verschwindet, versinkt der Berg augenblicklich in Dunkelheit. Jane spürt etwas Lauerndes, etwas, das sie dichter an die anderen Menschen herantreibt und das dafür sorgt, dass sie ihren Mantel fester um sich zieht.
Vor ihr ragt die Villa Obscura auf. Ein altes Herrenhaus, dessen steinerne Fassade mit seinen Erkern und Verzierungen von vergangener Pracht zeugt. Jane ist nicht zum ersten Mal an diesem Ort und denkt erneut, dass hier früher eine glückliche, reiche Familie gewohnt haben muss. Sicher haben Mädchen in weißen Kleidern im Garten gespielt. Männer im Gehrock sind auf dem nahe gelegenen Bahnsteig entlangflaniert und haben ihre Hüte geschwenkt, wenn die Brockenbahn den Berg hinauf stampfte. Doch seit Jahrzehnten ist der Gleisabschnitt stillgelegt, und das Kinderlachen ist längst verhallt.
Mittlerweile wohnt hier niemand mehr. Stattdessen hat sich die Villa in ein Fotostudio verwandelt. Eines der exklusivsten Fotostudios Deutschlands wahrscheinlich, geführt von Constanze Eschede. Eigentlich unfassbar, dass sie hier zu einer Party eingeladen ist. In Jane macht sich nun doch ein Gefühl der Vorfreude breit. Sie bewundert die hohen, geschwungenen Fenster, in denen Kerzen flackern. Kürbisfratzen säumen den Weg zum Eingangstor und blecken den Besucherinnen und Besuchern ihre orangefarbenen Fangzähne entgegen. Jane betrachtet sie amüsiert. Ohne die Halloweendeko hätte sie die Villa gruseliger gefunden. Mit dem ganzen Trubel ringsum wirkt sie eher wie ein Zufluchtsort vor Nebel und Kälte.
Sie beeilt sich, den anderen Gästen hinterherzukommen, und rafft dabei ihr rotes Cape, das unter ihrem Mantel hervorlugt und über den Boden schleift. Die Wahl eines Halloweenkostüms ist ihr nicht leichtgefallen. Es gibt so viele literarische Heldinnen und Helden, in deren Haut sie gern für einen Abend geschlüpft wäre. Aber schließlich hat sie sich für eine Märchenfigur entschieden: Rotkäppchen. Eine leicht ironische Anspielung auf ihr naturrotes Haar und gleichzeitig eine Figur, der Jane sich nahe fühlt. Der selbst gehäkelte Stoffwolf in ihrem Körbchen blinzelt unschuldig zwischen einer Weinflasche und einem halben Gugelhupf hervor. Die meisten Komponenten ihres Kostüms hat sie schon zu Hause gehabt. Die Leggins und die Schnürschuhe trägt sie jeden Tag, und mit dem Korb geht sie im Herbst manchmal Pilze suchen. Die Spitzenbluse hat sie aus dem vollgestopften Kostümfundus des Fotostudios ausgeliehen. Nur das Cape hat sie noch kurzfristig gebraucht gekauft und umgenäht, weil der Fundus nichts hergegeben hat und ein neues viel zu teuer gewesen wäre.
Wie Amadeus es wohl finden wird? Sie wäre nicht hier, wenn er sie nicht eingeladen hätte. Und sie hätte sich auch nicht so viel Mühe mit ihrem Kostüm gegeben, wenn er sie nicht darin sehen würde. Unwillkürlich muss sie lächeln und beschleunigt ihre Schritte.
Vorbei an den Kürbisköpfen, an einer Gruppe schiefer Grabsteine, vor denen rote Lämpchen flackern, und einem großen Spinnennetz. Die Bewegung links von ihr registriert sie zu spät. Ein Schatten springt hinter einem Baum hervor. Jane sieht nur die Schneide der Axt, die im Mondlicht funkelt, bevor sie auf sie niedersaust. Sie schreit auf, will ausweichen, stolpert und fällt in das gefrorene Gras.
Sie greift nach ihrer Brille. Der Schatten ragt dunkel über ihr auf. Er holt erneut mit der Axt aus. Sie reißt die Arme über den Kopf, erwartet den Schlag, doch nichts passiert. Stattdessen ein lautes Lachen.
»Bisschen weniger Drama, Lady.« Eine Hand zieht sie hoch, und jemand klopft ihren Umhang ab. Die Umstehenden kichern. Nun erkennt Jane, dass die Plastikwaffe des blutrünstigen Axtmörders mit Silberfolie umwickelt ist und er eher gutmütig als mordlustig aussieht. »Jetzt bist du jedenfalls in der richtigen Partystimmung!«
Jane erwidert nichts. Verlegen stolpert sie weiter. Ihr Cape fühlt sich vom Sturz feucht an, aber zum Glück ist der Stoff nicht gerissen. Ein Kürbis neben ihr stößt ein gehässiges Lachen aus. Wahrscheinlich sind einige von ihnen mit Soundmodulen ausgestattet.
»Ich mach dich zu Kürbissuppe!«, murmelt Jane. Ihre Drohung scheint zu wirken, denn der Kürbis verstummt.
Wie ferngesteuert läuft Jane den restlichen Weg zur Villa entlang.
Was bleibt von der bedrohlichen Stimmung, wenn man die Skelette und Gräber und Kürbisse ausblendet? Ein Raunen scheint in der Luft zu liegen. Dieses Haus hat etwas zu erzählen, und es ist nichts Gutes. Jane blickt durch ihre Brillengläser konzentriert auf die hölzerne Eingangstür der Villa, die einen Spalt offen steht. Gerade weit genug, um dahinter steinerne Wände und flackerndes Licht zu erkennen. Einladend sieht es aus, aber für einen Augenblick überlegt Jane trotzdem, ob sie umdrehen und wieder gehen soll. Vielleicht hängt es mit der Geschichte der Blutfürstin zusammen, die hier einst gelebt haben soll, dass sie sich so unwohl fühlt. Die Legende scheint in dieser Nacht plötzlich so real …
Die Entscheidung wird ihr abgenommen, da das Shuttle in diesem Moment zwischen den Bäumen verschwindet. Jane atmet tief ein und wendet sich wieder der Villa zu.
Es ist nur ein Haus, mehr nicht. Eine Party, mehr nicht. Ein paar verkleidete Gestalten, mehr nicht.
Und sie kann die Ablenkung heute wirklich gebrauchen.
Um Haltung bemüht, schreitet sie die Treppen empor und erkennt an den Geräuschen hinter sich, dass der Axtmörder erneut einen angekommenen Gast begrüßt. Bloß quiekt der nicht so peinlich herum wie Jane gerade eben.
Sie zwingt sich zu einem Lächeln, als sie die Türschwelle zur prunkvollen Eingangshalle überschreitet, und spürt sofort die Wärme, die sie willkommen heißt. Es brennt kein Feuer im offenen Kamin, offenbar hat selbst diese alte Villa schon moderne Heizungen. Ein Hundekörbchen steht daneben, zum Glück ohne seinen vierbeinigen Eigentümer.
Jane sucht nach der Garderobe, um ihren Mantel abzulegen, als es plötzlich stockdunkel wird. Jemand keucht laut auf und verfällt gleich darauf in ein nervöses Kichern. Jane ballt die Hände zu Fäusten. Sie wird sich nicht noch mal so erschrecken lassen.
Eine Stimme meldet sich, kratzig und dunkel, aber eindeutig vertraut. Jane zuckt zusammen, als sie die Sprecherin erkennt. Das elektrische Knistern verrät, dass ihre Botschaft aus Lautsprecherboxen dringt: »Willkommen in der Villa Obscura. Jetzt treffen sich die Hexen zum Tanz. An diese legendäre Nacht sollt ihr euch noch lange erinnern. Also, macht Fotos beim Sensenmann. Doch habt acht, es könnte euer letztes sein …«
Schlagartig gehen die Lichter wieder an. In Jane hallen die Worte wider und jagen ihr einen Schauer über den Rücken, den wohl die wenigsten der anderen Gäste nachvollziehen können.
Um den Brocken ranken sich viele Sagen und Legenden, die nicht jeder kennt. Die berühmteste erzählt davon, dass sich dort in der Walpurgisnacht die Hexen zum Tanz treffen. Da der Gipfel des Brockens oft bis in den Mai hinein mit Schnee bedeckt ist und er sich dreihundert Tage im Jahr in Nebel hüllt, regt der Berg seit Langem die Fantasie der Menschen an. Dort oben können sich die Geister und Hexen ungestört verstecken.
Jane kennt die Geschichten. Sie weiß, dass die Berichte über die Hexen in der Frühen Neuzeit immer zahlreicher geworden sind und schließlich realen Bluttribut forderten. Sechsundzwanzig Frauen und zwei Männer sind allein in Wernigerode wegen Hexerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Es heißt, ihre Todesschreie hallen in stürmischen Nächten noch heute durch das Gebiet um den nebligen Fuß des Brockens.
Aber diese Zeiten sind lange vorbei. Sie ist hier, bei einer legendären Party, wie die Durchsage soeben bestätigt hat. Jane stellt sich auf die Zehenspitzen und hält Ausschau nach Amadeus, entdeckt vor der Flügeltür zum großen Saal aber stattdessen den angekündigten Fotografen in einer schwarzen Kutte. Seine Sense hat er gegen die Wand gelehnt, damit er die Kamera mit beiden Händen halten kann. Vor ihm und der Fotowand hat sich bereits eine Schlange gebildet.
Jane spürt kritische Blicke auf ihren abgetragenen Mantel und auf den Rucksack. Schnell nimmt sie ihn vom Rücken und stopft ihren Mantel hinein. Der soll sowieso nicht mit aufs Foto. Sie versteckt den Rucksack in einer mit Spinnweben überzogenen Ecke und stellt sich dann in die Reihe der Wartenden.
Gerade posieren zwei Echsen für den Fotografen und reißen ihre Mäuler auf, als würden sie sich gegenseitig verschlingen wollen. Jane wartet zunehmend nervös, bis die Schlange weiter vorrückt und sie dran ist.
Der Fotograf hält ihr einen Schädel entgegen, und sie schließt die Finger vorsichtig um den Unterkiefer, der sich hart und kantig in ihre Haut drückt. Dann stellt er sich mit der Kamera in Position und nickt Jane zu. Den Blick, den er ihr unter seiner Kapuze hervor zuwirft, kann Jane nicht deuten. Angestrengt blinzelt sie in Richtung Kamera, sieht die Linse vor sich, hält sich wie zur Beruhigung an dem Schädel fest und reißt dann doch erschrocken die Augen auf, als der Blitz sie blendet.
»Die Rolle als verschrecktes Rotkäppchen nimmt man dir auf dem Bild total ab.« Kiyoshi betrachtet das Foto auf dem Display seiner Spiegelreflexkamera und nickt zufrieden.
Rotkäppchen sieht aus, als hätte sie tatsächlich gerade den bösen Wolf getroffen. Der nichts mit dem Stofftier gemein hat, das seine gehäkelte Nase über den Rand des Weidenkörbchens streckt.
Das Mädchen im roten Cape stellt den Schädel vor der Fotowand ab, streicht sich hektisch das ebenfalls rote Haar zurück und tritt zur Seite. Vielleicht mag sie es nicht, fotografiert zu werden. Kiyoshi kann das nachvollziehen – selbst steht er definitiv auch lieber hinter der Kamera als davor. Dabei hat sie ein wirklich interessantes Gesicht. Ihre Züge sind kantig, die runden Brillengläser stehen im Kontrast dazu.
Kiyoshi blickt von seiner Kamera auf zur Treppe, die von der Eingangshalle der Villa in den ersten Stock führt und die heute mit Spinnweben und glühenden Kürbislaternen dekoriert ist. Auf keinen Fall will er Constanzes Auftritt verpassen. Aber wahrscheinlich wird seine Chefin schon dafür sorgen, dass es niemandem entgeht, wenn sie zu ihrer Partygesellschaft stößt. Vielleicht ist sie aber auch schon irgendwo im Hauptraum. Durch die offen stehende Flügeltür kann Kiyoshi das DJ-Pult sehen, das mittendrin aufgebaut ist. Bisher sind noch keine dramatischen Nebeleffekte oder filmreife Eingangsmusik auszumachen – das Mindeste für die Ankunft der Gastgeberin, da ist er sich sicher.
»Yoshi«, raunt da eine Stimme nahe an seinem Ohr. Er kann sogar den feuchten Atem spüren, und trotz der viel zu warmen schwarzen Kutte kriecht eine Gänsehaut über seine Glieder. Er fährt herum und sieht in ein kalkweiß geschminktes Gesicht. Die blutroten Lippen verziehen sich zu einem spöttischen Grinsen.
»Yoshi träumt mal wieder«, stellt Sarah fest. »Sollst du nicht eigentlich Fotos machen?«
Das ist der Tonfall, den er von ihr kennt. Sie sind sich nur ein paarmal hier im Fotostudio begegnet. Anfangs war er noch Praktikant, und Sarah hat ihm seine eigene Kamera erklärt. Mittlerweile ist sich Kiyoshi sicher, dass er wahrscheinlich gar nicht so unbeholfen und verloren gewirkt hat. Sarah liebt es einfach, andere runterzumachen. Sie arbeitet für ein Fotostudio in Wernigerode und ist somit weniger Constanzes Freundin als vielmehr ihre Konkurrentin. Obwohl beide so tun, als wäre es anders.
Widerwillig wendet er sich Sarah zu. »Du musst dich vor die Fotowand stellen«, meint er kühl, räuspert sich dann aber und setzt eine neutralere Miene auf. Er will nicht wirken wie ein beleidigtes Kind, das einen Spaß auf seine Kosten nicht verträgt.
Sarah platziert sich vor der Leinwand, auf der ein düsteres Gewölbe abgebildet ist, und schält sich umständlich aus ihrem Cape mit Stehkragen. Darunter trägt sie ein schwarzes Kleid, das aussieht, als würde es aus den Sechzigern stammen. Ziemlich sicher kommt es aus dem Fundus der Villa Obscura, genau wie sein eigener Umhang. Am Saum von Sarahs knielangem Rock blitzen die roten Rüschen eines voluminösen Petticoats hervor. Passend dazu hat sie sich Smokey Eyes geschminkt, was sie in Kombination mit ihrem langen schwarzen Haar und der weißen Gesichtsgrundierung aussehen lässt wie eine Mischung aus Schneewittchen und einem Totenkopf.
»Bereit?«, fragt Kiyoshi ungeduldig.
Sarah lächelt ihn an und sortiert in aller Ruhe ihre Frisur. Ganz toll. Eigentlich wollte Kiyoshi in der Zeit bis zur Ankunft des nächsten Shuttles herausfinden, wann Constanze ihren Auftritt geplant hat. Vielleicht wissen der DJ oder einer der Kellner in Morphsuits mehr – aber soweit Kiyoshi mitbekommen hat, sprechen sie nicht. Vermutlich auf Anweisung von Constanze, um den Gruselfaktor zu erhöhen. Dabei ist es schon unheimlich genug, wie sie sich in ihren hautengen Ganzkörperanzügen durch den Raum bewegen, ohne dass man ihre Gesichter sehen kann.
Sarah öffnet ihre Handtasche, und Kiyoshi erwartet fast, dass sie auch noch eine Haarbürste oder ein Puderdöschen herauszieht. Stattdessen fördert sie ein schneeweißes Plastik-Vampirgebiss zutage und steckt es sich in den Mund. Weder Schneewittchen noch Totenbraut also, sondern Vampirin.
»Du kannst den Schädel da als Requisite benutzen«, erklärt er mit einem Nicken in die entsprechende Richtung.
Sarah folgt seinem Blick, rümpft die Nase und meint dann: »Schädel haben keinen Hals.« Ihre Aussprache ist durch das Gebiss in ihrem Mund undeutlich.
Sie sieht sich suchend um. Was hat sie jetzt wieder vor?
Im nächsten Moment durchquert sie raschen Schrittes die Eingangshalle, geht zielstrebig durch die Zwischentür zum Hauptraum und bahnt sich einen Weg zum DJ-Pult. Ohne Vorwarnung greift sie den Typen dahinter am Arm und schleppt ihn zur Fotostation.
»Miezekatze schmeckt am besten«, verkündet sie an ihrem Vampirgebiss vorbei, während sie ihn vor die Fotowand bugsiert.
Der DJ kann gerade noch seinen Hut zurechtrücken, da schiebt Sarah ihm schon die Satinkrawatte zur Seite und gibt vor, in seinen Hals zu beißen. Oder beißt wirklich zu, denn das mit glitzernden Leopardenflecken geschminkte Gesicht des jungen Mannes spiegelt kurzzeitig Entsetzen.
Kiyoshi ist Profi genug, um genau diesen Moment einzufangen. Erst dann rollt er die Augen und fragt: »Was war das denn jetzt? Der DJ gehört nicht zu den Requisiten.«
»Schon gut.« Der Leopard richtet seine Satinkrawatte und grinst Kiyoshi an. »Ich weiß, was gegen Vampire hilft. Glücklicherweise hatte ich Gyros mit extraviel Zaziki zum Abendessen. Ein Hauch meines Atems, und Dracula ist Geschichte.«
»Igitt.« Sarah verzieht das weiß geschminkte Gesicht. »Danke für die Warnung. Du bekommst um Mitternacht schon mal keinen Halloweenkuss von mir.«
»Da bin ich aber traurig«, behauptet der DJ mit ungetrübtem Grinsen und verschwindet wieder hinter seinem Mischpult. Sarah folgt ihm in den Hauptsaal, der einen Großteil des Erdgeschosses einnimmt und von dem mehrere kleine Studios abzweigen.
Kiyoshi wirft erneut einen Blick zur Treppe, aber da geht das Licht wieder aus, und Constanzes Durchsage erklingt, die alle Neuankömmlinge zum Willkommensfoto beim Sensenmann schickt. Also positioniert er sich wieder hinter seiner Kamera.
Ein Gutes hat sein Job: Er bekommt jedes einzelne Kostüm zu sehen. Kiyoshi fotografiert sie alle und bemüht sich um lockeren Small Talk, um seinen teils sehr ungeübten Models ein Lächeln zu entlocken. Constanze wäre stolz auf ihn – sie predigt ihm immer, dass er Menschen nicht wie Landschaften fotografieren kann, sondern auf sie eingehen muss.
Von ihr fehlt allerdings nach wie vor jede Spur. Aber vermutlich wird Constanze warten, bis auch wirklich alle ihre Gäste versammelt sind. Ob sie von ihrer Wohnung im Obergeschoss das Partygeschehen im Blick behält? Ihre Durchsagen ertönen jedenfalls immer genau zum richtigen Zeitpunkt.
Als hätte er Kiyoshis intensive Gedanken an Constanze bemerkt, kommt Mephisto in die Eingangshalle gewetzt. Der schwarze Pudelmischling ist schon den ganzen Abend unbeaufsichtigt zwischen den Gästen unterwegs, beschnuppert die unterschiedlichen Schuhpaare und belagert die Bar in der Hoffnung, dass dort etwas zu essen für ihn abfällt. Er ist ein gutmütiges Tier, aber als der Hund nun auf ihn zurennt, macht Kiyoshi dennoch einen Schritt zurück.
Wenn es irgendetwas an Constanze gibt, das nicht perfekt ist, dann ist es dieses Tier. Obwohl Mephisto schnurstracks in sein Körbchen neben dem offenen Kamin springt und einen Gummiknochen benagt, behält Kiyoshi ihn im Auge, während er die vermutlich zehnte Hexe des Abends fotografiert.
Er ist sich ziemlich sicher, dass seine Klamotten nach Katze riechen. Seit zwei Wochen wohnt er unter der Woche im Studentenwohnheim, aber sobald er am Wochenende nach Hause kommt, springt sein einäugiger Kater Sauron auf seinen Schoß, um sich all die verpassten Streicheleinheiten abzuholen. Und mit Katzenhaaren auf der Kutte kommt Kiyoshi Constanzes Hund lieber nicht zu nahe.
Eine Idee formt sich bei Mephistos Anblick in seinem Kopf. Vielleicht sollte er die Fotostation kurz dichtmachen und nach Constanze sehen? Vor zwei Tagen hat er beobachtet, wie sie ihr Kostüm anprobiert hat. Deshalb weiß er, dass sie das Korsett, das zu ihrem bodenlangen Kleid gehört, nicht allein schnüren kann. Aber vermutlich übernimmt das ihr nerviger Verlobter. Kiyoshi ertappt sich dabei, wie er das Gesicht verzieht, und setzt hastig wieder einen freundlicheren Ausdruck auf, um den nächsten Gast zu begrüßen.
»Hi, Linda! Cooles Kostüm!«
Die Angesprochene schenkt ihm ein strahlendes Lächeln. Linda ist Model – eines der hübschesten, mit denen Kiyoshi bisher gearbeitet hat. Heute trägt sie ein fließendes Samtkleid mit weiten Ärmeln und einen filigranen silbernen Stirnschmuck. Die spitzen Elbenohren sehen täuschend echt aus und fallen gemeinsam mit Lindas kahlrasiertem Kopf am meisten ins Auge.
Kiyoshi reicht Linda den Totenschädel und macht ein Foto. Natürlich ist gleich der erste Versuch perfekt. Linda ist genau wie er ein Profi. Das weiß Kiyoshi, seit er vorgestern bei Constanzes Shooting mit ihr assistiert hat. Eigentlich braucht Constanze keine Hilfe beim Fotografieren. Kiyoshi hatte eher das Gefühl, dass er für gute Stimmung sorgen sollte. Möglicherweise wollte Constanze ihm eine Chance geben, Small Talk zu üben. Sie selbst hat kaum zwei Sätze mit Linda gesprochen, was Kiyoshi ziemlich komisch vorkam, weil die beiden in den letzten zwei Jahren schon öfter miteinander gearbeitet haben und er dachte, dass Constanze von Linda schon immer ganz begeistert gewesen ist. Schließlich steht sie für alles, was Constanze wichtig ist: Diversität im Modelgeschäft, female Empowerment und den Bruch mit althergebrachten Schönheitsidealen.
Constanze hat Kiyoshi erzählt, dass es einen medizinischen Grund für Lindas Glatze gebe und dass deren Modelkarriere dadurch anfangs auf der Kippe gestanden habe. Dass Linda eine Kämpferin sei und Constanze sie unbedingt unterstützen wolle. Nur, um sie dann anzuschweigen, als sie schließlich da war? So ganz verstanden hat Kiyoshi das alles nicht.
»Super Bild.« Er nimmt Linda den Totenschädel ab und blickt nochmals zur Treppe. Unbedingt will er zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um den dramatischen Auftritt seiner Chefin in Bildern festzuhalten. In lebendigen und emotionalen Bildern, wie Constanze sie am liebsten hat. Wenn Kiyoshi das bei irgendjemandem gelingt, dann definitiv bei ihr.
Nachdem sie das Willkommensfoto hinter sich gebracht hat, sieht Linda sich etwas unschlüssig um. Sie kennt kaum jemanden hier auf der Party außer Kiyoshi, der natürlich vollauf beschäftigt ist. Er wird mal ein Fotograf werden, vor dem man keine Angst haben muss. Einer, der seine Models nicht anschnauzt und sie auch nicht stundenlang leicht bekleidet in der Kälte warten lässt. Das Warten hasst Linda an ihrem Job am meisten.
Das schlimmste Erlebnis war vermutlich das offene Casting in Mailand, als sie und die anderen Models in einer langen Schlange um den ganzen Block standen. Eigentlich war klar, dass Linda diesen Job nicht bekommen würde, sie sah ja die riesige Konkurrenz, spürte sie mit jedem Meter, den sie in der Schlange vorrückte. Aber die Agentur hatte sie hingeschickt, und dann musste sie eben gehen. Nachdem sie fast fünf Stunden angestanden hatte, warteten zwanzig Sekunden Aufmerksamkeit der Vertreterinnen und Vertreter der Kundenfirma auf sie. Ein paar müde, unzufriedene Augen musterten sie über Espressotassen hinweg. Dann wurde sie wortlos mit einer Handbewegung weggeschickt.
Zum Glück gibt es auch andere Erlebnisse: freundliche, motivierende Auftraggeber, wie zum Beispiel Constanze, deren Arbeit Linda sehr bewundert. Linda merkt, wie sie beim Gedanken an ihre Gastgeberin nervös wird. Sie ist heute nicht nur zum Vergnügen hier. Sie muss unbedingt mit Constanze reden, aber dafür muss sie sie erst mal finden.
Linda reißt sich von der Fotostation los und durchstreift die Villa mit aufmerksamem Blick. Von der kleineren Eingangshalle geht sie in den großen Saal, der für die meisten Shootings genutzt wird. Statt Constanze mit ihren Kameras beherrscht ihn jetzt der DJ.
»Since you’ve been gone this house is haunted / I think I’m seeing ghosts and monsters«, schallt es ihr entgegen. Der DJ hat seinen Auftrag offenbar sehr ernst genommen und sich auch thematisch auf Halloween vorbereitet. Die goldenen Leopardenflecken in seinem Gesicht glitzern, wenn das Licht der Scheinwerfer ihn streift.
Linda erkennt auf den ersten Blick, dass er eine größere Summe in sein Outfit investiert haben muss. Besonders das gelbe Hütchen sieht teuer aus. Wie kann sich ein DJ so ein Designerteil leisten?
Wahrscheinlich ist er ein Freund von Constanze, der ihr einen Gefallen schuldet. Dafür sieht er aber fast zu jung aus. Er kann kaum achtzehn sein.
»I’ve only seen these kinda horrors in my deepest nightmares / Stay awake, / Cause I’m afraid they’re coming for me.«
Der DJ sieht auf, als hätte er ihren Blick gespürt. Er deutet in Richtung Tanzfläche. Linda dreht sich auf dem wunderschönen alten Parkettboden einmal im Kreis und lässt ihr Kleid flattern. Dann macht sie einen Knicks und winkt ihm zum Abschied zu. Mit spöttisch verzogenem Mundwinkel deutet er eine Verbeugung an.
Linda lächelt. Seit sie die Glatze trägt, fühlt sie sich mehr gesehen. Fühlt sich als die Person wahrgenommen, die sie wirklich ist. Trotzdem ist es oft noch ungewohnt. Wenn Linda während der ersten Tage an einem Spiegel vorbeigekommen ist, sind ihr jedes Mal fast die Tränen gekommen. Nach einiger Zeit hat sie sich dann an den Anblick gewöhnt. Stolz hat sich in die Unsicherheit gemischt. Stolz darüber, dass sie sich traut, anders auszusehen.
Und tatsächlich kommt es mittlerweile bei vielen Fotografen gut an. Ihre Augen mit der violetten Iris wirken nun noch größer, und sie wird auf Fotos anders inszeniert. Mal kämpferisch, mal verletzlich. In beiden Rollen findet Linda sich wieder.
Sie schenkt dem DJ ein weiteres Lächeln und wendet sich ab. Sie muss Constanze finden.
Nacheinander klappert sie die übrigen Räume ab, die alle von der rechten Seite des Saals abzweigen. Küche, Garderobe, mehrere Studios, und sogar in die Damentoilette wirft sie einen kurzen Blick. Man merkt dem Gebäude durch die hohen Decken, die geschwungenen Fensterbögen und die Stuckelemente an, welch herrschaftliche Villa es eigentlich ist. Constanze hat es geschafft, das Altehrwürdige mit dem Funktionalen zu verbinden.
Vorsichtig schiebt Linda die letzte Tür einen Spalt weit auf. Der spezielle Shootingraum mit der schicken Dusche und den Utensilien für Aktfotos liegt im Dunkeln. Hier gibt es normalerweise Scheinwerfer, Kameras, Masken, lange Federn, Perlenketten und Glanzspray, aber offenbar dient er nun einem anderen Zweck. Ein Beamer wirft unruhig flackerndes Licht an die Wand. Am schrillen Kreischen einer verzweifelten Frauenstimme und den Geräuschen einer Motorsäge erkennt Linda, dass gerade ein Horrorfilm läuft. Blut spritzt in hohem Bogen über die Leinwand, und Linda will die Tür wieder zuziehen, als sie ein Flüstern hört. Auf der für sie nicht einsehbaren Seite des Raumes scheinen Zuschauerinnen und Zuschauer zu sitzen.
»Bist du verrückt? Das ist viel zu gefährlich!«, zischt jemand. Eine Männerstimme.
Die Antwort klingt ungehalten. »Ist doch nur zur Sicherheit, falls die Person es nicht zugeben will.«
»Wo hast du das Ding?«
»Hinter dem Tresen.«
»Was? Spinnst du? Bring es bloß da weg! Was, wenn ein Gast besoffen dort rumstolpert und es entdeckt?«
Die Reaktion hört Linda nicht mehr, denn sie zieht die Tür ebenso leise zu, wie sie diese geöffnet hat. Sie will auf keinen Fall beim Lauschen ertappt werden.
Was war das gerade? Es waren eindeutig zwei Männer, die sich unterhalten haben. Scheiße, das klang ja fast, als wäre sie selbst mitten in einem Horrorfilm gelandet. Das Ding hinter dem Tresen wird doch wohl keine Motorsäge sein? Nein, so ein Quatsch, ihre Fantasie geht mit ihr durch. Aber warum hat der eine dann gesagt, es sei gefährlich? Irgendwie klingt das seltsam.
Ob sie jemandem Bescheid sagen soll? Am besten Constanze, aber die ist ja bisher nicht aufgetaucht. Und außerdem wird sie nach dem Vorfall vorgestern beim Shooting vermutlich auch nicht mit Linda sprechen wollen. Aber es hilft nichts: Sie muss das mit Constanze heute unbedingt in Ordnung bringen.
Linda versucht, die Beklommenheit abzuschütteln, und geht zu einem der Kellner. Er trägt einen blauen Morphsuit. Es ist ein seltsames Gefühl, weder seine Augen noch seinen Gesichtsausdruck sehen zu können. Früher wurde wahrscheinlich genau das von Dienstboten erwartet. Gesichtslos zu sein, unsichtbar, eins mit dem Hintergrund. Linda findet das ziemlich unheimlich. Verlegen lächelt sie ihn an und mustert dann die Cocktails auf seinem Tablett. Natürlich ist eine Bloody Mary dabei. Dazu ein giftgrüner Drink, der bestimmt nach Pfefferminz schmeckt.
Ohne zu fragen, was sie möchte, reicht er ihr ein Martiniglas.
»Danke!« Sie nippt vorsichtig daran. Wodka. Beerenlikör. Zitronensaft. Sehr lecker.
Mit dem Drink in der Hand schlängelt sie sich weiter durch die Menge. Gerade geht wieder das Licht aus, und ein Werwolfspiel wird per Durchsage angekündigt. Es könnte so ein witziger Abend sein. Stattdessen wandert ihr Blick wider Willen zum Tresen. Wenn sie nur wüsste, wer die Leute im Nacktshootingraum waren. Sie hätte die Tür im Auge behalten sollen, dann wüsste sie jetzt, ob jemand herausgekommen ist. Aber eigentlich hat sie etwas ganz anderes zu tun. Sie muss ständig an den Vorfall von vorgestern denken. Sie hat Scheiße gebaut, richtige Scheiße.
Linda stellt sich an eines der Sprossenfenster und wischt über das beschlagene Glas. Sie starrt hinaus. Ob Constanze Teil des Grüppchens im hinteren Garten ist? Draußen, nahe der Fackeln, stehen ein paar Gäste in Jacken und Mänteln. Mittelpunkt ist eine Frau, die ein schwarzes Ballettkostüm wie in Black Swan trägt. Dazu hat sie eine Samtmaske auf dem Gesicht.
Das muss sie sein! Lindas Glas klirrt, als sie es zu hastig auf dem Fensterbrett absetzt. Eilig wendet sie sich um und hält Ausschau nach der nächsten Tür. Dann beschließt sie, kurzerhand ein bodentiefes Fenster zu öffnen.
Sie beugt sich hinaus und ruft: »Constanze! Warte!« Der Geruch der Wachsfackeln steigt ihr in die Nase, und sie hört das Knistern der Flammen.
Der schwarze Schwan dreht sich zu ihr um. Er schiebt seine Maske hoch. Eine Frau mit breiten Lippen und einem Nasenpiercing kommt zum Vorschein.
»Sorry, war eine Verwechslung.« Linda schließt das Fenster schnell wieder.
Sie schnappt sich einen violetten Drink vom Tablett des nächsten Morphs und schlängelt sich damit zu Kiyoshi durch, der noch immer fotografiert. Sie stellt den Cocktail neben ihm ab. »Falls du auch mal ’ne Pause machen möchtest.«
Kiyoshi nickt ihr dankend zu, sodass ihm die tiefschwarzen Haare nach vorn in die Stirn fallen.
»Sag mal, wie hat Constanze sich eigentlich verkleidet?«, fragt Linda ganz beiläufig. »Hast du sie auch schon fotografiert?«
Kiyoshi zuckt die Achseln. »Ich warte noch auf ihren Auftritt. Denke aber, es könnte gleich losgehen.«
Er zeigt auf eine Frau. Ihre schlohweißen Haare sind auf dem Rücken zu einem Zopf gebunden. Sie hat ein faltiges Gesicht und geht mit gebeugtem Rücken an einem Stock. Linda muss zweimal hinsehen, bevor sie versteht, dass es kein Kostüm ist. Die Frau ist wirklich alt. Uralt, um genau zu sein.
»Constanze hat eine Geschichtenerzählerin engagiert und sich selbst als die Hauptfigur der Geschichte verkleidet«, erklärt er.
Die Frau hinkt in den großen Partysaal hinüber und wendet sich dort direkt nach links. Linda folgt ihr neugierig. Sorgfältig platziert die Geschichtenerzählerin ein rotes Sitzkissen auf einem Stuhl, direkt unter einem Gemälde, dem Linda bisher keine Beachtung geschenkt hat. Jetzt wundert sie sich darüber. Die Farben sind zwar blass und die helle Haut der abgebildeten jungen Frau hebt sich kaum von dem bläulichen Hintergrund ab. Doch in ihrem Gesicht liegt ein intensiver, lebenshungriger Ausdruck. Obwohl sie in ein Korsett gepresst ist, umgeben von Rüschen und Schleifen in eine starre Haltung gezwungen, brennt in ihren Augen ein Feuer.
In diesem Moment bricht die Musik ab, und durch die Menge geht ein Raunen. Linda erwartet eine erneute Durchsage, doch stattdessen spricht die alte Frau.
»Einst lebte Minna von Eschede in diesem Haus.« Ihre Stimme kämpft gegen die Partygeräusche an und übertönt sie schließlich.
Nach und nach scharen sich Menschen um sie. Dass hier etwas Besonderes passiert, spricht sich schnell herum. Und wer einen Blick auf die Geschichtenerzählerin wirft, der bleibt unweigerlich stehen. Die Frau strahlt eine Präsenz aus, die all die Kürbisse und falschen Spinnweben um sie herum lächerlich wirken lässt.
»Die Blutfürstin, so wurde sie genannt, weil man unter ihrer weißen Haut das Blut in den Adern pulsieren sah. Sie hatte etwas Entrücktes an sich. Etwas, das nicht von dieser Welt war. Die Menschen flüsterten von Hexerei, doch niemand traute sich, die Anschuldigungen laut auszusprechen. Zum Glück waren die dunklen Zeiten vorbei, in denen Frauen verbrannt wurden. Und Minna gehörte einer einflussreichen Familie an. Auch war sie schön, gefährlich schön …«
Lindas Blick wandert zum Gemälde. Die hohen Wangenknochen, die ausdrucksstarken Augen – ja, Minna hätte auch heute noch als Schönheit gegolten.
»Viele Männer hielten um ihre Hand an, aber ihr Vater ließ sich Zeit mit der Entscheidung. Bald sorgte auch das für Gerüchte. Wollte er seine schöne Tochter für sich behalten – oder sie nur beschützen? Minna war schon dreiundzwanzig Jahre alt, als sie an Leopold von Eschede verheiratet wurde. Eine gute Partie. Sie zog in diese Villa ein, und doch munkelte man, dass sie keine freudige Verliebtheit mit in ihr neues Zuhause brachte. Vielmehr wurde die Fürstin begleitet von Unruhe und dunklen Wolken. Die Raben flogen in Scharen aus dem Wald herbei, um auf dem Dachfirst des Hauses zu sitzen, seitdem Minna es in ihrem Brautkleid betreten hatte. Leopold tat sein Bestes, um die Vögel zu vertreiben. Doch sie blieben hartnäckig.«
Linda mustert Minnas unbewegte Miene. Spiegelt sich darin ein Hauch von Kälte wider, trotz ihrer leicht geöffneten Lippen?
»In der Hochzeitsnacht hatte Leopold seine Freude an der schönen, geheimnisvollen Frau. Nach vollbrachtem Akt schlief er erschöpft ein. Doch mitten in der Nacht weckte ihn ein seltsames Geräusch. Er schlug die Augen auf und fand Minnas Bettseite kalt und verlassen. Leopold tastete vergebens über die teuren Laken auf der Suche nach ihr, dann drehte er sich um und … erschrak wie noch nie zuvor in seinem Leben.
Reglos stand Minna neben seinem Bett. Ihre Augen waren weit geöffnet. Das Licht des Vollmonds fing sich in dem Rubinanhänger, den sie an einer goldenen Kette um den Hals trug. Ein Familienerbstück, das sie niemals ablegte. Ebenso rot wie ihr eigenes Blut. Es gehörte einst einer Vorfahrin von Minna, die im sechzehnten Jahrhundert bei lebendigem Leib als Hexe verbrannt worden war. Noch vom Scheiterhaufen aus hatte sie einen furchtbaren Fluch über ihre Familie ausgestoßen, weil diese sie an die Obrigkeit ausgeliefert hatte.
Minna hielt einen scharfen Dolch in der Hand. Sie reagierte nicht auf Leopolds erschrockenen Ausruf, nicht auf seine Fragen, sein Bitten und Betteln. Stumm und starr stand sie da.«
Linda schaut in die Menge, um die Reaktion der anderen Gäste abzuschätzen. Ihr Blick bleibt an einem jungen Rotkäppchen hängen, das verloren wirkt zwischen all den anderen Gestalten, die tuscheln und kichern. Durch ihre Brille hindurch fixiert sie das Gemälde der Blutfürstin. Linda folgt ihrem Blick und entdeckt den Anhänger, von dem die Geschichtenerzählerin gesprochen hat. Der Maler hat Tüllstoff über Minnas Dekolleté gepinselt, sodass die Umrisse des Schmuckstücks schemenhaft bleiben. Nur der rote Rubin funkelt in voller Intensität.
Die Geschichtenerzählerin fährt fort: »So ging es einige Monate lang in jeder Vollmondnacht, und Leopolds Angst um sein Leben wurde immer größer. Keiner weiß, wann er auf die Idee kam, seine Frau einzusperren, doch sein Unbehagen muss sich immer weiter gesteigert haben, bis er ihren bloßen Anblick nicht mehr ertrug. Die Blutfürstin verschwand aus dem öffentlichen Leben. Keiner hat sie mehr gesehen, nur in manchen Vollmondnächten drang ein Wimmern aus der Villa und vermengte sich mit den krächzenden Rufen der Raben zu einem Hilfeschrei, der kein Gehör fand.«
Linda spürt Kiyoshis raue Kutte an ihrem Arm. Er hat keine Gäste mehr zu fotografieren, da sowieso alle um die alte Frau herumstehen. Linda ist froh, dass er da ist. Im Raum scheint es kälter geworden zu sein, seit die Geschichtenerzählerin zu sprechen begonnen hat. Wahrscheinlich bildet Linda es sich nur ein, aber es wirkt, als ginge die Kälte von den sehnsüchtigen Augen der Blutfürstin aus. Wann ist das Gemälde entstanden? Hatte Leopold seine Frau zu diesem Zeitpunkt schon eingesperrt? Und den Maler zu sich beordert, um wenigstens ein Bild von Minna in der Villa aufzuhängen, wenn er doch ihre reale Gegenwart nicht ertrug?
»Einige Jahre später brach Feuer im Nebengebäude der Villa aus. Die Leute sagten, Leopold habe am Rande gestanden und wie wild gelacht, während die Flammen tanzten. Sie sagten auch, dass er seine Minna da drin verbrannt hat. Dass er das reinigende Feuer, das die Welt hundert Jahre zuvor von den Hexen befreit hatte, selbst entzündet hat.« Die Geschichtenerzählerin macht eine Pause und sieht in die gebannte Menge.
»Es heißt, in der Asche habe man Minnas Anhänger gefunden«, flüstert sie. »Obwohl er mit den kostbarsten Rubinen besetzt war, wollte Leopold ihn unbedingt loswerden. Er trug ihn fort und versteckte ihn an einem geheimen Ort, irgendwo am Fuße des Brockens. Der Sage nach wollte er den Geist der Blutfürstin mit der Suche nach ihrem Schmuckstück beschäftigt halten, damit ihre rastlose Seele nicht ihn selbst verfolgte.«
Amadeus sieht sich im großen Hauptsaal der Villa um. Die Halloweendeko fügt sich hier so nahtlos ein, als gehöre sie zur Einrichtung, und verleiht dem eleganten Raum mit der Stuckdecke und den bogenförmigen Sprossenfenstern etwas Düsteres.
Sein Blick wandert über die wachsende Partygesellschaft. Dass er kaum jemanden kennt, würde ihn eigentlich nicht stören. Er kommt leicht mit anderen ins Gespräch. Aber heute ist er ungewohnt angespannt, und er muss seine Hände bewusst lockern, damit er sie nicht zu Fäusten ballt.
Unwillkürlich greift er an seine Stirn und bekommt seine weiß gepuderte Perücke aus dem Fundus zu fassen. Ein ziemlich unbequemes Ding, das im Nacken kratzt und viel zu warm ist. Seine eigenen langen Haare musste er in ein strumpfähnliches Netz stopfen. Außerdem riecht die Perücke genau wie sein roter Gehrock irgendwie muffig. In das altehrwürdige Gemäuer der Villa Obscura passt er so allerdings ganz gut, das muss er sich eingestehen.
Constanzes Pudelmischling Mephisto schlängelt sich im Zickzack durch die Menge. Auch bei Amadeus kommt er kurz vorbei und beschnüffelt seine Schuhe. Wahrscheinlich riechen die altmodischen Dinger mit den spiegelglatten Sohlen genauso staubig wie der Rest seines Kostüms. Jedenfalls macht der Hund ein schnaubendes Geräusch durch die Nase und verschwindet schwanzwedelnd zwischen ein paar Beinpaaren auf der Tanzfläche. Niemand stört sich an ihm. Statt sich ins Gewühl zu stürzen, bahnt Amadeus sich einen Weg in Richtung Eingangshalle.
»Vom VW Käfer aus den Siebzigern zur weißen Perücke aus dem achtzehnten Jahrhundert. Du stehst auf Zeitreisen, oder?«, sagt eine Stimme hinter ihm, woraufhin er herumwirbelt.
Rotes Cape, rotes Haar, ein verlegenes Grinsen auf dem Gesicht. Jane.
O Gott, ja, sein Date!
Bis gestern konnte er es kaum erwarten, sie wiederzusehen, aber nach dem, was heute Morgen passiert ist, ist seine Vorfreude völlig in den Hintergrund gerückt.
»Du bist Mozart, oder?«, fragt Jane, und Amadeus wird klar, dass er gar nicht reagiert hat, sondern sie nur anstarrt.
Er zwingt sich zu einem Lächeln und versucht, zu retten, was noch zu retten ist. »Ja, Mozart. Und du … Wow! Rotkäppchen steht dir. Ist der Wolf etwa selbst gemacht?«
Jane nickt und rückt ihr Körbchen ein wenig zurecht.
Wäre es angebracht, sie zur Begrüßung zu umarmen? Schwierig mit diesem Korb zwischen ihnen. Und jetzt auch ein bisschen zu spät. Amadeus wischt sich die feuchten Handflächen an seinem Gehrock ab und versucht, nicht daran zu denken, dass er darunter nur Strumpfhosen trägt. Strumpfhosen von seiner Schwester noch dazu, die für seinen Geschmack deutlich zu eng sitzen.
»Ähm … Schauen wir uns erst mal um?«, schlägt er vor und streckt ihr den Arm entgegen, wie man es zu Mozarts Zeiten vermutlich getan hat. Jane zögert kurz und hakt sich dann bei ihm unter.
Während ihres Rundgangs durch den großen Saal und die kleineren angrenzenden Studios behält Amadeus die anderen Leute im Blick. Er wünschte, er könnte seine Anspannung für ein paar Minuten vergessen und sich auf Jane konzentrieren.
Vor zwei Tagen ist es so einfach mit ihr gewesen. Trotz der seltsamen Situation. Er würde gern genau da weitermachen, aber ansprechen kann er ihre erste Begegnung nicht so einfach. Weil er Jane nicht traurig machen will. Und traurig war sie – merkwürdigerweise ist das der einzige Grund, aus dem sie sich kennengelernt haben. Das, und die Tatsache, dass sie beide in der Villa Obscura waren. Amadeus, um Fotos machen zu lassen, und Jane für ein Gespräch mit Constanze.
Filmreif ist ihre erste Begegnung nicht gerade gewesen. Zumindest hat Amadeus sich nicht wie der klassische Held auf der Kinoleinwand gefühlt. Im Gegenteil: Er war ziemlich überfordert. Wer weiß schon, wie man mit einer Fremden umgehen soll, die sich im Fundus eines Fotostudios verschanzt hat, um unbemerkt weinen zu können? Unbemerkt, bis Amadeus hereingeplatzt ist. Jane hat sich auf dem Rücksitz des alten VW Käfers zusammengekauert, der mitten in dem vollgestopften Raum steht. Amadeus weiß selbst nicht, was ihn geritten hat, aber er ist hingegangen und hat die Tür geöffnet. Was bei der Unbekannten alles andere als gut ankam. Panisch versuchte sie, die Fahrzeugtür wieder zuzuziehen und klemmte ihm dabei die Finger ein. Obwohl das gar keinen Sinn hatte, weil dem alten Käfer sowieso die Fensterscheiben fehlten.
Amadeus musste grinsen, als die junge Frau die Innenseite der Tür abtastete, um die Fensterheber zu betätigen. Bis sie selbst eine Mischung aus überraschtem Schnauben und Lachen ausstieß, als ihr Blick auf ihn fiel, der sich die Finger der rechten Hand hielt, die unangenehm pochten.
»Sorry«, brachte sie heraus. Mehr nicht, aber immerhin hatte sie aufgehört, zu weinen.
»Ich wollte dich nicht erschrecken.« Amadeus ließ seine Hand los, schüttelte sie noch kurz aus und nickte dann fragend zur Autotür. »Darf ich reinkommen?«
»Von mir aus«, erwiderte das Mädchen und rückte zur Seite, damit Amadeus die Tür öffnen und zu ihm ins Auto rutschen konnte. Kurz zögerte er, schloss die Tür dann aber doch hinter sich. Sie schwiegen eine gefühlt endlose Weile, dann fragte er, was passiert sei. Und sie erzählte ihm stockend von ihrem Gespräch mit Constanze.
»Wegen meines Blogs. Ich hab sie für eine Kooperation angefragt, weil ich Fotos von der Landschaft am Brocken brauche. Ich will eine Beitragsreihe über die Sagen und Mythen aus der Region schreiben.«
»Lief wohl nicht so gut«, erriet Amadeus immer noch ziemlich überfordert.
»Nicht wirklich«, flüsterte Jane – auch wenn er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, dass sie so hieß. Da war sie noch einfach eine ziemlich hübsche und ziemlich unglückliche Unbekannte in einem verstaubten VW Käfer im Fundus der Villa Obscura.