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Belanglosigkeiten, wie der Erwerb eines Mantels oder die kurze Fahrt mit dem Zug von hier nach da, werden in nachdenklich machenden Geschichten beschrieben. Kurze Gedichte, ein verunsicherter Winter und ein Sandherz in den Dünen verhelfen beim Lesen zu einem kurzes Innehalten im Trubel des Alltags. Es sind Texte, die ich auf Reisen verfasste, sie haben mir einen artistischen Umgang mit meiner Sentimentalität ermöglicht.
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Seitenzahl: 45
»Vom artistischen Umgang mit der Sentimentalität«
Texte, die ich auf Reisen erstellt habe, man möge diese Texte
selber auf Reisen oder im Stillstand genießen.
Diminuendo
Nachruf
Außer in Gebeten
Im Licht wandeln
Geschwister
Eine ganz ruhige Geschichte
Ich warte
Nach längerer Lektüre im Konjunktiv
Auf einem Totenbett
Ein kleines über die Traurigkeit
Second-Hand-Coat
Magier sind wir doch alle
Kleines Melodram
Setz Dich!
Einige tröstende Worte
Wendung des Lebens
Vom verunsicherten Winter
Sandherz
Über die Erinnerung
Was meint die Zukunft mit Erinnerung?
Fremde Menschen
Beim Zählen
Hast Du's?
Today is not the day
Über die Banalität der großen Hauptgefühle
Dämmerung
Verloren und Vergessen
Im Wieder habe ich dem Wunder
der Dämmerung geglaubt.
Dämmerung mit angedeuteter Sichel
Das Büchlein ist jedem Lieben
und allen Lieben zugeeignet.
Nach einem langen, langen Abschied, den Du gegen Ende unterbrachst, um zur Tür Dich zu wenden, etwas eilig, denn man wartete auf Dich, war mir, einmal noch müsste ich Dich an diesem Abend sehen.
Im langsamem Aufbeugen des zum Schlaf gebetteten Körpers wollte ich mich tranceartig erheben oder aus der Drehung des Oberkörpers bis hin zum Ende der Wirbelsäule in eine, mir das Nachblicken ermöglichende Lage mich bringen.
Gerade als die Ergebenheit, jene Ruhe, mit der man sich auf dieser Welt bescheiden muss, den schon fast begonnenen Anfang der Bewegung erlahmen ließ, wandtest Du Dich zu mir hin. Die Kraft, die auf das Zurücklegen jenes letzten Meters bis zur sich dann öffnenden, dann wieder schließenden Tür gerichtet war, leitete die Anmut der Sehnsucht, ohne eine Stockung im Gesamt Deiner Schrittfigur zuzulassen, neuerlich zu mir hin.
Dein Lächeln war ganz Begrüßung, war wie jene, die Du mir schenkst, darauf folgende Umarmungen vorwegzunehmen. Kaum jedoch dass die Wahrnehmung dieses unerwarteten, die Fliehkräfte dieser Tage überwindenden Halbkreises ganz Freude geworden war, schloss sich in einer Spirale, die sich zur Geraden hin formend von mir in geometrischer Exaktheit trennte, der das Unerwartete wollende Kreis, ohne dass die Hände meiner Augen zeitversetzt die Möglichkeit des Nachzeichnens gehabt hätten.
Du warst gegangen, als die Tür in sonorem Scheppern ihr Holz an das des Rahmens stieß. Im Verhallen dieser Geräusche, die ihr Echo mehrfach reflektiert in abnehmender Klangkurve zwischen den Wänden des Korridors fanden, vernahm ich ebenfalls Deine hart dem Linoleum trotzenden Schritte.
Du warst fort, aber eben, es ist alles so schnell gegangen, dass ich es fast nicht weiß. So schnell geht einer, dem man später neu begegnet. Einmal wirst Du wiederkommen.
Bevor ich mit der Schilderung irgendeiner Welt anfange oder ein Teilstück der gemeinhin bekannten Welt betrachtend untersuche, will ich den Kopf beschreiben, der die hier gebotene Wirklichkeit sich geschaffen hat. Es war ein weiblicher Kopf, der die meiste Zeit, die er Kopf gewesen war, damit zugebracht hatte, Welt zu empfinden.
Ein Kopf, der auf Kissen oder im Grase liegend, immer nahe dem Schlaf, weit öfter als andere Köpfe damit beschäftigt war, sich zu empfinden. Dafür brauchte er manchmal nur ganz wenig Welt, aber es war dann so, als wenn er alles umfasst halten würde.
Es war ein schönes Gefühl, wehmütig oft, die Leute sagten, dass sie weiblich sei, eine Eigenschaft, mit der sie die schönsten Erinnerungen und Hoffnungen zu verbinden schien. Und während sie mit ihnen sprach oder ihnen zuhörte, ohne Leidenschaft, aber voller Unruhe die täglichen Geschäfte verrichtete, traten ihr die Träume aus den Augen und sie sah Dinge, die keiner sonst zu sehen vermochte.
Auch für die Liebe war ihr eine Vorliebe zu eigen. Dieser Zustand verdichtete gewissermaßen ihre anderen Empfindungen, sensibilisierte jeden Nerv, so dass die Dinge mit manchem kalten Windstoß eine schöne und deutliche Plastizität annahmen. Das gab ihr das schauerliche angenehme Gefühl von Wirklichkeit.
Manchmal, wenn sie dich ansah, dann lächelte sie merkwürdig, es war ein leises Lächeln, still und klar, eines, das an vieles erinnern konnte, zuweilen hatte sie auch gelacht, ganz glockenhell, ganz rein und ohne jede Verwegenheit.
Wenn ich nun ende, dann glaube mir, sie war wie andere selten sind, und es ist mir eine eigentümliche Freude bei aller Trauer, mich erinnern zu dürfen. Denn was ist der Mensch in seiner Unverwechselbarkeit, seiner ständig wechselnden Unverwechselbarkeit.
Außer in Gebeten ist es mir nicht möglich, lauter ernst gemeinte, stilsichere Worte in Sätze zu kleiden, Fragen und Bitten, Aussagen über die Welt aneinander zu reihen, so dass die Reihe dem Gesetz durch die ihr zugrundeliegenden Prinzipien vortypisiert wohlfeil der Rezeption dieses oder jenes Mitgliedes dieser republikanischen Gesellschaft angeboten wäre.
So dass einer, der meine Rede hörte endlich dann sagen könnte, dass hier aber nach langem mal wieder einer sei, der ein schönes Deutsch schreibe, eine Sprache also, die ich zu lernen immer für ein Verbrechen gehalten habe, weil sie das meiste, besonders aber das Schöne nicht in der Lage ist wiederzugeben.
Es hatte Verwirrung gegeben. Unregelmäßig puschten sie vor und arretierten, bis zum Anschlag. Es ist sehnsüchtige Folter, eine zur Befreiung angetretene Dimension, die die Qual zum Remedium gewonnen hat.
Aber später war es geklärt, nach all dem zweifelnden, stoßweisen Atmen, nach aller filmisch sich darstellenden Inside-Story, als deren Betrachter er der ästhetischen Gestaltung der eigenen Verzweiflung beiwohnte.