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Willkommen zur Geschichte des österreichischen Science-Fiction- und Fantasy-Fandoms! Herausgeber und Autor Alfred »Hyperfan« Vejchar stieß 1957 mit zwölf Jahren ins Fandom und gilt heute mit 77 als »Urgestein« der immer noch aktiven Szene. Im vorliegenden Buch beschreiben er und weitere Autoren – wie Franz Rottensteiner, Rainer Eisfeld, Herbert W. Franke, Dieter Braeg, Edi Lukschandl, Robert Christ, Hermann Urbanek und Reinhard Habeck – die Geschichte und Gegenwart der lebendigen Fangemeinschaft in Österreich, untermalt mit zahlreichen historischen und aktuellen Fotos.
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Seitenzahl: 323
Alfred Vejchar (Hrsg.)
Eine Zeitreise durchs österreichische Fandom
AndroSF 170
ANDROMEDA Science-Fiction Magazin 158des Science Fiction Club Deutschland e.V.
Alfred Vejchar (Hrsg.)
VON ANDROMEDA BIS UTOPIAEine Zeitreise durchs österreichische Fandom
AndroSF 170
ANDROMEDA Science-Fiction Magazin 158des Science Fiction Club Deutschland e.V.
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
©dieser Ausgabe: Mai 2023
p.machinery Michael Haitel
Titelbild: Reinhard Habeck
Fotografien: Robert Christ, Alfred Vejchar et al.
Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda
Lektorat & Korrektorat: Michael Haitel
Herstellung: Bookwire GmbH, Frankfurt (Main)
Verlag: p.machinery Michael Haitel
Norderweg 31, 25887 Winnert
www.pmachinery.de
für den Science Fiction Club Deutschland e. V., www.sfcd.eu
ISBN: 978 3 95765 322 2
eISBN: 978 3 95765 768 8
Alfred Vejchar (Hrsg.)
Eine Zeitreise durchs österreichische Fandom
Alfred Vejchar:Vorwort
Fanstorys
Alfred Vejchar:Mein Fandom
Alfred Vejchar:Das ASTer Desaster alias Die Rettung von ANDROmeda
Alfred Vejchar:Wien-Cons – die gemütliche Seite des Fandoms
Alfred Vejchar:Congewitter
Alfred Vejchar:1968 Russeninvasion – Kontinentalpremiere – Astronomie-Kongress
Alfred Vejchar:Die Linzer Gruppe
Rainer Eisfeld:Auf nach Belgisch-Kongo! (Teil II): Erwin Scudla und der SFCD/E
Dieter Braeg:Braegs ISFS-Story
Alfred Vejchar & Dieter Braeg:Axel Melhardt – Gründervater zweier Welten
Hans Langsteiner:Science-Fiction am Arenbergpark. Erinnerungen an die Frühzeit des Wiener Fandoms
Alfred Vejchar, Helmuth W. Wommers, Peter Ripota:Die österreichische Fanzine-Szene
Robert Christ:News aus Wien. Ein Bericht aus dem Jahre 1983 über die Wiener SF-Szene
Gustav Gaisbauer:Wie die Ösi-Fans nach Passau kamen
Alfred Vejchar:Ösi-Fans, die man kennen sollte
Autoren & Grafiker
Franz Rottensteiner: Erich Dolezal: Science-Fiction als Erziehung zur Weltraumfahrt
Alfred Vejchar:Ein Künstler fotografiert die Zukunft: Kurt Röschl
Robert Christ:Rudolf Sieber-Lonati, der Schöpfer vielseitiger Romanheft-Titelbilder
Hermann Ritter:Manfred Langrenus’ »Reich im Mond«
Robert Christ:Begegnungen mit Johann Peterka
Robert Christ:Auf den Spuren von Bernhard Schaffer
Alfred Vejchar:Ösi-SF-Autoren und -Künstler, die man kennen sollte
Vereine
Alfred Vejchar:Die SFGW – Science Fiction Gruppe Wien
Dr. Peter Soukup:60 Jahre Volksliteratur
Hermann Urbanek:Perry-Rhodan-Fandom in Österreich
Eduard Lukschandl, Hubert Straßl, Axel Melhardt:Die Anfänge des österreichischen Fantasy-Fandoms
Reinhard Habeck:Darlton, Däniken und UFOnauten
Alfred Vejchar:Die ÖTG – Österreichische Tolkiengesellschaft
Alfred Vejchar:Bald 30 Jahre »trekdinner Graz«
Alfred Vejchar:Weitere Fan-Gruppen in Österreich
Ausklang
Alfred Vejchar:Unsere Toten (in memoriam)
Herbert W. Franke:Fantastische Wirklichkeit
Eduard Lukschandl:Das Wiener SF-Fandom bis 1966
Alfred Vejchar:Die Wiener und der SFCD
Gerhard Schneider:Ein Frischling im Wiener Fandom
Verena Zimmermann-Lasser:(M)ein langer Weg über Star Trek zur SFGW
Bernhard Schaffer:VILLA FANTASTICA und die Taglöhner auf den morphogenetischen Feldern
Alfred Vejchar:Sammler & Sammlungen
Alfred Vejchar:Nachwort
Gewidmet der Generation, die uns folgen wird,und uns beweist, dass wir mehr waren,als Fantasten in einer falschen Zeit.Unbekannter Urheber
Science-Fiction ist eine Art Archäologie der Zukunft.nach Clifton Fadiman
Es gibt schlimmere Verbrechen, als Bücher zu verbrennen.Eines von ihnen ist, sie nicht zu lesen.Ray Bradbury
Die Zukunft hat viele Namen.Für die Furchtsamen ist sie die Unbekannte.Für die Schwachen ist sie die Unerreichbare.Aber für die Mutigen ist sie die Chance.Jürgen Sarrazin
Alfred Vejchar
Liebe Leserin! Lieber Leser!
Kein Buch erscheint ohne Grund.
Auch dieser Band über die Geschichte und die Gegenwart des österreichischen Science-Fiction- und Fantasy-Fandoms hatte seine Ursache.
Diese hieß Erich Zott, ein Freund und SFGW-Mitglied und Fan aus den 60ern, mit dem ich Ende Dezember 2021 noch munter korrespondierte und von dessen Tode ich Anfang Jänner 2022 erfuhr. Da dachte ich mir, bald sind alle Gründungsmitglieder den Weg zu den Sternen – ad Astra – gegangen, man sollte doch der Nachwelt einmal erzählen, was war und was ist. Kurz danach starb mein SFCD-Mitstreiter Gert Zech, dann mein langjähriger Freund Herbert W. Franke und aus der SFGW-Runde Paul Swoboda. Ich bin jetzt 77 Jahre alt und 65 Jahre im Fandom – wenn nicht jetzt, wann dann so ein Buch schreiben?
Dieter Braeg war damals, 1957, als ich dem Fandom beitrat, in Zell am See wohnhaft und mein erster Briefkontakt. Wir sind, wie das so häufig in der SF-Szene der Fall ist, immer noch Freunde. Begeistert redete er mir zu, das Projekt doch selbst in die Hand zu nehmen. »Du bist doch das Urgestein der Wiener Gruppe! Mach das!«
Diesen Titel erhielt ich auf einem der Wiener Perry-Rhodan-Cons, als mich der Ansager vorstellte. Urgestein ist eigentlich der Gründervater des österreichischen Fandoms, Axel Melhardt, dem ich dieses Buch widme, aber in der Tat habe ich seit 1957 das Fandom als eine Art zweite Heimat betrachtet und leite seit Mitte der 70er die Geschicke der SFGW, der »Science Fiction Gruppe Wien«.
Beim Schreiben konnte ich mich auf zwei Säulen stützen: Mein Gedächtnis, in dem viele Dinge von 1957 bis heute gespeichert sind, und meine sehr große Sammlung von Fanzines aus den 50ern und 60ern, aus denen ich zahlreiche Details und exakte Angaben recherchieren konnte. Weiters das empfehlenswerte Buch von Rainer Eisfeld »Die Zukunft in der Tasche«, das neben der Geschichte des deutschen Fandoms 1955–1960 auch die damals wichtige österreichische Szene streift, sowie Gespräche mit den wenigen noch lebenden »Altfans«. Nur die Urquelle des Ösi-Fandoms, Axel Melhardt, konnte ich leider nicht erreichen. Aber in diesem Buch kommen zahlreiche Altfans zu Wort. Und Jungfans. Und mehr Vereine im Lande, als ich vorher ahnen konnte.
Ich bedanke mich bei meinen Mitautoren, dem Verleger Michael Haitel, Robert Christ für seine Unterstützung und meiner Gattin, die viele, viele Stunden nur meine Silhouette vor dem iMac sah.
Doch genug der Einleitung.
Lieber Leser, liebe Leserin, tauche ein in die vergangene und gegenwärtige Welt des österreichischen Fandoms, der Freunde der SF, Fantastik, Fantasy, Spiele, Filme, des Cosplays usw.
Sei willkommen im Paralleluniversum …
Alfred »hyperfan« Vejchar
Alfred Vejchar (Herausgeber, li.) & Dieter Braeg (Antreiber, re.) Foto: Robert Christ
Als Fandom (gelegentlich auch Fantum) wird die Gesamtheit der Fans eines bestimmten Phänomens, zum Beispiel eines bestimmten Autors, eines Films oder eines Genres bezeichnet. Der Begriff wird besonders oft speziell für die Fangemeinden bestimmter Werke aus dem Fantasy- oder Science-Fiction-Bereich verwendet.
Alfred Vejchar
Fein definiert. Und ich, der Gestalter dieses Buches, bin ein Teil davon. Seit 1957, damals 12 Jahre jung, kann ich, nun 77 Jahre alt, auf ganze 65 Jahre Fandom-Zugehörigkeit zurückblicken. Mit all seinen Höhen und Tiefen, seinen Freuden und Leiden. Und ich will es nicht missen.
Dieses Buch befasst sich vorrangig mit dem Fandom in Österreich, aber natürlich bleiben kleine Ausflüge nach Deutschland nicht aus, wo 1955 mit der Gründung des SFCD, des »Science Fiction Club Deutschland« durch Walter Ernsting (alias Clark Darlton) alles begann.
Doch beginnen wir meine Fandomzeitreise zunächst im Jahr 1957.
Clubausweise waren in den 50er- und 60er-Jahren unverzichtbar, und so betrachte ich soeben meinen den Beitritt 14.09.1957 bestätigenden Ausweis der ISST, später erhielt ich noch weitere Ausweise nach Namensänderungen, mal vom Gründer Erwin Scudla, über den im Buch einiges berichtet wird, mal von seinem Stellvertreter Dieter Braeg ausgestellt, mit dem ich übrigens auch heute noch befreundet bin und der mich zu diesem Buch angeregt hat.
1962 folgte dann ein Mitgliedsausweis des SFCD, von Walter Ernsting (Clark Dalton) persönlich ausgestellt. Auch mit Walter verband mich eine langjährige Freundschaft. 1961 erhielt ich einen Clubausweis der AUSTROTOPIA von Axel Melhardt. Alle Ausweise existieren noch und werden in diesem Buch dokumentiert.
Meine Fandomzeit kann ich also dank dieser Ausweise legitimieren. Bin heute noch Mitglied des SFCD und leite seit über 30 Jahren die rührige Science Fiction Gruppe Wien, die SFGW. Mit 14 nannte ich mich »hyperfan«, in etwa »Überdrüberfan«, mit dem Hinweis, dass mich die SF und das Fandom nie mehr loslassen würden. Damals milde belächelt, kann ich heute nur bestätigen, dass meine damalige Annahme wahr wurde – ich liebe SF und Fantasy immer noch und ich fühle mich im Fandom wohl. Das ist ein Faktum.
Kamen Weihnachten und mein Geburtstag, so wünschte ich mir immer nur Bücher, zuerst Märchen und Sagen oder die damals so beliebten »Lausbuben«-Abenteuer, später bat ich um die utopisch-technischen Romane des österreichischen Autors Erich Dolezal (dem im Buch ein eigenes Kapitel gewidmet wird, ebenso dem genialen Illustrator Kurt Röschl) sowie andere damals von Buchklubs vertriebenen Romane, wie Otto Willi Gails Vorkriegsnachdruck »Hans Hardts Mondfahrt«, Alexander Robés »SOS von der Venus« oder Gustav Harders »Das Atomschiff« und für mein karges Taschengeld besorgte ich mir preiswerte gelesene UTOPIA-Hefte.
Vollends erwischt hat es mich aber dann in einer der in der Nachkriegszeit so zahlreichen Leihbüchereien. Mein erstes SF-Leihbuch war »SOS – die Erde erkaltet« (City at World’s End, 1950, Gebrüder Weiss) von Edmond Hamilton. Da es mir so gefiel, sah ich mich nach diesem Autor weiter um und fand sein bestes Werk »Herrscher im Weltenraum – 200 000 Jahre später« (The Star Kings, 1952, Gebrüder Weiss). Es enthielt eine so bombastische Menge des »Sense of wonder«, dass ich dieses Buch auch heute noch gerne lese und mich dabei immer wieder der Zauber der Story erfasst. Die klassische Space Opera schlechthin. Als Neuerscheinung unter »Die Sternenkönige« 1965 neu übersetzt.
Ebenso oft und mit nie ermüdender Begeisterung lese ich auch Robert A. Heinleins unterschätztes Meisterwerk »Bewohner der Milchstrasse« (Citizen of the Galaxy, 1958, Gebrüder Weiss; 1965, 1970, 1977, 1984, Heyne), von mir im Heinlein-Sonderdruck ANDROmeda 87 geehrt. Dazu noch Arthur C. Clarkes »Die sieben Sonnen« (The City and the Stars, 1960, Goldmann; neuer Titel 2011 »Die Stadt und die Sterne«, Heyne). Diese drei Bücher sind in meiner zigtausendfachen Sammlung unter den Oldies eben die Dauerhits. Bis heute beeindruckten mich Aldous Huxleys »Brave New World« und George Orwells »1984«. Von den neueren Autoren bevorzuge ich Scalzi (SF) sowie Uschi Zietsch (Fantasy) und verehre den zeitlosen Cordwainer Smith.
Ins Fandom selbst stieß ich 1957, 12 Jahre nach meiner Geburt am 3. Jänner 1945 in Wien, exakt während eines Bombenangriffs. Zehn Jahre danach, 1955, zogen die Besatzungsmächte Russland, USA, Briten und Franzosen aus Österreich und dem viergeteilten Wien ab. 1956, knapp vor meinem 11. Geburtstag, starb mein Vater. Ich galt in der Familie als »Lesewurm« und zurückgezogen.
In der URANUS-Heftreihe erschien 1957 in Ausgabe 2 der Hinweis auf einen österreichischen Klub, ähnlich wie der SFCD 1955 in den Utopia-Großbänden für sich warb.
Da erschienen inmitten des Science-Fiction-Booms – es gab unzählige Leihbücher, Buchreihen, Heftserien etc. – auch in Österreich 1957–1958 eine eigene Heftreihe, »Uranus« (Bände 1–18), ergänzt um »Star Utopia« (Bände 1–10), unglaublich schlechte Covers, noch schlechterer Inhalt – aber mit dem Hinweis in Ausgabe 2, dass es in Österreich die Möglichkeit gäbe, einem UCA (Utopia Club Austria) beizutreten, unterzeichnet von einem gewissen Erwin Scudla. Das faszinierte mich und dank einer verständnisvollen Mutter bekam ich die gar nicht wenigen Schillinge für die Beitrittsgebühr (natürlich inklusive Abogebühr der Uranus-Hefte) und wurde dann aber nicht Mitglied des UCA, sondern der ISST oder später ISFS. Egal die wechselnden Namen dieses Vereins, ich war Teil der mir noch fremden Welt des SF-Fantums, wie manche Kommentatoren damals das Phänomen des Fandoms nannten.
Da es mir mit 12 noch nicht erlaubt war, Fantreffen zu besuchen, begann ich mit vielen Gleichgesinnten zu korrespondieren, mühsam mit Schreibmaschine und Aufgabe der frankierten Briefe beim Postkasten und warten auf ebenfalls maschinen- oder handgeschriebene Antworten im Briefkasten. Da wir am Wiener Schafberg in der Naaffgasse eine große Wohnung hatten, erlaubte mir meine Mutter, einige besonders sympathische Brieffreunde einzuladen oder auch bei uns kurz zu wohnen. Dieter Braeg (er lebte damals in Zell am See) war der erste Gast, dann folgte Gustav Gaisbauer (aus Passau) und dann noch viele, viele Normalo-Fans und BNFs (Big Name Fans) und auch ich wiederum wurde von diesen Leuten eingeladen. Mit dem jungen Fan Fritz Bachtrögler traf ich mich auch oft privat und 1961 und 1962 brachten wir sogar vier Ausgaben HSZ im A5-Querformat heraus, das »Hyperfan & Squarehead Zine«. Ich war der Hyperfan, Fritz der Querkopf (squarehead). Darin lange vor Däniken eine Serie über »Boten aus dem All – Wir sind nicht allein« mit Illustrationen der Funde. Und wir publizierten auch das erste reine SF-Witze-Fanzine »Atömchen lacht«.
1958–1959 brach der große SF-Club-Streit in Deutschland und Österreich aus und der SFCD (damals über 3.000 Mitglieder!) teilte sich in SFUE, ESFU, SSFI und andere wirre Namen auf, weil die Führenden des Clubs, Gründer Walter Ernsting, Wolf Detlef Rohr und Heinz Bingenheimer jeweils andere Vorstellungen von der »Nutzung« der Mitglieder hatten. Karl-Herbert Scheer gründete sogar die SSFI, Stellaris SF Interessengemeinschaft.
Meine erste produktive Fanfreundschaft mit Fritz Bachtrögler, er war Archivar der Wiener Gruppe und viele Jahrzehnte mein Freund.
WE wollte ein Fandom, W. D. Rohr einen Buchklub im Fandom und Heinz Bingenheimer gründete einen reinen Buchklub, »Transgalaxis«, den es immer noch gibt und den ich allen Sammlern empfehle (transgalaxis.de).
Auch in Wien gab es einen SFCD-Ableger, den SFCA, dann die IGWU (Interessengemeinschaft Wissenschaftiche Utopie) und die ISFS (International SF Society). Das alles ärgerte mich und ich zog mich 1959 bis Mitte 1960 vom zerstrittenen Fandom zurück, war aber mit vielen Fans nach wie vor in engem Kontakt, vor allem mit dem Wiener Fritzgustaph Bachtrögler.
Natürlich erfuhr ich bald, dass es regelmäßige Fantreffen gab. Mit 15 Jahren war es 1960 dann so weit, ich besuchte ein Treffen des SFCA, dem österreichischen Ableger des SFCD, und lernte so Axel Melhardt kennen, nicht nur Leiter dieser Gruppe, sondern auch gut vernetzt im SFCD selbst. Dieser Tage beendet er sein Lebenswerk, das »Jazzland Wien«, nachdem er dieses Lokal 50 Jahre vorbildlich geführt hatte. Axel Melhardt gelang es, aus drei Vereinen am 18.06.1961 die gemeinschaftliche »Austrotopia« zu machen (ähnlich der »Eurotopia« in der BRD), 1963 mündete alles in beiden Ländern wieder in den Gründungsverein SFCD. Die Austrotopia (Februar 1963 gewählter Vorstand Axel Melhardt, Sonja Smerdel und Brigitte Weiser) ebenso wie die Stellaris SSFI beschlossen, sich der Eurotopia anzuschließen, die sich wiederum in den alten SFCD umbenannte.
Der SFCD-Vorstand 1963 bestand aus Eurotopia-Leuten, vom SFCB (Berlin) und der Wiener IGWU. Neben Obmann Waldemar Kumming waren dann Franz Ettl, Walter Reinecke, Gottlieb Mährlein, Heinrich R. Arenz, Edi Lukschandl und Axel Melhardt nominiert, den Mitgliedern wurde neben ANDROmeda auch das Wiener PIOneer, Scheers Stellaris (später ANAbis aus Berlin) als Clubleistung angeboten.
Dies ist eine sehr vereinfachte Darstellung der zweijährigen Wirren 1959 bis 1960. Jedenfalls wurde ich 1961 dann auch Mitglied der »Austrotopia«, habe noch den damals von Axel Melhardt erhaltenen Ausweis und wurde gleich Schriftführer des Vereins.
1961 vereinigten sich die drei österreichischen Vereine in der Austrotopia und schlossen sich der Eurotopia an.
In Axels Wohnung im 3. Bezirk sowie bei meiner Mutter trafen sich immer wieder Fans, um etwas zu organisieren, zu gestalten oder einfach zu fachsimpeln. Axels Mutter bewirtete uns und machte es uns behaglich. Andere Fans wie Fritz Bachtrögler oder Gustav Gaisbauer wiederum wuchsen bei ihren verständnisvollen Tanten auf, nachdem deren Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Ein Dankeschön an all diese Frauen!
Zurück zu meinem ersten Fantreff: Zunächst staffierte meine Mutter mich aus. »Ohne Krawatte gehst mir nirgends hin!« und in der Tat kamen alle Fans damals mit Sakko und Krawatte zu den Klubtreffen. Mit 15 also betrat ich etwas aufgeregt gegen 17 Uhr ein sonst als Nachtbar fungierendes Lokal und traf dort eine recht nette, aber um Jahre ältere Fangemeinschaft an. Ich war 15, die anderen zwischen 18 und 25 Jahre alt.
Als zurückgezogener Lesewurm war ich solche Runden nicht gewohnt und man bat mich, als Neuling mal zu erzählen, was ich kürzlich gelesen hatte. Ich stotterte und schämte mich für meinen ersten Auftritt und wollte nie wieder kommen, aber danach erzählten die anderen, was sie gelesen hatten und zuletzt merkte ich, dass ich begeistert mit zu diskutieren begann. Die SF-Runden hatten mir meine Schüchternheit genommen, ich begann auf Wunsch auch zu referieren und auf vielen Cons war ich zwei Jahrzehnte lang als Diskussionsleiter willkommen. Danke dem Fandom, danke den gleichgesinnten Fans, die mir zu meinem Rednertalent und Schüchternheitsabbau verhalfen! Später im ORF konnte ich dies dann auch beruflich nutzen.
Der erste Kontakt mit Fans erfolgte über eine Anzeige im URANUS-Heft, dass es einen UCA Utopia Club Austria in Österreich gäbe. Aus Utopia-Großband wusste ich schon, dass es in Deutschland den SFCD gab, aber ich zog es halt vor, einem Verein im eigenen Lande beizutreten. Zu meiner Überraschung stand aber auf dem am 14.09.1957 ausgestellten Ausweis ISST (International Society for Science, Culture and Technology), von jenem Erwin Scudla unterzeichnet, der für den UCA im Uranus-Heft geworben hatte. Herrn Scudla lernte ich im Gegensatz zu Dieter Braeg und Rainer Eisfeld nie persönlich kennen, daher werden diese im Buch über diese geheimnisvolle Person mehr berichten. Nur ein Jahr später wurde aus UCA und ISST dann auf einmal die ISFS (International Science Fiction Society), den am 29.11.1958 ausgestellten neuen Ausweis erhielt ich mit Unterschrift von Dieter Braeg.
Dieser lebte damals in Zell am See und begeistert begann ich mit ihm eine Korrespondenz. Wie das in diesem seltsamen Nebenuniversum Science-Fiction-Fandom erstaunlicherweise oft der Fall ist: Die Freundschaft mit Dieter Braeg hat sich bis heute erhalten! Und ich habe bemerkt, dass sich in dieser Gruppe nicht nur bei mir, sondern auch vielen anderen Fans Freundschaften jahrzehntelang halten konnten oder noch immer halten.
Beim Oldie-Con habe ich immer wieder Brieffreunde aus den 60ern getroffen und wir haben uns sofort wieder wie früher verstanden, mit anderen Fans – vor allem aus der Wiener Gruppe – gibt es Freunde seit 50, 60 und mehr Jahren.
Unser Präsident Axel Melhardt trägt 1960 die Last des Vereins fröhlich grinsend: Jonny Winter, Edi Lukschandl, Helmuth W. Mommers, Alfred Vejchar, Arnulf Krauss. Foto: Fritz Bachtrögler mit meiner Kamera.
Aus der »Urzeit« einige Fotos, welche Freunde von damals zeigen.
In der Wiener Gruppe, zu der ich 1960 dank Fritz Bachtrögler und Gründung der AUSTROTOPIA stieß, traf ich auf Axel Melhardt (vorher SFCA), wir sehen uns jetzt nurmehr selten, freuen uns aber jedes Mal wenn wir uns mal treffen oder miteinander telefonieren. Damals waren er und ich noch ohne Bart, ich war noch Schüler, Axel kurz vor einem neuen Matura -Versuch. Erst nach der Schulzeit ließen wir unsere Bärte wachsen und behalten sie noch immer.
Fotografieren war 1960 – als diese Fotos entstanden – ein teures Hobby. Ich hatte 20 Schillinge Taschengeld im Monat (3 DM), ein Utopia-Heft kostete 3 öS (50 Pfennig), ein Wiener Schnitzel 7 öS (1 DM), ein Schwarz-weiß-Film für 36 Aufnahmen 13 öS (1,60 DM), ein »großer« Fotoabzug 8 cm je 3 öS (50 Pfennig). Dennoch wollte ich die Zeit festhalten und nahm eine alte Voigtländer und Blitzlichtlampen zu den ersten Treffen mit. Die weit älteren Fans nahmen mich 15jährigen nett auf und stellten sich für die Bilder gern in Pose. Das Bild mit Axel am Boden – ich in Bildmitte mit Brille – symbolisiert, dass Axel die Last des Clubführens trug. Seinem Gesichtsausdruck nach genießt er diese Last durchaus und liebte unsere Runde und alle Mitglieder und wir achteten und verehrten ihn auch.
Ebenso die Freundschaft mit Edi Lukschandl (vorher IGWU), der zwar einige Jahrzehnte in Schweden lebte, da Robert Christ und ich ihn aber dort besuchten und wir ihn auf deutschen FOLLOWtreffen sahen, riss auch hier der Kontakt nie ab. Er kommt, obwohl bald 80 Jahre jung, immer noch gerne zu den SFGW-Treffen.
Auch Helmuth W. Mommers (vorher SFCA), ein Fan der ersten Stunde, den ich nur in seinen Schweizer Jahren aus den Augen, aber nicht aus den Kontakten verloren hatte, ist wieder aktiv bei unseren SFGW-Treffs dabei, wenn er nicht gerade auf Mallorca ist. Sind er und seine Gattin in Wien, wohnen sie in einer Etage der Villa Fantastica, nach ihrem Tod wird diese Etage ein weiterer Lagerraum für SF & Fantasy. Nach einem Besuch bei den Mommers 2009 in ihrem Alterssitz auf Mallorca besprachen wir die Idee einer SF-Bibliothek in Wien, ich erklärte mich bereit, mir in Wien dafür geeignete Objekte anzusehen, und fand schließlich die 550-m2-Villa im Nobelbezirk Hietzing, in der sich nun die VILLA FANTASTICA befindet. Wenn sie da sind, unternehmen die Mommers und wir – Gattin Gerti und ich – manchmal Ausflüge in die Umgebung oder treffen uns auf einen Kaffee zum Plausch oder beim Adventfest der SFGW.
Helmut Magnana, inzwischen SFGW-Senior, kommt ebenfalls seit den 60ern regelmäßig zu den SFGW-Treffs. Er ist nun 82, aber nach wie vor diskussionsfreudig, zieht aber inzwischen Fernsehen dem Lesen vor. Seine in unserer Runde kennen- und liebengelernte Gattin Eva starb leider vor einigen Jahren.
Freundlicherweise stellten sich die »Oldies« mir Jungfan für ein Foto 1960 zur Verfügung. Stehend Helmut Magnana (kommt zu jedem Treff bis heute), Arnulf Krauss, verdeckt Gerhard Richter, Jonny Winter, Ernst Vlcek und Kurt Luif. Sitzend Edi Lukschandl (kommt auch heute noch), Axels Freundin Sonja und Edi Schneider. Foto: Alfred Vejchar
Auf dem zweiten Foto hinter dem jungen H. W. Mommers versteckt sich Gerhard Richter. Er studierte in England und bei seiner Hochzeitsreise zeigte er seiner Frau und mir die Stätten seiner Jugend dort. 2013 trafen wir einander bei einer Lesung von Herbert W. Franke, lebhaft diskutierten er, Franke, Susanne Päch und ich miteinander, aber drei Tage später die Hiobsbotschaft einer schweren Erkrankung. Seither sitzt er im Rollstuhl, 24-Stunden-Pflege, kann nicht mehr seine geliebte Gitarre spielen (war jahrzehntelang Mitglied der Dialekt-Erfolgsband »Worried Men Skiffle Group«), weil man ihm auch einige Finger amputieren musste. Dennoch taucht er selten, aber doch im Club oder der Villa auf und wir alle wünschen ihm alles Gute! Inzwischen lebt ja leider auch mein alter Freund Herbert W. Franke nicht mehr, die Freunde, sie gehen leider, für immer.
Arnulf »Nuffi« Krauss hat noch Kontakt mit Helmuth W. Mommers, in die SFGW kommt er aber schon seit vielen Jahren nicht mehr.
Weitere Fans der ersten Stunde auf den Fotos leben leider nicht mehr. Jonny Winter, einst wissenschaftlich interessiertes IGWU-Mitglied. Kurt Luif mit seinem trockenen Humor. Ernst Vlcek, beim ersten Treff geschniegelt wie ein Dandy mit lackglänzendem Schuhwerk (als ich ihn kennenlernte, war er Schuhverkäufer), mit Sportwagen (Renault Dauphine) und seiner Regina.
Sonja Smerdel auf dem Bild vorne (Axels damalige Freundin) und Eduard Schneider sind aus unserer Wahrnehmung verschwunden.
Das ist die Geschichte hinter den beiden Bildern.
1960 bestellte ich mir bei der Buchgemeinschaft TRANSGALAXIS den »Katalog der deutschsprachigen utopisch-phantastischen Literatur 1460–1960«. Diese informative Auflistung gefiel mir sehr gut. Dann erschien 1963 als PIOneer-Sonderdruck H. W. Mommers’ »Pseudonymschlüssel«, der war auch sehr informativ. Es war eine Zeit diverser »Sonderdrucke« bei vielen Fanzine-Herausgebern:
1962 der SOL-Sonderdruck II von Thomas Schlück »Fan-Adressbuch« mit einer Auflistung aller damals bekannten Fans. Auch viele österreichische Fans (darunter auch ich) wurden hier erwähnt. Dann »Fan-SF im deutschsprachigen Fandom« als ANAbis-Sonderdruck 2, in dem die Berliner Fanzines nach Storys von DACH-Autoren suchten.
Als dann 1963 Axel Melhardt verzweifelt einen Beitrag für PIOneer suchte, schlug ich ihm vor, ein Verzeichnis aller bislang erschienenen Kurzgeschichten zu erstellen. Nach zwei Monaten intensiver Arbeit hatte ich 365 Kurzgeschichten gesammelt. Mommers schlug mir vor, daraus einen »Story-Index« zu machen und gestaltete schon das Titelbild. So weit wäre es gut geworden. Doch dann kam Axel die teuflische Idee, zu den übersetzten Storys auch die Originaltitel und die Ersterscheinung anzuhängen.
Ich hatte zwar schon eine erkleckliche Sammlung an SF-Literatur daheim, aber nur eine Handvoll Amazing oder Astounding und Galaxy aus den 50er- und 60er-Jahren. Also ab zu Axel. Da nicht alle Verlage den Originaltitel bei Übersetzungen nannten, verglichen wir manchmal sogar den ersten Absatz, um sicherzugehen. Aber auch Axel hatte nicht alles. Also ab zu anderen Sammlern, Kurt Luif, Edi Lukschandl, langsam wurde es 1964. Und das brachte einen Boom an Storybänden … oje.
Dank meiner guten Verlagsbeziehungen war in den TERRA- und UTOPIA-Heften schon Werbung für den STORY-INDEX angelaufen und ich hatte schon 60 Bestellungen, lange vor dem immer unklarer werdenden Erscheinungstermin.
Dann der nächste Schock: Auf die Wachsmatrizen zu tippen sollte ebenfalls meine Aufgabe sein! Um das Bändchen nicht zu dick werden zu lassen, brauchte ich dazu Axels Spezialschreibmaschine mit extrakleinen Buchstaben. Also saß ich zusätzlich nach der Schule viele Nachmittage in der Hintzerstrasse und ließ mich dabei von Frau Melhardt verwöhnen. Nebenbei raste ich noch per Tram und Bus von Sammler zu Sammler, um letzte Details zu erhaschen. In den USA erschien 1964 ebenfalls eine Storyübersicht, welche sich Edi Lukschandl kaufte. Ich entriss diese dem Literaturagenten Kurt Luif, der es sich schon ausgeborgt hatte, und verglich meine Daten mit dem US-Werk. Dann stürzte ich auf der Straße und war gipsfüßig einige Wochen schulbefreit. Axel brachte mir die Spezialschreibmaschine heim und Ende 1966 konnte ich die Arbeit am ersten deutschen Kurzgeschichtenverzeichnis STORY-INDEX als PIOneer-Sonderdruck im A5-Format beenden.
Selbst 50 Jahre danach haben sich am Oldie-Con Leute wie Jörg Weigand, Rainer Eisfeld, Jürgen vom Scheidt lobend über diese damalige Arbeit geäußert, ein Zeichen, dass diese noch internetfreie Schwerstarbeit sich damals gelohnt hat.
Ich lese schnell und viel. Auch heute noch. Und die Fanzines suchten in den 50ern und 60ern Rezensenten. Laut dem verdienten Archivar Christian Pree habe ich dank seiner Recherchen 614 Kritiken und Artikel in Fanzines geschrieben, inklusive dem Perry-Rhodan-Magazin. Nicht enthalten sind meine etwa zweimal monatlich erschienenen Rezensionen in den Anfangsartikelseiten der UTOPIA- und TERRA-Hefte. Lore Matthaey von Pabel (spätere Lore Straßl und begnadete Übersetzerin) und Günther Schelwokat von Moewig druckten meine positiven, aber auch negative (!) Kritiken zu Titeln aus ihren Serien am Heftbeginn ab, etwas heute Unvorstellbares. Dann war ich auch noch in Bingenheimers »Transgalaxis« 1974 und 1975 Rezensent, 1974 in Uwe Antons »Ganymed«, einige Jahre in PIOneer, 2009 schieb ich über »Ernst Vlcek, der Mann mit den 22.000 Seiten« in den »Blättern der Volksliteratur« (Hrsg. Peter Soukup) und 1977 in ANDROmeda 91 mein Interview mit Kalju Kirde. Und weiß Ghu wo noch überall ich damals meine Beiträge ablieferte.
Neben zahlreichen kleineren und größeren Fanzines in Österreich, Deutschland und der Schweiz war ich in den 60ern und 70ern bald auch Stamm-»Kritikus« in den ANDROmeda-Ausgaben 59 bis 70 des SFCD. Als Fan der SF-Literatur hielt ich mich nicht an das Credo anderer Rezensenten, nur Taschenbücher, Bücher und »gerade noch« die damaligen Utopia- und Terra-Großbände zu rezensieren, sondern einfach alles, was mit SF zu tun hatte, also auch utopische Romanhefte und anfangs als Einziger sogar auch SF-Comics. Die Anfeindungen waren ebenso enorm wie der Zuspruch.
So schrieb ich am liebsten meine Rezensionen: Untermalt von Pink Floyd oder Krautrock. Foto: Gustav Gaisbauer
Ich ließ mich nicht beirren, »Hyperfan«, mein Pseudonym neben dem »Kritikus«, bedeutete, dass ich SF über alles schätzte und mir daher nicht die Form, sondern der Inhalt wichtiger war und ich es manchmal akzeptieren musste, wenn ein Meisterwerk nicht von einem Buch-, sondern leider einem Heftlverlag gekauft, gekürzt und gedruckt wurde. Dennoch war ich damals froh über jedes neue Werk, welches erschien, zudem war ich mir damals schon sicher: Es wird eine Zeit kommen, wo gute Werke in Neuauflagen ungekürzt und besser übersetzt erscheinen würden – genau das passiert seit vielen Jahren (Beispiel: Foundation, Dune, Heinlein, Ph. K. Dick u. a. m.).
Amüsiert hat es mich in den Jahren nach meiner Kritikerzeit, dass viele meiner Kritiker später selbst zu einem von ihnen angefeindeten deutschen Autoren wurden oder eine propere Agentur gründeten, wo man leider nicht nur die vormals geforderte Spitzenklasse, sondern auch das verkaufen musste, was noch am Markt zu bekommen war. Erheitert mich heute noch sehr …
Mit allen Verlagen hatte ich ein gutes Einvernehmen und bekam nicht nur Taschenbücher und Bücher zum Rezensieren, sondern auch Hefte und Comics. So war ich umfassender belesen als meine Kritiker, die sich zu sehr in ein elitäres Eckerl stellten. Besonders schlimm die End-60er und Anfang-70er: Da wurde nicht nur der Inhalt und Stil, sondern auch stark der politische Hintergrund in die Kritiken eingebaut, nur was links war, war gut und alles andere sowieso reaktionär. Da machte ich nicht mit, die Idee, Ausführung und Stil waren mir wichtig und im Gegensatz zu meinen Kritikern vermochte ich sehr wohl, gut von schlecht zu unterscheiden und wenn nötig auch schlimme Verrisse zu schreiben. Aber da ich »auch Heftln« besprach, war ich eben für diese Leute im wahrsten Sinne ein rotes Tuch – eine Ehre, die ich stets zu schätzen wusste.
Auf www.sf-hefte.de findet man unter »Verzeichnisse – Autoren – Buchstabe V – Vejchar Alfred« eine recht gute Auflistung eines Großteils meiner Beiträge, wenn auch vieles aus den 50er- und 60er-Jahren fehlt. Ebenso bei Christian Prees großartigen Übersichten (www.chpr.at), auch unter dem Buchstaben V. Danke, Christian, für deinen Einsatz!
Heute diskutiere ich manchmal bei SFGW-Treffs über Bücher oder Comics, die mich faszinieren (natürlich auch Filme, Serien und SF-Computerspiele), aber Kritiken schreibe ich keine mehr. Machte ich mehr als 20 Jahre lang, angefeindet, umworben, beliebt, verunglimpft, in der Schulzeit, als Soldat, als Angestellter. Auch wenn ich viele der damals besprochenen Titel heute anders sehe: Ich bereue keine einzige Sekunde und Zeile davon.
Über ein Lieblingsthema von mir hielt ich sogar drei Vorträge und schrieb auch einen Artikel darüber in ANDROmeda 56. Das Vortragsthema hieß »Ist Massenglück manipulierbar?« und es basierte auf den von mir viel beachteten Werken von Jack Williamson »The Humanoids« (1949, deutsch: »Wing 4« als Rauch-Buch oder TB bei Goldmann und Heyne) sowie James E. Gunns »The Joy Makers« (1961, deutsch: »Wächter des Glücks«, bei Pabel und Ullstein) und Aldous Huxleys »Brave New World« (1932, deutsch »Schöne Neue Welt« bei Fischer). In allen Büchern geht es um die Möglichkeit, dank technischer Machbarkeit alle Menschen zum Glück zu – naja, zwingen passt hier nicht so – führen. Bei »Wing 4« sind es die Milliarden von unzerstörbaren humanoiden Robotern, die danach trachten, die Menschheit im besiedelten Universum zu beglücken oder glücklich zu machen. Sie sind technisch hoch entwickelte Kindermädchen für alle, keine Nadel, kein Messer, nichts, womit man sich wehtun könnte, darf mehr berührt werden. Berufe sind unnötig, alles produzieren die Humanoiden, jede/r kann sich eigens entwickeln und wird behütet Tag und Nacht. Es gibt keine Verletzungen, keine Kämpfe, keinen Streit, keinen Stress, und ist man doch unzufrieden, dann gibt es sanfte Drogen – doch ist man, also der Mensch, dann glücklich? Jedes Mal gab es nach meinen Vorträgen interessante Debatten, das Thema interessiert mich immer noch und es gibt ja auch schon erste Anzeichen in China für Zwangsbeglückung durch Überwachung in ersten kameraüberwachten Städten mit Gesichtserkennung aller Bürger und von der KI verteilten Strafen und Belohnungen. Es wird immer Menschen geben die andere »glücklich« machen wollen – aber halt nach ihrer Façon. Ist das nun gut oder schlecht, »Glück« zu verbreiten zu versuchen?
Überrascht nahmen die SFGWler meine schnelle Hochzeit mit Anni zur Kenntnis (Michael Wittmann, Hermann Urbanek, Robert Christ, Alfred & Anni Vejchar).
Gespannt warteten die Wiener Fans nach meiner Rückkehr aus den USA Mitte der 70er auf meinen Bericht. Im Auftrag des Rhodan-Magazins war ich in Baltimore auf dem Worldcon und wollte danach noch zwei Wochen durch die Staaten reisen. Doch ich überraschte die anwesenden SFGWler mit der Vorstellung meiner in »Lake Alfred« (Florida) geheirateten Anni durch Verteilen einer von Robert Christ gestalteten Hochzeitsanzeige: »An die Mitglieder der SFGW: Zur Überraschung aller und fern der Heimat – wir haben geheiratet«. Am Hochzeitstag kannte ich meine Frau erst ganze drei Wochen, aber mein Bauchgefühl hatte mich noch nie betrogen und so überraschte ich sie in »Lake Alfred«, einem Ort mit meinem Namen, mit einem Besuch beim Sheriff und Heirat. Ihrem Argument »Aber wir kennen uns doch erst drei Wochen!« entgegnete ich »Na und? So was kann nach drei Wochen so gut oder schlecht gehen wir nach drei Probejahren!«, und wäre sie nicht 2001 mit 51 Jahren an Krebs gestorben. wären wir heute noch ein Paar. Gemeinsam mit ihr startete ich bald anstelle der Gasthaushinterzimmer das Experiment mit einem gemieteten eigenen Lokal in der Dapontegasse. Anni war sehr beliebt bei den Fans und zu ihrem Begräbnis Februar 2001 kamen viele trauernd dazu. Erst 2020 heiratete ich wieder, 75 Jahre alt, meine Gerti.
Am 22.12.1977 war ich von 22.30–24.00 im ORF-Fernsehen live zu sehen. Am Vortag gab es eine gut gemachte informative Sendung über Science-Fiction, wobei die gezeigten Buchcover alle von mir stammten, am Tag danach eine Debatte über SF. Diskussionsleiter ohne Schwung war Adolf Holl, neben mir als Vertreter der SFGW saßen mein Freund Herbert W. Franke, meine Freundin Marianne Sydow, ein junger, allen unbekannter Mann als »typischer SF-Fan« (?) der aber nie in der SFGW auftauchte, ein Grafiker, der sich für utopische Motive interessierte und vielleicht als Gag ein UFO-Sichter. Die 90 Minuten plätscherten lustlos dahin, erst danach, als sich Herbert W. Franke und Marianne Sydow und ich noch an der Bar zum Schwätzchen hinsetzten, war es angenehmer. Werbung für die SFGW oder SF überhaupt war diese Sendung sicher keine. Schade um die vertane Chance …
In ANDROmeda 76 erlebte ich nach meinem Beitrag »Wird das Fandom engstirnig?« dass selbst träge Fans zur Feder griffen und in den nachfolgenden Ausgaben dazu Stellung nahmen. In ANDROmeda 80 brachte ein lang recherchierter Beitrag mit vielen Quellenhinweisen: »Lösen die Futurologen die Utopisten ab?« einen wahren Wust an Zuschriften. Einige wurden dann in ANDROmeda 81 veröffentlicht, dann ließen wir es aber einschlafen, denn die Zuschriften wurden in der damals politisch angeheizten Zeit immer übergriffiger.
SF- & Fantasy-Hochzeiten: Irgendwie wurde ich zum Ehevermittler im Fandom. Hubert Straßl bat mich Wochen vor dem Burg-Con, ihn in Marquartstein mit meiner Freundin Lore Matthaey bekannt zu machen. Kurz danach läuteten die Hochzeitsglocken.
Ein eher zufälliger Con-Treff von Marianne Sydow und Heinz-Jürgen Ehrig habe einen großen Eindruck auf sie gemacht, ob ich nicht als langjähriger Fan seine Telefonnummer und Adresse hätte – ich hatte, und auf Mariannes Blogseite fand ich dann den Vermerk, dass meine Hilfe ihr Glück besiegelt!
»1977 lud mich das österreichische Fernsehen kurz vor Weihnachten zu einer Talk-Show ein, an der mit Alfred Vejchar auch ein Mitglied des Science Fiction Clubs Deutschland teilnahm. Er gab mir als SFCD-Kontaktmöglichkeit die Telefonnummer von einem gewissen Heinz-Jürgen Ehrig in Berlin. Den rief ich an, wir telefonierten eineinhalb Stunden miteinander, und 1980 heirateten wir.« (Biografie Sydow)
In der Wiener Gruppe waren es Hermann Urbanek, den ich mit Janne bekannt machte und wo ich sehr gerne Trauzeuge sein durfte, dann ergab es sich auch, dass sich Eva Bartoschek und Helmut Magnana über mich lieben lernten und den Bund der Ehe eingingen. Auch bei Michael Fitz und seiner Lilly war ich als Trauzeuge erwünscht.
Bei meiner eigenen Hochzeit war niemand dabei, nicht mal meine Familie, denn ich lernte meine Anni kennen und fuhr dann fürs Rhodan-Magazin zum Weltcon nach Baltimore. Sie kam dann nach und in Lake Alfred (Florida) fragte ich sie nach erst drei Wochen Bekanntschaft, ob sie mich auch wolle, und wir feierten erst später beim SFGW-Treff unsere überraschende Hochzeit beim Sheriff von Lake Alfred.
2022 besuchte eine SFCD-Delegation Wien (Recktenwald, Fischer, Ritter, Böttcher), es gab ein gemeinsames Mittagessen (Vejchar, Langsteiner, Urbanek), einen Besuch am SFGW-Stammtisch (nach ausgiebigem Praterbummel), einen Besuch in der Villa Fantastica (mit Ehrung Helmuth W. Mommers’ zum SFCD-Ehrenmitglied) und viele Stunden in der Autoren-, Sammler- und Künstlerwohnung von Reinhard Habeck.
Die Besucher und die Besuchten genossen diese Begegnungen gleichermaßen.
Durch einen Zufall konnte ich etwa alle zwei bis drei Monate in einer amerikanischen Kaserne Comics für mich und andere Sammler beziehen. Diese Einkaufstouren benutzte ich jedes Mal auch für Besuche bei Walter Ernsting und fallweise bei Franz Ettl. Walter nahm sich immer Zeit für ein Plauscherl mit mir, einmal war er fuchsteufelswild (erkannte ich auch daran, wie unlustig rasch er seinen Whisky zu sich nahm), er hatte Streit mit K.-H. Scheer wegen Gucky, der neuen Rhodan-Figur. »Du musst eh nach München, treffen wir uns beim Bernhardt oder Schelwokat, die legen viel Wert auf deine Meinung.«
Gesagt getan, wir plauderten im Verlag über die aktuelle SF- und Verlagsszene und über die neue auflockernde Figur des Mausbibers, welche laut WE auf Wunsch von KHS wieder aus der Reihe verschwinden sollte. WE blieb still, die Verlagsherren hörten sich meine Ansichten zu einer auflockernden Figur als neuen Sympathieträger an und Gucky blieb. KHS, mit dem ich ohnedies nie warm wurde, soll sehr sauer gewesen sein, danach klang es aber so, als hätte er die Figur »gefördert«.
Beim letzten im Gasthof Post in Unterwössen laufenden SFCD-Con (31.08.–02.09.1979) erreichte Hermann Urbanek und mich ein Anruf aus München: Die Herren Kurt Bernhardt und Günter M. Schelwokat von Moewig-Pabel erfuhren, dass wir in ihrer Nähe waren und baten um ein Gespräch. Etwas erstaunt fuhren wir hin und wurden von den beiden Verlagsleuten gebeten, den Innenteil des Perry-Rhodan-Magazines zu betreuen. Keine Frage, dass wir einverstanden waren, zudem auch die Gage stimmte. Ich brachte dann verschiedene Vereinsnews über die vielen Rhodan-Gruppen und Conberichte. Das war noch vor den Zeiten des Internets und alles ging gemächlich per Postsendung, bis ich auf die Idee kam, meine Beiträge dem Lokführer des Zuges nach München mitzugeben, ein Verlagsangestellter wartete dann am Bahnhof und brachte die Beiträge in die Redaktion. Ging um etwa 3 bis 4 Tage schneller als auf dem Postweg.
Das alte mittlerweile abgebrannte Conlokal »Zur Post« in Unterwössen, am Vorstandstisch Jürgen Mercker, Alfred Vejchar, Hermann Urbanek, Heinz Jürgen Ehrig, im Hintergrund Kassier Hans Sigmund. Gleich nach der Sitzung wurden Hermann und ich zu einer Besprechung mit der Rhodan-Redaktion gebeten.
1962, bei meinem ersten Auslandscon in Unterwössen, nahm mich Walter Ernsting zu einer Perry-Rhodan-Redaktionssitzung mit. Herr Bernhardt wollte vom damals 17jährigen »Kritikus« wissen, welche Chancen ich der neu gestarteten Rhodan-Reihe einräumte. Ich gab zu bedenken, dass die Jim-Parker-Ära nicht mehr so zeitgemäß sei und ich der Serie vielleicht 100 Ausgaben zutraue, bis die Leser das Interesse verlören. Am erleichterten Aufatmen von K.-H.Scheer und den anderen anwesenden, mir teilweise eh schon persönlich bekannten Autoren merkte ich, dass sie diese Ansicht teilten. WE sagte mir danach, er und KHS wären mit 100 Ausgaben sehr zufrieden, »ist ein sicheres Einkommen so eine Serie«. Wie wir alle wissen, lag ich mit meiner und Scheers bzw. Walters Schätzung ziemlich falsch. Zur Überraschung aller wurde Perry Rhodan die größte Romanserie der Welt und hat immer noch Zukunft.
In einem Verein, der auf freiwillige unbezahlte Hilfe bei der Herstellung von Fanzines angewiesen ist, kann es schon mal passieren, dass es zu einer Flaute im Erscheinungsrhythmus kommt. Mitte der 70er war es wieder einmal so weit und eine »feindliche Übernahme« drohte, sodass die stets aktive Wiener Gruppe einschritt, um dem SFCD sein klassisches Magazin zu retten.
Alfred Vejchar
Auf dem SFCD-Con in Laichingen 1975, dem STELLAR-CON zum 20-Jahr-Jubiläum des 1955 gegründeten SFCD, sollte eine wichtige Entscheidung getroffen werden. Da es seit Langem kein SFCD-ANDROmeda mehr gab, schlug die AST (Arbeitskreis Spekulative Thematik) vor, ihre recht gute, aber ideologisch linkslastige SFT (Science Fiction Times) als neue Clubpublikation zu bestätigen.
Obwohl von Natur her tolerant war ich als Vertreter »der Reaktion« bald eines der Feindbilder der AST, daher sagte ich mir »wehret den Anfängen«, denn aus dem SFCD sollte keine linke Kampfgruppe werden.
Wer diesen Teil der SFCD-Geschichte nicht kennt, hier einige Vorinformationen und bitte nur kopfschütteln, aber nicht lachen, damals war das bitterer unsinniger Ernst.