Voices of Resistance -  - E-Book

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Beschreibung

In den letzten 40 Jahren hat die Welt mehr als fünfzig Prozent ihrer Bestände an Wildtieren verloren. In Deutschland wird das allgemeine Artensterben durch den rapiden Rückgang von Insekten und Singvögeln spürbar. Die Menge an Kohlenstoffdioxid hat die kritische 400 ppm Grenze überschritten und die Emissionen steigen weiter an. Die Ozeane enthalten nur noch 10 Prozent der ursprünglichen Masse an Fisch. Der Kapitalismus schafft eine Elite von wenigen Superreichen, während immer größere Massen an Menschen verarmen. Wir müssen die Lage ernst nehmen, alte Bewegungen vereinen, neue Bewegungen gründen und neue Strategien entwerfen, um der Zerstörung unserer Welt und der steigenden sozialen Ungleichheit entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen. Die Zeit ist knapp. Bewegungen für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit müssen von der Defensive in die Offensive gehen, wenn wir unseren Kindern und Enkeln eine Erde hinterlassen wollen, auf der noch Leben möglich ist. Die Reihe Voices of Resistance möchte aufrütteln und vereint die Stimmen einer ganzer Reihe von Aktivisten und Intellektuellen.

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Für das Land, auf dem ich lebe.

Für den Neckar.

Für die Lachse, die Fischotter, die Hirschkäfer, die

Feuersalamander.

Für die amerikanischen Bisons, die europäischen Wisente, die

Wölfe, die Bären, die Luchse und alle anderen Opfer unserer

Kultur.

Für diejenigen Menschen, die noch in der Lage sind,

aufrichtige Empathie und Liebe zu empfinden.

Für Leo.

Für das Leben auf dem Planeten Erde.

Für PachaMama, Gaia, Mutter Erde.

Euch gehört meine absolute Loyalität.

Inhalt

Einleitung

Prämissen / Grundannahmen

Kapitalismus und Soziopathie

Stroke Unit

Was es bedeutet, indigen zu sein

Zivilisation und andere Katastrophen

Der Tod der liberalen Klasse

Macht und industrielle Landwirtschaft

Komplexe posttraumatische Belastungsstörung

Spiritualität und Widerstand

Politische Ökologie

Wie zerstören wir den Kapitalismus?

Die demoralisierte Psyche

International Holocaust / Gegen das Vergessen

Liberale und Radikale

Der Zerfall unserer Kultur

Über die Autoren

Einleitung

Von Derrick Jensen

Jeden Abend im Winter bringe ich einen Stapel Brennholz in das Haus meiner betagten Mutter, damit sie am nächsten Tag ihren Holzofen heizen kann. Bei jedem Scheit achte ich darauf, dass keine Spinnen und Insekten darauf sind, und setze sie vorsichtig zurück auf den Holzstapel, damit sie nicht zusammen mit dem Holz verbrannt werden. Aber mir ist klar, dass ich immer nur das unausweichliche hinauszögere. Über den Winter schrumpft der Holzstapel immer weiter, bis er irgendwann verschwunden ist. Und mir ist seit langer Zeit klar, dass diese Geschichte in vieler Hinsicht eine Miniaturversion dessen ist, was unsere Kultur mit dem Planeten tut, und gleichzeitig eine Miniaturversion der besten und leidenschaftlichsten Versuche, unsere Umwelt zu schützen.

***

Was das Erstere betrifft, hatte ich meine erste Begegnung mit der Destruktivität unserer Kultur, zusammen mit dem Wunsch sie zu stoppen, als ich sieben Jahre alt war. Jemand unterteilte das Land, neben dem wir lebten, und zerstörte damit die Wiese. In diesen wenigen Monaten verloren die Strumpfbandnattern und die Schmetterlinge, die Pappeln, die Kröten, die Salamander und die Grashüpfer ihre Heimat, wurden getötet oder vertrieben. Trotz meines jungen Alters war mir klar, das dieser Prozess nicht nur ungerecht ist, sondern dass er nicht ewig so weitergehen kann. Wenn wir damit weitermachen, die Heimat der anderen zu zerstören, werden sie letztlich keinen Ort mehr zum Leben haben, und wir werden letztendlich keinen Platz mehr haben, um weiter zu expandieren. In der zweiten Klasse begriff ich, dass unendliches Wachstum gleichzeitig unmoralisch und wahnsinnig ist. Einige Jahrzehnte später fand ich mich wieder als Graswurzel-Umweltaktivist. Und wieder – oder immer noch – fühlte ich dieselbe Trauer und Frustration. Ich begriff, dass der berühmte Satz von David Brower wahr ist: „Als Umweltschützer sind all unsere Verluste permanent und all unsere Siege temporär.“ Ich sah so viele Frauen und Männer, die dem Schutz von diesem oder jenem Stück Wald, diesem oder jenem Teil eines Flusses, diesem oder jenem Tier oder Pflanze oder Pilz ihr Leben widmeten; so viele von uns, die verzweifelt versuchen, etwas zu retten, während diese Kultur jedes lebende Wesen, dass wir lieben zerstört. So viele von uns fragten sich selbst und andere: „Weitermachen bis wann?“ Die Antwort war stets: „Bis die Wirtschaft zusammenbricht.“ Weil sie nicht aufhören wird, zu expandieren, bis sie zusammenbricht. Manche Tage brachten temporäre Siege, andere Tage permanente Verluste. Viele Plätze konnten wir für ein Jahr retten, kämpften um ein weiteres Jahr, noch ein weiteres, ein weiteres, bis wir eines Jahres verloren und der Wald gerodet oder der Damm gebaut wurde. So wichtig diese Arbeit war, so wichtig die Leben, die wir retten konnten, so erschien es mir doch nie gut genug, wenn das beste, auf was wir hoffen konnten war, dass einige wenige Generationen von Luchsen, Karibous oder Forellen ihr Leben leben durften, um zuletzt doch ausgerottet zu werden.

***

Ich bin bekannt dafür, dass ich sage, dass die Zivilisation den Planeten zerstört, und dass sie gestoppt werden muss, bevor sie auch die letzten Verbliebenen umbringt. Ich sage das nicht, weil ich heiße Duschen oder Beethovens Neunte hasse. Ich sage das, weil ich seit langer Zeit in der Lage bin, die simple Mathematik zu verstehen. Ich beherrsche Subtraktion und ich weiß, dass wenn es sechs Milliarden Wandertauben gibt, und man davon eine Milliarde abzieht, dann eine weitere Milliarde und so weiter und dies schneller tut, als sie sich fortpflanzen können, am Ende keine Wandertauben mehr übrig sein werden1. Wenn es eine unzählbare Menge an Lachsen gibt und man deren Anzahl reduziert, bis man sie zählen kann und dann weitere Mengen abzieht, dann werden am Ende keine Lachse mehr übrig sein. Ich weiß, dass wenn man das Gewicht von allen Fischen in den Ozeanen im Jahr 1870 schätzt und dies als Marke für einhundert Prozent nimmt, und dann weiterhin Fische abzieht, bis man im Jahr 2010 bei zehn Prozent angelangt ist, etwas ziemlich falsch läuft. Das gleiche gilt für heimische Wälder, die von einhundert Prozent auf zwei Prozent reduziert wurden und für die heimischen Prärien und Feuchtgebiete mit ähnlichen Zahlen.

***

Ich möchte auch, dass die Zivilisation gestoppt wird, weil ich addieren kann. Ich weiß, wenn man eine Nummer hat, sagen wir dreihundertfünfzehn, und weitere Zahlen dazu addiert, kommt man schließlich bei dreihundertfünfzig an, und wenn man weiter addiert kommt man auf vierhundert. Und wenn man weiter dazu addiert, kommt man in die Hölle2. Ich verstehe einfach nicht, warum so viele von uns nicht zu wissen scheinen, wie man subtrahiert oder addiert. Sicher, ich verstehe, dass viele von uns eine Menge von Rationalisierungen finden, um die simple Mathematik zu umgehen und fantasievolle Namen oder Algorythmen erfinden, um sich selbst davon zu überzeugen, dass einundert minus neunzig nicht zehn ergibt, oder dass dreihundertfünfzehn plus fünfundachzig nicht vierhundert ergibt. Oder dass heiße Duschen, Beethovens Neunte oder High-Speed Internet für einige von uns insgesamt irgendwie dem Leben auf der Erde helfen. Egal, ob du es „Bewirtschaften der Wälder“, „Generieren von elektrischer Energie aus Wasserkraft“ oder „Entwicklung natürlicher Ressourcen“ nennst, „nachhaltige Entwicklung“ oder einen der tausend anderen Namen verwendest –die Subtraktion und die Addition gehen weiter. Was die ganze Sache noch wahnsinniger macht ist, dass unser Wirtschaftssystem konstante Addition braucht, und dass diese Addition wiederum Subtraktion benötigt und kreiert. Damit meine ich, dass Kapitalismus ein Wachstum der Produktion von zwei oder drei Prozent jedes Jahr braucht, und dass Produktion ein Maß der Subtraktion ist. Produktion ist die Konversion des Lebendigen in Totes. Es sind Wälder, die in Holzbaustoffe konvertiert werden, Schwärme von Fischen in Fischstäbchen, Sushi oder Düngemittel. Die Rechnung ist zugleich simpel und tragisch. Ich denke, dass für manche Menschen, insbesondere die, die an der Macht sind, die einzige Rechnung, die zählt, die konstante Addition von Nummern auf ihren Bankkonten ist.

***

Aber ich denke auch, dass so viele von uns tun, was sie nur können, um diese Rechnungen zu vermeiden. Denn wenn wir die Subtraktion und Addition anwenden, werden die Ergebnisse unerträgliche Trauer, schreckliche Furcht und Gefühle der absoluten Hilflosigkeit sein. Ähnlich müssen sich die Spinnen und Insekten gefühlt haben, die mir entgangen sind, als sie im Holzofen verbrannten. Ich denke, dass viele von uns tun was sie können, um die Mathematik zu vermeiden, weil wir wissen: Wenn wir die Subtraktion und Addition machen, wird dies unsere Psyche, unsere Wahrnehmung und unser Leben für immer verändern. Und wir wissen, egal wie stark die Kräfte hinter der Subtraktion und Addition auch sein mögen, wie sehr sie auch versuchen werden, uns auszulachen, uns zu verspotten, uns zu brechen, wir würden auf die eine oder andere Art gegen die Subtraktion von Leben und die Addition von Giften auf dem Planeten, der unser einziges Zuhause ist, vorgehen.

***

Ich erzähle euch von meiner Angst und ich erzähle ich euch von meinem Traum. Meine Angst ist, dass die Subtraktion und Addition weitergehen, bis nichts mehr auf diesem Planeten übrig ist als Asche und Staub. Dass die Ozeane, die durch diese Kultur von einundert Prozent auf zehn reduziert wurden, weiter reduziert werden bis null. Dass die Anzahl von zweihundert Spezies, welche durch diese Kultur täglich ausgerottet werden, auf dreihundert ansteigt, dann vierhundert, fünf und sechs; dass die Populationen von Singvögeln, die kollabieren, weiterhin kollabieren, bis sie schließlich in der ewigen Nacht des Aussterbens verschwinden; dass die Hummeln, die Libellen, die Fledermäuse, die Spinnen und Käfer, von denen man bereits jetzt deutlich weniger sieht als noch vor wenigen Jahren, ebenfalls verschwinden. Dass die Menge an Kunststoffen, die das Phytoplankton bereits mit einem Verhältnis von zehn zu eins übertreffen, weiter steigt auf einhundert zu eins, tausend zu eins, und so weiter. Dass das, was mal dreihundert fünfzehn war, dann dreihundertfünfzig und dann vierhundert, weiter steigt. Mit anderen Worten, dass Rationalisierungen, fantasievolle Namen und Algorythmen nicht verhindern, dass alles so weitergeht wie bisher.

***

Ich erzähle euch von einer weiteren Angst: dass die Subtraktion und Addition auch nur für einen weiteren Tag andauert. Denn für diese zweihundert Spezies – und für uns alle – ist das ein Tag zu viel. Natürlich kann es nicht ewig so weitergehen. Ich wusste das, als ich sieben Jahre alt war. Wir alle – und damit meine ich zumindest die, die noch irgendeine Form von Empfindungsvermögen besitzen – wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Man kann nicht für immer damit weitermachen, Leben zu subtrahieren und Gifte zu addieren. Aber es geht schon lange genug, um eine Zahl von einhundert auf zehn zu reduzieren, eine andere Zahl von sechs Milliarden auf null, eine weitere von einhundert auf zwei. In anderen Worten: es geht schon viel zu lange so. Und es wird auch diese anderen Nummern auf null reduzieren.

***

Ich habe nie vergessen, was mein geschätzter Freund und Mentor John Osborne mir oft sagte, wenn es darum ging, warum er die Arbeit tut, die er tut. „Wir können die Zukunft nicht voraussehen. Aber während die Dinge zunehmend chaotisch werden, möchte ich dafür sorgen, dass einige Türen offen bleiben.“ Was er damit meint ist, dass wenn es in zehn Jahren noch Luchse, Karibous und Forellen gibt, gibt es sie möglicherweise auch noch in einhundert Jahren. Wenn sie in zehn Jahren ausgestorben sind, sind sie für immer verschwunden. Falls er dieses oder jenes Stückchen Urwald oder einen frei fließenden Fluss für weitere zehn Jahre erhalten kann, ist er möglicherweise in einhundert Jahren immer noch da. Wenn der Wald jetzt gerodet oder der Fluss aufgestaut wird, ist der Schaden angerichtet. „Unter meinen Augen werden sie nicht untergehen“, sagt er.

***

Und hier ist mein Traum, dem ich meine Arbeit und mein Leben gewidmet habe. Die Subtraktion und die Addition tauschen ihre Plätze; es gibt jeden Tag mehr Leben auf dem Planeten, mehr Fische, mehr Vögel, mehr Insekten, mehr Wälder, frei fließende Flüsse, Prairien, Feuchtgebiete, mehr indigene Menschen auf ihrem eigenen Land. Und es gibt weniger Toxine. Dies wird nicht passieren durch Rationalisierungen, fantasievolle Namen oder Algorithmen. Dies wird nur passieren, weil die sozialen Bedingungen, die zur Subtraktion und Addition führen, sich ändern, und zwar auf jedem Level, vom erkenntnistheoretischen bis zum infrastrukturellen. Dies wird passieren. Die einzige Frage ist, was von dem Planeten noch übrig ist, wenn es passiert. In der Zwischenzeit ist es an jeden von uns sich zu fragen, was wir lieben, und dann das geliebte zu verteidigen. Es ist Zeit für jeden von uns zu sagen: nicht unter meinen Augen.

1 Die Rede ist von der Passenger Pigeon (Ectopistes migratorius), einer in Nordamerika endemischen Art, die im 19. Jahrhundert ausgerottet wurde.

2 Der aktuelle Wert liegt bei etwa 410ppm (2018). Wir sind also in der Hölle angekommen.

Prämissen / Grundannahmen

Prämisse eins: Zivilisation ist nicht nachhaltig und kann es niemals sein. Dies gilt insbesondere für industrielle Zivilisation.

Prämisse zwei: Traditionelle Gesellschaften geben nicht oft freiwillig die Ressourcen, auf denen ihre Gesellschaften basieren auf oder verkaufen sie, bis ihre Gesellschaften zerstört worden sind. Sie erlauben auch nicht willentlich, dass ihre Landbasis geschädigt wird, damit andere Ressourcen – Gold, Öl und so weiter – extrahiert werden können. Demzufolge werden diejenigen, die die Ressourcen wollen, alles tun was sie können, um traditionelle Gesellschaften zu zerstören.

Prämisse drei: Unsere Art zu leben – industrielle Zivilisation – basiert auf, benötigt, und würde sehr schnell kollabieren ohne ständige und weit verbreitete Gewalt.

Prämisse vier: Zivilisation basiert auf einer klar definierten und weithin akzeptierten, jedoch oft unausgesprochenen Hierarchie. Gewalt, die von denjenigen, die in der Hierarchie höher stehen, an denen, die niedriger stehen verübt wird, ist fast immer unsichtbar, das heißt unbemerkt. Wenn sie bemerkt wird, wird sie vollkommen rationalisiert. Gewalt, ausgeübt von denen, die niedriger stehen an denjenigen, die höher stehen ist undenkbar und wird, falls sie vorkommt, mit Schock, Horror und der Fetischisierung der Opfer betrachtet.

Prämisse fünf: Der Besitz derjenigen, die in der Hierarchie höher stehen ist wertvoller als das Leben derjenigen darunter. Es ist akzeptabel für die Oberen, die Menge an Eigentum, das sie kontrollieren zu steigern – in Alltagssprache, Geld zu machen – indem sie die Leben der Unteren zerstören oder ihnen ihr Leben nehmen. Dies nennt man Produktion. Falls diejenigen am unteren Ende den Besitz der Oberen beschädigen, werden die Oberen sie umbringen oder auf andere Art das Leben der Unteren zerstören. Dies nennt man Gerechtigkeit.

Prämisse sechs: Zivilisation ist nicht umkehrbar. Diese Kultur wird nicht irgendeine Art von freiwilliger Transformation hin zu einem gesunden und nachhaltigen Lebensstil durchmachen. Wenn wir sie nicht aufhalten, wird die Zivilisation weiter fortfahren, die große Mehrheit der Menschen zu verelenden und den Planeten zu erodieren bis sie (die Zivilisation, und wahrscheinlich der Planet) kollabiert. Der Effekt dieser Degradierung wird Menschen und Nichtmenschen für eine sehr lange Zeit beeinträchtigen.

Prämisse sieben: Je länger wir darauf warten, dass die Zivilisation zusammenbricht – oder je länger wir warten, bevor wir sie selbst zu Fall bringen – umso chaotischer wird der Zusammenbruch, und die schlimmsten Dinge werden sein für diejenigen Menschen und Nichtmenschen, die ihn erleben und jene die nach ihnen kommen.

Prämisse acht: Die Bedürfnisse der natürlichen Welt sind wichtiger als die Bedürfnisse des Wirtschaftssystems. Eine andere Art, Prämisse acht auszudrücken: Jedes ökonomische oder soziale System, das nicht den natürlichen Lebensgemeinschaften zugute kommt, auf denen es basiert, ist unnachhaltig, unmoralisch und dumm. Nachhaltigkeit, Moral und Intelligenz (ebenso wie Gerechtigkeit) erfordern die Demontage eines jeden solchen ökonomischen oder sozialen Systems, oder zumindest es ihm zu verweigern, unsere Landbasis zu schädigen.

Prämisse neun: Obgleich es sicherlich eines Tages weniger Menschen geben wird als heute, gibt es viele Möglichkeiten, wie diese Reduktion der Population vor sich gehen könnte (oder erreicht wird, abhängig davon, wie aktiv oder passiv wir diese Transformation angehen wollen). Einige dieser Wege wären charakterisiert durch extreme Gewalt und Entbehrung: Ein nukleares Armageddon zum Beispiel würde sowohl Bevölkerung als auch Konsum reduzieren, jedoch auf eine grauenhafte Art; dasselbe würde gelten für ein Andauern der Übernutzung, gefolgt von einem Zusammenbruch. Andere Wege könnten charakterisiert sein durch weniger Gewalt. Das derzeitige Level an Gewalt durch diese Kultur, sowohl gegen Menschen als auch die natürliche Welt vorausgesetzt, ist es jedoch unmöglich von Reduktionen an Population und Konsum zu sprechen, die nicht Gewalt und Entbehrung beinhalten, nicht weil die Reduzierungen notwendigerweise Gewalt involvieren, sondern weil Gewalt und Entbehrung der Normalzustand geworden sind. Es gibt aber noch andere Möglichkeiten, Bevölkerung und Konsum zu reduzieren. Sie wären zwar immer noch gewaltsam, bestünden aber gerade darin, das derzeitige Ausmaß der Gewalt – deren Ursache und Notwendigkeit in der (oft erzwungenen) Umverteilung von Arm zu Reich liegt – und damit natürlich auch die derzeitige Gewalt gegen die Natur zu verringern. Einzeln und kollektiv können wir es vielleicht schaffen, Ausmaß und Charakter der Gewalt, die während dieses möglicherweise langfristigen Übergangs auftreten wird, abzumildern. Vielleicht aber auch nicht. Doch soviel ist sicher: Wenn wir es nicht aktiv tun – wenn wir nicht über unsere missliche Lage sprechen und darüber, was wir dagegen tun können – wird die Gewalt nahezu unzweifelhaft weitaus heftiger sein, die Entbehrung extremer.

Prämisse zehn: Die Kultur als Ganzes und die meisten ihrer Vertreter sind wahnsinnig. Die Kultur ist besessen von einem Todesdrang, einem Drang, Leben zu zerstören.

Prämisse elf: Von Anfang an war diese Kultur – Zivilisation – eine Kultur der Besatzung.

Prämisse zwölf: Es gibt keine reichen Menschen auf der Welt und keine armen Menschen. Es gibt einfach nur Menschen. Die Reichen haben vielleicht viele Stückchen buntes Papier, von denen viele annehmen, es sei etwas wert – oder deren angenommene Reichtümer mögen sogar noch abstrakter sein: Nummern auf Festplatten bei Banken – und die Armen mögen dies vielleicht nicht haben. Diese „Reichen“ behaupten, Land zu besitzen, und den „Armen“ wird dieselbe Behauptung oft verweigert. Eine Hauptaufgabe der Polizei ist es, die Wahnvorstellungen derjenigen mit den vielen Stückchen bunten Papiers durchzusetzen. Diejenigen ohne buntes Papier nehmen den Glauben an diese Wahnvorstellungen fast genauso schnell und vollständig an wie diejenigen mit. Diese Wahnvorstellungen bringen extreme Konsequenzen für die reale Welt mit sich.

Prämisse dreizehn: Die Machthaber regieren durch Zwang und je eher wir uns von der Illusion befreien, dies sei nicht der Fall, desto eher können wir zumindest beginnen, vernünftige Entscheidungen darüber zu treffen, ob, wann und wie wir Widerstand leisten.

Prämisse vierzehn: Von Geburt an – und vielleicht schon von Empfängnis, aber ich bin nicht sicher, wie ich diese Unterscheidung begründen sollte – sind wir individuell und kollektiv enkulturalisiert, das Leben zu hassen, die natürlich Welt zu hassen, das Wilde zu hassen, wilde Tiere zu hassen, Frauen zu hassen, Kinder zu hassen, unsere Körper zu hassen, unsere Gefühle zu fürchten und zu hassen, uns selbst zu hassen. Wenn wir die Welt nicht hassen würden, könnten wir nicht erlauben, dass sie vor unseren Augen zerstört wird. Wenn wir uns selbst nicht hassen würden, könnten wir nicht erlauben, dass unsere Heimstätten – und unsere Körper – vergiftet werden.

Prämisse fünfzehn: Liebe impliziert nicht notwendigerweise Pazifismus.

Prämisse sechzehn: Die materielle Welt ist das Wichtigste. Dies bedeutet nicht, dass der Geist nicht existiert, noch dass die materielle Welt alles ist, was es gibt. Es bedeutet, dass sich der Geist mit dem Fleisch verbindet. Es bedeutet auch, dass das, was wir in der realen Welt tun, auch Konsequenzen für die reale Welt hat. Es bedeutet, dass wir uns nicht auf Jesus, den Nikolaus, die große Mutter oder den Osterhasen verlassen können, um uns aus diesem Schlamassel herauszuholen. Es bedeutet, dass dieses Schlamassel wirklich ein Schlamassel ist und nicht eine Bewegung der Augenbraue Gottes. Es bedeutet, dass wir uns der Lage stellen müssen. Es bedeutet, dass wir für die Zeit, die wir auf dieser Erde verbringen – gleichgültig, ob wir irgendwo anders landen, nachdem wir sterben, gleich, und ob wir dazu verdammt oder dazu privilegiert sind, hier zu leben – die Erde ist alles. Sie ist die Hauptsache. Sie ist unsere Heimat. Sie ist alles. Es ist dumm zu glauben oder zu handeln, als wäre diese Welt nicht real oder wichtig. Es ist dumm und verrückt, unsere Leben zu leben, als würden sie nicht in der realen Welt stattfinden.

Prämisse siebzehn: Es ist ein Fehler (oder wahrscheinlicher, eine Verleugnung), unsere Entscheidungen davon abhängig zu machen, ob die daraus erwachsenden Handlungen die Masse der Menschen, die sich aus allem heraushalten wollen, in Angst versetzen oder nicht.

Prämisse achtzehn: Unser derzeitiges Selbstverständnis ist ebenso wenig nachhaltig wie unsere derzeitige Nutzung von Energie oder Technologie.

Prämisse neunzehn: Das Problem dieser Kultur liegt zuallererst in dem Glauben, dass es gerechtfertigt ist, die natürliche Welt zu kontrollieren und zu missbrauchen.

Prämisse zwanzig: Innerhalb dieser Kultur werden gesellschaftliche Entscheidungen nicht durch das Wohlergehen der Gemeinschaft, nicht durch Moral, Ethik, Gerechtigkeit, nicht durch das Leben selbst bestimmt, sondern durch die Wirtschaft.

Modifikation von Prämisse zwanzig: Gesellschaftliche Entscheidungen werden überwiegend und oft einzig und allein auf der Grundlage getroffen, ob diese Entscheidungen die monetären Vermögen der Entscheidungsträger und ihrer Herren vergrößern.

Re-Modifikation von Prämisse zwanzig: Gesellschaftliche Entscheidungen werden überwiegend und oft einzig und allein auf der Grundlage getroffen, ob diese Entscheidungen die Macht der Entscheidungsträger und ihrer Herren vergrößern.

Re-Modifikation von Prämisse zwanzig: Gesellschaftliche Entscheidungen basieren überwiegend und oft einzig und allein auf dem unhinterfragbaren Glauben, dass Entscheidungsträger und diejenigen, denen sie dienen, berechtigt sind, ihre Macht und/oder ihre Vermögen auf Kosten der Unteren zu vergrößern.

Re-Modifikation von Prämisse zwanzig: Dringt man bis zum Herz der Sache vor – falls es da noch ein Herz gibt – stellt man fest, dass soziale Entscheidungen hauptsächlich dadurch bestimmt sind, wie gut sie sich eignen, die freie Natur zu kontrollieren oder zu zerstören.

Kapitalismus und Soziopathie

Von Charles Derber

Der Begriff Soziopathie3 wird normalerweise verwendet, um den Charakter einer Person zu beschreiben. Zunehmend auch, um damit ein neurologisches Muster zu beschreiben, wobei man lymbisch/neurologische Kräfte zu finden glaubt, die zu Soziopathie führen. Ich möchte argumentieren – eines meiner neueren Bücher trägt den Titel Sociopathic Society –, dass das Konzept nicht nur auf Individuen, sondern auf Systeme, ökonomische und politische Systeme ausgeweitet werden sollte. Was ich damit meine ist ein System, das auf anti-sozialen Normen basiert und damit im Wesentlichen soziopathisches Verhalten verordnet und belohnt.

***

Systemische Soziopathie ist definiert als eine Gesellschaft, die auf anti-sozialen Werten und Praktiken basiert, welche von herrschenden Eliten geschaffen wurden. Der Kapitalismus ist ein solches System. Die kapitalistische Soziopathie basiert auf sieben grundlegenden ideologischen Annahmen und institutionellen Praktiken:

Soziopathischer Individualismus

Soziopathischer Wettbewerb

Soziopathische Gewalt gegen die Natur

Soziopathische Kriegsführung

Soziopathische Gewalt zwischen den Klassen

Soziopathische Güter

Soziopathische Politik

Wie kann man in einer soziopathischen Gesellschaft leben, ohne selbst ein Soziopath zu sein? Und wie können soziale Normen antisozial sein? Zunächst einmal muss man sich darüber im Klaren sein, das soziale Normen von herrschenden Eliten geschaffen werden. Dies ist in vielen Gesellschaften der Fall und gilt sicherlich für kapitalistische Gesellschaften. Auf diese Weise kann es kommen, dass soziale Normen antisozial sind, in dem Sinne, dass sie von Eliten geschaffen und dem Großteil der Gesellschaft aufgezwungen werden. Egal, ob die Individuen echte Soziopathen sind oder nicht, die Natur eines soziopathischen Systems besteht darin, dass es soziopathisches Verhalten verlangt und starke Anreize für Individuen schafft, damit diese sich soziopathisch verhalten. Wenn ich über solche Verhaltensmuster spreche, die von der Gesellschaft vorgeschrieben werden, meine ich, dass es in der Natur eines solchen Systems liegt, soziopathisches Verhalten von seinen Mitgliedern zu verlangen.

***

Dies ist ein sehr unorthodoxes Konzept. Es gibt in den Sozialwissenschaften oder der sozialwissenschaftlichen Theorie keine Definition von Systemen, die soziopathisch sind. Die aktuelle Forschung um Soziopathie und Psychopathologie ist immer noch sehr biologisch und betrachtet Soziopathie wie eine Fehlfunktion des Gehirns. Woran ich jedoch interessiert bin, sind die systemischen, sozialen und politischen Charakteristika eines soziopathischen Systems.

1. Soziopathischer Individualismus – Ich, nicht Wir

Die Grundidee des Kapitalismus ist, dass nur Individuen existieren. Das ist die fundamentale erkenntnistheoretische Realität. Nur Individuen und Aggregate von Individuen existieren, es gibt keine Gemeinschaft. Die Aufgabe des Individuums ist es, seine Eigeninteressen im Markt durchzusetzen. Das ist die moralische Mission des Individuums. Die Idee ist, dass dieses Verfolgen von Eigeninteressen das einzige Gute ist. Ayn Rand, eine der populärsten Philosophinnen des modernen Konservatismus sagt: „Wenn irgendeine Zivilisation überleben sollte, ist es die Moral des Altruismus, welche die Menschen ablehnen müssen.“ Denkt mal darüber nach. Wer uneigennützig handelt, handelt unmoralisch. Das einzige moralische Verhalten ist das Verfolgen von Eigeninteressen. Adam Smith, der Erfinder der kapitalistischen Ideologie, hatte diese Idee, dass es der Gesellschaft nur gut gehen wird, wenn die Menschen aus Eigeninteresse handeln. Altruistisch zu sein ist unmoralisch. Denkt mal darüber nach. Das ist die Gesellschaft in der wir leben.

2. Soziopathischer Wettbewerb – Sozialdarwinismus

Kapitalismus funktioniert nach dem Prinzip von Wettbewerb. Es ist allerdings ein sehr fehlerhafter, gesteuerter und kontrollierter Wettberwerb. Sozialdarwinismus – eine zutiefst verzerrte Version von Darwin‘s Versuch einer Erklärung, wie Natur funktioniert – ist die Ideologie, die hinter dem Wettbewerb steckt. Mein Punkt hier ist, dass diese Art des kapitalistischen Wettbewerbs bedeutet, dass wer sich gegenüber seinen Arbeitern, seinen Konsumenten, seinen Konkurrenten auf dem Markt nicht soziopathisch verhält, untergehen wird. Es ist egal, ob man ein netter Mensch ist oder nicht. Die Wettbewerbsstruktur des Kapitalismus erfordert brutales, gewalttätiges Verhalten. Karl Marx drückte es so aus: „Der Arbeiter beugt sich dem Kommando, den Befehlen und der Kontrolle des Kapitalisten.“ John D. Rockefeller, welcher im Jahr 1890 der erste Milliardär dieses Landes war, während neunzig Prozent der Bevölkerung in Armut lebten, bringt den Sozialdarwinismus auf den Punkt mit der Aussage „Gott gab mir mein Geld.“

3. Soziopathische Gewalt gegen die Natur – Ökozid

Meine Prämisse ist, dass Kapitalismus inhärent gewalttätig ist und auf einen Ökozid zusteuert. Warum ist das so? Zunächst einmal gibt es kein Konzept von Commons (Allgemeingütern, Allmende), da es im Kapitalismus nur Individuen gibt. Allgemeingüter existieren nicht. Ich hörte den Vorsitzenden der Handelskammer sagen, dass Luft und Wasser, jedes Stück natürlicher Ressourcen in Privatbesitz sein sollte. Dies ist das einzige Konzept, welches innerhalb des kapitalistischen Modells funktioniert. Da es keine Commons gibt, gibt es auch keine Umwelt, die irgendeine gesellschaftliche Bedeutung hat. Es gibt mindestens vier Gründe dafür, dass Kapitalismus den Klimawandel antreibt. Er kennt keine anderen Werte ausser Profit, behandelt die Erde als Ware, die für Profit ausgebeutet wird; er externalisiert Umweltkosten, das heißt, dass diese Kosten nicht auf dem Markt auftauchen; der Markt ist blind für die Kosten der Umweltzerstörung; er braucht unbehindertes Wachstum und fetischisierten Konsum. Konsum ist die Quelle für Glück und hat annähernd den Status eines religiösen Fetisch.

4. Soziopathische Kriegsführung – Militarismus

Kapitalismus, Militarismus und Ökozid hängen zusammen. Warum braucht der Kapitalismus soziopathische Kriegsführung? Weil dies Teil des Wettberwerbsprozesses ist. Kapitalismus ist ein expansives System; wenn man den Wettbewerb gewinnen will, muss man expandieren. Oftmals geschieht dies durch Handel, aber oft auch durch Militarismus. Wir reden von einer führenden kapitalistischen Ordnung, da der Kapitalismus Hegemonien schafft, und es sind die dominierenden kapitalistischen Staaten, welche die kapitalistische Ordnung global steuern. Kapitalisten versuchen also, Märkte und Ökonomien anderer Staaten unter ihre Kontrolle zu bringen und Hegemonien zu etablieren, um global wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies führt zu Kontrolle, Terror und Gewalt gegen die Bevölkerung. Derzeit spielen die USA mit ihrem überlegenen Militärapparat die Rolle der hegemonialen militärischen Gewalt für das globale kapitalistische System.

5. Soziopathische Gewalt zwischen den Klassen – soziale Ungleichheit

Die Natur des Kapitalismus ist zutiefst hierarchisch. Er besteht aus voneinander getrennten Klassen von Menschen, die Wohlstand besitzen und Menschen, die nichts haben. Diese Unterteilung in zwei Klassen von Menschen ist die Definition von Kapitalismus.

Erst kürzlich hat der Ökonom Thomas Piketty in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ dargelegt, wie der Kapitalismus in einem Zeitraum von dreihundert Jahren in fünfundzwanzig Ländern zu einer immer größeren Polarisierung von Wohlstand geführt hat. Die einzige Ausnahme entstand durch die beiden Weltkriege, während denen soviel Wohlstand zerstört wurde, dass das anschließende Wirtschaftswachstum größer war als die Kapitaleinkünfte (Wirtschaftswunder). Diese Entwicklung hat zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts aufgehört. Piketty sagt voraus, dass im 21. Jahrhundert nicht das eine Prozent, sondern das eine Prozent des einen Prozents etwa neunzig Prozent der Finanzmittel besitzen und kontrollieren wird. Derzeit besitzt das eine Prozent etwa fünfzig Prozent der Finanzmittel. „Je perfekter der Markt im Sinne des Ökonomen ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Ungleichheit größer und größer wird“, schreibt Piketty. Er prognostiziert den Rückgang in ein vorkapitalistisches feudales Zeitalter, in dem die Adligen mit ihrem geerbten Wohlstand die Wirtschaft dominieren. Vererbter Reichtum bedeutet, dass wir uns von einem Klassensystem zurück in ein Kastensystem bewegen, in dem die Menschen dauerhaft in ihrer Rolle im ökonomischen System gefangen sind. Dies führt zu einer Hierarchie, in der Menschen nicht mehr nur durch Geschlecht und Rasse definiert sind, sondern durch ihren Status als wirtschaftliches Gut, und damit der ökonomischen Rolle, in die sie hineingeboren wurden.

6. Soziopathische Güter – Profit über Nutzen

Eine weitere wirklich schlimme Charakteristik des Kapitalismus ist, dass er Waren nicht auf der Basis ihres Wertes für Menschen produziert, sondern auf Basis des Profits, den sie bringen können. Wir produzieren eine riesige Menge an sinnlosen Wegwerfprodukten, dabei auch viele gefährliche, destruktive Güter. Junkfood, Tabak, Waffen, giftige Chemikalien, Pestizide, gefährliche Finanzinstrumente (Hedgefonds), Erdöl, um nur einige zu nennen. Wir überschwemmen den Planeten mit Gütern die soziopathisch sind und Mensch und Umwelt schaden.

***

Gleichzeitig haben wir ein wichtiges Defizit an öffentlichen Gütern. Es gibt kein Konzept von öffentlichen Gütern im Kapitalismus, da es keinen Wert gibt, der ausserhalb von Privateigentum geschaffen werden kann. Die Gemeinschaft gilt als unfähig, irgend etwas von Wert hervorzubringen. Öffentliche Güter wären Dinge wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Gemeinschaft, Solidarität, Freundschaften, lebendige Ökosysteme, Liebe, um nur einige zu nennen. Öffentliche Güter sind die Basis einer guten Gesellschaft und es gibt viel Raum für Produktion und Wachstum dieser Güter. Wir müssen nur dieses enorme Wachstum an soziopathischen Produkten beseitigen und mehr öffentliche Güter produzieren, die konsistent sind mit dem Leben auf dem Planeten, dem Gesamtwohl und dem Glück.

7. Soziopathische Politik – fiktive Demokratie

Die Demokratie ist im Kapitalismus fiktiv, das hat bereits Marx gesagt. Die Regierung ist das verwaltende Gremium der kapitalistischen Klasse, um es mit den Worten von Marx auszudrücken. Der Staat ist quasi nur ein Feigenblatt für die Mission der Börsen, der großen Unternehmen, Banken und all dieser soziopathischen Institutionen, die mit der Hilfe und Unterstützung des Staates funktionieren. Man hat dies bei der Bankenrettung sehr gut sehen können.

***

Wir haben immer noch demokratische Prozesse, das heißt wir können wählen gehen. Anders als viele andere Diktaturen ist der Kapitalismus sehr gut darin, die Kosmetik einer demokratischen Ordnung aufrechtzuerhalten, während er de facto der Autokratie eines ziemlich brutalen soziopathischen Systems folgt. Ich nenne das „Corpocracy“, ein Kunstwort aus den Begriffen „Corporation“ und „Democracy“, weil das System die Sprache der Demokratie spricht. Aber egal wen man wählt, man kann sicher sein, dass sie der kapitalistischen Agenda folgen werden. Was bleibt, ist eine vorgetäuschte, betrügerische Politik.

***

Es ist wichtig dies zu verstehen, denn die Soziopathie des Kapitalismus wird zum großen Teil durch den Staat durchgeführt. Und dieser tut dies im Namen seiner Bürger. Die einzige Möglichkeit, dieses System zu ändern ist, wenn Menschen verstehen, wie Politik im kapitalistischen System funktioniert. Wie Louis Brandeis sagte „Wir können Demokratie in diesem Land haben oder einen großen Wohlstand konzentriert in den Händen weniger, aber wir können nicht beides haben.“

3Soziopathie (Kunstwort aus lateinisch socius „Gefährte, Genosse“ und altgriechisch páthos (πάθος) „Leiden“) ist ein Begriff der angloamerikanischen Psychiatrie für eine psychiatrische Störung vor allem des Sozialverhaltens der Person. https://de.wikipedia.org/wiki/Soziopathie

Stroke Unit

Von Boris Forkel

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, sagte vor einiger Zeit ein ziemlich bekannter Sozialreformer aus dem Mittleren Osten. Er wurde kurz darauf öffentlich gekreuzigt.